Depression

Werbung
Infozept Nr. I-DEP-004:
Depression
www.hausmed.de
© HausMed 2011
Diese Patienteninformation wurde geprüft und zertifiziert vom
Institut für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IhF) e.V.
Anmerkungen /
Kommentare
HausMed Infozept Depression
Depression ist eine weit verbreitete Erkrankung. Betroffene leiden über einen längeren Zeitraum
unter einer niedergedrückten Stimmung, Interessenlosigkeit und Antriebsminderung. Die
Dunkelziffer ist enorm hoch: In etwa der Hälfte der Fälle werden Depressionen nicht erkannt und
daher auch nicht adäquat behandelt. Dabei gibt es viele erfolgversprechende Therapieansätze,
die zur Heilung führen können.
Ziele der Publikation
Das Ziel dieser Patienteninformation ist sowohl von Depression betroffenen Patienten als
auch Angehörigen und Interessierten dabei zu helfen, die Erkrankung besser zu verstehen. Bei
Patienten kann ein gründliches Verständnis über die eigene Erkrankung eine partnerschaftliche
Entscheidungsfindung bei der Wahl des geeigneten Behandlungsverfahrens erheblich fördern
und damit deutlich zum Behandlungserfolg beitragen. Die Praxis einer partnerschaftlichen
Entscheidungsfindung (shared decision-making) ermöglicht medizinischen Fachleuten
und Patienten, bei der Suche nach dem besten Behandlungsverfahren für den einzelnen
Patienten zusammenzuarbeiten. Patienten, die über ihre eigene Behandlung mitentscheiden,
sind um ein Vielfaches motivierter, an der eigenen Gesundheit zu arbeiten. Eine zentrale
Rolle bei der Beteiligung des Patienten an Entscheidungen über seine Behandlung spielen
gute Patienteninformationen. Angehörige können wiederum ihre betroffenen Freunde oder
Verwandten gezielter unterstützen, wenn sie genau über die Krankheit aufgeklärt sind.
Nicht zuletzt profitieren auch interessierte Leser. Diese können sich sowohl über mögliche
Frühwarnzeichen und die Erkrankungsrisiken für Depression als auch über vorbeugende
Maßnahmen informieren.
Die Inhalte dieser Informationen beruhen auf medizinischen Leitlinien (evidenzbasiert) und
sind auf die Bedürfnisse in der hausärztlichen Praxis zugeschnitten (hausarztrelevant). Die hier
enthaltenen Informationen können aber in keinem Fall eine ärztliche Beratung ersetzen. Im
Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick über die Kapitel, in die diese Patienteninformation
gegliedert ist.
Entstehung der Krankheit
Jeder dritte deutsche Erwachsene erleidet mindestens einmal in seinem Leben eine depressive
Phase. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei der Entstehung der
Depression können viele Faktoren von erblicher Veranlagung bis hin zu Lichtmangel eine
Rolle spielen.
• Seite 4
Symptome
Niedergeschlagenheit, Bedrücktheit und das Gefühl allein gelassen zu sein, möglicherweise
im Zusammentreffen mit Überforderung und Leistungseinbußen, sind unter Umständen
Hinweise auf das Vorliegen einer Depression.
• Seite 7
Infozept - Depression
2
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Komplikationen
Depressive Störungen treten oft in Verbindung mit anderen psychischen und körperlichen
Erkrankungen auf. Häufige Begleiter sind Angst- und Zwangsstörungen.
• Seite 10
Diagnose
Die Diagnose einer Depression erfolgt über ein Arzt-Patient-Gespräch. In der Regel klagen
Betroffene über uncharakteristische Symptome wie Schmerzen, Schlafstörungen und
Kraftlosigkeit.
• Seite 11
Therapie
Das Ziel der Therapie von Depression ist es, den Menschen in akuten Belastungssituationen
zu stabilisieren. Das optimistische Denken und Handeln wird gefördert. Häufig sind
Kombinationen aus medikamentöser und psychotherapeutischer Therapie erfolgreich.
• Seite 14
Prävention
Soziale und körperliche Aktivität, ausreichende Möglichkeiten zur Ruhe
und Entspannung sowie geeignete Umgangsformen mit Konflikten oder
Schwierigkeiten können hilfreiche Ansätze zur Vorbeugung von Depressionen sein.
• Seite 20
Leben mit ...
Antworten auf häufig gestellte Fragen, die fünf wichtigsten Tipps zum täglichen
Umgang mit Depression und hilfreiche Links zu weiterführenden Informationen.
• Seite 22
Hierbei handelt es sich um eine unabhängige Patienteninformation der HausMed eHealth Services GmbH, die
ohne Mitwirken von Sponsoren erarbeitet wurde. Ziel dieser Informationsdienstleistung ist es, der Leserschaft
bedarfsorientierte und qualitativ hochwertige Inhalte zu präsentieren, welche ohne die Notwendigkeit
medizinischen Fachwissens verständlich sind. Es wird keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. In allen
Belangen kann und sollte der behandelnde Arzt konsultiert werden. Diese Patienteninformation kann keine
ärztliche Beratung, Diagnostik oder Therapie ersetzen.
Gültig vom 22.03.2011 bis 21.03.2016
Diese Patienteninformation wurde geprüft und zertifiziert vom
Institut für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IhF) e.V.
Infozept - Depression
3
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Entstehung der Krankheit
Jeder dritte deutsche Erwachsene erleidet mindestens einmal in seinem Leben eine depressive
Phase. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei der Entstehung der
Depression können viele Faktoren von erblicher Veranlagung bis hin zu Lichtmangel eine Rolle
spielen.
Als Depression bezeichnet man einen längeren Zustand deutlich gedrückter Stimmung,
Interesselosigkeit und Antriebsschwäche. Phasen der Trauer oder Niedergeschlagenheit kennt
jeder. Sie gehören zum menschlichen Dasein genauso dazu wie Hochphasen des Glücks.
Wann daraus die Krankheit Depression wird, ist nicht immer leicht zu erkennen. Oft fällt es
depressiven Menschen schwer, die alltäglichen Aufgaben zu bewältigen und sie leiden unter
starken Selbstzweifeln.
Depressionen sind weltweit häufige Erkrankungen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden sie im Jahr 2030 die höchste Krankheitslast in der Weltbevölkerung
verursachen – noch vor den Herz- und Kreislauferkrankungen. Depressionen können in jedem
Lebensalter auftreten.
Das Bundesgesundheitsministerium nimmt an, dass derzeit in Deutschland mindestens vier
Millionen Menschen von einer Depression betroffen sind. Dabei ist die Dunkelziffer hoch: Nach
den Ergebnissen einer Studie der Weltgesundheitsorganisation werden depressive Erkrankungen
in etwa der Hälfte der Fälle gar nicht festgestellt. Betroffene gehen häufig nicht zum Arzt oder
der Arzt erkennt die Depressionen nicht.
Es gibt verschiedene Formen und Schweregrade der Depression. Grundsätzlich trägt jeder
Mensch das Risiko in sich, depressiv zu werden. Doch ob jemand tatsächlich erkrankt, unterliegt
Einflüssen, die wir nicht unbedingt steuern können. Dazu gehören erbliche Anlagen, körperliche
Faktoren und das persönliche Lebensumfeld.
Häufig können Patienten, die unter Depression leiden, keine schlüssige Erklärung für ihre
Erkrankung finden. Ursachen für die Erkrankung können erblich bedingt und/oder im
Lebensumfeld des Betroffenen zu suchen sein. Folgende Faktoren werden als mögliche Ursachen
angesehen:
• erbliche Veranlagung
• Ungleichgewichte von Botenstoffen im Nervensystem
• Medikamente
• aktuelle oder zurückliegende belastende/verletzende Ereignisse
• chronische Erkrankungen
• Lichtentzug in den Wintermonaten (sogenannte saisonale Depression)
• erlernte negative Denkstrukturen
• Schlafstörungen
Infozept - Depression
4
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Erbliche Veranlagung
Untersuchungen konnten aufzeigen, dass bei Verwandten von depressiven Patienten ebenfalls
ein erhöhtes Risiko besteht, selbst an einer Depression zu erkranken. Obwohl also offensichtlich
die Gene eine Rolle spielen, besteht keine Einigkeit darüber, welche Gene an der Auslösung der
Krankheit beteiligt sind. Eine aktuelle Studie widerlegt auch die Existenz eines DepressionsGens.
Ungleichgewichte von Botenstoffen im Nervensystem
Forschungen im Bereich der Neurobiologie unterstützen die Theorie, dass bei Menschen mit
Depressionen eine Fehlregulation bestimmter Botenstoffe im Gehirn vorliegt. Bei Betroffenen
führt dies zu einer Verminderung der Interessen und des Antriebs sowie zu einem Mangel an
Freude. Für die Forschung sind vor allem die Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin
relevant.
Medikamente
Einige Arzneimittel können Depressionen als unerwünschte Nebenwirkung auslösen. Dies ist
zum Beispiel bei Kortisonpräparaten oder Medikamenten zur Behandlung von Schizophrenie
(Neuroleptika) der Fall.
Belastende Ereignisse (Stress)
Akute Trennungs- oder Verlusterlebnisse, wie der Verlust des Partners oder des Arbeitsplatzes,
können Auslöser einer Depression sein. Auch privater und beruflicher Stress oder lang
andauernde, belastende Erfahrungen in der Lebensgeschichte sowie Erlebnisse in der Kindheit
können eine Rolle spielen.
Chronische Erkrankungen
Fast alle chronischen Erkrankungen stellen eine dauerhafte Belastungssituation für die
Betroffenen dar und können daher Depressionen auslösen. Insbesondere ist dies bei Patienten
mit Morbus Parkinson, Schlaganfall, Epilepsie, Herzinfarkt, Krebserkrankungen, SchilddrüsenFunktionsstörungen (Über- oder Unterfunktion) und Diabetes der Fall.
Lichtentzug in den Wintermonaten
Bei einer saisonalen Depression kommt es in der dunklen Jahreszeit (Herbst und Winter) zu
Symptomen der Depression, die durch den Lichtentzug ausgelöst werden. Darüber hinaus
leiden die Betroffenen auch häufig unter einem großen Schlafbedürfnis und HeißhungerAttacken.
Infozept - Depression
5
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Erlernte negative Denkstrukturen
Bei vielen Betroffenen kann die depressive Symptomatik vorübergehend durch Wachtherapie
(Schlafentzug) gebessert werden. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass durch
ein vollständiges Vermeiden des Schlafes eine Besserung eintritt, die zwei bis drei Tage anhält.
Einigen Betroffenen, die regelmäßig in den Herbst- und Wintermonaten von depressiven
Symptomen betroffen sind und zudem ein vermehrtes Schlafbedürfnis sowie auftretenden
Heißhunger aufweisen, kann eine Lichttherapie von Nutzen sein. Dabei setzen sich die
Betroffenen regelmäßig für 30 - 40 Minuten einer Lichtquelle aus.
Aus klinischer Erfahrung heraus kann außerdem körperliches Training empfohlen werden, um
das Wohlbefinden zu steigern und depressive Symptome zu lindern.
Schlafstörungen
Wer häufig Probleme mit dem Schlaf hat, kann anfälliger für Depressionen sein. Die Deutsche
Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) spricht bei Menschen mit
Schlafstörungen von einem drei- bis vierfach höheren Risiko für psychische Erkrankungen wie
die Depression.
Verschiedene Formen der Depression
Die Depression ist ein Krankheitsbild mit vielen Gesichtern. Einzelne depressive Phasen nennt
man depressive Episoden. Diese können einmalig oder wiederholt auftreten.
• Bei mehr als der Hälfte der Ersterkrankungen kommt es im Laufe der Zeit zu einer erneuten
Erkrankung (Rezidiv). Zwischen zwei depressiven Episoden können Jahre vergehen, sie
können aber auch innerhalb eines kurzen Zeitraums gehäuft auftreten.
• Von einer Depression abzugrenzen ist die Dysthymie, eine anhaltende getrübte Stimmung,
die das Befinden zwar beeinträchtigt, aber nicht so stark wie eine depressive Episode.
• Von einer chronischen Depression spricht man, wenn die depressiven Anzeichen mehr als
zwei Jahre anhalten.
• Eine vollständige Wiederherstellung der psychischen Gesundheit nennt man Remission
(Genesung). Nach einer depressiven Episode kann diese Remission auch unvollständig sein.
Den Betroffenen geht es dann zwar deutlich besser als während der depressiven Episode,
aber nicht ganz so gut wie zuvor.
Hierbei handelt es sich um eine unabhängige Patienteninformation der HausMed
eHealth Services GmbH, die ohne Mitwirken von Sponsoren erarbeitet wurde. Ziel dieser
Informationsdienstleistung ist es, der Leserschaft bedarfsorientierte und qualitativ hochwertige
Inhalte zu präsentieren, welche ohne die Notwendigkeit medizinischen Fachwissens
verständlich sind. Es wird keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. In allen Belangen
kann und sollte der behandelnde Arzt konsultiert werden. Diese Patienteninformation kann
keine ärztliche Beratung, Diagnostik oder Therapie ersetzen.
Infozept - Depression
6
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Symptome
Niedergeschlagenheit, Bedrücktheit und das Gefühl allein gelassen zu sein, möglicherweise im
Zusammentreffen mit Überforderung und Leistungseinbußen, sind unter Umständen Hinweise
auf das Vorliegen einer Depression.
Die Depression hat viele Erscheinungsbilder. Trauer und Niedergeschlagenheit wirken sich
auch auf die körperliche Verfassung aus. Einige körperliche Anzeichen, wie Schmerzen oder
Schlafstörungen, können auf eine Depression hinweisen.
Depressive Patienten bestätigen häufig folgende Aussagen:
• „Ich bin traurig, einsam oder unglücklich.“
• „Ich fühle mich erschöpft, ausgelaugt und leer.“
• „Ich komme am Morgen kaum aus dem Bett.“
• „Ich habe Konzentrationsprobleme und kann alltägliche Aufgaben nur mit Mühe erledigen.“
• „Ich fühle mich wertlos und ungeliebt.“
• „Ich kann mich nicht mehr über Dinge freuen, die ich früher schön fand.“
• „Ich ziehe mich zurück, weil Gesellschaft mich anstrengt und mir Stress bereitet.“
• „Ich fühle mich schuldig.“
Es ist ganz normal, dass jeder Mensch in bestimmten Lebensphasen solche Aussagen als auf
sich zutreffend bewertet. Wenn sich aus diesen Ansichten jedoch grübelnde Gedankengänge
entwickeln, aus denen sich der Betroffene nicht mehr befreien kann, löst dies einen großen
Leidensdruck aus. Dauert dieser Zustand über mehrere Wochen an, könnte eine Depression
vorliegen. Durch das Abfragen der Kernsymptome kann dann erfasst werden, ob wirklich eine
Depression vorliegt.
Psychische Symptome
• depressive Stimmung
• Verlust von Interesse und Freude
• Antriebsstörung
• Energieverlust
• erhöhte Ermüdbarkeit
• verminderte Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit
• vermindertes Selbstwertgefühl (das Gefühl von Wertlosigkeit)
• Schuldgefühle, Selbstvorwürfe oder Gedanken an Selbstmord
• negative oder pessimistische Sicht auf die Zukunft
• innere und körperliche Unruhe
• Verlust von Selbstbewusstsein und Gehemmtsein
Körperliche Symptome
• allgemeine körperliche Abgeschlagenheit und Mattigkeit
• Schlafstörungen (Ein- und/oder Durchschlafstörungen)
• Appetitstörungen, Magendruck, Gewichtsverlust
Infozept - Depression
7
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
• Verdauungsprobleme wie Verstopfung (Obstipation) oder Durchfall (Diarrhöe)
• Kopfschmerz oder andere Schmerzen, häufig Rückenschmerzen
• Druckgefühl in Hals und Brust, Beengtheit im Hals (Globusgefühl)
• Störungen von Herz und Kreislauf (Herz-Rhythmus-Störungen, Herzrasen) oder Atemnot
• Schwindelgefühle, Flimmern vor den Augen, Sehstörungen
• Muskelverspannungen, plötzlich einschießende Schmerzen
• Verlust des sexuellen Interesses, Aussetzung der Monatsblutung, Impotenz,
sexuelle Funktionsstörungen
• Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
Symptome der Gefährdung durch einen Selbstmord
Wenn depressive Symptome vorhanden sind, muss immer auch die Gefährdung durch einen
Suizid beachtet werden. Auf eine erhöhte Gefahr weisen folgende Symptome hin:
• frühere Suizidversuche
• höheres Alter
• Suizid in der Verwandtschaft
• sehr schwere Depression
• sehr ausgeprägte Schuldgefühle
• fehlende familiäre und soziale Bindungen
• Verlust des sozialen Umfeldes oder des Berufes
• Entwurzelung durch Trennung
• Kränkungen durch Zurückweisung oder eigenes Fehlverhalten
• Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder anderen Substanzen
Bei folgenden Symptomen sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen
Es gibt einen einfachen Test, der den Verdacht auf eine depressive Störung erhärtet: Den so
genannten Zwei-Fragen-Test:
• Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder
hoffnungslos?
• Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie
sonst gerne tun?
Werden beide Fragen mit ja beantwortet, dann sollten Sie sich von Ihrem Hausarzt eingehend
untersuchen lassen. In einem ausführlichen Gespräch sollen alle wichtigen möglichen Hauptund Nebensymptome (Anzeichen) einer Depression erfragt werden. Damit kann eine Erkrankung zuverlässig festgestellt oder ausgeschlossen werden.
Weitere Symptome, die ärztliche Hilfe unbedingt notwendig machen:
• Selbstmordgedanken
• Angst sterben zu müssen, einen Herzinfarkt oder eine andere tödliche Erkrankung
zu bekommen
• Atemnot und Panikgefühle
• andauernde Antriebs-, Interesse- oder Freudlosigkeit
Es ist meistens sehr schwer, sich selbst objektiv einzuschätzen und Symptome als solche
zu erkennen. Das gilt für psychische Symptome und depressive Menschen ganz besonders.
Darum sollten Betroffene den Rat ihres Umfelds sehr ernst nehmen. Häufig erkennen Familienangehörige und Freunde viel früher, dass jemand an Depressionen leiden könnte.
Infozept - Depression
8
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Komplikationen
Depressive Störungen treten oft in Verbindung mit anderen psychischen und körperlichen
Erkrankungen auf. Häufige Begleiter sind Angst- und Zwangsstörungen.
Eine Depression geht häufig mit anderen seelischen oder körperlichen Erkrankungen einher.
Häufige psychische Begleiterkrankungen sind:
• Angst- und Panikstörungen
• Zwangsstörungen
• Wahnzustände (Psychosen)
• Missbrauch von Alkohol oder Drogen
• Essstörungen (Magersucht, Bulimie)
• Persönlichkeitsstörungen
• Selbstmordabsichten (Suizidalität)
• Frühgeburtlichkeit
• Schlaganfall
Auch Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Allergien, Infektionen, anhaltende Schmerzen,
Diabetes oder Hirnerkrankungen (neben Schlaganfall) können mit depressiven Symptomen
verbunden sein.
Menschen, bei denen eine Depression festgestellt worden ist, sollten sich unbedingt auch auf
Begleiterkrankungen hin untersuchen lassen.
Angst- und Panikstörungen
Eine Depression kann mit einer sehr starken Gehemmtheit, Ängstlichkeit oder mit Panikattacken
einhergehen. Daher werden im Rahmen einer Panikstörung die typischen Symptome einer
Depression erfragt. Nicht selten kommen depressive Symptome und Angst gleichzeitig vor,
ohne dass diese für sich ausreichend stark ausgeprägt sind, um die entsprechenden Diagnosen
Depression oder Angststörung zu stellen.
Zwanghafte Störungen
Von Zwängen wird gesprochen, wenn Betroffene unter Handlungen oder Gedanken leiden
und diese nicht unterdrücken können, obwohl sie als unerträglich, sinnlos oder zeitraubend
empfunden werden.
Wahnzustände (Psychosen)
Psychotische Symptome können im Zusammenhang mit schweren depressiven Episoden
auftreten. Gelegentlich können depressive Fehlüberzeugungen für den Betroffenen zu einer
unverrückbaren und indiskutablen Realität heranwachsen.
Infozept - Depression
9
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Es kann zu Wahnideen, Halluzinationen oder extrem verlangsamten Reaktionen (sogenannter
depressiver Stupor) kommen.
Missbrauch von Alkohol oder Drogen
Bei einer depressiven Erkrankung besteht ein erhöhtes Risiko für Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. Durch Suchtmittel wird häufig ein Ausweg aus der niedergedrückten Stimmung
gesucht. Dabei machen Alkohol und Drogen die Situation nur noch schlimmer.
Menschen mit Depressionen sollten Alkohol und Drogen unbedingt meiden. Wichtig ist, dass
im Falle eines Problems mit Alkohol oder Drogen der behandelnde Arzt darüber Bescheid weiß,
um angemessene Hilfe anbieten zu können. Betroffene sollten dem Arzt gegenüber daher sehr
offen über ihre Alkohol- und Drogengewohnheiten sprechen.
Essstörungen (Magersucht, Bulimie)
Häufig gehen Depressionen mit Essstörungen einher. Meistens sind Frauen von diesen
Begleiterkrankungen betroffen, aber zunehmend leiden auch Männer unter Essstörungen. Auch
hier ist ein offener Umgang mit den Begleiterkrankungen sehr wichtig.
Persönlichkeitsstörungen
Persönlichkeitsstörungen sind solche Störungen, die ein flexibles, situationsangemessenes
Verhalten und Erleben der Betroffenen erschweren oder unmöglich machen. Es gibt viele
verschiedene Formen. Diese oft sehr schwer zu erkennenden Erkrankungen gehen oft mit
Depressionen einher.
Selbstmordabsichten (Suizidalität)
Es ist nicht selten, dass Betroffene in einer depressiven Episode den Lebensmut verlieren und
daran denken, sich das Leben zu nehmen. Gerade in derartigen Situationen kann es depressiven
Menschen auch schwerfallen, solche Gedanken beiseite zu schieben.
In diesem Fall sollten sich Betroffene nicht scheuen und dies ihrem Hausarzt oder einer
vertrauten Person mitteilen. In einigen Fällen hilft es auch weiter, die Gründe zu erkennen, die
sie daran hindern, sich tatsächlich das Leben zu nehmen.
Frühgeburtlichkeit
Es gibt Hinweise darauf, dass Depressionen bei Schwangeren das Risiko einer Frühgeburt
deutlich erhöhen können.
Schlaganfall
Heute wird davon ausgegangen, dass einige Medikamente, die zur Behandlung von Depressionen
infrage kommen (Antidepressiva), das Risiko von Schlaganfällen steigern können. Daher sollte
bei einer leichten depressiven Episode der Nutzen einer medikamentösen Therapie mit den
möglichen Risiken abgewogen werden.
Infozept - Depression
10
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Diagnose
Die Diagnose einer Depression erfolgt über ein Arzt-Patient-Gespräch. In der Regel klagen
Betroffene über uncharakteristische Symptome wie Schmerzen, Schlafstörungen und
Kraftlosigkeit.
Wenn sich Betroffene entschlossen haben, einen Arzt oder Psychotherapeuten aufzusuchen,
befragt dieser sie in einem ausführlichen Gespräch. Dabei wird er sich an bestimmten
Beispielfragen oder Fragebögen orientieren, die sich in der Forschung als zuverlässig und
aussagekräftig erwiesen haben.
Dieses Gespräch ist das wichtigste Mittel des Arztes oder Psychotherapeuten,um herauszufinden,
ob jemand an einer Depression erkrankt ist und wie stark diese möglicherweise ausgeprägt
ist. Deshalb ist wichtig, dass Betroffene dem behandelnden Experten vertrauen können und
möglichst offen antworten.
Die Diagnose einer depressiven Störung wird gestellt, wenn mindestens zwei Hauptsymptome
sowie zwei Zusatzsymptome über einen Zeitraum von zwei Wochen vorliegen.
Der Schweregrad, das wiederholte Auftreten (Rezidiv) beziehungsweise die Dauer sowie
das Vorhandensein von zusätzlichen körperlichen (somatischen) oder realitätsfernen
(psychotischen) Symptomen sind weitere wichtige Informationen zur Eingrenzung der
Depression. In jedem Fall muss bei Vorliegen depressiver Symptome die Gefährdung durch die
Suizidalität aktiv untersucht werden.
Kriterien zur Diagnose einer Depression
Für die Diagnose einer Depression müssen mindestens zwei Haupt- und zwei Zusatzsymptome
über den Zeitraum von mindestens zwei Wochen auftreten.
Kern-/Hauptsymptome bei Depression:
• depressive Stimmung
• Verlust von Interesse und Freude
• Antriebsstörung
• Energieverlust
• erhöhte Ermüdbarkeit
Zusatzsymptome bei Depression:
• verminderte Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit
• vermindertes Selbstwertgefühl, das Gefühl von Wertlosigkeit
• Schuldgefühle, Selbstvorwürfe oder Gedanken an Selbstmord (Suizid)
• negative oder pessimistische Sicht auf die Zukunft
• innere und körperliche Unruhe (psychomotorische Unruhe)
Infozept - Depression
11
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
• Verlust von Selbstbewusstsein und Gehemmtsein
• Schlafstörungen
• Appetit- und Gewichtsverlust
• vermindertes Interesse an Sexualität
Schweregradbestimmung
Man unterscheidet zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression.
Die Behandlungsmöglichkeiten für alle drei Schweregrade sind verschieden. Deswegen ist es
notwendig, dass alle Krankheitsanzeichen so genau wie möglich erfasst werden.
Von einer leichten depressiven Episode spricht man, wenn zwei Haupt- und höchstens
zwei Nebensymptome mehr als zwei Wochen andauern. Bei zwei Haupt- und drei bis vier
Nebensymptomen spricht man von einer mittelgradigen Depression. Mindestens drei Hauptund vier oder mehr Nebensymptome kennzeichnen eine schwere Depression.
Die Einteilung nach Schweregraden wird von Fachleuten vorgenommen, indem sie das
Vorhandensein bestimmter Symptome prüfen.
Wiederholte (rezidivierende) depressive Episode
Von einer wiederholten (rezidivierenden) depressiven Episode spricht man, wenn es neben der
gegenwärtigen depressiven Episode in der Vorgeschichte wenigstens eine weitere gab.
Dysthyme Störung/ Dysthymie
Dauert die depressive Verstimmung über einen Zeitraum von zwei Jahren an, spricht man von
einer chronischen Verstimmung (Dysthymie).
Somatisches Syndrom
Es kann ein sogenanntes somatisches Syndrom vorliegen, wenn zusätzlich zu der Diagnose einer
leichten oder mittelgradigen depressiven Episode mindestens vier der folgenden Symptome
eindeutig vorhanden sind:
• Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
• mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emotional
zu reagieren
• frühmorgendliches Erwachen zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit
• Morgentief
• der objektive Befund einer psychomotorischen Hemmung oder Agitiertheit
• deutlicher Appetitverlust und Gewichtsverlust, häufig von mehr als 5 % des Körpergewichts
im vergangenen Monat
• deutlicher Libidoverlust
Infozept - Depression
12
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Das diagnostische Gespräch
Der Arzt oder Psychotherapeut wird diese Themen mit einem Betroffenen ansprechen. Je offener
und genauer die Antworten, desto besser kann der Arzt oder Psychotherapeut feststellen, ob
eine Depression vorliegt. Das ist wichtig, denn die Behandlung richtet sich auch nach dem
Schweregrad der Erkrankung. In den meisten Fällen kann eine Depression gut behandelt
werden. Wenn bei einem Menschen depressive Anzeichen festgestellt wurden, heißt das nicht
zwangsläufig, dass dieser an einer Depression leidet.
Auch bei anderen psychischen Störungen gehören viele dieser Zeichen zum Krankheitsbild. So
können Ermattung oder Schlafstörungen bei körperlichen Erkrankungen auftreten. Deswegen
sollte der Arzt oder Psychotherapeut in einem nächsten Schritt Fragen zu anderen möglichen
Krankheiten stellen, um diese abzugrenzen.
Andererseits kann die Diagnose gerade bei Menschen mit schweren körperlichen oder
psychischen Erkrankungen oder bei älteren Menschen schwieriger sein, weil bei ihnen allgemeine
Schwäche oder Schlafstörungen auch unabhängig von einer Depression auftreten können.
Wenn eine depressive Erkrankung festgestellt wurde, bespricht der Arzt oder Psychotherapeut
gemeinsam mit dem Patienten das weitere Vorgehen und leitet, wenn nötig, eine Behandlung
ein.
Infozept - Depression
13
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Therapie
Das Ziel der Therapie von Depression ist es, den Menschen in akuten Belastungssituationen zu
stabilisieren. Das optimistische Denken und Handeln wird gefördert. Häufig sind Kombinationen
aus medikamentöser und psychotherapeutischer Therapie erfolgreich.
Depressionen sind in der Regel gut zu behandeln. Dazu stehen mehrere Möglichkeiten zur
Verfügung. Grundsätzlich gibt es vier Behandlungsstrategien:
• aktiv-abwartende Begleitung (watchful waiting)
• medikamentöse Behandlung
• psychotherapeutische Behandlung (Psychoanalyse, Verhaltenstherapie)
• Kombinationstherapie
Welche Behandlung für einen Patieten geeignet ist, hängt vom Schweregrad der Erkrankung
und dem bisherigen Krankheitsverlauf sowie von dessen persönlichen Wünschen ab. In jedem
Fall sollten Betroffene gemeinsam mit ihrem Arzt oder Psychotherapeuten Nutzen und Risiken
der in Frage kommenden Verfahren gründlich abwägen.
Die Behandlung verfolgt stets mehrere Ziele. Die Symptome der Depression sollen so weit
zurückgehen, dass die Betroffenen ihr seelisches Gleichgewicht wiederfinden und im sozialen
wie beruflichen Alltag wieder voll einsatzbereit sind. Darüber hinaus soll die Wahrscheinlichkeit,
dass Betroffene einen Rückfall oder später eine Wiedererkrankung erleiden, so gering wie
möglich gehalten werden.
Wichtiger Hinweis
Die hier vorliegenden Informationen zur Behandlung von Depressionen beruhen auf
einem strengen und aktuellen wissenschaftlichen Nachweis, der den weitgehenden
Nutzen einer Behandlung gezeigt hat. Dabei ist zu beachten, dass die hier vorgestellten
Behandlungsmöglichkeiten unter bestimmten Bedingungen angepasst werden müssen.
Die persönlichen Wünsche und Lebensziele des Patienten spielen eine wichtige Rolle. Auch
das Alter, der Schweregrad der Erkrankung sowie mögliche Nebenerkrankungen können die
Empfehlungen mitunter stark beeinflussen. Betroffene mit Nebenerkrankungen sollten
ihren Hausarzt daher unbedingt darüber in Kenntnis setzen. Darüber hinaus sollten sie ihren
Hausarzt über alle Medikamente informieren, die sie einnehmen.
Der Hausarzt wählt für seinen Patienten die passende Behandlungsform entsprechend der
oben genannten Kriterien. Die gewählte Behandlungsform ist nicht immer die neuste oder
die kostenintensivste. Maßgeblich ist, dass die Therapie die beste Wahl für den Betroffenen
darstellt. Innovation und hohe Kosten sind nicht identisch mit der höchsten Qualität einer
Therapie für einen Patienten. Bei Fragen hierzu sollten sich Betroffene immer an ihren Hausarzt
wenden.
Infozept - Depression
14
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Abschnitte der Therapie
Die Behandlung lässt sich grundsätzlich in drei Abschnitte einteilen:
• Akuttherpie
• Erhaltungstherapie
• Rezidivprophylaxe
In der Akuttherapie geht es darum, die vorliegenden Beschwerden und Anzeichen der Depression
so schnell und so gut wie möglich zu behandeln, bis sie weitestgehend verschwunden sind.
Wenn das der Fall ist, setzt die Erhaltungstherapie ein. Durch eine Weiterführung der gewählten
Behandlung über etwa vier bis neun Monate bei medikamentöser und acht bis zwölf Monate bei
psychotherapeutischer Behandlung soll sich der Zustand stabilisieren. Damit kann die Gefahr
eines Rückfalls erheblich gesenkt werden. Es ist also wichtig, die gewählte Behandlung nicht
vorschnell abzubrechen, sobald eine Linderung der Beschwerden eingetreten ist.
Bei bestimmten Patienten sollte sich an die Erhaltungstherapie eine weitere Behandlung
zur Vorbeugung gegen ein erneutes Auftreten nach vollständiger Genesung anschließen
(Rezidivprophylaxe). Die Behandlung kann sich über ein Jahr oder länger erstrecken. Sie wird
empfohlen, wenn ein hohes Risiko dafür besteht. Das ist der Fall, wenn ein Patient mit Depression
schon mehrere Rückfälle erlebt hat, während der depressiven Phase sehr stark eingeschränkt
war oder an einer chronischen Depression leidet.
Aktiv-abwartende Begleitung (watchful waiting)
Bei einer leichten depressiven Episode kann mit dem Beginn der Behandlung abgewartet
werden, wenn die Betroffenen eine Behandlung ablehnen, oder man davon ausgehen kann,
dass sich die depressive Symptomatik auch ohne Therapie zurückbildet.
Jedoch sollte üblicherweise innerhalb der nächsten beiden Wochen eine erneute Überprüfung
der Symptomatik erfolgen. Das watchful waiting kann beispielsweise mit Aufklärung bezüglich
des Schlaf-Wach-Rhythmus verbunden werden.
Allgemeines über die medikamentöse Therapie bei Depression
Eine Depression kann auch mit Medikamenten behandelt werden, die auf die Psyche wirken.
Da diese gezielt gegen (lateinisch: anti) Depressionen wirken, werden sie auch Antidepressiva
genannt (Einzahl: Antidepressivum).
Zur Behandlung von depressiven Störungen stehen zahlreiche Medikamente zur Verfügung.
Bei mittel- oder schwergradigen depressiven Episoden wird Betroffenen eine Behandlung
mit Medikamenten, eventuell in Kombination mit einer Psychotherapie, angeboten.
Untersuchungen zufolge können einige medikamentöse Therapien das Risiko für Schlaganfälle
und andere Todesursachen steigern.
Generell ist bei der medikamentösen Behandlung Nutzen und Risiko miteinander abzuwägen.
Daher wird bei der Erstbehandlung von einer leichten depressiven Episode oft vom Einsatz
Infozept - Depression
15
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
von Antidepressiva abgesehen. In der Regel greifen die medikamentösen Therapien in den
Hirnstoffwechsel ein und verändern bestimmte Stoffwechselvorgänge zwischen Nervenzellen.
Die Wichtigsten Wirkstoffgruppen sind:
• klassische Antidepressiva (wirken je nach genauem Typ des Medikaments
stimmungsaufhellend, beruhigend oder antriebssteigernd)
• Wiederaufnahmehemmer (erhöhen die Konzentration von Botenstoffen im Gehirn, die der
Depression entgegenwirken)
• Inhibitoren (verhindern den Abbau von Botenstoffen im Gehirn, die der Depression
entgegenwirken)
• weitere Antidepressiva
• pflanzliche Antidepressiva
Klassische Antidepressiva
Zu den klassischen Antidepressiva gehören die tri- und tetrazyklischen Antidepressiva.
Trizyklische Antidepressiva, zum Beispiel Clomipramin und Amitriptylin, greifen gleichzeitig
in mehrere Systeme des Hirnstoffwechsels ein und wirken beruhigend, stimmungsaufhellend
oder antriebssteigernd.
Bei trizyklischen Antidepressiva sind zahlreiche Nebenwirkungen zu beachten. Bei Patienten
mit folgenden Grunderkrankungen besteht ein erhöhtes Risiko bei der Behandlung mit
trizyklischen Antidepressiva:
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Engwinkelglaukom (bestimmte Art des grünen Stars)
• gutartige Prostatavergrößerung
• Verengungen im Magen-Darm-Trakt
• schwere Verstopfung
• Demenzerkrankungen
• Krampfleiden
• Verwirrtheitszustände
Wiederaufnahme-Hemmer
Um unerwünschte Nebenwirkungen zu mildern, werden modernere Wirkstoffe hinsichtlich
ihrer Wirkung auf einzelne (selektive) Botenstoffe des Gehirns entwickelt. Diese sind allerdings
den trizyklischen Antidepressiva hinsichtlich der antidepressiven Wirkung nicht überlegen. Die
Botenstoffe (Neurotransmitter) dienen der Verbindung/Übertragung zwischen Nervenzellen.
Infozept - Depression
16
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
In der Regel wird ein Botenstoff von einer Nervenzelle in den Zellzwischenraum (synaptischen
Spalt) ausgeschüttet und stimuliert dann damit die Zielzelle. Je nach Botenstoff werden
unterschiedliche Reaktionen in der Zielzelle ausgelöst. Über spezielle Mechanismen wird der
Botenstoff dann wieder aus dem synaptischen Spalt entfernt. Wird diese Wiederaufnahme von
Botenstoffen, die einer Depression entgegenwirken können, medikamentös gebremst, kann der
Botenstoff länger wirken und damit den Mangel ausgleichen, welcher zu den Symptomen der
depressiven Störungen führt.
Man unterscheidet mehrere Gruppen von Wiederaufnahmehemmern. Es gibt Wiederaufnahmehemmer, die gezielt die Konzentration der Botenstoffe Serotonin oder Noradrenalin
im synaptischen Spalt erhöhen, aber auch solche, die die Wiederaufnahme beider Botenstoffe
hemmen.
Häufig eingesetzt werden die selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram,
Fluoxetin, Paroxetin und Sertralin. Besonders zu Beginn einer Therapie mit SSRI sollten Betroffene
darauf hingewiesen werden, dass sie beim Auftreten der folgenden Symptome, die auf ein
sogenanntes Serotoninsyndrom hinweisen, ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten:
• Verwirrtheit und delirartige Zustände
• Zittern/Frösteln und Schwitzen
• Veränderungen des Blutdrucks
• Muskelzuckungen
• Pupillenerweiterung
Inhibitoren
Die Monoaminoxidase ist ein Enzym, dessen Bedeutung im Abbau von Serotonin und
Noradrenalin besteht. Die Hemmung der Monoaminoxidase steigert dementsprechend die
Konzentration dieser Botenstoffe, wodurch eine antidepressive Wirkung erzielt wird.
Weitere Antidepressiva
Es gibt eine Reihe weiterer Wirkstoffgruppen, die auf spezielle Stoffwechselvorgänge im Gehirn
wirken und damit verbundenen Symptomen der Depression entgegen wirken sollen. Dazu
gehören Stoffe wie Reboxetin oder Bupropion.
In einer aktuellen Studie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
wurde die Wirksamkeit von Reboxetin für Akuttherapien und Rückfallprävention nicht erwiesen
und Patienten brachen die Therapie häufiger wegen unerwünschter Nebenwirkungen ab.
Dieselbe Studie gibt Hinweise darauf, dass sich eine medikamentöse Therapie mit dem Wirkstoff
Bupropion XL, welcher gegen die Symptome der Antriebsschwäche eingesetzt wird, für eine
Akuttherapie und zur Vorbeugung von Winterdepressionen eignet.
Pflanzliche Antidepressiva
Unter den pflanzlichen Antidepressiva spielt Johanniskrautextrakt eine Rolle. Wegen seiner
vermeintlich geringen Nebenwirkungen wird es in Deutschland häufig verordnet.
Infozept - Depression
17
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Allerdings ist seine Wirkung umstritten: Es gibt Studien, die eine erhöhte Wirksamkeit gegenüber
einem Placebo nachweisen, aber auch solche, die das widerlegen.
Eine aktuelle Übersicht kommt zu dem Ergebnis, dass bei leichter und mittelschwerer
Depression Johanniskraut wirksam ist, bei schwerer Depression aber nicht. Doch die Dosierung
in einzelnen Johanniskrautextrakt-Präparaten ist sehr unterschiedlich. Es sollten nur solche
Medikamente verordnet werden, deren Wirksamkeit in Studien nachgewiesen wurde und die
als verschreibungspflichtige Arzneimittel zugelassen sind.
Johanniskraut ist meist gut verträglich, obwohl einschränkend gesagt werden muss, dass die
meisten Studien relativ wenige Teilnehmer hatten und deshalb nur begrenzt zuverlässige
Aussagen erlauben. Häufig wird Lichtempfindlichkeit als Nebenwirkung erwähnt, in den
Studien finden sich aber nur wenige Hinweise darauf. Johanniskraut kann die Wirkung anderer
Medikamente beeinträchtigen. Vor allem die Pille zur Verhütung von Schwangerschaften kann
unwirksam werden. Blutverdünnende Medikamente und Medikamente zur Behandlung von
Epilepsie werden in ihrer Wirkung gemindert.
Psychotherapie
In der Psychotherapie wirkt der Psychotherapeut ohne Einsatz von Medikamenten oder anderen
Heilmitteln im Gespräch auf die Psyche des Patienten ein. Der Patient hat hierbei eine aktive
Rolle. Das bedeutet, Psychotherapie ist weitgehend Hilfe zur Selbsthilfe.
Es gibt viele verschiedene Arten und Formen der Psychotherapie. In Deutschland werden
aber bei der Behandlung von Depressionen ambulant (in der Praxis) in der Regel nur
Psychotherapieverfahren von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt und bezahlt,
die zu den sogenannten Richtlinienverfahren gehören. Als Richtlinienverfahren gelten die
Verhaltenstherapie und die psychoanalytisch begründeten Verfahren. Die Wirksamkeit dieser
Verfahren konnte in Studien zuverlässig nachgewiesen werden, wobei die meisten Belege für
die Wirksamkeit bei leichter und mittelgradiger Depression vorliegen.
Bei Depression wird als spezifische psychotherapeutische Form eher die kognitive
Verhaltenstherapie empfohlen. Dabei wird versucht, passive Verhaltensweisen wie Grübeln
durch die Förderung von angenehmen Aktivitäten im Tagesgeschehen zu ersetzen und soziale
Kompetenzen zu festigen. Denn Betroffene nehmen oft ihre negativen Kommunikationsmuster
mit anderen nicht wahr. Eine Umstrukturierung negativer Gedankenmuster hat zum Ziel, den
Abbau der belastenden Erfahrungen voran zu bringen.
Der Nutzen psychotherapeutischer Verfahren ist vor allem bei leichten und mittelgradigen
Depressionen belegt und denen einer medikamentösen Behandlung vergleichbar. Bei
mittelgradigen bis schweren Depressionen setzt die Wirkung psychotherapeutischer
Behandlung in der Regel etwas später ein als bei einer Behandlung mit Medikamenten und
ist bei sehr schwer ausgeprägten Krankheitszeichen oft nicht alleine möglich. Hier sind
Kombinationsbehandlungen (Psychotherapie und Medikamente) wirkungsstärker.
Die Psychotherapie birgt auch Risiken: Es kann sein, dass die Therapie keinen Erfolg zeigt, der
Zustand sich unter Umständen (teils vorübergehend) verschlechtert und den Betroffenen
dies nicht sofort bewusst wird. Vielleicht ist zum Beispiel das Vertrauensverhältnis zum
Psychotherapeuten beeinträchtigt.
Infozept - Depression
18
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Das kann auch passieren, wenn Patient und Psychotherapeut einfach „nicht miteinander können“.
In der psychotherapeutischen Behandlung ist der Patient sehr auf seinen Psychotherapeuten
angewiesen. Es sind seltene Fälle belegt, in denen der Psychotherapeut diese Abhängigkeit
ausnutzt. Außerdem ist nicht jeder Mensch zu einer Psychotherapie bereit. Man muss Zeit
investieren. Eine erfolgreiche Psychotherapie setzt eine entsprechende Motivation, Bereitschaft
und Fähigkeit zur Mitwirkung voraus.
Sonstige Therapien
Bei vielen Betroffenen kann die depressive Symptomatik vorübergehend durch Wachtherapie
(Schlafentzug) gebessert werden. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass durch
ein vollständiges Vermeiden des Schlafes eine Besserung eintritt, die zwei bis drei Tage anhält.
Einigen Betroffenen, die regelmäßig in den Herbst- und Wintermonaten von depressiven
Symptomen betroffen sind und zudem ein vermehrtes Schlafbedürfnis sowie auftretenden
Heißhunger aufweisen, kann eine Lichttherapie von Nutzen sein. Dabei setzen sich die
Betroffenen täglich (bis zu einer Woche) für 30 - 40 Minuten einer Lichtquelle aus.
Aus klinischer Erfahrung heraus kann außerdem körperliches Training empfohlen werden, um
das Wohlbefinden zu steigern und depressive Symptome zu lindern.
Weitere Therapieverfahren
Die hier dargestellten Behandlungsverfahren entsprechen den Therapien, deren Wikrsamkeit,
Sicherheit und Sinn durch Studien belegt worden sind und die in den Leitlinien empfohlen
werden, welche zur Erstellung dieses Texts herangezogen worden sind. Unter anderem
und vor allem zählen dazu die Nationale Versorgungsleitlinie zur Depression und die
dazugehörige Patienteninformation. Darüber hinaus gibt es gegebenenfalls noch weitere
Therapiemöglichkeiten. Bei Fragen hierzu wenden Sie sich bitte an Ihren Hausarzt.
Folgen einer Nicht-Behandlung
Auch ohne Behandlung klingt eine Depression nach einer bestimmten Zeit häufig wieder
ab. In einigen Studien war das nach etwa sechs bis acht Monaten der Fall. Es kann sein,
dass die Depression ohne Behandlung wiederkommt und die einzelnen Episoden dann
länger andauern. Auch mit einer Behandlung kann eine Depression bei etwa der Hälfte der
Betroffenen wiederkehren oder chronisch werden. Chronisch bedeutet, sie dauert zwei Jahre
oder länger an. Dies ist bei zwei von zehn Patienten der Fall. Mit einer Behandlung, die auf die
persönlichen Bedürfnisse und Voraussetzungen des Einzelnen abgestimmt ist, sind drei Viertel
der Patienten nach im Schnitt etwa vier bis sechs Monaten wieder vollständig gesundet. Dabei
sind Krankheitsverlauf und -dauer von Patient zu Patient sehr unterschiedlich.
Infozept - Depression
19
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Prävention
Soziale und körperliche Aktivität, ausreichende Möglichkeiten zur Ruhe und Entspannung sowie
geeignete Umgangsformen mit Konflikten oder Schwierigkeiten können hilfreiche Ansätze zur
Vorbeugung von Depressionen sein.
Menschen, die ein erhöhtes Risiko für Depressionen aufweisen, sollten früh damit beginnen,
eigene Kompetenzen im Umgang mit alltäglichen Belastungen und unerwarteten
Krisensituationen zu fördern. Sollte der Verdacht auf eine Depression bestehen, können
Betroffene sich vertrauensvoll an ihren Hausarzt wenden.
Früherkennung
Menschen, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, sollten Maßnahmen der Früherkennung in
Anspruch nehmen. Zur Risikogruppe zählen Menschen, die bereits früher depressive Störungen
hatten, an körperlichen Erkrankungen leiden, einen gesteigerten Alkohol- oder Drogenkonsum
aufweisen oder deren Familienangehörige starke emotionale Probleme hatten oder sich das
Leben genommen haben.
Ausreichend schlafen und Schlafstörungen vermeiden
In einer aktuellen amerikanischen Studie wird gezeigt, dass bereits sieben Prozent der Teenager
(7. bis 12. Schulklasse) als ernsthaft depressiv eingestuft werden müssen. Die Jugendlichen, die
gewöhnlich bis nach Mitternacht wach waren, waren deutlich häufiger depressiv.
Im Gegensatz zur Wachtherapie bei einer aktuellen depressiven Störung wirkt regelmäßiger
und ausreichender Schlaf eher als Schutz vor Depressionen.
Die eigenen Stärken stärken und die Schwächen schwächen
Vor dem Hintergrund, dass Depressionen häufig eine Reaktion auf eine starke Überforderung
sind, ist es wichtig, sich eigene Stärken und Schwächen vor Augen zu führen.
Menschen, die auf ihre eigenen Stärken stolz sind und ihre eigenen Schwächen kennen und
akzeptieren, sind besser vor Depressionen gefeit, als Menschen, die dazu neigen, zu streng mit
dem eigenen Charakter ins Gericht gehen. Menschen, die in eine depressive Phase geraten, geht
nämlich oft die Fähigkeit verloren, eigene Stärken als solche erkennen zu können. Gleichzeitig
wirken dann als vermeintliche Unzulänglichkeiten empfundene persönliche Eigenschaften
stärker negativ, als sie es objektiv gesehen sind.
Man sollte sich daher in einer von Selbstzweifeln geprägten Phase nicht scheuen, Freunde und
Angehörige um Hilfe zu bitten, das eigene Selbstbild objektiv mit dem Fremdbild zu vergleichen
(Reality Check). Es ist dann auch genauso wichtig, die eigenen Stärken und Schwächen als
solche zu akzeptieren und anzunehmen.
Infozept - Depression
20
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Schutzfaktoren gegen Selbstmord
Schützende Faktoren vor Suizid hängen von Erfahrungen in der frühen Kindheit ab, die Einfluss
auf das spätere Leben haben:
• dauerhafte gute Beziehung zu mindestens einer primären Bezugsperson
• Großfamilie, kompensatorische Elternbeziehungen, Entlastung der Mutter
• gutes Ersatzmilieu nach frühem Mutterverlust
• soziale Förderung (Jugendgruppen, Schule, Kirche)
• verlässlich unterstützende Bezugsperson(en) im Erwachsenenalter
AußerdemsindüberdurchschnittlicheIntelligenz,einrobustesundkontaktfreudigesTemperament
und die Bereitschaft zu festen Bindungen schützende Faktoren vor Selbstmordgedanken.
Infozept - Depression
21
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Leben mit ...
Antworten auf häufig gestellte Fragen, die fünf wichtigsten Tipps zum täglichen Umgang mit
Depression und hilfreiche Links zu weiterführenden Informationen.
Ursachen der Depression sind nicht allein in vererbten oder unveränderlichen Zuständen zu
suchen. Depressionen lassen sich heute sehr gut behandeln. Für eine Heilung oder spürbare
Besserung ist es besonders wichtig, dass die Betroffenen erkennen, dass sie erkrankt sind und in
einer Behandlung aktiv etwas zu ihrer Genesung beitragen können.
Allgemeine Hinweise
Es gibt verschiedene therapeutische Hilfen zum besseren Umgang mit spezifischen Problemen
und Belastungen bei Depression. Bereits das Gespräch mit Hausarzt und Angehörigen kann
helfen, mit Ängsten besser umzugehen.
Depression als Erkrankung erkennen
Eine Depression ist keine persönliche Schwäche, sondern eine behandelbare Erkrankung. Ein
erster bedeutender Schritt besteht darin, professionelle Hilfe aufzusuchen. Je länger sich eine
Depression in das Leben von Betroffenen einschleicht, umso schwieriger wird es, zu einem
normalen Alltag zurück zu finden. Es ist wichtig, immer wieder mit kleinen Rückschlägen
umgehen zu lernen.
Familie, Freunde und Selbsthilfe-Gruppen
Häufig hilft es weiter, mit Problemen nicht allein da zu stehen. Betroffene sollten sich nicht
zurückziehen, sondern aktiv auf ihre Familie und Freunde zugehen, um das Gespräch zu suchen.
Auch Selbsthilfe-Gruppen können aufgrund der persönlichen Erfahrungen oft helfen, spezielle
Probleme zu lösen.
Tagesstruktur
Klare Tagesstrukturen (feste Aufstehzeiten und regelmäßige Mahlzeiten) können äußerst
hilfreich sein. In schriftlicher Form kann ein solcher Plan beispielsweise helfen, um
Schlafprobleme zu lindern.
Erlebnisse
Durch körperliche Aktivität an der frischen Luft wie Spazierengehen oder Radfahren
können Betroffene ihr Wohlbefinden steigern. Dabei ist es wichtig, dass sie sich realistische
Ziele setzen, um Enttäuschungen zu vermeiden, und dass ihnen genug Zeit für Ruhe- und
Entspannungsphasen bleibt.
Alkohol, Drogen und Medikamente
Depressive Patienten sollten Alkohol meiden. Alkohol oder Drogen können die Probleme eines
Betroffenen nicht lösen. Neben der Abhängigkeitsgefahr können Alkohol und Drogen die
Bewältigung der Probleme verzögern oder sogar verhindern.
Infozept - Depression
22
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Ebenso sollten Betroffene keinesfalls ohne Rücksprache mit dem Hausarzt Schlaf-, Beruhigungsoder Schmerzmittel einnehmen.
Die fünf wichtigsten Tipps
1. Depression ist eine weitverbreitete Erkrankung, die meistens gut behandelt werden kann.
2. Der wichtigste Schritt, den Betroffene machen können, ist der Gang zum Arzt.
3. Es gibt keinen Grund, sich für Depressionen zu schämen oder zu verstecken.
4. Gedanken an Selbstmord müssen immer sehr ernst genommen werden und erfordern
sofortige ärztliche Hilfe.
5. Depressionen sind oft von anderen psychischen Erkrankungen begleitet und äußern sich
nicht selten auch über körperliche Symptome, wie Schlafstörungen oder Schmerzen.
Häufig gestellte Fragen
Was ist Depression?
Depression ist eine psychische Erkrankung, unter der viele Menschen in Deutschland leiden. Die
Erkrankung kann unter anderem zu Freudlosigkeit, starken Selbstzweifeln und im schlimmsten
Fall zu Selbstmordgedanken oder –versuchen führen. Daher sind Depressionen sehr ernst zu
nehmen und sollten nicht verharmlost oder verdrängt werden.
Wie finde ich einen Psychotherapeuten?
Es kann schwierig sein, den „richtigen“ Psychotherapeuten zu finden. Zum einen ist es häufig
schwer, einen freien Termin zu bekommen. Zum anderen müssen Sie und der Psychotherapeut
auch zueinander passen, wenn die Therapie Erfolg haben soll. Wichtig ist, dass Sie sich von
anfänglichen Fehlschlägen nicht entmutigen lassen.
Sie können andere um Rat und Hilfe bei der Suche bitten, zum Beispiel Ihren Hausarzt, Ihre
Krankenkasse, Menschen in Ihrem persönlichen Umfeld. Auch eine Poliklinik für psychische
Erkrankungen oder die psychiatrische Ambulanz eines Krankenhauses kann eine erste
Anlaufstelle für Sie sein, von der aus man Ihnen weiterhilft. Daneben gibt es psychologische
Beratungsstellen, die Sie aufsuchen können.
Wenn Ihnen die „anonyme“ Suche über das Internet lieber ist, dann können Ihnen die
Suchdienste der Berufsgruppen und Fachverbände weiterhelfen (zum Beispiel der bundesweite
Psychotherapeuten-Suchdienst).
Mir wurde gesagt, ich soll mich zusammenreißen. Heißt das, ich bin selbst Schuld, dass ich
Depressionen habe?
Nein, niemand ist schuld an seiner Depression. Depression ist eine Erkrankung. Nach den
Ergebnissen einer Studie der Weltgesundheitsorganisation werden depressive Erkrankungen in
etwa der Hälfte der Fälle gar nicht festgestellt, weil die Betroffenen nicht zum Arzt gehen oder
der Arzt sie nicht erkennt. Betroffene fürchten sich vor dem Makel „psychische Erkrankung“ oder
schämen sich, mit ihrer schlechten Stimmung nicht allein fertig zu werden.
Infozept - Depression
23
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Dabei ist eine psychische Erkrankung ebenso wie eine körperliche keine Frage von Schuld:
Niemand würde sich schämen, wegen Rückenschmerzen einen Arzt aufzusuchen. Die
Behandlung seelischer Erkrankungen gehört genauso zum Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenkassen wie die Behandlung körperlicher Erkrankungen. Bei privaten Krankenkassen ist
dies jeweils vom individuellen Versicherungsvertrag abhängig.
Gibt es verschiedene Formen von Depression?
Die Depression ist ein Krankheitsbild mit vielen Gesichtern. Einzelne depressive Phasen nennt
man depressive Episoden. Diese können einmalig oder wiederholt auftreten. Bei mehr als der
Hälfte der Ersterkrankungen kommt es im Laufe der Zeit zu einer erneuten Erkrankung (Rezidiv).
Zwischen zwei depressiven Episoden können Jahre vergehen, sie können aber auch innerhalb
eines kurzen Zeitraums gehäuft auftreten.
Von einer Depression abzugrenzen ist die Dysthymie, eine anhaltende getrübte Stimmung, die
das Befinden zwar beeinträchtigt, aber nicht so stark wie eine depressive Episode.
Von einer chronischen Depression spricht man, wenn die depressiven Anzeichen mehr als zwei
Jahre anhalten. Eine vollständige Wiederherstellung der psychischen Gesundheit nennt man
Remission (Genesung). Nach einer depressiven Episode kann diese Remission auch unvollständig
sein. Den Betroffenen geht es dann zwar deutlich besser als während der depressiven Episode,
aber nicht ganz so gut wie zuvor.
Was ist Dysthymie?
Von einer Depression abzugrenzen ist die Dysthymie, eine anhaltende getrübte Stimmung, die
das Befinden zwar beeinträchtigt, aber nicht so stark wie eine depressive Episode.
Was ist eine postpartale Depression?
Eine postpartale Depression ist eine Depression, die bei Frauen auftreten kann, die ein Kind
entbunden haben. Diese Erkrankung kann noch bis zu zwei Jahre nach der Geburt des Kindes
auftreten. Postpartale Depression ist dringend behandlungsbedürftig.
Was ist eine Winterdepression?
Bei der so genannten Winterdepression treten depressive Symptome nur im Herbst und Winter,
also während der dunklen Jahreszeit, auf und gehen während des Frühjahrs und des Sommers
wieder zurück. Für diese depressive Erkrankungsart hat sich die Behandlung mit künstlichem
Licht als wirksam erwiesen.
Eine Depression belastet nicht nur den Betroffenen, sondern auch Partnerschaft, Familie
und Freunde. Als Angehörige sind Sie in einer schwierigen Situation: Sie wollen helfen und
unterstützen und brauchen gleichzeitig vielleicht selbst Hilfe und Unterstützung.
Einen Menschen leiden zu sehen, der einem nahe steht, ist schwer. Es kann Ihnen helfen, wenn
Sie sich bewusst machen, dass Sie als Angehöriger zwar helfen aber nicht heilen können. Und
das erwartet auch niemand von Ihnen. Die Ursachen für eine Depression sind vielfältig. Manche
können auch im familiären Umfeld zu finden sein. Familie und Partnerschaft sind eine ständige
Baustelle.
Infozept - Depression
24
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
Auch wenn familiäre Konflikte eine Depression mit verursachen können: Niemand trägt Schuld
an der Erkrankung. Weder Sie noch der Erkrankte.
Jemand, der mir nahe steht, hat Depression. Ich soll zu einem Paar-/Familiengespräch
mitkommen. Was bedeutet das?
Falls es dazu kommt, dass der Arzt oder Psychotherapeut Ihres Partners Sie zu einem Paar- oder
Familiengespräch einlädt, dient das niemals dazu, Schuld zu verteilen, sondern Prozesse und
Belastungen aller Beteiligten besser zu verstehen und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu
erarbeiten. Kein Mensch wird absichtlich oder aus Versagen krank. Depression ist kein Ausdruck
von Unvermögen oder Nichtwollen. Auch wenn es von außen ganz einfach scheint, dagegen
anzugehen: Für den Betroffenen selbst kann es eine große Anstrengung bedeuten, sich zu den
einfachsten Dingen aufzuraffen.
Jemand, der mir nahe steht, hat Depression. Was kann ich tun?
Hilfreich für den Betroffenen ist es zum Beispiel, wenn Sie zunächst einmal Verständnis für seine
Situation und seine Gefühle aufbringen. Wenn Sie ihn in seiner Erkrankung ernst nehmen, ohne
zu dramatisieren. Und ihm gleichzeitig vermitteln, dass Hilfe möglich ist und es ihm in Zukunft
wieder besser gehen wird.
Deshalb ist es so wichtig, dass Sie ihn in seiner Entscheidung unterstützen, sich professionelle
Hilfe zu suchen. Viele Betroffene haben große Angst, dann als „verrückt“ zu gelten und von ihrem
Umfeld abgelehnt oder verlacht zu werden. Machen Sie klar, dass solche Befürchtungen nicht
gerechtfertigt sind. Vielleicht kennen Sie auch Beispiele anderer Menschen, die wegen einer
psychischen Erkrankung behandelt werden oder wurden und die davon profitieren. Vielleicht
können Sie sich als Begleiter durch eine schwere Zeit sehen.
Es kann gut sein, wenn Sie den Betroffenen in den Dingen unterstützen, die ihm helfen: wieder
mit kleinen Aktivitäten zu beginnen, einen Spaziergang zu machen, sich ein wenig zu bewegen,
miteinander zu reden. Oder etwas zu tun, was ihm Freude bringt, zum Beispiel Musik hören, ein
Bild ansehen. Dabei werden Sie vielleicht zurückgewiesen werden. Doch das zielt nicht auf Sie
als Person, sondern ist der Erkrankung geschuldet.
Nicht immer ist der andere in der Lage, Ihre Vorschläge anzunehmen. Wenn Sie das respektieren,
ohne Ihre Versuche aufzugeben, helfen Sie ihm sehr. Auf keinen Fall sollten Sie versuchen, einem
depressiven Menschen seine Erkrankung zu erklären, sie herunterzuspielen oder gut gemeinte
Ratschläge zu geben. Das alles signalisiert ihm, dass Sie ihn nicht akzeptieren, auch wenn Sie es
ganz anders meinen.
Jemand, der mir nahe steht, hat Depression. Ich fühle mich selbst sehr belastet davon. Was
kann ich tun, um nicht auch selbst den Mut zu verlieren?
Der Umgang mit einem depressiven Menschen kann dazu führen, dass Sie selbst auf vieles
verzichten. Auf Dinge, die Ihnen lieb sind, wie Hobbies, Sport, Kontakte, Kultur. Es mag Ihnen
egoistisch erscheinen, dass Sie sich vergnügen, während der andere leidet. Doch damit ist dem
Betroffenen nicht geholfen.
Wenn Sie nicht auf sich selbst Acht geben, werden Sie bald keine Kraft mehr haben, für den
anderen da zu sein. Der Umgang mit einer chronischen schweren Erkrankung ist für Angehörige
Infozept - Depression
25
www.hausmed.de
Anmerkungen /
Kommentare
eine Herausforderung. Sie können sich selbst Hilfe holen. Sie haben die Möglichkeit, sich
psychotherapeutische Unterstützung zu suchen, um diese belastende Situation zu verarbeiten.
Es gibt inzwischen auch zahlreiche Selbsthilfegruppen für Angehörige. Wer viel hilft, darf sich
zugestehen, auch selber Hilfe in Anspruch zu nehmen, um nicht auszubrennen. Alles, was Sie
entlastet, hilft auch dem Angehörigen, um den Sie sich sorgen. Das ist nicht egoistisch, sondern
pragmatisch.
Jemand, der mir nahe steht, hat Depression. Es gab bereits Situationen in denen ich große
Angst hatte, dass er sich etwas antut. Was kann ich im Notfall tun?
Hören Sie zu und nehmen Sie alle Äußerungen oder Beobachtungen sehr ernst. Versuchen
Sie, das Gespräch in Gang zu halten, und rufen Sie Notarzt und/oder Polizei. Lassen Sie den
Verzweifelten nicht allein, bis Hilfe eintrifft, und beseitigen Sie gefährliche Gegenstände aus
dem Umfeld.
Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung kann eine Einweisung ins Krankenhaus auch
gegen den Willen des Betroffen nötig sein! Für diesen Notfall ist die Polizei zuständig. Die
Zwangseinweisung ist ein schwieriger, allerletzter Ausweg, um Schlimmeres zu verhindern:
nämlich Fremd- oder Selbstgefährdung. Das bedeutet, dass das Leben oder die körperliche
Unversehrtheit des Betroffenen beziehungsweise einer anderen Person gefährdet ist. Dann
handelt es sich um einen Notfall. Am wenigsten eingreifend ist es für alle Beteiligten, wenn
Angehörige oder Freunde den Betroffenen selbst in das zuständige psychiatrische Krankenhaus
bringen. Wenn der Patient sich jedoch weigert, hat es keinen Sinn, einen Krankenwagen zu
rufen. Rettungssanitäter dürfen nicht gegen den Willen des Betroffenen handeln und ihn
zwangsweise transportieren. Hierfür ist die Polizei zuständig.
Weiterführende Links und Quellen
• Nationale Versorgungsleitlinie Depression
• Patienteninformation zur Nationalen Versorgungsleitlinie Depression
• Telefonseelsorge
• Kompetenznetz Depression
• Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK)
Infozept - Depression
26
www.hausmed.de
Herunterladen