4 - Agrar Koordination

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Tiere im Widerspruch?
Der Mensch begünstigt durch seine Dominanz und damit einhergehender Veränderung von
Räumen sowohl das Aussterben als auch die Ansiedlung neuer Tier und Pflanzenarten.
Strukturvielfalt und Geodiversität werden erhöht (oder verringert) und durch
weltumspannende Verkehrsnetze der Transport von Arten in neue Lebensräume gefördert.
Gleichzeitig führt diese „Biologische Globalisierung“ zu einer Verdrängung heimischer
Arten – für 39% der seit dem 16 Jh. weltweit registrierten ausgestorbenen Tierarten werden
vom Menschen eingeschleppte Organismen verantwortlich gemacht. In Deutschland sind
bisher ca. 700 Tierarten (1,6%) ermittelt worden, die zu den Neozoen zu rechnen sind.
Einzelfälle schaffen es auf die Titelseiten der Zeitungen, in der Mehrzahl der Fälle ist es
jedoch zunächst einmal nötig, dass sich die Fachwissenschaften dem (angeblichen?) Problem
stellen.
Bis 1996 gab es in Deutschland keinen festgelegten Begriff für die Einwanderer unter den
Tierarten. Heute werden unter dem Begriff Neozoen Tierarten verstanden, „die nach dem Jahr
1492 unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in ein bestimmtes Gebiet
gelangt sind und dort wild leben.“ Im Gegensatz zur natürlichen Einwanderung erfolgt die
Einwanderung der Neozoen über bewusste Einbürgerung, unbeabsichtigte Einschleppung,
Entweichen aus Haltungen oder durch die Vernichtung von Ausbreitungsbarrieren. Etablierte
Neozoen sind Neozoen, die einen längeren Zeitraum (mind. 25 Jahre) und/oder über
mindestens 3 Generationen in dem entsprechenden Gebiet existieren.1
Das Eindringen von Tierarten in Lebensgemeinschaften, in denen ihre Art bisher nicht
vorkam, ist ein natürlicher Prozess. Menschliche Aktivitäten haben derartige Aktivitäten
begünstigt: Durch Ausrottung oder Dezimierung von Arten, oder durch die Verfrachtung von
Individuen in Gebiete, die die Art auf natürlichem Wege nie hätte erreichen können.
Besonders große Chancen zur dauerhaften Etablierung in bisher unbesiedelten Gebieten hat
eine Tierart, wenn beide Faktoren zusammenkommen; also eine Verfrachtung mit
menschlicher Hilfe in biogeographische getrennte, aber bioklimatisch ähnliche Gebiete, in
denen die einheimischen Faunenelemente mit entsprechender ökologischer Nische
verschwunden sind. Gleich zu Beginn der Diskussion ist es daher wichtig sich vor Augen zu
führen, dass viele Arten häufig zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse eingeführt wurden
(Pelzlieferanten, Nahrungsquelle, Schädlingsvertilger) und als Schädling und/oder Verdränger
heimischer Arten enden.
Bekannte Neozoen unter den Säugetierarten2 in Europa sind z.B. Waschbär oder Marderhund.
Durch die Einbürgerung sind verschiedene Auswirkungen oder Veränderungen in Flora und
Fauna auszumachen von denen zwei als Beispiele genügen sollen 3: So lässt sich z.B. eine
Veränderung der Vegetation feststellen. Das Bisam, um 1905 aus Nordamerika nach
Mitteleuropa eingeführt, konnte sich in Europa recht schnell ausbreiten, da es keine
Konkurrenz gab. Das Bisam beeinflusst durch Pflanzenfraß sehr stark die
Gewässervegetation. Dadurch entstehen offene Wasserflächen, die die Ansiedlung von
Wasservögeln begünstigen. Eine Veränderung der Fauna ist also indirekt ebenfalls nicht
auszuschließen. Eine andere Folge kann die Einschleppung von Krankheiten und Parasiten
1
Eingeschleppte Pflanzen werden als Neophyten bezeichnet.
Auch in anderen Tierstämmen und -klassen gibt es eingebürgerte Arten, deren gesamte Diskussion an dieser
Stelle jedoch zu weit führen würde.
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Weitere Auswirkungen sind: Veränderung des Genpools durch Hybridisierung, Konkurrenz, Erweiterung des
Beuteangebots, Prädation.
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sein, gegen die die heimische Fauna nicht resistent ist. Das durch Staupeviren ausgelöste
Robbensterben in Nord- und Ostsee 1988 ist ein solches Beispiel. Die Staupeviren wurden
wahrscheinlich durch arktische Sattelrobben eingeschleppt, die aufgrund anthropogen
verursachter Nahrungsverknappung (Überfischung) ihre arktische Heimat verlassen und das
Virus auf die Seehunde übertragen hatten. Diese, geschwächt durch die hohen
Schadstoffkonzentrationen des Wassers und ohne körpereigene Abwehr fielen der Seuche
widerstandslos zum Opfer bis zu dem Zeitpunkt, als auch sie Antikörper ausgebildet hatten.
An diesem Beispiel ist auch zu erkennen, dass nicht den Tieren „die Schuld“ zu geben ist,
sondern in vielen Fällen die Ursache auf den Menschen zurückzuführen ist.
Ökonomische Auswirkungen bzw. Folgeerscheinungen der Einbürgerung
Obwohl negative ökologische und ökonomische Auswirkungen z.T. bekannt sind, sind die
Neueinbürgerungen fremder Tier- und Pflanzenarten vielfach gewollt. Es handelt sich dann
schlicht um Prioritätensetzung; so z.B. bei der Einrichtung sogenannten „fish farmings“ oder
„game ranching“.
In der Landwirtschaft sind der Kartoffelkäfer, die Reblaus und die San-José-Schildlaus
bekannte Schädlinge. Der Kartoffelkäfer trat erstmals 1877 in Deutschland auf. Seine
Ausbreitung in Nordamerika ist korreliert mir dem großflächigen Anbau von Solanum
tuberosum (Kartoffel) , zuvor trat der Käfer nur vereinzelt an anderen
Nachtschattengewächsen auf. Bis 1948 breitet sich der Käfer in ganz Deutschland aus und
führte zu ernormen ökonomischen Schäden. Lange Zeit konnte er durch Absammeln in seinen
Individuenzahlen gering gehalten werden, während des 2. Weltkrieges erfuhr er eine starke
Verbreitung und dort, wo er sich etabliert hatte, hinterließ er durch Fraß verwüstete Felder.
Totalverluste auf bis zu 20% der Anbaufläche und bis zu 50% Verluste auf den restlichen
Flächen waren die Folge. Mit finanziell extrem aufwendigen und ökologisch katastrophalen
Entseuchungs- und Bekämpfungsverfahren wurde versucht, der Ausbreitung etwas
entgegenzusetzen: Ausbringen von Rohpetroleum und Schwefelkohlenstoff z.T. mit
Gießkannen oder die Behandlung von nicht-befallenen Pflanzen mit chlorierten
Kohlenwasserstoffen waren die Regel – die ökologischen und gesundheitsgefährdenden
Risiken extrem stark. Heutzutage haben Elemente der heimischen Fauna den Käfer als
Beutetier akzeptiert und die biologische Schädlingsbekämpfung durch die Raubwanze
Perillus bioculatus ist erfolgreich.
Die Reblaus ist mit bewurzelten Amerikanerreben eingeführt worden, von denen man sich
eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen den Echten Mehltau versprach – die Weinbauern in
Frankreich verloren jedoch durch die Reblaus 20% ihrer Anbaufläche. Der komplizierte
Entwicklungszyklus sowie oberirdisch und unterirdisch auftretende Formen machen die
Bekämpfung extrem schwierig. Die europäische Rebe zeigt sich besonders anfällig im
Wurzelbereich, die amerikanische für den Blattbefall – die Pfropfung der europäischen Rebe
auf eine amerikanische Unterlage erwies sich schon bald als einzig wirksames Verfahren zur
Minimierung der Schäden. Heute tritt die Reblaus jedoch wieder häufiger auf. Ursächlich
scheint eine mögliche Anpassung an das Blattwerk der europäischen Rebe unter Ausbildung
einer neuen Rasse sowie die Verwendung ungenügend resistenter Unterlagen aus
ökonomischen Gründen zu sein.
Als drittes sei die San-José-Schildlaus (SJS)erwähnt, da es in diesem Fall gelungen ist, einen
importierten Schädling mit Hilfe eines importierten Nützlings unter Kontrolle zu bekommen.
Die in China und Korea beheimatete und seit 1940 auch in Deutschland vorkommende Laus
mit hoher Vermehrungsrate und breitem Wirtsspektrum befällt v.a. Äpfel- und
Beerenobststräucher. In Südwestdeutschland waren wenige Jahre nach Erstbefall 80-100%
der Obstbäume betroffen – die Früchte waren nicht mehr zu verkaufen und die Pflanzen
starben ab. Bereits 1950 wurde aus den USA die Schlupfwespe Prospaltelle perniciosi
eingeführt und vier Jahre unter Kontrolle gezüchtet und in ihren Auswirkungen untersucht.
Die Wespe legt ihre Eier in die Wirtstiere, die SJS, ab und die Entwicklung führt zu deren
Tod. Zwischen 1953 und 1975 gab es ca. 30 Millionen Freilassungen, so dass die SJS seitdem
in Deutschland unter Kontrolle ist. Heimische Parasiten wurden durch die Schlupfwespe
etwas in ihren Arealen zurückgedrängt, wurden jedoch nicht in ihrer Existenz gefährdet.
In der Landwirtschaft sind viele Probleme auf die Einschleppung gebietsfremder Arten
zurückzuführen, begünstigt durch den Anbau von Nutzpflanzen mit genetisch verengter Basis
(Hybridpflanzen) in großflächigen Monokulturen. Ökologische Gefährdungen gehen hier
jedoch von den Bekämpfungsmaßnahmen aus, die häufig mit nicht-umweltverträglichen
Giften geführt werden. Ein durch verstärkten Technologieeinsatz geschaffenes Problem wird
versucht mit Hilfe der Technik zu lösen. In der Zukunft wird v.a. die Klimaerwärmung die
Landwirtschaft vor neue Herausforderungen stellen, da durch steigende Temperaturen in
Mitteleuropa Schädlinge aus Südeuropa ihre Areale werden ausweiten und zu Gefahren für
die Landwirtschaft werden können. Nötig ist daher, die Grenzen einer monokulturellen
Landwirtschaft zu erkennen und zu diversifizierten Produktionsweisen zu gelangen, die die
Befallsgefahr minimieren. Der häufig propagierte Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen
ist sicherlich keine adäquate Lösung.
Ökologische Auswirkungen4
Die ökologischen Auswirkungen sind scheinbar schnell und leicht zu benennen, bei näherem
hinschauen zeigt sich jedoch ein weit diffizileres Bild. Es besteht die Gefahr, dass durch die
Einbürgerung von Neozoen heimische Arten aus ihren Habitaten verdrängt werden und ggf.
aussterben. Die Folgen sind eine Vereinheitlichung und Entdifferenzierung von
Faunengebieten sowie der Verlust biologischer Vielfalt. Eingeführte Tier- und Pflanzenarten
gelten weltweit als zweitwichtigste Ursache des Artensterbens.
Viele der ökologischen und/oder ökonomischen Auswirkungen hängen jedoch von der
Position des Betrachters ab. Die freien Bestände von Marderhund oder Bisam werden auf der
einen Seite als Gewinn für die Biodiversiät und als Möglichkeit der Pelzgewinnung gesehen.
Auf der anderen Seite verursachen sie Schäden im Gewässerbau (Wühltätigkeit) oder der
Niederjagd. Die Wandermuschel Dreisenia polymorpha verursacht ernorme ökonomische
Probleme durch das Verstopfen von Wasserleitungen und Kühlsystemen besonders bei
Kraftwerken. Andererseits jedoch ist sie mittlerweile Hauptnahrungsquelle der
überwinternden Vogelbestände im Voralpenraum. Eine ökologische „Bedrohung“ geht seit
wenigen Jahren auch von der Regenbogenforelle aus. War man bis vor kurzem noch der
Meinung, dass sie sich in Europa nicht natürlich reproduzieren könne, ist durch neuere
Untersuchungen herausgefunden worden, dass dies sehr wohl der Fall ist. Problematisch ist
dies für die Populationen der Bachforelle, da beide gleiche Laichplätze bevorzugen, die
Regenbogenforelle jedoch später ablaicht und dabei die bereits abgelegten Eier der
Bachforelle aufwühlt und diese mit dem Wasser verdriften.
Die extreme Ausbreitung vieler Neophyten, also neu eingewanderter Pflanzenart, geht
vielfach auf anthropogene Eingriffe in die heimischen Ökosystem zurück – schwierig ist es
dann, die Neophyten als Gefahr zu verdammen, wenn erst der Mensch ihnen die passende
Umwelt schafft. Die kilometerlange Ausbreitung des Japanknöterich entlang von Bachufern
ist auf eine Eutrophierung der Gewässer zurückzuführen – aus der „Sicht“ von Kleinvögeln
und Mäusen ist er übrigens ein fantastischer Schutz. Ähnliches gilt für die Ausbreitung des
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Ich beziehe mich hier v.a. auf die Situation in Deutschland. In Australien, Neuseeland oder vielen Inselstaaten
sind Neozoen und Neophyten ein gravierendes Problem.
Riesenbärenklaus, der sich entlang des immer dichter werdenden Verkehrswegenetzes
ungehindert ausbreiten kann.
Biologische Schädlingsbekämpfung
Eingeschleppte Organismen werden häufig zu einem Problem, da ihre spezifischen Feinde
„zu Hause“ bleiben – durch die folgende Einführung von Antagonisten hofft man, den
Schädling in den Griff zu bekommen um die ökonomische und ökologischen Folgen zu
minimieren. Heute ist die biologische Schädlingsbekämpfung einer der wichtigsten Gründe
zur Einfuhr fremder Tierarten – z.T. jedoch können die Probleme in unkontrollierbare
Dimensionen vergrößert werden. Oft sind es eingeschleppte, gebietsfremde Schädlinge, die an
eingeschleppten, gebietsfremden Nutzpflanzen sitzen und die mit Hilfe eingeschleppter,
gebietsfremder Antagonisten bekämpft werden sollen. Bei Schäden durch solche biologischen
Bekämpfungsverfahren ist deren Permanenz beinahe garantiert. Das größte Problem ist die
Frage nach der Spezifität. Ein wie breites Beutespektrum ist man bereit zu tolerieren? In
Neuseeland, dem Land mit den meisten Neozoen und Neophyten, hat man aufwendige
Testverfahren entwickelt um festzustellen, ob ein Organismus auch wirklich zur Bekämpfung
eines Schädlings geeignet ist. Das achtstufige Verfahren dauert acht Jahre und erst nach ca. 20
Jahren lässt sich feststellen, ob es erfolgreich gewesen ist. Und erfolgreich ist biologische
Schädlingsbekämpfung bereits dann, wenn sich ein Gleichgewicht etabliert, dass den
Schädling in Grenzen hält.
Quo vadis Naturschutz?
Im Naturschutz stellt sich das Problem, wann welche Art zu schützen ist und warum. Was soll
gemacht werden, wenn ein unerwünschtes Neozoon ausgerottet werden soll, welches
mittlerweile Grundnahrungsmittel für ein anderes Neozoon geworden ist, welches erwünscht
ist? Oder wenn das Neozoon Miniermotte die Rosskastanie befällt und bei Massenauftreten zu
vorzeitigem Blattabfall führt? Handelt es sich hier um eine ökologische Katastrophe, wo der
Mensch eingreifen muss oder einen natürlichen Regulierungsvorgang, da die Rosskastanie
„bei uns“ auch nicht heimisch ist?
Grundsätzlich muss sich somit die Frage gestellt werden, welche Natur wir erhalten wollen
und warum. Vielfach herrscht eine idealistisch-weltanschauliche Ansicht von Ökologie vor:
Die Natur wird als wohlgefügtes Ganzes gesehen, in der jede Art eine eigene ökologische
Nische besetzt und sich ein ökologisches Gleichgewicht einstellt. Wird aus diesem System
eine Art entfernt oder hinzugefügt, wird das gesamte System aus dem Gleichgewicht
gebracht. Diese statische Sichtweise entspricht nicht der Wirklichkeit. Ökosysteme sind
untersuchungstechnische Erfindungen der Ökologen – in der Natur gibt es kein innen oder
außen, sondern fließende Übergänge ohne feste Grenzen. Die Artenzusammensetzung eines
Gebietes zu einem Zeitpunkt X ist nicht besser oder natürlicher als zu einem Zeitpunkt Y;
sondern sie ist variabel. Auch aus gesellschaftspolitischer Perspektive gibt es nicht die Natur,
sondern die Wahrnehmung von Natur ist immer abhängig von den gesellschaftlich und
historisch vorliegenden Sichtweisen und Interpretationen
Anhand der Auswirkungen und Probleme, die von Neozoen ausgelöst und/oder forciert
werden – von einigen als gigantisches ökologisches Freilandexperiment bezeichnet, lassen
sich Schlüsse ziehen und Erfahrungen sammeln im Hinblick auf ein wirkliches Problem der
letzten Jahre: der Freisetzung gentechnisch manipulierter Organismen (GMOs). Die
Freisetzung von GMOs ist ebenso wenig rückgängig zu machen und ist demgegenüber
zusätzlich etwas qualitativ völlig anderes, da transgene Tiere oder Pflanzen freigesetzt werden
oder die Möglichkeit des Entstehens der selbigen potenziert wird. Daher sollten zunächst die
Auswirkungen der Neozoen und Neophyten untersucht werden und diese als Analogien, als
„exotic-species-model“, zur Freisetzung von GMOs behandelt werden. Dies bedeutet jedoch
keinesfalls, die gesellschaftsbedrohenden Konsequenzen einer Einführung und Nutzung von
GMOs zu ignorieren – hierbei handelt es sich um eine weiteres Konfliktfeld, welches in der
Neozoen/Neophyten-Diskussion nur eine marginale Rolle spielt.
Durch die 1992 verabschiedete Biodiversitätskonvention (CBD) hat sich auch Deutschland
verpflichtet, die Einführung neuer Arten wirksam zu kontrollieren. Artikel 8h fordert von den
Vertragsstaaten, die Einfuhr von nichtheimischen Arten, die Ökosysteme, Lebensräume oder
heimische Arten gefährden, zu verhindern und nichtheimische Arten zu kontrollieren und ggf.
zu beseitigen. Die sechste Vertragsstaatenkonferenz der CBD verabschiedete im letzten Jahr
unverbindliche Leitlinien für den Umgang mit nichtheimischen Arten – ein zentraler Punkt ist
die Beachtung des Vorsorgeprinzip, d.h., dass vorsorglich die Einschleppung fremder Arten
verhindert werden soll. Eine meiner Ansicht nach spannende Frage ist nun, inwiefern diese
freiwilligen Richtlinien und das Vorsorgeprinzip dazu genutzt werden können, auch die
Freisetzung von GMOs zu verhindern – schließlich kann mensch sich auch hier auf den
Standpunkt stellen, dass es sich um nicht-heimische Arten handelt.
Schluss – Sind Neozoen wirklich problematisch?
Viele der erfolgreichsten biologischen Invasionen haben ein ökologisches Vakuum gefüllt,
das Lebensraumzerstörung und andere Belastungen überall auf der Welt hinterlassen haben.
Der Mensch bereitet der Homogenisierung der Natur auf zwei Ebenen den Boden: durch die
Zerstörung und/oder Schwächung der vorhandenen Lebensgemeinschaften sowie durch den
Import von Pflanzen und Tieren in immer entlegenere Gebiete durch eine Forcierung des
Welthandels. Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte bzw. v.a. der
kommenden Jahre werden auch in Mitteleuropa zu weiteren Veränderungen der heimischen
Flora und Fauna sorgen. Artensterben, Faunenvermischung und Neueinwanderung von Arten
sind Anpassungen an die dominierende Rolle des Menschen in den heutigen Ökosystemen,
durch die deren Funktionsfähigkeit demonstriert wird. Viele der angeblichen Schäden der
Neozoen sind nicht messbar oder feststellbar, sondern liegen nur auf der subjektiven
Wahrnehmungsebene. Sie sind der evolutiv aktive Teil der dem Zeitalter des Menschen
angepassten, akkulturierten Natur.
Literatur:
Gebhardt u.a. (Hg., 1996): Gebietsfremde Tierarten. Auswirkungen auf einheimische Arten,
Lebensgemeinschaften und Biotope
Kegel, Bernhard (1999): Die Ameise als Tramp
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