Spectrum Mit Ökologie und Schießstand

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Polizeisportanlage
Dampfschiffhaufen
1220 Wien, Österreich
© Richard Fritze
Mit Ökologie und Schießstand
SAMMLUNG
Mächtig, aber ruhig liegt es am Wasser: das neue Klubhaus, das MartinTreberspurg
für den Wiener Polizeisportverein errichtet hat - ein Stück ökologischer
Funktionalismus an der Alten Donau
ARCHITEKTIN
Spectrum
Martin Treberspurg
BAUHERRIN
BIG
von Judith Eiblmayr
Es ist zirka 130 Jahre her, daß in Wien die kaiserlichen Schiffmühlen am rechten Ufer der
Donau in Betrieb waren und etwas flußabwärts die Dampfschiffe der
Donaudampfschiffahrtsgesellschaft anlegten. Der Donaustrom floß noch in seinem alten
Bett, die "Colonie Kaisermühlen" war mit den Praterauen verbunden und gehörte zum
zweiten Wiener Gemeindebezirk. Erst durch die Donauregulierung (1870 bis 1875) wurde
Kaisermühlen zu einem Teil Transdanubiens und durch seine exponierte Lage zwischen
Altarm, neuem Donaubett und Kaiserwasser ein interessanter Standpunkt für die
wasserintensive Industrie wie Färbereien und Wäschereien oder für die Eisgewinnung.
Dementsprechend wurde Kaisermühlen in der Gründerzeit als Rasterviertel mit Fabriken
und Wohnhäusern, ergänzt durch Kirche und Schule, angelegt.
STATIK
Richard Fritze
LANDSCHAFTSPLANUNG
Maria Auböck
FUNKTION
Sport, Freizeit und Erholung
PLANUNG
1999
AUSFÜHRUNG
1999 - 2001
MITARBEIT PLANUNG
Wie in dem kürzlich bei Bohmann erschienenen, von Gernot Ladinig herausgegebenen
Buch "Die Alte Donau" anschaulich beschrieben ist, nahm gleichzeitig die hohe Wiener
Bäderkultur ebendort ihren Ausgangspunkt. Im Jahre 1907 wurde das Gänsehäufel, das
um die Jahrhundertwende auf Initiative des legendären Florian Berndl gegründet worden
war, zum ersten Strand-Großbad in Europa. Diese Tradition wurde im Roten Wien der
Zwischenkriegszeit mustergültig fortgesetzt, indem entlang der Alten Donau mehrere
Bäder errichtet wurden, betrieben von den Kultur- und Sportvereinen einzelner
Berufssparten oder Firmen. Seit damals befinden sich zum Beispiel auf dem
Dampfschiffhaufen, einer Halbinsel südlich des Gänsehäufels, wo einst die Donaudampfer
anlegten, unter anderen das Straßenbahner-, das E-Werk- oder das Siemens-Bad und an
seinem nordwestlichen Ende das Polizeisportbad. Der sogenannte Polizeisteg bindet den
Dampfschiffhaufen für Fußgänger und Radfahrer an Kaisermühlen an.
Der Polizeisportverein betreibt nicht nur das Strandbad mit Öffentlichkeitsrecht, sondern
auch eine große Sportanlage, die für Wettkämpfe und die Ausbildung von Polizisten
benötigt wird. Da die zugehörigen Hütten für Garderoben und Klubräume, die seit dem
Zweiten Weltkrieg sukzessive im Eigenbau errichtet worden waren, baulich und funktional
nicht mehr entsprachen, entschloß man sich, diese abzureißen und durch ein
durchdachtes Stück Architektur ersetzen zu lassen. Man entschied sich für den Wiener
Architekten Martin Treberspurg, der für seine ökologieorientierten Konzepte bekannt und
mit dem Bauen in den Donauauen bereits vertraut war. Von ihm stammt in
Zusammenarbeit mit Georg Reinberg und Erich Raith die Planung für eine der ersten
http://www.nextroom.at/building.php?id=19313&sid=5134, 03.06.2017
Friedrich Mühling (PL), Michael Holzer,
Julius Cesar
WEITERE KONSULENTiNNEN
HSKL: KWI - Planungs- und
BeratungsgesmbH & Co KG
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Polizeisportanlage
genossenschaftlichen Reihenhaussiedlungen, die nach ökologischen Gesichtspunkten,
jedoch im finanziellen Rahmen der Wohnbauförderung in Stadlau errichtet wurde.
Treberspurg wurde seitens des Projektbetreibers, der Bundesimmobiliengesellschaft,
vertraut, gemeinsam mit Richard Fritze (Statik und örtliche Bauleitung) für den
Polizeisportverein ein modernes, jedoch auf die vorhandene Baukultur bezogenes
Bauwerk zu entwickeln. Er tat dies - selbstverständlich - mit einem Holzbau: Der
zweigeschoßige Baukörper ist in Holzleimbinderkonstruktion mit gedämmten Paneelen
errichtet und mit einer Stülpschalung aus unbehandeltem Lärchenholz versehen. Er steht
zwischen Alter Donau und der Längsseite des Fußballfeldes - an derselben Stelle wie das
alte Gebäude. Das einzige, was von diesem erhalten blieb, ist eine vor kurzer Zeit
erneuerte Kegelbahn, die frisch überbaut wurde.
Um dem 70 Meter langen Gebäude Leichtigkeit zu verleihen, ist es direkt an die
Wasserkante gesetzt, kragt drei Meter aus und wirkt dadurch wie über dem Wasser
schwebend. Gleichzeitig wird, vom anderen Ufer aus betrachtet, die Assoziation zu einem
Schiff geweckt, das mächtig, aber ruhig am Wasser liegt. Der Baukörper mit seiner
Nutzfläche von rund 1600 Quadratmetern ist in drei Längsabschnitte gegliedert, wodurch
ihm die Länge genommen wird. Eine mittige, breite Loggia auf beiden Etagen, die durch
eine Stiege verbunden sind, erzeugt Durchlässigkeit für Blick und Wind und bildet
gleichzeitig den zentralen, überdachten Außenraum. Von hier aus besteht über eine
Treppenanlage der direkte Zugang zum Wasser; außerdem werden die zwei
unterschiedlich genutzten Bauteile erschlossen. Im Südtrakt befinden sich
Mannschaftsräume, Büros und der Raum des Platzsprechers, im Nordtrakt die Kantine und
Schulungsräume. Jeder Trakt verfügt im ersten Obergeschoß über je einen Laubengang,
der hie über dem Wasser liegt und da auch als Zuschauergalerie bei einem Fußballspiel
dienen kann. Am oberen Ende des Gebäudes befindet sich die Kegelbahn, die man mit
einer tischartigen Konstruktion aus Stahlbeton überbaut hat, um im oberen Geschoß einen
geschlossenen Schießstand unterbringen zu können.
Das Haus, das auch im Winterbetrieb bestehen muß, funktioniert durch die Bauweise und
die großen Fensteröffnungen nach Südwesten als Niedrigenergiehaus. Die Speisung von
Heizung und Warmwasser aus Sonnenenergie ist zwar vorbereitet, die Sonnenkollektoren
fielen allerdings der "Kostendeckelung" des Bundes zum Opfer.
Nicht gespart wurde bei der Dachkonstruktion, einem flach geneigten Alu-KalZip-Dach, das
nicht über eine herkömmliche Hinterlüftung, sondern über eine Zwangsentlüftung des
Dachraumes verfügt: Ein Hauch genügt, um ein Windrad auf der Dachhaut in Bewegung
zu setzen, das wiederum einen Ventilator zur Absaugung der Warmluft unter dem Dach
betreibt.
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Polizeisportanlage
Seit die Kleingärten rund um die Alte Donau für ganzjähriges Wohnen genehmigt und teils
im Eigentum vergeben sind, beginnt eine rege Bautätigkeit einzusetzen.
Dies hat einerseits eine große Menge an 08/15-Mansardendach-Kleinhäusern in
Schönbrunnergelb oder Biedermeierblau, mit schmiedeeisernen Laternen dekoriert, zur
Folge. Andrerseits entsteht auch eine Reihe von Häusern, die sehr sensibel auf die
Kleinmaßstäblichkeit der Umgebung reagieren und durch die richtige Materialwahl und
Orientierung eine Integration im gewachsenen Grünraum erreichen. Es ist beruhigend, zu
sehen, daß in diesem heiklen Umfeld der Bund mit gutem Beispiel vorangeht und um eine
anspruchsvolle Architektur bemüht ist. Das Klubhaus des Polizeisportvereins, das im
Herbst fertiggestellt sein wird, wurde in bester Tradition dieses Haustypus geplant und
errichtet. Trotz seiner Größe ist dieses Gebäude im übertragenen Sinne kein trötendes
Dampfschiff, sondern vielmehr ein ruhendes Flaggschiff eines ökologischen
Funktionalismus, wie er an dieser (Anlege-)Stelle nicht besser passen könnte.
Spectrum, 26.08.2000
WEITERE TEXTE
Polizeisportanlage, Az W, 04.01.2006
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