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Schlaganfall
Rennen gegen die Zeit
Ein Stent-Retriever ist ein körbchenartiges Drahtgeflecht, mit dessen Hilfe ein Blutgerinnsel
aus einem Blutgefäß herausgezogen wird.
Quelle: Aktion Mensch
10.05.2016 Heute ist der „Tag gegen den Schlaganfall“. Grund genug, einen Blick
auf die gängisten Behandlungsmethoden zu werfen, die nach einem Hirnschlag
zum Einsatz kommen. von Matthias Lehmphul
„Ein gutes Drittel der Schlaganfallpatienten erreicht die Klinik im Zeitfenster von drei
Stunden, doch nur etwa 12 Prozent werden mit einer Thrombolyse behandelt“, sagt
Joachim Röther, Chefarzt an der Asklepios Klinik in Hamburg-Altona. Nach Angaben
der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) erleiden rund 270.000 Patienten in
Deutschland pro Jahr einen Schlaganfall. Etwa 85 Prozent davon entstehen durch
Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn, einen so genannten ischämischen Schlaganfall.
Die unterbrochene Blutversorgung lässt Nervenzellen absterben. Die übrigen gehen
auf Hirnblutungen zurück, die klinisch dieselben Symptome verursachen: Plötzliche,
einseitige Lähmungen, Seh-Störungen und Sprachstörungen sind bei allen
Schlaganfällen die wichtigsten Zeichen. Etwa jeder dritte Patient bleibt danach
dauerhaft behindert - etwa durch Lähmungen oder Sprachprobleme. Im Schnitt sind
die Patienten deutlich über 70 Jahre alt.
Bei etwa einem Viertel der Schlaganfallpatienten treten diese Symptome nur
vorübergehend auf - Ärzte nennen dies transitorische ischämische Attacke oder kurz
TIA. „Etwa 20 Prozent der Betroffenen erleiden innerhalb der nächsten drei Monate
einen großen Schlaganfall, der zu bleibenden Behinderungen oder häufig zum Tod
führt“, warnt Röther. Die so genannte TIA und der Schlaganfall haben nämlich die
gleichen Ursachen, die nach dem Abklingen der Symptome weiter bestehen.
Mittlerweile gibt es nach Angaben der Deutschen
Schlaganfall-Gesellschaft bundesweit 260 zertifizierte
Neues Dossier
Spezialstationen, sogenannten Stroke Units, die
Medizintechnische
Schlaganfall-Patienten behandeln. Stroke Units sind
Innovationen haben die
Notfallversorgung beim
Schlaganfall stark
vorangebracht.
Telemedizinische
Stationen an Kliniken, die auf die schnelle und
zielgerichtete Behandlung von SchlaganfallBetroffenen spezialisiert sind. Ihre Zahl ist in den
vergangenen 20 Jahren in Deutschland stetig
angewachsen. Lücken im Netz gibt es Experten zufolge
in strukturschwachen Regionen, etwa in Teilen
Ostdeutschlands. Die Barmer GEK geht davon aus,
dass bundesweit etwa 55 Prozent der
Schlaganfallpatienten in diesen Stroke-Units behandelt
werden.
Schlaganfallnetze und
der Einsatz mobiler CTGeräte in der
Notfallrettung sorgen
dafür, dass mehr
Patienten optimal
behandelt werden
können. Auch innerhalb
des Krankenhauses
Diagnose entscheidend für Therapie
optimiert Medizintechnik
die Versorgung. Die
Um das Gefäß wieder zu öffnen, setzen Mediziner
mechanische
bisher darauf, die Verstopfung durch Medikamente zu
lösen. Das Enzym Alteplase (rtPA) kann den Pfropf
auflösen und die Durchblutung wiederherstellen. Die
Lysetherapie, die 1996 zunächst in den USA und bald
darauf in Deutschland eingeführt wurde, ist allerdings
Thrombektomie ist jetzt
Leitlinienstandard. Und
dank neuer Kombi-Geräte
rückt das Stroke-Lab
näher. Einen kurzen
an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die Ärzte
Überblick gibt Ihnen der
Arzt und
müssen zunächst sicherstellen, dass der Schlaganfall
Wissenschaftsjournalist
nicht Folge einer Blutung im Gehirn ist. Eine
Phillip Grätzel.
Lysetherapie wäre dann ein fataler Fehler. Außerdem
muss die Behandlung möglichst schnell nach dem Schlaganfall erfolgen, um
erfolgreich zu sein. „Die maßgebliche Studie, die vor zwei Jahrzehnten den Nutzen der
Therapie belegt hatte, hat ein enges Zeitfenster von drei Stunden gesetzt.“
Viele Ausschlusskriterien für die Lyse
Auch Alter, Anatomie und Vorerkrankungen sind entscheidende Faktoren, ob diese
Therapie bei den jeweiligen Patienten angewandt werden kann. Der Katalog der
Ausschlusskritierien wird ständig hinterfragt. „Viele Gegenanzeigen entpuppten sich in
den letzten beiden Jahrzehnten als Mythos“, sagt Hans-Christoph Diener, Direktor der
Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen, „und die wissenschaftliche Evidenz hinter
vielen Ausschlusskriterien ist oftmals dünn". Die wichtigste Erweiterung betrifft die
Altersgrenze von 80 Jahren. „Hochbetagte Menschen erleiden häufig einen sehr
schweren Schlaganfall“, sagt Diener. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine
Lysetherapie keine Wirkung mehr erzielt. „Die Beweislage ist eindeutig und die neue
Empfehlung ist klar. Die Lysetherapie kann ohne Altersgrenze nach oben zum Einsatz
kommen.“ Von der Lysetherapie sollten auch Schwangere oder Patienten nach einer
vorangegangenen Magenblutung nicht generell ausgeschlossen werden. Genauso
wenig sprechen eine kürzliche Operation, Herzinfarkt oder Krebs notwendigerweise
gegen eine Lysetherapie, auch wenn das Blutungsrisiko erhöht sein kann und die
Therapieentscheidung hier immer individuell abgewogen werden muss.
Entpfropfen mit Katheter
Das Blutgerinsel kann - zusätzlich zur Lyse oder
alternativ - auch mit einem Spezialkatheter (StentRetriever) aus dem Hirngefäß gezogen werden. Der
Eingriff dauert meist 30 bis 45 Minuten. Ein
Neuroradiologe schiebt einen Mikrokatheter von der
Leiste durch die Aorta bis in das betroffene Blutgefäß.
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Erste Hinweise:
Hirnstimulation
verbessert Sprechen
Dann sticht er durch das Gerinnsel hindurch, wobei er
Sterblichkeit geht zurück
das Vorgehen auf einem Monitor verfolgt. Aus dem
Ziel: Nutzen für Patienten
Katheter entfaltet sich ein Geflecht aus feinem Draht
beweisen
und verhakt sich am Blutpfropf. Den kann der
Mediziner aus dem Gefäß zurückziehen und aus dem
Mit Lyse und Katheter
gegen das Blutgerinsel
Körper entfernen. Wenn alles gut geht, wird das
Hirngewebe danach durchblutet. Für das Verfahren
kommen jährlich etwa 20.000 Menschen infrage - Patienten, bei denen große
Hirngefäße verstopft sind und denen daher besonders schwere Behinderungen drohen.
60 Zentren haben nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie die
Expertise für die neue Therapie.
© Medizintechnologie.de/dpa/lp
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