8.12.2010

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Was bisher geschah
Klassische Aussagenlogik:
I
Syntax
I
Semantik
I
semantische Äquivalenz und Folgern
I
syntaktisches Ableiten (Resolution)
I
Modellierung in Aussagenlogik:
Wissensrepräsentation, Schaltungslogik,
90
Schlussregeln aus anderen Kalkülen
Resolutionsregel:
ϕ∨ψ
η ∨ ¬ψ
ϕ∨η
weitere Schlussregeln als Spezialfälle der Resolutionsregel:
Modus Ponens
Modus Tollens
Disjunktiver Syllogismus
Hypothetischer Syllogismus
ϕ→ψ
ψ
¬ψ
ϕ→ψ
¬ϕ
¬ψ
ϕ∨ψ
ϕ
ϕ→ψ
ψ→η
ϕ→η
ϕ
91
Hilbert-Kalkül H für die Aussagenlogik
Der Hilbert-Kalkül H besteht aus einem Regelschema:
Modus Ponens:
A
A→B
B
und mehrere Axiomenschemata
H1
A → (B → A)
H2
(A → (B → C)) → ((A → B) → (A → C))
H3
(¬A → ¬B) → ((¬A → B) → A)
Beispiel: `H p → p
92
Vollständigkeit und Korrektheit des Hilbert-Kalküls
(ohne Beweise)
Satz (Korrektheit)
Für jede Formel ϕ ∈ AL(P) gilt: Aus `H ϕ folgt |= ϕ.
(Jede im Hilbert-Kalkül beweisbare Formel ist allgemeingültig.)
Satz (Vollständigkeit)
Für jede Formel ϕ ∈ AL(P) gilt: Aus |= ϕ folgt `H ϕ.
(Jede allgemeingültige Formel ist im Hilbert-Kalkül beweisbar.)
Satz (Deduktionstheorem)
Φ ∪ {ψ} `H η gilt genau dann, wenn Φ `H ψ → η.
93
Modellierungsbeispiel: Winterbekleidung
Wenn es kalt ist, trägt Paul immer eine Mütze, einen Schal oder
Handschuhe. (m ∨ s ∨ h)
I
Ohne Handschuhe oder Schal trägt er keine Mütze.
(¬(h ∨ s) → ¬m)
I
Mütze und Handschuhe trägt er nie zusammen.
(¬(m ∧ h))
I
Handschuhe und Schal trägt er immer zugleich.
(h ↔ s)
Modellierung als Klauselmenge
Φ = {m ∨ h ∨ s, ¬m ∨ h ∨ s, ¬m ∨ ¬h, ¬h ∨ s, ¬s ∨ h}
Wie kann er sich kleiden?
Lösung: Modell (erfüllende Belegung)
94
Modellierungsbeispiel: Bahnfahrer
(Übungsaufgabe 1.3)
In einem Eisenbahnabteil sitzen die Herren Lehmann, Müller und
Schmidt.
Einer ist Sachse, einer Thüringer und einer Brandenburger.
Wenn Herr Lehmann Brandenburger ist, dann ist Herr Müller
Thüringer.
Wenn Herr Lehmann Thüringer ist, ist Herr Müller Sachse.
Wenn Herr Müller kein Brandenburger ist, ist Herr Schmidt Thüringer.
Wenn Herr Schmidt Sachse ist, ist Herr Lehmann Thüringer.
Was für ein Landsmann ist jeder?
Modellierung der expliziten und impliziten (aus jedem Land genau
einer) Bedingungen durch aussagenlogische Formeln (Tafel)
Lösung: Modell (erfüllende Belegung)
95
Modellierungsbeispiel: n-Damen
Frage: Lassen sich n Damen so auf einem n × n-Schachbrett
anordnen, dass keine Dame eine andere bedroht?
Lösung: Anordnung, falls möglich
Bedingungen:
I
n Damen auf dem Feld
I
keine Zeilenbedrohung
I
keine Spaltenbedrohung
I
keine diagonale Bedrohung
96
Repräsentation des 3-Damen-Problems
9 Felder – Aussagenvariablen {1, . . . , 9}
Bedingungen:
I
n Damen auf dem Feld, (in jeder Zeile eine Dame)
1 ∨ 2 ∨ 3, 4 ∨ 5 ∨ 6, 7 ∨ 8 ∨ 9
I
keine Zeilenbedrohung
1 → ¬2, 1 → ¬3, 2 → ¬3
4 → ¬5, 4 → ¬6, 5 → ¬6
7 → ¬8, 7 → ¬9, 8 → ¬9
I
keine Spaltenbedrohung
1 → ¬4, 1 → ¬7, 4 → ¬7
2 → ¬5, 2 → ¬8, 5 → ¬8
3 → ¬6, 3 → ¬9, 6 → ¬9
I
keine diagonale Bedrohung
1 → ¬5, 1 → ¬9, 5 → ¬9
2 → ¬6, 4 → ¬8
3 → ¬5, 3 → ¬7, 5 → ¬7
2 → ¬4, 6 → ¬8
Lösung: Modell (erfüllende Belegung)
97
SAT-Solver
SAT-Solver: Werkzeug zum Lösen von CNF-SAT-Instanzen
Erfüllbarkeitsproblem für CNF (CNF-SAT) schwierig (in ungünstigen
Fällen)
SAT-Solver
I
benutzen heuristische Verfahren,
I
finden für praktische Probleme oft schnell eine Lösung,
I
meist Ausgabe einer erfüllenden Belegung
(wenn eine existiert)
aktive Forschung auf diesem Gebiet:
jährlich Wettbewerbe (www.satcompetition.org/)
3-Damen-Problem hat keine Lösung (unerfüllbar)
eine mögliche Lösung für das 4-Damen-Problem:
×
¬1 ∧ ¬2 ∧ 3 ∧ ¬4
×
∧5 ∧ ¬6 ∧ ¬7 ∧ ¬8
×
∧¬9 ∧ ¬10 ∧ ¬11 ∧ 12
∧¬13 ∧ 14 ∧ ¬15 ∧ ¬16
×
98
Algorithmische Entscheidbarkeit der Aussagenlogik
Es existieren Verfahren, welche
I
für jede Formel ϕ ∈ AL(P) entscheiden, ob
I ϕ erfüllbar ist, z.B.
semantisch Modellmengen, WW-Tabelle
syntaktisch f aus ϕ durch Resolution nicht ableitbar
I ϕ unerfüllbar ist, z.B.
semantisch Modellmengen, WW-Tabelle
syntaktisch Ableitung von f aus ϕ durch Resolution
I ϕ allgemeingültig ist, z.B.
semantisch Modellmengen, WW-Tabelle
syntaktisch Ableitung von f aus ¬ϕ durch Resolution
I
für jedes Paar von Formeln ϕ, ψ ∈ AL(P) entscheiden, ob ϕ und
ψ semantisch äquivalent sind (d.h. ϕ ≡ ψ)
semantisch Modellmengen, WW-Tabelle
syntaktisch äquivalente Umformungen
I
für jede Formelmenge Φ ⊆ AL(P) und jede Formel ψ ∈ AL(P)
entscheiden, ob ψ aus Φ folgt (d.h. Φ |= ψ)
semantisch Modellmengen, WW-Tabelle
syntaktisch Ableitung von f aus Φ ∪ {¬ψ} durch Resolution
99
Grundbegriffe der Aussagenlogik
Syntax
Junktoren
Aussagenvariablen
Atom, Literal
Formeln
äquivalente Umformung
Junktorbasen
Normalformen (CNF, DNF)
Minimierung
syntaktisches Ableiten
Resolution
Semantik
Wahrheitswertfunktionen
Boolesche Algebra (Gesetze)
Belegungen
Modelle
Wahrheitswerttabellen
erfüllbar, unerfüllbar
allgemeingültig
semantische Äquivalenz
(Wahrheitswerttabellen)
semantisches Folgern
100
Klassische Aussagenlogik (Zusammenfassung)
deklarative Beschreibung von Problemen:
I
Erfüllbarkeitsprobleme,
z.B. kombinatorische Suche: n-Damen, Planen
I
Allgemeingültigkeitsprobleme,
z.B. Entwurf digitaler Schaltungen
I
Unerfüllbarkeitsprobleme,
z.B. Programmverifikation (Nachweis der Korrektkeit)
I
Folgerungsprobleme,
z.B. automatisches Beweisen
Lösung der durch aussagenlogische Formeln beschriebene
Probleme durch Standard-Verfahren
(z.B. Wahrheitswerttabellen, Resolution, SAT-Solver)
101
Beschränkte Ausdrucksstärke der Aussagenlogik
I
Aussagen immer zweiwertig
(nur wahr oder falsch, keine Zwischenwerte),
z.B.: Die Rose ist rot. Das Bier ist kalt. Der Student ist fleißig.
(Erweiterung zu mehrwertigen Logiken, fuzzy logic)
I
Aussagen immer absolut
(keine Abhängigkeit vom Kontext, z.B. Ort, Zeitpunkt),
z.B.: Es regnet.
(Erweiterung zur Modal- und Temporallogiken)
I
Aussagen über alle Elemente „großer“ Mengen aufwendig
(Erstellung, Platzbedarf), z.B. n-Damen-Problem
I
keine Aussagen über Elemente einer unendlichen Mengen oder
Mengen unbestimmter Mächtigkeit möglich, z.B.
I
I
I
Jede durch 4 teilbare Zahl ist gerade.
Es gibt eine gerade Primzahl.
Es ist nicht alles Gold was glänzt.
(Erweiterung zur Prädikatenlogik)
102
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