Good Practice Expertise-Übung

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Universität Leipzig | Prorektor für Bildung und Internationales
Projekt „LaborUniversität“
Ritterstr. 9-13 | Postfach 421002
04109 Leipzig
Good Practice - „Expertise-Übung:
Anwendungen in der Sozialpsychologie“
Beteiligte:
Prof. Dr. Immo Fritsche (Sozialpsychologie), Dr. Philipp Jugert (Wissenschaftlicher
Mitarbeiter), Janine Stollberg (wissenschaftliche Mitarbeiterin), Anna Plexnies
(WHK), Luisa Englich (SHK/WHK)
Die Ausgangssituation
Es gab bereits ein BSc-Modul zu Anwendungen in der Sozialpsychologie, das als
Übung konzipiert war. Die erste Durchführung dieses Moduls im Sommersemester
2012 verlief nicht zufriedenstellend. Daher bot die Förderung durch die
LaborUniversität für uns die Möglichkeit, dieses Lehrkonzept zu überarbeiten und
mit zusätzlicher Lehrkraftunterstützung zu erproben.
Modul zu Anwendungen in der
Sozialpsychologie
Das Konzept im Überblick
Im BSc-Modul „Sozialpsychologie: Anwendungen“ sollen Inhalte aus der
Grundlagendisziplin „Sozialpsychologie“ praxisnah vermittelt werden. Kritisch ist
hierbei die Fähigkeit der Studierenden, komplexe alltagsweltliche Phänomene
(z.B. Konflikte zwischen Gruppen) durch Befunde und Theorien aus der
Grundlagenforschung angemessen analysieren und ggf. Interventionen
vorschlagen zu können. Im bisherigen Studium fehlen i. d. R die Anlässe, diese
Transfer-Fertigkeiten einzuüben. Solche Anlässe treten oftmals erst nach dem
Studium in spezifischen beruflichen Kontexten auf. Für eine begleitete Einübung
wissenschaftlicher Expertisen ist es dann meist zu spät. Damit bietet diese
Transferübung den Studierenden im letzten Jahr ihres BSc-Studiums Anlässe für die
Einübung des Theorie-Praxis-Transfers.
Theorie-Praxis-Transfer
Die übergeordneten Ziele des Projekts
Gegenstand dieser Übung ist es, interessierten Laien, Entscheidungsträger(inne)n
und Multiplikator(inn)en (etwa Vertreter(innen) aus Politik und Medien)
sozialpsychologische Expertise zu einem ausgewählten, aktuellen Thema aus
Gesellschaft und Politik zur Verfügung zu stellen. Hierzu treten die Studierenden
mit Akteur(inn)en in einem aktuellen gesellschaftlichen Problemfeld in Austausch
(z.B. den Vertreter(inne)n zweier im Konflikt stehenden Gruppen) und erarbeiten
auf Grundlage der aktuellen Forschungsliteratur eine sozialpsychologische
Expertise zu dem konkreten Problem. Diese Expertise soll den Akteur(inn)en in der
Praxis zugänglich gemacht (z.B. Interventionsvorschlag) bzw. an geeigneter Stelle
veröffentlicht werden (z.B. öffentlicher Vortrag mit Diskussion).
Wissen für Entscheidungsträger
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Das didaktische Konzept des Projekts
Die Übung dient im Wesentlichen dazu, die Fähigkeit der Studierenden zu
fördern, wissenschaftliche Forschung problembezogen rezipieren und in
allgemeinverständlicher Weise gegenüber Laien kommunizieren zu können. Des
Weiteren lernen die Teilnehmenden Praxisprobleme auf Grundlage
wissenschaftlicher Erkenntnisse zu analysieren und wissenschaftliche Modelle und
Befunde durch selbstgesteuertes und problembezogenes Lernen zu vertiefen.
Lernziele
Die Schwerpunkte
Prof. Dr. Immo Fritsche: „Das Engagement der Studierenden war erstaunlich
hoch. Aber schließlich ging es ja auch darum, den Praxispartnern zum
Semesterende eine Expertise aus Sicht des eigenen Fachs zur Verfügung zu
stellen. In Eigenverantwortung und mit dem Anspruch, tatsächlich etwas zu
bewegen.“
1. Problembezogenes Lernen
Die didaktische Leitidee ist das problembezogene Lernen. Dieses wird erreicht
durch den Austausch mit tatsächlichen Akteur(inn)en (z.B. Vertreter(innen)
antagonistischer Gruppen) und die Aufgabe, begleitet durch Tutor(inn)en, in
Gruppenarbeit ein eigenes Expertise-Gutachten zu erstellen. Dieses Gutachten
wird der Öffentlichkeit bzw. interessierten gesellschaftlichen Akteur(inn)en in
geeigneter und kreativer Weise zugänglich gemacht. Diese offensichtliche
Relevanz der eigenen Expertise-Arbeit sollte die Motivation der Teilnehmenden
und ihr Verantwortungsbewusstsein bezüglich ihrer eigenen Arbeit
entscheidend stärken.
Expertise-Gutachten
2. Anwendungsbezug
Der Anwendungsbezug ergibt sich aus der Notwendigkeit, im Studium
erworbenes Theoriewissen auf Alltagsprobleme in der Umwelt anwenden zu
müssen. Dies stellt für die meisten Studierenden ein Novum dar, weil diese
Möglichkeit in ihrem bisherigen Studium nicht oder selten bestand. Der
Anwendungsbezug wird durch den Einbezug von Praxispartner(inne)n
entscheidend
vermittelt.
Durch
diese
Konstellation
nehmen
die
Praxispartner(innen) eine Auftraggeber(innen)-Funktion ein, die die Motivation
der Studierenden, ein bestmögliches Produkt zu liefern, erhöht. In drei
unabhängigen Übungen wurde sozialpsychologische Forschung auf folgende
Themen angewendet: Lebensmittelverschwendung im Haushalt, dezentrale
Unterbringung von Asybewerber(inne)n in Leipzig, wiederkehrende Unruhen in
Leipzig-Connewitz.
Praxispartner als
Auftraggeber(innen)
3. Selbstorganisiertes und kooperatives Lernen
Die Übung ist so konzipiert, dass die Studierenden sich die Lerninhalte sowie
die letztendlich produzierte Expertise im Wesentlichen selbst erarbeiten
müssen. Die Dozierenden nehmen dabei lediglich eine moderierende Funktion
ein. Ein wesentlicher Schwerpunkt bildet die Arbeit in Kleingruppen, in denen
Literatur recherchiert, Teile der Expertise erarbeitet und in der Gesamtgruppe
vorgestellt werden.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.stil.uni-leipzig.de/teilprojekte/laboruniversität
Kleingruppenarbeit
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Der Betreuungsaufwand der Studierenden
Die Planung und Organisation der Übung wurde in gemeinsamer
Zusammenarbeit des gesamten Projektteams in regelmäßigen Teamsupervisionen
organisiert. Die Durchführung der parallelen Übungen erfolgte jeweils in
Zusammenarbeit von einem Dozenten und einer Tutorin (WHK). Die Betreuung
der Studierenden fand im Rahmen der Übung, per Mail und auch unter
Verwendung der E-Learning Plattform Iversity statt.
Tutorinnen und Teamsupervision
Die Prüfungsform
Die Prüfungsvorleistung wird über eine in Teilgruppen erstellte Präsentation und
deren Verschriftlichung erbracht. Vor der endgültigen Abgabe und Präsentation
der Ergebnisse vor den Auftraggebenden erfolgt ein erstes Feedback mit
Änderungsvorschlägen durch die Dozierenden.
Halböffentliche Präsentation
Das Ergebnis der abschließenden Evaluation
Aussagen der Teilnehmenden:
Kommentare
Was hat Ihnen gut gefallen? „das Eigenverantwortliche“, offene Diskussion“,
Herstellung eines Produkts“, „sehr praxisnah (echter Auftraggeber)“, „man
konnte viel ausprobieren“, „keine festgefahrene Struktur“, „offenes,
angenehmes Gruppenklima“, „das Thema – seine Brisanz“
Was hat Ihnen weniger gut gefallen? „fehlende Möglichkeiten der Umsetzung
der erarbeiteten Ergebnisse“, „Moderation hat wenig ‚geführt‘“, „mangelnde
Datengrundlage für Expertise“, „gegen Ende stärkerer Aufwand (etwas
schwierig aufgrund anderer Prüfungen)“, „Zeitdruck in manchen
Veranstaltungen“
„Es hat sich für mich gelohnt, die Veranstaltung zu besuchen“
Die abschließende Lehrevaluation ergab, dass die Studierenden mit Aufbau und
Organisation der Veranstaltung, der didaktisch-methodischen Gestaltung, dem
erhaltenen Feedback zu eigenen Leistungen, dem Lernklima sowie dem eigenen
Lernerfolg überdurchschnittlich zufrieden waren. Dies schlug sich auch in der
Gesamtbewertung der Lehrveranstaltung nieder. Als besonders positiv wurde die
Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit des Arbeitens, der Platz für eigene
Ideen und der Raum für offene Diskussionen, der Anwendungsbezug sowie die
erkennbare Struktur der Veranstaltung erlebt.
Positive Evaluation
Herausforderungen
Eine wichtige Änderung in dem Projekt war das Anbieten von drei anstatt der
ursprünglich zwei geplanten Übungen. Diese Änderung war aufgrund einer
höheren Teilnehmendenanzahl als vorgesehen notwendig. Somit wurden weitere
Lehrpersonen eingestellt, die die dritte Übung betreuten. Ein damit verbundenes
Problem war die Aufteilung der Aufgaben auf die Tutorinnen, die ursprünglich für
die Zu- und Nacharbeiten von nur einer Übung eingeplant waren. Eine weitere
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.stil.uni-leipzig.de/teilprojekte/laboruniversität
Hoher zeitlicher und personeller
Aufwand
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Herausforderung für die Durchführung der Übung bestand in dem Umfang des
angewandten Problems. Das damit verbundene Diskussionsbedürfnis führte
einerseits zum tieferen Einblick in das Problem (Lerngewinn der Teilnehmenden),
andererseits nahm es viel Zeit in Anspruch (gelegentliche Abweichungen vom
Sitzungsplan). Auch setzte die im BSc-Studium bislang knappe Grundausbildung
im Fach Sozialpsychologie der fachlichen Breite vergleichsweise enge Grenzen.
Der zeitliche Planungsaufwand, der für regelmäßige Sitzungen innerhalb des
Projekt-Teams und zur gemeinsamen Vor- und Nachbereitung der Sitzungen
zwischen Dozent(innen) und WHK nötig war, war verglichen mit herkömmlichen
Lehrveranstaltungen überdurchschnittlich. Die Seminarstruktur erfordert zudem
eine hohe Flexibilität der Lehrenden, um die einzelnen Sitzungen an den aktuellen
Bearbeitungsprozess anzupassen.
Übertragbarkeit in andere Fachgebiete
Da der Hauptbestandteil der Übung daraus besteht ein Alltagproblem aus der
Praxis mit wissenschaftlichen Theorien zu erklären, sollte einer Übertragbarkeit
auf andere sozial- und verhaltenswissenschaftliche Fächer (z. B. Soziologie,
Politikwissenschaften) möglich sein.
Übertragung in Sozial- und
Verhaltenswissenschaften
Weiterarbeit und Verstetigung
Die Übung wurde ein weiteres Mal im Sommersemester 2014 im Rahmen des
BSc-Wahlpflichtmoduls "Sozialpsychologie: Anwendungen" durchgeführt. Die im
Projekt ausgearbeitete Dokumentation und das Konzept waren dafür sehr
hilfreich. In der neuen Studienordnung ist dieses Modul zugunsten einer
intensiveren Grundausbildung in Sozialpsychologie und mangelnder
Personalkapazität entfallen. Auch wenn eine fakultative Durchführung der Übung
in Zukunft möglich wäre und vermutlich auch auf großes Interesse bei den
Studierenden träfe, ist dies ohne zusätzliche Lehrmittel nicht umsetzbar.
Kontakt Projekt „Expertise-Übung: Anwendungen in der
Sozialpsychologie“
Prof. Dr. Immo Fritsche
[email protected]
0341 – 97 35 964
Dr. Philipp Jugert
[email protected]
0341 – 97 35 920
Kontakt LaborUniversität
[email protected]
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.stil.uni-leipzig.de/teilprojekte/laboruniversität
Vorlage für eine weitere Übung
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