BG 02-08, Belichtung - Blickpunkt Gesundheit

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blickpunkt
GESUNDHEIT
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Titel
arah Lindner war noch keine
40 Jahre alt, als ihr beim
Lachen plötzlich Urin abging.
Selbst mit viel Konzentration konnte sie den Verlust nicht verhindern.
„Ich war total schockiert und dachte zunächst an einen Zufall oder
einen Infekt“, erinnert sie sich.
Doch als sich das Ganze beim Heben einer Wasserkiste wiederholte,
bekam sie Panik. „Ich ging sofort zu
meinem Hausarzt, der dann weitere Untersuchungen einleitete“, so
Lindner. „Die Diagnose Belastungsinkontinenz hat mich total umgehaun. Ich dachte, so was bekommen
nur Omas.“
S
Wenn der Schließmuskel streikt
Doch diese Annahme ist weit gefehlt, weiß Dr. Rainer Lange aus
Alzey. „Auch jüngere Frauen können
inkontinent werden, etwa durch
einen schwachen Beckenboden oder
durch schwierige Entbindungen,
nach denen Blase oder Gebärmutter nach vorne gerutscht sind.“
Aber auch natürliche Alterungsprozesse können dazu führen, dass
der Schließmuskel der Blase nicht
mehr einwandfrei funktioniert.
Frauen sind von dieser häufigsten
Form der Urin-Inkontinenz dennoch öfter betroffen als Männer.
Das Problem ist, dass nur ganze 45
Prozent der betroffenen Frauen
überhaupt einen Arzt aufsuchen.
Der Grund: Der weibliche Körper
hat nicht wie der männliche eine
Prostata, so dass bei Frauen nur der
Beckenboden den Verschlußmechanismus der Blase unterstützt. Männer trifft es dagegen vor allem nach
einer operativen Entfernung des
Organs. Seltener sind Störungen des
Schließmuskels in Folge von Nervenschädigungen oder Störungen
des Muskels selbst für die Belastungsinkontinenz verantwortlich.
Die Therapie: Beckenbodentraining,
Biofeedback und Elektrostimulation. Dadurch soll die Kontraktionsfähigkeit des Beckenbodens bzw.
die Muskulatur des Schließmuskels
wieder gestärkt werden.
Sehr gute Erfolge gibt es auch mit
einer neuen Zelltherapie. Dabei
werden vorher entnommene Zellen
Gesunde Menschen sind es gewohnt, dass ihr Körper
funktioniert. Doch mit den Jahren läuft hier vieles
anders. Besonders schlimm wird es, wenn man Harn
oder Stuhl nicht mehr halten kann. Aus Scham
und Angst meiden viele Betroffene die Öffentlichkeit.
Blickpunkt zeigt, wie neue Therapien helfen.
in den Blasenmuskel injiziert. 90
Prozent der Stress-Inkontinenz-Patienten waren noch ein Jahr später
ohne Beschwerden.
Frauen, die während der Schwangerschaft unter Harninkontinenz
leiden, sollten nach einer Geburt
einige Monate ein Pessar tragen.
Kaputte Nervenbahnen
Bei der „Dranginkontinenz“ zieht
sich der Blasenmuskels durch falsche Nervensignale unwillkürlich
Preiselbeersaft
für die Blase
Preiselbeeren sind schon aus der
Zahnheilkunde für ihre bakterienhemmende Wirkung bekannt.
Aber auch im Urin und damit in
der Blase entfalten sie diesen
Schutz, indem sie sich an Zellen
des Blasentrakts anheften. Die
dafür verantwortlichen „Proanthocyane“ inaktivieren die an der
Zellwand der Bakterien befindlichen, zum Anheften dienenden
Härchen, oder verhindern deren
Bildung. Bakterien werden besser
und schneller aus der Blase
gespült. Mutationen, wie man sie
von häufigen Antibiotika-Kuren
kennt, gibt es nicht. Ein echter Geheimtipp bei Reizblase, Harnwegsinfekten und Dranginkontinenz!
Neue Therapien gegen Inkontinenz
Argumente gegen die Angst
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Einlagen/Vorlagen: Sie sind für
Frauen und Männer gedacht, schenken
mehr Sicherheit und Diskretion. Trotz
unterschiedlicher Sauggrade eher für
geringfügige Inkontinenzprobleme sinnvoll.
Pants/Trainers: Die Kombination
von Einlage und Hose in einem Komplettsystem bietet Betroffenen mehr
Schutz und Unabhängigkeit als mit
Windeln. Außerdem haben Pants eine
textile Außenseite und lassen sich wie
ganz normale Unterwäsche an- und
ausziehen. Durch den weiterhin nötigen
Toilettengang erhalten und fördern sie
die Selbstständigkeit.
Windelhose/Inkontinenzslip: Bei
mittlerer bis schwerer Inkontinenz
kommt man um dieses Hilfsmittel nicht
herum. Neu sind Modelle mit einem
vliesartigen Gewebe im Hüftbereich.
Dadurch kommt mehr Luft an die Haut.
Ein Nässeindikator zeigt schon vor dem
Öffnen der Windel den Feuchtigkeitsgrad an.
Vaginal-Tampons: Sie werden in die
Scheide eingeführt und verengen den
Harnleiter. Der Harn kann so leichter
zurückgehalten werden.
Scheidengewichte/Feminakonen:
Diese tamponförmigen Gewichte werden tief in die Scheide eingeführt und
sollen für mindestens eine Minute dort
durch Anspannung des Beckenbodens
gehalten werden. Die Gewichte werden
schrittweise erhöht, die Beckenbodenmuskulatur so stark trainiert.
Kondom-Urinale: Dieses System ist
für Männer eine gute Alternative zu
Vorlagen und Pants. Es enthält ein
Reservoir, um bei einem schwallartigen
Harnverlust diesen Harn aufzufangen
und abzuleiten. Voraussetzung: die
Blase muss ohne größere Restharnmengen entleerbar sein. Auch eine gesunde Penishaut und ausreichende
Penislänge sind Bedingung.
beeinflussende Signale ein Zusammenziehen der Blasenmuskulatur.
Aber auch Veränderungen im unteren Beckenboden, wie Harnröhrenstrikturen, Prostata-Vergrößerungen oder neurologischen Erkrankungen, wie Alzheimer, Parkinson
oder Multiple Sklerose können zu
Dranginkontinenz führen.
Die Therapie: Hier kommen meist
Medikamente, die so genannten
Anticholinergika zum Einsatz. Sie
besetzen die Rezeptoren in der
Blasenmuskulatur, die für die unkontrollierte Kontraktion der Blase
verantworlich sind. Eine überstarke
Aktivität der Blasenmuskulatur
wird gesenkt und das Fassungsvemögen der Blase erhöht. Toilettengänge und der gesamte Tagesablauf lassen sich besser planen.
Wenn die Blase überläuft
Eine ganz andere und für Männer
häufigste Art der Harninkontinenz ist die Überlaufinkontinenz.
Symptome sind Restharngefühl
nach dem Toilettengang und nur
geringer, tröpfchenweiser Abgang
von Urin, und zwar dann, wenn
die Blase tatsächlich gefüllt ist.
Schuld daran sind Hindernisse,
die dem natürlichen Abfluss des
Urins im Weg stehen, wie Harnröhrenengpässe durch Harnsteine
oder eine Vergrößerung der Prostata. Aber auch anatomische Fehlbildungen der Harnröhre können
den Stau bzw. das Überlaufen verursachen.
Die Therapie: Hier gilt es, die Ursache der Harnleiterverengung wie
Blasensteine oder eine vergrößerte
➔ Lesetipp
Prostata zu beseitigen. Neue, minimalinvasive Verfahren wie die Stoßwellenzertrümmerung (Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie) machen
eine offene Operation mit ihren
größeren Risiken und Nebenwirkungen oft überlüssig.
Hat durch die dauernde Überdehnung der Blase ihre Fähigkeit sich
zusammenzuziehen (Kontraktion)
gelitten, setzt man Medikamente
ein. Um den Restharn zu entfernen,
wird meist ein Katheter gesetzt, bis
die normale Kontraktionsfähigkeit
der Blase wieder hergestellt ist.
Für Dr. Lange steht fest, dass die
Medizin heute jedem Betroffenen
helfen kann: „Eine Inkontinenz
kann jeden treffen und ist kein
Grund, sich aus der Öffentlichkeit
zurückzuziehen.“
„Blasenschwäche ist kein Schicksal".
Die Broschüre gibt es kostenlos bei der
Deutschen Seniorenliga e. V., Heilsbachstr. 32 in 53123 Bonn. Die Broschüre
kann außerdem online im Internet
abgerufen werden unter der Adresse:
www.dsl-blasenschwaeche.de
➔ Selbsthilfe
Inkontinenz Selbsthilfe e.V.
Berliner Strasse 13 - 15
35415 Pohlheim
Telefon/Fax: 0 64 03/96 97 933
E-Mail: [email protected]
www.inkontinenz-selbsthilfe.com
Sonderfall: Stuhlinkontinenz
Lösungen für ein drängendes Problem
Frau Anneliese G. versuchte lange
Zeit, allein mit ihren Beschwerden
zurechtzukommen. Seit einer Krebsoperation am Darm litt die damals
50-jährige unter Stuhlinkontinenz.
Mit Damenbinden und langen Mänteln versuchte sie, ihr Problem vor
der Öffentlichkeit zu verbergen, zog
sich dann aber immer mehr zurück
und litt schließlich unter einer
Depression. Viel zu spät, das weiß
sie heute, wandte sie sich an einen
Arzt.
Ein komplexes System
„Das ärztliche Gespräch und die
individuelle Beratung sind bei Stuhlinkontinenz bereits der wichtigste
Schritt“, weiß Dr. med. Franz Raulf,
niedergelassener Arzt in Münster,
aus seinem Praxisalltag. Der Chirurg
und Proktologe (Facharzt für Erkrankungen des Enddarms) hat sich
unter anderem auf das Krankheitsbild Stuhlinkontinenz spezialisiert.
„Die Diagnostik und konservative
Therapie der Stuhlinkontinenz können in der Regel in der Praxis ge-
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leistet werden, ein Krankenhausaufenthalt ist in den meisten Fällen
nicht nötig.“ Wichtig ist für ihn vor
allem, herauszufinden, an welchem
Grad von Stuhlinkontinenz der Patient leidet und welche Ursachen
dahinter stehen. „Die Stuhlausscheidung wird von einem ganzen
System von Komponenten kontrolliert, etwa dem Schließmuskel, den
Nerven zur Wahrnehmung des Stuhldrangs oder dem Beckenboden. Eine
Inkontinenz resultiert zumeist aus
einer Schwäche mehrerer Teile des
Kontinenzapparates.“
Wege der Therapie
So vielschichtig wie die Ursachen ist
auch die Therapie der Stuhlinkontinenz: schlackenarme Kost, die
Korrektur von Stoffwechselstörungen oder stuhlverdickende Medikamente können bei leichten Graden
von Inkontinenz bereits ausreichen.
„Hilfreich ist es, wenn der Patient
ein Stuhltagebuch führt, denn auf
diese Weise lassen sich Alltagsprobleme erkennen, deren Veränderung
sich bereits als Problemlösung
anbietet“, so Dr. Raulf. Anhand des
Tagebuchs kann sich zeigen, dass
ein prophylaktischer Toilettenbesuch zu bestimmten Tageszeiten
sinnvoll ist. Durch Zäpfchen oder
Klistiere lässt sich die Stuhlentleerung auch programmieren, so dass
der Patient in der folgenden Zeit
keine Angst vor unfreiwilligem Stuhlabgang haben muss.
Beispiel durch eine Geburt, können
operativ korrigiert werden. „Selbst
Jahre nach der Geburt, die die
Schließmuskelverletzung
verursacht hat, kann der Muskel wieder
rekonstruiert werden“, ermutigt Dr.
Raulf und fügt hinzu „eine Verbesserung der Kontinenz durch
eine solche Operation wird bei 50
bis 70 Prozent der Patientinnen erreicht.“
OP nur selten nötig
Meist zeigt auch schon die erste
Untersuchung des Patienten, ob
eine Operation nötig ist. Dies ist
zwar eher selten der Fall, bei manchen Inkontinenzursachen aber die
einzige Möglichkeit, dem Patienten
dauerhaft zu helfen. Typische Indikationen sind etwa der Rektumprolaps, also das Herausstülpen
des Mastdarms aus dem After, oder
der so genannte Whitehead-Schaden, der nach einer ausgedehnten
Entfernung von Hämorrhoiden entstehen kann. Aber auch Verletzungen der analen Muskulatur, zum
Schneller Hilfe annehmen
Frau G. hat ihre Stuhlinkontinenz
heute im Griff. Sie isst abends zwei
Äpfel und steht morgens zwei
Stunden früher auf als sie aus dem
Haus muss. „Auf diese Weise kann
ich morgens nach dem Kaffeetrinken auf die Toilette gehen und
habe für den Rest des Tages meine
Ruhe“, erzählt sie. Sie ist froh, sich
damals ihrem Arzt anvertraut zu
haben, der sie dann an einen Spezialisten überwies. „Man muss sich
gut untersuchen lassen und die
gezielte Therapie durchziehen“, rät
sie anderen Betroffenen.
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Foto: DAK/Wigger
Die besten Hilfsmittel
zusammen und führt so zum unfreiwilligen Urinverlust. „Entweder
ist die Wahrnehmung der Blasenfüllung durch eine von Blasensteinen verursachten Entzündung,
der ableitenden Harnwege gestört,
oder die Nervenimpulse zum Harnblasenmuskel sind enthemmt“,
erklärt Dr. Lange. „Es kommt zum
vorzeitigen, krampfartigen Urinverlust.“
Auch eine nur geringe Füllung der
Blase bewirkt einen starken und
willentlich nicht zu unterdrückenden Harndrang. Ursache kann eine
schwerwiegende Entzündungen der
Harnblase oder der Harnröhre sein.
Die Rezeptoren, die den Füllungsgrad der Blase anzeigen, sind überempfindlich. Das Gehirn veranlasst
daraufhin über willentlich nicht zu
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Endlich sicher
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Mehr Informationen
Mehr Infos zum Thema gibt’s bei der
Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V.
Tel.: 05 61 / 78 06 04
Fax: 05 61 / 77 67 70
Friedrich-Ebert-Str. 124
34119 Kassel
E-Mail: [email protected]
Internet: www.kontinenz-gesellschaft.de
Spezielles Infotelefon:
0 18 05/23 34 40 von Mo – Fr,
10 – 12 und 15 – 20 Uhr (14 ct./min.).
Hier oder im Internet können auch die
Listen der bundesweiten Beratungsstellen mit Chirurgen/Proktologen, die
Broschüre „Stuhlinkontinenz“ oder ein
Vordruck für ein Stuhltagebuch kostenlos bestellt werden.
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