Zugang zur Präventivmedizin für Migranten am

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Zugang zur Präventivmedizin für
Migranten
am Beispiel Impfungen
Ursula Wiedermann
Institut für Spezifische Prophylaxe
und Tropenmedizin
Medizinische Universität Wien
www.meduniwien.ac.at/tropenmedizin
www.meduniwien.ac.at/geographic-medicine
2. Symposium Migration: epidemiologische, soziokulturelle und medizinische Aspekte, 25.4.2013, Wr. Ärztekammer
Übersicht
• Erfassung der Ursprungsländer von
Migranten/Flüchtlingen in Ö
• Impfprogramme und Durchimpfungsraten in div.
Ländern
• Impfstatus bei Personen mit
Migrationshintergrund: Befragung vs Seroprävalenz
• Erkrankungsrisiko und Inzidenzen von VPD bei
bestimmten Gruppen mit Migrationshintergrund
• Impfbereitschaft bei Migranten
• Wo kann man verbessern – wo setzt man an?
Häufigste Ursprungsländer von Migranten in Ö
Häufigste Ursprungsländer von Migranten in Ö
Migranten: inhomogene Population
• 1,569 Mio Menschen mit Migrationshintergrund,
i.e. 18,9% der Gesamtbevölkerung
• Unterschiedliche Gruppierungen:
– 1. Generation (im Ausland geboren): ca 1,15 Mio
– 2. Generation (in Österreich geboren): ca 415.000
– Visiting friends and relatives (2./3. Generation, die
Heimtland besuchen)
– „Hard to reach Populations“ (ethnische Minderheiten
mit schlechtem sozialen Netzwerk, z.b. Roma)
– Auslandsadoptionen
Impfprogramme in diversen Ländern
Impfprogramme in diversen Ländern
Impfprogramme in diversen Ländern
Durchimpfungsraten
Nachmeldung:
2010,11,12:
6 fach: > 92%
Nachmeldung:
2010, 11, 12 :
1. MCV: 90%
2. MCV: 80%
Durchimpfungsraten
Durchimpfungsraten
• Impfschutz: Erhebung durch Fragebögen
Aktueller Impfschutz in Ö
Gesundheitsbefragung Statistik Austria
Erhebung mit Fragebögen – unvollständige Informationen, Verständnis-Sprachproblem?
Keine Information über Migrationshintergrund
Masern: Impfabdeckung bei in D geborenen und im Ausland geborenen
Kindern – Identifizierung der nichtgeimpften Subgruppen in Deutschland
•
•
•
Im Ausland geborene Kinder (1. Gen. Migranten) waren häufiger nicht geimpft
gegen MMR als in Deutschland geborene ohne Migrationshintergrund
Kinder > 3 Jahre und Kinder mit > 3 Geschwistern häufiger ungeimpft
Ehem. West D häufiger als Ost D ungeimpft
Erhebung
der Daten
durch
Fragebogen
Poethko-Müller C et al, 2009, Vaccine 27
• Impfschutz: Erhebung via Seroprävalenz
Suszeptibilität für Masern, Mumps, Röteln bei
erwachsenen Immigranten und Flüchtlingen in Kanada
Greenway C et al, 2007, Ann Intern Med
• 1480 Immigranten getestet auf MMR Immunität (20022004)
• Suszeptibilität (= seronegativ) zu > 1 Erkrankung: 36%
– < 35 J: 39%: Frauen: 41%; Männer: 35%
– > 35J: 28%: Frauen: 26%; Männer: 26%
• Ursprungsland von Nicht Immunen:
– O-Asien, Pazifik: 43% Frauen; 39% Männer
– S-Asien: 41% Frauen; 29% Männer
– Lateinamerika: 41% Frauen; 29% Männer
•
Seronegativität zu
– Masern: Lateinamerika, Karibik (12%); O-Asien, Pazifik (10%)
– Mumps: S- Asien (33%), O-Asien (28%), Afrika (18%)
– Röteln: O-Asien, Pazifik (24%), Lateinamerika (13%), N-Afrika
(10%)
Catch up Programme für erwachsene Migranten/Flüchtige nötig –
unter besonderer Berücksichtigung der weibl. Migranten
Seroprävalenz von chron. Hepatitis B und bestehende Immunität
bei Immigranten und Flüchtlingen: systematischer Review und
Metaanalyse Rossi C et al, 2012, PLOS one; 7: e44611
• 110 Studien mit 209,822 Immigranten und Flüchtlingen
• 7,2% chron. Hepatitis B Infektionen; häufiger bei
Flüchtlingen und Asylwerbern als Immigranten
• 39,7% Hbs seropositiv; i.e. mehr als 50% suszeptibel für
Hep b Infektion
• Hochrisiko Länder für chron. Hep B: Ostasien, Pazifik,
Subsahara Afrika
• Intermediäres Risiko: Osteuropa, Zentral- und Südasien
• Niedriges Risiko: Mittlerer Osten, Nordafrika,
Lateinamerika
Gezieltes Screening und Impfprogramme für internationale
Migranten als mögliche Maßnahme für HBV Kontrolle
Hepatitis A bei Migranten
Hepatitis A seroprevalence in a population of immigrants at a French Vaccination
Center. Gergely, A. et al, 2011,J. Travel Med.
Hepatitis A Serologie getestet in 646 Personen mit Migrationshintergrund (die in
einem Entwicklungsland geboren und mind. 1 Jahr dort gelebt haben)
82, 4% der Personen aus Subsahara Afrika (90%), Mittlerer Osten (82%), Nordafrika
(81%), Asien (68%), Südamerika (56%) und Osteuropa (50%) waren SEROPOSITIV
17, 6% waren Hep A seronegativ – wobei 70% von ihnen < 36 Jahre!
Seroprävalenz steigt mit zunehmenden Alter und in Abhängigkeit vom Ursprungsland,
und wie lange dort gelebt wurde.
Forcierte Seroprävalenztestung bei Personen mit Migrationshintergrund
sinnvoll. Bei Zeitmangel Impfung empfohlen!
Cave: Visting friends and relatives!
• Infektionsrisiko, Infektionsinzidenz in
verschiedenen Subgruppen mit
Migrationshintergrund
Incidence of acute Hepatitis B in different ethnic groups
in a low endemic country: Whelan J et al., 2012 Vaccine 30: 5651
FGM = first generation
Migrants
MA = Moving average
FGM
Dutch born +
SGM
• 3x höhere Inzidenz von akuter Hepatitis B bei FGMs aus Hoch und MittelrisikoLändern vgl. mit Holland geborenen.
• Anstieg von HBV in Holland Geborenen von 7 auf 15% durch Anstieg der SGM, die
mehrheitlich Kontakt mit Personen mit Migrationshintergrund (Migration wg Heirat aus
Ursprungsland)
Declining incidence of hepatitis A in Amsterdam: Second generation migrants
still important risk group
Whelan J et al, 2013, Vaccine
•
•
•
Starker Rückgang von Hep A Inzidenz von 25/100.000 in 1996 (178 Fälle)
auf 1/100.00 in 2011 (8 Fälle)
Seit 2005: 56% der HAV Fälle importiert (vorwiegend aus N-Afrika, Türkei,
und „non-western“ ethnic background)
62% durch SGM
Hepatitis A in Ö: Surveillance Kinder
Krankenhaus-basierte Epidemiologie impfpräventabler Erkrankungen
bei Kindern in Österreich*)
Institut f. Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin
M. Paulke-Korinek et al, 2011
Inzidenz
1998-2011: 414 Fälle bei Kindern < 15 J
0,4/100.000 inges., 0,3/100.000 gesicherte
Importe
Alter
Durchschnittsalter: 9,6 Jahre,
Altersgipfel: 4-9 Jährige
Hepatitis A in Ö: Surveillance Kinder
Krankenhaus-basierte Epidemiologie impfpräventabler Erkrankungen
bei Kindern in Österreich*)
Institut f. Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin
M. Paulke-Korinek et al, 2011
Herkunft der Hep A Fälle
Saisonale Verteilung der
Hep A Fälle
Seit 2010 Empfehlung
für Hep A Impfung für alle
Kinder ab 1 Lj (vor Eintritt
in Gemeinschaftseinrichtungen)
1998-2011:40% aller Hep A Fälle in
Monaten Sept/Okt., i.e. Reisemitbringsel
aus Sommerferien
Von 202 Fällen nähere Angaben
Zu Infektionsquelle: Türkei, ehem.
Jugoslawien, Rumänien, Ägypten,
Serbien, Indien, Dom. Republik
Krankenhaus-basierte Epidemiologie impfpräventabler
Erkrankungen bei Kindern in Ö
Immunitätsstatus Hep A bei Kindern mit
Migrationshintergrund vs Österr. Herkunft
Anteil aller gewerteten Kinder (%)
Status Hepatitis A bei Kindern in Österreich
70.0
(n=120)
(n=206)
62.5
Impfung
negativ
positiv
60.0
51.5
46.6
50.0
40.0
35.0
30.0
20.0
10.0
2.5
1.9
0.0
Migrationshintergrund
Österreich. Herkunft
Kinder mit Migrationshintergrund häufig geimpft, geringerer Prozentsatz seronegativ,
aber möglicherweise geringeres Bewußtsein über Infektionsrisiko im „Heimatland“.
Internationale Adoptionen und Impfstatus
CDC: Measles among adults associated with adoption of children in China
MMWR Morb Mort Wkly Rep 2007; 56:144-6:
3 Masernfälle bei Adoptivkindern aus China – Familienmitglieder und KontaktPersonen der Adoptiveltern erkranken – aufgrund verspäteter Diagnose
(Masern sehr selten in US) keine rechtzeitigen Abschirmungsimpfungen
bei Kontaktpersonen.
Hepatitis A among international adoptees and their contacts: Fischer G et al,
CDC 2008; 47:812-4.
26%contacts
of nontraveling
contacts adoptees
19% adoptee
7% unvaccinated travelers
48% nontraveling
contacts of adoptees
27 Fälle von Hepatitis A bei Adoptivkindern (n=5), direkter oder indirekte
Kontaktpersonen (n=20), nicht geimpfte
Reisende in Länder von Adoptivkindern
(n=2)
ACIP Empfehlung seit 2005 Hep A Impfung
Für Kinder > 1 J.
Erweiterung der Empfehlung auf Kontaktpersonen
von Adoptivkindern aus HAV Endemiegebieten
MASERN Transmission of „D4-Hamburg“ in Europe
2008
2009
2010
no epi-link
GBR
POL
DEU
BEL
CHE
AUT
ROM
SRB
BGR
D4-Hamburg
25.000 cases, 24 †
> 27 months
Mankertz et al., EID
MKD
GRC
TUR
In D anhaltende Transmission
In EU endemische Transmission
PD Dr. Annette Mankertz
Import durch hard-to reach
Populationen und Migranten
01 / 2005 – 12 / 2005
Ausbruch Hessen (Jan-Apr 2005)
- 223 Fälle gemeldet
- 12 Fälle genotypisiert:
D4 in ethnic minorities and
• Vaccination procedures
- MV-D4 aus Rumänien
hard to reach populations
• But measles elimination program not only
Ausbruch Berlin (Apr-Jul)
D4
a „Roma-associated problem“
D4
-39 Fälle, 10 genotypisiert
• Closing vaccination gaps in ALL unvaccinated- MV-D4 Berlin entspricht
groups, including vaccine scepticism, is a
MV-D4 Hessen
prerequisite for measles
elimination in Europe
D4
D4 D4
D4
D4
2005: Anhaltende Kette von Jan-Jul
D4
D6
D6
D6
D6
D6
2010: Zwei separate Ausbrüche in
Heimen für Asylsuchende
Keine Routineimpfung bei Ankunft!
Mankertz A, 2011, Emerg. Infect Dis
PD Dr. Annette Mankertz
• Impfbereitschaft von Migranten
Im Auftrag von Prim. Dr. Zwiauer
INSTITUT FÜR PÄDIATRISCHE FORTBILDUNG UND FORSCHUNG
Informiertheit über Krankheiten
Wie wichtig ist es Kinder vor ansteckenden Krankheiten zu schützen?
Notwendigkeit
Gegen welche Krankheiten/Erreger sollte ein Kind auf jeden Fall geimpft werden?
Gegen welche Erkrankungen wurde Ihr Kind geimpft?
Impfhindernisse
Glauben Sie, dass es gut für Ihr Kind ist eine Kinderkrankheit
durchzumachen?
Ist Impfen gegen Kinderkrankheiten eine Ursache für die Zunahme
von Allergien?
Was aus diesen Analysen nicht hervorgeht:
1. Welchen Migrationshintergrund hatten Befragten (1., 2., 3. Generation)?
2. Wo wurden Befragungen durchgeführt – wie wurden Personen erreicht?
3. Konnte auf Fragen/Verständnisprobleme im Interview eingegangen werden?
Zusammenfassung und To Do´s
• Prinzipiell: größere Wahrnehmung über Wichtigkeit von
Impfungen und bessere Bereitschaft Impfungen durchführen zu
lassen unter Personen mit als ohne Migrationshintergrund
• Migranten sind keine homogene Gruppe: Definition der
unterschiedlichen Subgruppen für Risikoevaluierung notwendig:
– Erhebung mit Fragebögen
– Seroprävalenzanalysen von VPD! Identifikation der Risiko- bzw.
Zielpopulationen!!
• Catch up Impfprogramme für Kinder UND Erwachsene (1.
Generation, bes. Frauen):
– z.B. Impfversorgung der Eltern mit Migrationshintergrund im
Rahmen der Mutter-Kindpassuntersuchungen
– VFRs, 2. Generation: Vermehrte Aufklärung über Infektionsrisiko
im Heimatland (Nützen jeglichen Arztbesuchs für
Impfaufklärung)
• Vakzine Programme für hard to reach Populationen: Verbesserung
der Information (z.B. über VideoClips, div. Sprachen, sprachfreie
Cartoons etc)
• Verwendung von Aufklärungsbögen in verschiedenen Sprachen
(homepage BMG)
Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit !
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