PSYCHOPATHOLOGY: Description and

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PSYCHOPATHOLOGY: Description and Classification
Nathan & Langenbucher (1999)
Entwicklung des DSM-IV
 Ziel: Nomenklatur auf empirischer Basis und Klärung ungelöster
diagnostischer Fragen
 13 Arbeitsgruppen
 3-Stufen-Prozess
o systematische Literatursuche
o Analyse vorhandener klinischer Daten
o Durchführung von Feldversuchen zur Generierung neuer
klinischer Daten
 Archivierung der Ergebnisse in Quellenbüchern („verständlich,
objektiv,
sachlich“,
„ambitioniertestes
Unternehmen
der
amerikanischen psychiatrischen Nosologie“)
DSM-IV: Feldversuche
Die meisten Feldversuche kontrastierten die Sensitivität und Spezifität
diagnostischer Kriterien anderer Klassifikationssysteme (z. B. ICD-10).
Untersucht wurde der Einflusses von
 Änderungen im Wortlaut auf Reliabilität
 verschiedenen Kriterienschwellen auf Diagnostik
 Hereinnahme weiterer diagnostischer Kategorien
Beispielsweise wurde festgestellt, dass die 3 Symptomgebiete der
Schizophrenie (positiv, negativ, gemischt) nicht exklusiv sind für
Schizophrenie, also auch Patienten mit schizoaffektiven und affektgestörten
Erkrankungen beschreiben.
DSM-IV: Hilfen
Es gibt mehrere Lern- und Übungshilfen zum DSM-IV wie Clinical Interview,
Training Guide, Handbook of Differential Diagnoses, Training Guide for
Diagnosis of Childhood Disorders, Case Studies: A Clinical Guide to
Differential Diagnosis
Nach anfänglicher Skepsis überwiegt nun die Akzeptanz der Nützlichkeit
der Hilfen.
DSM-IV: Reliabilität und Validität
Die meisten Daten hierzu stammen aus der Vielzahl der Daten der
Feldversuche. Sie finden mäßige Verbesserung in der Reliabilität weniger
diagnostischer Kategorien und in der Validität, aber keine Fortschritte in
Problemen mit der Reliabilität bei Persönlichkeits- und Schlafstörungen,
Störungen der Kindheit, des Erwachsenenalters und innerhalb des
schizophrenen Spektrums.
Beispielhaft finden die Feldversuche bei bestimmten Störungen folgende
Ergebnisse
 Missbrauch und Abhängigkeit:
hohe
Reliabilität
für
Lebenszeit-Diagnosen,
diagnostische
Übereinstimmung mit anderen Systemen (hoch bei schweren Störungen,
schlechtere Diskriminierung von Toleranz und Abhängigkeit),
Übereinstimmung der Forschung mit theoretischem 3-Stufen-Konzept
(Missbrauch - Abhängigkeit - Anpassung an Störung) → hohe
Konstruktvalidität
 Übereinstimmung der 1-Jahres-Inzidenzen für Depression mit DSM-III
 Übereinstimmung der Forschung mit festgestelltem Zusammenhang
von PS und Scores auf Persönlichkeitsinventaren (Dimensionen von
Persönlichkeitszügen)
 Verwendung der operationalisierten Kriterien bei der Diagnose von
Achse-I-Erkrankungen, aber Verwendung von Berichten und
Beobachtungen für Achse-II-Diagnose → Reduktion der Reliabilität
von Persönlichkeitsstörungen
DSM-IV: Verzerrungen
Verzerrungen bezüglich Geschlecht
Das Herauslassen der Prävalenzraten für histrionische und abhängige
Persönlichkeitsstörung (mehr Frauen als Männer) soll die diagnostische
Verzerrung auf Grund des Vorhandenseins dieser Prävalenzraten wie im
DSM-III verhindern (nur schlechte empirische Datenlage hierzu).
Umstrukturierung im Bereich der PS, um Prävalenzraten zu
berücksichtigen. Vermutlich bleiben trotz der Bemühungen – oder vielleicht
auch deshalb – Verzerrungen zu verhindern, Verzerrungen erhalten.
Verzerrungen bezüglich Kultur
Kulturelle Faktoren werden nur erwähnt, obwohl sie diagnostisch signifikant
wären (Bsp.: Korrelation von Wut mit Depression und Angst von PuertoRicanern in New York).
Kritikpunkte am DSM-IV
 riesige Datenmengen → Gefahr der Fehlinterpretation
 Überschattung wissenschaftlicher durch praktische Kernfragen
(Verteidigung des praktischen Standpunkts: „Was nützt valide
Diagnose, wenn zu wenig Patienten Kriterien erfüllen!“)
 oft zweideutige und inadäquate Datensätze → weitere Diskussion
nötig
 Zunahme schlecht validierter diagnostischer Kategorien
 syndromale Diagnostik: fragliche Reliabilität und Validität,
zunehmende Medizinisierung gefragt (Suche nach biomedizinischen
Ursachen)
Zusammenfassung
DSM-IV als streng empirisch mit wenig Studien zu Gütekriterien, was aber
keinen Grund für geringere Reliabilität oder höhere Validität als Vorgänger
DSM-III liefert.
DSM-III, DSM-III-R, ICD-10: Reliabilität
 Feldversuche: Interraterreliabilität (IRR)
o hohe IRR für ICD-10 und DSM-III-R weltweit
o Erwartung höherer IRR bei längerem Gebrauch des DSM-IV
wegen hoher Ähnlichkeit mit ICD-10
o explizit und einfach handhabbare Forschungskriterien: hohe IRR
für Hauptstörungen und geringere für Subtypen
 Stabilität
o Instabilität für Zwangsstörungen, PS und RauschmittelErkrankungen (über 1 Jahr)
o höhere Stabilität für Erwachsene im Vergleich zu Jugendlichen
(über 2 Jahre)
o Manifestation bestimmter Subtypen der Depression (über 8 Jahre)
o Schizophrenien: insgesamt instabil, Haupttyp stabiler als Subtyp
(über 6 Monate), Wechsel der Diagnose von Schizophrenie zu
anderen Erkrankung und umgekehrt in bis zu 33 % der Fälle (über
7 Jahre)
Reliabilität hängt von der Klarheit und Validität der diagnostischen Kriterien
und der Veränderung der Erkrankungen über die Zeit ab. Gesehen wurden
Probleme der Stabilität für eine Zahl von Diagnosen. Deshalb sollte man
sich mit der weiteren Entwicklung von reliableren Instrumenten wie
strukturierten diagnostischen Interviews beschäftigen. Dadurch sind reliable
Urteile für PS, Schizophrenien, Erkrankungen von Kindern und
Erwachsenen möglich.
DSM-III, DSM-III-R, ICD-10: Validität
DSM-IV vernachlässigt die Gütekriterien im Gegensatz zu seinen
Vorgängern.
Andreasen schlägt einen Goldstandard der Validierung vor. Der besteht aus
alten (klinische Beschreibung, Familienstudien) und neuen Validatoren
(Labortests→ neuronale, neurobiologische, genetische Validatoren). Die
Neurowissenschaft wird für die Psychiatrie als der Schlüssel der
Weiterentwicklung der Validierung gesehen (Verbindung von Symptomen
und Diagnosen mit neuronalen Substraten).
Untersuchungen zur Validität des DSM-IV bei bestimmten Erkrankungen
 Schizophrenien
o Vorhandensein
neuroanatomischer,
genetischer
und
epidemiologischer Validatoren
o Validierung an Enden des Spektrum gut, dazwischen
mangelhaft → nur heuristischer Wert des Konzepts des
schizophrenen Spektrums
 Depressionen,
Angsterkrankungen,
Zwänge,
RauschmittelErkrankungen
o konsistente Unterstützung der Validität
 Schnittstelle von Depression und Angsterkrankung
o 3-Gruppen-Modell
 unspezifische Symptome
 somatische Anspannung und Erregung (Angsterkrankung)
 Anhedonie (Depression)
Trennung möglich in Komorbiditäten, Mischformen und einfache
Formen dieser Erkrankungen
o Becks kognitives Modell: Ähnlichkeit zu 3-Gruppen-Modell
(genereller affektiver Faktor, depressiver Faktor mit kognitiven
und motivationalen Symptomen und ängstlichem Faktor mit
physiologischen Symptomen
Komorbidität
 hoch komorbide Störungen mit nachteiligen (sozialen, physischen,
psychologischen und psychiatrischen) Effekten
 vorhanden bei Depression, posttraumatischem Stresssyndrom,
Phobie, nonaffektiven Psychosen, Abhängigkeit, Angsterkrankungen,
PS
 Hinweis auf genetische Anzeichen für Komorbidität
 kriminelles Verhalten höher bei schweren psychischen Erkrankungen
wie Schizophrenie mit Verschärfung dieser Tatsache im
Zusammenhang von Substanzen
 Einfluss auf Klinik und Forschung: Komplikation der Planung und
Koordination von Behandlung und Compliance
Verzerrungen
Verzerrungen vorhanden bezüglich Rasse, Geschlecht (Frauen:
histrionische PS, Depression; Männer: antisoziale PS) und sozialer Klasse
Kategorie/Dimension-Debatte
Frage: Repräsentation der Komorbidität durch Vorhandensein einer oder
mehrerer psychischer Erkrankungen → Erkrankung als Teil einer diskreten
natürlichen Klasse oder als eine künstliche Kategorie (Cut-off auf einem
Kontinuum)?
Fragestellung bei PS, Depressionen, Angsterkrankungen
Dimensionsansatz begründbar durch
 Symptomkomplexität und Mangel an diskreten Grenzen zwischen
Erkrankungen und Gesundheit
 Erhöhung der Reliabilität
 Korrelations-Forschung
Lösungsvorschlag: hierarchische Integration: Dimensionen als Blöcke, aus
denen Kategorien gebildet werden?
 weitere Forschung nötig
Theoretisch kohärente Alternativen zum DSM-IV
Kritik an DSM-IV
o Taxonomie auf der Basis inadäquat dargestellter Theorie ohne Basis für
wissenschaftliche Untersuchung
o wenig Übereinstimmung mit Ergebnissen der empirischen Psychologie
 Zunahme der Kategorien im DSM-IV als Zeichen dieser Kritikpunkte
Alternativen wie behaviorale Ansätze und Aussagen über Ätiologie und
Treatmentantwort müssen erst empirisch beweisen, dass sie die gleichen
Level von Reliabilität, Validität und Nützlichkeit besitzen wie DSM-IV.
Psychodynamische Perspektiven
Einbringen der Psychodynamik in syndromale Diagnostik sollte
Bedeutsamkeit der Diagnose steigern, denn
o syndromale Diagnosen besitzen nur geringe Relevanz für
psychodynamische Therapeuten
o DSM-IV ist reduktionistisch: keine Beachtung von Konflikten,
Adaptation, longitudinalen Verläufen und Entwicklung, Opferung der
Validität zu Gunsten der Reliabilität
o DSM-IV mit wenig Forschung zu Reliabilität (einziges Ergebnis:
Korrelation von Verteidigungsstrategien und PS)
Forderung nach Integration von Psychodynamik (gelernte Antwortmuster
auf Konflikte) und syndromaler Diagnostik (biologische Komponente,
Klassifikation für Versicherungen und Forschung) aber erst nach
empirischer Unterstützung sinnvoll.
Definition von psychischer Erkrankung
kein Vorhandensein einer einheitlichen Definition von Psychopathologie,
aber weite Akzeptanz des DSM-IV
Definitionen
o schädliche Dysfunktion: Dysfunktion als Systemfehler des sich aus
Evolution und Selektion entwickelten Funktionierens
o signifikante Einschränkung in bewusstem Handeln und in Teilnahme
an sozialen Erfahrungen
Kritik an Konzept schädlicher Dysfunktion
o Mangel an Reliabilität wegen Unfähigkeit der kompletten Beurteilung
mentaler
Mechanismen
oder
internaler
neurobiologischer
Operationen und externaler sozialer Daten
o mentale Funktionen als neutrale Nebenprodukte, und nicht als
Adaptationen der Evolution
o Vernachlässigung des Hervorgehens extremer Verhaltensweisen aus
Selektion
o Krankheiten als Adaptationen an Gefahr, Drohungen und Verlusten
Kritik an Konzept signifikanter Einschränkung
o Überinklusitivität (Einschließen nicht nur psychischer Erkrankungen)
o Verwaschung relevanter Fragestellungen
Schätzung des Wertes der Konstrukte durch Daten über Nützlichkeit
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