6. Stetigkeit Im Folgenden seien X0,Y0,Z0 Teilmengen von K

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6. Stetigkeit
Im Folgenden seien X0 , Y0 , Z0 Teilmengen von K-Vektorräumen X, Y, Z mit Normen ∥ · ∥X , ∥ · ∥Y
bzw. ∥ · ∥Z . Ferner sei f : X0 → Y0 eine Abbildung.
6.1. Definition.
(a)
Die Abbildung f heißt stetig in x0 ∈ X0 , falls gilt
zu jedem ε > 0 existiert ein δ > 0 so, dass ∥f (x) − f (x0 )∥Y < ε,
falls x ∈ X0 und ∥x − x0 ∥X < δ.
(b)
(c)
f heißt stetig auf X, falls f in jedem Punkt von X stetig ist.
Mit C(X0 , Y0 ) bezeichnen wir die Menge aller stetigen Abbildungen von X0 nach Y0 . Ist
Y = C (oder Y = R), so schreiben wir C(X0 ) statt C(X0 , C) (bzw. C(X0 , R) – das ist
nicht immer klar).
6.2. Satz (Folgencharakterisierung). Die Abbildung f ist genau dann stetig in x0 ∈ X0 ,
wenn für jede Folge (xk ) mit xk → x0 gilt: f (xk ) → f (x0 ).
Beweis. „⇒“ Es sei f stetig in x0 und (xk ) eine Folge mit xk → x0 . Wir wollen zeigen, dass
f (x) → f (x0 ). Dazu sei ε > 0 vorgelegt. Zu ε existiert δ > 0 mit ∥f (x) − f (x0 )∥Y < ε, falls
∥x − x0 ∥X < δ. Wähle n0 so groß, dass ∥xk − x0 ∥X < δ für k ≥ n0 . Es folgt ∥f (xk ) − f (x0 )∥Y < ε
für k ≥ n0 , d.h.f (xk ) → f (x0 ).
„⇐“ Angenommen, f ist nicht stetig in x0 . Dann existiert ein ε0 derart, dass für jedes δ > 0
mindestens ein x(δ) existiert mit
∥f (x(δ) ) − f (x0 )∥ ≥ ε0 , obwohl ∥x(δ) − x0 ∥ < δ.
(1)
Speziell für δn = 1/n finden wir also ein solches xn := x(δn ) , n = 1, 2, 3, . . .. Wegen (1): xn → x0 ,
aber f (xn ) ̸→ f (x0 ).
▹
6.3. Satz (Komposition). Ist f : X0 → Y0 stetig in x0 ∈ X0 und g : Y0 → Z0 stetig in
f (x0 ) ∈ Y0 , so ist g ◦ f : X0 → Z0 stetig in x0 .
Beweis. xk → x0
f stetig
⇒
f (xk ) → f (x0 ) in Y
g stetig
⇒
g(f (xk )) → g(f (x0 )).
▹
6.4. Lemma (Einschränkung). Ist f : X0 → Y0 stetig, und ist X1 ⊆ X0 , so ist die Einschränkung von f auf X1 die Funktion f |X1 : X1 → Y mit f |X1 (x) = f (x) für x ∈ X1 .
Klar: Ist f stetig in x0 ∈ X0 , so auch f |X1 .
6.5. Satz (Summe, Produkt, Kehrwert). Sind f, g : X0 → Y Abbildungen, c ∈ K, so
definiert man
f + g : X0 → Y
cf : X0 → Y
f g : X0 → K
durch (f + g)(x) = f (x) + g(x) und,
durch (cf )(x) = cf (x) sowie, für Y = K,
durch (f g)(x) = f (x)g(x).
(a)
Sind f, g stetig in x0 , so auch f + g, cf und f g.
(b)
Ist zusätzlich f (x) ̸= 0 für alle x ∈ X0 , so ist auch
1
stetig in x0 .
f (x)
Insbesondere ist C(X0 , Y ) ein K-Vektorraum.
Beweis. Dies folgt unmittelbar aus der Folgencharakterisierung mit 4.6(b), (c), (d).
▹
33
6.6. Spezialfälle.
(a)
Es sei Y = C. Ist f : X0 → C stetig, so gibt es für jedes x ∈ X0 zwei eindeutig bestimmte
reelle Zahlen a(x) und b(x) mit
f (x) = a(x) + ib(x).
(b)
Damit liefern a : x +→ a(x) und b : x +→ b(x) Abbildungen von X nach R, die man als
Realteil und Imaginärteil von f bezeichnet: a = Re f, b = Im f . Aus 4.4 folgt, dass f genau
dann stetig in x0 ist, wenn a und b in x0 stetig sind.
Es sei Y = Kn . Zu jedem x ∈ X existieren f1 (x), . . . , fn (x) in K mit
f (x) = (f1 (x), . . . , f (xn )).
Man nennt f1 , . . . , fn die Komponentenfunktionen von f . Aus 4.5 folgt, dass f genau dann
stetig in x0 ist, wenn alle Komponentenfunktionen dort stetig sind.
!
6.7. Lemma. Ein Polynom ist eine Funktion f : C → C der Form f (z) = nk=0 ak z k mit
geeignetem n ∈ N0 und a0 , . . . , an ∈ C. Es gilt:
(a)
(b)
Polynome sind auf C stetig (also auch auf R ⊆ C).
Es seien p,q : C → C Polynome und X0 = {z ∈ C : q(z) ̸= 0}. Dann ist die Funktion
f : X0 → C definiert durch
p(z)
f (z) =
q(z)
stetig. Diese Funktionen heißen rationale Funktionen.
Beweis (a) Schrittweise: Zunächst sind die konstanten Funktionen z +→ c, c ∈ C fest, stetig: Aus
zn → z0 stets folgt c → c.
Ferner ist die Funktion z +→ z stetig: Aus zn → z0 folgt zn → z0 .
Damit sind nach 6.5 auch die Funktionen z +→ ak z k , k = 1, 2, . . ., stetig, somit, wiederum nach
6.5 das Polynom als deren Summe.
(b) Verwende (a) und 6.5(b).
▹
6.8. Lemma.
(a)
(b)
Die Exponentialfunktion exp : C → C ist stetig.
sin, cos : C → C sind stetig.
Beweis. (a) Zunächst Stetigkeit in z0 = 0: Es sei ε > 0 vorgelegt. Wir können annehmen, dass
ε < 1 ist. Wähle δ = ε/2. Für |z − 0| < δ gilt 1 − |z| > 1/2 und
<δ
"
" "
"
$%&'
∞
∞
∞
"#
" "#
zk
z k "" # k
|z|
δ
"
" "
| exp(z) − exp(0)| = "
− 1" = "
|z| =
= ε.
<
"≤
"
" "
k!
k! "
1 − |z|
1/2
k=0
k=1
k=1
& '$ %
>1/2
Nun sei z0 ∈ C beliebig. Dann ist
| exp(z) − exp(z0 )| = | exp(z0 )| | exp(z − z0 ) − 1|.
Aus zn → z0 folgt zn − z0 → 0 also (siehe oben)
exp(zn − z0 ) → 1
und
| exp(z0 )| | exp(zn − z0 ) − 1| → 0.
34
(b) Zeige zunächst Stetigkeit von sin und cos in 0 analog zu (a). Zum Nachweis der Stetigkeit in
beliebigem z0 wähle eine Folge zn mit zn → z0 . Schreibe zn = z0 + hn mit hn → 0. Nun benutze
Additionstheorem:
cos(zn ) = cos(z0 + hn ) = cos z0 cos hn − sin z0 sin hn → cos z0
sin(zn ) = sin(z0 + hn ) = sin z0 cos hn − cos z0 sin hn → sin z0 .
bzw.
▹
6.9. Beispiele. Die Norm-Abbildung x +→ ∥x∥ ist stetig auf X. Aus der Dreiecksungleichung
∥u + v∥ ≤ ∥v∥ + ∥v∥.
folgt die umgekehrte Dreiecksungleichung
(1)
∥x − x0 ∥ ≥ | ∥x∥ − ∥x0 ∥ |
(zum Beweis vgl.2.4(f): Setze erst u = x−x0 und v = x0 . Dann folgt aus der Dreiecksungleichung
∥x∥ ≤ ∥x − x0 ∥ + ∥x0 ∥,
also ∥x − x0 ∥ ≥ ∥x∥ − ∥x0 ∥.
Dann vertausche Rollen.)
Aus |∥x∥ − ∥x0 ∥| ≤ ∥x − x0 ∥ folgt sofort die Stetigkeit von x +→ ∥x∥. Insbesondere:
(i)
Die Betragsfunktion ist auf R und C stetig.
(ii)
Die p-Normen (1 ≤ p ≤ ∞) sind auf Rn bzw. Cn stetig.
(iii) Mit f : X0 → Y0 ist auch ∥f ∥ : X0 → R als Komposition stetiger Funktionen stetig.
6.10. Beispiele.
(a)
(b)
Auf Rn bzw. Cn sind die Abbildungen x +→ xj , j = 1, . . . , n stetig.
Für x ∈ R sei [x] (entier(x), Gaußklammer) die größte ganze Zahl ≤ x. Schreibe auch [x].
Die Entierfunktion ist unstetig in x ∈ Z und stetig in x ∈ R \ Z.
Beweis. (a) Klar nach 6.6(b), da Komponentenfunktion der stetigen Funktion x +→ x.
(b) (i) Sei x0 ∈ Z. Damit [x0 ] = x0 . Dann gilt für jede Folge (xn ) mit xn < x0
[xn ] ≤ x0 − 1,
also |[x0 ] − [xn ]| ≥ 1.
(ii) Ist x0 ∈ R \ Z, so existiert k ∈ Z mit k < x0 < k + 1 und [x0 ] = k. Setze δ = min{x0 − k, k +
1 − x0 }. Dann gilt für |x − x0 | < δ : [x] = k = [x0 ], also |[x] − [x0 ]| = 0 < ε.
▹
6.11. Exotischere Beispiele.
(a)
Wir definieren f : R → R durch
f (x) =
(b)
(
1 x∈Q
.
0 x∈
/Q
Dann ist f unstetig in jedem x ∈ R.
Wir definieren f : ]0, 1[ → R durch
( 1
q falls x ∈ Q ∩ ]0, 1[ von der Form x = p/q, p ∈ Z, q ∈ N gekürzt .
f (x) =
0 sonst
Dann ist f stetig in irrationalen und unstetig in rationalen Zahlen.
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Beweis. (a) Zu jeder rationalen Zahl existiert eine Folge irrationaler Zahlen, die gegen sie konvergiert, und zu jeder irrationalen Zahl eine Folge rationaler, die gegen sie konvergiert (wieso?).
(b) Wie in (a) folgt die Unstetigkeit in den rationalen Zahlen. Ist x irrational und ε > 0 vorgelegt,
so wähle q mit 1/q < ε. Nun gibt es nur endlich viele rationale Zahlen in [0, 1] mit Nenner ≤ q. Ist
also (xk ) eine Folge, die gegen x konvergiert, so existiert ein k0 derart, dass für alle k ≥ k0 gilt:
xk ist entweder irrational oder rational mit Nenner > q. In jedem Fall ist |f (xk ) − f (x)| < 1q < ε.
6.12. Zwischenwertsatz. Es sei [a, b] ein Intervall, a < b und f : [a, b] → R stetig. Ist f (a) < 0
und f (b) > 0, so existiert ein x0 ∈ ]a, b[ mit f (x0 ) = 0.
Wichtig: Intervall, reellwertig, stetig.
Beweis. Bisektionsverfahren: Wir konstruieren eine Folge von Intervallen [ak , bk ], k = 1, 2, . . . mit
b−a
.
2k
Dazu setze: a0 = a, b0 = b. Seien ak , bk konstruiert. Setze xk = (ak + bk )/2.
(1)
f (ak ) ≤ 0, f (bk ) ≥ 0 und bk − ak =
Ist f (xk ) ≤ 0, so setze ak+1 = xk , bk+1 = bk .
Ist f (xk ) > 0, so setze ak+1 = ak , bk+1 = xk .
Diese Folge hat die gewünschten Eigenschaften. Eventuell treffen wir durch Zufall eine Nullstelle.
Ansonsten
ak monoton wachsend und beschränkt ⇒ {ak } habe Grenzwert ã
bk monoton fallend und beschränkt ⇒ {bk } habe Grenzwert b̃
Wegen (1) ã = b̃ =: x0 . Wegen Stetigkeit von f und Stabilität des Grenzwertes
)
f (x0 ) = lim f (ak ) ≤ 0
⇒ f (x0 ) = 0
f (x0 ) = lim f (bk ) ≥ 0
6.13. Folgerung (Zwischenwertsatz).
Wert zwischen f (a) und f (b) an.
▹
Es sei f : [a, b] → R stetig. Dann nimmt f jeden
Beweis. Sei etwa f (a) < f (b) und f (a) < c < f (b). Definiere g : [a, b] → R durch g(x) = f (x) − c.
Dann g(a) < 0, g(b) > 0. Nach 6.12 existiert x0 mit g(x0 ) = 0, also f (x0 ) = c. Ist f (a) > f (b)
und f (a) > c > f (b), so betrachte g(x) = c − f (x).
▹
Der folgende Satz ist sehr nützlich:
6.14. Satz. Es sei f : [a, b] → R stetig und streng monoton wachsend (d. h. f (x1 ) > f (x2 ) für
x1 > x2 , x1 , x2 ∈ [a, b]). Setze A = f (a), B = f (b). Dann ist
f : [a, b] → [A, B]
bijektiv,
hat also eine Umkehrfunktion F : [A, B] → [a, b] und diese ist stetig und streng monoton wachsend. (Analog für monoton fallende Funktionen.)
Beweis. Aus strenger Monotonie folgt Injektivität:
(1)
x1 < x2 ⇔ f (x1 ) < f (x2 ).
Aus dem Zwischenwertsatz 6.13 folgt Surjektivität. Also existiert eine Umkehrfunktion F = f −1 .
Man sieht aus (1), dass F streng monoton wachsend ist.
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Es bleibt zu zeigen, dass F : [A, B] → [a, b] stetig ist.
1. Fall. y0 = f (x0 ) ∈ ]A, B[. Es sei ε > 0 vorgelegt, o.B.d.A so klein, dass Iε :=]x0 − ε, x0 +
ε[⊆ [a, b]. Dann ist F −1 (Iε ) = f (Iε ) = ]f (x0 − ε), f (x0 + ε)[. Wegen der strengen Monotonie
finden wir also ein δ so, dass ]y0 − δ, y0 + δ[ ⊆ f (Iε ). Mit anderen Worten: Für |y − y0 | < δ ist
|F (y) − F (y0 )| < ε, d.h. F ist stetig in y0 .
2. Fall. y0 = A oder y0 = B: analog.
▹
6.15. Satz. exp : R → R ist streng monoton wachsend und bildet R bijektiv auf R+ = ]0, ∞[
ab. Die Umkehrfunktion wird als natürlicher Logarithmus bezeichnet
ln : R+ → R.
Sie ist streng monoton wachsend und stetig. Es gilt
(1)
ln(xy) = ln x + ln y,
x, y ∈ R+ .
Beweis. Stets ist exp(x) > 0: Für x ≥ 0 ist das aus der Reihenentwicklung klar, für x < 0 folgt
es aus exp(x) = 1/ exp(−x) > 0.
!
hk
x+h = ex eh > ex für h > 0. Daher ist exp streng
Für h > 0 ist eh = ∞
k=0 k! > 1. Es folgt e
monoton wachsend, insbesondere injektiv.
Da limn→∞ en = +∞ und limn→∞ e−n = 0 ist, gibt es zu jedem y ∈ R+ ein n mit e−n < y < en .
Nach dem Zwischenwertsatz nimmt exp jeden Wert von R+ an, ist also surjektiv.
Nach 6.14 existiert eine Umkehrfunktion (exp)−1 =: ln, zunächst für feste Intervalle etwa ln :
[e−n , en ] → [−n, n], n = 1, 2, . . . und somit ln : R+ → R. Ebenfalls nach 6.14 ist ln stetig. (1)
folgt dann aus 5.22
▹
6.16. Definition und Satz.
Für a ∈ R+ und x ∈ R setze
ax := exp(x ln a).
Dann ist x +→ ax eine stetige Funktion von R nach R+ .
(a)
(b)
(c)
(d)
(e)
(f)
ax ay = ax+y , x, y ∈ R
(ax )y = axy , x, y ∈ R
ax bx = (ab)x , a, b > 0, x ∈ R
ap = a · . . . · a, a−p = a−1 · . . . · a−1 , (p-mal, p ∈ N)
√
ap/q = q ap , p ∈ Z, q ∈ N
limx→0 ax = 1, d. h. für jede Folge xn → 0 mit xn ̸= 0 für alle n gilt axn → 1.
Bemerkung: (d) und (e) zeigen, dass wir eine sinnvolle Erweiterung der bisherigen Definition
gewählt haben.
Beweis. Aus der Stetigkeit von exp und der Stetigkeit von x +→ x ln a folgt Stetigkeit.
(a)
(b)
(c)
(d)
folgt aus 5.22.
Es ist ax = exp(x ln a), also ln(ax ) = x ln a und (ax )y = exp(y ln(ax )) = exp(yx ln a).
Nach 5.22(b) und 6.15(1) ist exp(x ln a) exp(x ln b) = exp(x ln a + x ln b) = exp(x ln(ab)).
Gilt, weil a1 = exp(ln a) = a, und weil a−1 a1 = 1.
(e)
(f)
Gilt wegen (d) und weil ((ap )1/q )q = ap ist.
Stetigkeit von exp.
37
▹
Das folgende Lemma wird in der Übung bewiesen.
6.17. Lemma und Definition. Die cos-Funktion hat auf [0, 2] genau eine Nullstelle. Sie wird
mit π/2 bezeichnet. Die sin-Funktion ist auf ]0, 2] positiv.
6.18. Folgerungen.
(a)
(b)
(c)
(d)
(e)
(f)
3
eiπ/2 = i, eiπ = −1, ei 2 π = −i, e2πi = 1
cos(x + 2π) = cos x, sin(x + 2π) = sin x
„2π-periodisch“
cos(x + π) = − cos x, sin(x + π) = − sin x
cos( π2 − x) = sin x, sin( π2 − x) = cos x
{x ∈ R : sin x = 0} = {kπ : k ∈ Z},
{x ∈ R : cos x = 0} = {π/2 + kπ : k ∈ Z}
ix
e = 1 ⇔ x = 2kπ für ein k ∈ Z
Beweis.
cos2 π2 + sin2
mit 5.22(b).
(b)
ei(x+2π) = eix+2πi = eix nach (a) und 5.22(b)
(c)
ei(x+π) = eix+πi = −eix nach (a) und 5.22(b)
(d)
(e)
(f)
π
2
6.17
(a)
= |eiπ/2 |2 = 1 ⇒ sin π2 = 1 ⇒ eiπ/2 = cos π2 + i sin π2 = 0 + i · 1 = i. Rest
ei(π/2−x) = i(cos(−x) + i sin(−x)) = sin x + i cos x = cos(π/2 − x) + i sin(π/2 − x)
Wir wissen: cos x > 0 auf [0, π/2[. Daher ist cos x > 0 auf ] − π/2, π/2[ und cos x < 0 auf
] − 3/2π, −π/2[ und auf ]π/2, 3/2π[.
Ferner ist sin x = cos(π/2 − x). Daher ist sin x > 0 auf ]0, π[ und sin x < 0 auf ]π, 2π[.
Induktion und (2π)-Periodizität liefern die Behauptung.
„⇐“ wegen (b) und weil e0 = 1.
ix
( „⇒“ e = 1 erfordert cos x = 1 und sin x = 0. Nach (e): x ∈ kπ, k ∈ Z. Weil cos kπ =
1
k gerade
folgt die Behauptung.
−1 k ungerade
▹
6.19. Definition. Tangens, Cotangens
π
sin x
x ∈ R \ { + kπ : k ∈ Z}
cos x
2
cos x
x ∈ R \ {kπ : k ∈ Z}
cot x =
sin x
6.20. Inverse trigonometrische Funktionen.
tan x =
(a)
cos : [0, π] → [−1, 1] ist stetig und streng monoton fallend mit cos 0 = 1 und cos π = −1.
Nach 6.14 existiert stetige Umkehrfunktion
arccos : [−1, 1] → [0, π].
(b)
sin : [−π/2, π/2] → [−1, 1] ist stetig, streng monoton wachsend und bijektiv. Nach 6.14
existiert eine stetige Umkehrfunktion
arcsin : [−1, 1] → [−π/2, π/2].
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(c)
tan : ] − π/2, π/2[ → R ist stetig, streng monoton wachsend und bijektiv. Nach 6.14 (mit
den Zusatzüberlegungen aus dem Beweis 6.15) existiert eine stetige Umkehrfunktion
arctan : R → ] − π/2, π/2[.
6.21. Satz (Polardarstellung komplexer Zahlen).
iϕ
z = re
Jedes z ∈ C lässt sich in der Form
schreiben, wobei r = |z| und ϕ ∈ R ist. Für z ̸= 0 ist ϕ bis auf ein ganzzahliges Vielfaches von
2π bestimmt. Man nennt ϕ das Argument von z.
Beweis. (i) Ist z = 0, so ist z = 0 · eiϕ , ϕ beliebig.
(ii) Also sei z ̸= 0. Setze r = |z|, w = z/|z| ∈ C. Schreibe w = u + iv mit u, v ∈ R. Es ist |w| = 1,
also |u| ≤ 1. Daher existiert α = arccos u ∈ [0, π].
√
Wegen sin2 α + cos2 α = 1 folgt sin α = ± 1 − cos2 α = ±v. Setze ϕ = α, falls sin α = v und
ϕ = −α, falls sin α = −v. Dann gilt cos ϕ = u, sin ϕ = v also z = reiϕ .
(Eindeutigkeit) Ist z ̸= 0 und z = reiϕ = reiψ , so ist ei(ϕ−ψ) = 1, also ϕ − ψ ∈ {2kπ : k ∈ Z}
nach 6.18(f).
▹
6.22. Bemerkung.
Der obige Beweis zeigt insbesondere, dass die Abbildung
eix : ] − π, π] → {z ∈ C : |z| = 1}
ix
e
bijektiv ist.
bzw.
: [0, 2π[ → {z ∈ C : |z| = 1}
6.23. Bemerkung (Interpretation der Multiplikation komplexer Zahlen).
z1 = r1 eiϕ1 , z2 = r2 eiϕ2 ⇒ z1 z2 = r1 r2 ei(ϕ1 +ϕ2 )
Beträge multiplizieren sich, die Argumente addieren sich.
6.24. Satz: n-te Einheitswurzeln. Sei n ∈ N, n ≥ 2. Dann hat die Gleichung z n = 1 in C
genau n verschiedene Lösungen, nämlich
(1)
zj = ei2πj/n
j = 0, . . . , n − 1.
Beweis. Offensichtlich gilt zjn = ei2πj = 1. Die zj sind paarweise verschieden nach 6.18(f). Umgekehrt sei z ∈ C und z n = 1. Schreibe z = reiϕ . Es folgt r n einϕ = 1. Daher ist r = 1 und
nϕ ∈ {2kπ : k ∈ Z}, also ϕ ∈ {2kπ/n : k ∈ Z}. Wegen ei2kπ = 1 liefert dies genau (1).
▹
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