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Politische Theorien
Reihe 15
S1
Verlauf
Material
Klausuren
Glossar
Literatur
Liberalismus, Konservatismus, Sozialismus –
die Ursprünge unseres Parteiensystems
Von Dr. Anja Joest, Bergisch Gladbach
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© Manuel König
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„Das wiederverwendbare Wahlplakat“ – unsere Parteien gründen auf großen politischen
Theorien, doch in der Wählerwahrnehmung werden sie sich heute immer ähnlicher.
Themen:
Definition von „politischer Theorie“, Liberalismus, Konservatismus
und Sozialismus in ihrer historischen Entstehung und in ihrer heutigen Ausprägung unseres Parteiensystems
Ziele:
Die Schülerinnen und Schüler kennen die wichtigsten politischen
Theorien. Sie wissen, wie diese entstanden sind und analysieren, inwieweit sie heute noch gesellschaftlich und politisch wirksam sind. In
einem Rollenspiel, in dem diese Theorien praktisch umgesetzt werden, vertiefen sie ihr Demokratieverständnis.
Klassenstufe:
ab Klasse 10
Zeitbedarf:
9 Unterrichtsstunden
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85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
Politische Theorien
Reihe 15
Verlauf
Material
S1
Klausuren
Glossar
Literatur
Materialübersicht
Stunde 1:
Worin unterscheiden sich die großen Parteien?
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1
(Ab)
Was fällt dir dazu ein?
M
2
(Tx)
Deutschland, eine Bildungsrepublik – was sagen CDU, SPD und FDP?
M
3
(Ab)
Was sind politische Theorien?
Stunde 2:
Liberalismus – woher er kommt und was er fordert
M
4
(Tx)
Was ist Liberalismus?
M
5
(Ab)
Bin ich liberal?
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Stunden 3/4:
Was bedeutet Konservatismus? – Gestern und heute
M
6
(Tx)
Was ist Konservatismus?
M
7
(Tx)
Was ist heute noch konservativ? – Eine Reise durch Deutschland
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Stunde 5:
Was bedeutet Sozialismus? – Gestern und heute
M
8
(Tx)
Was ist Sozialismus?
M
9
(Tx)
Was heißt Sozialismus heute? – Das SPD-Wahlprogramm
Stunde 6:
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Welche Bedeutung haben die drei Theorien in der heutigen
Politik?
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(Bd)
Die „Pyramide des kapitalistischen Systems“
M 11
(Tx)
Wie sehen Sie das, Herr Dreyer? – Interview mit einem Experten
Stunden 7/8:
Der Traum von einer besseren Gesellschaft
M 12
Wie wollen wir leben? – Ein Selbstversuch
(Ab)
Stunde 9:
Lernerfolgskontrolle
M 13
Parteiunterschiede – Vorschlag für eine Lernerfolgskontrolle
(Lk)
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85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
Politische Theorien
Reihe 15
Verlauf
Material
S5
Klausuren
Glossar
Literatur
M3
Was sind politische Theorien?
Die Unterschiede zwischen den deutschen Parteien gehen auf eine lange Tradition zurück.
Im 19. Jahrhundert haben sich die „politischen Theorien“ oder „Ideologien“ entwickelt.
Neutral gesehen bedeutet Ideologie
die Lehre von den Ideen. Es geht darum, unterschiedliche Auffassungen
über den Sinn und Zweck des Lebens
sowie den Rahmen und die Ziele der
sozialen Gemeinschaft wissenschaftlich zu systematisieren. Aus diesem
Versuch entwickelten sich im Laufe
der Jahrzehnte und Jahrhunderte verschiedene Denkschulen.
Mit dem Sammelbegriff Politische
Theorie werden verschiedene Positionen und Erklärungen bezeichnet, mit
denen die politischen Gegebenheiten
und Werte so kategorisiert werden,
dass man deren allgemeine Grundannahmen erkennt.
Nach: www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/18044/politische-theorien
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Ideologie leitet sich aus dem
griechischen ideologia ab und
heißt „Ideenlehre“. Damit ist
eine bestimmte politische Idee
gemeint. Eine Ideologie ist nicht
objektiv wahr oder unwahr, sondern ihre Anhänger haben bestimmte Wertvorstellungen, die
sie auch in der politischen Ge-
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staltung durchsetzen wollen.
Ideologien werden dann zum
Problem, wenn – zum Beispiel in
einer Diktatur – die Regierenden
nur noch eine Ideologie gestatten und die Anhänger anderer
Ideologien verfolgt werden und
unter Repressalien leiden.
© Colourbox.com
Nach: www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17618/ideologie
Nach: www.politik-lexikon.at/ideologie/
Aufgaben
1. Lies dir die Definitionen aufmerksam durch.
2. Unterstreiche die wichtigsten Wörter und formuliere daraus eine eigene Definition.
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__________________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________________
3. Nenne Beispiele für politische Theorien oder Ideologien. Kennst du Konflikte, die sich
aus unterschiedlichen Theorien oder Ideologien ergeben (haben)?
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85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
Politische Theorien
Reihe 15
Verlauf
Material
S8
Klausuren
Glossar
Literatur
M5
Bin ich liberal?
Welche der folgenden Aussagen lässt sich dem Liberalismus zuordnen?
1
Meiner Ansicht nach soll sich jeder
Mensch seine eigene Meinung bilden,
er darf dabei keinen äußeren Zwängen unterliegen. Deshalb brauchen wir eine freie Medienlandschaft.
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2
Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch
sowohl Verantwortung für sich selbst
als auch für seine Mitmenschen hat. Der Staat
sollte daher möglichst wenig Verantwortung
übernehmen.
3
4
Ich glaube, die Vernunft des Individuums
Ich bin der Meinung, dass die Demokratie
ist begrenzt. Für den Einzelnen ist es
eine schlechte Staatsform ist. Es ist ein zu
schwierig, das Zusammenleben zu organisieren.
großes Risiko, die Bürger darüber abstimmen zu
Die Organisation der Gesellschaft sollte daher
lassen, wer die Regierungsgeschäfte führen soll.
vom Staat übernommen werden.
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6
Ich bin Jürgen Abraham (Bundesvereinigung der deutschen ErnährungsIch finde, dass es völlig unerheblich ist,
industrie) und ich denke, „wir dürfen den Leuten welcher Religion man angehört. Wichtig ist die
keine Fische schicken, wir müssen ihnen Angeln gegenseitige Toleranz.
geben“.
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Ich finde, dass es jedem selbst überlassen
bleiben sollte, was er mit seinem Eigentum
macht.
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Ich glaube, dass eine Wirtschaft, die
sich selbst überlassen ist, zu sozialer Ungerechtigkeit führt.
11
Ich meine, dass der Staat lieber weniger
Steuern erheben sollte. Stattdessen sollte man
auf Spenden und Ehrenamt setzen.
13
Ich bin Theodor Heuss und ich ich denke,
„es ist keine Schande, hinzufallen, aber
es ist eine Schande, einfach liegenzubleiben“.
8
Ich finde, dass der Staat für die innere
und äußere Sicherheit seiner Bürger zuständig
sein sollte.
10
Ich finde, dass Bildung Geld kosten
sollte. Schließlich geht es um eine
Dienstleistung und Dienstleistungen kosten
nach den Gesetzen des freien Marktes Geld.
12
Ich bin Jean-Jacques Rousseau und ich
finde, „die Freiheit des Menschen liegt nicht
darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will“.
14
Ich finde, dass der Staat, um Ungerechtigkeit zu bekämpfen, in die Wirtschaft
eingreifen soll und beispielsweise Löhne und
Gehälter festlegen soll.
Aufgaben
1. Zieh eine Karte, lies die Aussage und überlege, ob sie den Grundvorstellungen des Liberalismus entspricht. Notiere dir in Stichpunkten eine Begründung auf der Rückseite.
2. Lies die Karte deinen Mitschülern vor und erkläre, ob es sich um eine liberale Aussage
handelt oder nicht.
85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
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Politische Theorien
Reihe 15
Verlauf
Material
S 21
Klausuren
Glossar
Literatur
M 11
Wie sehen Sie das, Herr Dreyer? –
Interview mit einem Experten
Der Politologe Prof. Dr. Michael Dreyer lehrt an der Universität Jena Politische Theorie. Im
Interview erklärt er, welche Rolle die politischen Theorien heute noch spielen.
1) Rollenkarte
2) Rollenkarte
3) Rollenkarte
Den anderen Gruppenmitgliedern 2–3 Fragen zum
Text stellen
Den anderen Gruppenmitgliedern schwer verständliche Wörter und Textstellen erklären
Textinhalt
zusammenfassen
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Anja Joest: Wo finden sich in der heutigen Politik noch Grundzüge von Liberalismus, Konservatismus und Sozialismus?
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Herr Dreyer: Überall. Das gilt sowohl für das Parteiensystem, das in seinen Grundzügen im
19. Jahrhundert entstanden ist, und für das Grundgesetz, das ein Amalgam1 aus diesen Ideen ist. Schwierig ist es für klassisch konservative Ideen, denn der deutsche Konservatismus
ist mit der anti-demokratischen Monarchie eng verbunden. Außerdem kommen die spezifischen Verwerfungen der deutschen Geschichte hinzu, sodass der Konservatismus in
Deutschland nach 1945 neu aufgebaut werden musste. Das einzige, was sich gut „konserviert“ hat, ist der patriarchalische „rheinische Kapitalismus“, die Sozialgesetzgebung seit
Bismarck und die katholische Soziallehre, die sich in der CDU, aber auch in vielen Aspekten
der sozialen Marktwirtschaft wiederfinden. Sozialdemokratische und vor allem liberale Ideen sind überall im Grundgesetz enthalten; die Grundrechte lassen sich ohnehin in liberale
Abwehrrechte, demokratische Teilhaberechte und soziale Sicherungsrechte aufteilen.
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Amalgam = Mischung, Verbindung
Anja Joest: Haben die politischen Ideen noch Einfluss auf die Wahlprogramme und auf
Grundsatzentscheidungen?
5
Herr Dreyer: Wahlprogramme entsprechen eher den tagespolitischen Anforderungen, die
aber natürlich auch von theoretisch-ideologischen Hintergründen gespeist werden. Wenn
die CDU etwa konsequent an einem traditionellen Familienmodell festhält, wenn die SPD
die Solidarität der Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt und wenn die FDP auf Marktkräfte
und Klientelpolitik1 setzt, dann finden sich darin die Wurzeln aus dem 19. Jahrhundert wieder.
Anja Joest: Und welche Rolle spielen die Theorien in der Tagespolitik?
10
Herr Dreyer: Das ist schwierig zu sagen. In der Tagespolitik – und eine andere Politik gibt
es eigentlich gar nicht – dominieren äußere Einflüsse. Aber für gleiche Probleme gibt es
durchaus unterschiedliche Lösungen, und die sind dann wiederum von den zugrunde liegenden Basisüberzeugungen der Parteien stark beeinflusst.
1
Klientelpolitik = Politik für bestimmte Interessengruppen
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85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
Politische Theorien
Reihe 15
Verlauf
Material
S 22
Klausuren
Glossar
Literatur
Anja Joest: Oft wird den Parteien vorgeworfen, dass es zwischen ihnen kaum noch Unterschiede gibt. Wie ist dies zu erklären, da sie sich doch auf so kontroverse Theorien beziehen?
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Herr Dreyer: Zunächst einmal bieten Parteien sehr wohl stark unterschiedliche Lösungen
für ein und dasselbe Problem an. Aber darüber hinaus gibt es natürlich auch einen breiten
Verfassungskonsens, der Teil des Erfolgsmodells der Bundesrepublik geworden ist. Es gibt
zahllose Vetospieler im politischen System Deutschlands, beginnend mit dem Bundesrat.
Da sind Kompromisse nicht die Ausnahme, sondern die Regel des politischen Prozesses.
Zudem gibt es etwa zwischen dem Arbeitnehmerflügel der Union und der SPD oder dem
Wirtschaftsflügel der Union und der FDP auch ideengeschichtliche Berührungspunkte.
Anja Joest: Viele liberale Ideen sind in unsere Verfassung eingegangen. Warum spielen
liberale Parteien dann heute keine nennenswerte Rolle mehr?
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Herr Dreyer: Gerade deshalb! Der Liberalismus ist verfassungstheoretisch eine Erfolgsgeschichte: Fast alle Forderungen des 19. Jahrhunderts sind (in der demokratischen Variante)
inzwischen im Grundgesetz verwirklicht. Damit stellt sich die Frage, wer überhaupt noch liberale Parteien braucht. Die FDP hat lange eine Balance zwischen Bürgerrechtspartei und
Wirtschaftspartei versucht, bis sie sich dann ab den 1980er-Jahren mehr und mehr zu einer
fast reinen Wirtschafts- und Klientelpartei wandelte. Dafür aber gibt es keine Mehrheiten
unter den Wählern.
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Anja Joest: Im 19. Jahrhundert war vor allem der Sozialismus die Ideologie des „kleinen
Mannes“. Heute leben auch in Deutschland viele Menschen an der Armutsgrenze. Warum
gelingt es weder der SPD noch der Linken diese Menschen für sich zu gewinnen?
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Herr Dreyer: Armut im 19. Jahrhundert ist anders als Armut heute. Damals bedeutete es
ganz konkret, dass man vom Verhungern bedroht war. Heute haben wir ein weitreichendes
soziales Sicherungssystem, und der Sozialstaat ist nach Art. 20 des Grundgesetzes ein
Staatsziel. Das alles ist auch ein Erfolg der Politik der SPD, die damit aber einen Teil ihrer
eigenen Bedeutung beschnitten hat. Zudem wird unsere Gesellschaft immer komplexer.
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Davon abgesehen gelingt es der SPD und der Linken sehr wohl, in den unteren sozio-ökonomischen Gruppen erhebliche Wählerschichten zu gewinnen. Aber da Deutschland, alles
in allem, ein sehr wohlhabendes Land mit einer sozial durchlässigen Gesellschaft geworden
ist – jedenfalls im Vergleich zur harten Klassengesellschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts – reicht dies für Mehrheiten nicht aus. Und das ist im Umkehrschluss auch einer der
Gründe, warum die CDU eine so breite Wählerschaft ansprechen kann.
Methodenbox: Reziprokes Lesen
1. Der erste Interviewabschnitt wird gemeinsam im Plenum erarbeitet.
2. Bildet Dreiergruppen. Ihr bekommt den zweiten Interviewabschnitt. Jeder von
euch liest diesen Abschnitt für sich durch.
3. Entsprechend eurer Rollenkarte bearbeitet ihr nacheinander den Text.
4. Wenn ihr mit einem Interviewabschnitt fertig seid, holt euch den nächsten vom
Lehrerpult. Tauscht die Rollen im Uhrzeigersinn. Insgesamt sind es vier Abschnitte.
5. Tragt die Ergebnisse im Plenum zusammen.
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Politische Theorien
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Verlauf
Material
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Klausuren
Glossar
Literatur
Erläuterung (M 10)
Aufgabe 1:
Die Darstellung bildet die kapitalistische Gesellschaftsordnung in einer Pyramide mit sechs
Stufen ab. Auf der untersten Stufe stehen die (Industrie-)Arbeiter und Bauern, beschriftet
mit „We work for all“ bzw. „We feed all“. Auf der zweiten Stufe sitzen die Bürger an einer
festlichen Tafel und es heißt „We eat for you“. Über ihr sind Soldaten abgebildet, von denen es heißt „We shoot at you“. Auf der vierten Stufe stehen Priester, zu denen die Aussage „We fool you“ gehört. Über ihnen steht der König bzw. die Regierung, die von sich sagen
„We rule you“. An der Spitze der Pyramide liegt ein Sack voller Geld, der Kapitalismus.
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Aufgabe 2:
Mit dieser Darstellung kritisiert die Zeitung das kapitalistische System. Es handelt sich um
eine Zeitung von und für Industriearbeiter zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als viele Menschen infolge der Industrialisierung verelendeten. Die Darstellung zeigt die Ungerechtigkeit
der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung, in der diejenigen, die durch ihre Arbeit in den Fabriken und als Bauern die Gesellschaft tragen, am wenigsten besitzen und
ganz unten stehen.
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Aufgabe 3:
Für einen Konservativen bildet die Pyramide die natürliche gesellschaftliche Ordnung ab, in
der alle ihren Platz haben. Ein liberaler Mensch würde die Pyramide vermutlich zurückweisen, da in der idealen liberalen Gesellschaft die Durchlässigkeit stärker gegeben sein muss,
das heißt, die Menschen sind nicht an eine Stufe „gefesselt“, sondern können durch Eigenverantwortung, Vernunft und Leistung aufsteigen. Außerdem fühlt sich der liberale Mensch
auch für seine Mitmenschen verantwortlich, sodass der Reichtum, der oben erwirtschaftet
wird, zumindest in Teilen nach unten weitergegeben wird, sodass sich die Lage aller verbessert. Ein sozialistisch denkender Mensch sieht in der Pyramide eine Darstellung des ausbeuterischen kapitalistischen Systems. Aufgrund der Ungerechtigkeit sieht er sich dazu aufgerufen, dieses System zu bekämpfen – sei es auf radikale Weise durch die Enteignung von
Produktionsmitteln oder durch Reformen und sozialen Ausgleich im Wohlfahrtsstaat.
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Erläuterung (M 11)
Das Interview mit dem Politologen Michael Dreyer zeigt, welche Rolle die politischen Theorien aus dem 19. Jahrhundert in der heutigen Politik noch spielen.
Dreyer erkennt Aspekte der klassischen Theorien von Liberalismus, Sozialismus und Konservatismus in unserem Parteiensystem und im Grundgesetz. Während Sozialismus und Liberalismus ihre Tradition nahezu nahtlos fortsetzen konnten, musste der Konservatismus
nach 1945 neu aufgebaut werden; dennoch finden sich in der CDU/CSU klassisch konservative Aspekte. Während Dreyer den Einfluss der politischen Theorien auf die Tagespolitik
weniger hoch einschätzt, ist er der Überzeugung, dass die Grundüberzeugungen der Politiker noch immer stark von den politischen Theorien des 19. Jahrhunderts geprägt sind.
Da der Text relativ anspruchsvoll ist, wird er mit der kooperativen Methode des „reziproken Lesens“ bearbeitet. Dazu wird das Interview an den Linien in vier Abschnitte geteilt.
Der erste Abschnitt wird gemeinsam im Plenum bearbeitet, gemäß den Arbeitsschritten,
die auf den drei Rollenkarten formuliert sind. Dadurch lernen die Schülerinnen und Schüler
das Vorgehen kennen. Anschließend bilden sie Dreiergruppen, die nacheinander die weiteren Interviewabschnitte bearbeiten. Abschließend werden die Ergebnisse im Plenum zusammengetragen.
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Politische Theorien
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S 24
Klausuren
Glossar
Literatur
M 12
Stellt euch vor: Ihr alle seid unzufrieden mit eurem Leben: eurem Job,
eurer familiären Situation, der Bürokratie. Da kommt ein Angebot aus
Südfrankreich gerade richtig, wo viele Dörfer verlassen sind, weil die
Bewohner in die Städte ziehen. Ihr kauft ein solches Dorf zu einem geringen Preis und zusätzlich gibt es noch ein Startgeld. Auf der langen
Busfahrt hat jeder die Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie er in
Zukunft leben, wohnen und arbeiten will.
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1. Gestalte deine Rolle: Wie alt bist du? Bist du verheiratet und hast
du Kinder? Hast du einen Beruf, gehst du zur Schule oder bist du
Rentner?
© iStock/Thinkstock
Wie wollen wir leben? – Ein Selbstversuch
Name: ________________________________ Alter: ___________________________________
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Familie: ________________________________________________________________________
Beruf: __________________________________________________________________________
Was sonst noch wichtig ist: ____________________________________________________
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In Südfrankreich angekommen, findet ihr folgende Situation vor:
Es gibt ein nobles Haus mit Pool, mehrere kleine Häuser und eine ehemalige Jugendherberge mit vielen kleinen Zimmern. Außerdem gibt es drei Bauernhöfe, die
genügend Nahrung erwirtschaften, sodass es sogar zum Handel mit den Nachbardörfern reicht. Auch ein Handwerksbetrieb ist da, der Gegenstände für das alltägliche Leben herstellt.
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2. Trefft euch zu einer ersten Dorfversammlung, in der jeder seine Vorstellungen davon
äußern kann, wie er leben und arbeiten möchte. Damit ihr die vielen Vorstellungen strukturieren könnt, überlegt euch ein Verfahren, wie die Dorfversammlung ablaufen kann.
3. Nachdem ihr die verschiedenen Vorstellungen gesammelt habt, trefft ihr in der zweiten
Dorfversammlung Entscheidungen. Haltet diese auf großen Plakaten fest.
Wichtige Aspekte:
Wie werden die Wohnungen/Häuser aufgeteilt? Wer übernimmt welche Arbeit? Wie wird
das Geld und wie werden Lebensmittel und Gegenstände verteilt? Wie werden die Kinder versorgt? Wie geht ihr mit kranken und alten Menschen um? Wie werden in Zukunft
Entscheidungen getroffen?
4. Wählt sechs Dorfbewohner aus, die in einer Talkshow dem Moderator (der Lehrkraft)
erklären, welche Entscheidungen ihr getroffen habt und wie ihr sie getroffen habt.
Erklärt auch, ob eure Entscheidungen eher liberalen, konservativen oder sozialistischen
Vorstellungen einer idealen Gesellschaft entsprechen.
Die übrigen Mitschüler bilden das Publikum, das Ergänzungen machen kann.
85 RAAbits Sozialkunde/Politik Mai 2014
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