Suedhang express 3-13

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Die Zeitschrift des Südhang | Ausgabe 3/13
Neue Wege
Suchtforschung atf Schweiz
Ab Seite 4
Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Bild aus dem Südhang
Kleine grosse Welt:
«My Globe» von Susanne Muller
an der Kunstausstellung «Südsicht 2013».
Inhalt
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Bild aus dem Südhang
Editorial
Impressum
Auf gemeinsamen Wegen
atf-schweiz mit neuem Gesicht
Aktuelle Forschungsprojekte
Service
Agenda
Ein reger Austausch
Der Abend- und Wochenenddienst
Carte Blanche
Von Prof. Dr. Phil. Franz Moggi
Oh du fröhliche?
Es weihnachtet (zu) sehr
Die Südhang Broschüren
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Konzept und Gestaltung |
Kennen Sie das Bedürfnis, den Dingen auf den Grund gehen zu
wollen? Vermutlich steckt in jedem Menschen ein Forscher, eine
Forscherin: Ohne diesen Drang, die Mechanismen unter den Oberflächen verstehen zu lernen, würden wir wohl noch immer auf
den Bäumen hocken.
Die Forschung hat das Thema Sucht sehr spät entdeckt. Das ist
nicht ohne Folgen geblieben, denn an den Oberflächen gedeihen
Vorurteile und Fehlbilder: Sucht galt in der Gesellschaft lange als
Ausdruck einer Charakterschwäche, als Folge eines fehlenden Willens für ein gesünderes Leben. Diese Missverständnisse sind unterdessen einer differenzierteren Betrachtung gewichen. Die neurobiologische Forschung hat zum Beispiel gezeigt, dass Sucht auch
eine biologische Basis hat, genauso wie Herzinfarkt oder Krebs.
Der von der Forel Klinik und der Klinik Südhang gegründete
Forschungsverbund atf-schweiz wurde dieses Jahr auf neue Beine
gestellt und die Zusammenarbeit wurde intensiviert. Wir präsentieren Ihnen in diesem express einige der aktuellen Forschungsprojekte. Denn es steht fest: Abhängigkeitserkrankungen sind so
komplex, dass es noch viel zu erforschen und zu verstehen gibt.
Die Carte Blanche haben wir an Prof. Dr. Franz Moggi vergeben: Er beleuchtet in seinem Beitrag den Umgang mit Doppeldiagnosen und zeigt auf, wie wichtig neben der Suchttherapie auch
die gleichzeitige Behandlung von Erkrankungen wie zum Beispiel
Depressionen ist. Eine Tatsache, die mit neuen Therapieangeboten
in der Klinik Südhang dieses Jahr umgesetzt wurde.
Wenn sich ein Grossteil des Personals in den Feierabend verabschiedet, beginnt für das Team des Abend- und Wochenenddienstes der Arbeitstag. Wir haben für Sie die sieben Mitglieder
porträtiert und geben Einblicke in ihr Tätigkeitsfeld.
Ich wünsche Ihnen erfüllte Festtage – und einen freudigen
Sprung ins neue Jahr!
Bildredaktion | Brigit Ryter (Ry)
Kurt Mächler | Direktor
Impressum
Herausgeberin | Südhang – Kompetenzzentrum
für Mensch und Sucht, 3038 Kirchlindach,
Telefon 031 828 14 14, Fax 031 828 14 24
www.suedhang.ch, [email protected]
Redaktion | Kurt Mächler (KM), Sibylle Maier-Haas
(SM), Stephan Mathys (StM), Brigit Ryter (Ry)
Werbelinie AG – Agentur für Kommunikation, Bern
Druck | Rub Graf-Lehmann AG, Bern
Auflage | 4'100 Exemplare
Urheberrecht | Die Verwendung von Beiträgen ist
nur auf Anfrage und mit Quellenangaben gestattet.
Kontakt | Sibylle Maier-Haas, Telefon 031 828 14 14,
[email protected]
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Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
express 3 | 2013
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Thema | Auf gemeinsamen Wegen
Wie geht es Ihnen heute?
Nachsorge per Telefon oder SMS
Auf gemeinsamen Wegen
Die Alkoholismus Therapieforschung Schweiz
(atf) mit neuem Gesicht
Von Dr. Leila Soravia, Leiterin Forschungsabteilung
Südhang
Sucht hat bekanntlich viele Gesichter. Aber
welche Faktoren begünstigen eine Abhängigkeitskrankheit, welche schützen davor?
Wie wirken Drogen auf den Menschen?
Warum machen sie überhaupt süchtig?
Wie sieht die Biologie der Abhängigkeit
aus, welches sind ihre psychischen Mechanismen? Sucht ist eine behandelbare
Krankheit: Welches sind die erfolgreichsten, vielversprechendsten Ansätze – und
wie können wir diese noch verbessern?
Dies sind einige der grossen Themen,
welche es noch gründlich zu erforschen
gilt. Die Alkoholismus Therapieforschung
(atf) Schweiz wurde im Sommer 2005 von
der Forel Klinik und der Klinik Südhang
gegründet. Die beiden grössten Suchtfachkliniken der Schweiz führten Teile ihrer Forschungsabteilungen in einer einfachen Gesellschaft zusammen, um ge-
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meinsame klinikübergreifende Projekte
zu realisieren.
Um die Zusammenarbeit zwischen
den Kliniken zu stärken und die Synergien noch besser zu nutzen, wurden die
Struktur und das Modell atf im August 2013
überarbeitet. Neu laufen alle Projekte unter
dem Label atf Schweiz, die Kliniken führen keine davon abgekoppelten Forschungen mehr durch. Dies soll die Koordination der klinischen Forschung in der stationären Suchttherapie in der Schweiz fördern
und verstärken. Weiter wird eine intensivere Vernetzung mit anderen Suchtinstitutionen und Universitäten angestrebt.
Gegenstand der gemeinsamen, interdisziplinären Forschung sollen Fragen optimaler therapeutischer Interventionen, die
neurobiologische Grundlagenforschung
sowie Versorgungsaspekte und die Untersuchung längerfristiger Verläufe sein. Auf
den folgenden Seiten stellen wir Ihnen einige aktuelle Forschungsprojekte vor.
Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Achte Fachtagung der
atf-schweiz in Zürich
Die Fachtagung der Alkoholismus Therapieforschung Schweiz vom siebten November in Zürich stand unter dem Titel:
«Der gesunde, der sündige und der süchtige Mensch». Dabei wurden grundsätzliche Themen rund um die Abhängigkeitserkrankungen diskutiert und ausgelotet:
Wie setzt sich das Beziehungsnetzwerk
eines Süchtigen zusammen – und welche Funktionen trägt es? Wie lässt sich
Sucht aus zeitgeschichtlicher Sicht definieren und verstehen? Was geschieht eigentlich genau im Gehirn bei der Entwicklung hin zu einer Abhängigkeit?
Lesen Sie die Referate der Experten und
der Expertinnen auf unserer Website:
www.atf-schweiz.ch
Die meisten Suchtfachkliniken – so auch
die Klinik Südhang und die Forel Klinik –
bieten den Patientinnen und Patienten eigene Nachsorgeangebote an (Ambulatorien, Tageskliniken u.a.) oder vernetzen sie
mit den geeigneten Nachsorgestellen. Nur:
diese werden von vielen Patienten und Patientinnen häufig nicht oder nicht unmittelbar nach der stationären Behandlung
in Anspruch genommen. Angesichts der
hohen Rückfallquoten, insbesondere während der ersten drei Monate nach einer stationären Behandlung, muss dies zu Überlegungen für alternative Angebote führen: Die telefonbasierte Nachsorge bietet
eine neue Möglichkeit, um Patienten und
Patientinnen in dieser sensiblen Phase
nach Beendigung einer Therapie aktiv zu
unterstützen.
Verschiedene Studien konnten zeigen,
dass die telefonbasierte Nachsorge eine kostengünstige und effiziente Form der Behandlung von Alkoholabhängigkeit dar-
stellt und zur Reduktion von Rückfällen
führen kann (McKay, Lynch, Shepard, &
Pettinati, 2005; Oudejans et al., 2009). Insgesamt weisen die Studienbefunde auf einen Rückgang der Konsumtage sowie der
Konsummenge hin – aber auch auf die
schnellere und häufigere Wiederaufnahme intensiverer Behandlungen (McKay et
al., 2010). Ähnlich positive Effekte zeigen
sich auch bei neueren Untersuchungen
zu SMS-unterstützten Interventionen, die
zur Konsumreduktion und zur Prävention entwickelt wurden (Haug, Sannemann,
Meyer, & John, 2012).
Basierend auf diesen Überlegungen
wurde das KUTEZ-Projekt ausgearbeitet, welches in der Klinik Südhang und
in der Forel Klinik realisiert werden soll.
Interessierte Patienten und Patientinnen
beider Kliniken werden kurz vor Beendigung ihrer stationären Behandlung über
die Studie informiert, und sie bekommen die Möglichkeit, freiwillig daran teil­
zunehmen. Nach dem Austritt aus der stationären Therapie werden die Patienten
und Patientinnen entweder per Telefon
oder per SMS über einen Zeitraum von
48 Wochen regelmässig von einem Therapeuten oder einer Therapeutin kontaktiert. Ziel der Telefonate sowie der SMS ist
es, die Teilnehmenden grundsätzlich nach
ihrem Befinden im Alltag zu befragen und
danach, ob sie ihre Therapieziele erreichen
oder erneut Unterstützung brauchen, ob
sie Hilfe bei der Kontaktaufnahme mit
Suchtinstitutionen benötigen.
Die Studie soll eine kostengünstige Interventionsmöglichkeit evaluieren, die zu
einer Reduktion der Rückfälle führt und
bei erfolgtem Rückfall eine möglichst
schnelle erneute Vernetzung mit suchtspezifischen Institutionen gewährleistet, um
so einer möglichen Chronifizierung entgegenzuwirken. Langfristig würde dies
zu einer Senkung der Gesundheitskosten
beitragen. Nach positiver Evaluation soll
die telefonbasierte Nachsorge in der Klinik Südhang und in der Forel Klinik angeboten werden.
Literatur:
Haug, S., Sannemann, J., Meyer, C., & John, U. (2012). [Internet and
mobile phone interventions to decrease alcohol consumption and
to support smoking cessation in adolescents: a review]. Gesundheitswesen, 74(3), 160-177.
McKay, J. R., Lynch, K. G., Shepard, D. S., & Pettinati, H. M. (2005).
The effectiveness of telephone-based continuing care for alcohol
and cocaine dependence: 24-month outcomes. Arch Gen Psychiatry, 62(2), 199-207.
McKay, J. R., Van Horn, D. H., Oslin, D. W., Lynch, K. G., Ivey, M.,
Ward, K., et al. (2010). A randomized trial of extended telephonebased continuing care for alcohol dependence: within-treatment
substance use outcomes. J Consult Clin Psychol, 78(6), 912-923.
Oudejans, S. C., Schippers, G. M., Merkx, M. J., Schramade, M.
H., Koeter, M. W., & van den Brink, W. (2009). Feasibility and
validity of low-budget telephonic follow-up interviews in routine
outcome monitoring of substance abuse treatment. Addiction,
104(7), 1138-1146.
Projektleitung: Sonja Stutz, Leila Soravia
Kooperation: Severin Haug, Institut für Suchtund Gesundheitsforschung (ISGF)
Finanzierung: Infodrog
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express 3 | 2013
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Thema | Therapieerfolg
Thema | Selbstwertgefühl
Herzklopfen
Herzratenvariabilität als Prädiktor
für den Therapieerfolg
variabilität ist, desto flexibler und besser
können wir auf äussere Situationen, Anforderungen oder Stress reagieren. Die Herzratenvariabilität scheint somit ein sensitiver Indikator für die kognitive, behaviorale und emotionale Regulationsfähigkeit
zu sein. Im klinischen Bereich zeigten verschiedene Studien, dass Menschen, die an
einer Alkoholabhängigkeit oder an einer
depressiven Störung leiden, eine reduzierte
Herzratenvariabilität aufweisen. Diese reduzierte Herzratenvariabilität führt wiederum bei den Betroffenen zu schlechterem Wohlbefinden und mehr Stress. Aber
die Herzratenvariabilität lässt sich vergrössern! Studien an Patienten und Patientinnen mit Depressionen zeigen, dass Psychotherapie die Herzratenvariabilität verändern kann – und dass sich dies wiederum positiv auf das Wohlbefinden und auf
die Stressresistenz der Patienten und Patientinnen auswirkt.
Literatur:
Das menschliche Herz schlägt je nach Situation unterschiedlich schnell. Diese
Herzratenvariabilität ist ein sehr sensitives Mass, welches anzeigt, wie wir körperlich auf äussere Reize reagieren. Mit dieser Studie zur Herzratenvariabilität wollen
wir ein verbessertes Verständnis der Zusammenhänge zwischen psychischen und
körperlichen Parametern der Suchterkrankung erlangen – um diese für die Therapie
nutzen zu können. Dazu untersuchen wir,
wie sich die Herzratenvariabilität während der 12-wöchigen Entwöhnungstherapie verändert und wie diese mit dem Therapieerfolg im Zusammenhang steht. Zudem interessiert es uns herauszufinden,
wie die Herzratenvariabilität verändert
werden kann: Freiwillige Patienten und
Patientinnen werden gebeten, in der ersten
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und letzten Woche der Entwöhnungstherapie Bilder am Computer auf deren emotionalen Gehalt einzuschätzen. Während
dieser Aufgabe wird die Herzrate mittels
eines Brustgurtes gemessen. Weiter werden die Patienten und Patientinnen drei
Monate nach Klinikaustritt erneut kontaktiert und hinsichtlich ihres Wohlbefindens
befragt. Die Studie ist völlig ungefährlich:
Die Erfassung der Herzrate ist eine non-invasive Methode, bei der jegliche Risiken
ausgeschlossen sind.
Verschiedene Studien zeigen, dass hohe Levels der Herzratenvariabilität mit kognitiver Flexibilität, mit der Modulation von
Affekten und Emotionen sowie einer erhöhten Impulskontrolle in Verbindung stehen. Das heisst: je grösser die Herzraten-
Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Johnsen, B. H., Thayer, J. F., Laberg, J. C., Wormnes, B., Raadal,
M., Skaret, E., . . . Berg, E. (2003). Attentional and physiological
characteristics of patients with dental anxiety. Journal of Anxiety
Disorders, 17(1), 75-87.
Porges, S. W. (1995). Orienting in a defensive world: Mammalian
modifications of our evolutionary heritage. A Polyvagal Theory.
Psychophysiology, 32(4), 301-318.
Thayer, J. F., & Lane, R. D. (2000). A model of neurovisceral integration in emotion regulation and dysregulation. Journal of Affective
Disorders, 61(3), 201-216.
Projektleitung: Nora Schöneberger, Leila Soravia
Kooperation: Prof. Dr. Julian Thayer, University
of Ohio, USA; Dr. phil. Maria Stein, Universi-
tätsklinik für Psychiatrie Bern; Dr. phil. Nadine
Messerli, Abteilung für Klinische Psychologie
und Psychotherapie, Universität Bern
Finanzierung: Grant von der Medizinischen
Fakultät der Universität Bern
Die Wände hoch
Auswirkung des Sportkletterns auf die Selbstwirksamkeit
Der Selbstwert und die Selbstwirksamkeitserwartung sind eng
miteinander verbunden und wirken aufeinander ein: sie beeinflussen eine angestrebte Verhaltensänderung. Verschiedene Studien zeigen, dass der Selbstwert eine zentrale Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf von psychischen Störungen spielt. So konnte in einer Untersuchung nachgewiesen werden, dass sich alkoholabhängige Patientinnen und Patienten mit tiefem Selbstwert
tendenziell eine schlechte Prognose geben. Die positive Veränderung des Selbstwerts wird deshalb als wichtiger Bestandteil für
eine erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung angesehen.
Untersuchungen mit Patientinnen und Patienten, die Angststörungen oder depressive Symptomatiken aufweisen, dass körperliche Aktivität und Sport das Wohlbefinden der Betroffenen steigern und die Symptomatik positiv beeinflussen. In der Forschung
werden deshalb das Selbstwertgefühl und dessen Einfluss auf den
Verlauf von psychischen Erkrankungen diskutiert. Mit unserer
Studie wollen wir Erfahrungen aus der Sporttherapie sowie von
Patientinnen und Patienten bestätigen, dass das Klettern therapeutisch positiv das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit
beeinflusst.
Sporttrainings wirken sich positiv auf das Selbstwertgefühl aus
– das belegen Studien aus der Sportwissenschaft. Zudem zeigen
Projektleitung: Christa Grossniklaus, Tobias Dittrich, Eva Stocker, Leila Soravia
express 3 | 2013
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Thema | Ermutigen!
Kein
K.O.
Evaluation
des therapeutischen
Boxtrainings
Thema | Interventionsmethoden
Service | Wissenswertes
Innere Haltung
Kompetenzzentrum Südhang
Auswirkungen des Meditierens
auf die Selbstachtung
Der Begriff der Achtsamkeit wurde 1994 von Jon Kabat-Zinn geprägt und stellt eine spezifische Form der Aufmerksamkeitslenkung auf den Moment dar. Achtsamkeit zeichnet sich durch eine
besondere innere Haltung aus, die absichtslos, nicht wertend, offen und neugierig ist. In den letzten Jahren wurden verschiedene
Interventionsmethoden entwickelt, die auf Achtsamkeit basieren
(Mindfulness Based Stress Reduction, Mindfulness Based Cognitive Therapy). Evaluationen zeigen, dass sich diese Therapieformen
positiv auf das Wohlbefinden auswirken und in der Behandlung
von psychischen Störungen wirksam sind.
Die Meditation ist Teil des spirituell-therapeutischen Angebots
der Klinik Südhang und neben dem evidenzbasierten suchtspezifischen Klinikangebot ein wichtiger Bestandteil der Behandlung
von Suchterkrankungen. Ziel der Studie ist die Überprüfung der
Wirksamkeit des Meditierens und dessen Effekte auf den Langzeitverlauf der Suchterkrankung. Weiter soll untersucht werden,
ob und wie sich die verschiedenen Parameter der Achtsamkeit
durch Meditation verändern lassen.
Masterarbeit: Eva Stocker, Universität Bern
schung zum störungsspezifischen Einsatz dieser
Therapie­form gibt es bislang kaum.
Das therapeutische Boxtraining dient dem
Umgang mit und dem Abbau von Aggressionen
sowie dem Aufbau von sozialen Kompetenzen.
Es handelt sich um ein psychotherapeutisches
Angebot, das ergänzend zur verbalen Psychotherapie stattfindet. Klare Regeln definieren das
Training: Neben Gleichgewichts- und Sensibilisierungsübungen steht der bewusste und kontrollierte Einsatz des eigenen Körpers im Vordergrund. Der respektvolle Umgang mit sich
selbst und dem Partner oder der Partnerin sowie ein wechselseitiges Bezogensein sind zentral. Im therapeutischen Boxtraining darf natürlich keine Form von Gewalt auftreten. Ziel
unserer Untersuchung ist die Überprüfung der
Wirksamkeit des therapeutischen Boxtrainings
und dessen Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Patientinnen und Patienten mit einer
Alkoholabhängigkeit.
Projektleitung: Françoise Fierz, Eva Stocker, Leila Soravia
Südhang 1, 3038 Kirchlindach
Information, Beratung und Anmeldung zu
einem Abklärungsgespräch: Telefon 031 828 14 14
Stationäre Entzugstherapie und Abklärungen
Projektleitung: Martin Steiner, Eva Stocker, Leila Soravia
Verschiedene Studien zeigen, dass sich regelmässiges Sporttraining positiv auf das psychische
und physische Wohlbefinden auswirkt. Besonders bei depressiven Erkrankungen, Angststörungen und beginnender Demenz kann die Symptomatik durch körperliche Aktivität signifikant
beeinflusst werden. Bei Suchterkrankungen, affektiven Störungen oder Psychosen wurde der
sporttherapeutische Effekt auf den Verlauf der
Erkrankung bisher empirisch nicht umfassend
nachgewiesen. Es gibt aber ausreichend klinische Anhaltspunkte dafür, dass ein regelmässiges körperliches Training auch für diese Patientengruppen sinnvoll ist.
Erste Studien zeigen, dass therapeutisches
Boxen dem Abbau von Aggressionen dient und
die Frustrationstoleranz erhöht. Zudem steigert regelmässiges Training die Erwartung an
die Selbstwirksamkeit und fördert die sozialen
Kompetenzen. Auch in Bezug auf die Störungen
(zum Beispiel bei depressiven Verstimmungen,
bei Borderline und Beziehungsstörungen) sind
Erfolge zu erkennen. Eine systematische For-
Klinik Südhang in Kirchlindach
Kooperation: Prof. Dr. Jens Schlieter, Systemische Religionswissenschaft,
Universität Bern; Prof. Dr. Hansjörg Znoj, Klinische Psychologie und
Psychotherapie, Universität Bern
•Behandlungsdauer: 10 – 14 Tage
•Eintritt werktags nach voran­gehendem
Aufnahmeverfahren
Stationäre Entwöhnungstherapien
Behandlungsprogramme:
•Entwöhnungsprogramm: Dauer 8 oder 12 Wochen
•Entwöhnungsprogramm plus: in der Regel 16 Wochen
•Arbeitsintegration
•Eintritt jeweils dienstags nach vorangehendem
Aufnahmeverfahren
Tagesklinik Südhang in Bern
Bubenbergplatz 4b, 3011 Bern
Informationen, Beratung und Terminplanung:
Telefon 031 828 80 00
Teilstationäre Entwöhnungstherapien
•Behandlungsdauer: bis zu 9 Wochen,
jeweils Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr
•Eintritt nach vorangehendem Abklärungsgespräch
Ambulatorien Südhang
•suchtmedizinische Abklärung
•ambulanter, qualifizierter Entzug
•suchtspezifische Psychotherapie
Behandlungsdauer: nach Vereinbarung
Ambulatorium Südhang in Bern
Bubenbergplatz 4b, 3011 Bern
Informationen und Beratung nur nach
Terminvereinbarung Telefon 031 828 80 00
Ambulatorium Südhang in Biel
Bahnhofplatz 2, 2502 Biel
Information und Beratung nur nach
Terminvereinbarung: Telefon 032 338 80 40
Ambulatorium Südhang in Burgdorf
Emmentalstrasse 8a, Postfach 1300, 3401 Burgdorf
Information und Beratung nur nach
Terminvereinbarung: Telefon 034 420 41 50
Informationsveranstaltungen
Für interessierte Personen jeweils am
letzten Freitag des Monats in der Klinik in Kirchlindach.
Weitere Informationen unter
www.suedhang.ch oder [email protected]
Online-Weiterbildung
E-Learning zur Alkoholabhängigkeit für Ärzte und Ärztinnen
und weiteres Fachpersonal: Für kostenlosen Zugang
anmelden unter www.suedhang.ch/E-Learning.html
Für den erfolgreichen Abschluss des ganzen Kurses vergeben
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Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
die SCAM und die SCIM jeweils 8 Weiterbildungscredits.
Agenda | Anlässe
Nützlich oder nicht?
Termine
Anti-Craving Medikamente und Schlafmittel der neuen Generation
Von Susanne Rösner, Forel Klinik
Die starke Zunahme von medizinischem
Fachwissen erschwert es der Ärzteschaft
und dem therapeutischen Personal, immer
auf dem aktuellen Wissenstand zu sein.
Dies führt dazu, dass mitunter Arzneimittel
noch immer verordnet werden, obwohl deren Nicht-Wirksamkeit oder Schaden bereits
nachgewiesen ist. Umgekehrt werden Patienten und Patientinnen wirksame Therapien vorenthalten, deren Nutzen bestätigt ist.
1992 formierte sich ein Netzwerk von
Fachleuten mit dem Ziel, die Forschungsergebnisse internationaler Studien systematisch zusammenzufassen und verfügbar zu machen. Heute gilt die «Cochrane
Collaboration»mit über 30`000 Mitgliedern aus 120 Ländern als internationaler
«Goldstandard»für die unabhängige Bewertung von wissenschaftlicher Evidenz
(Green-Hennessy 2013). In Cochrane Analysen werden die Ergebnisse klinischer Studien zu unterschiedlichen Therapieverfahren statistisch integriert und zur Ableitung
therapeutischer Empfehlungen und Richtlinien genutzt.
Wie gut wirken Anti-Craving Substanzen?
Auch zur Wirksamkeit und Sicherheit von
Anti-Craving Medikamenten wie Campral® und Naltrexin®, die zur Unterstützung der Entwöhnungsbehandlung bei Alkoholabhängigkeit eingesetzt werden, liegen mittlerweile Cochrane Analysen vor.
Die an der Psychiatrischen Klinik der Universität München durchgeführten Reviews
(Rösner 2010a; 2010b) kommen zum Schluss,
dass Anti-Craving Substanzen die Erfolge
einer ausschliesslich psychosozialen Entwöhnungsbehandlung erhöhen. Die dabei
erzielten Therapieeffekte sind mit den Erfolgen weiterer psychiatrischer Behandlungsbereiche wie der Depressionsbehandlung durch trizyklische Antidepressiva vergleichbar (Leucht 2012).
Einfluss der Pharmaindustrie?
Die Cochrane Analysen zu Anti-Craving
Substanzen wurden im letzten Jahr an der
Forel Klinik aktualisiert und erweitert (Rösner 2012a; 2012b). Unter anderem wurde geprüft, inwieweit die für Anti-Craving Substanzen nachgewiesenen positiven Ergebnisse durch industrielle Interessen beeinflusst sein könnten. Das unter dem Begriff
des «Sponsor-Bias»bekannt gewordene Thema wurde in den letzten Jahren sowohl in
der wissenschaftlichen Fachwelt als auch in
der breiten Öffentlichkeit kritisch diskutiert
(Schott 2012). Die an der Forel Klinik durch-
10 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Informations-Veranstaltungen
Betroffene, Angehörige, Arbeitgeber und Arbeitgebe-
geführten Analysen fanden jedoch keine signifikanten Hinweise auf eine Verzerrung
der Ergebnisse durch einen «Sponsor-Bias»;
das Risiko einer Überschätzung der Effekte durch den Einfluss von Pharma-Interessen erscheint für den Anti-Craving Bereich
gering (Rösner 2013b; Rösner 2013c; Abbildung 1).
rinnen sowie weitere Interessierte können sich ein Mal
im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr über die Therapieangebote in der Klinik Südhang informieren.
Nächste Termine:
Freitag, 27. Dezember 2013
Freitag, 31. Januar 2014
Freitag, 28. Februar 2014
Freitag, 28. März 2014
Freitag, 25. April 2014
Geplante Cochrane Analysen
Weitere Cochrane Analysen sind derzeit in
Vorbereitung. Unter anderem wird vom Forschungsteam der Forel Klinik geprüft, inwieweit Schlafmittel der neuen Generation (z.B. Imovane®, Sonata®, Stilnox®) eine
sichere und gut verträgliche therapeutische
Alternative für den Einsatz von Benzodiazepinen in der Behandlung von Schlafstörungen bieten. Diese Wirkstoffe gelten heute als erste Wahl in der Insomnie-Behandlung und werden mitunter auch bei alkoholabhängigen Patienten und Patientinnen
zur Behandlung alkoholinduzierter Schlafstörungen eingesetzt. Darüber hinaus werden in der Forel Klinik Patientenfragen zum
Thema «Alkoholismustherapie»gesammelt
und von der Forschungsabteilung unter Berücksichtigung der aktuellen Befundlage
aus klinischen Studien «evidenzbasiert»zu
beantworten versucht. Die Ergebnisse sollen den Patienten und Patientinnen in Form
einer Informationsbroschüre zur Verfügung gestellt werden. So kann einerseits die
Hypothesen-Bildung in wissenschaftlichen
Studien von patienteninitiierten Fragestellungen profitieren; umgekehrt kann eine integrative und praxisnahe Aufbereitung von
Forschungsergebnissen zur Sicherung qualitativer Standards und einer evidenzbasierten Patientenversorgung beitragen.
Weitere Informationen: www.cochrane.de
Kooperationspartner: Cochrane Depression,
Anxiety and Neurosis Group, University of
Bristol, UK
Cochrane Drugs and Alcohol Group, Rome, Italy
Statistics Department, Faculty of Economics,
UCL Mons, Louvain, Belgium
Privatklinik Meiringen, Schweiz
Freitag, 30. Mai 2014
Freitag, 27. Juni 2014
Freitag, 25. Juli 2014
Zahlen und Buchstaben
Normierung des Trail Making Tests
Freitag, 29. August 2014
Freitag, 26. September 2014
Freitag, 31. Oktober 2014
Freitag, 28. November 2014
Freitag, 19. Dezember 2014 ausnahmsweise
eine Woche früher (26.12. Stefanstag)
Langjähriger und übermässiger Alkoholkonsum kann körperliche, psychische
und kognitive Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Eine grosse Zahl von
Untersuchungen weist nach, dass Alkoholabhängige kurz nach dem Entzug
Für Institutionen und Verbände organisieren wir auf
Anfrage spezielle Informationsveranstaltungen.
besonders Mühe mit dem Lösen von Aufgaben haben, welche die sogenann-
Jassen
plexe mentale Prozesse, die es uns letztlich ermöglichen, in unserer Umwelt
ten Freitag des Monats in der Klinik Südhang statt.
ten exekutiven Funktionen beanspruchen. Exekutive Funktionen sind kom-
zielgerichtet und «erfolgreich»zu handeln. Sie beschreiben also die mentalen
Prozesse unserer Steuerungszentrale im Gehirn.
Der Zahlenverbindungstest (im englischen Sprachraum Trail Making Test
genannt) beziehungsweise seine Variante, bei der man abwechslungswei-
se Zahlen und Buchstaben in aufsteigender Reihenfolge möglichst schnell
miteinander verbinden muss, testet einige Fähigkeiten, die den exekutiven
Funktionen zugrunde liegen. Dieser populäre neuropsychologische Test wird
seit rund 70 Jahren weltweit eingesetzt. Es liegen zahllose Studien zu Test-
leistungen gesunder Menschen und solcher mit den unterschiedlichsten körperlichen und psychischen Erkrankungen vor. Untersuchungen bei Personen
mit Alkoholabhängigkeit gibt es dagegen kaum und wenn, so wurden in der
Regel Faktoren nicht berücksichtigt, die die Testleistung beeinflussen kön-
nen: Spielt die Dauer der Alkoholabhängigkeit eine Rolle, das Alter, in dem der
Alkoholkonsum begann, und/oder die Zeit, die seit dem Entzug verstrichen
ist? Ist es wie bei nichtabhängigen Menschen so, dass eine höhere Bildung zu
schnelleren, ein höheres Alter dagegen zu langsameren Testleistungen führt?
Das traditionelle Jassturnier findet in der Regel am letzNächste Termine:
Freitag, 27. Dezember 2013
Freitag, 31. Januar 2014
Freitag, 28. Februar 2014
Freitag, 28. März 2014
Freitag, 25. April 2014
Freitag, 30. Mai 2014
Freitag, 27. Juni 2014
Freitag, 25. Juli 2014
Freitag, 26. September 2014
Freitag, 31. Oktober 2014
Freitag, 28. November 2014
Termin im Dezember 2014 fällt aus (Stefanstag)
Start ist um 19.30 Uhr. Bitte jeweils bis
Mittwoch­abend vor dem Anlass anmelden
unter 031 828 14 14.
Unter Berücksichtigung solcher und ähnlicher Fragen ist es das Ziel der Stu-
Öffentliche Cafeteria in Kirchlindach
und bei Austritt aus der Entwöhnungstherapie zu sammeln, zu beschreiben
wir montags bis freitags ein komplettes Mittagsmenu,
die, die Testleistungen der Patienten und Patientinnen kurz nach dem Entzug
und mögliche Einflüsse auf den Verlauf der Testleistungen zu identifizieren.
Projektleitung: Katrin Schläfli, Leila Soravia
In der Cafeteria im Herrenhaus der Klinik Südhang bieten
eine vegetarische Variante sowie Snacks und Sandwiches
an. Zudem verwöhnen wir unsere Gäste mit einem
frischen und reichhaltigen Salatbuffet. Bitte melden Sie
Gruppen ab vier Personen telefonisch beim Sekretariat
an: Tel. 031 828 14 14. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
express 3 | 2013 11
Thema | Personal 2013
Ein reger Austausch
Der Abend- und Wochenenddienst im Südhang
Wenn sich ein Grossteil des Personals der Klinik Südhang in den Feierabend
verabschiedet, beginnt die Arbeitszeit des Abend- und Wochenenddienstes.
Das Aufgabenheft ist vielfältig: Von der Betreuung der Patienten und Patientinnen
bis hin zum Schneeschaufeln ist alles dabei.
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Von Margrit Dürig, Leiterin des Abend- und Wochenenddienstes
«Guten Abend, ja ich bin etwas früher nach Hause… hm, jetzt sage
ich nach Hause, ich meine aber in den Südhang gekommen. Es ist
schon so, dass ich mich hier sehr wohl fühle. Das Zimmer ist toll,
diese Aussicht auf die Berge, und das Essen ist prima… und immer
ist jemand da für einen Schwatz.»
So kann es tönen, wenn ein Patient, eine Patientin vom Wochenend-Urlaub in die Klinik zurückkehrt. Wir empfangen am
Sonntagabend ungefähr vierzig Patientinnen und Patienten, erkundigen uns nach dem Verlauf des Urlaubs und stehen gegebenenfalls mit Rat und Tat zur Seite. Ein Atemlufttest wird bei den
Rückkehrern routinemässig abgenommen, manchmal führen wir
auch eine Gepäckkontrolle durch. Nicht immer ist die Patientin, der
Patient zufrieden: Das Wochenende war schwierig mit dem Partner, mit den Kindern; die Post zu Hause war nicht erfreulich; vielleicht musste der Alkohol die ersehnte Entspannung bringen. Oder
auch umgekehrt: Der Abschied von zuhause ist schwer gefallen,
die Rückkehr in den Südhang war aufwühlend.
Das Abend- und Wochenend-Team arbeitet an 365 Tagen im
Jahr hauptsächlich am Empfang im Foyer des Haupthauses der
12 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Menschen sin
d für mich wich
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nach zehn Jahr
en Abend- un
d Wochenenddienst berü
hren mich die
verschiedensten Bege
gnungen mit
Patienten und
Patientinnen
immer wieder
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Margrit Scheur
mann
Klinik. Hier melden sich die Patienten und Patientinnen für den Urlaub oder Ausgang ab und wieder zurück, wir führen Gespräche
mit ihnen, empfangen Besucher und Besucherinnen, nehmen Telefonanrufe entgegen und leiten sie bei Bedarf weiter, verleihen
Velos für eine Sonntagstour, geben Auskünfte über Fahrpläne und
Anschlüsse, erledigen Druckaufträge und dergleichen mehr. Wir
sind beim Abendessen im Speisesaal dabei, fiebern bei den monatlich stattfindenden Jassturnieren mit, an denen sich auch ehemalige Patienten und Patientinnen beteiligen – und wir sind dafür besorgt, dass die Hausordnung der Klinik eingehalten wird. Abends,
am Wochenende oder an Festtagen rufen oft verzweifelte Männer
und Frauen an: Angehörige, die nicht mehr weiter wissen, weil ihr
Partner, ihre Partnerin wieder zur Flasche greift; ehemalige Patientinnen und Patienten, die vielleicht nur ein paar Worte wechseln
wollen oder aber eine sofortige Unterstützung brauchen; manchmal hören wir am anderen Ende der Leitung auch Unbekannte,
die am liebsten gleich den Koffer packen würden, um in den Südhang einzutreten.
Unser Team zählt sieben Mitglieder, da tauchen natürlich sofort Bilder auf: Die sieben Zwerge, die Gerätschaften buckeln, emsig arbeiten und erst bei Dunkelheit nach Hause gehen. Tatsäch-
Nach anderthalb Jahren langsam eingelebt und eingearbeitet, geniesse ich nach
wie vor die Vielfalt an Begegnungen am
Südhang. Die Arbeitsaufgaben und -zeiten
meiner milieutherapeutischen Funktion
sind aussergewöhnlich. Der Abend- und
Wochenenddienst bereichert zudem
meine Studienzeit an der Pädagogischen
Hochschule auf mehreren Ebenen.
Bastian Amsler
an der
g. Freude
im Südhan
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Meister
Godfried
lich sind wir oft spät am Abend auf dem Areal unterwegs. Wir gehen allerdings alleine und nicht zu siebt auf den Rundgang durch
die Häuser der Klinik und sehen auf allen Stockwerken der Entwöhnungstherapie vorbei. Wir sind sehr geübt darin, Fenster sowie Türen zu schliessen und Lichter zu löschen. Den Patientinnen
und Patienten begegnen wir auf diesen Rundgängen während
ihrer Freizeit: Manchmal müssen wir auf die Ruhestunden aufmerksam machen, Schlafende vor dem Fernseher wecken, eine
Spielrunde wegen der vorgerückten Zeit unterbrechen, die unerlaubten Sitzgelegenheiten aus den Raucherräumen entfernen. So
wie wir alle Winkel in den Häusern kennen, so sind uns alle Patientinnen und Patienten bekannt. Diesen Menschen wertschätzend zu begegnen, ist uns ein grosses Anliegen. Es erfordert viel
empathisches Geschick, mit den unterschiedlichsten Werten und
Haltungen umgehen zu können.
Daneben fallen uns auch liegenschaftsdienstliche Aufgaben
zu: Im Winter sind wir mit Salzwagen und Schaufel unterwegs,
ab und zu müssen die Hühner gefüttert werden, im Sommer brauchen die Setzlinge im Treibhaus Wasser, wir öffnen und schliessen die Türen zu den Kunstausstellungen. Obwohl die meisten Angestellten der Klinik in den Feierabend gehen, wenn wir unseren
Vor vier Jahren stie
ss ich zum Team des
AWD. An meiner Arb
eit schätze ich vor
allem den Kontak t
mit den Patientinnen
und Patienten, abe
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Aufgaben des AWD
und den lebendigen
Betrieb der Klinik.
Beatrice Bütikofer
Die Tätigkeit im Südhang erweitert
meinen Erfahrungshorizont seit vier
Jahren stetig. Es sind vor allem die
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Begegnungen mit den Patientinn
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und seinen unendlich vielen Varia
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tionen, was für mich eine unglaublic
Bereicherung darstellt.
Regula Wilhelmi
Dienst antreten, sind wir nicht ganz alleine: Wir arbeiten eng mit
dem Pflegeteam der Entzugs- und Abklärungsstation (EAS) zusammen. Die EAS ist rund um die Uhr besetzt, die Pflegefachleute sind in direktem Kontakt mit allen Patientinnen und Patienten.
Von der EAS erhalten wir zu Beginn unserer Schicht während
eines Rapports die notwendigen Informationen. Es ist gut zu wissen, dass wir uns jederzeit an das Personal der EAS wenden können und die gegenseitige Unterstützung gewährleistet ist. Unsere Arbeitszeiten bedingen, dass wir Informationen oder Fragen an
die Bezugstherapeuten und Bezugstherapeutinnen oder an andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen per Mail übermitteln, damit
der Informationsfluss jederzeit gesichert ist. Um 23.00 Uhr geht
unser Dienst zu Ende, das Personal der EAS übernimmt die Nachtwache, zum Teil mithilfe eines Mitarbeiters der Securitas – während wir vom Abend- und Wochenenddienst durch die Nacht nach
Hause fahren.
Oben sind die Mitglieder des Abend- und Wochenenddienstes porträtiert. Was uns allen gemeinsam ist: Es ist die Vielfalt
der Aufgaben und der rege Austausch mit den Patienten und Patientinnen, was unsere Arbeit spannend und abwechslungsreich
macht.
express 3 | 2013 13
Carte Blanche | Franz Moggi
Doppeldiagnose
Definition und Behandlung
Thema | Spiritualität und Sucht
das sogenannte Selbstmedikationsmodell disku-
und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Die For-
standen ist, weil die Patienten und Patientinnen
Störungen gleichzeitig, im selben Rahmen und
tiert, wonach die Suchtmittelproblematik entmit Suchtmitteln versuchten, ihre psychischen
Probleme selbst zu therapieren. Obwohl dieser
Zusammenhang in einigen Fällen tatsächlich
besteht, konnte die Forschung das Selbstmedikationsmodell nicht als ein allgemeingültiges Ursachenmodell bestätigen. Es liess sich aber zeigen,
dass sich psychische Störungen auf der Grundlage einer Suchterkrankung entwickeln können.
Beispielsweise kann anhaltend schwerer Alkoholkonsum zur Entwicklung einer Depression führen, welche dann die Qualität einer eigenständigen und behandlungsnotwendigen Erkrankung
und damit einer Doppeldiagnose aufweist.
Franz Moggi, Prof. Dr. phil., EMBA, Universitäts­
klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bern
Wenn Patienten und Patientinnen unter einer
Suchterkrankung und gleichzeitig unter einer
psychischen Störung wie Depression, Angststörungen oder Persönlichkeitsstörung leiden, dann
wird dies in der Fachsprache oft als Doppeldiagnose, manchmal auch als Komorbidität psychischer Störung und Sucht bezeichnet. Wichtig für
die Definition ist die Gleichzeitigkeit beider Störungen – und dass es sich nicht nur um Beschwerden oder Symptome einer Störung handelt, sondern dass diese tatsächlich diagnostiziert wird.
Patienten und Patientinnen mit Doppeldiagnosen lösen bei Behandlern oft diagnostische und
therapeutische Unsicherheiten aus – und bei den
Heute werden für verschiedene Kombinationen
von psychischen Störungen und Suchterkran-
kungen spezifische Ursachenmodelle gefunden.
So scheint es zum Beispiel bei einer bestehenden
Zwangsstörung oft zu Selbstheilungsversuchen
durch Suchtmittel zu kommen, während dieser
Zusammenhang bei Depressionen nicht einmal
in der Hälfte der Fälle festgestellt werden kann.
Ein aktuelles und häufiges Modell ist das sogenannte Affektregulationsmodell, wonach Sucht-
mittel vor allem zur Veränderung unangenehmer
Gefühle dienen – was ein häufiges Motiv für
Suchtmittelkonsum darstellt. Allerdings gilt das
Affektregulationsmodell nicht nur für Patienten
und Patientinnen mit Doppeldiagnosen, sondern
für alle Suchterkrankungen.
Betroffenen und ihren Angehörigen zeigen sich
Patienten und Patientinnen sind meistens erst in
tik. Während Patienten und Patientinnen in einer
des Zusammenwirkens zwischen Sucht und psy-
Schwierigkeiten im Umgang mit der ProblemaTherapie vielfach ihre psychischen Probleme in
den Vordergrund rücken, sind Kliniker geneigt,
zuerst die Suchtproblematik anzugehen, bevor
sie eine Behandlung der psychischen Störung beginnen.
Huhn oder Ei?
Um die beiden Diagnosen zu stellen, spielt es
eine Rolle, welche Störung zuerst aufgetreten ist:
Suchtmittel können vorübergehend psychische
Störungen auslösen (beispielsweise Halluzinationen nach LSD-Konsum). Will man gar den
«ursächlichen» Zusammenhang zwischen den
beiden Störungen verstehen, braucht es nicht
klinischer Behandlung, wenn bereits einige Jahre
chischer Störung stattgefunden haben, so dass
die Frage nach dem Huhn oder dem Ei weniger
relevant geworden ist: beide Störungen erweisen
sich nun als behandlungsnotwendig. So ist die
Suchterkrankung auch nach einer erfolgreichen
Entgiftung und der Behandlung der psychischen
Störung nach wie vor vorhanden, weil sie sich im
Laufe des jahrelangen starken Konsums zu einer
«selbständigen» Störung entwickelt hat. Deshalb
ist es wichtig, dass gleichzeitig beide Störungen
im Fokus der Behandlung sind, wenn es um die
Therapie von Patienten und Patientinnen mit
Doppeldiagnosen geht.
nur umfassende Abklärungen, sondern auch
Integrative Behandlung
sachenforschung. Darin wurde früher vor allem
programme für Doppeldiagnosen entwickelt
das Wissen um die aktuellen Ergebnisse der Ur-
Seit rund zwanzig Jahren werden Behandlungs-
14 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
schung hat gezeigt, dass die Therapie der beiden
durch dieselben Therapeuten und Therapeutinnen erfolgen sollte. Sie wird nicht nur deshalb
integrativ genannt, sondern auch darum, weil in
der Therapie zum einen das Zusammenwirken
der beiden Störungen analysiert, und zum andern die Therapie unter Berücksichtigung der individuellen Zusammenhänge von Sucht und psy-
chischer Störung geplant und durchgeführt wird.
Aus diesem Verständnis heraus werden dann
die Therapieziele gemeinsam erarbeitet, um sie
schliesslich in der aktiven Behandlungsphase zu
verfolgen.
Die Forschung hat ebenfalls gezeigt, dass es von
zentraler Bedeutung für den Behandlungserfolg
ist, dass kontinuierlich an der Motivation der
Patienten und Patientinnen gearbeitet wird, die
vorgenommenen Behandlungsziele erreichen
zu wollen – und dass die Behandler Interventionen zur Verfügung stellen, die sich als wirk-
sam erwiesen haben. Dies können Methoden
der Verhaltensänderung wie beispielsweise der
Rückfallprävention sein, aber auch Medikamente
wie Anti-Cravingmittel oder Stimmungsstabilisatoren. Offensichtlich ist die Stabilisierung
der Suchtproblematik, sei dies durch Abstinenz,
durch kontrollierten Konsum oder Substitution
notwendig – wenn auch nicht hinreichend – um
die Behandlung der psychischen Störung wesentlich voranzutreiben und so eine deutliche
Verbesserung der Lebensqualität in Gang zu bringen. Dazu müssen nicht neue Therapieformen
erfunden werden, sondern es können bewährte
Behandlungen für die eine oder andere der beiden Störung gleichzeitig, flexibel und integrativ
angewendet werden. Für einzelne Kombinationen von Störungen wie beispielsweise der posttraumatischen Belastungsstörung und der Sucht
gibt es bereits gute Behandlungsmodelle in Form
von wissenschaftlich untersuchten Manualen.
Ein weiteres wichtiges Element erfolgreicher Behandlungen ist der Miteinbezug des Umfeldes
der Patienten und Patientinnen, um die soziale
Unterstützung im Veränderungsprozess hin zur
Genesung zu leisten.
Literatur:
Moggi, F. (Hrsg.) (2007). Doppeldiagnosen. Komorbidität psychischer Störungen und Sucht. (2. Aufl.). Bern: Huber.
Oh du fröhliche?
Der Dezember wiegt ganz schön schwer: Es ist so dunkel wie sonst
nie im Jahr. Und dann der Rummel, der Stress, die Abschlüsse und
Rückblicke, die Versäumnisse, die Einkäufe in letzter Minute. Die
andere Seite: Wer alleine ist, fühlt sich jetzt doppelt einsam. Deshalb gibt es öffentliche Weihnachtsfeiern: schnell die Tür geöffnet, ein beherzter Schritt nach draussen – und das Alleinsein ist
vorbei. Tageszeitungen geben Auskunft über Ort und Zeit der gemeinsamen Feiern. In unserer Agenda sind die Anlässe in Kirchlindach aufgeführt; und die Klinik Südhang lädt ehemalige Patienten und Patienten gegen ein kleines Entgelt zu Festessen ein. StM
Es bleibt noch etwas Zeit.
Du atmest durch.
Nur eine Woche später
der erste Weihnachtsbaum
im Schaufenster des Möbelhauses.
Daneben die Auslagen
mit Kugeln in allen Grössen und Farben.
Bald darauf zwei Kunststofftannen,
und ein lebensgrosser Holzengel
am Eingang des Supermarktes,
wo Geschenkpakete von der Decke baumeln
und sich weiter hinten Berge
von Christstollen und Lebkuchen türmen.
Nun singt täglich die Heilsarmee
an der Ecke «Christmas Carols».
Du hörst die Melodien
und möchtest stehenbleiben,
du zögerst…
Es schmerzt die Erinnerung:
So schön wie damals
wird es nie wieder sein.
Klinik Südhang
Ehemalige Patientinnen und Patienten sind
am 24., 25. und 31. Dezember 2013, sowie am
1. Januar 2014 herzlich dazu eingeladen, gegen
einen bescheidenen Betrag in der Klinik zu
Abend zu essen. Das Essen beginnt um 18.00 Uhr
und wir bitten Sie, sich bis zum 18. Dezember im
Sekretariat unter Tel. 031 828 14 14 anzumelden.
Reformierte Kirche Kirchlindach
Vorweihnachtswoche 16. – 20. Dezember 2013
jeweils um 19:30 Uhr in der Kirche
Augen zu, Augen auf
Schon im Oktober
der Geruch nach Schnee
und weisse Felswände über Nacht
im späten Sommersonnenlicht.
Angebote über
die Festtage
(ausser Freitag):
Es schmerzt der Gedanke:
So schön wie es sein könnte,
war es nie, auch früher nicht.
Der stille Wunsch,
zu verreisen in ein fernes Land,
wo es kein Wort für Schnee gibt.
Oder dich zu verstecken hinter
verschlossenen Fensterläden,
dich fort zu trinken bis Neujahr.
Montag, 16. Dezember 2013
Orgelkonzert mit Chrigu Gerber
Dienstag, 17. Dezember 2013
Konzert der Gesangsschüler/innen von
Noe Fröscher
Mittwoch, 18. Dezember 2013
Offenes Singen mit Dieter und
Elisabeth Profos-Sulzer
Donnerstag, 19. Dezember 2013
Text und Musik zum Advent: Uta Pfautsch,
Orgel; Pfrn. Lore, Rahel Schopfer, Texte
Freitag, 20. Dezember 2013
Du schliesst die Augen.
Du wartest.
Atmest.
(Anmeldung an Pfr. Graf)
Wartest.
Christnachtfeier um 23:00 Uhr mit
Dann stösst du die Fensterläden auf,
du siehst schwere Wolken,
die Schnee herbeitragen
und die Kinder lärmen
auf dem Spielplatz.
Vorweihnachtsessen: Der Pfarrer kocht im
Pfrundhaus, 18:00 Uhr
Dienstag, 24. Dezember 2013
Pfr. Michael Graf
Mittwoch, 25. Dezember 2013
Fest-Gottesdienst mit Abendmahl um 09:30
Uhr mit Pfr. Michael Graf, Solisten
Du schaust…
War das gerade
der Anflug eines Lächelns
dort im Spiegelbild?
Du ziehst den Mantel an,
das Halstuch,
die Mütze…
… und gehst nach draussen.
express 3 | 2013 15
Südhang
Kompetenzzentrum für
Mensch und Sucht
3038 Kirchlindach
Telefon 031 828 14 14
Fax 031 828 14 24
[email protected]
www.suedhang.ch
Ausstieg aus der Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit
In unserer Klinik in Kirchlindach, in der
Tagesklinik und im Ambulatorium in der
Stadt Bern sowie in den Ambulatorien in
Burgdorf und Biel bieten wir vielfältige
Behandlungsmöglichkeiten an. Interessierte können sich jeweils am letzten Freitag jeden Monats von 14 bis 15 Uhr in der
Klinik Südhang unverbindlich über die
verschiedenen Therapieangebote informieren. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Mit unseren Broschüren erhalten Sie bereits einen ersten Einblick in die vielfältigen therapeutischen Programme des Südhangs, Kompetenzzentrum für Mensch
und Sucht. Kostenlose Bestellung unter:
031 828 14 14 oder [email protected]
Sucht tut weh
Stationärer Entzug, Entwöhnungstherapie und Arbeitsintegration
bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit
Besuchen Sie auch unsere Website
www.suedhang.ch
Sucht tut weh
Teilstationäre­Entwöhnungstherapie­
bei­Alkohol-­und­Medikamentenabhängigkeit
Sucht tut weh
Suchtmedizinische Abklärung und Behandlung
AZB
3038 Kirchlindach
Die Zeitschrift des Südhang | Ausgabe 3/13
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