Inklusion von Kindern mit Körperbehinderten

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Inklusion von Kindern
mit Körperbehinderungen
Rainer Blank
Kinderzentrum Maulbronn
sowie
Universität Heidelberg
R. Blank, Maulbronn
2
Übersicht
1.
2.
Fallbeispiele
Gesetzliche Grundlagen und äußere
Rahmenbedingungen
a.
b.
c.
3.
4.
5.
Bauliche Anpassungen - Mobilität
Hilfsmittel
Gesundheitsfürsorge
Soziale und kommunikative
Voraussetzungen
Leistungsdifferenzierte Angebote
Alters- und Störungsabhängigkeit
R. Blank, Maulbronn
3
Inklusion von Kindern mit Körperbehinderungen
Fallbeispiel I
Liane: 9J., Seltene genetische Störung
z Mehrfachbehinderung: keine Mobilität,
keine Selbstversorgung, keine Kontinenz,
kaum verbale Kommunikation (einzelne
Worte)
z Beschulung 3. Grundschulregelklasse
z
R. Blank, Maulbronn
4
Inklusion von Kindern mit Körperbehinderungen
Fallbeispiel II
z
Luca: 11 J., Ausgeprägte
UEMF: Anziehen mit 10J.,
Schreiben langsam, hoher Stiftdruck,
unleserlich, sehr ungeschickt bei
Objektmanipulation, geringe
Ballfertigkeiten, häufige kleine Unfälle
R. Blank, Maulbronn
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Inklusion von Kindern mit Körperbehinderungen
Fallbeispiel II
z
Luca: 11 J., Ausgeprägte
UEMF (Anziehen mit 10J.,
Schreiben langsam, hoher Stiftdruck,
unleserlich, sehr ungeschickt bei
Objektmanipulation, geringe
Ballfertigkeiten)
R. Blank, Maulbronn
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Beispiel für ein
Konzept der
Lebensqualität
B- B- B
B
E
I
N
G
B
E
L
O
N
G
I
N
G
Physical Being
Being physically able to get around.
My nutrition and the food I eat.
Psychological Being
Being free of worry and stress.
The mood I am usually in.
Spiritual Being
Having hope for the future.
My own ideas of right and wrong.
Physical Belonging
The house or apartment I live in.
The neighbourhood I live in.
Social Belonging
Being close to people in my family.
Having a spouse or special person.
Community Belonging
Being able to get professional services (medical, social, etc.)
Having enough money.
B
Practical Becoming
E
C
O
Leisure Becoming
M
I
N Growth Becoming
G
- Quality of Life Research Unit, University of Toronto
R. Blank, Maulbronn
Doing things around my house.
Working at a job or going to school.
Outdoor activities (walks, cycling, etc.)
Indoor activities (TV, cycling, etc.)
Improving my physical health and fitness.
Being able to cope with changes in my life.
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Emotionales Wohlbefinden
Keine Unterschiede
zwischen Erwachsenen mit Zerebralparesen und Normstichprobe
Unauffällige Kontrollen
N = 115
Patienten mit CP
N = 25
Mean
Std. Dev.
Mean
Std. Dev.
positive Lebenseinstellung
4,48
0,56
4,23
1,12
Probleme
2,36
0,70
2,32
0,99
körperliche Beschwerden
1,59
0,44
2,06
1,09
Selbstwert
4,67
0,71
4,48
1,14
depressive Stimmung
1,92
0,78
2,29
1,18
Lebensfreude
2,97
0,54
3,87
1,25
Zufriedenheit
4,61
0,57
4,31
0,97
negative Befindlichkeit
1,97
0,49
2,19
0,83
Wohlbefinden
4,54
0,44
4,52
0,75
R. Blank, Maulbronn
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Inneres Wohlbefinden
Interferierende Variablen
z
Kein Einfluss von:
Geschlecht, Alter, Behinderungsschweregrad,
intellektuelle Fähigkeiten, Alltagsfertigkeiten,
Schulbildung, Bildungsstand des Vaters,
eigene Schulbildung sowie Berufsausbildung
z
Negative Korrelationen:
Therapiegesamtzeit in der bisherigen
Lebensgeschichte (p<0.01, r=-0.43)
Bildungsstand der Mutter (p<0.02, r=-0.41)
R. Blank, Maulbronn
9
Lebenszufriedenheit
… global: keine Unterschiede
Normstichprobe vs. schwedische Erw. mit CP vs. vorliegende Stichprobe
R. Blank, Maulbronn
10
Lebenszufriedenheit
…mit Alltagsfertigkeiten: Unterschiede
Normstichprobe vs. schwedische Erw. mit CP vs. vorliegende Stichprobe
Dgl. auch mit körperlicher Gesundheit (“analog gesundheitsbezogene LQ”)
R. Blank, Maulbronn
11
Lebenszufriedenheit
…mit Familienleben: Unterschiede
Schwedische Erw. mit CP vs. vorliegende Stichprobe
R. Blank, Maulbronn
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Ziele sozialer Inklusion
Inklusion soll folgende sechs
Formen sozialer Exklusion aufheben:
z
Institutionell
z
sozial
z
Arbeitsmarkt
z
ökonomisch
z
kulturell
z
räumlich
Th. Kieselbach/Gert Beelmann: Arbeitslosigkeit als Risiko sozialer Ausgrenzung bei Jugendlichen in Europa. In: Aus
Politik und Zeitgeschichte. Ausgabe 6–7/2003
R. Blank, Maulbronn
13
Übereinkommen der Vereinten Nationen
über Rechte von Menschen mit
Behinderungen
1. Staatenbericht der Bundesrepublik
Deutschland vom Bundeskabinett
beschlossen am 3. August 2011.
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Gesetzliche Grundlagen
z
z
z
SGB IX unterstützt: Selbstbestimmung und Teilhabe von
Menschen mit Behinderungen am Leben in der
Gesellschaft. 9 Abs. 3 SGB IX
Leistungen und Dienste und Einrichtungen sollen
Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu
eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände
lassen und ihre Selbstbestimmung fördern
Entscheidung über Leistungen und bei der Ausführung
von Leistungen zur Teilhabe entsprechend der
berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten ( 9
Abs. 1 SGB IX)
R. Blank, Maulbronn
15
Leistungen der Eingliederungshilfe
Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen
unter den Voraussetzungen des 53 SGB
XII, 35a SGB VIII oder 27d BVG, um ihre
z
z
Selbstbestimmung und gleichberechtigte
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu
fördern,
Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen
entgegenzuwirken.
R. Blank, Maulbronn
16
Anpassung der Infrastruktur
z
Unabhängige Lebensführung durch
Barrierefreiheit durch Gestaltung
der Wohnungen
z der nachbarschaftliche Infrastruktur
(inklusiver sozialer Nahraum)
z
R. Blank, Maulbronn
17
Mobilität (öffentlich)
Zentrale Voraussetzungen einer selbstbestimmten und gleichberechtigten Teilhabe
Entscheidend:
z
z
der öffentliche Personenverkehr
Die Verkehrssysteme müssen für sie
zugänglich und möglichst barrierefrei sein
R. Blank, Maulbronn
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Mobilität (individuell)
Mobilitätshilfen
z
Versorgung mit Hilfsmitteln und technischen Hilfen
nach dem SGB IX unterstützt die möglichst
weitgehende Selbstständigkeit und
Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen
Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach SGB XII od.
BVG
z Hilfen zur Beschaffung oder zum Unterhalt eines
behindertengerecht ausgestatteten Kraftfahrzeugs
R. Blank, Maulbronn
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Mobilität (Straßenverkehr)
3 Abs. 1 FStrG stellt sicher,
dass bei Bau und Unterhaltung von
Bundesfernstraßen mit dem Ziel möglichst
weitreichender Barrierefreiheit
z Gestaltung von Verkehrsanlagen besteht
hier noch Forschungsbedarf
z
R. Blank, Maulbronn
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Gesundheit
Ziel des SGB V:
den besonderen Belangen behinderter
Menschen Rechnung zu tragen
z Sozialgesetzbücher
(SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, SGB XI
– Soziale Pflegeversicherung) sowie
z
Gesundheitsdienstgesetze der Länder
SGB V: eigenständige Regelung, die
ausschließlich die Belange behinderter
Menschen in den Mittelpunkt stellt ( 2a SGB V).
R. Blank, Maulbronn
21
Gesundheit II
SGB VI:
z
Früherkennung und Frühförderung für behinderte und
von Behinderung bedrohte Kinder
z
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Kinder
und Jugendliche, um eine erhebliche Gefährdung ihrer
Gesundheit zu beseitigen oder eine bereits
beeinträchtigte Gesundheit wieder herzustellen oder
zu bessern (Gesetzliche Rentenversicherung)
.
z
Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und
Jugendliche werden vom Gemeinsamen
Bundesausschuss kontinuierlich weiterentwickelt
R. Blank, Maulbronn
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Gesundheit III
Barrierefreier Zugang von
Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer zu
Arztpraxen und anderen
Gesundheitseinrichtungen noch nicht
befriedigend sichergestellt
z Nur rund 20 Prozent der Arztpraxen
barrierefrei (Land Brandenburg)
z
R. Blank, Maulbronn
23
Pflege
Im SGB XI verankerte Leitbild der
Pflegeversicherung ist eine
z menschenwürdige Pflege
Reichen die Leistungen der
Pflegeversicherung nicht aus, besteht
grundsätzlich ein Anspruch auf
Hilfe zu Pflege nach
61 bis 66 SGB XII
gegenüber den Trägern der Sozialhilfe
R. Blank, Maulbronn
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Rehabilitations- und Teilhaberecht
SGB IX
Träger haben auch eine Verpflichtung,
z Menschen mit Behinderungen
trägerübergreifend zu informieren und
zu unterstützen
z Beratung wird in etwa 500
Gemeinsamen Servicestellen
R. Blank, Maulbronn
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Umsetzung und Finanzen
Lösungsmöglichkeiten für
Umsetzungsdefizite:
z trägerübergreifendes Persönlichen
Budgets (siehe Art. 19),
z bei der trägerübergreifenden Beratung
und bei der Frühförderung von Kindern
mit Behinderungen (siehe Art. 7)
R. Blank, Maulbronn
26
INKLUSION: Umsetzung
Schulen fehlen Fachkräfte für
behinderte Kinder
z
„Berliner Grundschulen
sollen mehr behinderte
Kinder aufnehmen. Doch
schon jetzt gibt es kaum
Sonderpädagogen und
Schulhelfer.“
22.12.2011 Regina Köhler und Florentine Anders
R. Blank, Maulbronn
27
Inklusion in der Realität
z
Weil Schulhelfer fehlen, müssen Lehrer
im Unterricht ärztliche Hilfestellungen
geben.
z
…Kinder mit Diabetes müssen in der
Schulanfangsphase regelmäßig getestet
und gespritzt werden, doch der
Pflegedienst kommt nur ein Mal am Tag“
R. Blank, Maulbronn
28
Lösung: Schwerpunktschulen?
Schwerpunktschulen:
Für körperbehinderte, geistig behinderte oder
sinnesbehinderte Kinder soll es zunächst
Schwerpunktschulen für die Inklusion
<- mangelnde bauliche Voraussetzungen aller
Schulen für die Aufnahme der Schüler
z
<- bescheidenes Ziel: Anteil dieser Kinder an den
Regelschulen um zehn Prozent erhöhen
R. Blank, Maulbronn
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Soziale / kommunikative
Voraussetzungen
Akzeptanz von körperlichen Schwächen?
z Unterstützende Haltung gegenüber
körperlich Schwächeren?
Lehrerkollegium, Mitschüler, deren Eltern,
Mitpatienten, usw..
z Anpassung des Unterrichtstils
z Einsatz von Kommunikationshilfen
z
R. Blank, Maulbronn
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Angebote für Schwache und Starke
Akzeptanz von jeweiligen Schwächen
z Gezielte Förderung bei signifikanten
Schwächen
z Differenzierte Anforderungen
z
auf der Basis eines wertschätzenden,
emanzipierten Umgangs
R. Blank, Maulbronn
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Alters- und Störungsabhängigkeit?
Inklusive Lehre / Betreuung
z Schule: Grundsätzlich bis etwa 11./12. Lj.
bzw. Ende Grundschulzeit in sehr vielen
Fällen möglich (vgl. Skandinavien,
Niederlande, Kanada)
z Gesundheitssektor: psychische,
chronische somatische, v.a. neurologische
Störungen bis etwa 11./12. Lj.
R. Blank, Maulbronn
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Inklusion von Kindern mit Körperbehinderungen
Umsetzung der Inklusion:
Fallbeispiel I
Liane: 9J. (Mehrfachbehinderung)
z Beschulung 3. Grundschulklasse (Klasse
ca. 15 Schüler) mit Integrationskraft
-> lt. Mutter: deutliche Fortschritte im
kommunikativen Verhalten, gute
Akzeptanz in der Klasse, geht gerne in die
Schule
z
R. Blank, Maulbronn
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Inklusion von Kindern mit Körperbehinderungen
Umsetzung der Inklusion:
Fallbeispiel II
Luca: 11 J. (schwere UEMF)
z Massive Hänseleien, Ausschluss vom
Sportunterricht, Rückzug,
Gewichtszunahme
-> Integrationskraft abgelehnt
-> Antrag zur Aufnahme in eine
Körperbehinderten-Schule
z
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Rasmussen u. Gillberg 2000:
Psychosoziale Prognose im Alter von 20 Jahren
von unbehandelten Kindern mit
ADHS und UEMF
deutlich schlechter als ADHS ohne UEMF
¾ 58% vs. 13% mit delinquentem Verhalten,
ADHS-Restsymptome, Alkoholsucht,
Leseprobleme, niedriges Ausbildungsniveau
¾ Stellenwert der somatische Störung im Vgl. zu
ADHS?
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Hypothesen: Inklusion
körperbehinderter Kinder
1.
2.
3.
Gelingende Inklusion muss nicht
unbedingt vom Schweregrad der
Körperbehinderung abhängen
Inklusion (Bereich Schule und
Gesundheit) erscheint alters- und
störungsabhängig
Je jünger die Kinder, um so
umfassender scheint Inklusion in allen
Gesellschaftsbereichen möglich.
R. Blank, Maulbronn
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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
R. Blank, Maulbronn
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