Alexithymie in der psychosomatischen Rehabilitation

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Alexithymie in der
psychosomatischen Rehabilitation
Grundlagen, Messung und Relevanz
Jochen Müller
Lehrstuhl für Psychologie I, Universität Würzburg
Übersicht
1.
2.
3.
4.
5.
Definition von Alexithymie
Erfassung von Alexithymie
Prävalenz
Alexithymie und Erkrankungen
Behandlungsmöglichkeiten
Fallbeschreibung
• Geschiedene Physiotherapeutin, Ende 40
• Vor 8 Jahren Operation einer entzündeten Stirnhöhle
• Viele rätselhafte und medizinisch ungeklärte
somatische Symptome
– Gesichtsschmerz
– Brennen auf dem Kopf
– Schwächeanfälle
• Auszug aus einem Interview:
– Frage nach Gefühlen: Schilderung der Symptome
• Wie ist es, sich wütend zu fühlen?
Nun, es ist ein Ausdruck den ich benutze, aber in Wirklichkeit ist es schwierig, es in Worte zu
fassen.
• Können Sie versuchen, es in Worte zu fassen?
Es schildert was passiert ist und überhaupt keine Antworten zu bekommen, als sich dieser
Druck in meinem Kopf aufbaute ... [weitere Beschreibung von Körpersymptomen]
• Haben Sie Schwierigkeiten, die meisten Ihrer Emotionen zu beschreiben?
Ich habe nie wirklich drüber nachgedacht.
• Was ist mit traurigen Gefühlen; werden Sie jemals traurig?
Ich glaube, jeder wird das zu einem gewissen Grad. Aber ich glaube nicht, dass ich es je war.
• Wissen Sie, wie Traurigkeit ist?
Ja, ich glaube schon. Ich habe mich bestimmt um einige Leute gekümmert, die traurig waren.
• Haben Sie es selbst gefühlt?
Ich glaube nicht.
• Welche Art von Gefühlen erleben Sie gewöhnlich?
Ich finde es schwer das zu sagen.
Frühe Beschreibungen
• Infantile Personalities (Ruesch, 1948)
• Emotionale Analphabeten (Friedman & Sweet, 1954)
• Pensée Opératoire (Marty & DeM‘Uzan, 1963)
• Psychosomatisches Phänomen (Stephanos, 1973)
• Pinocchio-Syndrom (Sellschopp-Rüppel & von Rad, 1977)
– „hölzern, langweilig, fehlende Introspektion, kein Gefühlsbericht“
Herleitung und Konzeptualisierung
des Begriffes Alexithymie
• Prägung des Begriffes durch Sifneos (1972)
• A-lexi-thymie = „Fehlen von Worten für Gefühle“
– A = Fehlen
– Lexis = Wort
– Thymos = Gefühl
• Dimensionales Persönlichkeitsmerkmal
• Defizit in der Verarbeitung und Regulation von
Emotionen
Beschreibung von Gefühlen in
emotionalen Situationen
• Verwirrung
– „Ich weiß es nicht“
• Vage oder einfache Antworten
– „Ich habe mich schlecht gefühlt“
• Bericht von Körperempfindungen
– „Ich hatte Magenschmerzen“
• Beschreibung von Verhalten oder externen Faktoren
– „Er hat dies getan, und ich habe das getan“
Definition
(1) Schwierigkeiten, eigene Gefühle zu beschreiben
und anderen mitzuteilen
(2) Schwierigkeiten, eigene Gefühle zu identifizieren
und von körperlichen Empfindungen zu
unterscheiden
(3) Mangel an Fantasie und Vorstellungsfähigkeit
(4) Extern orientierter Denkstil (pensée opératoire)
- Konkret, realitätsbezogen, handlungsorientiert,
fehlende Tagträume und Erinnerung an Träume
(Sifneos,1996; Taylor & Bagby, 2000)
Messung
• Selbstbeurteilung
– Toronto Alexithymie-Skala: TAS-20 (Bagby et al., 1994)
– Bermond-Vorst Alexithymia Questionnaire (BVAQ)
(Vorst & Bermond, 2001)
• Fremdbeurteilung
– Observer Alexithymia Scale: OAS (Haviland et al., 2000)
• Sprachliche Fähigkeiten in Vignetten
– Levels of Emotional Awareness Scale: LEAS
(Lane et al., 1990)
Toronto-Alexithymie-Skala (TAS-20)
Bagby, Parker & Taylor (1994)
Selbstbeurteilungsverfahren:
• Schwierigkeiten, Gefühle zu beschreiben
– Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für meine Gefühle zu finden.
– Ich finde es schwierig zu beschreiben, was ich für andere Menschen
empfinde.
• Schwierigkeiten, Gefühle zu identifizieren
– Mir ist oft unklar, welche Gefühle ich gerade habe.
– Ich bin oft über Vorgänge in meinem Körper verwirrt.
• Extern orientierter Denkstil
– Ich gehe Problemen lieber auf den Grund, als sie nur zu beschreiben.
– Sich mit Gefühlen zu beschäftigen finde ich sehr wichtig.
Korrelation mit negativer Affektivität
(Psychosomatikpatienten)
•
•
•
•
Depression
Angst
Angstsensitivität
Neurotizismus
r = 0.51 – 0.55 (SDS, BDI)
r = 0.48 (MAS)
r = 0.53 (ASI)
r = 0.49 (NEO-FFI)
tZusammenhang mittlerer Höhe mit negativer
Affektivität
Observer-Alexithymie-Skala (OAS)
Haviland, Warren & Riggs (2000)
Fremdbeurteilungsverfahren:
• Distanziertheit
– Er oder sie ist eine gefühlvolle Person.
• Mangelnde Einsicht
– Er oder sie hat Mühe mit den richtigen Worten seine oder
ihre Gefühle zu beschreiben.
• Somatisierung
– Er oder sie ist häufig besorgt um seinen oder ihren Körper.
• Humorlosigkeit
– Er oder sie hat guten Sinn für Humor.
• Steifheit
– Er oder sie ist steif; unnachgiebig.
Alexithymieforschung
(2001 & 2002, N = 164; Lumley, 2003)
Gesundheit
27%
Reviews
Grundlagen
5%
6%
Verhalten
11%
Physiologie
12%
Psychische
Gesundheit
14%
Psychometrik
13%
Kognitiv /
Sozial
12%
Prävalenz: eigene Daten
(TAS-20)
100%
40,1
50
58,3
56,5
25,4
42,5
84,0
73,2
90%
Alexithym
Grenzbereich
Nicht alexithym
80%
Häufigkeit
70%
Alexithym: TAS > 60
Nicht-alex.: TAS < 52
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
34,6
25
19,7
14,5
50,7
27,4
5,0
4,3
)
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7)
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138
282
200
127
124
347
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P
P
Prävalenz: Internationale Daten
(TAS)
100%
90%
80%
Häufigkeit
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
10,2
13
31,4
42,2
53
50
77
27,5
37,5
55,3
n
a
n
n
n
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A
A
r
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So
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Ch
M.
Ab
• Allgemeinbev. Deutsch
(n = 2047; Brosig 2004)
• Allgemeinbev. Finnisch
(n = 1285; Salminen, 1999)
• Pathologisches Spielen
(n = 1147; Lumley, 1995)
• Somatoforme Störungen
(n = 45; Bach, 1994)
• Chron. Schmerzsyndrom
(n = 55; Cox, 1994)
• Abhängigkeitserkrankung
(n = 169; Haviland, 1994)
• Esstörungen
(n = 48; Bourke, 1992)
• Rheumatoide Arthritis
(n = 40; Fernandez, 1989)
• M. Crohn/Colitis ulcerosa
(n = 112; Porcelli, 1995)
• Essenzielle Hypertonie
(n = 114; Todarello, 1995)
Alexithymie &
Gesundheitsprobleme
• Verglichen mit Gesunden ist Prävalenz von
Alexithymie erhöht bei Patienten mit:
– Rheumatoider Arthritis, Bluthochdruck,
entzündlicher Darmerkrankung, KHK,
Brustschmerz, Brustkrebs, Diabetes,
Kopfschmerzen, Fettsucht, chronischen
Schmerzen, Essstörungen, Nierenerkrankungen,
Magengeschwüren, HIV, Fibromyalgie,
Panikstörung, Impotenz, Sexueller Dysfunktion,….
• Alexithymie als Risikofaktor?
• Wirkmechanismus?
4 mögliche Interpretationen
(Lumley et al., 1996; nach Cohen & Rodriguez, 1995)
1) Alexithymie trägt bei zur biologischen Ebene von Erkrankungen
(Gewebepathologie: Sterblichkeit, Laborbefunde, klinische Beobachtungen)
a) über physiologische Veränderungen
b) über ungesundes Verhalten
2) Alexithymie trägt bei zur psychosozialen Ebene
von Erkrankungen
(Bericht und Verhalten: Schmerzen, Symptome,
Behinderung, Stimmung, Behandlungssuche)
a) über Symptome
Drittvariablen
b) über Behandlungssuche
Physiologischer Pfad
3) Alexithymie resultiert aus Krankheit
(“sekundäre Alexithymie”)
Alexithymie
Verhaltenspfad
Krankheit
Störung
Biologisch
4) Drittvariablen verursachen Alexithymie und Krankheit
Kognitiver
Pfad
Psychosozial
Sozialer
Pfad
4 mögliche Interpretationen
(Lumley et al., 1996; nach Cohen & Rodriguez, 1995)
1) Alexithymie trägt bei zur biologischen Ebene von Erkrankungen
(Gewebepathologie: Sterblichkeit, Laborbefunde, klinische Beobachtungen)
a) über physiologische Veränderungen
b) über ungesundes Verhalten
2) Alexithymie trägt bei zur psychosozialen Ebene
von Erkrankungen
(Bericht und Verhalten: Schmerzen, Symptome,
Behinderung, Stimmung, Behandlungssuche)
a) über Symptome
Drittvariablen
b) über Behandlungssuche
Physiologischer Pfad
3) Alexithymie resultiert aus Krankheit
(“sekundäre Alexithymie”)
Alexithymie
Verhaltenspfad
Krankheit
Störung
Biologisch
4) Drittvariablen verursachen Alexithymie und Krankheit
Kognitiver
Pfad
Psychosozial
Sozialer
Pfad
4 mögliche Interpretationen
(Lumley et al., 1996; nach Cohen & Rodriguez, 1995)
1) Alexithymie trägt bei zur biologischen Ebene von Erkrankungen
(Gewebepathologie: Sterblichkeit, Laborbefunde, klinische Beobachtungen)
a) über physiologische Veränderungen
b) über ungesundes Verhalten
2) Alexithymie trägt bei zur psychosozialen Ebene
von Erkrankungen
(Bericht und Verhalten: Schmerzen, Symptome,
Behinderung, Stimmung, Behandlungssuche)
a) über Symptome
Drittvariablen
b) über Behandlungssuche
Physiologischer Pfad
3) Alexithymie resultiert aus Krankheit
(“sekundäre Alexithymie”)
Alexithymie
Verhaltenspfad
Krankheit
Störung
Biologisch
4) Drittvariablen verursachen Alexithymie und Krankheit
Kognitiver
Pfad
Psychosozial
Sozialer
Pfad
4 mögliche Interpretationen
(Lumley et al., 1996; nach Cohen & Rodriguez, 1995)
1) Alexithymie trägt bei zur biologischen Ebene von Erkrankungen
(Gewebepathologie: Sterblichkeit, Laborbefunde, klinische Beobachtungen)
a) über physiologische Veränderungen
b) über ungesundes Verhalten
2) Alexithymie trägt bei zur psychosozialen Ebene
von Erkrankungen
(Bericht und Verhalten: Schmerzen, Symptome,
Behinderung, Stimmung, Behandlungssuche)
a) über Symptome
Drittvariablen
b) über Behandlungssuche
Physiologischer Pfad
3) Alexithymie resultiert aus Krankheit
(“sekundäre Alexithymie”)
Alexithymie
Verhaltenspfad
Krankheit
Störung
Biologisch
4) Drittvariablen verursachen Alexithymie und Krankheit
Kognitiver
Pfad
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Alexithymie verursacht
biologische Krankheit: Hinweise
Kauhanen (1996): Alexithymie als Prädiktor für erhöhtes
Sterberisiko über 5.5 Jahre bei 2297 Männern (Alter 42–60)
– 132 Todesfälle (27 gewaltsam)
– TAS: Höchste 20% / niedrigste
60%
– 2x Risiko für Gesamtsterblichkeit
3x Risiko für gewaltsamen Tod
– Kontrolle konfundierender
Variablen (demografisch,
Gesundheitsverhalten, KV
Risikofaktoren, soziale Faktoren,
Depression)
– Mechanismus noch unklar
Trägt A. bei zur biologischen Ebene
(1a) über veränderte Physiologie?
Alexithymie
Drittvariablen
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Krankheit
Störung
Biologisch
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Physiologische Reaktivität:
Untersuchung mit Patienten
• Auswahl von 82 Psychosomatikpatienten (39
Männer) aus n = 347 nach TAS-20-Grenzwerten
• Mittleres Alter 46 Jahre
• Experiment mit 39 hoch und 43 niedrig Alexithymen
– Induktion von Emotionen durch Filmausschnitte
(Ärger: „Cry Freedom“, Traurigkeit: „Lovestory“)
– Induktion von kognitivem Stress
• Messung von Herzrate und Hautleitfähigkeitsniveau
Müller (2002)
Physiologische Reaktionen bei
Psychosomatikpatienten
Keine Unterschiede zwischen hoch und niedrig alexithymen Patienten
Hautleitfähigkeit
Herzrate
86
7
82
6
Hautleitfähigkeit (µS)
Herzrate (Schläge / Minute)
Hoch alexithym
Niedrig alexithym
Hoch alexithym
Niedrig alexithym
84
80
78
76
74
5
4
72
70
3
0
0
Baseline Test
Stress
Baseline Film Baseline Film
Ärger
Traurigkeit
Baseline Test
Stress
Baseline Film Baseline Film
Ärger
Traurigkeit
Alexithymie und
physiologische Aktivität
Anzahl Studien mit dem Vergleich hoch und niedrig Alexithymer (TAS)
in peripherphysiologischer Aktivität (tonisch und reaktiv)
•
15
14
13
12
Anzahl Studien
11
10
•
10
9
8
•
8
7
6
5
6
5
4
3
2
1
0
2
>
=
Tonisches Niveau
>
=
<
Reaktivität auf Stressoren / Emotionen
Physiologie bei hoch Alexithymen
Vereinzelt Hinweise auf
erhöhte sympathische
Aktivierung bei Ruhe
(Baseline).
Wenig Hinweise für
Hyper-Reaktivität
Mehr Belege für normale
oder Hypo-Reaktivität
auf verschiedene
Stressoren
Trägt A. bei zur biologischen Ebene
(1b) über ungesundes Verhalten?
Alexithymie
Drittvariablen
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Krankheit
Störung
Biologisch
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Hinweise für den Verhaltenspfad
• Alexithymie u bei:
–
–
–
–
–
–
Essstörungen
Alkohol- und Drogenmissbrauch
Schlechter Ernährung
Sitzendem Lebensstil
Spielsucht
Selbstverletzendem Verhalten
• Wenig bekannt über meiste gesundheitsbezogene
Verhaltensweisen (Compliance, Risikoverhalten,
Körperpflege)
Trägt A. bei zur psychosozialen Ebene
(2a) über u Symptombericht?
Alexithymie
Drittvariablen
-Drittvariablen
Soziokulturell
- Neurologisch
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Körperliche
Krankheit
Krankheit
Störung
Organische
Biologisch
Krankheit
KrankheitsPsychosozial
verhalten
Sozialer
Pfad
Körperempfindungen
(Psychosomatikpatienten)
Gewöhnlich erlebte Empfindungen bei Traurigkeit und Ärger (n = 68):
Stärkere Empfindungen bei hoch alexithymen Patienten (in Effektstärken)
Ohrensausen
Aufstoßen/Sodbrennen
Muskelzittern
Schwindel
Haut rötet sich
Stuhl- /Harndrang
Magen unruhig
Finger kribbeln / taub
Atmung schneller
Magen verkrampft
Augenflimmern
Stiche in der Brust
Mundtrockenheit
Schwitzen
Atmung fällt schwer
Augen tränen
Muskelschwäche
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
( )
*
*
*
0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9
Traurigkeit
Effektstärke
Ärger
Untersuchung: Implizite Reaktion
auf Symptomwörter
• 45 Psychosomatikpatienten, Alter 45 Jahre
• Emotionaler Stroop-Test:
– Benennung der Farbe von Wörtern, möglichst schnell und genau
– Ignorieren der semantischen Bedeutung
• Darbietung von 4 Wortkategorien in 4 Farben
–
–
–
–
Neutrale Wörter:
Positive Wörter:
Negative Wörter:
Körpersymptome:
Dolmetscher
Fröhlichkeit
Traurigkeit
Schwindel
• Erfassung der Reaktionszeit: Interferenz-Index
– Positive Wörter: RTpositiv – RTneutral
– Negative Wörter: RTnegativ – RTneutral
– Körperwörter:
RTKörper – RTneutral
Müller, Alpers & Reim
Erhöhte Interferenz bei niedrig
Alexithymen (OAS)
Interferenz
• OAS-Mediansplit:
• 22 hoch Alexithyme
• 23 niedrig Alexithyme
- Körpersymptomwörter
• Weniger Aufmerksamkeit für körperbezogene Wörter bei
niedrig Alexithymen
• Sind Alexithyme eher an
Körperempfindungen
gewöhnt?
20
Mean Interference (ms)
• Stärkere Interferenz bei
niedrig alexithymen
Patienten für
- negative Wörter
30
High Alexithymia (OAS)
Low Alexithymia (OAS)
10
**
0
*
-10
-20
-30
Positive
Negative
Bodily Symptoms
Word Category
*p < 0.05; **p < 0.001
Symptombericht
• De Gucht & Heiser (2003): Review
– Korrelation zw. Alexithymie (TAS-20) und Anzahl
somatischer Symptome von r = 0.23 über 18 Stichproben
(r = 0.05 – r = 0.67)
– Größter Zusammenhang von r = 0.35 mit TAS-20
Schwierigkeiten beim Identifizieren von Gefühlen
(r = 0.20 – 0.58)
• Meist keine objektiven Hinweise für diese
Beschwerden
• Kausale Beziehung unklar
Trägt A. bei zur psychosozialen Ebene
(2b) über u Behandlungssuche?
Alexithymie
Drittvariablen
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Krankheit
Störung
Biologisch
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Alexithymie und
Behandlungsuche
• Alexithymie in einigen Studien verbunden mit u
Behandlungssuche
• Alexithymie mögl. bei Patienten überrepräsentiert
durch verstärkte Nutzung des Gesundheitssystems
• Gilt besonders für “Schwierigkeiten, Gefühle zu
identifizieren / beschreiben”
(3) Verursacht Krankheit
Alexithymie?
Alexithymie
Drittvariablen
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Krankheit
Störung
Biologisch
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Hinweise auf
“Sekundäre Alexithymie”
• PTSD korreliert stark mit Alexithymie
• Alexithymie ist erhöht bei starkem Stress
(Verbrennung, Gewalt, Unfälle)
• Beschwerden und Alexithymie verändern
sich gemeinsam
¬Sekundäre Alexithymie könnte auf einige
Fälle von Alexithymie zutreffen
(4) Sind Alexithymie und Krankheit
Produkt einer Drittvariable?
Alexithymie
Drittvariablen
Physiologischer
Pfad
VerhaltensPfad
Kognitiver
Pfad
Krankheit
Störung
Biologisch
Psychosozial
Sozialer
Pfad
Alexithymie und Drittvariablen
• Mögliche Drittvariablen:
– Negativer Affekt (Depression, Angst)
– (Funktionelle) Hirnläsionen
– Soziodemographische Var. (Armut, Bildung)
– Genetik / Persönlichkeit
Anteriorer Cingulärer Cortex
(ACC)
ACC
Funktionen des ACC
Bewusste Aufmerksamkeit
für emotionale oder kognitive
Informationen
Hirnstamm:
Vegetatives
Nervensystem
ACC
Hypothalamus:
Stresshormonachse
Motorik:
Muskelspannung,
Körperhaltung …
Schlussfolgerung:
Alexithymie und Krankheit
1. Wenig Hinweise für Verursachung biologischer Erkrankungen durch A.
– Kaum Hinweise für physiologische Hyperreaktivität
– u ungesundes Verhalten möglich
2. A. als Risikofaktor für psychosoziale Krankheitsfaktoren
– u Symptombericht
– Mögl. u Behandlungssuche, u Prävalenz
3. Sekundäre Alexithymie in
manchen Fällen
Drittvariablen
4. Drittvariablen denkbar, die Alex. und
Krankheiten verursachen
(Hirnläsionen, Negative Affektivität)
Alexithymie
?
Physiologischer Pfad
Verhaltenspfad
Sozialer
Pfad
? 99 ?
±
?
Krankheit
Störung
Biologisch
t Ursache für erhöhte Prävalenzraten bei
unterschiedlichen Erkrankungen unklar
Kognitiver
Pfad
Psychosozial
Beeinflusst Alexithymie das
Therapieergebnis?
• u Alexithymie: ‚ Besserung bei
–
–
–
–
Somatoformen Störungen (Bach & Bach, 1995)
Alkoholismus (Loas, 1997)
Funktionalen GI Störungen (Porcelli et al., 2003, 2004)
Depressionsbehandlung mit Antidepressiva (Ozsahin et
al., 2003)
Mögliche Interventionen für
alexithyme Patienten
Direkte Behandlung
von Alexithymie
(z.B. Emotionstraining)
Modifizierte
Selbstöffnung
Alexithyme Person
(mit Gesundheitsproblemen)
(häufiger, geleiteter)
Nicht-emotionale
Intervention
Bessere
Gesundheit
(z.B. Kognitive VT)
Psychopharmaka
(SSRIs?)
Lumley (2004)
Kontrollierte Therapiestudien für
Alexithymie (n = 1)
• Beresnevaite (2000)
– 37 hoch alexithyme (TAS) Patienten nach Myokardinfarkt
– EG (n = 20): Randomisierte Zuweisung zu 4-monatiger
wöchentlicher Gruppentherapie
– KG (n = 17): Information über KHK in 2 Sitzungen
– Gruppentherapie: PMR, Identifikation und Mitteilen von
Gefühlen in Rollenspielen, Beschreibungen von
Vorstellungen und Fantasie, nonverbaler Gefühlsausdruck
– v TAS Werte in EG, nicht in KG
– v TAS-Werte: besserer KHK Verlauf nach 2 Jahren
Fazit
• Hohe Prävalenzraten bei Patienten
– Mögliche Verursachung von Erkrankungen durch A.
– Möglicher negativer Einfluss auf Therapieergebnisse
t Relevanz für die Rehabilitation
• Bedarf an anderen Untersuchungsdesigns!
– 2001/2002: 81% querschnittlich / korrelativ
t Längsschnittstudien
t Experimentelle Studien
• Starker Bedarf an kontrollierten Therapiestudien!
Messung von Alexithymie
• Selbstbeurteilung von Alexithymie möglich?
– Spezifische Kritik: TAS
• Korrelation mit negativer Affektivität
• Subskalen: niedrige Interkorrelation, unterschiedliche Korrelate
– Allgemeine Kritik:
• Können stark Alexithyme ihr Defizit einschätzen? t Niedrige Werte
• Erhöhte Belastung, Selbstkritik t Erhöhte Werte
tErfassung mit mehreren Methoden!
• Fremdbeurteilung (OAS)
• Sprachliche Fähigkeiten in Vignetten (LEAS)
• Verhalten in emotionsauslösenden Situationen?
Ich hoffe, Sie fühlen sich gut –
und dass Sie wissen, wie Sie
sich fühlen!
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