teil 3: Jenseits des Mars - Spektrum der Wissenschaft

Werbung
Welt der Wissenschaft: 50 Jahre Planetenforschung
Reisen zu den Planeten
Teil 3: Jenseits des Mars
In den 1970er Jahren drangen erstmals Raumsonden in das Reich der Gasriesen
und ihrer Monde und Ringe vor. Zudem wurden auch die kleinen Himmelskörper
im Sonnensystem zu Zielen der interplanetaren Raumfahrt.
Von Manfred Gottwald
M
ehr als zwei Drittel aller
mals den Asteroidengürtel durchqueren
Erde aus gewonnenen Aufnahmen des Rie-
erfolgreichen interplane-
und nahe an Jupiter und seinen großen
senplaneten. In seiner Nähe registrierten
taren Sonden besuchten
Trabanten vorbeifliegen. Pioneer 11 holte
die Instrumente der Sonde im Strahlungs-
bisher die terrestrischen
zudem an Jupiter Schwung, um danach
gürtel sehr hohe Teilchendichten, ohne
Planeten, Flüge zu Zielen jenseits der Um-
zum Saturnsystem zu gelangen. Nach dem
laufbahn des Mars sind dagegen deutlich
Abheben wurden die Sonden von der Trä-
dass sie ernsthaften Schaden nahmen.
Bei Pioneer 11 entschied sich die NASA
seltener. Nur sechs Missionen hatten bis-
gerrakete direkt in den Transfer­orbit zu
für eine Annäherung bis auf 43 000 Kilo-
lang die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Ura-
Jupiter eingeschossen, mit der damaligen
meter, wobei das Raumfahrzeug über den
nus und Neptun zum Ziel, wovon wiede-
Rekordgeschwindigkeit von 14,4 Kilome-
Südpol kommend Jupiter nach Norden
rum nur jeweils eine Sonde in eine
tern pro Sekunde, und sie erreichten nach
hin verließ (siehe Bild auf der rechten
Umlaufbahn um Jupiter oder Saturn ge-
nur 21 beziehungsweise 20 Monaten ihr
Seite). Durch den sehr nahen Vorbeiflug
langte. Die Übrigen begnügten sich mit
Ziel. Pioneer 10 flog Anfang Dezember 1973
erhöhte Pio­neer 11 seine Geschwindigkeit,
den kurzen und einmaligen Beobach-
in nur 130 000 Kilometer Entfernung über
stieg über die Ebene der Ekliptik auf und
tungszeiten bei Vorbeiflügen.
Als erste Sonden schickte die US-Raum-
die Atmosphäre Jupiters. Dabei machte ein
gelangte so auf die der Sonne gegenüber-
relativ einfaches Kamerasystem zahlreiche
liegende Seite. Dort passierte die Sonde
fahrtbehörde NASA im Jahr 1972 Pioneer
Bilder, die ab einem Abstand von weniger
im September 1979 Saturn in einer Entfer-
10 und ein Jahr später seinen Zwilling
als 2,5 Millio­nen Kilometern mehr Details
Pioneer 11 auf den Weg. Beide sollten erst-
enthielten als die damals bes­ten von der
nung von nur 21 000 Kilometern.
Durch ihre Planetenpassagen hatten
Pioneer 10 und 11 die heliozentrische
Fluchtgeschwindigkeit erreicht, die sie
50 Jahre Planetenforschung
aus dem Sonnensystem hin­ausführen.
Im März 1997 endete offiziell die Mission
Harald Krüger: Vorstoß ins Sonnensystem
Teil 1: Die erdähnlichen Planeten
Teil 2: Die Gasriesen, ihre Monde und die Kleinkörper
von Pioneer 10, ihre letzten schwachen
August 2012
Funksignale wurden im Januar 2003 aus
September 2012
einer Entfernung von zwölf Milliarden
Manfred Gottwald: Reisen zu den Planeten
Teil 1: Die ersten Schritte
Kilometern aufgefangen. Das letzte Signal
Oktober 2012
von Pio­neer 11 war bereits Ende 1995 aus
November 2012
6,5 Milliarden Kilometern empfangen
Teil 3: Jenseits des MarsDezember 2012
worden. Jedes Jahr kommen die Sonden
Teil 2: Die Nachbarn der Erde
dem Rand des Sonnensystems näher, wo-
52
Dezember 2012
Sterne und Weltraum
Pioneer 11 lichtete
die südliche
Hemisphäre des
Jupiter im Dezember 1974 ab.
Eine schmale
NASA / University of Arizona
Uranussichel
erschien im
NASA / JPL / USGS
Gesichtsfeld von
Voyager 2, als die
Sonde den Eisriesen
im Januar 1986
passierte.
Helle Zirruswolken
in der oberen
Atmosphäre von
Neptun fotografier­
te die Raumsonde
Voyager 2 im
bei Pioneer 10 einen Weg zum Sternbild
Die Hülle der »Goldenen Platte«, die an
Stier eingeschlagen hat, während sich Pio­
Bord beider Voyager-Sonden montiert
neer 11 in entgegengesetzter Richtung be-
ist. Auf ihr befinden sich Symbole als
wegt und im Sternbild Schild zu finden ist.
Anleitung zum Abspielen der Platte.
NASA
NASA / JPL
August 1989.
Als Hinweis auf ihren Ursprung führen sie
jeweils eine Plakette mit sich, welche die
Lage und Mitglieder des Sonnensystems,
Voyager-Sonden waren deutlich leistungs-
tem um Jupiter. Der ähnlich verlaufende
den Ursprung der Sonden, ein Wasserstoff-
fähiger als ihre Vorgänger, und besonderes
Vorbeiflug von Voyager 2 erfolgte im Juli
atom mit Informationen zur Entschlüsse-
Augenmerk legten die Wissenschaftler auf
1979 mit etwas unterschiedlichen Abstän-
lung der Plakette sowie eine Darstellung
hoch aufgelöste Bilder der Planeten und
den zu den Monden.
einer Frau und eines Mannes enthält.
Nach dem Erfolg von Pioneer bei Ju-
ihrer Monde während der Vorbeiflüge.
Die später gestartete Sonde Voyager 1
Jupiter kam Voyager 1 im Saturnsystem
piter schickte die NASA im August und
wählte einen kürzeren Weg zu Jupiter und
an, Voyager 2 folgte im Sommer 1981. Die
September 1977 ein weiteres Sondenpaar
erreichte ihn bereits im März 1979 (siehe
übermittelten Einblicke bei Jupiter und
in die äußeren Bereiche des Sonnensys­
Kasten auf S. 54). Innerhalb von zwei Ta-
Saturn übertrafen alle Erwartungen, vor
tems – Voyager 1 und 2. Die seltene An-
gen passierte sie in einem Abstand von
allem die Monde erwiesen sich als mindes­
ordnung von Jupiter, Saturn, Uranus und
280 000 Kilometern den Gasriesen sowie
tens ebenso interessant wie ihr jeweiliger
Neptun in der Ekliptik ermöglichte es mit
mehrere Trabanten, darunter Io mit einer
Mutterkörper. Die Entdeckungen reichten
Hilfe von Swing-by-Manövern, erstmals
größten Annäherung auf 20 500 Kilome-
von aktivem Vulkanismus auf Io bis hin
zu den noch nicht besuchten Eisriesen
ter. Ein überraschendes Ergebnis von
zur Möglichkeit eines Ozeans unterhalb
Uranus und Neptun vorzustoßen. Beide
Voyager 1 waren Hinweise auf ein Ringsys­
einer mächtigen Eiskruste auf Europa.
www.sterne-und-weltraum.de
20 Monate nach dem Vorbeiflug an
Dezember 2012
53
Flüge zu den Gasplaneten
D
as Reich der Gasriesen Jupiter, Saturn,
Uranus und Neptun wurde erstmals in
Pioneer 10 und 11
1973 / 1974
den frühen 1970er Jahren von Objekten aus
Menschenhand betreten, als die US-Raum-
Ulysses
1992
Voyager 1 und 2
1979
sonden Pioneer 10 und 11 Jupiter erreich-
Galileo
1995 - 2003
ten und dicht an ihm vorbeizogen. Bislang
hat jede Raumsonde, deren Ziel jenseits des
Mars lag, ihre Aufgaben erfüllt, es gab keine
Fehlschläge. Alle stammten aus den USA
mit unterschiedlich starker internationaler
Beteiligung.
Cassini
2000
Eine besondere Pionierleistung erbrachten die beiden Voyager-Raumsonden, die
1977 gestartet wurden. Einer von ihnen,
Voy­ager 2, gelang es wegen einer besonderen Stellung der äußeren Planeten zueinander, alle vier Gasplaneten zu besuchen
und sie erstmals im Detail zu erkunden.
Zu Uranus und Neptun sind seitdem keine
weiteren Sonden mehr vorgedrungen, und
es gibt auch keine derartigen Planungen.
Im Fall von Jupiter und Saturn wurden
die mit den Vorbeiflügen gewonnenen
Erkenntnisse bereits vertieft. Von 1995 bis
2003 erkundete die Sonde Galileo aus einer
Umlaufbahn Jupiter und seine Monde und
Mitte 2004 schwenkte die Raumsonde
Cassini in eine Umlaufbahn um Saturn ein.
JUICE
2030
Ihre Mission soll noch bis 2017 andauern.
Juno
2016
New Horizons
2007
Alle noch aktiven Raumsonden sind grün
beschriftet.
Für Voyager 1 folgten keine weiteren
ter von der Erde entfernt erscheint unser
durchstößt, dies dürfte jedoch etwas
Planetenbesuche mehr. Die Ablenkung
Heimatplanet nur noch als ein schwacher
später stattfinden, da sich Voya­ger 2 etwa
im Gravitationsfeld von Saturn führte
23 Astronomische Einheiten hinter ihrer
die Sonde über die Ekliptik in den in-
blassblauer Punkt im All.
Die Bahn von Voyager 2 erlaubte dage-
terplanetaren Raum, mit dem Ziel, die
gen die erste Begegnung mit Uranus, bei
Zwillingssonde befindet.
Wie die Pioneer-Sonden, so führen auch
Heliopause zu bestimmen, das heißt die
der die Sonde dem Planeten und seinem
die beiden Voyager-Sonden Nachrichten
Grenze des Sonnensystems, wo das Ma-
Mond Miranda auf weniger als 100 000
von der Erde mit, diesmal auf einer 30 Zen-
gnetfeld der Sonne und der Sonnenwind
Kilometer nahe kam (siehe Bild auf S. 53
timeter großen vergoldeten Kupferplatte,
auf das interstellare Medium treffen. Vo-
oben rechts); danach passierte sie im
die sich wie eine klassische Schallplatte
yager 1 ist mit einer Entfernung von der-
Sommer 1989 Neptun und seine Monde.
abspielen lässt (siehe Bild auf S. 53 unten
zeit 123 Astronomischen Einheiten das
Hier erzielte Voyager 2 den geringsten
rechts). Neben einer Bedienungsanleitung
am weitesten entfernte künstliche Objekt
Abstand aller Vorbeiflüge, nur 4800 Kilo-
auf ihrer Hülle enthält jede Platte eine
und bewegt sich von der Erde aus gesehen
meter trennten das Raumfahrzeug von
Auswahl an Abbildungen aus dem Son-
im Sternbild Schlangenträger. Die NASA
der Obergrenze der Planetenatmosphäre
nensystem, von irdischen Szenen und des
hofft, in den Messdaten, die noch bis zum
(siehe Bild auf S. 53 Mitte). Schließlich flog
menschlichen Lebens, natürlichen und
geplanten Ende der Mission im Zeitraum
die Sonde beim Verlassen des Neptun-
künstlichen Geräuschen. Des Weiteren
von 2020 bis 2025 eintreffen, eindeutige
systems dicht an dessen größtem Mond
befinden sich auf der Platte Beispiele von
Hinweise auf den Eintritt in die Heliopau-
Triton vorbei. Abgelenkt in den Bereich
Musik aus unterschiedlichen Zeiten und
se zu finden.
südlich der Eklip­tik bewegt sich Voya-
Kulturkreisen sowie gesprochene Grüße
Im Februar 1990 gelang Voyager 1 ein
ger 2 nun ebenfalls weiter in Richtung
von Erdbewohnern. Als eine Art Uhr wurde
Gruppenfoto des Sonnensystems, das die
der Grenze des Sonnensystems. Wie bei
eine Markierung aus Uran-238 aufgebracht,
Erde als »Pale Blue Dot« zeigt (siehe SuW
Voyager 1 hoffen die Forscher der NASA
aus deren Zerfall sich bei bekannter Halb-
12/2005, S. 20). Sechs Milliarden Kilome-
darauf, dass die Sonde die Heliopause
wertszeit der Startzeitpunkt ermitteln lässt.
54
Dezember 2012
Sterne und Weltraum
Pioneer 11
1979
Voyager 2
1986
Voyager 1 und 2
1980 / 1981
Cassini
2004 - 2017
Voyager 2
1989
Bilder Planeten: NASA / JPL-Caltech / SSI / STScI; Bilder Raumsonden: NASA / ESA
Orbiter erkunden Jupiter und Saturn
Rundstrahlantennen ausweichen, konn-
Dienst. Der Orbiter trat einen Tag später in
ten aber durch Änderungen der Bord-
Bereits früh existierten Konzeptstudien
software sowie der Empfangsanlagen im
eine Umlaufbahn um Jupiter ein.
In den nachfolgenden acht Jahren – die
mit dem Ziel, sowohl Jupiter als auch
Deep Space Network den größten Teil des
ursprünglich auf zwei Jahre ausgelegte
Saturn über längere Zeiträume hinweg
Mission wurde mehrmals verlängert –
aus Umlaufbahnen zu untersuchen. Als
beabsichtigten Programms verwirklichen.
Als im Jahr 1994 die Fragmente des
erstes ließ sich die Mission Galileo ver-
Kometen Shoemaker-Levy 9 in die At-
(siehe Bild auf S. 56). Diese waren lang-
wirklichen, ein mehrjähriger Flug zum Ju-
mosphäre von Jupiter stürzten, befand
gezogene Ellipsen, welche die Sonde im
pitersystem, die neben dem eigentlichen
sich Galileo in günstiger Position, um die
jupiterfernsten Teil ihrer Bahn bis zu zehn
Orbiter auch eine Atmosphärenkapsel
von der Erde aus nicht direkt sichtbaren
Millio­nen Kilometer in den interplane-
beinhaltete. Beim Start im Oktober 1989
Einschläge zu dokumentieren. Wenige
taren Raum beförderten. Sie erlaubten
war Galileo nicht nur eine der komple-
Monate vor Erreichen des Riesenplaneten
Untersuchungen der ausgedehnten Ma-
xesten interplanetaren Sonden der NASA,
wurde die Atmosphärenkapsel abgetrennt.
gnetosphäre. In Jupiternähe untersuchte
es wartete auch ein sehr ambitioniertes
Zusammen mit dem Orbiter näherte sie
Galileo dagegen die inneren Monde bei
wissenschaftliches Programm auf seine
sich dem Planeten, bevor sie am 7. Dezem-
dichten Vorbeiflügen. Im Falle von Io
Durchführung. Die Flugbahn erforderte
ber 1995, gebremst durch Hitzeschild und
bedeutete dies, bis weit in die starken
drei Swing-by-Manöver, davon zwei an der
Fallschirm, in die Atmosphäre eintauchte.
Jupiter-Strahlungsgürtel
Erde sowie eins an der Venus. Während
Sie funkte von ihrem Abstieg 58 Minuten
und zu riskieren, dass die Sonde durch die
der interplanetaren Anreise zeigte sich ein
lang Daten über die lokalen Verhältnisse in
hohe Strahlendosis versagt. Erst als die
gravierender Fehler: Die Hauptantenne
den obersten Schichten der Jupiteratmo-
eigentlichen Missionsziele erreicht waren,
zur Übertragung der enormen Datenmen-
sphäre. In einer Tiefe von 150 Kilometern
näherte sich Galileo in einer Missionsver-
gen hatte sich nicht wie geplant entfaltet.
unterhalb der Atmosphären­obergrenze
längerung den Monden Io und Europa bis
Die Missionskontrolleure mussten auf die
versagte die Kapsel schließlich ihren
auf wenige 100 Kilometer an.
www.sterne-und-weltraum.de
absolvierte er 35 Umläufe um Jupiter
vorzudringen
Dezember 2012
55
Im Jahr 2002 ließen sich die Strahlungsschäden nicht mehr kompensieren;
das Abschalten der Kamera leitete das allmähliche Ende von Galileo ein. Endgültig
verstummte der Orbiter im September
2003, als er mit einem letzten Schubmanöver kontrolliert in die Atmosphäre
Jupiters gelenkt wurde. Galileo hinterließ
NASA / JPL / Cornell University
jeder nachfolgenden Jupitermission ein
schwer zu übertreffendes reichhaltiges
Erbe. Derzeit befindet sich die US-Raumsonde Juno im Anflug auf Jupiter und soll
dort im Jahr 2016 ankommen. Die Sonde
wird vor allem die Atmosphäre und das
Magnetfeld des Gasriesen erforschen. Die
Europäische Raumfahrtbehörde ESA plant
Die Raumsonde Galileo beobachtete den Großen Roten Fleck im nahen
für das Jahr 2022 den Start der Sonde JUI-
Infraroten. Die dunklen Gebiete sind tief liegende Wolken, rosa Farbtöne
CE. Der »JUpiter ICy moon Explorer« soll
stehen für dünnen, hohen Dunst und weiße Flächen für hohe, dichte Wolken.
ab 2030 vor allem die großen eishaltigen
Monde Europa, Ganymed und Kallisto im
Detail erkunden.
Zwei kurze irdische Besuche sind eine
Erwähnung wert: Zwischen Oktober 2000
und März 2001 passierte die Saturnsonde
Cassini/Huygens Jupiter auf ihrem Weg
zum Ringplaneten und erhielt dort den
nötigen Gravitationsschwung (siehe Bild
links). Ein weiterer Vorbeiflug ereignete
sich Anfang 2007 in 2,3 Millionen Kilometer Entfernung, als die Sonde New Horizons
mit der Schwerkraftunterstützung Jupiters
auf ihre endgültige Bahn in Richtung des
Zwergplaneten Pluto gelenkt wurde.
Um das Saturnsystem ähnlich detailliert zu studieren, startete die NASA
zusammen mit der ESA Ende 1997 die
Mission Cassini/Huygens. Sie war wie Galileo ein interplanetares Schwergewicht,
was nicht nur ihre Masse, sondern auch
den Umfang ihrer Instrumentierung betrifft. Die Sonde bestand beim Start aus
dem Orbiter Cassini und der Landesonde
Huygens, deren Ziel der Trabant Titan war.
Er ist der einzige Mond im Sonnensystem,
der von einer dichten Atmosphäre umgeben ist.
Cassinis
interplanetare
Flugbahn
führte zweimal an Venus, einmal an der
Erde und einmal an Jupiter vorbei, bis sie
den Weg in Richtung Saturn einschlagen
konnte. Im Juli 2004 erreichte die SonNASA / JPL / SSI
de das Saturnsystem und begann kurz
danach ihre vierjährige Primärmission,
die ähnlich wie bei Galileo aus weiten
elliptischen Umläufen bestand, deren saturnnahe Segmente enge Vorbeiflüge an
Aus einer Entfernung von zehn Millionen Kilometern gelang der Raumsonde
Cassini/Huygens im Dezember 2000 eine der bislang besten Gesamtaufnah-
Monden beinhalteten.
Die Huygens-Landekapsel wurde im
men des Jupiter.
Dezember 2004 abgesetzt, die daraufhin
56
Dezember 2012
Sterne und Weltraum
NASA / JPL / SSI
So präsentierte sich der Ringplanet Saturn
Mitte Januar 2005 in die Atmosphäre von
Unser Verständnis von den beiden Gas-
Titan eintauchte und auf dessen Oberflä-
riesen hat sich nach jahrelanger Beobach-
der Raumsonde Cassini zur Zeit der
che weich aufsetzte. Insgesamt 3,6 Stunden
tung aus nächster Nähe grundlegend ge-
Tagundnachtgleiche im Jahr 2009, die nur
lang – davon 70 Minuten von der Oberflä-
ändert. Wir besitzen nun Einblicke in die
alle 15 Erdjahre eintritt. Auf diesem Bild
che – übermittelte die Kapsel ihre Daten
Dynamik ihrer Atmosphären und wurden
werden die Ringe nur durch reflektiertes
an den Orbiter, der sie an die Bodensta­tion
mit reichhaltigen Informationen versorgt,
Licht vom Planeten beleuchtet.
weiterleitete, bevor er außer Sichtweite
um aus den obersten Schichten auf das In-
von Huygens gelangte. Große Radiotele-
nere der Planeten zu schließen. Als ebenso
skope auf der Erde empfingen sogar noch
interessant erwiesen sich ihre Monde.
für weitere zwei Stunden die Trägerwelle
von Huygens! Sowohl beim Abstieg als
auch nach der Landung erlaubten die dabei
gewonnenen Aufnahmen erste Blicke in
eine bisher vollkommen unbekannte Welt.
Beinahe wäre die Huygens-Mission
fehlgeschlagen, da wegen eines Designfehlers der Dopplereffekt als Folge der
relativen Bewegung zwischen Kapsel und
Orbiter nicht korrekt berücksichtigt worden war, was letztlich den Datentransfer
via Cassini-Orbiter verhindert hätte. Dies
erkannten die Missionskontrolleure erst
in einem Test während der interplanetaren Flugphase und konnten später die
Mission durch ein Anheben der Bahn des
Orbiters beim Überflug von Titan retten.
Zwischen 2008 und 2010 absolvierte
Cassini eine erste Verlängerung, die so
genannte Equinox-Mission, da in diesem
Zeitraum Saturn die Tagundnachtgleiche
durchlief (siehe Bild oben). Derzeit läuft
NASA / JPL / SSI
eine weitere Verlängerung, die bis 2017
reichende Solstice-Mission, bei deren
Ende die Nordhalbkugel des Ringplaneten
die Sommersonnenwende erleben wird.
Sollte dies gelingen, wäre Cassini eine der
am längsten funktionierenden Raumson-
Der Saturnmond Titan steht in dieser Seitensicht des Ringsystems im
den in der Geschichte der interplanetaren
Vordergrund. Rechts zeigt sich der kleine Mond Enceladus vor der Planeten-
Raumfahrt.
scheibe unterhalb der Ringebene.
www.sterne-und-weltraum.de
Dezember 2012
57
Flüge zu Kometen
International Cometary Explorer
(ICE)
S
ieben Kometen bildeten bislang das
Ziel von Raumsonden, und jeder dieser
Giotto
Vorbeiflüge an einem Schweifstern war erfolgreich. Den Auftakt machte im Jahr 1985
die US-Raumsonde ICE, die den Schweif
des Kometen Giacobini-Zinner durchflog.
Sehr viel mehr Aufmerksamkeit erregte der
berühmte Komet Halley, der bei seiner Wie-
Grigg-Skjellerup
1992
derkehr 1986 gleich von sechs Raumsonden
unter die Lupe genommen wurde. Dabei ge-
Giacobini-Zinner
1985
langen der europäischen Sonde Giotto die
eindruckvollsten Bilder des Kometenkerns.
Nach den Vorbeiflügen an Halley dau-
Giotto
erte es rund 15 Jahre, bis wieder eine Sonde
einen Kometenkern im Detail erkundete.
Es war die Raumsonde Deep Space 1, die
am Kometen Borelly vorbeiflug. Ihr folgte
Vega 1 und 2
Stardust, die im Jahr 2004 erstmals Proben
vom Kometen Wild 2 einfing und zwei Jahre
später sicher zur Erde brachte.
Spektakulär war der Vorbeiflug der
Sonde Deep Impact am Kometen Tempel 1 im Juli 2005. Sie hatte vorher einen
ICE
Impaktor von der Größe eines Kühlschranks
Halley
1986
abgesetzt, der mit gro­ßer Wucht mit dem
Kometenkern kollidierte (siehe Bild auf
S. 60 unten). Derzeit ist die europäische
Sonde Rosetta auf dem Weg zum Kometen
Tschurjumow-Gerasimenko, den sie Mitte
Sakigake und Suisei
2014 erreichen wird.
Bilder Kometenkerne: NASA; Komet Giacobini-Zinner: Michael Jäger; Komet Grigg-Skjellerup: Jesper Storm; Bilder Raumsonden: NASA / ESA / JAXA
Vor allem das Vorhandensein flüssigen
Überresten seiner Entstehung, betrachtet
intensive Planun­gen aus, die in Vorbeiflü-
Wassers als Voraussetzung für die Ent-
werden. Wegen der unterschiedlichen
gen von fünf weiteren Sonden mündeten.
wicklung einfacher Lebensformen erregte
Natur der Objekte, beispielsweise sich
Zunächst schickte die UdSSR ihre Vega-
großes Interesse. Im Jupitersystem finden
schnell bewegende Kometenkerne oder
Sonden nach Absetzen der Lander und der
wir es womöglich auf Europa, Kallis­to und
unregelmäßig geformte Asteroiden mit
Ballone bei Venus auf den Weg zu Halley
Ganymed in Form von subkrustalen Ozea­
geringer Masse, besitzt jede Mission ihre
(siehe SuW 11/2012, S.44). Sie trafen Anfang
nen. Saturns Kandidaten sind der Mond
eigenen
März 1986 als eine Art Vorhut am Kometen
Enceladus mit seinen kryovulkanischen
standen die Kleinkörper schon frühzei-
ein, näherten sich ihm bis auf etwa 8500
Aktivitäten oder auch Titan mit einem
tig auf der Agenda der interplanetaren
Kilometer und charakterisierten dabei sei-
möglichen Ozean unterhalb seiner Kruste.
Raumfahrt, doch erst in den 1980er Jahren
nen Kern und seine Umgebung. Besonders
wagten es die Raumfahrtbehörden, den
gespannt warteten die Kometenforscher
Weg zu solchen Zielen einzuschlagen.
Es begann mit der eigentlich zur Erfor-
auf Giotto, die Halley-Mission der ESA.
Bei den Flügen zu unseren terrestrischen
schung des Sonnenwinds bestimmten Son-
von nur 600 Kilometern den Verlust des
Nachbarn oder den Gas- und Eisriesen
de ISEE-3, später in International Cometary
Raumfahrzeugs in Kernnähe, lieferte aber
zieht sich wie ein roter Faden die all-
Explorer (ICE) umbenannt. Sie durchflog
von dort viel detailreichere Bilder als die
mählich zunehmende Komplexität der
1985 nur 8000 Kilometer abseits vom Kern
russischen Sonden. Aus dem darin ur-
Missio­nen durch die Historie. Verbesserte
unbeschadet den Schweif des Kometen
sprünglich nur schemenhaft erkennbaren,
Technik, angesammelte Erfahrung sowie
Giacobini-Zinner und im darauf folgenden
sehr dunklen Kern extrahierte eine nach-
ehrgeizigere wissenschaftliche Ambitio­
Jahr den des Kometen Halley, diesmal je-
folgende Bildverar­bei­tung schließlich die
nen steigerten im Laufe der Zeit die Anfor-
doch in einer Entfernung von 28 Millionen
längliche Form mit erstaunlichen Einzel-
derungen an jede Sonde. Anders verhält es
Kilometern. Das bevorstehende Eindrin-
heiten der Oberfläche (siehe Bild oben).
sich, wenn die Unternehmungen zu den
gen von Halley in das innere Sonnensys­
Obwohl einige Instrumente, darunter
kleinen Körpern im Sonnensystem, den
tem löste bei vielen Raumfahrtagenturen
die Kamera, in unmittelbarer Nähe zum
Flüge zu den kleinen Körpern des Sonnensystems
58
Dezember 2012
Herausforderungen.
Deshalb
Sie riskierte mit einem Minimalabstand
Sterne und Weltraum
Wild 2
2004
Deep Space 1
Borelly
2001
Stardust
Stardust
Hartley 2
2010
Tempel 1
2005 / 2011
Deep Impact
Deep Impact
Kern irreparable Schäden erlitten, gelang
länglichen Objekt mit kraterbedeckter
es den Missionskontrolleuren der ESA,
Oberfläche. Eine ähnliche Form zeigte
Giot­to weiter unter Kontrolle zu halten.
zwei Jahre später der Asteroid Ida, als er
Sie steuerten die Sonde 1992 am Ende ihrer
in 2400 Kilometer Abstand in das Gesicht-
Mis­sion nochmals in die Nähe eines Ko-
feld von Galileo kam. Dabei entdeckten
meten. Aus einem Abstand von nur 200 Ki-
die Bildauswerter, dass der Asteroid von
lometern untersuchten die verbliebenen
einem nur 1,4 Kilometer großen Tra-
Sensoren den kurzperiodischen Schweif­
banten begleitet wird, der den Namen
stern Grigg-Skjellerup. Giotto war die erste
Dactyl erhielt.
eigenständige interplanetare Unterneh-
Auch Cassini/Huygens begegnete auf
mung Europas. Ebenso läutete Halley die
seinem Weg zu Saturn einem Mitglied
interplanetare Präsenz Japans ein, denn
des Asteroidenhauptgürtels. Es war das
Sakigake und Suisei, zwei identisch auf-
bis dahin relativ unbekannte Objekt Ma-
gebaute, jedoch unterschiedlich instru-
sursky, dessen Durchmesser sich trotz der
mentierte Sonden, analysierten aus sieben
beträchtlichen Entfernung von 1,6 Millio­
Millionen beziehungsweise 150 000 Kilo-
nen Kilometern auf 15 bis 20 Kilometer
metern das Umfeld des Kometen.
bestimmen ließ.
Asteroiden im Porträt
Asteroid Mathilde ein 2400 Kilometer
Die erste Nahaufnahme eines Asteroiden
entferntes Motiv der NEAR-Shoemaker
gelang der Jupitersonde Galileo im Okto-
Mis­sion gewesen. NEAR-Shoemaker steht
ber 1991, als sie auf ihrem Weg zwischen
für Near Earth Asteroid Rendezvous – der
Mars und Jupiter in 1600 Kilometer
Namenszusatz erinnert an den kurz zuvor
Entfernung an Gaspra vorbeizog, einem
verstorbenen Geologen und Astronomen
www.sterne-und-weltraum.de
Bereits im Sommer 1997 war der
Das aktuelle Raumfahrtjahr
mit Chronik 2012
Die spannende Welt der Raumfahrt.
in der zehnten Ausgabe des WeltraumKlassikers. Jetzt erschienen mit über
300 Seiten, vollständig in Farbe.
ISBN: 978-3-00-038886-6
für
16,90 €
Dezember
2012 59
jetzt erhältlich
auf www.vfr.de
www.amazon.de und im Buchhandel.
Ein großer Krater auf dem Asteroiden Eros
kleinen Objekts, er sollte aber hauptsäch-
erscheint hier in einer Falschfarbenaufnah-
lich Betriebsabläufe für ein Rendezvous
me. Die rötlichen Flächen zeigen gealtertes
mit dem Kometen Wild 2 im Jahr 2004
Gestein und Lockermaterial (Regolith), die
erproben.
blaugrauen dagegen relativ junge Gebiete.
Als Stardust dessen Hülle aus Gas und
Staub durchquerte, nahm sie mit einer
NASA / JPL / JHUAPL
speziellen Vorrichtung Partikel aus der
Gene Shoemaker. Dieses Raumfahrtunternehmen hatte erstmals einen Asteroi­den
letztlich aus deutlich größerer Entfernung
Koma auf. Dabei lieferte der Vorbeiflug aus
nur ein verwaschenes längliches Objekt
240 Kilometern das nächs­te Kometenport-
ablichtete. Erfolg­reicher verlief zwei Jahre
rät, in dem Wild 2 weniger langgestreckt
später die Begegnung mit dem Kometen
als Halley und Borrelly erscheint. Genau
Borrelly. Trotz der bereits fortgeschritte-
zwei Jahre später kam Stardust wieder der
nen Missions­­dauer funktionierten wei-
Erde nahe, um eine Rückkehrkapsel mit
terhin alle Instrumente einschließlich der
dem Kometenstaub abzusetzen. Sie ging
Kamera und lieferten 15 Jahre nach den
an einem Fallschirm auf einem Testgelän-
Vorbeiflügen an Halley erstmals wieder
de der amerikanischen Luftwaffe im US-
Bilder aus der Umgebung eines Kometen.
Bundesstaat Utah nieder, wo sie kurze Zeit
später sicher geborgen wurde.
zum Ziel, den erdnahen Eros. Die Mission
Proben von einem Kometen
sollte diesen kleinen Himmelskörper aus
Material eines Mitglieds des Planetensys­
somit entschied sich die NASA für eine
einer Umlaufbahn analysieren. Nach dem
tems aus Regionen jenseits des Mondes
Verlängerung des Unternehmens unter
1996 erfolgten Start, dem Vorbeiflug an
zur Erde zu bringen, war immer ein ehr-
dem Namen New Exploration of Tempel 1
Mathilde sowie einem Swing-By-Manöver
geiziges Anliegen der interplanetaren
(NExT). Anfang 2011 war ihr neues Ziel
an der Erde erreichte die Sonde Ende 1998
Raumfahrt. Zum ersten Mal gelang es im
erreicht, der Komet Tempel 1, der bereits
Eros.
vergangenen Jahrzehnt. Zunächst schickte
2005 Besuch von der Mission Deep Impact
Die Sonde funktionierte weiterhin,
Der geplante Einschuss in den Aste­
die NASA Anfang 1999 die Sonde Stardust
erhalten hatte, die einen 370 Kilogramm
roiden­orbit schlug fehl, da die Sonde
in den Asteroidengürtel zum Kleinpla-
schweren Impaktor auf den Kometenkern
kurzzeitig außer Kontrolle geriet. Im
neten Annefrank. Der Vorbeiflug mehr als
aufprallen ließ (siehe SuW 7/2012, S. 42).
folgen­den Jahr bewegten sich das Raum-
drei Jahre später in einer Distanz von 3000
Der Impaktor übermittelte dabei Detail­
fahrzeug und der Asteroid auf ähnlichen
Kilometern lieferte erste Bilder dieses
aufnahmen der Kometenoberfläche bis
heliozentrischen Bahnen, und ein Jahr
später im Februar 2000, als sich diese
kreuzten, gelang das Orbitmanöver. Bis
Februar 2001 untersuchte NEAR-Shoe­
maker Eros aus unterschiedlichen Höhen
von weniger als 200 Kilometern und
kartierte dessen Oberfläche genau (siehe
Bild oben). Zum Missionsende riskierte
die NASA einen langsamen Abstieg zur
Oberfläche mit einer weichen Landung als
unerwartetem Höhepunkt. Überraschend
setzte die Sonde am 12. Februar 2001 tatsächlich sanft mit einer Geschwindigkeit
von nur 1,8 Metern pro Sekunde auf und
übermittelte 16 Tage lang Daten über die
Beschaffenheit der Asteroidenoberfläche.
Mit Deep Space 1 schickte die NASA im
Oktober 1998 eine interplanetare Sonde
zum Marskreuzer (9969) Braille, die neben
wissenschaftlichen Untersuchungen auch
NASA / JPL-Caltech / UMD
neue Technologien testen sollte. Insbesondere wurde erstmals ein Ionentriebwerk während eines lang andauernden
Raumflugs eingesetzt. Deep Space 1 traf
im Juli 1999 auf Braille und passierte ihn
in einem Abstand von nur 26 Kilometern.
Allerdings versagte die automatische
Nachführung der Kamera bei der dich-
Nach dem Auftreffen des Impaktors der Sonde Deep Impact am 4. Juli 2005
testen Annäherung, so dass die Sonde
leuchtete der Komet Tempel 1 am Ort der Kollision in gleißendem Licht auf.
60
Dezember 2012
Sterne und Weltraum
Die Ankunft der japanischen Raumsonde
Hayabusa erfolgte am 13. Juni 2010 über
Australien und wurde von einem NASAForschungsflugzeug beobachtet. Während
die Sonde verglühte, setzte die Rückkehrkapsel, der separate helle Punkt rechts,
NASA
ihren Weg zum Boden fort.
kurz vor dem Einschlag, während die
schließlich den Heimweg in Richtung Erde
Reihe von Anomalien begleitet, in deren
vorbeifliegende Muttersonde das Ereignis
antreten. Bereits während der Reise zu
Verlauf der kleine Lander verloren ging.
aus sicherer Entfernung ablichtete (siehe
Itokawa fiel ein Teil der Solarzellen wegen
Ein erstes Aufsetzen Hayabusas gelang
Bild links unten). Aus dem Ablauf der Er-
starker solarer Aktivität aus, wodurch sich
am 19. November, obwohl die von der
eignisse ließen sich Rückschlüsse auf die
wegen Energiemangel die Reisegeschwin-
Sonde übermittelten Informationen dies
Struktur des Kometen ziehen.
digkeit des mit einem Ionentriebwerk
zunächst nicht anzeigten – das kontrol-
ausgerüsteten Fahrzeugs verringerte.
lierte Probeneinsammeln schlug jedoch
Sechs Jahre später sollte Stardust-NExT
den künstlichen Einschlagkrater genauer
Hayabusa erreichte sein Ziel verspä-
inspizieren, außerdem wollten die Kome-
tet im September 2005 bei einem fixen
Am 25. November erfolgte ein zweiter
tenforscher aus dem Erscheinungsbild
Rückreisetermin im November. Zunächst
Abstieg, wiederum mit unklarem Ablauf,
von Tempels Oberfläche in den Jahren
untersuchte die Sonde die Oberfläche
was die Aufnahme von Material betrifft.
2005 und 2011 generelle Veränderungen
des Asteroiden, um einen geeigneten Ort
Trotzdem gelangten in beiden Fällen Par-
des Kometenkerns durch die Einwirkung
für den Abstieg zu finden. Dieser begann
tikel der Oberfläche in das Probengefäß
der Sonnenstrahlung untersuchen. Da
Anfang November, war jedoch von einer
der Rückkehrkapsel. Anschließend verließ
fehl.
auch Deep Impact im Jahr 2005 seinen
Vorbeiflug an Tempel 1 unbeschadet
überstanden hatte, schickte die NASA die
Sonde weiter zum Kometen Hartley 2, den
sie im November 2010 in 700 Kilometer
Entfernung passierte. Obwohl dieser den
kleinsten aller bisher untersuchten Kerne
besitzt, erwies er sich als extrem aktiv,
denn in seiner Umgebung ließen sich Jets
aus Eis und Kohlendioxid beobachten, die
zentimetergroße Kometenpartikel ausstießen (siehe Bild auf S. 59).
Die Odyssee von Hayabusa
Eine der wohl ungewöhnlichsten interplanetaren Reisen hat die japanische Sonde
Hayabusa hinter sich. Das ursprünglich
geplante Treffen mit dem Erd- und MarsESA 2010, MPS für OSIRIS-Team
bahnkreuzer Nereus entfiel wegen einer
Startverzögerung; als Ersatz wählte die
japanische Raumfahrtbehörde JAXA den
zur gleichen Asteroidenklasse zählenden
Itokawa aus, ein nur etwa 550 3 300 3
200 Meter großes, längliches Objekt.
Dort sollte Hayabusa nach ihrem Start
im Jahr 2003 einen winzigen Lander absetzen, danach selber auf dem Asteroi­
So erschien der Asteroid Lutetia im Juli 2010 bei der größten Annäherung der
den niedergehen, mit einer Vorrichtung
Raumsonde Rosetta aus einem Abstand von 3160 Kilometern. Der Himmels-
Oberflächenmate­rial
körper ist etwa 100 Kilometer lang.
einsammeln
www.sterne-und-weltraum.de
und
Dezember 2012
61
2015 geplant. Das danach vorgesehene,
mindestens fünf Monate dauernde Beob­
achtungsprogramm ähnelt demjenigen
bei Vesta. Das heißt, Dawn hält sich in
einer niedrigen Umlaufbahn mit ausreichend Zeit für wissenschaftliche Untersuchungen auf.
Fast zeitgleich wird ein weiterer Zwergplanet von einer interplanetaren Sonde
besucht werden, nämlich Pluto mit seinem Mond Charon. Beide erwarten im
Sommer 2015 den Vorbeiflug der 2006
gestarteten Sonde New Horizons. Nach
gegenwärtiger Planung passiert New HoNASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR / IDA
rizons Pluto im Abstand von 10 000 Kilometern, die Entfernung zu Charon wird
etwa 27 000 Kilometer betragen.
Danach nimmt die Sonde Kurs auf den
Kuipergürtel in der Hoffnung, wenigstens eins seiner eisigen Mitglieder im
Zeitraum von 2016 bis 2020 besuchen zu
können. Da die heliozentrische Geschwindigkeit von New Horizons ausreicht, das
Sonnensystem zu verlassen, wird sie zusammen mit den Sonden Pio­neer 10 und
Diese Aufnahme der nördlichen Hemisphäre von Vesta lichtete die US-Raum-
11 sowie Voyager 1 und 2 als Bote unserer
sonde Dawn im Juli 2011 ab, sie befand sich zu diesem Zeitpunkt 5200 Kilo-
Zivilisation schließlich den interstellaren
meter von ihr entfernt. Vesta misst rund 530 Kilometer im Durchmesser.
Raum erreichen.
Hayabusa den Asteroiden und kehrte mit
den ist, wird außerdem das Landegerät
Manfred Gottwald
stark beeinträchtigten Subsys­temen zur
Philae abgesetzt, das die Oberfläche vor
arbeitet am Institut für
Erde zurück. Im Juni 2010 endete die Mis-
Ort analysiert. Seit dem Start durchlief
Methodik der Ferner-
sion mit der weichen Landung der Rück-
Rosetta bereits alle nötigen Swing-by-
kundung des DLR, wo
kehrkapsel, in deren Probenbehälter sich
Manöver an Erde und Mars, die Flugbahn
er für den Betrieb des
tatsächlich etwa 1500 winzige Teilchen
ermöglichte nebenbei Begegnungen mit
Atmosphäreninstruments
fanden, von denen die meisten von Itoka-
zwei Asteroi­den, nämlich im Jahr 2008
SCIAMACHY zuständig
wa stammen (siehe Bild auf S. 61).
mit dem Objekt Šteins und 2010 mit dem
Im Umlauf um einen Schweifstern
Kleinplaneten Lutetia.
Mit einem Durchmesser von mehr
ist. Er promovierte über
Gammaastronomie am Max-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik (MPE) und war an
als 100 Kilometern war Lutetia zum Zeit-
wissenschaftlichen Weltraummissionen bei
Nach dem Erfolg der ESA mit Giotto
punkt des Vorbeiflugs der größte jemals
der ESA und am MPE beteiligt.
reiften rasch Pläne, einen Kometen ge-
besuchte Kleinplanet (siehe Bild auf S. 61).
nauer zu studieren. Daraus entwickelte
Dies änderte sich im Juli 2011, als die
sich Rosetta, eine Sonde zur Untersu-
Sonde Dawn, angetrieben durch einen Io-
chung des Kometen 67P/Tschurjumow-
nenmotor sowie unterstützt durch einen
Gerasimenko aus einer nahen Umlauf-
Vorbeiflug an Mars, nach einer vier Jahre
bahn – das anfängliche Ziel, der Komet
dauernden Anreise bei Vesta, einem der
46P/Wirtanen, musste wegen einer Start-
mit mehr als 530 Kilometer Durchmesser
verzögerung aufgegeben werden. Rosetta
größten Asteroiden, ankam. Sie analy-
wird 67P Mitte 2014 erreichen und ihn bis
sierte Vesta aus unterschiedlichen Bahn-
Ende 2015 in das Innere des Sonnensys­
höhen mit zahlreichen Instrumenten bis
tems begleiten. Dort soll sie den Über-
September 2012 (siehe Bild oben).
gang des Kometenkerns in die aktive
aus seiner Oberfläche hervorbrechen und
Auf dem Weg zu den Zwergplaneten
die Koma und den Schweif des Kometen
Im September 2012 begab sich Dawn auf
aufbauen. Sobald mit Hilfe ihrer Bild-
seinen weiteren Weg zum Zwergplaneten
daten eine geeignete Landestelle gefun-
Ceres. Die Ankunft bei ihm ist für Anfang
Phase dokumentieren, bei der Gasströme
62
Dezember 2012
Literaturhinweise
Bond, P.: Exploring the Solar System,
Cambridge University Press, Cambridge
2012
Harvey, B.: Russian Planetary Exploration: History, Development, Legacy and
Prospects, Springer Praxis Books, 2006
Lang, K. R.: The Cambridge Guide to
the Solar System. Cambridge University
Press, Cambridge 2011
Weblinks zum Thema finden Sie unter
www.sterne-und-weltraum.de/artikel/
1168807
Sterne und Weltraum
Die Geschenkidee* für
junge Wissenschaftler!
* Spektrum
jetzt auch im Abo:
Für alle Kinder zwischen 10 und 14 Jahren,
die nicht nur das »Was«, sondern
auch das »Wie« und »Warum« interessiert
.
4 Ausgaben für nur € 5,50 pro Hef t.
(Das Abo ist jederzeit kündbar)
Als Dank für Ihre Bestellung erhalten
Sie ein Präsent Ihrer Wahl!
Bestellen Sie jetzt für Ihr Kind!
www.sterne-und-weltraum.de
www.spektrum-neo.de/abo
Dezember 2012
63
Herunterladen