Urologie Rheumatologie Urologie Rheumatologie

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H 64122
ISSN 1439-1139
2/2006
April
8. Jahrgang
Urologie
Rheumatologie
@ U R O LO G I E : Ü B E R A K T I V E B L A SE
Neues in der medikamentösen Therapie
@ U R O L O G I E : H A R N V E R H A LT
Lesen Sie mehr
dazu ab
Seite 12
Wiederherstellung der Spontanmiktion
@ R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
Medikamentöse Therapie der RA
@ R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
Eine vielschichtige Herausforderung
www.gerikomm.de
EDITORIAL
Tabuthemen, Rheumatoide
Arthritis, Osteoporose
I
n der Bevölkerung herrscht noch immer
die Meinung, Harninkontinenz sei –
insbesondere im Alter – ein unabwendbares Schicksal und als nicht lebensbedrohende Erkrankung nicht behandlungsbedürftig. So versorgte ein Patient seine Stressinkontinenz nach transurethaler Resektion
der Prostata 30 Jahre lang mit einer Penisklemme. Die Folge dieser inadäquaten Versorgung war die Entwicklung eiHarninkontinenz nes Penis-Druckulkus mit Harnwird aus Scham röhrenfistel, die den Patienten
dazu veranlasste, einen Arzt aufmeist verschwiegen
zusuchen. Dieses – extreme – Beispiel macht die Problematik der
Harninkontinenz extrem deutlich: Sie ist
für Patienten mit erheblichen Leidensdruck
verbunden, wird aber aus Scham meist verschwiegen. Oft ziehen sich die Betroffenen
auch noch aus der Gesellschaft zurück und
vereinsamen. Inkontinenz ist aber nicht ein
psychosoziales Problem, sondern auch ein
medizinisches. Denn sie ist neben sozialer
Isolation mit Depressionen, Stürzen und
Frakturen und häufigen Krankenhausaufenthalten assoziiert. Aus diesem Grund greift
das GERIATRIE JOURNAL dieses Thema immer wieder auf. In diesem Heft gibt Dr. Andreas Wiedemann ab Seite 12 einen Überblick über Neuigkeiten in der medikamentösen Therapie der Überaktiven Blase.
Durch die zunehmende Lebenserwartung
wird der Anteil der Personen, die im höheren Lebensalter erstmalig und auch dauerhaft von einer Rheumatoiden Arthritis betroffen sind, ansteigen. Diese Erkrankung
weist im höheren Alter häufig eine höhere
Entzündungsaktivität und Aggressivität auf
und ist mit erheblichen Einschränkungen
hinsichtlich Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen verbunden. Die
Rheumatoide Arthritis zeichnet sich klinisch
insbesondere durch einen akuten Beginn
mit schwerem Krankheitsgefühl, häufig mit
Befall der kleinen und großen Gelenke aus.
Hinzu kommen systemische Manifestationen in Form von Fieber, Gewichtsverlust,
Leistungsschwäche und rascher Muskelatrophie. Die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie erläutert Dr. Thomas
Brabant ab Seite 23.
Die Osteoporose stellt in der Geriatrie eines der häufigsten Krankheitsbilder dar.
Weltweit sollen 200 Millionen Menschen
darunter leiden. In der Europäischen Union
passiert alle 30 Sekunden eine Fraktur auf
Grund einer Osteoporose und in Deutschland ereignen sich – Hochrechnungen zufolge – jährlich ca. 225.000 Wirbelkörperhalsfrakturen und ca. 100.000 Schenkelhalsfrakturen. Diese Frakturen können
einschneidende Auswirkungen auf Morbidität und Mortalität der Betroffenen haben. 20% der Patienten mit Nur jeder vierte
Hüftfraktur versterben innerhalb des an Osteoporose
ersten Jahres nach dem Ereignis, 20- Erkrankte
40% der über 75-Jährigen werden wird therapiert
dadurch dauerhaft pflegebedürftig.
Bislang wird leider nur die Hälfte der
Erkrankungen diagnostiziert und nur jeder
vierte Erkrankte therapiert. Dr. Parvis Farahmand widmet sich der Osteoporose mit einem umfassenden Artikel. Teil 1 (S. 29 ff )
befasst sich mit Epidemiologie, Pathophysiologie, Ätiologie und Diagnostik. Teil 2 erscheint in Ausgabe 3/2006 und gibt Hinweise zur Schmerztherapie sowie zur medikamentösen und nicht medikamentösen
Therapie.
Eine informative Lektüre wünscht Ihnen
Jola Horschig
Redakteurin GERIATRIE JOURNAL
I N H A LT
EDITORIAL
Tabuthemen, Rheumatoide Arthritis, Osteoporose
Jola Horschig, Springe
3
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Foto: Wiedemann
Wichtige Informationen in Kürze
6
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Ein akuter Harnverhalt hat in vielen
Fällen die Anlage einer Harnblasenlangzeitdrainage zur Folge. Strukturiertes Vorgehen bietet die Möglichkeit, therapeutische Alternativen in
Betracht zu ziehen.
Seite
Schmerzen bei Gonarthrose: Glucosamin und Chondroitinsulfat bei
symptomatischer Gonarthrose
Delirium: Wie man der akuten Verwirrtheit auf Station vorbeugt
Ältere Ehepaare: Letalität nach Krankenhaus- und Heimeinweisung
des Ehepartners
9
9
10
16
U R O LO G I E : H A R N I N KO N T I N E N Z
Überaktive Blase – Neues in der medikamentösen Therapie
A. Wiedemann, Gelsenkirchen
12
U R O L O G I E : A K U T E R H A R N V E R H A LT
Strukturiertes Vorgehen zur Wiederherstellung der Spontanmiktion
A. Wiedemann, H. Müller, Gelsenkirchen
16
Foto: Wiedemann
U R O LO G I E : P E N I SV E R Ä N D E R U N G E N
Das Tabu unter der Bettdecke
A. Wiedemann, Gelsenkirchen
Scham, klassische Tabuisierung und
körperliche Defizite können dazu
beitragen, dass geriatrisch relevante Penisveränderungen über lange
Zeit unentdeckt und damit unbehandelt bleiben.
Seite
20
20
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
Die medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis
Thomas Brabant, Bremen und Dirk O. Stichtenoth, Hannover
Titelbild
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
© Getty Images/Stockbyte
Osteoporose – eine vielschichtige Herausforderung, Teil 1
Parvin Farahmand und Johann Diederich Ringe, Leverkusen
4
23
29
GERIATRIE JOURNAL 2/06
I N H A LT
P S Y C H I AT R I E : I N S O M N I E
36
ERNÄHRUNG: MALNUTRITION
„Patienten mit ernährungsbedingtem Risiko identifizieren“
Interview mit Prof. Dr. med. Sci Jens Kondrup
42
Foto: Farahmand
Schlafstörungen im Alter, Teil 2
Jürgen Staedt, Berlin
Die Osteoporose ist die wichtigste
und häufigste generalisierte metabolische Skeletterkrankung. Der
Artikel befasst sich mit Epidemiologie, Pathophysiologie, Ätiologie und
Diagnostik von Osteoporose.
Seite
29
E R N Ä H R U N G : W A S S E R H A U S H A LT
Dehydratation – viele Ursachen, eine Lösung
Dr. Susanne Nowitzki-Grimm, Schorndorf
45
G E R I AT R I E J O U R N A L – S P E Z I A L
Demenzbedingte Verhaltensstörungen:
Risperidon bleibt Mittel der Wahl
Jola Horschig, Springe
46
P U B L I K AT I O N E N : F A C H B Ü C H E R
Aktuelle Neuerscheinungen
48
Neues Lehrbuch für Geriatrie erschienen
Seite
48
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Gelenk- und Bewegungsschmerzen:
Studie belegt Wirkstärke von Etoricoxib bei akuter Gichtarthritis
Arthrose: Ernährungstherapie bei Arthrose
Osteoporose: Ergebnisse der EVA-Studie
49
49
50
DIVERSES
Termine/Impressum
GERIATRIE JOURNAL 2/06
51
Beilagenhinweis
Dieser Zeitschrift liegen Beilagen
der Deutschen Gesellschaft für
Geriatrie (DGG) und der Deutschen
Krankenhaus Verlagsgesellschaft
bei. Wir bitten um freundliche
Beachtung.
5
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Neue Rheumatherapie mit
entzündungshemmenden Exosomen
Eine Düsseldorfer Ärztegruppe hat eine
neue biologische Stoffklasse, sog. „entzündungshemmende Exosomen“, zur Behandlung von Gelenkrheuma entdeckt
und erfolgreich eingesetzt. Exosomen sind
Zellpartikel weißer Blutkörperchen, die
eine wichtige Rolle bei der Regulation des
Immunsystems spielen. „Durch Exosomen lernt das Immunsystem, die eigenen
Zellen wieder als eigen zu erkennen“, sagte Prof. Dr. med. Peter Wehling vom Zentrum für Molekulare Orthopädie. Wehling
behandelte 66 überwiegend austherapierte Rheumapatienten verschiedenen Alters
mit Exosomen. Es handelte sich um Patienten, bei denen mit klassischen Basistherapien und Operationen kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden
konnte.
Die Patienten erhielten eine einmalige Injektion der Exosomen in das rheumatische
Gelenk. „Wir haben bei zwei Drittel der
Patienten rasche und deutliche Besserungen beobachtet“, sagte Wehling, der die Patienten bis zu fünf Jahre lang beobachtet
hatte. Die Besserung hielt durchschnittlich
drei bis sechs Monate an und konnte mit
Quelle: ots/Pressemitteilung Zentrum
für Molekulare Orthopädie
Sturz – Risikoerfassung und
Prävention
Am 8./9. Mai 2006 veranstaltet die Bereichsleitung für Strukturentwicklung der
Stadt Wien im Rathaus Wien die Fortbildung „Sturz – Risikoerfassung und Prävention“. Wissenschaftliche Begleitung und
Organisation obliegen dem Ludwig-BoltzInstitut (LBI) für Interdisziplinäre Rehabilitation in der Geriatrie (Prim. Dr. Katharina Pils). Das Themenspektrum der Vorträge und Workshops ist breit gefächert und
reicht von der Erkennung der Risikofak-
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Arzt/Oberarzt mit
Weiterbildung Geriatrie
gesucht
Für die neu einzurichtende Geriatrische Abteilung suchen wir einen
Arzt oder Oberarzt mit der Weiterbildung Geriatrie. In der bestehenden
Inneren Abteilung werden alle Diagnostischen Verfahren der Grundversorgung angeboten.
Der Chefarzt verfügt über eine Weiterbildungsermächtigung Innere
Medizin von drei Jahren.
Ihre Bewerbung richten Sie bitte an:
Chefarzt Dr. med. Hartmut Wolf
Fabricius-Klinik Remscheid GmbH
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dem gleichen positiven Effekt wiederholt
werden. Das Zentrum für Molekulare Orthopädie, Düsseldorf, plant Langzeitstudien
zum besseren Verständnis der Exosomen
und ihrer Funktion innerhalb des Immunsystems.
toren über die Geriatrische Notfall-Trias
(Sturz – Exsikkose – Delirium) und das Österreichische Sturzassessment bis hin zur
Sturzprävention. Im Rahmen der Veranstaltung werden Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c.
Ursula Lehr für ihr Lebenswerk geehrt und
der Ignatus-Nascher-Preis verliehen. Die
Teilnahme ist kostenlos. Nähere Informationen sind erhältlich unter LBI, Ilse Howanietz, Tel: +43 1 52 103-5770, Fax -5779,
eMail: [email protected]
Alzheimer-Frühzeichen entdeckt
Bestimmte Eiweißstoffe in der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) weisen frühzeitig auf das Risiko hin, an der Alzheimer-Demenz zu erkranken. Das haben
schwedische Forscher von der Sahlgrenzka-Universität Göteborg herausgefunden. Gedächtnisstörungen können
vielfältige Ursachen haben. Ob sie aber
der Beginn einer Alzheimerkrankheit
sind, die in völliger Hilflosigkeit enden
kann, vermögen Ärzte heute noch nicht
vorauszusagen. Eine gezielte Frühbehandlung ist deshalb auch nicht möglich. Der Test auf die Eiweißstoffe „Beta-Amyloid“, „Gesamt-Tau“ und „phosphoryliertes Tau“ im Liquor könnte eine
frühe Prognose ermöglichen. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass
Patienten mit diesen Eiweißen innerhalb
der nächsten fünf Jahre tatsächlich an
Alzheimer erkrankten.
Quelle: ots/ Apotheken Umschau
6
GERIATRIE JOURNAL 2/06
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Dies und Das aus der Geriatrie
Generation 50Plus zeigt
sich sportlich
Die Generation der über 50jährigen
hält sich heute im Allgemeinen fit.
74% aller Bundesbürger über 50
Jahre geben an, Sport zu treiben
oder sich anderweitig körperlich zu
betätigen. Dabei sind Männer deutlich bewegungsmuffliger als Frauen
(69% zu 78%). Die beliebtesten
körperlichen Aktivitäten sind Spazierengehen (49%), Haus- oder Gartenarbeit (44,5%) und Schwimmen
(33%). Zu diesen Ergebnissen kam
eine Best-Ager-Studie der DBV-Winterthur Krankenversicherung in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut TNS-Infratest.
Die Bewegungsfreude nimmt mit
zunehmendem Alter nicht wesentlich
ab. Sind es bei den 50 bis 60-Jährigen 75%, die sich körperlich betätigen, sind es bei den über 60-Jährigen immerhin noch 73%. Allerdings
verschiebt sich die Präferenz mit
zunehmendem Alter deutlich vom
Joggen und Fahrradfahren zum Spazierengehen und zur Gymnastik.
Quelle: ots/DBV-Winterthur Versicherungen
Modellprojekt
„Fit für 100“
Im Raum Köln startete das Modellprojekt „Fit für 100“ mit ersten Bewegungsangeboten für hochbetagte
Menschen. Forscher der Universität
Bonn entwickelten zusammen mit
der Deutschen Sporthochschule
Köln Angebote, mit denen alte Menschen länger fit bleiben sollen. Ziel
ist ein Leitfaden, der Senioren- und
Pflegeheime berät, wie sie entsprechende Angebote aufbauen können.
Mitinitiatoren des Projektes sind die
Landesseniorenvertretung NRW und
der LandesSportBund NRW. Erste
Modelle mit 16 Einrichtungen werden nun in verschiedenen Regionen
NRWs in sämtlichen Bereichen der
Altenhilfe erprobt. In einer Kölner
Einrichtung wird es beispielsweise
spezielle Kurse für Menschen mit
Demenz geben.
Quelle: VDAB
8
Dekubitus-Forum will
Versorgungsqualität verbessern
Die Unternehmen des Fachbereichs
„Hilfsmittel gegen Dekubitus“ des
Bundesverbands Medizintechnologie
(BVMed) haben in Berlin ein Dekubitus-Forum ins Leben gerufen. Ziel ist es,
an den künftigen Rahmenbedingungen
der Versorgung mit Hilfsmitteln gegen
Dekubitus mitzuwirken, die Information
von Ärzten, Patienten und der Öffentlichkeit zu verbessern, ein „Qualitätsbewusstsein“ und entsprechende Qualitätsstandards zu etablieren sowie eine umfassende Marktforschung zu betreiben, so
der BVMed.
Quelle: BVmed
Versorgungsforschung –
Manuskriptaufruf/Call for Papers
Das Deutsche Ärzteblatt ist sich der enormen Bedeutung von Ergebnissen in der
Versorgungsforschung für alle Ärzte und
Entscheider im Gesundheitswesen bewusst.
und ruft Autoren dieser Forschungseinrichtungen auf, wissenschaftliche Originalarbeiten einzureichen. Es sollte sich um
Ergebnisse handeln, die für die allgemeine Leserschaft der Zeitschrift von Interesse sind. Entsprechende Originalarbeiten
sollen nach einer redaktionellen Vorauswahl
dem obligaten Peer-Review-Verfahren dem
Deutschen Ärzteblatt zugeführt werden.
Über eine Veröffentlichung wird dann auf
der Basis von Gutachten entschieden.
Autoren werden gebeten, bei der Manuskripterstellung die Autorenhinweise
(www.aerzteblatt.de) einzuhalten, insbesondere hinsichtlich der Umfangsgrenzen.
Manuskripte sind zu senden an: Priv.Doz. Dr. med. Christopher Baethge, Leiter der Medizinisch-Wissenschaftlichen
Redaktion, Ottostr. 12, 50859 Köln, eMail:
[email protected]
NICE-Institut gibt Empfehlungen
zur Alzheimer-Therapie
Der Schwerpunkt in der Behandlung der
Alzheimer Demenz liegt darauf, den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen und
die Symptome zu bessern. Welche Medikamtene dazu am besten geeignet sind,
hat das britische NICE-Institut (National
Institute for Health and Clinical Excellence) überprüft und sich dabei vor allem
mit der Bewertung von Medikamenten
unter Berücksichtigung des medizinischen
Nutzens und der Wirtschaftlichkeit befasst
Für ihre Empfehlungen werteten die
Wissenschaftler die Ergebnisse von 32 internationalen Studien aus, an denen mehr als
12.000 Alzheimer-Patienten teilgenommen hatten. Als für die Alzheimer-Therapie besonders geeignet und sinnvoll beurteilt NICE Medikamente aus der Gruppe
der sog. Acetylcholinesterasehemmer
(AChE). So konnte z.B. der auch in
Deutschland verfügbare AChE-Wirkstoff
Galantamin bei 57% der damit behandelten Demenz-Patienten die geistige Leistungsfähigkeit stabilisieren oder sogar verbessern.
Prof. Lutz Frölich, Zentralinstitut für
seelische Gesundheit in Mannheim sieht
die bisherige Vorgehensweise gegen die
Alzheimer-Demenz durch die NICE-Empfehlungen bestätigt. Er plädiert allerdings
für einen früheren Therapiebeginn als NICE dies vorsieht, da bekannt sei, dass die
Medikamente gerade am Beginn der Alzheimer-Demenz besonders erfolgreich helfen. Eine ähnliche Meinung vertritt auch
die britische Alzheimer-Gesellschaft.
Quelle: dgk/www.nice.org.ug
GERIATRIE JOURNAL 2/06
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Schmerzen bei Gonarthrose
Glucosamin und Chondroitinsulfat bei
symptomatischer Gonarthrose
Eine Studie untersuchte den Einfluss
von Glucosamin und Chondroitinsulfat
auf Schmerzen bei Gonarthrose. Sie
zeigte, dass die Kombination durchaus
eine Therapieoption darstellt.
S
tudie: An der multizentrischen, prospektiven Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie waren insgesamt 1.583
Patienten mit symptomatischer Gonarthrose beteiligt. Sie wurden durch Randomisation einer der folgenden fünf Therapiegruppen zugeteilt: Therapie mit täglich
1.500 mg Glucosamin oder Therapie mit
1.200 mg Chondroitin Sulfat oder mit beiden Substanzen gemeinsam. Zwei weitere
Patientengruppen wurden entweder mit
Plazebo oder mit Celecoxib behandelt. Das
mittlere Alter der Patienten betrug 59 Jahre, 64% waren Frauen. Die Studiendauer
betrug 24 Wochen.
Ergebnisse: Der Hauptendpunkt der
Studie war eine 20%-ige Reduktion der
Schmerzen auf einer standardisierten
Schmerzskala. Dabei fand sich kein statistisch signifikanter Unterschied in der
Schmerzreduktion zwischen der alleinigen
Gabe von Glucosamin oder Chondroitinsulfat sowie der Kombinationsbehandlung
mit beiden Substanzen im Vergleich zu
Plazebo. Lediglich in der Gruppe der Patienten mit mäßiggradigem bis schwerem
Schmerz (N = 356) zeigte sich die Kombinationsbehandlung beider Substanzen
dem Plazebo bei der Schmerzreduktion
überlegen (79,2% versus 54,3%, p =
0,002). Die Ansprechrate von 200 mg Celecoxib übertraf die Rate der Plazebogruppe
um 10% (p = 0,008).
Diskussion: Auffällig bei dieser Studie
war die hohe Ansprechrate des Plazebo:
Bei 60,1% der Patienten besserte sich der
Gonarthroseschmerz unter Plazebotherapie. Dieser hohe Wert konnte weder durch
Glucosamin noch durch Chondroitinsulfat signifikant übertroffen werden. Der
Nachweis der schmerzlindernden Wirkung
von Colecoxib stärkt die Aussagekraft der
Studie. Die insgesamt geringfügigen und
GERIATRIE JOURNAL 2/06
seltenen Nebenwirkungen waren gleichmäßig auf alle Therapiegruppen verteilt.
Kommentar: Vorangegangene Studien
mit beiden Substanzen haben unterschiedliche Ergebnisse gezeigt; teilweise
konnte ein Nutzen gezeigt werden, teilweise auch nicht. Die Mehrzahl der Studien wies erhebliche methodische Mängel
auf. Die vorliegende Untersuchung ist die
bislang größte prospektive Studie zu dieser für den klinischen Alltag bedeutsamen
Fragestellung. Auf die Praxis übertragen
bedeuten die Studienergebnisse, dass bei
ausgeprägter schmerzhafter Gonarthrose
die Kombination beider Substanzen durchaus eine Therapieoption darstellt, insbesondere vor dem Hintergrund der minimalen Nebenwirkungen.
PD Dr. Rupert Püllen, Frankfurt am Main
Quelle Clegg DO et al: Glucosamine,
Chondroitin Sulfat, and the Two in Combination for Painful Knee Osteoarthritis.
NEnglJMed 2006; 354: 795-808
Delirium
Wie man der akuten
Verwirrtheit auf
Station vorbeugt
Die akute Verwirrtheit (Delirium) ist eine
häufig auftretende Komplikation bei älteren Patienten. Das Delirium stellt allerdings nicht nur für die stationäre Führung
des Patienten ein Problem dar, delirante
Phasen sind nicht zuletzt Alarmzeichen
und mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf korreliert. Eine britische Studie
untersuchte, ob Pflegende die akute Verwirrtheit beeinflussen können.
E
ine Arbeitsgruppe bestehend aus Allgemeinkrankenhäusern und psychiatrischen Abteilungen an Londoner Kran-
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Tab. 1: Inhalte des Schulungsprogramms
Tab. 2: Ursachen der Verwirrtheit
General information an delirium:
@ Definition
@ Aetiology
@ Epidemiology
@ Symptoms
@ Outcomes
Prevention:
@ Recognition of risk factors
@ Active management of treatable risk factors
@ High vigilance
@ Active early intervention of cases with possible diagnosis
Management of diagnosed delirium cases:
@ Environmental
@ Nursing care
@ Investigations
@ Identifying and treating underlying causes
@ Management of symptoms
Non-pharmacological
Pharmacological, assess after 48 hours and discontinue before discharge.
Intervention
ward
Number of patients assessed
122
Mean age
81,39
Sex (male : female)
57 : 65
Mean DRS (all subjects)
4,22
Mean DRS (delirium patients only)
18,83
Mean AMTS (all patients)
6,59
Mean AMTS (delirium patients only)
3,25
Number of dementia cases
26
Underlying dementia in delirium
6/12
Point prevalence delirium
12/122
Recognition of delirium cases
8/12
Overall recorded diagnosis
20/116
kenhäusern und der Universität Brighton
verfolgte die Arbeitshypothese, dass Intervention und Verhütung von Verwirrtheit
durch entsprechende Schulung des Personals auch den Krankheitsverlauf günstig
beeinflussen können.
Studie: Das Design der Studie war
eine einfachverblindete Fallkontrollstudie.
Sie wurde in zwei Akut-Aufnahmestationen von hochfrequentierten Londoner
Innenstadt-Hospitälern durchgeführt.
Konsekutiv wurden 250 Akutaufnahmepatienten mit einem Alter >70 im stationären Verlauf beobachtet. Das Schulungsprogramm für das Personal bestand
aus einer Stunde Frontalunterricht verbunden mit einer Gruppendiskussion
und Darstellung von Leitlinien zum Management verwirrter Patienten. Die Initialschulung wurde ergänzt durch mehrere Folgeunterrichte und Supervisionen
und vor allen Dingen von Fallbesprechungen bereits entlassener Patienten, die im
Verlauf dieses Aufenthaltes eine delirante Phase gezeigt hatten.
Ergebnisse: Die Prävalenz von Verwirrtheitszuständen wurde signifikant reduziert, aber nur in der Interventionsgruppe, nicht jedoch in der Kontrollgruppe:
9,8% versus 19,5%, P < 0,05.
10
Control
ward
128
79,28
62 : 66
5,65
19,16
7,12
2,30
20
12/23
22/128
6/23
13/120
P value
0,007**
0,442
0,087
0,804
0,218
0,304
0,342
1,000
0,034*
0,001**
0,156
* p < 0,05, ** p < 0,01
Diskussion: Die Ausgangshypothese wurde in dieser Untersuchung vollständig bestätigt.
Ein vergleichsweises einfaches
Schulungsprogramm (Tab. 1)
führte in kurzer Zeit zur Verhütung von Verwirrtheitsphasen oder
zumindest zur Früherkennung der Symptome und damit konsekutiv zur richtigen Intervention. Die Ursachen der Verwirrtheit entsprachen der üblichen bekannten Verteilung in der Literatur
(Tab. 2).
Kommentar: Auf Grund der Ergebnisse
der hier dargestellten Studie sollten durch
ein intensives, wenn auch kurzes Trainingsprogramm, Pflegende, die öfters mit typischen Risikopatienten für akute Verwirrtheitszustände arbeiten, geschult werden.
Prof. Dr. Dr. Gerald F Kolb, Lingen (Ems)
Tabet N, Hudson S, Sweeney V, Sauer J,
Bryant C, MacDonald A, Howard R. An
educational intervention can prevent
dellrium on acute medical wards.
Age and Ageing 2005; 34: 152-156
Ältere Ehepaare
Letalität nach Krankenhaus- und Heimeinweisung des Ehepartners
Die Lebenserfahrung zeigt, dass bei zusammen alt gewordenen Ehepartnern eine
schwere Erkrankung, eine Hospitalisierungsphase oder die Heimeinweisung oft auch
gesundheitliche Folgen des Ehepartners nach sich zieht. Diese Annahme ist jedoch
statistisch bislang noch nie recht bewiesen worden. Eine amerikanische Arbeitsgruppe hat sich dieser Frage einmal systematisch angenommen.
S
tudie: Es wurden 518.240 Ehepaare,
die in das Medicare-Programm 1993
aufgenommen worden waren, untersucht.
Dabei wurden die Ereignisse Hospitalisation und Tod während der folgenden neun
Jahre bei den Ehepartnern verfolgt.
Eine große Zahl, nämlich 383.480
(74%) Ehemänner und 347.269 Ehe-
frauen (67%) wurden im Beobachtungszeitraum zumindest einmal im Krankenhaus aufgenommen. 252.557 Ehemänner
(49%) und 156.004 Ehefrauen (30%)
starben in diesem Zeitraum. Die Letalität
(engl. Mortality) nach der Hospitation eines Ehepartners variierte in Abhängigkeit
von der Diagnose des Ehepartners ganz erGERIATRIE JOURNAL 2/06
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Foto: Ortho Biotech, Division of Janssen-Cilag GmbH
heblich. Unter den Männern starben 6,4%
innerhalb eines Jahres, wenn die Partnerin an einem Kolon-Karzinom erkrankte,
6,9% wenn die Partnerin einen Schlaganfall erlitten hatte, 7,5%, wenn der Aufnahmegrund eine psychiatrische Diagnose war und 8,6% im Fall von Demenz. Unter den Ehefrauen starben 3,0% innerhalb
eines Jahres, wenn der Ehepartner an einem Kolon-Karzinom erkrankte, 3,7%
wenn er wegen eines Schlaganfalls aufgenommen wurde, 5,7% bei psychiatrischen
Diagnosen und 5% bei Aufnahmegrund
Demenz. Adaptiert an die alterstypische
Kovariablen zeigte sich im Fall von Darmkrebs kein wesentlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern, wohl hingegen
aber bei Schlaganfall (hazard ratio 1,06,
95% confidence interval, 1,03 bis 1,09).
Weitere Unterschiede zeigten sich bei
Herzinsuffizienz, Hüftfraktur, psychiatrischen Erkrankungen oder Demenz. Alles
über alles war für die Ehemänner das Letatitätsrisiko im Zusammenhang mit einer Hospitalisation der Partnerin mit 22%
(17-27%) höher als für Frauen mit 16%
(8-24%) bezogen auf einen Einjahreszeitraum.
Diskussion: Die Studie zeigt eindeutig,
dass für Ältere die schwere Erkrankung
und Hospitalisierung eines Ehepartners
mit einer signifikanten Risikoerhöhung
zum eigenen Tod verbunden ist.
Die Ergebnisse der ganz aktuell vorliegenden Studie fordern Interventionsprogramme bei Hospitalisation Älterer, die in
festen Beziehungen, in der Regel traditionellen Ehen leben, geradezu und dringend
heraus.
Prof. Dr. Dr. Gerald F Kolb, Lingen (Ems)
Nicholas A Christakis, Paul D. Allison.
Mortality after the Hospitalization of a
Spouse. N ENG J Med 2006; 354:
719-30
ANZEIGE
GERIATRIE JOURNAL 2/06
11
U R O LO G I E : H A R N I N KO N T I N E N Z
Überaktive Blase – Neues in der
medikamentösen Therapie
A. Wiedemann, Gelsenkirchen
Für die Behandlung der Überaktiven Blase steht heute neben klassischen Substanzen eine Reihe von neuen Präparaten bzw. neuen Darreichungsformen zur Verfügung. Der Artikel gibt eine Übersicht über ihre
pharmakologischen Eigenschaften und ihre Wirksamkeit.
D
© Autor
ie Bedeutung der Harninkonti- Diabetes mellitus – nicht behandlungsnenz im medizinischen Alltag in bedürftig sei. Dabei wissen wir heute, dass
Klinik und Praxis bildet nicht ih- eine Harninkontinenz nicht nur zu einer
re altersabhängig steigende Prävalenz mit Vereinsamung der Betroffenen führt und
rund 40% der Bevölkerung [16] ab. Die- damit ihre Lebensqualität mindert, sonses Phänomen hat mehrere Gründe: Ne- dern auch ganz konkret schwerwiegende
ben dem immer noch weit verbreiteten medizinische und soziale Folgen hat. HierIrrglauben, eine Harnzu zählen habituelMit zunehmendem Alter
inkontinenz sei eine
les Dursten [15],
Alterserscheinung und
Heimunterbringung
ist die Prävalenz der Harndamit unabwendbares inkontinenz bei Männern fast [24], Stürze und
Schicksal, ist es auch
Frakturen [4], Uroso hoch wie die bei Frauen
die schambedingte
sepsis [7] und DeTabuisierung durch
pression [10]. In Anden Patienten, der besonders eine leichte betracht dieser doch erheblichen medizioder mittelschwere Harninkontinenz lie- nischen und sozialen Folgen und den
ber über Jahre einer – häufig insuffizien- bestehenden Überlappungen mit neuroten – Selbstversorgung zuführt, als pro- logischen, internistischen und chirurgifessionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. schen Krankheitsbildern ist der Stellenwert
Ein Extrembeispiel ist hierfür der in Abb. 1 der Harninkontinenz in der ärztlichen
gezeigte Patient, der seine drittgradige Routineausbildung als eher unterrepräStressinkontinenz nach transurethraler
Resektion der Prostata Anfang der 1970er
Jahre mehr als 30 Jahre lang mit einer Penisklemme versorgte. Der Grund für den
ersten Arztkontakt in dieser Sache war
dann die Entwicklung eines Penis-Druckulkus mit Harnröhrenfistel, die eine weitere Versorgung mit dem Inkontinenz„Hilfsmittel“ unmöglich machte, also
letztlich die Nichtanwendbarkeit der insuffizienten und inadäquaten Versorgung.
Wer letztendlich die Penisklemme rezeptierte, ließ sich nicht mehr eruieren.
Die Unterschätzung des Problems
„Harninkontinenz“ liegt aber auch in der Abb. 1: Penisulkus mit Harnöhrenfistel
weit verbreiteten Ansicht begründet, dass nach 30-jährigem Gebrauch einer Penisdie Harninkontinenz als nicht lebensbe- klemme (nach mehreren Selbstumbauten
drohende Erkrankung – anders als z.B. und mit Puderresten rechts dargestellt)
12
sentiert anzusehen. So herrscht vielfach
noch die Auffassung vor, dass Harninkontinenz ganz überwiegend ein weibliches Problem ist und insbesondere ein
Problem der Frau nach (vaginalen) Geburten. Dies ist jedoch sowohl im Vergleich von Frauen, die geboren haben mit
ihren nulliparen Schwestern [5], als auch
für den Vergleich der von Frauen mit vaginalen Geburten bzw. Kaiserschnitten
[13] widerlegt.
Mit zunehmendem Alter ist die Prävalenz der Harninkontinenz bei Männern
fast so hoch wie die bei Frauen [29]. Die
Gründe hierfür sind beide Geschlechter
betreffende ultrastrukturelle Veränderungen von Sphinkterapparat [22] und
Detrusor [11, 12] neben einer Vielzahl von
Erkrankungen anderer Organsysteme wie
Schlaganfall, M. Parkinson oder Diabetes mellitus, die Inkontinenz nach sich
ziehen können.
Nomenklatur
Die internationale Fachgesellschaft mit
Meinungsführer-Charakteristik, die „International Continence Society“ (ICS) definiert Harninkontinenz als jeden unfreiwilligen Urinverlust [1]. Dabei wird im
Rahmen eines Organigramms Harninkontinenz auf der untersten Stufe zunächst
als Symptom gesehen, das durch Beobachtung im Rahmen der körperlichen
Untersuchung oder durch einfache diagnostische Maßnahmen wie Stress-Test
oder Vorlagen-Wiege-Test („sign“) verifiziert werden kann. In der nächsten Stufe
wird eine Inkontinenz durch eine urodynamische Messung evaluiert und damit zu
einer „urodynamic observation“. Lässt sich
das Symptom einer Harninkontinenz auf
diese Weise kongruent in allen Ebenen
nachweisen, wird von „condition“ gesprochen (Abb. 2).
GERIATRIE JOURNAL 2/06
U R O LO G I E : H A R N I N KO N T I N E N Z
Conditions
urodynamic
observations
signs suggestive
of lower urinary
tract dysfunction (LUTD)
lower urinary tract symptoms
(LUTS)
Abb. 2: ICS-Terminologie
Neu in der ICS-Terminologie ist die Ablösung des Begriffs „Stressinkontinenz“
durch den die Pathophysiologie besser beschreibenden Terminus „Belastungsinkontinenz“ und die Zusammenfassung aller sprachlich unscharfen Bezeichnungen
für die verschiedenen Ausprägungen einer
Harndranginkontinenz unter dem Dach
der „Überaktiven Blase“. Dieser Begriff
ergänzt dabei bewusst die klassische Harndranginkontinenz mit unfreiwilligem Urinverlust mit starkem Harndrang als „overactive bladder wet“ um den der „Überaktiven Blase“ mit Pollakisurie, Nykturie und
imperativem Harndrang aber ohne Harnverlust als „overactive bladder dry“.
Medikamentöse Therapie
Für die Behandlung der Überaktiven Blase steht heute neben den klassischen Substanzen Oxybutynin, Tolterodin, Propiverin und Trospiumchlorid eine Reihe von
neuen Präparaten bzw. neuen Darreichungsformen zur Verfügung. So wurden
2004 und 2005 Solifenacin und Darife-
nacin zugelassen, zu Oxybutynin wurden tertiären Aminen hydrophil. Im Hinblick
eine retardierte orale Darreichungsform auf die Rezeptoraffinität zu den mit M1und ein Pflaster entwickelt. Für 2007 ist M5 benannten muskarinergen Rezeptordie Zulassung eines weiteren Anticholin- subtypen besitzt Darifenacin eine höheergikums, Fesoterodin, vorgesehen.
re Affinität zu dem Rezeptor-Subtyp „M3“
In der Beurteilung der internationalen als zu anderen Rezeptorsubtypen und wird
Fachgesellschaften werden alle Anticholi- deshalb häufig als „M3-selektiv“ bezeichnergika als wirksam und verträglich be- net.
urteilt [2]. Neuere randomisierte UnterDie chemische Struktur der auf dem
suchungen zeigen bei allen Präparaten ei- Markt befindlichen Anticholinergika hat
ne statistisch signifikante Besserung der Konsequenzen für die pharmakologischen
Symptomatik bei einer Mundtrocken- Eigenschaften der Substanzen: Während
heitsquote, die zwischen 20 und 30% tertiäre Amine über die Leber durch Zytoliegt. Eine Ausnahme bildet hier das Oxy- chrome abgebaut werden, wird das quarbutynin-Pflaster, das mit einer Mundtro- täre Amin nahezu komplett renal elimickenheitsrate von 9,6% am besten ab- niert. Da die hepatischen Zytochrome
schneidet (Tab. 1).
durch eine Vielzahl von Substanzen inBei vergleichbarer Wirksamkeit und duziert oder inhibiert werden können,
(mit Ausnahme des Oxybutynin-Pflas- bedeutet der klinische Einsatz eines terters) ähnlicher Quote an Mundtrocken- tiären Amins die Notwendigkeit des Abheit stellt sich die Fragleiches der noch verNeu in der ICS-Terminologie
ge nach den klinisch
ordneten Medikarelevanten Unter- ist die Ablösung des Begriffs mente des Patienten
schieden. Diese ergeauf eine mögliche
„Stressinkontinenz“
ben sich im Hinblick
Interaktion auf der
durch den Terminus
auf die pharmakoloEbene des Zytoch„Belastungsinkontinenz“
gischen Eigenschaften
rom-Systems [32],
der Substanzen. So
um einen Wirkverlust
können alle Anticholinergika nach unter- im Falle einer Komedikation mit einem
schiedlichen Ordnungskriterien eingeteilt Zytochrom-Induktor oder eine Wirkverwerden, etwa nach der chemischen Struk- stärkung bis hin zu toxischen Effekten
tur oder der Rezeptoraffinität.
bei gleichzeitiger Gabe eines ZytochromAlle Anticholinergika gehören mit Aus- Inhibitors zu vermeiden. Zu einem solnahme von Trospiumchlorid zu der Grup- chen Wirkverlust durch Zytochrom-Inpe der tertiären Amine; Trospiumchlorid duktion kommt es bei Komedikation mit
besitzt als einziger Vertreter der sog. quar- Rifampicin, Carbamazepin und Dexatären Amine eine positive Ladung und methason, während Ketoconazol, Itroverhält sich damit im Gegensatz zu den conazol, Erythromycin, Verapamil, Flu-
Tab. 1: Übersicht Untersuchungen
Neuere randomisierte, doppelblinde Untersuchungen zu den derzeit auf dem Markt befindlichen Anticholinergika
(Darstellung – wo möglich – der Veränderung der Miktionsfrequenz in 24 Stunden und der Mundtrockenheit)
Trospium 2 x 20; Zinner 2004 [32]
Propiverin 3 x 15; Dorschner 2000 [9]
Oxybutynin ER; Appell 2001 [3]
Oxybutynin TDS; Dmochowski 2002[8]
Tolterodin 2 x 2; Malone-Lee 2001 [19]
Tolterodin 4 mg; V. Kerrebroeck 2001 [27]
Solifenacin 5-10 mg; Chapple 2005 [6]
Darifenacin 15 mg; Haab [14]
14
Abnahme der Miktionsfrequenz [%] (wo möglich)
Verum
Plazebo
Kontrolle
Mundtrockenheit
-19%
-10%
–
21,8%
-22%
-8%
–
–
-22%
–
-27% (Tolterodin 2 x 2)
28,1%
-2,3
-1,7
–
9,6%
Miktionen
Miktionen
-18%
–
-18% Oxybutynin (2 x 2,5-5)
37%
-32%
–
-30% (Tolterodin 2 x 2)
21%
-21%
–
-19% (Tolterodin 2 x 2)
30%
-15,3%
-8%
–
31,3%
GERIATRIE JOURNAL 2/06
U R O LO G I E : H A R N I N KO N T I N E N Z
oxetin, Codein, Haloperidol und Meto- antwortlich für die Kognition sind, könnprolol Zytochrome inhibieren und damit te diese Substanz ebenfalls zu einer Rezu einer unerwünschten Wirkverstärkung duktion von zentralnervösen Nebenführen können.
wirkungen bei vorgeDie renale Elimina- Die internationalen Fach- schädigten Personen
tion des quartären gesellschaften beurteilen beitragen. Erste ErgebAmins bedeutet einen
alle Anticholinergika als nisse zu ZNS-NebenZugriff auf das Zielorwirkungen bei Patienwirksam und verträglich
gan „Harnblase“ nicht
ten über 65 Jahren, die
nur systemisch über
über zwei Wochen mit
den Blutweg, sondern auch über die uro- Darifenacin behandelt wurden, konnten
theliale Seite. So ist eine Bindung ver- keine derartigen Nebenwirkungen zeischiedener Anticholinergika an muskari- gen [20].
nerge Rezeptoren des Urothels heute
belegt [9]; für Trospiumchlorid, das un- Literatur
1. Abrams P, Cardozo L, Fall M, Griffith D, Rosier P,
verändert renal eliminiert wird, wäre daUlmsten U, Van Kerrebroeck P, Victor A, Wean A: The
mit eine pharmakologische Aktivität
standardisation of terminology in lower urinary tract
function: report from the standardisation subdurch lokale Effekte zu postulieren.
committee of the International Incontinence Society,
Ein weiterer Unterschied zwischen den
Urology 61 (2003): 37-49
verschiedenen Anticholinergika ergibt sich
2. Abrams P, Cardozo L, Khouri S, Wein A: Pharmacological treatment of urinary incontinence, 3 Internahinsichtlich ihrer Liquorgängigkeit und
tional Consultation on Incontinence, Edition 2005,
damit dem Risiko der potentiellen Aus822-6
lösung von zentralnervösen Nebenwir3. Appell RA, Sand P, Dmochowski R, Anderson R,
Zinner N, Lama D, Roach M, Miklos J, Saltzstein D,
kungen. Diese sind wegen ihres unterBoone T, Staskin DR, Albrecht D: Prospective randoschiedlichen klinischen Erscheinungsbilmized controlled trial of extended-release Oxybutydes, das von Schlafstörungen [3] über
nin chloride and Tolterodine Tartrate in the treatment of overactive bladder: results of the OBJECT
Gedächtnisstörungen [8] bis hin zu Halstudy, Mayo Clin Proc 76 (2001): 358-53
luzinationen [19] und neuropsychiatri4. Brown JS, Vittinghoff W, Wyman J: Urinary incontischen Krankheitsbildern [27, 6] oder Parnence: does it increase risk for falls and fractures?
JAGS 48 (200) 721-25
kinson-artigen Erscheinungsbildern [10,
5. Buchsbaum GM, Duecy EE, Kerr LA, Huang LS,
30] reicht, ein unterschätztes Problem in
Guzick DS: Urinary incontinence in nulliparous
women and their paraous sisters, Obstet gynecol
der medikamentösen Inkontinenzbe106 (2005): 1253-8
handlung. Lipophile Substanzen mit nie6. Chapple CR, Martinez-Garcia R, Selvaggi L, Toozsdrigem Molekulargewicht, zu denen alle
Hobson P, Warnack W, Drogendijk T, Wright DM,
Bolodeku J: A comparison of the efficacy and toleratertiären Amine zählen, können die Blutbility of solifenacin succinate and extended release
Liquorschranke penetrieren und damit
Tolterodine at treating overactive bladder syndrome:
Effekte im ZNS auslösen. Dies ist bei
results of the STAR trial, Eur Urol 27 (2005): 464-70
7. Diokno AC, Brock BM, Herzog AR, Bromberg J: Medidem quartären Amin Trospiumchlorid,
cal correlates of urinary incontinence in the elderly,
das als hydrophile Substanz eine positive
Urology 36 (2000): 129-38
Ladung trägt, nicht möglich. So gibt es
8. Dmochowski RR, Davila W, Zinner NR, Gittelman MC,
Saltzstein DR, Lyttle S, Sanders SW: Efficacy and
folgerichtig in der Literatur bisher nicht
safety of transdermal oxybutynin in patients with
einen Fallbericht über ZNS-Nebenwirurge and mixed urinary incontinence, J Urol 168
kungen unter dem Einfluss von Trospi(2002): 580-6
9. Dorschner L, Stolzenburg JU, Griebenow R, Halaska
umchlorid.
M, Schubert G, Murtz G, Frank M, Wieners F: Efficacy
Eine andere Konzeption zur Redukand cardiac safety of propiverine in elderly patients
– a double-blind, placebo-controlled clinical study,
tion von ZNS- und anderen NebenwirEur Urol 37 (2000): 702-8
kungen liegt der Entwicklung von Dari10. Dugan E, Cohend SJ, Bland DR: The association of
fenacin zugrunde. Während alle Antidepressive symptoms and urinary incontinence
among older adults
cholinergika die verschiedenen peripheren
11. Elbadawi A, Yalla SV, Resnick NM: Structural basis of
Rezeptorsubtypen des cholinergen Sysgeriatric voiding dysfunction. III. Detrusor overactivitems gleichmäßig beeinflussen, besitzt
ty, J Urol 150 (1993): 1668-80
Darifenacin eine rund 10-fach höhere 12. Elbadawi A, Yalla SV, Resnick NM: Structural basis of
geriatric voiding dysfunction. II. Normal versus
Affinität zum M3- im Vergleich mit dem
impaired contractility, J Urol 150 (1993): 1657-67
M1-Rezeptor. Da zentrale M1-Rezepto- 13. Fritel X, Ringa V, Varnoux N, Fouconnier A, Pialt S,
Breart G: Mode of delivery and severe stress incontiren in Kortex und Hippocampus verrd
GERIATRIE JOURNAL 2/06
nence: a cross-sectional study among 2625 perimenopausal women, BJOG 112 (2005): 1646-51
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bladder symptoms: a multicentre phase III trial,
J Urol 171: (2004): 2311-15
Dr. Andreas Wiedemann, Urologische
Abteilung, Marienhospital, Virchowstr. 135, 45886 Gelsenkirchen
15
U R O L O G I E : A K U T E R H A R N V E R H A LT
Strukturiertes Vorgehen zur Wiederherstellung der Spontanmiktion
A. Wiedemann, H. Müller, Gelsenkirchen
B
ei einem akuten Harnverhalt Unterbauchtumor“ an eine volle Harndroht in vielen Fällen der Kathe- blase zu denken, hat an Aktualität auch
ter nicht nur als Erstmaßnahme, heute nichts eingebüßt.
sondern als häufig unkritisch und vorschnell eingeleitete Definitivversorgung.
Abschätzung der Ursache
Dies gilt umso mehr bei zu Hause oder
in Pflegeeinrichtungen lebenden Patien- Zusammen mit der rektalen Palpation
ten, für die nicht das ganze apparative In- (Prostata vergrößert/suspekt) ergibt die
strumentarium mehrerer Fachdisziplinen Anamnese des Patienten Hinweise auf die
Ursache der zur Dekomgreifbar ist. Umso wichpensation des unteren
tiger scheint es, durch
Der alte Merkspruch,
Harntraktes führenden
ein strukturiertes, stanbei einem „palpablen
Erkrankung. Die klassidardisiertes Vorgehen
Unterbauchtumor“ an
sche Einteilung in einen
die Chancen auf eine
Restitution der Spon- eine volle Harnblase zu obstruktiven Harnverhalt
oder eine Blasenatonie ist
tanmiktion in dieser Sidenken, hat an Aktuabei geriatrischen Patientuation zu optimieren
lität nichts eingebüßt
ten häufig verwischt, weil
und bei jedem Patieneine obstruktiv wirkende
ten alle operativen Therapieoptionen unter Einbeziehung aller Benigne Prostatahyperplasie (BPH) geminimal-invasiven Verfahren zu prüfen, nauso häufig vorhanden ist wie eine antiehe eine Langzeit-Harnblasendrainage cholinerge Begleitmedikation oder eine
autonome Polyneuropathie als potenmittels Katheter indiziert wird.
tielle Auslöser einer schlaffen Blase. Besteht jedoch ein Status nach transurethDiagnose Harnverhalt
raler Operation, sollte der Patient zum
Die Diagnosestellung kann klinisch Ausschluss eines konservativ nicht bedurch Blick (Abb. 1) oder Palpation in einflussbaren subvesikalen Hindernisses
Zusammenhang mit der anamnestischen wie einer Harnröhrenstriktur oder einer
Angabe eines schmerzhaften Harndran- Blasenhalssklerose invasiver Diagnostik
ges ohne Miktion gestellt werden. zugeführt werden. Ist durch ein retroSchwieriger gestaltet sich die Diagnose grades Urethrogramm (Abb. 2) und/oder
bei dementen oder indolenten Patien- eine Zystoskopie z.B. eine Harnröhrenten, bei denen sich ein Harnverhalt durch enge ausgeschlossen oder liegen primär
Unruhe, unklare Schmerzen, Überlauf- keine Hinweise für eine solche Ätiologie
symptomatik oder als Zufallsbefund der Harnverhaltung vor, kann ein sog.
einer prallvollen Blase darstellt. Der al- „optimierter Auslassversuch“ gestartet
te Merkspruch, bei einem „palpablen werden.
16
Fotos: Wiedemann
Ein akuter Harnverhalt ist bei einem hochbetagten, multimorbiden
Patienten ein einschneidendes und folgenschweres Ereignis und hat in
vielen Fällen die Anlage einer Harnblasenlangzeitdrainage zur Folge.
Ein strukturiertes Vorgehen bietet die Möglichkeit, therapeutische Alternativen in Betracht zu ziehen.
Abb. 1: Akuter Harnverhalt
Sonographie
Die Sonographie im Harnverhalt hilft
nicht nur, eine Oligurie bzw. Anurie abzugrenzen, sie ermöglicht auch mit der
orientierenden Beurteilung der oberen
Harnwege den Ausschluss oder die Bestätigung einer Harnstauung und mit
einer Bewertung des Nierenparenchyms
eine grobe Abschätzung der Nieren-
Abb. 2: Retrogrades Urethrogramm
mit sanduhrförmiger Enge im bulbären
Harnröhrenabschnitt; unterhalb der
Harnblase zur Darstellung kommende
„Vorblase“ – „offene Prostataloge“ als
sichtbare Folge der vorangegangenen
transurethralen Prostataresektion
(TUR-P)
GERIATRIE JOURNAL 2/06
U R O L O G I E : A K U T E R H A R N V E R H A LT
funktion. Die approximative Bestim- einer Restitution der Nierenfunktion
mung mit der anschließenden Doku- kann erneut ein Auslassversuch untermentation des Restharnvolumens gibt nommen werden. Kommt es nicht zu
zusätzlich Auskunft
einer Erholung der
über das Ausmaß der
oberen und unteren
Liegen keine hohen Restmyogenen Dilatation
Harnwege, sollte ohne
harnmengen vor und sind
des Detrusors. So beweitere Auslassversudie oberen Harnwege unsteht bei Restharnche überlegt werden,
gestaut, sollte ein sog.
mengen deutlich über
ob der Patient einer
1000 ml häufig eine
operativen Versorgung
„optimierter AuslassverSchädigung der Dezugeführt werden kann
such“ gestartet werden
trusormuskulatur, die
oder einer Dauerversich zumindest nicht
sorgung mittels Blakurzfristig zurückbilden wird und die da- senfistelkatheter oder Dauerkatheter
mit in die weitere Planung einbezogen unterzogen werden muss.
werden muss. Liegt eine solche hohe Blasenkapazität vor oder ist es über eine StauEntscheidung Auslassversuch/
ung der oberen Harnwege bereits zu einer Einschränkung der Nierenfunktion Langzeitdrainage
gekommen, sollte zunächst eine konse- Liegen keine hohen Restharnmengen vor
quente Dauerableitung über 4-6 Wochen und sind die oberen Harnwege ungevorgenommen werden. Bei einer Nor- staut, sollte ein sog. „optimierter Ausmalisierung der Blasenkapazität und ggf. lassversuch“ gestartet werden (Abb. 3).
Hier hat sich gezeigt, dass die Chance einer Restitution der Spontanmiktion am
höchsten ist, wenn unter passagerer Dauerableitung ein alpha-Sympatholytikum
verabreicht wird. Da die zur Verfügung
stehenden Prostata-selektiven Substanzen
wie Terazosin, Doxazosin, Alfuzosin und
Tamsulosin nach 48 Stunden ihre Wirkung erzielen, hat sich eine Dauerableitung über 48 bis 72 Stunden als sinnvoll
erwiesen. Die Chance der Erholung der
Blasenfunktion wird in der Literatur mit
61% für den alpha-Blocker-unterstützten und 28% für den nicht medikamentös begleiteten Auslassversuch angegeben
[2]. Ein solcher optimierter Auslassversuch ist dann besonders erfolgversprechend, wenn sich in der Medikation des
Patienten Substanzen mit anticholinerger, d.h. die Detrusorkontraktionskraft
kompromittierender Begleitwirkung finden. Die Liste solcher Präparate ist lang
und beinhaltet Antidepressiva, Schlaf-
Abb. 3: Organigramm Strukturiertes Vorgehen bei akutem Harnverhalt
Akuter Harnverhalt
Sonographie
Hinweise für BPH-unabhängige subvesikale Obstruktion?
keine Stauung obere Harnwege und/
oder Restharn < 1000 ml
Stauung obere Harnwege und/
oder Restharn > 1000 ml
invasive Diagnostik
optimierter Auslassversuch
Dauerableitung für 4 Wochen
Dauerableitung für 48-72 h + AlphaBlocker + Absetzen aller anticholinerger
Substanzen ggf. Cholinergikum
Kapazitätsprüfung, Kreatininkontrolle
V. a. BPH
Harnverhalt
Spontanmiktion
Alpha-Blocker
weiter, Restharnkontrollen
18
spez. Therapie
Blasenkapazität/Kreatinin normal
Spontanmiktion
V. a. Striktur o.ä.
Auslassversuch
Blasenkapazität/Kreatinin m
Harnverhalt
bei Operabilität
bei Inoperabilität
OP-Planung TUR/
Laser-Vaporisation
Katheterversorgung
keine BFKKontraindikation
Kontraindikation
gegen BFK
BFK-Anlage
transurethraler DK
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Harnblasenlangzeitdrainage
Ist ein optimierter Katheterauslassversuch frustran geblieben oder besteht Inoperabilität bzw. Ablehnung aller Therapiealternativen, muss eine Harnblasenlangzeitdrainage indiziert werden. Bei
Männern sollte wegen des höheren Tragekomforts und der Vermeidung von
harnröhrenassoziierten Komplikationen
wie Prostatitis, Epididymitis oder Harnröhrenulkus bzw. -abszess dem suprapubischen Katheter der Vorzug gegeben
werden. Kontraindikationen für die Anlage eines solchen Blasenfistelkatheters
sind ein Status nach Unterbauchoperationen oder eine geringe Blasenkapazität
(Gefahr der Fehlpunktion mit Verletzung des Peritoneums), ein anamnesAbb. 4: Original-Verordnungszettel, von der Ehefrau des Betroffenen niedergetisch bekannter Harnblasentumor (mögschrieben, mit sechs anticholinerg wirkenden Präparaten (Pos. 4, 5, 7, 8, 10, 11) und
liche Tumorausbreitung entlang des Fiseiner cholinergen Substanz (Pos. 9), die offenbar die parasympatholytischen Effekte
telkanales) sowie eine iatrogene oder
antagonisieren sollte.
autonome Blutgerinnungsstörung [1].
Bei Frauen bestehen zwar in geringerem
medikamente, Tranquillizer, Neurolep- einem Kalium-Titanyl-Phosphat-Laser Maße harnröhrenassoziierte Komplikatika, Morphine, nichtsteroidale Antir- eine effektive, minimalinvasive Thera- tionsmöglichkeiten, dennoch bietet der
heumatika und andere (Abb. 4). Durch pieoption. Da einerseits das Laserlicht suprapubische Katheter die Möglichkeit
das Absetzen dieser Medikation – ggf. des sog. „Greenlight-Lasers“ in hohem eines Katheterwechsels ohne direkte Maunterstützt durch die Gabe eines Para- Maße von Oxyhänipulation im GeniBei Männern sollte dem
sympathomimetikums – kann es gelin- moglobin resorbiert
talbereich, sodass aus
gen, die blockierten parasympathischen wird, andererseits ein suprapubischen Katheter der Gründen der WahRezeptoren des Detrusors wieder für cho- effektiver vaporisierung der Intimsphäre
Vorzug gegeben werden
linerge Impulse zu sensibilisieren und render Effekt ohne
und der Praktikabidadurch die Detrusorkontraktilität zu größere Eindringtielität etwa bei Gelenkverbessern. Tritt nach Entfernung des fe erreicht wird, gelingt unter optimaler kontrakturen auch bei Patientinnen an
Katheters unter den genannten Bedin- Blutstillung ein Gewebe-abladierender die Option der suprapubischen Blasengungen eine erneute Harnverhaltung ein, Effekt ohne wesentliche Ödem- und fistelung gedacht werden sollte.
sollte bei dem Patienten ein operativer Nekrosenbildung. Die GreenlightlaseEingriff in Erwägung gezogen oder aber rung kann dabei auch unter ASS-, Clo- Literatur
eine Harnblasenlangzeitdrainage ange- pidogrel- und sogar Marcumar-Medika- 1. Albers C, Bojack B, Heckmann J, KirschnerHerrmanns R, Kümmerle S, Müller H, Mühlich S,
strengt werden.
tion vorgenommen werden [3] (Abb. 5).
Nemitz G, Schlusche-Flömer B, Wiedemann A:
Leitlinie Harninkontinenz der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, Eur J Ger Suppl. 7 (2005):
1-44
2. Hua LX, Wu HF, Sui YG, Chen SG, Xu ZQ, Zhang W,
Qian LX: Tamsulosin in the treatment of benign
prostatic hyperplasia patients with acute urinary
retention Zhonghua Nan Ke Xue 9 (2003):
510-11
3. Sarica K, Alkan E, Lucci H, Tasci AI: KTP-Laser:
Long-term results in 240 Patients, J Endourol 19
(2005): 1199-1202
Operation
Zur operativen Versorgung einer BPH
stehen heute neben den klassischen Methoden der transurethralen Resektion der
Prostata alternative Verfahren zur Verfügung. Für Patienten, bei denen hinsichtlich der üblichen Risiken (Blutverlust,
TUR-Syndrom) von einer TUR-P abzuraten ist und solche, bei denen eine
Thrombozytenaggregationshemmung
oder eine Marcumarisierung nicht abgesetzt werden kann, bietet die sog. Photoselektive Vaporisation der Prostata mit
GERIATRIE JOURNAL 2/06
Abb. 5: Transurethrale Photoselektive
Prostata-Vaporisation mit dem KTP„Greenlight“-Laser.
Korrespondenzadresse:
Dr. Andreas Wiedemann,
Urologische Abteilung,
Marienhospital, Virchowstr. 135,
45886 Gelsenkirchen
19
U R O LO G I E : P E N I SV E R Ä N D E R U N G E N
Foto: Wiedemann
Das Tabu unter der
Bettdecke
A. Wiedemann, Gelsenkirchen
Scham, klassische Tabuisierung und körperliche Defizite können dazu
beitragen, dass geriatrisch relevante Penisveränderungen über lange
Zeit unentdeckt und damit unbehandelt bleiben. Der Artikel befasst sich
mit möglichen Erkrankungen und ihren Therapieoptionen.
Abb. 1: Phimose; die verengte Vorhaut
lässt gerade noch den Meatus urethrae
einsehen, ein Repositionsversuch ist
als frustran anzusehen und sollte unterbleiben.
V
Im ersten Lebensjahr sind Verklebungen
zwischen Vorhaut und Glans penis physiologisch. Vorhautengen (Abb. 1) und -verwachsungen können aber auch noch im
hohen Alter durch chronisch-entzündliche, vernarbende Prozesse besonders auch
bei Diabetes mellitus auftreten. Hier spie-
len „gewaltsame“ Repositionsversuche,
ein Sekretstau mit Balanitis und Rhagadenbildung eine Rolle. Die einzige Möglichkeit, den circulus vitiosus aus Entzündung, Vernarbung und Phimose zu
durchbrechen, ist die Zirkumzision. Der
Eingriff kann nach Absetzen aller Thrombozytenaggregationshemmer in Lokalanästhesie vorgenommen werden und ist
wenig belastend. Unter Verwendung von
resorbierbarem Nahtmaterial ist die Nachbetreuung mit einer offenen Wundbehandlung unproblematisch. Ein Minimaleingriff bei schlechtem Allgemeinzustand des Patienten stellt die dorsale
Vorhautinzision dar (Abb. 2). Wird eine
Balanitis bei Phimose nicht effektiv behandelt, kann eine Penisphlegmone oder
eine Elephantiasis des Penis mit schwar-
Abb. 3: Chronische Balanitis mit Elephantiasis des Penis und trophischen
Störungen der Haut mit ulzerösen Veränderungen.
Abb. 4: Peniskarzinom im Bereich der
Glans penis, histologisch T2-Plattenepithelkarzinom; eine Harnröhrenmündung ist nicht mehr zu erkennen.
eränderungen des äußeren Genitales werden häufig erst bei Inanspruchnahme professioneller Pflege oder bei einer systematischen und kompletten körperlichen Untersuchung – etwa
im Rahmen der geriatrischen Rehabilitation oder einer internistischen Aufnahmeuntersuchung diagnostiziert. Als Gründe für die – teilweise jahrelange – Latenz
bis zur Entdeckung sind neben der klassischen Tabuisierung aller Aspekte, die
mit dem äußeren Genitale und damit der
Sexualität im weitesten Sinne zu tun haben, auch körperliche Defizite zu nennen. Sie erschweren es dem Hochbetagten, Erkrankungen seines Genitalbereiches überhaupt wahrzunehmen. Hierzu
gehören eine Adipositas oder Visusminderungen, die eine Beobachtung z.B. des
Abb. 2: Dorsalinzision: nach Lokalanästhesie wird die verengte Vorhaut dorsal
bei 12 Uhr bis zum Sulcus coronarius
unter Schutz der Glans penis inzidiert;
es folgen 3-4 Einzelknopfnähte mit
resorbierbarem Nahtmaterial im
Bereich des Schnittrandes jeder Seite.
20
Penis oder des Skrotums unmöglich machen, genauso wie dementielle Prozesse,
die im Rahmen der Vernachlässigung der
Körperpflege auch und besonders eine
mangelnde Intimhygiene bedeuten. Im
Folgenden sollen Erkrankungen des äußeren männlichen Genitales dargestellt
werden, die im Grenzbereich zwischen
Urologie und Geriatrie auftreten.
Phimose, Balanitis, Karzinom
GERIATRIE JOURNAL 2/06
U R O LO G I E : P E N I SV E R Ä N D E R U N G E N
Abb. 5: Status nach Penisteilamputation; die dorsal erhaltene Hautfalte
(Fadenmarkierung) dient als „Steuerfalte“ dazu, nach Entfernung des Katheters eine gerichtete Miktion im Stehen
zu ermöglichen.
Abb. 6: Längsinzision des „Schnürringes“ bei Paraphimose
Abb. 8 : Extreme Anasarka mit Penisund Skrotalödem. Beachte: durch die
Peniselongation und Vorwölbung des
Skrotums wird die gesamte Länge des
Katheters „aufgebraucht“; der Katheter
reicht nur knapp über den Penis hinaus.
epithelkarzinome zu klassifizierenden
Neubildungen entstehen als maligne Umwandlungen auf dem Boden eines jahrelangen entzündlichen Reizes. Für den
Betroffenen unbemerkt bleiben bei nicht
reponibler Vorhaut die scholligen und
verrukös anmutenden Veränderungen,
die meist im Bereich der Glans penis entstehen und nach proximal den Penisschaft
entlang unter jauchigem Gewebszerfall
wandern (Abb. 4). Nach der histologischen Diagnosesicherung mittels einer
Probeexzision ist bei invasiven Stadien eine Penisteilamputation neben einer tiefen
inguinalen Lymphadenektomie notwendig. Ersterer Eingriff kann auch unter palliativer Zielsetzung bei schlechtem Allgemeinzustand in Lokalanästhesie vorgenommen werden (Abb. 5).
Paraphimose
Abb. 7: Queres Vernähen der Inzision
zur Umfangsvermehrung
tenartigem Aspekt und ulzerösen Veränderungen die Folge sein (Abb. 3).
Eine chronisch-entzündliche Phimose
stellt in hohem Maße einen Risikofaktor
für die Entstehung eines Peniskarzinoms
dar. Diese histologisch meist als Platten-
22
Einen häufigen „Notfall“ stellt die sog. Paraphimose oder der „spanische Kragen“
dar. Bei relativer Vorhautenge kann die
hinter den Sulcus coronarius zurückgerutschte Vorhaut ödematös anschwellen.
Bleibt dies über längere Zeit unbemerkt,
ist ein Zurückstreifen der Vorhaut über die
Glans nicht mehr möglich. Eine Strangulation mit Nekrosenbildung kann die
Folge sein. Ist eine einfache Reposition unmöglich, sollte zunächst eine Lokalanästhesie in Form eines Peniswurzelblockes
für Schmerzfreiheit sorgen. Häufig gelingt es dann, das Ödem der Vorhaut ma-
nuell soweit „auszuwringen“, dass ein Zurückstreifen möglich wird. Wichtig ist
dann die Fixation der Vorhaut vor der
Glans penis etwa durch einen Pflasterstreifen, um ein erneutes Entstehen einer
Paraphimose zu verhindern. Ist eine Reposition unter den genannten Bedingungen weiterhin nicht zu erreichen, sollte der
häufig bereits derbe „Schnürring“ längs inzidiert und quer vernäht werden, um eine Umfangsvermehrung der Vorhaut zu
erreichen (Abb. 6 und 7). Eine komplette Zirkumzision empfiehlt sich in der Situation einer Paraphimose mit ödematösem, trophisch gestörtem Gewebe wegen
der Gefahr der Wundheilungsstörung
nicht.
Penisbeteiligung bei Anasarka
Bei einer ausgeprägten Herzinsuffizienz ist
eine ödematöse Penis- und Skrotalschwellung – bei entsprechend indolenten Patienten gelegentlich monströsen
Ausmaßes (Abb. 8) – möglich. Neben der
internistischen Therapie der Herzinsuffizienz ist eine Hochlagerung des Genitales mittels einer zum quadratischen Block
gefalteten Einmalunterlage nützlich. Problematisch ist in dieser Situation die Harnblasendrainage des Patienten. Bei ödematöser Verschwellung des Unterbauches ist
eine suprapubische Blasenfistelung als risikoreich anzusehen, weil das Austasten
der Symphysenoberkannte erschwert und
der Punktionskanal über Gebühr verlängert werden. Das Penisödem erschwert
aber auch bei Mitbeteiligung der Vorhaut
den transurethralen Katheterismus. In
dem in Abb. 8 dargestellten Fall gelang der
Katheterismus unter Zuhilfenahme eines
HNO-ärztlichen Nasenspekulums, mit
dem der Meatus urethrae eingestellt werden konnte. Die ödembedingte Elongation des Penis kann dabei die gesamte
Länge des Katheters „aufbrauchen“, so
dass vor einem unkritischen Blocken des
Katheters der korrekte Sitz der Katheterspitze in der Harnblase entweder klinisch
durch Anspülen oder sonographisch kontrolliert werden sollte.
Dr. Andreas Wiedemann, Urologische
Abteilung, Marienhospital, Virchowstr. 135, 45886 Gelsenkirchen
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
Die medikamentöse Therapie der
Rheumatoiden Arthritis
Thomas Brabant, Bremen und Dirk O. Stichtenoth, Hannover
Die Rheumatoide Arthritis weist im höheren Alter häufig eine höhere Entzündungsaktivität und Aggressivität auf. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf Selbstständigkeit und Lebensqualität der Patienten. Der Artikel
befasst sich mit den Möglichkeiten der medikamentösen Therapie.
D
GERIATRIE JOURNAL 2/06
tationen in Form von Fieber, Gewichtsverlust, Leistungsschwäche und rascher
Muskelatrophie. Die Patienten haben typischerweise im Labor im Vergleich zu jüngeren Patienten stark erhöhte humorale
Abb. 1: Erkrankungsalter RA-Patienten
Erkrankungsalter der RA-Patienten in der Kerndokumentation 1993 und 2000 nur
Patienten mit maximal fünf Jahren Krankheitsdauer
25
2000 µ = 55,6
Prozent
20
15
10
1993 µ = 54,1
5
0
≤ 20
21-25 26-30 31-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-60 61-65 66-70 71-75
Alter (Jahre)
76-80
> 80
Kerndokumentation der Regionalen Kooperativen Rheumazentren in der Deutschen Gesellschaft
für Rheumatologie. DRFZ, 2003.
Tab. 1: Gegenüberstellung
[modifiziert nach 24]
ie so genannte Alters-RA, die Rheumatoide Arthritis des höheren Lebensalters, manifestiert sich in der
Regel nach Erreichen des 60. Lebensjahres. Aus den Daten der Kerndokumentation des deutschen Rheumaforschungszentrums Berlin ergibt sich, dass das Erkrankungsalter der Rheumatoiden Arthritis
im Jahre 1993 im Mittel bei 54,1 Jahren,
im Jahre 2000 bei 55,6 Jahren liegt (Abb. 1).
International wird ebenfalls über einen
Trend zu einem höheren Erkrankungsalter der Rheumatoiden Arthritis berichtet.
Der Anteil der Patienten mit einem Erkrankungsbeginn nach dem 60. Lebensjahr
(61 und älter) betrug 2001 21,7% und
war damit deutlich höher als 1993. Die differentialdiagnostisch immer zu beachtende Polymyalgia rheumatica, eine typische
Erkrankung des höheren Lebensalters, zeigte in einer Untersuchung aus dem Jahr
1992 ein mittleres Erkrankungsalter von
64,2 Jahren; 68% der Patienten erkrankten nach dem 60. Lebensjahr.
Durch die zunehmende Lebenserwartung wird der Anteil der über 60-Jährigen
an der Gesamtbevölkerung weiter ansteigen und damit auch der Anteil von Patienten im höheren Lebensalter, die erstmalig und auch dauerhaft von einer Rheumatoiden Arthritis betroffen sind. Diese im
angelsächsischen Sprachraum auch als „elderly onset rheumatoid arthritis“ bezeichnete Erkrankung zeichnet sich klinisch insbesondere durch einen akuten Beginn mit
schwerem Krankheitsgefühl, häufig mit
Befall der kleinen und großen Gelenke,
bevorzugt der Schultergelenke, aus. Zusätzlich finden sich systemische Manifes-
Entzündungszeichen, wobei Rheumafaktoren initial häufig bei den Patienten, die
ein polymyalgisches Beschwerdebild zeigen,
negativ sind.
Differentialdiagnostisch, insbesondere
zu Beginn der Erkrankung, sind die Polymyalgia rheumatica, Paraneoplasien, Kristallarthropathien und die aktivierte Arthrose unbedingt auszuschließen. Eine weitere wichtige Differentialdiagnose ist das
RS3PE-Syndrom, die remittierende serone-
Differentialdiagnostische Gegenüberstellung wesentlicher Charakteristika von
Rheumatoider Arthritis im höheren Lebensalter (Alters-RA, RS3PE-Syndrom und
Polymyalgia rheumatica PMR)
Alters-RA
RS3PE
PMR
Myalgie
+
–
+++
Prox. Extremitätengelenke
++
–
+++
Periph. Extremitätengelenke
+++
+++
+
Tenosynovitis
+
+++
+
Handrückenödem
+
+++
+
Erosive Gelenkveränderungen
++
–
–
BSG-Beschleunigung
+
+
+++
Rheumafaktoren
+
–
–
23
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
gative, symmetrische Synovitis mit diffusem Ödem. Dabei stehen insbesondere die
teigige, ödematöse Schwellung der Handund Fingergelenke mit begleitender Tendovaginitis der Beugesehnen im Vordergrund
der klinischen Symptomatik (Tab. 1).
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis im höheren Lebensalter unterscheidet sich nicht grundsätzlich
von der Therapie jüngerer Patienten. Im
Wesentlichen kommt dabei eine kombinierte Therapie aus folgenden Medikamentengruppen zum Tragen [5]:
@ Nicht-steroidale Antirheumatika einschließlich der Coxibe
@ Analgetika
@ Glukokortikoide
@ Langwirksame Antirheumatika (LWAR)
@ Biologika
Unter der Berücksichtigung individueller
Merkmale wie Multimorbidität, Polymedikation, Aktivität der Erkrankung, Rezidivhäufigkeit, Einschränkung der Lebensqualität und Selbstständigkeit müssen bei
Erstellung eines individuellen Therapieplanes zusätzlich die bestehenden regressiven Veränderungen der Organe und die veränderte Pharmakokinetik berücksichtigt
werden. Insbesondere sind dabei die verzögerte Metabolisierung in der Leber und
die abnehmende Eliminationsfähigkeit der
Niere zu berücksichtigen.
Die nachlassende Organkompetenz, die
im höheren Lebensalter sich darstellenden
Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten und die auf Grund einer Vielzahl
von verordneten Medikamenten häufigen
pharmakologischen Wechselwirkungen erfordern neben einer sorgfältigen Indikationsstellung eine hohe Aufmerksamkeit
des behandelnden Arztes. Je einfacher daher die Verordnung ausgestaltet ist, desto
besser ist die Compliance.
Daher gilt auch insbesondere in der Therapie rheumatischer Erkrankungen im Alter das Prinzip: „start low, go slow,“, d.h.,
die im Folgenden aufgeführten einzelnen
Therapieoptionen sollten unter der Prämisse einer möglichst niedrigen Eingangsdosis und erst bei sicherer Verträglichkeit
unter Beachtung der Nierenfunktion gesteigert werden.
24
Nicht-steroidale Antirheumatika
(NSAR)
Die erwünschten wie die unerwünschten
Wirkungen der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) beruhen zum größten Teil
auf der Hemmung der Zyklooxygenase
(COX) und der davon abhängigen Prostaglandinsynthese. Die hochselektiven
COX-2-Inhibitoren („Coxibe“) verringern
die Produktion schützender Prostaglandine weniger stark als herkömmliche, COXunselektive NSAR [21]. Coxibe zählen
aber weiterhin zu den NSAR, mit Ausnahme der Plättchenaggregationshemmung
ist prinzipiell mit den gleichen Nebenwirkungen zu rechnen.
Alle NSAR besitzen auch beim alten Patienten eine zuverlässige, aber nur symptomatische Wirkung gegen Schmerz und
Entzündung, d.h. NSAR ersetzen weder bei
alten noch bei jungen Patienten die progressionsverzögernde Therapie mit Basistherapeutika. Im Alter ändert sich das Risiko für schwere NSAR-Nebenwirkungen,
das bei Patienten über 65 Jahren erheblich
ansteigt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig:
@ Zunächst ist an die pharmakokinetischen
Veränderungen im Alter zu erinnern,
welche zu höheren wirksamen NSARKonzentrationen führen können [12].
@ Ein Lebensalter über 65 Jahre ist ein unabhängiger Risikofaktor für NSAR-be-
dingte gastrointestinale Ulzera und deren Komplikationen, die im Alter 5-fach
häufiger sind [7].
@ Die physiologische Abnahme der Nierenfunktion bedingt ein erhöhtes Risiko für NSAR-induzierte Natrium-/Wasserretention, Hyperkaliämie sowie Abnahme der glomerulären Filtrationsrate
bis hin zum akuten Nierenversagen [22].
@ Das Risiko für Nebenwirkungen steigt
durch die altersassoziierte Komorbidität
und Komedikation. Einen Überblick zu
den typischen NSAR-Arzneimittelinteraktionen bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis im höheren Lebensalter
gibt Tab. 2 [22, 23].
Diese altersbedingten bzw. -assoziierten
ungünstigen Faktoren betreffen alle NSAR,
also auch die Coxibe. Letztere haben im
Vergleich zu herkömmlichen NSAR aber
einige Vorteile:
@ Das Risiko für gastroduodenale Ulzera
und deren Komplikationen ist um 4080% niedriger [22]. Die gleiche Risikoreduktion wird auch im Dünn- und
Dickdarm erzielt, wo eine Prophylaxe
mit Protonenpumpeninhibitoren nicht
möglich ist [14].
@ Das Auftreten von Dyspepsie ist ebenfalls reduziert. Auch wenn es sich um eine harmlose Nebenwirkung handelt, die
nicht mit dem Ulkusrisiko korreliert,
zwingt die Dyspepsie doch häufig zum
Therapieabbruch [1].
Tab. 2: NSAR-Arzneimittelinteraktionen
Typische NSAR-Arzneimittelinteraktionen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
im höheren Lebensalter [22, 23]
Arzneimittel
Wechselwirkung
ACE-Inhibitoren und
Risiko für Nierenfunktionsstörungen erhöht.
Angiotensin-Rezeptor- Isolierte Hyperkaliämie möglich
antagonisten
Alle Antihypertensiva Abschwächung der antihypertensiven Wirkung
Clopidogrel
Risiko für gastrointestinale Schädigung und Blutung erhöht
Diuretika
Risiko für Nierenfunktionsstörungen erhöht
Glukokortikoide
Risiko für gastrointestinale Schädigung erhöht
Methotrexat
Verminderte Elimination von Methotrexat möglich
Niedrig dosierte
Risiko für gastrointestinale Schädigung und Blutungen erAcetylsalicylsäure
höht. Mögliche Abschwächung der ASS-Kardioprotektion
Spironolacton
Hyperkaliämie möglich
Triamteren
Hyperkaliämie möglich
Vitamin-K-AntaRisiko für gastrointestinale Blutungen erhöht. Erhöhte
gonisten
Vitamin-K-Antagonisten Plasmakonzentration möglich
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
@ Coxibe inhibieren nicht die Plättchen-
@ Bei gastrointestinalen Risikofaktoren au-
aggregation, was bei Blutungsgefahr
(postoperativ, orale Antikoagulantien)
vorteilhaft ist.
@ Coxibe schwächen die kardioprotektive
Wirkung von niedrig-dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) nicht ab. Diese Wechselwirkung, bedingt durch Blockierung
der ASS-Bindungsstelle in der COX-1,
wurde für Ibuprofen durch epidemiologische Studien belegt [13].
Keinen Vorteil bieten die Coxibe bzgl. der
renalen NSAR-Nebenwirkungen. Eng damit verknüpft sind die unerwünschten kardiovaskulären Effekte der NSAR. Die derzeit vorliegenden pro- und retrospektiven
Daten zeigen ein substanzspezifisch erhöhtes Risiko für Rofecoxib, während die
übrigen, strukturell unterschiedlichen Coxibe ein mit den herkömmlichen NSAR
vergleichbares Risiko für Herzinsuffizienz,
Herzinfarkt und Schlaganfall aufweisen
[19, 15, 6, 8]. Diesen wissenschaftlichen
Erkenntnissen folgend, verfügte die USamerikanische Arzneimittel-Zulassungsbehörde FDA im April 2005 verschärfte
Warnhinweise vor den kardiovaskulären
Risiken von Celecoxib (dem einzigen verbliebenem Coxib in den USA) und herkömmlicher NSAR.
Zusammenfassend lassen sich für die
NSAR-Therapie der Rheumatoiden Arthritis im Alter folgende Empfehlungen geben:
@ Möglichst niedrige Dosis und zeitliche
Begrenzung der Therapie. Verwendung
reiner Analgetika, um NSAR einzusparen.
@ NSAR der Wahl sind Ibuprofen, Diclofenac und Meloxicam.
ßer dem Alter selbst: Coxib oder ein herkömmliches NSAR mit Magenschutzprophylaxe (Protonenpumpeninhibitor
oder Misoprostol).
@ Kontrolle der Nierenfunktion. Wenn
GFR <30 ml/min, keine NSAR.
@ Bei kardiovaskulärem Risiko: Vorsicht
ist bei allen NSAR angebracht. Coxibe
sind bei Gabe von niedrigdosierter ASS
eigentlich vorteilhaft, aber derzeit in Europa (im Gegensatz zu den USA) bei koronarer Herzkrankheit und nach Schlaganfall offiziell kontraindiziert.
Analgetika
Nicht jeder Schmerz ist bei Patienten mit
einer Rheumatoiden Arthritis auf einen
akuten Entzündungsschub zurückzuführen. Auch bei der Rheumatoiden Arthritis im höheren Lebensalter treten Schmerzen chronisch oder chronisch rezidivierend
auf. Chronisch rezidivierender Schmerz ist
im höheren Lebensalter immer schlechter
zu ertragen, auch nimmt die Schmerzsensitivität im Alter zu (Abb. 2) [5, 4]. Primär
ist in dieser Altersgruppe eine Therapie
mit Paracetamol sinnvoll. Um eine chronische zermürbende Schmerzsituation zu
unterbrechen, ist es bei unzureichender
Analgesie unter Paracetamol/ NSAR/Coxiben indiziert, ein schwaches Opioid zu
verordnen. Dabei empfiehlt sich die Gabe
von Tramadol bzw. auch bei langandauernden starken Schmerzen die Gabe von
Opioiden. Erst kürzlich konnte der gute
Effekt von Fentanyl-TTS bei starken
Schmerzen durch eine RA nachgewiesen
werden [2]. Insbesondere führte diese The-
Veränderung der max. Potentialamplitude nach Zahnschmerzreizung
relative Amplitude
Versuchsperson:
66 Jahre
45 Jahre
23 Jahre
11 Jahre
GERIATRIE JOURNAL 2/06
Glukokortikoide
Glukokortikoide sind auf Grund ihrer
stark entzündungshemmenden Wirkung
unverzichtbarer Bestandteil in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen im höheren Lebensalter. Niedrigdosierte Glukokortikoide führen in Verbindung mit langwirksamen Antirheumatika
zu einer Reduzierung der Knochendestruktion. Zusätzlich bleibt die Beweglichkeit erhalten, die der durch die Rheumatoide Arthritis selbst und durch das
Glukokortikoid induzierten Osteoporose
entgegenwirkt. Allerdings muss der ältere
Mensch mit einem deutlich höheren Risiko und unerwünschten Wirkungen
durch Glukokortikoide rechnen. Wesentlich häufiger kann es zu Glukokortikoidpsychosen schon nach wenigen Tagen
kommen. Insbesondere bei gleichzeitig
bestehender Osteoporose, Eng- und Weitwinkelglaukom, Diabetes mellitus und
Hypertonie sollten Glukokortikoide so
niedrig und so kurz wie möglich dosiert
werden. Zur Prophylaxe einer Osteoporose
empfiehlt sich die gleichzeitige Gabe von
Kalzium 800-1000 mg/Tag sowie Vitamin D 1000 IE/Tag, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Auch muss auf das
deutlich erhöhte Risiko gastrointestinaler
Blutungen und Ulkusentstehung bei
gleichzeitiger Gabe von NSAR hingewiesen werden [18].
Langwirksame Antirheumatika
(LWAR)
Abb. 2: Schmerzsensitivität
0
rapie zu einer deutlichen Reduzierung der
Schmerzstärke und damit zu einer verbesserten Lebensqualität und Alltagsbewältigung.
10
20
Die Indikation zu einer Therapie mit langwirksamen Antirheumatika wird im Wesentlichen durch die Aktivität der Erkrankung bestimmt. Im Vordergrund steht
gerade beim älteren Patienten eine Therapie, die durch einen schnellen Wirkungseintritt überzeugt, so dass Medikamente mit einem milden bzw. mittelstarken oder auch langsamen Wirkungseintritt
(besonders Antimalariamittel, orales Gold
oder Sulfasalazin) nicht unbedingt Mittel
der ersten Wahl sind, gleichwohl sich die-
25
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
se sehr gut für eine Kombinationstherapie
eignen.
Ziel jeder Basistherapie ist es, drohende
Frühschäden mit beginnender Destruktion von Knorpel und Gelenk zu vermeiden, die Immobilisation zu verhindern und
die Lebensqualität zu sichern. Auf Grund
seines schnellen Wirkungseintritts, seiner
hohen anti-inflammatorischen Potenz und
seiner verhältnismäßig guten Verträglichkeit ist Methotrexat (MTX) als Basistherapeutikum häufig die erste Wahl. Bei regelmäßiger klinischer Kontrolle gilt Methotrexat in der Dosierung von 7,5-20 mg/
Woche als ein auch im Alter sicheres Medikament [11]. Da Methotrexat zu 90%
über die Niere ausgeschieden wird, ist immer die Nierenfunktion zu kontrollieren
und gegebenenfalls die Dosis entsprechend
anzupassen. Nebenwirkungen wie Haarausfall, Haut-/Schleimhautveränderungen
und unerwünschte Nebenwirkungen im
Gastrointestinaltrakt und Knochenmark
können durch die Addition von Folsäure
(5-20 mg) am Tag nach der MTX Einnahme reduziert werden. Auf Grund der
bekannten Hepatotoxizität sollten die Leberwerte beachtet werden und bei pulmonalen Beschwerden ist auch an eine Pneumonitis zu denken.
Interaktionspotentiale bestehen zwischen
MTX und konventionellen NSAR bzw.
MTX und Penicillin durch renale Hemmung der MTX-Elimination in der Niere und damit erhöhter Knochenmarktoxizität. Antibiotika auf Sulfonamidbasis und
gleichzeitige MTX-Therapie zeigen additive Effekte und können eine Panzytopenie induzieren.
Leflunomid blockiert die de novo-Synthese des Pyrimidins, dadurch wird die
Proliferation aktivierter Lymphozyten begrenzt. Leflunomid besitzt eine sehr lange
Halbwertszeit von zwei Wochen. Es wird
zur Hälfte sowohl über die Niere wie auch
den Darm ausgeschieden. Bei Leberinsuffizienz ist unbedingt eine Dosisanpassung
erforderlich. Blutdrucksteigerung und
Transaminasenanstieg als wichtigste Nebenwirkung begrenzen den Einsatz dieses Basismedikamentes, wobei zusätzlich noch
pharmakologische Interaktionen vor allem
mit Warfarin zu berücksichtigen sind. Die
Elimination von Leflunomid kann im Bedarfsfall mit Colestyramin oder Aktivkohle
erheblich beschleunigt werden.
Antimalariamittel. Gerade bei der milden Verlaufsform einer Rheumatoiden
Arthritis im höheren Lebensalter sind
Chloroquin und auf Grund des geringeren Nebenwirkungspotentials Hydroxychloroquin besonders geeignete Medikamente. Neben einer augenärztlichen
Untersuchung auf Grund der Möglichkeit
von Einlagerungen in die Hornhaut
(reversibel) und in die Retina (zumeist
irreversibel) vor und in regelmäßigen Abständen während der Therapie sind insbesondere eine vorbestehende Niereninsuffizienz, wie auch ein Körpergewicht
unter 65 kg verantwortlich für eine Dosisreduktion.
Sulfasalazin wirkt schwächer als Leflunomid und Methotrexat, ist aber eine substantielle Alternative in der Behandlung der
Rheumatoiden Arthritis. Sulfasalazin wird
im Wesentlichen gut vertragen und zeigt
bei einer einschleichenden Dosierung von
0,5 g, beginnend in wöchentlicher Steigerung bis auf 2 g täglich, einen Eintritt
der Wirkung nach 1-3 Monaten. Auch
hier ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz
eine Dosisanpassung sinnvoll. Neben
gastrointestinalen Problemen (Übelkeit)
treten dermatologische (Pruritus, Sulfonamidallergie) und hämatologische (Thrombozytopenie, Leukozytopenie) Nebenwirkungen auf. Sulfasalazin eignet sich
sehr gut zur Kombinationstherapie mit
Methotrexat.
Goldsalze. Die parenterale Goldtherapie wie auch die Therapie mit D-Penicillamin sind als Basistherapien heute weitgehend in den Hintergrund getreten. Die
Nebenwirkungsrate ist mit Einschluss aller auch der leichten Nebenwirkungen
recht hoch. Insbesondere sind Blutbildveränderungen, Proteinurie, Dermatitiden
und Nephropathie beschrieben. Die Wirkung einer parenteralen Goldtherapie setzt
nach 3-6 Monaten ein, falls keine Besserung des Krankheitsbildes in diesem Zeitraum erkennbar ist, sollte die Therapie abgesetzt werden.
Azathioprin kann eine gute Alternative zu Methotrexat sein, gerade bei einer
mehr autoimmunologisch geprägten Rheumatoiden Arthritis. Die Therapie wird mit
einer Anfangsdosis von 50 mg gestartet
und kann unter Beachtung der Leberwerte bis auf 100-150 mg gesteigert werden.
Als unerwünschte Wirkung können reversible Veränderungen des Blutbildes und
Tab. 3: Unterschiede und Gemeinsamkeiten der TNF-alpha-Inhibitoren – Antizytokine [18]
Handelsname
Bindungsziel
und -affinität
Halbwertszeit (T)
Applikationsform
und -intervall
Dosierung (mg)
Mögliche
(zwingende)
Kombinationen
Struktur
26
Etanercept
Enbrel
TNFα, TNFα
hoch-sehr hoch
4-5
subcutan
2x/Woche
25
Monotherapie
oder MTX
Infliximab
Remicade
TNFα
hoch-sehr hoch
10-14
intravenös
4-8 Wochen
3-8/kg KG
zwingend
mit MTX
Adalimumab
Humira
TNFα
hoch-sehr hoch
14-19
subcutan
jede 2. Woche
40
Monotherapie
oder MTX
Anakinra
Kineret
Typ-I-Interleu-Rezeptoren
sehr hoch
4-6 Stunden
subcutan
täglich
100
zwingend
mit MTX
lösliches TNF-Rezeptorfusionsprotein (human)
chimärer monoklonaler Antikörper
humaner, monoklonaler Antikörper
rekombinanter
IL-1-Rezeptorantagonist
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : A R T H R I T I S
auch gastrointestinale Störungen zusätzlich auftreten
Ciclosporin. Das Immunsuppressivum
Cyclosporin, welches die T-Lymphozyten
inhibiert, ist im höheren Lebensalter wegen
seiner Nephrotoxizität als Reservemittel
anzusehen. Die Therapie sollte eine maximale Dosierung von 2,5 mg/kg/KG nicht
überschreiten, immer unter Beachtung der
Nierenfunktion und des Kreatinins. Bei
Kreatininanstieg und Blutdruckerhöhung
sollte die Dosis reduziert bzw. die Therapie abgesetzt werden.
Biologica
Eine Therapie mit den unterschiedlichen
TNF-alpha-Inhibitoren – Biologica (Tab.
3) [18] zeigt auch bei älteren Rheumapatienten im Vergleich zu jüngeren keine wesentlichen Unterschiede bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit. Allerdings hat die
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie
folgende Voraussetzungen für die Therapie mit diesen Substanzen festgelegt:
@ die sichere Diagnose der Rheumatoiden
Arthritis,
@ das Versagen von mindestens zwei Basistherapeutika (eines davon Methotrexat),
@ hohe Krankheitsaktivität über sechs Monate und
@ die gewährleistete Überwachung und
Dokumentation der Therapie.
Biologica wirken erheblich schneller und
ihre Wirkung ist deutlich ausgeprägter als
die bekannten Basistherapeutika und Substanzen zur Langzeittherapie der Rheumatoiden Arthritis. Infliximab darf allerdings nur in Kombination mit niedrig dosiertem Methotrexat eingesetzt werden,
während Etanercept auch als Monotherapie zugelassen wurde. Gemeinsam ist allen,
dass insbesondere beim älteren Rheumatiker nicht hoch genug einzuschätzende
Infektionsrisiko. Auch muss vor der Therapie eine latente Tuberkulose ausgeschlossen werden, da unter der Therapie mit
Infliximab über das vermehrte Auftreten
von Tuberkulose berichtet worden ist [9].
Langzeiterfahrungen bei älteren Patienten
liegen noch nicht vor, die Therapie ist sehr
kostenintensiv ist und sollte in erster Linie
von erfahrenen Rheumatologen durchgeführt werden.
28
Zusammenfassung
Zusammenfassend findet man bei der
Rheumatoiden Arthritis im höheren Lebensalter häufig eine höhere Entzündungsaktivität und Aggressivität mit krankheitsbedingt erheblichen Auswirkungen
auf die Selbstständigkeit, die Lebensqualität und die Aktivitäten des täglichen Lebens. Infolge der häufig vorhandenen Multimorbidität und Polymedikation hat die
Therapie das Nebenwirkungspotential und
die pharmakologischen Interaktionen sorgfältig abzuwägen. Medikamente mit geringerem Nebenwirkungspotential und
schnellerem Wirkungseinritt sind häufig
vorzuziehen. In Abstimmung mit dem betreuenden Hausarzt sollte die Therapie
fachärztlich rheumatologisch geführt und
den Erfordernissen der jeweiligen Krankheitssituation angemessen angepasst sein.
Literatur
1. Armstrong CP, Blower AL. Non-steroid anti-inflammatory drugs and life threatening complications of
peptic ulceration. Gut 1987; 28: 527-532
2. Berliner, M., Schwalen, S., Seidel, W, Häntzschel, H.,
Fentanyl-TTS bei durch Rheumatoide Arthritis
bedingten Schmerzen, Akt. Rheumatologie 2002 27:
230-235
3. Bombardier C, Laine, Lreicin, Ashapiro D, BurgosVargas R, Davis B, Day R, Ferraz MB, Hawkey CJ,
Hochberg MC, Kvien TK, Schnitzer TJ; Vigor Study
Group.Comparison of upper gastrointestinal toxicity
of rofecoxib and naproxen in patients with rheumatoid arthritis. Vigor Study Group.N. Engl J Med.
2000; 343: 1520-8.
4. Brabant T, Stichtenoth D, Medikamentöse Therapie
der Arthrose im Alter Zeitschrift für Rheumatologie,
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Dr. Thomas Brabant,
Zentrum für Geriatrie und Frührehabilitation,
Krankenhaus St. Joseph-Stift,
Schwachhauser Heerstr. 54,
28209 Bremen
PD Dr. med. Dirk O. Stichtenoth,
Institut für Klinische Pharmakologie,
Medizinische Hochschule Hannover,
30623 Hannover
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
Osteoporose – eine vielschichtige
Herausforderung, Teil 1
Parvis Farahmand und Johann Diederich Ringe, Leverkusen
Die Osteoporose ist die wichtigste und häufigste generalisierte metabolische Skeletterkrankung. Der 1. Teil des Artikels befasst sich mit Epidemiologie, Pathophysiologie, Ätiologie und Diagnostik von Osteoporose. Teil 2
erscheint in GERIATRIE JOURNAL 3/2006 und gibt Hinweise zur Schmerztherapie sowie zur medikamentösen und nicht medikamentösen Therapie.
Epidemiologie
Hochrechnungen zufolge ereignen sich
in Deutschland jährlich ca. 225.000
Wirbelkörperfrakturen und ca. 100.000
Schenkelhalsfrakturen [8]. Auf Grund
des demographischen Wandels ist mit
einem weiteren Anstieg dieser Zahlen zu
rechnen. Hervorzuheben ist dabei, dass
die Fraktur nicht nur ein Schmerzereignis darstellt, sondern gravierende Auswirkungen auf Morbidität und Mortalität der Betroffenen hat: etwa 20% der
Patienten mit Hüftfraktur versterben
innerhalb des ersten Jahres nach der Fraktur und weitere 20-40% der über 75jährigen Patienten werden infolge der Fraktur dauerhaft pflegebedürftig.
Abb.1 zeigt die Alters- und Geschlechtsverteilung von Hüftfrakturen
gemittelt aus verschiedenen Regionen
Frankreichs um 1990. Erkennbar ist,
dass die Inzidenz exponentiell mit dem
Alter zunimmt und Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Das durchschnittliche Alter für Hüftfrakturen liegt
GERIATRIE JOURNAL 2/06
bei Frauen bei 81 Jahren, bei Männern
beträgt es 73 Jahre [1]. Die Mortalität von
Hüftfrakturen steigt dabei sowohl bei
Männern wie auch bei Frauen linear mit
dem Alter an und ist bei Männern durchschnittlich doppelt so hoch wie bei Frauen, wie Untersuchungen aus den USA
zeigen [9].
Werden die ersten sechs Monate nach
dem Ereignis überlebt, so ist die Lebenserwartung von Patienten mit und
ohne Hüftfraktur wieder identisch. Zu
den häufigsten Todesursachen werden
erwartungsgemäß Infektionen gezählt.
Zahlreiche Untersuchungen zusammenfassend sind aber zwei Faktoren entscheidend: der Gesundheitsstatus vor
Fraktur und der mentale Status, so dass
Knochendichte auch ein Maß für den allgemeinen Gesundheitsstatus zu sein
scheint.
Pathophysiologie
Der Knochen ist keineswegs ein statisches Gebilde, sondern ein hochspezialisiertes Gewebe mit ausgesprochen
hoher Stoffwechselaktivität. Dabei sei
hervorgehoben, dass diese Stoffwechselaktivität lebenslang erhalten bleibt, sich
das Knochengewebe also jederzeit an Änderungen der Belastung anpasst (Remodeling). Vermehrte Aktivität kann zu einer Stabilisierung, verminderte Aktivität
hingegen zu einem Abbau der Knochensubstanz führen.
Der Knochenquerschnitt ist einer der
bedeutendsten Stabilitätsfaktoren wie
Abb. 1: Alters- und geschlechtsbezogene Inzidenz von Hüftfrakturen
3500
Inzidenz pro 100.000 Personenjahre
A
ktuelle Schätzungen gehen davon
aus, dass es weltweit etwa 200
Millionen Menschen gibt, die an
Osteoporose leiden. Nach Berechnungen der WHO ist bis zum Jahre 2050 mit
einer Zunahme osteoporosebedingter
Hüftfrakturen um das Dreifache zu rechnen. Aber bereits jetzt ereignet sich in der
Europäischen Union alle 30 Sekunden
eine Fraktur auf Grund einer Osteoporose [23].
Hervorzuheben ist allerdings auch, dass
weitere 20% der über 75jährigen Patienten infolge der Fraktur dauerhaft
pflegebedürftig werden und häufig nicht
mehr in ihrem häuslichen Umfeld leben
können. Leider wird bisher nur etwa die
Hälfte der Erkrankungen diagnostiziert
und nur jeder vierte Erkrankte therapiert. Selbst bei Vorliegen einer osteoporosebedingten Fraktur erhöht sich
dieser Anteil bedauerlicherweise nicht.
3000
2500
2000
1500
Frauen
Männer
1000
500
0
20
30
40
50
60
Alter
70
80
90
100
29
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
physikalische Berechnungen belegen. Der Ätiologie
größere Knochenquerschnitt männlicher Die Genese der primären Osteoporose
Knochen bedingt im Wesentlichen die ge- ist als multifaktorielles Geschehen zu seringere Frakturinzidenz bei Männern im hen. Jedes Individuum erreicht in etwa
zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr
Vergleich zu Frauen.
Die Knochenmasse spiegelt sich in seine individuelle, maximale KnochenDurchmesser, Länge, Kompaktadicke masse (peak bone mass), deren Höhe von
und Spongiosamenge wieder. Die Kno- endogenen, genetischen und exogenen
chenstruktur, die sog. Mikroarchitektur, Faktoren sowie optimaler Ernährung und
hingegen umfasst Qualität, Quantität körperlicher Aktivität in der Phase des
Skelettaufbau abund Ausrichtung
In der Europäischen Union
hängt. Zahlreiche getrabekulärer Vernetzungen inner- ereignet sich alle 30 Sekunden netische Polymorphismen, darunter
halb der Spongioeine Fraktur auf Grund
des Kollagens, des
sa entlang der Beeiner Osteoporose
Östrogen- und des
lastungslinien
Vitamin-D-Rezep(Trajektorien). Die
Knochenstabilität ist von Knochenmas- tors sowie anderer den Knochenstoffse und -struktur sowie der Fähigkeit zur wechsel regulierender Proteine wurden
kontinuierlichen, ausgewogenen Mate- inzwischen beschrieben [18].
Nach Erreichen der peak bone mass
rialerneuerung (Remodeling) abhängig.
Knochenresorption und -formation ste- zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr ist
hen im gesunden Knochen dabei im ein jährlicher Verlust von etwa 1-2% der
Gleichgewicht. Jeder Remodelingzyklus Knochenmasse zu verzeichnen. Östrodauert in etwa vier bis sechs Monate und gen wird für eine Verbesserung sowohl der
innerhalb eines Jahres werden ca. 10% intestinalen Absorption als auch der renalen Konservierung des Kalziums verdes Skeletts erneuert.
Die Osteoporose ist durch eine Re- antwortlich gemacht [13]. Auf zellulärer
duktion der Knochenmasse und Zer- Ebene soll es zudem Osteoblasten stimustörung der knöchernen Mikroarchi- lieren und Osteoklasten hemmen. Durch
tektur gekennzeichnet. Die Erkrankung den Wegfall der Östrogene in der postbleibt lange klinisch stumm und tritt menopausalen Phase kommt es zu einem
ganz überwiegend erst im höheren Le- deutlich gesteigerten Knochenumsatz zubensalter durch eine verminderte Stabi- gunsten der Knochenresorption und eilität der Knochen in Erscheinung. Da ner Verminderung der intestinalen Kalbeim älteren Menschen häufig gleich- ziumresorption.
Der Wegfall der Östrogene im Rahzeitig eine erhöhte Sturzneigung vorliegt, nimmt die Inzidenz von Frakturen men der Menopause führt zu einem Verlust von etwa 15% der Knochenmasse
im Alter zu.
Die knochenabbauenden Prozesse be- innerhalb weniger Jahre. Aus präventiver
treffen sowohl kortikalen als auch spon- Sicht ist es demnach entscheidend, eine
giösen Knochen. Die Kortikalis dünnt möglichst hohe Knochenmasse vor der
aus, die Trabekel innerhalb der Spon- Menopause zu erreichen. Die Osteopogiosa verlieren ihre plattenartige Struk- rose der Älteren ist aber gesondert zu betur und die Zahl intraspongiöser Ver- trachten, da hier Ernährungsfaktoren,
netzungen reduziert sich durch Trabe- Komorbiditäten und dadurch bedingte
kelperforationen. Dieser Entwicklung Veränderungen in der Lebensführung in
liegt ein gestörtes Verhältnis aus Kno- den Knochen- und Muskelstoffwechsel
chenresorption und -formation zugun- ganz besonders eingreifen und damit das
sten der Resorption zu Grunde. Histo- Frakturrisiko deutlich erhöhen.
logische Untersuchungen von osteopoKalzium- und Vitamin D-Stoffwechrotischen Knochen weisen daher eine
vermehrte Zahl und Aktivität der Kno- sel. 99% des Kalziums im menschlichen
chen abbauenden, vielkernigen Osteo- Körper sind im Knochen gespeichert, der
größte Teil davon in Form von Hydroxylklasten auf.
30
apatit-Kristallen. Kalzium wird nur zu
etwa 25-35% aus der Nahrung absorbiert. Regelmäßige Verluste treten über
Urin, Haut und den Darm auf. Erst ab
einer Kalziumzufuhr von etwa 1500 mg
am Tag steigt auch die Kalziumausscheidung, das heißt, dass bis zu diesem Wert
vermehrt Kalzium in den Knochen aufgenommen wird. Darüber hinaus ist zu
bedenken, dass die intestinale Kalziumabsorption in höherem Alter abnimmt
und eine entsprechende Supplementierung häufig notwendig macht.
Auf Grund ihrer weitreichenden humoralen Bedeutung ist die Kalziumhomöostase sehr fein reguliert. Ein niedriger
Kalziumspiegel führt zu vermehrter Sekretion von Parathormon (PTH) aus den
Nebenschilddrüsen. Im Knochen stimuliert PTH die osteoklastäre Knochenresorption und erhöht so die Serumspiegel
von Kalzium und Phosphat. In der Niere wird die Rückresorption von Kalzium
gesteigert, die Phosphat-Rückresorption
vermindert und die 1-alpha-Hydroxylierung von 25-OH-Vitamin D3 zum aktiven Vitamin D-Hormon, dem Calcitriol, stimuliert.
Vitamin D3 (Cholecalciferol) wird
beim Gesunden durch Photosynthese
mittels UV-B-Strahlung aus in der Haut
gebildetem Provitamin D3 produziert
oder über die Nahrung aufgenommen. In
der Leber erfolgt die 25-Hydroxylierung
zu 25-OH-Vitamin D3, und in der Niere entsteht durch 1-alpha-Hydroxylierung das aktive D-Hormon Calcitriol.
Calcitriol steigert im Darm die KalziumResorption, in der Niere die Bildung von
Vitamin D-Hormon und hemmt in den
Nebenschilddrüsen die Bildung von
PTH. Im Knochen fördert Calcitriol die
Differenzierung von Vorläuferzellen zu
Osteoblasten und stimuliert in diesen
Kalziumaufnahme und Proteinsynthese.
Die Bedeutung von Vitamin D-Rezeptoren in der Muskulatur ist Gegenstand
aktueller Forschung. Untersuchungen haben ergeben, dass eine alleinige Vitamin D-Substitution eine Reduktion der
Körperschwankung und eine Verbesserung des Muskeltonus bewirken kann –
mit der Folge seltener Stürze [15].
Besonders im hohen Alter ist die Prävalenz eines sekundären HyperparathyGERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
reoidismus auf Grund eines Vitamin DMangels außerordentlich hoch. Dabei
stellen Menschen in Alten- und Pflegeheimen ein Hochrisikokollektiv dar. In
der Studie von Chapuy aus dem Jahre
1992 wurden 3.270 in französischen Altenheimen lebende, gehfähige Frauen
entweder mit 1200 mg Kalzium und
800 IU Vitamin D3 täglich oder mit Plazebo behandelt. Das durchschnittliche
Alter der Frauen betrug 84 Jahre. Nach
18 Monaten Behandlung ergab sich eine Reduktion von Schenkelhalsfrakturen um 43%, nach 36 Monaten immerhin noch um 29%. Die gemessenen
PTH-Spiegel halbierten sich im Beobachtungszeitraum, so dass in Kombination mit der Tatsache einer anamnestisch
mit 400 mg Kalziumzufuhr vor Studienbeginn geringen Kalziumzufuhr eine Mangelernährungssituation vorgelegen
haben dürfte [3].
Zu bedenken ist außerdem die altersbedingte Abnahme der kutanen Synthesefähigkeit von Vitamin D3 auf weniger
als die Hälfte im Vergleich zu Jüngeren.
Hinzu kommt die ungünstige geographische Lage Deutschlands in Bezug auf
kutane Vitamin D-Synthese, da von November bis März auf Grund des ZenitWinkels der Sonne praktisch keine kutane Synthese von Vitamin D3 stattfindet.
Vor allem ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen weisen häufig einen Vitamin D3-Mangel meist multifaktorieller
Genese auf. Fehlende Sonnenlichtexposition, alimentäre Aspekte und Störungen
der Metabolisierung der Calcitriol-Vorstufen zu aktivem Vitamin D3-Hormon
sind die Hauptprobleme. Da die Hydroxylierung des 25-OH-Vitamin D3 in der
Niere von der Kreatinin-Clearance abhängig ist, liegt dementsprechend häufig
ein Mangel an Calcitriol vor.
Diagnostik
Anamnese. Die entscheidende Frage im
Rahmen des diagnostischen Ablaufes ist,
welche Patienten man weiterführenden
Untersuchungen wie Röntgen, Labor und
Knochendichtemessung zuführen sollte.
Die Leitlinien des DVO (hier modifiziert) empfehlen folgende Einteilung [5]:
32
@ Älterer Patient mit akuter oder älterer
Wirbelkörperfraktur bei nicht-adäquatem Trauma
@ Älterer Patient mit starken Risikofaktoren (inklusive peripherer Frakturen)
@ Älterer Patient mit/ohne Fraktur/
schwerpflegebedürftig/institutionalisiert/immobil
Es empfiehlt sich bei Erwägung einer
Osteoporose eine gezielte Anamnese hinsichtlich des Risikoprofils vorzunehmen.
Auf Grund der unterschiedlichen Wertigkeit der verschiedenen Risiken wird
eine Einteilung in starke und moderate
Risikofaktoren vorgenommen (Tab. 1).
Weitere Erkrankungen, die Ursache
einer sekundären Osteoporose sein kön-
nen, sind in Tab. 1 aufgeführt. Sehr
wichtig ist außerdem die Genussmittelund Medikamentenanamnese, vor allem hinsichtlich Glukokortikoiden. Die
Beeinflussung des Knochenstoffwechsels durch Glukokortikoide ist sehr komplex und beruht vorwiegend auf einer
Hemmung der Knochenneuformation
infolge einer Verminderung der Osteoblasten-Vorläuferzellen und einer gesteigerten Apoptose von Osteoblasten
und Osteozyten. Darüber hinaus wurde – vor allem in der Initialphase einer
Glukokortikoidtherapie – eine überproportionale Osteoklastenformation
bei gleichzeitig verminderter Apoptose
beschrieben [18].
Tab. 1 Risikofaktoren der Osteoporose
Starke Risikofaktoren für Osteoporose
@ Untergewicht (BMI < 20 kg/m2) bzw. ein starker Gewichtsverlust > 10%
@ Abnahme der Körpergröße > 4 cm
@ Vorbestehende Frakturen bei nur geringem auslösenden Trauma
@ körperliche Inaktivität, insbesondere Bettlägerigkeit (auch von nur wenigen
Wochen)
@ Alter > 70 Jahre
@ Hohes Sturzrisiko (mindestens zwei Stürze in den letzten sechs Monaten)
Moderate Risikofaktoren für Osteoporose
@ Positive Familienanamnese bzgl. Osteoporose
@ Weibliches Geschlecht
@ niedrige Östrogen-Expositionszeit (Menarche bis Menopause < 30Jahre)
@ geringe oder fehlende Sonnenlichtexposition
@ Mangelernährung hinsichtlich Kalzium (< 500-850 mg/Tag) und Vitamin D
Erkrankungen, die mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einhergehen
@ Malassimilationssyndrome (Zustand nach Magenresektion, exokrine
Pankreasinsuffizienz, cholestatische Lebererkrankungen, M. Crohn des Dünndarmes, Sprue, Kurzdarmsyndrom)
@ Laktoseintoleranz
@ Rheumatoide Arthritis
@ Niereninsuffizienz
@ Hyperparathyreoidismus
@ Hypogonadismus
@ Amenorrhoe (zum Beispiel durch Hochleistungssport)
@ Wachstumshormonmangel
@ M. Cushing
@ Diabetes mellitus
@ Alkoholismus, Nikotinabusus
@ Erkrankungen, die eine verminderte Mobilität bedingen (z.B. M. Parkinson,
Querschnitts-Syndrome, Multiple Sklerose, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung usw.)
Arzneimittel, die ein erhöhtes Osteoporoserisiko bedingen
@ Glukokortikoide
@ Heparin-Langzeitbehandlung
@ Antikoagulantien
@ Zytostatika
@ Immunsuppressiva
@ Antiepileptika
@ Aromatasehemmer, Antiandrogene
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
Rückenschmerzen sind das häufigste
geschilderte Symptom der Osteoporose
und können sowohl chronischer Natur
sein als auch durch akute Exazerbationen
bei Wirbelkörperfrakturen oder Nachsinterungen bereits höhengeminderter
Wirbel hervorgerufen werden. Typischerweise geben die Patienten an, Schmerzen
zu haben, die im Tagesverlauf zunehmen
und sich durch Ruhepausen oder Abstützen bessern. Osteoarthrotische Veränderungen hingegen zeichnen sich überwiegend durch morgendliche, lumbosakral betonte Schmerzen aus, die sich im
Tagesverlauf und bei Bewegung bessern
[6].
Wichtig ist zudem die Befragung nach
der Körpergrößenentwicklung. Meist erinnern sich Patienten an ihre maximale
Körpergröße im jungen Erwachsenenalter oder haben Ausweise mit entsprechenden Angaben. Die Entwicklung ei-
ner ausgeprägten Kyphose durch Osteoporose wird meist noch als allgemeine Alterserscheinung wahrgenommen.
Ein für geriatrische Patienten entscheidender Faktor ist die Ermittlung des Sturzrisikos. Bei bereits abgelaufenen Stürzen
ist das Frakturrisiko besonders deutlich erhöht [11]. Die Rate steigt mit zunehmendem Alter weiter an. So liegt sie bei
den 80- bis 89-Jährigen bei 40-50% und
bei den 90- bis 99-Jährigen deutlich über
der Hälfte. Von den dabei entstehenden
schwerwiegenden Verletzungen ist die
Schenkelhalsfraktur die häufigste. Zu bedenken ist zudem, dass etwa 40% aller Altenheimeinweisungen die Folge eines
Sturzes sind.
Ein Aufgreifen des Problems durch den
behandelnden Arzt ist deshalb so wichtig,
weil 60-70% der Gestürzten innerhalb
der folgenden zwölf Monate erneut stürzen und bis zu 70% der älteren Gestürz-
Tab. 2: Einteilung von Stürzen aus ätiologischer Sicht
Extrinsische Stürze
Synkopale Stürze
Lokomotorische Stürze
Sturz nachvollziehbar durch von außen einwirkende
Kräfte
mit oder ohne Bewusstseinsverlust, z.B. TIA, Herzrhythmusstörungen
Stürze auf Grund von Funktionsdefiziten bei alltäglichen Umgebungsbedingungen oder Tätigkeiten
Tab. 3: Evaluation des Sturzrisikos
Endogene Sturzrisikofaktoren
@ Positive Sturzanamnese
@ Neurologische Defizite, vor allem Paresen, M. Parkinson, Demenz, Depression,
Polyneuropathie
@ Schwindel, Gleichgewichtsstörungen
@ Seh- und Hörstörungen
@ Gangstörungen, zum Beispiel infolge gestörter Gelenkfunktion, Muskelatrophie, -schwäche und ausgeprägter Kyphose
@ Gliedmaßenamputation, Deformierung unterer Gliedmaßen
@ Schwankungen von Blutdruck und Blutzucker
@ Alkoholabusus
@ Medikation mit Schlafmitteln, anderen psychotropen Substanzen, Diuretika
@ Multimedikation (> 4 Medikamente)
@ Nykturie
Exogene Sturzrisikofaktoren
@ Schlechte Lichtverhältnisse, vor allem nachts
@ Auf dem Fußboden lose verlegte Kabel
@ Lose Teppiche, glatte Böden
@ Treppen, Schwellen
@ Ungeeignetes Schuhwerk
@ Frei laufende Haustiere
@ Nicht fest stehendes Mobiliar
@ Fehlen von Handgriffen im Bad
GERIATRIE JOURNAL 2/06
ten Angst vor weiteren Stürzen entwickeln. Die Einschränkung der Mobilität
aus Angst erneut zu stürzen, mündet in
einen Teufelskreis mit zunehmendem Abbau neuromuskulärer Koordinationsfähigkeit und Muskelkraft. Zu unterscheiden sind drei Typen von Stürzen (Tab. 2).
Ein entsprechendes Risikoprofil sollte
durch individuelle Bewertung der in Tab. 3
aufgeführten Sturzrisikofaktoren ermittelt
werden. Die Sturzanamnese sollte daher
Einschränkungen sowohl des Aktionsradius als auch der Verrichtung von Dingen
des täglichen Lebens umfassen. Gezielt
gefragt werden sollte auch nach subjektiv
empfundener Gangunsicherheit. Bei stattgehabtem Sturz sollten die näheren Umstände wie Tageszeit, Befinden und Verhalten vor dem Sturz sowie eventuelle Zusammenhänge zu Medikamenten- und
Alkoholeinfluss erfragt werden. Erfahrungsgemäß ist eine Fremdanamnese oder
idealerweise eine Begutachtung der häuslichen Verhältnisse bei einem Hausbesuch sehr hilfreich.
Körperliche Untersuchung. Leider ist
das Bild der älteren Frau mit „Witwenbuckel“ auch heute noch das bekannteste Korrelat zur Osteoporose. Die verstärkte
Kyphose resultiert in einer Bauchvorwölbung. Durch die Verkürzung der Wirbelsäule wirken die Arme der Patienten relativ zu lang (Abb. 2). Der Körpergrößenverlust kann zu der charakteristischen
Hautfaltenbildung am Rücken („Tannenbaumphänomen“, Abb. 3) führen.
Die neuromuskuläre Funktionslage
kann durch einfache Tests überprüft werden:
@ Chair-Rising-Test: Der Patient wird aufgefordert, sich aufrecht auf einen fest stehenden Stuhl ohne Armlehnen zu setzen, die Arme vor dem Brustkorb zu verschränken, die Füße parallel zueinander
zu stellen und fünfmal so schnell wie
möglich aufzustehen und sich wieder zu
setzen. Zeiten über 15 Sekunden sprechen für eine eingeschränkte Funktionslage.
@ Geh-und-Zähl-Test: Dieser Test ist für
hausärztliche Patienten aussagekräftig
und in der Praxis einfach durchführbar.
Je stärker die Gehgeschwindigkeit unter Ablenkung abnimmt, um so größer
33
Fotos: Autor
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
Abb. 2: Typischer Habitus einer Patientin
mit multiplen Wirbelkörperfrakturen bei
Osteoporose: deutlich erkennbar die
ausgeprägte Kyphosierung der BWS mit
Verkürzung des Thorax sowie die dadurch
bedingt relativ zu lang wirkender Arme.
Abb. 3: Tannenbaumphänomen: Hautfaltenbildung am Rücken infolge von multiplen Wirbelkörperhöhenminderungen.
34
ist die individuelle Sturzgefährdung. Die
Durchführung umfasst zwei Punkte:
- Patient geht 4 m so schnell wie ihm
möglich ist, dabei wird die Zeit gemessen.
- Patient geht 4 m so schnell wie ihm
möglich ist und zählt dabei rückwärts
von 100 in Dreierschritten (100, 97,
94 ...), dabei wird wiederum die Zeit
gemessen.
- Wird der Patient dabei um 20% langsamer, so entspricht dies einer 3- bis
4-fach erhöhten individuellen Sturzgefährdung.
@ Up & Go-Test: Dieser Test dient zur primär zur Testung der Gehfähigkeit. Ähnlich wie beim Chair-Rising-Test wird der
Patient bei dem Up & Go-Test aufgefordert, von einem Stuhl, allerdings mit
Armlehne, ohne personelle Unterstützung aufzustehen, eine Strecke von 3 m
gehen, sich umzudrehen, zum Stuhl zurückzugehen und sich wieder hinzusetzen. Durch Erweiterung um eine zusätzliche Aufgabe wie z.B. das Tragen eines mit Wasser gefüllten Glases, kann
eine Sturzprognose für Stürze gemacht
werden, da das Gangbild in einer komplexen, den Verrichtungen des täglichen
Lebens entsprechenden Situation beobachtet werden kann.
Weitere einfache Prüfungen umfassen die
Aufforderung zum Einbeinstand und die
Begutachtung des Gangbildes.
Labor. Die Labordiagnostik dient zur
Überprüfung des Kalzium- und VitaminD-Stoffwechsels sowie zur Differenzierung von anderen, den Knochen betreffenden Erkrankungen aus differentialdiagnostischer Sicht. Basislabordiagnostik
sollte Blutbild, Kreatinin, Kalzium, Phosphor, GGT und Alkalische Phosphatase
(AP), Serum-Elektrophorese, Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie TSH basal
umfassen, um häufige und wichtige Ursachen sekundärer Osteoporosen aufzuspüren und Störungen der Kalziumhomöostase zu erkennen (z.B. Multiples
Myelom, Osteomalazie, Knochenmetastasen, M.Paget, Niereninsuffizienz, Leberparenchymschaden bzw. Cholestase und
Störungen des Schilddrüsenstoffwechsels), die dann jeweils weiterer Abklärung
bedürfen.
Bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz
ist ein sekundärer Hyperparathyreoidismus durch Mangel an Vitamin D3-Hormon in Betracht zu ziehen, vor allem bei
wiederholt niedrig normalen Serum-Kalziumwerten. Die Diagnosestellung erfolgt
mittels Bestimmung des Parathormon intakt, wobei auf die ausgeprägte Thermolabilität des Moleküls hingewiesen sei, die
bei längerer Lagerung in falsch niedrigen
Messwerten resultieren kann. Ein erhöhtes Parathormon gibt Anlass zu weiterer
Differenzierung zwischen primärem (hoher Serum-Kalzium-, niedriger SerumPhosphat-Spiegel, und sekundärem (renalem, enteralem oder Vitamin D-Mangel bedingtem) Hyperparathyreoidismus.
Ein Sammelurin auf Kalzium und Kreatinin-Clearance gibt weiteren Aufschluss
über Nierenfunktion, Kalzium- und Vitamin D-Haushalt. Eine Verminderung
des Urin-Kalzium-Spiegels ist Ausdruck
einer vermehrten Ausschöpfung des Kalziums durch maximale Rückresorption
und sollte eine entsprechende Substitution
nach sich ziehen.
Die Bestimmung von Knochenstoffwechselmarkern für Knochenformation
(Kollagen-1-Propeptide etc.) und -resorption (Crosslinks etc.) werden derzeit
nicht für die klinische Routine empfohlen. Bei speziellen Fragestellungen sind
sie in den Händen osteologisch Erfahrener sowie zu wissenschaftlichen Zwecken
hilfreiche Instrumente.
Konventionelle Röntgenbildgebung.
Auf Grund der meist vorliegenden
Rückenschmerzen ist auf bildgebende
Diagnostik in Form von Röntgenbildern
der Lendenwirbelsäule (LWS) und Brustwirbelsäule (BWS) nicht zu verzichten.
Neben der Erkennung von Frakturen sind
sie auch von differentialdiagnostischer Bedeutung (z.B. Osteoarthrose, Osteolysen,
M. Scheuermann, Spondylolisthesis).
Wirbelkörperfrakturen werden leider immer noch häufig übersehen, vor allem,
wenn es sich um Deck- oder Grundplatteneinbrüche handelt. Als signifikant wird
eine Höhenminderung eines Wirbelkörpers von 20% oder von 4 mm ventral, zentral oder dorsal innerhalb des Wirbelkörpers oder im Vergleich mit einem Nachbarwirbel eingestuft.
GERIATRIE JOURNAL 2/06
R H E U M AT O L O G I E : O S T E O P O R O S E
Bemerkenswert ist, dass etwa 40% der und des Dachverbandes Osteologie
Wirbelkörperfrakturen unbemerkt ab- (DVO).
laufen bzw. retrospektiv nicht mehr siDie DXA-Messung liefert neben dem
cher einer Schmerzphase zuzuordnen sind. absoluten Messwert einen T-Score und
Die Erkennung von Frakturen ist so be- einen Z-Score. Die beiden Scores entstedeutsam, da 20% der Betroffenen inner- hen durch Vergleich mit Referenzpopuhalb eines Jahres nach
lationen (T-Score: 20
Der Knochen ist ein
einer Fraktur eine weibis 30-jährige, gesuntere Wirbelkörper- hochspezialisiertes Gewebe de Menschen gleifraktur erleiden. Eigechen Geschlechts und
mit ausgesprochen hoher
ne Erfahrungen lehgleicher ethnischer
Stoffwechselaktivität
ren, dass Folgebrüche
Herkunft, Z-Score:
häufig nicht mehr
gleichaltrige Personen
asymptomatisch ablaufen und nicht sel- gleichen Geschlechts und gleicher ethniten eine komplexe Schmerztherapie be- scher Herkunft) und stellen Abweichundingen, da die zunehmende Veränderung gen vom Referenzwert in Standardabder Wirbelsäulenstatik in Verspannungen weichungen dar.
und chronischen Schmerzzuständen reFür die klinische Anwendung hat sich
sultiert. Um die Inzidenz von Folgebrü- die Einteilung der Osteoporose nach Maßchen zu senken, ist eine frühzeitige effi- gabe der WHO bisher als einfach und
ziente Diagnostik und Therapie der praktikabel erwiesen. Eine Gruppierung
Osteoporose entscheidend.
erfolgt dabei durch die Kombination von
DXA-Knochendichtemessung und dem
Knochendichtemessung. Bei entspre- Vorliegen von Frakturen (Tab. 4).
chendem Verdacht auf Vorliegen einer
Derzeit sind andere Verfahren wie die
Osteoporose auf Grund anamnestischer Computertomographie und die SonograDaten ist die Durchführung einer Kno- phie bei der Diagnostik der Osteoporose
chendichtemessung der nächste Schritt. kritisch zu bewerten. Die quantitative
Bereits seit über zwanzig Jahren werden Computertomographie ist ein dreidiVerfahren zur Messung der sog. Kno- mensionales Verfahren, welches Messerchendichte routinemäßig eingesetzt. Da- gebnisse an peripheren (pQCT) oder zenbei wird die Schwächung von Röntgen- tralen Messorten (aQCT) liefert. Dadurch
strahlen beim Durchtritt an den defi- ist auch eine sehr interessante Unternierten Messorten, lumbale Wirbelsäule scheidung zwischen kortikalem und spon(LWK 1 bis 4) und Hüften, zweidimen- giösem Knochen möglich. Die wesentlisional gemessen. Die aktuellen Geräte che Einschränkung ist jedoch, neben der
messen nach dem DXA-Prinzip (dual höheren Strahlenbelastung, dass alle Zuenergy X-ray absorptiometry), dem Gold- lassungsstudien der modernen Osteopostandard nach der Definition der WHO rosetherapeutika auf der DXA-Messung
Tab. 4: Stadieneinteilung auf Basis von T-Scores und Frakturen
Klinisches Stadium
0 präklinische Osteoporose
1 Osteoporose
(ohne Frakturen)
2 Osteoporose
(mit Frakturen)
3 Fortgeschrittene Osteoporose
GERIATRIE JOURNAL 2/06
Kriterien
@ Knochenmineralsalzgehalt moderat
vermindert (T-Score -1,0 bis -2,5 SD)
@ keine Wirbelfrakturen
@ Knochenmineralsalzgehalt vermindert
(T-Score < -2,5 SD)
@ keine Wirbelfrakturen
@ Knochenmineralsalzgehalt vermindert
(T-Score < -2,5 SD)
@ 1-3 Wirbelfrakturen ohne adäquates Trauma
@ Knochenmineralsalzgehalt vermindert
(T-Score < -2,5 SD)
@ multiple Frakturen ohne adäquates Trauma
basieren. Dementsprechend gibt es für die
CT-Methoden auch keine klar definierten
Grenzwerte, die eine wissenschaftlich fundierte Behandlung einer Osteoporose zulassen. Die weit verbreitete Ultraschallmessung kann zur Zeit nicht als Routinediagnostik empfohlen werden, da die
verwendeten Geräte, die Messparameter
und die Messorte nicht standardisiert sind.
Für beide Verfahren kann derzeit keine
Empfehlung ausgesprochen werden.
Sonstige Diagnostik. Die Knochenszintigraphie ist bei der Osteoporose nicht
als Routineverfahren zu empfehlen. Sie
kann hier aber Hinweise darüber geben,
ob bereits frakturierte Wirbelkörper nachsintern oder ob Frakturen frisch oder bereits alt und durchbaut sind. Bei Verdacht
auf pathologische Frakturen kann sie natürlich zur Suche nach oder zum Ausschluss von Knochenmetastasen hilfreich
sein.
Die Kernspintomographie gibt ebenfalls sehr gut Auskunft darüber, ob eine
Fraktur frisch ist. Zudem erlaubt sie eine
bessere Differenzierung gegenüber malignen Prozessen. Zur Routinediagnostik
sollte sie aber ebenfalls nicht eingesetzt
werden.
Eine histologische Untersuchung von
Knochenbiopsien ist dann zu erwägen,
wenn zwischen einer Osteoporose, einer
Osteomalazie und einer renalen Osteopathie zu unterscheiden ist. Die Aufarbeitung erfolgt an nicht-entkalkten Biopsaten und sollte in einem entsprechend
osteopathologisch erfahrenen Zentrum
stattfinden. Die Untersuchung von entkalktem Biopsat hingegen ist indiziert,
wenn eine hämatologische Verdachtsdiagnose besteht.
Fortsetzung und Literatur in
GERIATRIE JOURNAL 3/2006
Korrespondenzadresse:
Dr. med. Parvis Farahmand,
Medizinische Klinik IV, Allgemeine
Innere Medizin/Osteologie,
Klinikum Leverkusen gGmbH,
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Universität zu Köln,
Am Gesundheitspark 11,
51375 Leverkusen
35
P S Y C H I AT R I E : I N S O M N I E
Schlafstörungen im
Alter, Teil 2
Degeneration von cholinergen pedunculopontinen Neuronen sein, die den
Muskeltonus im Schlaf beeinflussen. In
der Anamnese der Patienten findet sich
häufig ein Sprechen im Schlaf.
Jürgen Staedt, Berlin
Therapie: Sundowning und Schlaf-/
Wachrhythmusstörung
Mehr als ein Drittel älterer Menschen und drei Viertel dementer Patienten leiden unter Schlafstörungen. Der 2-teilige Artikel befasst sich mit
den Ursachen und erläutert therapeutische Maßnahmen. Teil 1 (GERIATRIE
JOURNAL 1/2006, S. 30 ff.) beschäftigte sich mit Schlafstörungen bei organischen Faktoren und bei Demenz. Im nachfolgenden 2. Teil geht es um
Sundowning und Schlaf-/Wachrhythmusstörungen.
S
undowning findet sich bei Patien- einfacht könnte man auch sagen, es
ten mit Alzheimer-Demenz oder kommt beim Sundowning in der Dämauch bei der Lewy-Körperchen- merung bei reduzierter SCN Aktivierung
Demenz. Beim Sunzu einem Arousal bei
Die REM-Schlafdowning handelt es
„abgeschaltetem“ – auf
sich typischerweise um
NONREM-Schlaf
Verhaltensstörung ist
eine in der Dämmeeingestelltem – Neonicht an das Vorliegen
rung oder abends aufkortex. Die Folge ist,
einer Demenz gebunden
tretende Unruhe und
dass der zur Agitation
Erregtheit, bei der die
führende Stimulus
Patienten desorientiert sind, oft unkon- nicht bearbeitet werden kann und die
trollierbar schreien, schwer zu beruhigen Agitation bestehen bleibt oder sogar noch
sind und sich durch ihr Verhalten ge- zunimmt.
fährden. Auslöser für die Unruhezustände sind häufig Vokalisationen von MitREM-Schlafverhaltensstörung
patienten oder irritierende Geräusche,
z.B. durch Reinigungspersonal oder Es- Vom Sundowning abzugrenzen ist die
REM-Schlafverhaltensstörung, die sich
senswagen.
bei Parkinson Demenzen und bei LewyKörperchen-Demenzen findet. Hierbei
Sundowning & Schlaf-/Wachkommt es in der REM-Schlafphase 1-2rhythmusstörung
mal pro Woche, teilweise bis zu 4-mal
Sundowning wird durch die Ausprägung nachts, zum Ausagieren von bedrohlichen
der Demenz wie auch durch räumliche Trauminhalten (Flucht- und/oder fremdVeränderungen begünstigt. Da das Auf- aggressivem Verhalten), die auf Nachfratreten des Sundownings an das Vorliegen ge im Gegensatz zum Sundowning auch
einer Demenz gebunden ist und in der erinnert werden können. Die REMRegel mit einem phase delay (Tempera- Schlaf-Verhaltensstörung betrifft in der
turmaximum verschoben) gegen Abend Regel nur Männer und tritt auch im Vorauftritt, handelt es sich pathophysiolo- feld der demenziellen Erkrankung auf,
gisch wahrscheinlich um eine kortikale sodass sie nicht an das Vorliegen einer DeAktivierung (Arousalreaktion) bei gleich- menz gebunden ist. Es handelt sich um
zeitig reduzierter cholinerger „Basissti- eine motorische Störung, weil die im
mulation“ des Kortex, wie sie in Teil 1 be- REM-Schlaf normalerweise vorliegende
schrieben wurde. Zusätzlich wird in der Muskeltonuserniedrigung ausbleibt und
Dämmerung noch die indirekte Licht- so die geträumten Impulse „ausgelebt“
vermittelte Aktivierung reduziert. Ver- werden. Ursächlich hierfür könnte die
36
Schlafhygiene. Da die Aktivitätsabnahme im SCN und NBM im Zusammenhang mit dem Auftreten des Sundownings und einer Schlaf-/Wachrhythmusstörung steht, sollte in erster Linie
versucht werden, durch nicht-medikamentöse Therapiemaßnahmen die zirkadiane Rhythmik zu stabilisieren. Deshalb
sollte man sich bei dementen Patienten
mit Sundowning und Schlaf-/Wachrhythmusstörung zunächst einmal von
den Bezugspersonen den Tagesablauf
schildern lassen. Es sollte sichergestellt
werden, dass die Betroffenen einen gleichmäßigen und stabilen Tagesrhythmus (Essen, Toilettengänge etc.) verbunden mit
ausreichenden sozialen Kontakten haben
und auch die körperliche Aktivierung
nicht zu kurz kommt. Dazu passend
konnte in Untersuchungen durch eine
soziale Aktivierung einem polyphasischen
Schlafrhythmus entgegengewirkt werden.
Weiterhin ist eine klare Abgrenzung der
Hell-Dunkel-Phasen zwingend notwendig. Aus Untersuchungen ist bekannt,
dass im Heimbereich zum Teil im Median nur eine Lichtstärke von 54 Lux gemessen wurde und die Bewohner ca. nur
zehn Minuten mit mehr als 1000 Lux verbrachten [24]. Im Vergleich dazu erreichen wir in unseren beleuchteten Arbeitsräumen 300-500 Lux. Selbst an bewölkten Wintertagen im Freien beträgt
die Lichtstärke noch 3000-4000 Lux.
Der positive Effekt von Tageslicht auf
den Schlaf konnte bei älteren Schlafgestörten nachgewiesen werden. In einer
Untersuchung führte eine Tageslichtexposition von 10.00-12.00 Uhr und von
14.00-16.00 Uhr zu erhöhten Melatoninspiegeln und einer Schlafverbesserung.
Lichttherapie. Bei dementen Patienten reduziert abendliche Lichttherapie
nächtliche motorische Unruhe [11], aber
auch morgendliche Lichttherapie ist wirkGERIATRIE JOURNAL 2/06
P S Y C H I AT R I E : I N S O M N I E
sam [18]. Auch eine indirekte Lichttherapie mit verstärkter Lichtintensität in
den Aufenthaltsräumen führt zu einer
Stabilisation des Schlaf-Wach-Rhythmus
[36]. Neben der Stabilisation des Rhythmus konnte auch unter morgendlicher
und abendlicher Lichttherapie eine Verbesserung der Kognition im Mini-Mental-State-Test nachgewiesen werden. Bei
nicht ausreichender Lichtstärke tagsüber
ist daher bei Schlaf-/Wachrhythmusstörungen eine 30-minütige Lichttherapie
mit 10.000 Lux empfehlenswert, die in
Anbetracht der zeitlichen Belastung auch
gut in den Stationsalltag integrierbar ist.
Alternativ können auch 2.500 Lux über
zwei Stunden angewendet werden. Allerdings bleibt anzumerken, dass schwer demente Patienten mit ausgeprägterer Degeneration des SCN von der Lichttherapie
nur (noch) begrenzt profitieren können.
Neueste Untersuchungen zeigen auch,
dass sich sogar die Simulation von Sonnenauf- und -untergang positiv auf die
Einschlaflatenz, nächtliche Unruhezustände und auch auf die Schlafdauer bei
älteren Patienten mit fortgeschrittener
Demenz auswirkt.
Melatonin wird in der Regel während
der Dunkelphase zwischen 22.00 und
6.00 Uhr freigesetzt. Melatonin soll in
erster Linie über Mel1a,b-Rezeptoren die
Aktivität des SCN hemmen und so indirekt durch Hemmung der zirkadianen
„Wach-Aktivität“ den Schlaf begünstigen. Licht ab einer Lichtstärke von 180
Lux wiederum kann über den glutamatergen retinohypothalamischen Trakt die
Melatoninfreisetzung modulieren, wobei
diese Wirkung durch die serotonergen
Verbindungen zum SCN modifiziert werden können (Abb. 3). Melatonin spielt eine wichtige Rolle in der Regulation des
Schlafes. So weisen jüngere Insomniker
[12] aber auch etwa 50% der älteren Patienten mit Durchschlafstörung eine reduzierte Melatoninsekretion auf [14].
Nicht schlafgestörte Ältere weisen im Vergleich dazu signifikant höhere Melatoninspiegel auf [10]. Folglich ist auch der
direkte Einsatz von Melatonin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Dementen von Interesse, zumal es bei der Alzheimer Demenz mit Progression der Er-
38
krankung auch zu einer Abnahme des
Melatonin-Liquorspiegels kommt. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass Pharmaka
wie β1-Rezeptor Antagonisten (z.B. Atenolol) oder α2-Rezeptor Agonisten (z.B.
Clonidin) aber auch zu einer Senkung
der Melatoninspiegel führen können
[16, 34]. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Musiktherapie
bei Alzheimer Patienten die Melatoninspiegel erhöht und möglicherweise über
diesen Mechanismus auch beruhigend
wirkt. Zwei Plazebo-kontrollierte Studien
zum Einsatz von Melatonin ergaben
widersprüchliche Ergebnisse. Asayama et
al. [3] fanden unter Melatonin (3 mg)
nach vier Wochen eine signifikante Abnahme nächtlicher Aktivität, eine Verlängerung des Schlafes und eine Verbesserung der Werte im ADAS-Cog im Vergleich zu Plazebo, während Serfaty et al.
[22] nach zwei Wochen unter 6 mg Melatonin keine Verbesserung des Schlafes
fanden. Die Wirksamkeit von Melatonin
sollte daher erst nach längerfristiger Ga-
be überprüft werden. Dazu passend fanden Cardinali et al. [6] im Vier-Monatsverlauf unter 6 mg Melatonin einen positiven Einfluss auf Sundowing und Schlaf
(Melatonin kann über die internationale
Apotheke bezogen werden, 3 mg Melatonin kosten ca. 40 Cent/pro Tag).
Therapie:
REM-Schlafverhaltensstörung
In der Regel kann die REM-Schlafverhaltensstörung längerfristig erfolgreich
ohne Gewöhnungseffekte mit Clonazepam in einer Dosierung von 0,5-1 mg
behandelt werden. Auch eine Erhöhung
der abendlich gegebenen Acetylcholinesterasehemmer-Dosis kann sich positiv
über eine Verstärkung der cholinerg
vermittelten Muskeltonuserniedrigung im
REM-Schlaf auswirken. Bei ungenügendem Behandlungserfolg kann gegebenenfalls eine Kombination mit Melatonin
in einer Dosis zwischen 3-6 mg in Erwägung gezogen werden. Allerdings liegen
Abb. 3:
Kontrolle der Melatoninsynthese durch Licht, andere Zeitgeber und das serotonerge System.
Licht mit einer Lichtstärke ab 180 Lux wirkt auf die zirkadiane Rhythmik. Die lichtvermittelten Impulse werden über das Ganglion zervikale superior an die Pinealis vermittelt und stimulieren abends glutamaterg die Melatoninsynthese. Die lichtvermittelte Aktivierung kann durch die serotonergen Bahnen und andere Zeitgeber moduliert werden. Abkürzungen GABA = Gammahydroxybuttersäure; Glu = Glutamat,
NOR = Noradrenalin.
GERIATRIE JOURNAL 2/06
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keine kontrollierten Studien vor. Abschließend sei noch erwähnt, dass serotonerg wirkende Antidepressiva zu einer
Muskeltonuszunahme während des REMSchlafes führen und somit das Risiko der
Entwicklung einer REM-Verhaltensstörung begünstigen könnten (man sollte
dies bei der Verordnung von SSRI`s zur
Therapie von Verhaltensstörungen mit
berücksichtigen!).
Odds Ratio
gung entlang eines Kontinuums unter- tagsüber im Vordergrund stehender Apaschiedlich auf höhere kortikale Funktio- thie oder nächtlichen Alpträumen ist es
nen (Bewusstsein, Aufmerksamkeit) sinnvoll, die Einnahme von Acetylcholiund/oder Schlaf-/Wachnesterasehemmern in
Lichttherapie und
rhythmus auswirken.
die Morgenstunden zu
Bezugnehmend auf dieSpaziergänge verbessern verlegen. Abschliese Überlegungen ist auch
ßend sei daran erden Schlaf-/Wachverstehbar, dass z.B. deinnert, dass in der
rhythmus bei Dementen
mente Patienten häufig
Literatur auch eine
im Rahmen fieberhafter
Wirksamkeit
von
Infekte eine delirante Symptomatik ent- Cholinesterasehemmern in der Therapie
wickeln. Nach neuesten Untersuchungen von nichtkognitiven Symptomen gut beAllgemeine Pharmakotherapie von
kommt es dabei zur Bildung von endoge- legt ist [35, 39].
Schlaf-/Wachrhythmusstörungen
nen anticholinergen Substanzen [8], die
Acetylcholinesterasehemmer. Nächtli- durch eine Blockade von MuskarinrezepBenzodiazepine. Benzodiazepinreche Unruhezustände im Rahmen von toren das schon bestehende cholinerge zeptoragonisten wie Zolpidem sind zum
Schlaf-/Wachrhythmusstörungen bei De- Defizit so verstärken könnten, dass die Teil erfolgreich für Schlafstörungen bei
menzen sind zum Teil schwierig von einer cholinerge neokortikale Aktivierung nicht Dementen eingesetzt worden, wobei sich
deliranten Symptomatik abzugrenzen. Die ausreicht und sich ein reversibles Delir mit allerdings relativ hohe Dosierungen
Abgrenzungsschwierigkeit liegt meiner Einschränkung der höheren kortikalen (20 mg) als wirksam erwiesen. Es sei aber
Meinung nach darin begründet, dass die Funktionen entwickeln kann.
an dieser Stelle auch erwähnt, dass in der
cholinergen zum aufsteigenden aktivieDeshalb ist es wichtig, grundsätzlich Literatur bei jüngeren Patienten unter
renden retikulären System (ARAS) gehö- bei der Verordnung von Acetylcholines- Einnahme von Zolpidem psychotische
renden Bahnen, maßgeblich Arousal, Auf- terasehemmern nicht nur an die Kogni- Reaktionen beschrieben sind. Folglich
merksamkeit, Gedächtnis und Schlaf-/ tion, sondern auch an die Stabilisation kann hier nur eine eingeschränkte TheWachrhythmus beeinflussen. Folglich kön- des Schlaf-/Wachrhythmus zu denken, da rapieempfehlung ausgesprochen werden.
nen sich Störungen des cholinergen Sys- beide Bereiche maßgeblich durch das cho- Gut gesichert ist hingegen die Therapie
tems je nach Vulnerabilität und Ausprä- linerge System beeinflusst werden. Bei der REM-Schlafverhaltensstörung im
Rahmen Lewy-Körperchen-Demenz mit
Clonazepam in einer Dosis 0,5-1 mg.
Abb. 4:
Nicht außer Acht gelassen werden dürOdds Ratio (relatives Risiko) für zerebrovaskuläre Ereignisse,
fen bei Demenzpatienten ÜberhangefReferenzsubstanz Acetylcholinesterasehemmer
fekte mit Tagesmüdigkeit, Koordina8,00
tionsstörungen und Sturzgefahr. Grundsätzlich sollten nur Benzodiazepine
7,00
verordnet werden, die keine Verlänge6,00
rung der Halbwertszeit im höheren Lebensalter haben, um Überhangeffekte zu
5,00
vermeiden (Tab. 2 in Teil 1).
4,00
Das ebenfalls partiell Benzodiazepinrezeptor agonistisch wirkende Clome3,00
thiazol ist in der Kurzzeittherapie bei aus2,00
geprägtem Sundowning einsetzbar (2 bis
1,00
4 Kps. zeitlich versetzt), da es auf Grund
der kurzen Halbwertszeit (3-6 h) gut steu0,00
Risperidon
Olanzapin
Haloperidol
Benzodiazepine
Acetylcholinesteerbar ist. Eingeschränkt wird die Anrasehemmer
wendungsmöglichkeit allerdings dadurch,
n = 939
n = 484
n = 395
n = 2419
n = 8773
dass Clomethiazol wegen der atemdeDie Odds Ratio beschreibt ein Verhältnis, eine Odds Ratio von 1 bedeutet „kein
pressiven Wirkung nicht bei respiratoriUnterschied“. Ein Wert größer als 1 beschreibt ein Risiko für ein Ereignis, ein Wert
scher Insuffizienz eingesetzt werden darf.
kleiner als 1 beschreibt einen „Schutz“ vor einem Ereignis. Der Wert für ACH-H ist
Generell sollte bei der Verordnung von
gleich 1 gesetzt, da sich unter ACH-H bisher kein erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläBenzodiazepinen auch an das Vorliegen
re Ereignisse gezeigt hat. Eine Odd Ratio von 3 bedeutet, dass die Wahrscheinlicheines Schlafapnoesyndroms gedacht werkeit für das Auftreten eines zerebrovaskulären Ereignisses gegenüber der Referenzden, da Benzodiazepine durch Muskelsubsubstanz (ACH-H) um den Faktor 3 erhöht ist.
relaxation und ArousalschwellenerhöGERIATRIE JOURNAL 2/06
39
P S Y C H I AT R I E : I N S O M N I E
hung die Sauerstoffentsättigung verstärken können.
zodiazepinen bei insgesamt 14.648 Patienten (> 60 Jahre mit Demenz; Ausschluss vaskuläre Demenz) erfasst und
Neuroleptika. Problematisch erscheint das Auftreten eines zerebrovaskulären Erder Einsatz von Neuroleptika, da sowohl eignisses innerhalb von 90 Tagen nach
die Fa. Janssen-Cilag als auch Lilly Therapiebeginn dokumentiert. InteresDeutschland Anfang März 2004 in Ro- santerweise zeigte sich dort, dass nicht nur
te Hand Briefen über ein erhöhtes Risi- unter Risperidon und Olanzapin, sonko zerebrovaskulärer Ereignisse bei De- dern auch unter Benzodiazepinen und
menzpatienten unter der Therapie mit Haloperidol das relative Risiko für zereRisperidon bzw. Olanbrovaskuläre Ereignisse
zapin berichteten. Bei der Medikation sollten erhöht ist (Abb. 4). Das
Olanzapin erhielt darunterstützt die Hypomöglichst wenig sedieaufhin in der Fachinthese, dass Neuroleptirende Psychopharmaka
formation den Warnka und andere sediezum Einsatz kommen
hinweis: „Olanzapin
rende Pharmaka potenist für die Behandlung
tiell über eine zerebrale
von Psychosen und/oder Verhaltensstö- Hypoperfusion Mikroinfarkte bei Alzrungen im Zusammenhang mit einer heimer-Demenzen begünstigen könnten
Demenz nicht zugelassen und die An- [21]. Eine kürzlich publizierte Analyse
wendung in dieser speziellen Patienten- von insgesamt elf Studien zum Einsatz
gruppe wird nicht empfohlen, da die von Risperidon und Olanzapin kommt
Mortalität und das Risiko eines zerebro- allerdings zu dem Schluss, dass die Urvaskulären Zwischenfalls erhöht ist.“ Bei sachen für das Auftreten eines zerebroRisperidon wurde die Indikation enger vaskulären Ereignisses sich zum gegengefasst, statt in der Indikation „Chroni- wärtigen Zeitpunkt nicht schlüssig kläsche Aggressivität“ wurde die Zulassung ren lassen [13].
begrenzt auf: „Schwere chronische AgVom Einsatz klassischer Neuroleptika
gressivität, durch die sich die Patienten sollte aber auf jeden Fall Abstand geselbst und andere gefährden, oder psycho- nommen werden. Denn in einer retrotische Symptome bei Demenz, durch die spektiven Auswertung von 22.890 Padie Patienten erheblich beeinträchtigt tientendaten, von denen rund von 50%
werden.“ Die Einschränkung der Zulas- an einer Demenz litten, ergab sich unter
sung für Risperidon und Olanzapin klassischen Neuroleptika im Vergleich zu
grenzt die therapeutischen Optionen stark neueren Neuroleptika eine um den Fakein, obwohl es bisher nur für Risperidon tor 1,37 erhöhte Wahrscheinlichkeit
und Olanzapin eine ausreichend große innerhalb der ersten 180 Tage verstorAnzahl von randomisierten, doppelblin- ben zu sein [37]. Diesen Überlegungen
den Studien gibt, die eine realistische Be- folgend sollte der Einsatz von Neurolepwertung des Nutzen-/Risikoprofils der tika und anderen sedierenden PsychoSubstanzen bei Demenzpatienten erlau- pharmaka erst nach Ausschöpfung der
ben. Mit Blick auf diese Anwendungs- erwähnten schlafhygienischen Maßnaheinschränkungen dürften Neuroleptika men und Beginn einer Therapie mit Chofolglich nicht mehr zur Therapie von linesterasehemmern erfolgen.
Schlaf-/Wachrhythmusstörungen eingeAls Mittel der ersten Wahl ist dann Rissetzt werden und wir müssten verstärkt peridon (0,5-0-0,5 mg) anzusehen. RisBenzodiazepine verordnen. In diesem Zu- peridon führte in Untersuchungen bei
sammenhang ist die 2003 von Kozma et dementen Patienten zur Stabilisierung
al. [15] als Poster auf dem International des Schlaf-/Wachrhythmus und zeigte
College of Geriatric Psychoneurophar- auch im Vergleich zu Melperon weniger
macology in Puerto Rico präsentierte Stu- Nebenwirkungen wie Schwindel, Gangdie von Interesse. In der Studie wurden unsicherheit und Tagessedierung, ohne
im Zeitraum 1999-2001 die Verordnung dass sich beide Substanzen in ihrem Einvon Acetylcholinesterasehemmern, Olan- fluss auf den Nachtschlaf unterschieden
zapin, Risperidon, Haloperidol und Ben- [Übersicht 32].
40
Als Mittel zweiter Wahl sollten bei unzureichendem Therapieerfolg unter Risperidon Melperon oder Dipiperon zum
Einsatz kommen. Haloperidol sollte nicht
zur Therapie von Schlafstörungen eingesetzt werden, da Haloperidol gemäß
Cochrane Review [17] nicht für die Therapie von Unruhezuständen bei Demenzpatienten empfohlen werden kann
und es auch Hinweise darauf gibt, dass
Haloperidol die zirkadiane Rhythmik negativ beeinflussen kann. Alternativ kann
hier auch an den Einsatz des gut sedierend wirkenden Quetiapins gedacht werden (0-0-25 mg; langsame Steigerung auf
bis zu 0-0-100 g). Quetiapin ist auf
Grund der kurzen Halbwertszeit (~7h)
gut steuerbar, hat keine anticholinergen
Nebenwirkungen und ein geringes Risiko hinsichtlich extrapyramidalmotorischer Nebenwirkungen. Es ist allerdings
für diese Indikation noch nicht in kontrollierten Studien untersucht.
Fazit
Bei nicht-dementen Patienten sollte bei
Schlafstörungen die Schlaf-Psychoedukation unter Berücksichtigung der Stimuluskontrolle und der Schlafrestriktion mit
erster Priorität eingesetzt werden. Diese
Maßnahmen sind aber häufig allein nicht
ausreichend. Pharmakotherapeutisch sollten bei längerfristigem Therapiebedarf sedierende Antidepressiva wie Remergil und
Trimipramin zum Einsatz kommen.
Neben diesen Maßnahmen sollte genau
die Struktur des Tagesablaufes erfasst werden, um durch die Sicherstellung eines
stabilen Tagesrhythmus mit einer ausreichenden körperlichen Aktivierung (mit
Aufenthalt im Freien und einer Begrenzung von „Nickerchen“) physiologisch
den Ruhe-Aktivitätsrhythmus zu verbessern. Die Beleuchtung sollte in den
Wohnbereichen tagsüber bei ca. 500 Lux
liegen (Lux-Messgeräte können bei der
Firma Conrad Electronic im Internet
günstig bestellt werden). Bei nicht ausreichender Lichtstärke im Wohnbereich
sollte bei Sundowning-Patienten tägliche
Lichttherapie zu Einsatz kommen.
Um auch eine Umsetzung dieser schlafhygienischen Maßnahmen im Alltag zu
gewährleisten, ist eine entsprechende AufGERIATRIE JOURNAL 2/06
P S Y C H I AT R I E : I N S O M N I E
klärung der Betroffenen bzw. der Angehörigen von Demenzpatienten notwendig.
Erste Untersuchungen zeigen, dass die Information der Angehörigen und Instruktion der Demenzpatienten mit Begrenzung von Nickerchen, Lichttherapie und
täglichen Spaziergängen zu einer deutlichen Stabilisierung des Schlaf-/Wachrhythmus bei Dementen beiträgt [20].
Erst, wenn diese Maßnahmen nicht
zum erwünschten Erfolg führen, sollte
an eine medikamentöse Behandlung der
Schlafstörung bei dementen Patienten
gedacht werden. Bei der Auswahl der Medikation sollten möglichst wenig sedierende Psychopharmaka zum Einsatz
kommen, um nicht durch einen Überhang mit Sedierung am Vormittag den
ohnehin reduzierten neuronalen Metabolismus (neuronale Aktivität) der Demenzpatienten noch zusätzlich zu schwächen. Langfristig kann hier eine fortgesetzte Sedierung der neuronalen
Inaktivierung/Atrophie im Rahmen der
Demenz Vorschub leisten und die nutzungsabhängige dynamische Plastizität
neuronaler Verschaltungen schwächen.
Daher sollte auch bei Schlaf-/Wachrhythmusstörungen an den Einsatz von
Cholinesterasehemmern gedacht werden,
da, wie oben gezeigt, das cholinerge System maßgeblich an der Aufrechterhaltung der Vigilanz und der Regulation des
Schlaf-/Wachrhythmus beteiligt ist.
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Prof. Dr. med. Jürgen Staedt,
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie – Memory Clinic,
Vivantes Klinikum Spandau,
Griesingerstr. 27,
13589 Berlin
41
ERNÄHRUNG: MALNUTRITION
„Patienten mit ernährungsbedingtem Risiko identifizieren“
Interview mit Prof. Dr. med. Sci Jens Kondrup
Rund 1,6 Mio. ältere Menschen waren nach Schätzungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) in Hessen im Jahr 2003
unterernährt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin kam in
einer Studie zu dem Ergebnis, dass jeder 2. Patient über 65 Jahre bei
Aufnahme in die Klinik mangelernährt ist. GERIATRIE JOURNAL sprach mit
Prof. Jens Kondrup über Ursachen und Möglichkeiten, Mangelernährung frühzeitig zu erkennen.
?
„Die Mangelernährung – speziell bei
geriatrischen Patienten – nimmt in
Deutschland alarmierende Ausmaße an.
Mindestens jeder zweite Ältere ist bei Aufnahme in das Krankenhaus mangelernährt. Die gleiche Situation findet man
in Pflegeheimen. Welches sind
die Gründe dafür?“
Prof. Jens Kondrup: „Bei
Aufnahme in die Klinik werden routinemäßig vitale
Funktionen wie Temperatur,
Blutdruck sowie Wasser- und
Elektrolythaushalt überprüft
und falls notwendig, therapeutische Maßnahmen eingeleitet. Es ist auch ziemlich
verbreitet, dass der Ernährungszustand beschrieben wird. Im
Gegensatz zu anderen Messungen führen die Beobachtungen des Ernährungszustandes aber oft nicht zu den notwendigen Aktivitäten, weil erst in den
vergangenen 10-15 Jahren eine große
Anzahl von Interventions-Studien gezeigt hat, dass eine entsprechende Ernährungstherapie den Krankheitsverlauf
der Patienten günstig beeinflusst. Aus
diesem Grund wurde das Problem bisher vernachlässigt.
Das alarmierende Ausmaß dieses unbehandelten klinischen Problems wird
aber allmählich allen an der Pflege Beteiligten mehr und mehr klar. Zusätz-
42
lich sind die Klinikpatienten heutzutage – wegen der Reduktion der Bettenzahlen – wahrscheinlich schwerer krank.
Auch deshalb ist ein schlechter Ernährungszustand bei Krankenhauspatienten
häufiger.“
ken die Kosten im Laufe eines Klinikaufenthaltes. Bei Mangelernährten ist
aber wegen der zusätzlichen Komplikationen mit einer Kostenzunahme zu
rechnen. Diese Patienten haben auch eine verminderte Muskelkraft. Dies hat eine verzögerte Mobilisierung und damit
verbundene spätere Entlassung, verglichen mit gut ernährten Patienten, zur
Folge. Mehrere Studien zeigen, dass die
Kosten bei mangelernährten Patienten
mindestens 50 Prozent höher sind als die
bei einem gut ernährten Patienten.“
?
„Eine neue Leitlinie, von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für
Prof. Jens Kondrup:
Ernährungsmedizin
(DGEM) erarbeitet, emp„Ältere essen nach Gewichtsfiehlt dringend, „Ernähverlust, zum Beispiel auf
rungstherapie nicht erst bei
Grund einer infektiösen
schwerer Mangelernährung zu beginnen, sondern
Erkrankung, nicht spontan
mehr, um den Gewichtsverlust frühzeitig, sobald Hinweise auf Ernährungsrisiauszugleichen.“
ken vorliegen“. Früherkennung heißt also auch
hier das Gebot der Stun„Die Mangelernährung stellt eine er- de. Mit welcher Methode lässt sich eine
norme finanzielle Belastung des Ge- Mangelernährung frühzeitig einfach,
sundheitswesens dar. Kürzlich publizier- schnell und sicher diagnostizieren?“
te Daten aus Großbritannien, ergeben –
umgerechnet – für Deutschland Gemein- Prof. Jens Kondrup: „Es ist wichtig, Pakosten von mehr als 14 Mrd. Euro pro tienten mit einem ernährungsbedingJahr. Woraus resultiert diese hohe Sum- ten Risiko für Komplikationen oder Einme?“
schränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit zu identifizieren. Das
Prof. Jens Kondrup: „Mangelernährte bedeutet, dass die Mangelernährung
Patienten erleiden häufiger Komplika- selbst diagnostiziert werden muss. Es
tionen und haben zum Beispiel wesent- geht aber auch um solche Patienten, die
lich mehr Infektionen. Aus diesem eventuell eine Mangelernährung entwiGrund ist ihre Verweildauer länger und ckeln könnten. Eine bestehende Mandie Tagestherapiekosten für diese Pa- gelernährung kann durch einen niedritienten sind höher. Normalerweise sin- gen BMI (Body-Mass-Index), durch ei-
?
GERIATRIE JOURNAL 2/06
ERNÄHRUNG: MALNUTRITION
nen kürzlichen Gewichtsverlust oder dadurch, dass der Patient seit kurzem weniger isst als üblich, identifiziert werden. Das Risiko, eine Mangelernährung
zu entwickeln, ist hauptsächlich dann gegeben, wenn eine verminderte Nährstoffzufuhr zu erwarten ist oder eine
Erkrankung mit erhöhtem Bedarf diagnostiziert wurde, wie zum Beispiel bei
Krebs, vielen chronischen Erkrankungen
oder multiplen chirurgischen Eingriffen. Eine exakte Abschätzung der Ernährungssituation ist sehr zeitaufwändig.
Aus diesem Grund ist ein entsprechendes Hilfsmittel notwendig.
Die Europäische Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) hat ein solches Hilfsmittel entwickelt, das bei Aufnahmen eingesetzt werden soll. Am Anfang steht dabei ein
initiales Screening mit den folgenden
vier Fragen:
1. Ist der BMI < 20,5?
2. Wurde kürzlich Gewicht verloren?
3. Isst der Patient seit kurzem weniger?
4. Ist der Patient schwerwiegend erkrankt?
Falls eine der vier Fragen mit ,,Ja“ beantwortet wird, wird ein formelles Screening
durchgeführt mit dem Ergebnis, dass
die vier Fragen quantitativ beantwortet
und direkt mit folgenden Aktionen verknüpft werden:
@ Ernährungstherapie oder
@ Wiederholung des Screenings.
Der gesamte Prozess dauert weniger als
fünf Minuten. Das Screening kann auf
der Website von ESPEN (www.espen.
org) nachgelesen werden.“
?
„Wie oft sollte ein solches Screening
bei älteren Patienten wiederholt werden?“
Prof. Jens Kondrup: „Das Screening
sollte in den ersten 24 Stunden nach
Aufnahme erhoben werden. Bei den Patienten, die kein Ernährungsrisiko aufweisen, sollte das Screening einmal wöchentlich wiederholt werden.“
Ernährungszustand einfach und schnell erfassen
Malnutrition hat einen weitreichenden Einfluss auf den Gesundheitszustand älterer Menschen. Sie verringert z.B. bei
gesunden Personen die Mobilität, beeinträchtigt die kognitiven Fähigkeiten und schwächt
die Abwehrkräfte. Bei kranken
Menschen sind die Auswirkungen noch weitreichender. Mangelernährung verzögert den
Wundheilungsprozess, erhöht
die Sturzgefahr und verlängert
den Krankenhausaufenthalt, um
nur einige Beispiele zu nennen.
Hinzu kommt, dass Erkrankungen den Energiebedarf eines Menschen erhöhen, kranke Menschen also
mehr Nahrung zu sich nehmen müssen. Um den sinnvollen Einsatz einer
Ernährungstherapie zu gewährleisten, hat die Europäische Gesellschaft für
Parenterale und Enterale Ernährung (ESPEN) eine validierte Leitlinie veröffentlicht. Sie ermöglicht es, einfach und schnell Mangelernährung zu erfassen
Das Nutritional Risk Screening NRS 2002 wurde von Fresenius Kabi Deutschland GmbH, Hersteller von hochkalorischer Trinknahrung, in einen leicht zu
bedienenden Kalkulator umgesetzt. Mit diesem Rechner ist es möglich,
schnell und zuverlässig den aktuellen Ernährungstatus eines Patienten zu
bestimmen und zu beurteilen, ob eine supportive Ernährung notwendig ist
oder nicht.
Der Rechner für das Screening ist erhältlich bei: Fresenius Deutschland
GmbH, Dr. Christiane Reiß, Else-Kröner-Str. 1, 61352 Bad Homburg v.d.H.,
Tel. 0 61 72/686-8131, eMail: [email protected]
44
?
„Eine vernünftige Ernährungstherapie gestaltet sich – speziell bei älteren
Patienten – oft schwierig, weil sie gewissermaßen auf lange Gewohnheiten festgelegt sind. Welche Strategien empfehlen
Sie?“
Prof. Jens Kondrup: „Es ist schwierig,
eine angemessene Ernährungstherapie
bereit zu stellen und kein Krankenhaus
hat die Probleme bisher komplett gelöst. Bei Älteren gibt es noch zusätzliche
Schwierigkeiten wie zum Beispiel Probleme mit dem Gebiss, eine Dysphagie
und Störungen der kognitiven Funktionen.
Die Hauptstrategie liegt in der Motivation des Patienten, indem man ihm erklärt, dass sich sowohl die physischen
Fähigkeiten als auch die Stimmung mit
einer adäquaten Ernährung erheblich
verbessert. Es ist von größter Bedeutung, Älteren die Nahrung so anzubieten, dass sie diese auch erkennen können.
Moderne gesunde Kost – empfohlen
für Jüngere – sollte im Pflegeheim nicht
die erste Wahl sein. Zusätzlich sollte bekannt sein, dass Ältere nach Gewichtsverlusten, zum Beispiel auf Grund einer
infektiösen Erkrankung, nicht spontan
mehr essen, um den Gewichtsverlust
auszugleichen. Sanfter Druck vom Personal ist in dieser Situation besonders
wichtig.
Bei Älteren mit einer guten Prognose
sollte frühzeitig eine der Varianten der
künstlichen Ernährung erwogen werden, wie zum Beispiel flüssige Supplemente oder Sondennahrung bei Langzeitfällen vorzugsweise über eine PEGSonde.“
Prof. Dr. med. Sci Jens Kondrup,
Senior Physician, Head Of Office,
Nutrition Unit 5711, Rigshospitalet,
9 Blegdamsvej, 2100 Kopenhagen,
Dänemark
GERIATRIE JOURNAL 2/06
E R N Ä H R U N G : W A S S E R H A U S H A LT
Dehydratation – viele Ursachen,
eine Lösung
Dr. Susanne Nowitzki-Grimm, Schorndorf
V
on milder Dehydratation spricht
man bei einem Flüssigkeitsverlust
von 1 bis 2% des Körpergewichts.
Typische Symptome sind Durst – bei Senioren ein wenig ausgeprägter Parameter
– und vermindertes Urinvolumen. Patient
und Arzt erkennen diesen Zustand leicht
an der intensiven Färbung des Urins.
Klinische Symptome
Dehydratation mit klinischen Symptomen
liegt ab einem Flüssigkeitsverlust von 2%
vor. Wie schnell das erreicht ist, zeigt ein
Beispiel: 2% entsprechen 1,2 kg bei einem
Körpergewicht von 60 kg. Bei warmem
Trinktipps für die Praxis
@ Die optimale Trinkmenge liegt bei
1,5 bis 2,5 l pro Tag (Umgebungswärme berücksichtigen).
@ Ideale Durstlöscher sind Leitungswasser, Mineralwässer, Kräuterund Früchtetees sowie Schorlen
aus Obst- und Gemüsesäften.
Bei Energiedefizit eignen sich
besonders Säfte, Buttermilch,
Milch, Kakao oder auch Suppen.
@ Als Gedächtnisstütze sollten Getränke möglichst sichtbar bereit
gestellt werden – am besten die
komplette Tagesration.
@ Mäßig, aber regelmäßig – so wird
die Flüssigkeit am besten zugeführt.
@ Das Trinken ohne Durst muss erlernt werden. Dabei hilft ein Tagestrinkplan.
GERIATRIE JOURNAL 2/06
Wetter kann der Erwachsene 1,4 l Wasser
pro Tag allein über den Schweiß verlieren.
Verminderte körperliche und geistige
Leistungsfähigkeit wie z.B. verringerte Konzentration, Müdigkeit, Schlafstörungen
und Einbußen im Kurzzeitgedächtnis sind
erste eher unspezifische Symptome. Je ausgeprägter die Dehydratation wird, desto
gravierender werden die Symptome:
Schwäche, Schwindel, Verstopfung,
Durchblutungsstörungen, Tachykardien
(ab 5%), Muskelkrämpfe bis hin zu Verwirrtheitszuständen (ab 10%). Ein Wasserdefizit von mehr als 20% ist tödlich.
Ursachenfahndung
Nicht nur das im Alter nachlassende Durstgefühl ist schuld an der Dehydratation. Eine konstant warme Umgebung sowie die
häufig eingesetzten Diuretika sorgen für
Flüssigkeitsverluste. Schluckbeschwerden,
Schlaganfall, Demenz oder auch die Angst
vor überraschenden Toilettengängen oder
Inkontinenz tragen zur Entstehung eines
Wasserdefizits bei.
Richtige Rehydratation
Grundsätzlich muss langsam rehydriert
werden. Schon beim gesunden Erwachsenen ist eine schnelle Rehydratation bei ausgeprägterem Wasserdefizit (ab ca. 3%) nicht
möglich. Sie muss auf 16 bis 24 Stunden
ausgedehnt werden.
Beim älteren Menschen – vor allem,
wenn eine Dehydratation schon länger be-
Foto: CMA-Fotoservice
Schon auf Grund physiologischer Altersveränderungen sind Senioren
deutlich anfälliger für Dehydratation und ihre Folgen als jüngere Erwachsene. Typische Begleitumstände bei Senioren, wie z.B. Medikamenteneinnahme oder warme Umgebung, können eine Dehydratation schnell verstärken. Da Senioren aber auf Flüssigkeitszufuhr anders reagieren, sind
die Prophylaxe sowie richtiges Rehydrieren äußerst wichtig.
Eine bunte Getränkeauswahl regt zum
Trinken an.
steht – kann eine schnelle Rehydratation
sogar gefährlich werden. Erstens können
Betagte größere Wassermengen nur verzögert ausscheiden. Zweitens kann sich das
Gehirn auf geringe Wasserzufuhr einstellen. Eine zu schnelle, zu hohe Wasserzufuhr führt dazu, dass die Zellen viel Wasser aufnehmen. Zellschwellungen und
Hirnödeme können auftreten.
Geeignete Rehydratationsgetränke sind
verdünnte Fruchtsäfte, leicht gezuckerte
Tees sowie Bouillon.
Vorbeugen ist angesagt
Am besten ist folglich, es gar nicht erst so
weit kommen zu lassen. Eine an die individuellen Bedürfnisse angepasste Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Kontrolle der
Urinfarbe und praxisorientierte Tipps zum
Trinken (siehe Kasten) helfen dabei.
Dr. rer. nat. Susanne NowitzkiGrimm, Schurwaldstraße 37,
73614 Schorndorf
45
G E R I AT R I E J O U R N A L – S P E Z I A L
Demenzbedingte Verhaltensstörungen
Risperidon bleibt Mittel
der Wahl
Bei der Therapie von ausgeprägten demenzbedingten
Verhaltensstörungen geht es
darum, den Patienten mehr
Lebensqualität zu ermöglichen
und ihre Alltagskompetenz zu erhalten.
Aktuelle Studien zeigen, dass der Wirkstoff
V
erhaltensstörungen sind obligater Teil einer Demenz“, erläuterte Prof. Dr. Alexander Kurz im
Rahmen einer Veranstaltung der Janssen-Cilag GmbH in Hamburg. „Sie treten bei fast allen Patienten auf und äußern sich unter anderem in Unruhe,
Aggressivität, Antriebsminderung und
psychotischen Symptomen wie Wahn
und/oder Sinnestäuschungen.“ Die damit verbundenen Auswirkungen, unter
denen Betroffene und Angehörige
gleichermaßen leiden, gehören zu den
Hauptursachen für die Aufnahme in
ein Pflegeheim.
Die Behandlung der Verhaltensstörungen sollte nach den Worten von
Prof. Kurz multimodal angelegt sein
und nicht-medikamentöse sowie medikamentöse Aspekte beinhalten. Zu
den nicht-medikamentösen zählen die
Gestaltung des Umfeldes, die konsequente Strukturierung des Tagesablaufs, die Beschäftigung mit angenehmen Tätigkeiten und die Beratung
der Bezugspersonen. Doch diese Maßnahmen allein reichen – insbesondere
bei beeinträchtigenden psychotischen
Symptomen sowie schwerer chronischer Aggressivität mit Selbst- und
Fremdgefährdung – nicht aus. Hier ist
46
Risperidon in einer Dosierung
von 1 mg/Tag Verhaltensstörungen signifikant verbessert,
dabei gut verträglich ist und
die Lebensqualität der Betroffenen – und damit auch der Angehörigen und
Pflegekräfte – erheblich verbessert.
eine medikamentöse Intervention angezeigt.
Atypische Neuroleptika weisen
Verträglichkeitsvorteile auf
Zur Therapie schwerer Verhaltensstörungen bei Demenz sind atypische Neuroleptika, von denen nur Risperidon
(Risperdal® 1 mg) eine entsprechende
Zulassung besitzt, Therapie der ersten
Wahl. Konventionelle Neuroleptika sind
hingegen keine Alternative: Hochpotente konventionelle Neuroleptika können mit extrapyramidalen Störungen
einhergehen, niederpotente mit Sedierung und anticholinergen Nebenwirkungen, die die geistige Leistungsfähigkeit weiter einengen. Kritisch sind auch
Benzodiazepine zu sehen, denn auch sie
können Nebenwirkungen wie Sedierung,
Verwirrtheit und erhöhte Sturzgefahr
hervorrufen.
Eine strenge Indikationsstellung bildet die Voraussetzung für die Therapie
mit Neuroleptika. Eindeutige Indikationen sind hierbei beeinträchtigende
psychotische Symptome sowie schwere
chronische Aggressivität mit Selbst- und
Fremdgefährdung. Bei der Wahl des
Wirkstoffes ist darauf zu achten, dass
dafür eine entsprechende Zulassung vorliegt. Außerdem sollte das Medikament
eine breite Datenbasis bei demenzbedingten Verhaltensstörungen aufweisen.
Diese Anforderungen werden zur Zeit
nur von Risperidon erfüllt, das mit über
1.200 Patienten in kontrollierten und
Abb. 1: Gründe für das Absetzen der niederpotenten Neuroleptika
mangelnde Wirksamkeit
gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
schlechte Verträglichkeit
(Mehrfachnennungen waren möglich)
anticholinerge Effekte
Tagesmüdigkeit
sonstige (z.B. Wunsch der Angeh.)
0
10
20
30
40
50
Anteil der Patienten (%)
60
70
80
GERIATRIE JOURNAL 2/06
Quelle: [5]
Foto
: Ja
nss
en
-
Cil
ag
G E R I AT R I E J O U R N A L – S P E Z I A L
Abb. 2: Verbesserung der Verhaltensstörungen
Erregbarkeit
nächtl. Verh.st.
Reizbarkeit
Apathie
Depression
Angst
Halluzinationen
erster Besuch
veränd. Appetit
letzter Besuch (Woche 6)
abn. mot. Verh.
p < 0,0001
Enthemmung
Euphorie
0
1
2
3
4
Schweregrad (Mittelwerte)
fast 8.000 Patienten in offenen Studien
eine breite Erfahrungsgrundlage vorweisen kann. Die Dosierung von Risperidon sollte einschleichend erfolgen
und mit niedrigen Dosen beginnen. In
diesem Zusammenhang wies Prof. Kurz
auch darauf hin, dass „die Symptome
diskontinuierlich kommen und gehen.
Daher sollte die Notwendigkeit der Therapie regelmäßig überprüft werden.“
Er berichtete von einer Metaanalyse
der US-amerikanischen Food-and-Drug
Administration (FDA), die für die atypischen Neuroleptika eine erhöhte Mortalität und bei Risperidon, Aripiprazol
und Olanzapin eine erhöhte Inzidenz
zerebrovakulärer Ereignisse zeigt. Angesichts dieser Ergebnisse sei die Frage diskutiert worden, ob demenzbedingte Verhaltensstörungen künftig wieder mit
konventionellen Neuroleptika oder Benzodiazepinen behandelt werden sollten.
Wang et. al. [7] haben jedoch festgestellt, dass die Mortalität unter konventionellen Neuroleptika gegenüber atypischen Neuroleptika signifikant erhöht
ist. Auch ein zerebrovaskuläres Risiko
ist, wie andere Autoren [2, 3, 4, 6] zeigten, unter konventionellen Neuroleptika vorhanden und die retrospektive
Anlayse von MEDICAID-Daten [2]
ermittelte unter konventionellen Neuroleptika und Benzodiazepinen sogar signifikant häufigere Klinikaufnahmen auf
Grund zerebrovaskulärer Ereignisse als
unter atypischen Neuroleptika.
GERIATRIE JOURNAL 2/06
5
6
Ein Vergleich der Atypika zeigte ein
vergleichbares Risikoprofil. Kurz betonte, dass Risperidon nicht nur insgesamt
in der Risiken-Nutzen-Abwägung am
besten abschneide, sondern auch beim
Vergleich der Atypika untereinander eine gute Wahl sei.
sierung (durchschnittlich ca. 25 mg/
Tag) noch über einige Wochen beibehalten und erst zu einem späteren Zeitpunkt (bis auf 41 Patienten) ganz abgesetzt. Die Auswertung zeigte, dass die
Komedikation (Risperidon und Melperon) gegenüber der sofortigen Umstellung keine Vorteile hinsichtlich der
Symptomatik hatte.
Die Auswertung zeigt nach der Umstellung auf Risperidon eine hochsignifikante Verbesserung aller untersuchten
Symptome wie Schlaf-Wach-Rhythmus,
Erregung/Unruhe, Misstrauen, sozialer
Rückzug, Aggressivität, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Dies spiegelt sich auch in einem Globalurteil der
behandelnden Ärzte wider, die zu 82%
die Patienten als (sehr) viel verbessert ansahen. Zufriedener waren auch die Patienten – sowohl hinsichtlich der Symptomatik als auch hinsichtlich der Verträglichkeit. Letzteres zeigte sich auch in
der mit 1% sehr niedrigen Rate unerwünschter Ereignisse.
Literatur
Patienten profitierten von Umstellung
auf Risperidal
Prof. Dr. Gabriela Stoppe berichtete im
Rahmen der Veranstaltung über eine
neue Studie [5], in der der Fragestellung
nachgegangen wurde, inwiefern Patienten mit schwerer chronischer Aggressivität mit Fremd-/Selbstgefährdung
oder beeinträchtigenden psychotischen
Symptomen im Rahmen einer Demenz
von einer Umstellung vom niederpotenten Neuroleptikum Melperon auf
Risperidon profitieren können. 1.486
Patienten mit einem mittleren Alter von
80 Jahren (± 8 Jahre) nahmen an der offenen, prospektiven, multizentrischen
Untersuchung teil. Gründe für die
Umstellung waren mangelnde Verträglichkeit (88%), Tagesmüdigkeit (57%),
Gangunsicherheit (48,2%) und eine
Verschlechterung der Kognition
(45,1%). Während der Untersuchung
erhielten 44% der Patienten ab dem 1.
Tag ausschließlich Risperidon, bei 30%
wurde Melperon in den ersten zwei Wochen stufenweise abgesetzt. Bei 26%
wurde die Medikation in geringer Do-
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von einer Therapie mit Risperdal 1 mg profitieren
können (data on file)
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7. Wang et al., N Engl J Med 353: 2335-2341, 2005
Impressum
S
P E Z I A L
Pressekonferenz „Ausgeprägte demenzbedingte Verhaltensstörungen: Patientenfokussierte
Therapie mit Risperidon“, 8. Februar 2006 in
Hamburg, Veranstalter: Janssen-Cilag
Berichterstattung und
Redaktion: Jola Horschig
Layout: Sabine Löffler
Druck: Verlag Gödicke Druck & Consulting,
Hannover
Auflage: 5.500 Exemplare
47
P U B L I K AT I O N E N : F A C H B Ü C H E R
Handbuch Geriatrie –
Lehrbuch für Praxis und Klinik
Das vorliegende umfangreiche Lehrbuch (1.600 Seiten) reiht sich als drittes deutschsprachiges Buch (neben denen von Füsgen und Nikolaus) in den
Reigen der Lehrbücher für Altersmedizin ein. Es gelingt ihm gut, die Synthese zwischen Geriatrie einerseits und
angrenzenden Fächern andererseits zu
destillieren, was es gerade für GeriaterInnen zu einem interessanten Nachschlagewerk macht. Dies ist sicherlich
auch die primäre Zielgruppe, weniger
der geriatrische Laie.
Das Faktum eines „Vielautoren“-Buches (über 250 Experten/innen) beinhaltet immer ein gewisses Spannungsfeld im Positiven wie Negativen. So
kann hier nur punktuell und hoffentlich exemplarisch auf einige Beiträge
eingegangen werden. Sehr gut gelungen sind die Kapitel diabetischer Fuß
(mehrere Einzelkapitel) sowie das der geriatrischen Onkologie. Der Teil 3 – angrenzende Gebiete – ist ebenfalls bereichernd, als er die zentralen Schnittstellen der Altersmedizin zu angrenzenden
Strukturen kompetent nennt und beleuchtet.
Andere Kapitel wie das der Osteoporose lassen aber Fragen offen. So wäre
hier der Verweis auf die Leitlinien der
DVO – der Autor gewichtet unabhängig davon – doch sehr wichtig gewesen. Der Begriff „hirnorganisches
Psychosyndrom“ in einem geriatrischen
Lehrbuch tut dem Geriater in der heutigen Zeit doch „weh“. Was wäre zusätzlich wünschenswert gewesen? Ein
Inhaltsübersicht Handbuch Geriatrie
Teil 1 Einführung
A Geriatrie heute (Raem, Berger, Rychlik)
B Rückblick und Ausblick (Birg, D. Schäfer)
Teil 2 Geriatrie
A Allgemeine Geriatrie (Nikolaus)
B Innere Medizin (Kolb)
C Chirurgie (Kocher, Nürnberger)
D Urologie, Andrologie (Nieschlag, Piechota)
E Gynäkologie (W. Böcker, Wischnik)
F Sexualmedizin (Beier)
G Neurologie (Ringelstein)
H Psychiatrie (Arolt, Heuft)
I Allgemeine und technische Orthopädie (Steinbeck, Wetz)
J Augenheilkunde (Gerding)
K Zahnheilkunde (Joos, R. Marxkors)
L Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie (Basler, van Aken)
M Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde (Grevers, Schmäl)
N Dermatologie (Schwarz)
O Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie (Heindel, Micke, U. Schäfer,
Schober)
P Pathologie, Neuropathologie, Rechtsmedizin (B. Brinkmann, G. Köhler,
Paulus)
Q Rehabilitationsmedizin (Elkeles)
R Labordiagnostik (Braun)
S Pharmakologie und Toxikologie (Boknik, Jaehde, F. U. Müller)
Teil 3 Angrenzende Gebiete
A Gerontologie (Wahl)
B Ausgewählte Aspekte der Pflege (Lorenz-Krause)
C Recht (Fenger)
D Wirtschaft und Sozialpolitik (Pientka)
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eigenes Kapitel über die pAVK, da sie
sehr häufig beim Betagten ist, sowie ein
Kapitel über Stürze, eines der klassischen Themata für Altersmediziner.
Insgesamt jedoch handelt es sich um
ein breit gefächertes, bis auf wenige Einschränkungen fachlich gut balanciertes
Lehrbuch und vor allem auch Nachschlagewerk vorab für den Geriater sowie den schon geriatrisch vorgebildeten
Kollegen aus angrenzenden Fachdisziplinen. Vom Layout her ist das Buch
sehr gut gelungen, da viele übersichtliche Tabellen wie auch qualitativ hochstehende Abbildungen die zentralen
Lerninhalte konzis zusammenfassen. Als
insgesamt umfangreichstes Lehrbuch
für Geriatrie im deutschsprachigen
Raum reiht es sich auch in sinnvoller
Weise in die schon bestehende Fachliteratur ein. Der Verkaufspreis von
158,00 Euro ist angemessen. In diesem
Sinne ist diesem Lehrbuch eine große
Verbreitung zu wünschen.
Prof. Dr. med. Cornel Sieber
Handbuch Geriatrie –
Lehrbuch für Praxis und Klinik.
Herausgegeben von A.M. Raem,
H. Fenger, G.F. Kolb, Th. Nikolaus,
L. Pientka, R. Rychlik, Th. Vömel.
Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft mbH (www.DKVG.de,
Tel. 02 11/17 92 35 0), Düsseldorf,
2005. 1.632 Seiten, gebunden,
ca. 500 farbige Abbildungen,
158,00 Euro,
ISBN 3-935762-27-5.
GERIATRIE JOURNAL 2/06
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Gelenk- und Bewegungsschmerzen
Studie belegt Wirkstärke von
Etoricoxib bei akuter Gichtarthritis
Für die medikamentöse Behandlung von
Gelenk- und Bewegungsschmerzen stehen unterschiedliche Wirkstoffe zur Verfügung, die sich in Wirksamkeit, Verträglichkeit und therapeutischer Zielsetzung zum Teil erheblich unterscheiden.
Auf Grund ihrer Kombination aus analgetischer und antiphlogistischen Wirksamkeit sind nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR) häufig Mittel der Wahl.
Um allerdings das Risiko unerwünschter
Arzneimittelwirkungen – wie gastrointestinale (GI) Komplikationen – zu minimieren, sollte, so Dr. Wolfgang W. Bolten, Wiesbaden, die Therapie mit der
niedrigsten wirksamen Dosis durchgeführt und auf die kürzeste notwendige Behandlungsdauer begrenzt werden. Eine
Komedikation mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) reduziere zwar
die Komplikationsrate um 50% – allerdings nur am oberen GI-Trakt. Auf den
unteren GI-Trakt haben PPI keinen Einfluss. Anders sieht es mit den Zyklooxygenase 2-selektiven NSAR (Coxibe) aus.
Sie verringern die Komplikationsrate am
oberen und am unteren GI-Trakt um
durchschnittlich mehr als 50%.
Die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit
kardiovaskulärer (KV) Ereignisse in kontrollierten Langzeitstudien unter verschiedenen NSAR (Adenomatous Polyp
Prevention on Vioxx (APPROVe) Studie
mit Rofecoxib, Adenoma Prevention with
Celecoxib (APC) Studie mit Celecoxib,
Alzheimer’s Disease Anti-Inflammatory
Prevention (ADAPT) Studie mit Naproxen) hat die Aufmerksamkeit auf dieses zuvor wenig beachtete Risiko gelenkt.
Inzwischen wird nach Publikation mehrerer klinischer Studien und Beobachtungsstudien allerdings vermutet, dass
herkömmliche NSAR (tNSAR) und Coxibe in gleichem Maße das Risiko für
schwere KV-Ereignisse wie Herzinfarkt
und Schlaganfall geringfügig erhöhen
können.
Aus diesem Grund dürften Kontraindikationen und Warnhinweise bezüglich
GERIATRIE JOURNAL 2/06
kardiovaskulärer Ereignisse bald für die
gesamte Gruppe der Antiphlogistika gelten, meinte Prof. Klaus Krüger, München. Ein erhöhtes Risiko für GI-Komplikationen hingegen stellt eine klare Indikation für die Verwendung von
Coxiben dar. In dieser Gruppe könnte
Etoricoxib (ARCOXIA®, MSD) von der
Wirkstärke her eine Sonderrolle einnehmen, denn die Substanz zeigte in einer der
durchgeführten Studien bei Patienten
mit rheumatoider Arthritis (RA) und in
einer Studie mit Spondylitis-Patienten
eine überlegene Wirksamkeit gegenüber
Naproxen. Darüber hinaus ist Etoricoxib
die einzige Substanz, die bei der akuten
Gichtarthritis, einer Indikation mit exzessiver Symptomatik, als effektiv und
im Vergleich mit Indometacin, dem wirkstärksten NSAR, als gleichwertig getestet wurde. Auch beim Dosierungsintervall gibt es Unterschiede: Während
tNSAR für eine ausreichende Schmerzbefreiung normalerweise 2- bis 3-mal täglich eingenommen werden müssen, reicht
bei Etoricoxib die einmal tägliche Einnahme von 60 mg (Arthrose) oder 90 mg
(RA).
jh
Quelle: Pressegespräch „Den Gelenkschmerz besiegen – Entscheidungskriterien zur Auswahl eines
Analgetikums in der Therapie von
Gelenkschmerzen“ MSD Sharp &
Dohme GmbH, München,
31. Januar 2006
Benigne Prostatahyperplasie
Die Dr. R. Pfleger GmbH aus Bamberg hat ihre urologische Palette um das
Präparat Tamsublock® erweitert. Der selektive Alpha-1-Rezeptorblocker mit
dem Wirkstoff Tamsulosinhydrochlorid ist in Form von 0,4 mg Retardkapseln
in den Packungsgrößen 20, 50 und 100 Stück erhältlich. Tamsublock® wird zur
Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH) angewandt.
Informationen: Dr. R. Pfleger GmbH, 96045 Bamberg, Tel. 09 51/60 43-0,
Fax -116, www.pfleger.de
Arthrose
Ernährungstherapie bei Arthrose
Die primäre Therapie von arthrotischen
Gelenkveränderungen beschränkt sich
meist darauf, Schmerzen und Funktionseinschränkungen mit Analgetika, nichtsteroidalen Antirheumatika
(NSAR), Muskelrelaxanzien oder Gelenkinjektionen zu reduzieren, mitunter ergänzt durch eine physikalische
Therapie. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen allerdings, dass bestimmte Nährstoffe in den Pathomechanismus der Arthrose eingreifen und so
nicht nur den Knorpel- und Knochenstoffwechsel unterstützen, sondern auch
die Symptome nutritiv mildern können.
Dabei sind besonders die Chondroprotektiva Glucosaminsulfat und
Chondroitinsulfat sowie das Kollagenhydrolysat wichtig. Als Bausteine der
Knorpelzellen unterstützen sie den
Knorpelstoffwechsel und modifizieren
die Knorpelstruktur, indem sie vom
Knorpel resorbiert werden und dort die
Proteoglycan- beziehungsweise Kollagensynthese stimulieren.
Neben den Chondroprotektiva haben viele Mikronährstoffe mit ihren er-
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© Orthomol Arthro® (modifiziert)
nährungsphysiologischen Eigenschaften und Merkmalen eine große Bedeutung für den Knorpel- und Knochenstoffwechsel: Omega-3-Fettsäuren hemmen Entzündungen. Die Vitamine A,
E und C, sekundäre Pflanzenstoffe wie
Carotinoide und Citrus-Bioflavonoide
sowie die Spurenelemente Selen, Zink
und Kupfer wirken antioxidativ. Kalzium, die Vitamine D3, K1, B6 und C
beeinflussen den Knochenstoffwechsel positiv.
In Kombination mit den
genannten Mikronährstoffen können Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat den Knorpel vor
oxidativem Stress schützen und Entzündungen
vermindern.
Auf Grund dieser nutritiven Eigenschaften haben die drei Chondroprotektiva, kombiniert
mit den Mikronährstoffen, einen positiven Einfluss auf die SymptoErnährungstherapie bei Arthrose –
matik der Arthrose. In
Nutritive Eigenschaften und Merkmale des Gelenkklinischen Studien linStruktur-Komplexes.
derte ihre orale Gabe die
Schmerzen und die Gelenke waren besser beweglich. Dies steigert die Lebensqualität von Arthrosepatienten und
kann zusätzlich den Bedarf an Schmerzmitteln verringern.
Eine gezielte ergänzende Zufuhr dieser Nährstoffe kann die Arthrose ernährungsphysiologisch beeinflussen. Studienergebnisse zeigen, dass sie eine teilweise synergistische Wirkung aufweisen,
so dass es sinnvoll ist, die Nährstoffe in
Kombination zuzuführen. Die Knorpelbausteine und Mikronährstoffe in
Orthomol Arthro® sind so kombiniert,
dass sie speziell zur diätetischen Behandlung von arthrotischen Gelenkveränderungen geeignet sind. Die Tagesportion besteht aus einem Granulat
mit Chondroprotektiva und Mikronährstoffen sowie zwei Kapseln mit
Omega-3-Fettsäuren.
Osteoporose
Zusätzlich zur Wirkung am Knochen
hat Raloxifen (Evista®) bei Frauen mit
postmenopausaler Osteoporose nichtindikationsbezogene Zusatznutzen auf
das Brustgewebe sowie auf das HerzKreislauf-System. Nach vierjähriger
Therapie sank bei Patientinnen mit
postmenopausaler Osteoporose die Zahl
der invasiven Mammakarzinome um
72% [4].
Bei Patientinnen mit postmenopausaler Osteoporose und zusätzlich hohen kardiovaskulären Risikofaktoren
wurde die Inizidenz kardiovaskulärer
Ereignisse um 40% reduziert [5].
Ergebnisse der EVA-Studie
Anlässlich des Kongresses der Amercian Society of Bone and Mineral Research in Nashville wurden erste Ergebnisse der EVA-Studie vorgestellt [1].
Die Daten von 1.412 postmenopausalen Frauen im Alter von 50 bis 80 Jahren gingen in die Auswertung ein. Einschlusskriterium war eine Knochenmineraldichte mit einem T-Score von -2,5
bis -4,0 SD. Alle Patientinnen hatten
weder eine vorbestehende osteoporotische Fraktur noch waren die Teilnehmerinnen mit einem Osteoporose-Präparat vorbehandelt worden.
Die Frauen erhielten entweder täglich 60 mg Raloxifen (n = 699) oder täglich 10 mg Alendronat (n = 713). Nach
ca. einem Jahr Behandlung (312 ± 254
Tage) hatten vier Patientinnen der Alendronat-Gruppe eine neue mittelschwere oder schwere Fraktur erlitten und
keine Patientin der Raloxifen-Gruppe
(p = 0.04).
50
Ein ähnliches – wenn auch statistisch
nicht signifikantes – Ergebnis zeigte
sich bei den extravertebralen Frakturen. Hier erlitten 14 Frauen der Alendronat-Gruppe und 15 Frauen der Raloxifen-Gruppe eine osteoporotische
Fraktur. Die Auswertung zeigt, dass beide Antiresorptiva hinsichtlich der Frakturreduktion gleichwertig sind.
Anders als Bisphosphonate nutzt Raloxifen jedoch einen physiologischen
Wirkansatz. Der Knochenstoffwechsel
wird dabei auf ein Niveau wie vor den
Wechseljahren gebracht [2]. Natürliche
Umbauprozesse, die zur Regeneration
des Knochens notwendig sind, können
deshalb unter der antiresorptiven Therapie mit Raloxifen weiter ablaufen. Der
Knochen bleibt dadurch lebendig und
langfristig stabiler. Die Mineralisierung
des Knochens erfolgt heterogen wie unter physiologischen Bedingungen und
ohne Mineralisierungsdefekte [3].
Quelle: Presseinformation,
Orthomol GmbH, Langenfeld,
www.orthomol.de
Literatur
1. Recher R et al: JBMR 2005, 20 (Suppl. 1): S. 97
2. Delmas et al: J Clin Endocrin Metabol 2002, 87:
3609-3617
3. Boivin et al: J. Clin Endocrin Metabol. 2003,
4199-4205
4. Clauley et al: Breast Cancer Res Treat, 2001, 65,
1125-134
5. Barret-Connor et al: JAMA 2002, 287, 847-857
Quelle: Pressemitteilung
Lilly Deutschland, Bad Homburg,
www.lilly-pharma.de
GERIATRIE JOURNAL 2/06
IMPRESSUM/TERMINE
Impressum
Termine 2006
Herausgeber:
@ 6. Mai 2006, Erfurt
Prof. Dr. Dr. med. G. Kolb, Lingen;
Prof. Dr. med. I. Füsgen, Wuppertal;
Prof. Dr. med. C. Sieber, Nürnberg;
Prof. Dr. med. B. Höltmann, Grevenbroich;
Prof. Dr. R. Hardt, Trier;
PD Dr. M. Haupt, Düsseldorf;
Dr. D. Lüttje, Osnabrück
7. Hessisch-Thüringischer Geriatrietag
Redaktion: Jola Horschig (Ltd. Redakteurin, presserecht-
Kurs-Weiterbildung Allgemeinmedizin
„Betreuungskonzepte für den geriatrischen Patienten“
lich verantwortlich), Im Kampe 9, 31832 Springe,
Telefon: 0 50 41 / 98 90 58, Telefax: 0 50 41/ 98 90 59,
e-Mail: [email protected]
Herstellung: Sabine Löffler (verantwortlich)
Grafik: Sabine Löffler (verantwortlich)
Verlag: gerikomm Media, Kampstr. 7, 30629 Hannover
Verlagsleiter: Uwe Wegner, Telefon: 05 11 / 58 15 84,
Telefax: 05 11 / 58 32 84, e-Mail: [email protected]
Anzeigen: Uwe Wegner, Telefon: 05 11 / 58 15 84,
Telefax: 05 11 / 58 32 84, e-Mail: [email protected]
Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 vom 01.01.2004
Anzeigenschluss: 3 Wochen vor Erscheinen
Rechte: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine
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und jeglicher Wiedergabe auch von Teilen dieser Zeitschrift durch Nachdruck, Fotokopie, Mikrofilm, EDVVerwertung on- und off-line, Funk- oder Fernsehaufzeichnung vor. Jede gewerblich hergestellte oder benutzte
Fotokopie verpflichtet nach Paragraph 54 (2) UrhRG zur
Gebührenzahlung an die VG Wort, Abt. Wissenschaft,
Goethestr. 49, 80336 München, von der die Modalitäten
zu erfragen sind.
Hinweise: Die in dieser Zeitschrift angegebenen Dosie-
rungen vor allem von Neuzulassungen sollten in jedem
Fall mit den Beipackzetteln der verwendeten Medikamente verglichen werden. Alle Informationen werden nach
bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für die Richtigkeit
gegeben.
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Inland: Euro 28,–
Studenten/AiP (gegen Vorlage einer Bescheinigung):
Ausland: Euro 32,–
Institutionen: Euro 62,–
Einzelheft: Euro 12,–
Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Gerichtsstand und Erfüllungsort: Hannover.
Informationen: Helios Klinikum Erfurt – Sekretariat Geriatrisches
Zentrum, Nordhäuserstraße 74, 99089 Erfurt, Tel. 03 61/781 28 51,
Fax 03 61/781 28 52, eMail: [email protected]
@ 6. Mai 2006, Bad Nauheim
Informationen: Landesärztekammer Hessen, Akademie für ärztl.
Fortbildung und Weiterbildung, Carl-Oelemann-Weg 7,
61231 Bad Nauheim, Tel. 0 60 32/782-0, Fax 0 60 32/782-220,
eMail: [email protected], www.laekh.de
@ 12./13. Mai2006 in Münsterlingen (Schweiz)
Alter, Realität und Illusion - Psychotherapie im Alter
Informationen: Psychiatrische Klinik Münsterlingen, Dr. med. Peter
Bäurle, Postfach 154, 8596 Münsterlingen (Schweiz), Tel. +41/71/
68 64 141, eMail: [email protected], www.alter-nativen.ch
@ Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin, Bad Lippspringe
Teil 1: 21. bis 23. Mai 2006; Teil 2: 2. bis 4. Juni 2006
Informationen: Akademie für ärztl. Fortbildung der ÄKWL und
der KVWL, Gartenstr. 210-214, Postfach 4067, 48022 Münster,
Tel. 02 51/929-22 05, Fax -22 49, eMail: [email protected],
www.aekwl.de
@ 31. Mai 2006, Heidelberg
Umgang mit harninkontinenten älteren Menschen
Informationen: Akademie für Fort- und Weiterbildung am
Bethanien-Krankenhaus, Geriatrisches Zentrum, Rohrbacher Str. 149,
69126 Heidelberg, Tel. 0 62 21/3 19-16 31, Fax 0 62 21/3 19-16 35,
eMail: [email protected]
@ 13./14. Juni 2006, Friedrichshafen/Bodensee
1. Internationaler Palliative Care Kongress –
Mehr Lebensqualität durch Integration?
Informationen: homecare kongress, Fabrik am See, Mühlstr. 10,
88085 Langenargen, Tel. 0 75 43/93 05-32, Fax 0 75 43/93 05-30,
eMail: [email protected], www.home-care-kongress.de
@ 20. bis 22. Juni 2006, Bonn
Ernährung im Alter und hohen Alter
Informationen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE),
Silke Grützmacher, Referat Fortbildung, Godesberger Allee 18,
53175 Bonn, Tel. 02 28/3776-634, Fax 02 28/3776-800,
eMail: [email protected], www.dge.de
@ 23./24. Juni 2006, Kassel
Druck: Verlag Gödicke Druck & Consulting, Hannover
49. Kasseler Symposium Palliativmedizin:
Heilen – selten, Lindern – manchmal, Beistehen – immer
© gerikomm Media 2006
Druckauflage: 5.500 Exemplare
Informationen: B. Braun Melsungen AG, Susanne Großmann,
Stadtwaldpark 10, 34212 Melsungen, Tel. 05 661/71 27 16,
Fax 05 661/75 27 16, eMail: [email protected],
www.kasseler-symposium.de
GERIATRIE JOURNAL 2/06
ISSN 1439-1139
I. Quartal 2006
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