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Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
GÜNTER SCHNITZLER
Dichtung und Musik
Erwägungen zum Kunstlied und zur Oper
Originalbeitrag erschienen in:
Lier en boog 5,2 (1986), S. [15] - 39
GÜNTHER SCHNITZLER
Dichtung und Musik
Erwägungen zum Kunstlied und zur Oper
I
Die Wechselwirkungen im Beziehungsfeld Dichtung und Musik sind auf
den verschiedensten Ebenen nachzuweisen. Weit über die Vertonungen
von Texten hinausgehend hat die Musik dichterische Vorlagen aufgegriffen, sich anregen lassen und in symphonischen Dichtungen, Symphonien
wie Kammermusik dazu interpretierend Stellung genommen: Liszt wie
Wagner haben sich mit dem Faust-Stoff ebenso untextiert auseinandergesetzt wie Gluck, Liszt und Richard Strauss mit der Gestalt des Don
Juan; Schöpfungen Dantes, Shakespeares, Herders, Byrons, Goethes,
Kleists, Nietzsches wie Trakls - um nur einige Namen zu nennen -sind
häufig Vorwurf für Kompositionen geworden, die sich nicht auf eine
Vertonung von Texten eingelassen, sondern in Form rein instrumentaler
Musik dichterische Vorlagen gestaltend und umgestaltend, interpretierend wie selbstinterpretierend sich schöpferisch anverwandelt haben.
Keineswegs aber sind die Beziehungen zwischen beiden Künsten
einseitig: auch die Dichtung hat immer wieder sich von der Musik
herausgefordert gefühlt; in einer Fülle von Musikerromanen werden weit über die Schilderung einer Komponistenpersönlichkeit hinaus - ·
Grundfragen der Musik, ihrer Verstehbarkeit, ihres Verhältnisses zur
Dichtung, Schöpfungsvorgänge, musikalische Ausdrucksmöglichkeiten
wie die Stellung der Musik innerhalb der Künste erörtert: Autoren wie
E.T.A. Hoffmann, Wackenroder, Heinse, Thomas Mann und Rudolf
Kassner haben sich diese zentralen Fragen gestellt. Mehr noch: Nicht
nur das Thema der Musik wird in der Dichtung aufgegriffen, sondern
Dichtung häufig auch nach dem Vorbild musikalischer Strukturen
gestaltet wie etwa Celans Todesfuge,
Fräulein Ju/ie Werke von
it
16
Mallarme, Trakl, Doderer oder Thomas Mann. In der Gegenrichtung
untersuchen etwa Carl Dahlhaus und H.H . Eggebrecht seit Jahren sehr
fruchtbar den Sprachcharakter der Musik. 1
Das Zusammentreten von Text und Ton stellt also innerhalb der
ungemein weitgespannten Thematik Dichtung und Musik geradezu einen
Sonderfall dar, wenn auch einen sehr gewichtigen; die Beschränkung auf
Oper und Kunstlied grenzt wiederum weiter ein, weil einige Bereiche wie
das Singspiel, Oratorium, Monodrama, die geistliche und weltliche
Chormusik ausgeblendet werden. Das Vertonen von Texten, das von
vornherein die Beziehung zwischen den Künsten in bewusster Weise
herstellt, wirft nun die wohl interessantesten Fragen in diesem Wechselspiel auf. Vertonen heisst immer auch Stellung nehmen zum Text; bereits
die vom Komponisten getroffene Wahl der dichterischen Vorlage kann
schon Hinweise bieten, erst recht vermögen Textveränderungen, die beim
Kunstlied in geringerem Masse, beim Libretto naturgernäss weit umfassender durchgeführt werden, schon entscheidende Aufschlüsse darüber
zu geben, in welcher Weise ein Komponist die literarische Vorlage
versteht, welche Grundzüge· er abblendet, welche er hervorhebt und
welche Konstellationen ihm - vielleicht sogar gegen die dichterische
Intention - zusammengehörig erscheinen. Vertonen ist immer auch
Interpretation, und zwar einer Kunst durch eine andere; sie kann völlig
an der Vorlage vorbeigehen, sie kann sich ganz mit ihr decken oder aber
- und das sind die interessantesten Fälle - es kann zum Zugleich von
Konvergenz und Divergenz kommen, zu schöpferischen Widersprüchen,
die Denkmöglichkeiten freilegen, noch nicht Bedachtes eröffnen und so
Dichtung und Musik neu, anders, besser (oder schlechter) verstehen
lassen. Auch hier bleibt die Wechselwirkung gewahrt: Die Dichtung
bestimmt die Musik in der Weise, wie sie den Komponisten herausfordert
und umgekehrt verändert jede Vertonung den Text, hebt manches hervor,
was verschüttet, blendet ab, was vordergründig ins Auge zu springen
schien.
II
Konstituierend für die Oper wie das Kunstlied ist das Zusammentreten
zweier Künste, die hier im Wechselspiel, im gegenseitigen Aufeinandereingehen wie Interpretieren im Idealfall eine vielschichtige, vielbezügliche
und sich einander ergänzende Synthese schaffen. Eine solche Feststellung
mag auf den ersten Blick recht einleuchtend anmuten, tatsächlich aber ist
sie eher geeignet, eine Fülle von Problemen zu verdecken: Wie kann
überhaupt die in Begriffen sich äussemde Sprache mit der begriffslosen
Musik zusammentreten? Gibt nicht eine der beiden Künste (oder gar
beide) ihre Autonomie auf? Muss nicht eigentlich die Musik zurücktreten,
17
nur Illustrationen der aufgrund ihrer Begrifflichkeil eher verständlichen
Dichtung werden, oder aber ist es nicht gerade die Musik, die durch ihr
begriffsloses, unmittelbar die Empfindung ansprechendes wie ausdrückendes Vermögen die ästhetische Wirkung der Wortsprache weit übersteigt
und diese somit zur Dienerin degradiert?
In der Tat sind diese Fragen nach der Autonomie wie nach dem
Vorrang einer der beiden Künste von Anfang an gestellt und immer
wieder anders beantwortet worden, und zwar nicht nur von der Theorie,
sondern auch von den Dichtem und Komponisten in Gestalt der Werke
selbst. Wenn man nun jedoch annimmt, in der 'Geschichte' des WortTon-Verhältnisses in der Oper wie im Kunstlied habe sich eine konsequente Entwicklung vollzogen, so kann ein Blick auf nur einige Beispiele
diese Annahme eindrücklich widerlegen. Auch die in der einschlägigen
Literatur häufig anzutreffende Meinung, dass in der Oper es kontinuierlich zu einer Emanzipation des Wortes, im Kunstlied hingegen es zu einer
der Musik gekommen sei, vermag einer kritischen Prüfung des WortTon-Verhältnisses nicht standzuhalten. Insofern ist unter dem Aspekt des
Vorranges einer Kunst vor der anderen zwischen Oper und Kunstlied gar
nicht zu trennen, auch wenn in verschiedenen Zeiten gegenläufige
Tendenzen in· der Frage des Vorranges auszumachen sind: Eine konsequente , sukzessive Entwicklung dieser das Wesen beider Gattungen
betreffenden Frage gibt es weder hier noch dort. Freilich ist es in der
Geschichte zu einer Ausweitung der Ausdrucksmöglichkeiten beider
Künste gekommen, zumal die Musik hat sich bis hin zur Zwölftontechnik
und Elektronik neue Bereiche erschlossen, hat rhythmische, harmonische
und Klangfarbenmöglichkeiten entfaltet, die zweifellos ein differenzierteres Einlassen auf zu vertonende Texte b.egünstigt haben. Doch betrifft das
nicht eigentlich die Dominanz von Dichtung oder Musik. Man sollte die
fehlende Kontinuität in der Entwicklung dieser Problematik nicht beklagen, sondern - und damit greife ich einen auf das Verhältnis von
Dichtung und Bildender Kunst bezogenen Gedanken Gerhart Baumanns2 auf - affinnativ wenden, Beziehungen über die Zeiten hinweg
ins Auge fassen, Parallelen, Analogien zwischen den Zeiten und den
Wechselwirkungen der Künste aufeinander stärker berücksichtigen.
Ein solcher phänomenologischer Zugang stösst auf eine Fülle von
Material und führt zu erstaunlichen Ergebnissen: Platons Lehre, die eine
lange Zeit das Verhältnis zwischen Dichtung und Musik festlegte, dass die
gesungenen Worte 'in den nämlichen Formen ausgedrückt werden, die ...
für den nicht gesungenen Text ... ' gelten, dass in der Musik sogar über die
Melodie hinaus sich auch Tonart und Rhythmus der Sprache anzugleichen habe, 3 - diese extremen Forderungen, durch die die Musik zur
Magd der Dichtung degradiert wird, werden von den russischen Realisten
18
Dargomyzskij und Mussorgskij in den 60er Jahren des 19.Jahrhundens
beinahe wörtlich wiederholt: Dargomyzskij setzt sich das Ziel, mit· dem
Klang das Wort unmittelbar auszudrücken und. Mussorgskij schreibt• am
30.7.1868:
Meine Bühnendarsteller sollen wie lebende Leute sprechen; daneben
aber müssen ihr Charakter und die Kraft ihrer Intonation, unterstützt
vom Orchester, welches dasmusikalische Muster ihrer Rede bildet, ihr
Ziel direkt erreichen, d.h. meine Musik muss eine kunstvolle Reproduktion der menschlichen Sprache in ihren feinsten Schattierungen
sein.
Ueber die Jahrhunderte hinweg lassen sich auch zwischen Monteverdi
und Gluck leicht Bezüge herstellen, die weit enger sind als die zu den
meisten ihrer Zeitgenossen: Monteverdis Bekenntnis von 1605 im Vorwort zum 5.Madrigalbuch, dass dem Text der Vorrang vor der Musik
gebühre, deckt sich weitgehend mit den Intentionen Glucks, der versuchte/ ... die Musik zu ihrer wahren Bestimmung zurückzuführen, nämlich
der Poesie zu dienen.' 5 Demgegenüber setzt sich der begabte, wenn auch
nicht sonderlich ehrenhafte Zeitgenosse und Antipode Monteverdis,
Artusi, in seinen berühmten Streitschriften für die Dominanz der Musik
gegenüber dem Text ein,- eine Auffassung, der man bedeutend später
dann wieder bei Mozart begegnet: 'Bey eineroperamuss schlechterdings
die Poesie der Musick gehorsame Tochter seyn.' 6 Selbst ein so extremer
Versuch wie der Guido von Arezzos, die Struktur der Musik dem zu
vertonenden Text zu entlehnen, wird bei-nahe 1000 Jahre später bei
Strawinsky in Threni id est /amentationes Jeremiae Prophetae wieder
aufgegriffen. Man kann die Reihe der Belege dafür, dass es keine
sukzessive Entwicklung in der Frage des Vorranges einer Kunst vor der
anderen gegeben hat, noch beinahe beliebig fortführen.
Wenn man auch als epocheverbindendes Kompositionsprinzip der
niederländischen Schule des 15. und 16.Jahrhunderts die Polyphonie
betrachten muss, so stellt sich unter dem Aspekt der Textbehandlung
dieses Zeitalter durchaus vielschichtig vor. Es fällt deshalb schwer, aus
diesem Blickwinkel ein einheitliches Epochenbild der Dufay- und Binchois-Zeit zu entwerfen, denn neben der isorhythmisch bestimmten
Motette steht zeitgleich die vom intensiven Gestaltungs- und Ausdruckswillen getragene Vertonung, die vom Liedhaften angeregt scheint und
eine wirkliche Beziehung zwischen Wort und Ton herstellt. Auch hierin
liegen jene wichtigen Spannungen begründet, die man der niederländischen Schule bis zur Mitte des 16.Jahrhunderts zuweilen abspricht.
Expressivität lCennzeichnet schon die Vertonungen von Gombert und
Qemens non Papa; Willaerts Petrarca-Kompositionen wird man eine
19
Gleichgewichtigkeit von Text und Musik zusprechen können, hingegen
weisen zumindest de Rares Werke eine in Bezug auf den Text beachtliche
Eigenständigkeil der Musik auf, wenn die dramatischen Gegensätze und
die Intensität des musikalischen Ausdrucks die Textvorlage hinter sich zu
lassen scheinen, - divergierende Möglichkeiten also, die auf zeitlich weit
entlegene Vertonungsprinzipien verweisen.
Den textadäquaten Vertonungen von Horaz-Oden im 16. und 17.Jahrhundert, die sich in vieler Hinsicht von Guiiiaume de Machauts isorhythmischen Motetten mit einer auffallend der Sprache entlehnten
Struktur herleiten lassen, liegen ähnliche Prinzipien zugrunde wie der
Goetheschen Liedästhetik, die ihrerseits wiederum vorauszuweisen
scheint auf Kompositionen des 20~Jahrhunderts, etwa von Otmar
Schoeck, Fortner, Genzmer, Weill, dessen Musik Brecht die Rolle eines
Verfremdungseffektes für seine Dichtung zuspricht, oder Aribert Reimann. Man könnte im Grunde in diesem Zusammenhang auch noch
Wagner anführe~!> bei dem letztlich der Text die musikalische Form
bestimmt.
Allein schon diese wenigen Beispiele verdeutlichen, dass die häufig
vertretene Ansicht, die romantische Musikästhetik, die der Musik einen
der Dichtung weit übergeordneten Rang einräumt, habe die Goethesche
Lehre iils eine konservative oder gar reaktionäre überholt, keineswegs
stichhaltig ist. Eine solche Bewertung hätte nur dann eine Legitimation,
läge hier tatsächlich eine sukzessive Entwicklung vor. Zudem war die in
der Romantik kulminierende Einschätzung vom Primat der Musik im
Prinzip ja auch nicht ne~ hatten doch - neben den schon erwähnten
vorausliegenden Theoretikern und Komponisten -auch Johann Jakob
Engel, Gcorg Bcnda und Rousseau bereits in den 60er bis 80er Jahren des
18.Jahrhunderts der Musik eine ähnliche Stellung eingeräumt, die dann
wiederum unausgesprochen dem Schaffen Rossinis (hier im Extrem),
Verdis, überhaupt den Italienern des 19.Jahrhunderts, Strawinskys,
Hiridemiths und gegenwärtig etwa Ligetis oder Wolfgang Rihms eingeschrieben ist.
Alle diese Beispiele aber beleuchten nur einen, wenn auch sicherlich
gewichtigen Aspekt im Verhältnis von Dichtung und Musik; einen
Hinweis, der sowohl die bisher beleuchtete Frage nach dem Vorrang
einer der beiden Künste modifizieren wie auch auf weitere grundsätzliche
Probleme führen kann, können uns etwa die Schöpfungen Monteverdis
bieten: Gerade seine Werke, die doch der Theorie gehorchen, dass die
Musik die absoluteDienerindes Textes zu sein habe, erfreuen sich gerade
in der Gegenwart eines überaus grossen Interesses; die Züricher Aufführungen des Orfeo, Ulisse und der Poppea. unter Hamencourt konnten
eindringlich der Rang dieser Musik unter Beweisstellen. Und umgekehrt:
20
In manchen italienischen Opern des ausgehenden 19.Jahrhunderts, hinter
denen unausgesprochen wie ausgesprochen die Theorie steht, der Text
habe sich der Musik unterzuordnen, wird man den künstlerischen Rang
des Librettos eher höher als den der Musik veranschlagen müssen. Damit
aber wird eines offenkundig: Der uralte Streit um den Vorrang ist nicht
eine Auseinandersetzung um die höhere oder geringere Qualität von
Dichtung oder Musik in einem sie vereinigenden Kunstwerk. Wenn dem
aber so ist, dann wird man etwa den im Einflussbereich der Goetheschen
Liedästhetik entstandenen Kunstliedern mit ganz anderen Voraussetzungen entgegentreten müssen, - Voraussetzungen,. von denen aus die
Kompositionen Zumsteegs, Zelters und Reichardts nur selten betrachtet
worden sind, und umgekehrt wird man auch manche Lieder Beethovens,
Schuberts oder sogar Schumanns kritischer würdigen müssen.
Die Beispiele Monteverdi, Gluck, Otmar Schoeck wie auch manche
gelungenen und weit unterschätzten Kompositionen Zumsteegs, Reichardts und Zelters sagen aber noch mehr: Selbst der apodiktisch
vertretene Vorrang des Textes vor der Musik bedeutet noch lange nicht,
dass sich die Musik jeder Textausdeutung~ enthält und sich mit einer
ausschliesslich illustrierenden Funktion begnügt. Selbst wenn also der
Musik nur der zweite Rang zugebilligt wird, vermag sie zu interpretieren:
Schon in der Psalmodie ist sie 'nicht nur Mittel zur Textintensivierung,
sondern auch selbständiges Ausdrucksmedium. ' 7
Wenn der Streit um die Dominanz weder die Qualität der jeweiligen
Schöpfung noch die wechselseitige lnterpretierbarkeit betrifft, dann kann
· ihm nur noch die je unterschiedliche Erkenntnisweise, das wesensmässig
verschiedene Vermögen beider Künste zugrunde liegen: Die Sprache
äussert sich in Begriffen, vermag etwas zu bezeichnen, die Musik
hingegen spricht 'durch lauter Empfindungen ohne Begriffe', 8 ·wie es
Kant formuliert. Hier nun liegt der Kern der Auseinandersetzung:
Welcher Erkenntnisweise der beiden autonomen Künste 9 ist der Vorrang
einzuräumen? Diejenigen, die für eine Dominanz der Dichtung eintreten,
vertrauen der Begriffssprache mit ihrer semantischen Bestimmtheit und
aber auch vielwenigen Offenheit, die Vertreter der gegenläufigen Einschätzqng wenden gerade die Begriffslosigkeit des musikalischen Ausdrucks affirmativ, sprechen ihr eine stärkere wie unmittelbarere Wirkung
zu als der begrifflich sich äussernden Sprache. Die so begründete
Dominanz der Musik findet in der Romantik ihren Höhepunkt, nicht
aber ihren Ursprung, wie die eingangs gebotenen Beispiele belegten. Die
Bemerkungen Wackenroders, Tiecks, Novalis', E.T.A. Hoffmanns, der
Gehrüder Schlegel und anderer zu dieser Frage sind schier unübersehbar.
Artbur Schopenhauer freilich fällt das Verdienst zu, alle diese, den
Vorrang der Musik betreffenden Argumente in ein philosophisches
21
System integriert und geradezu hymnisch gesteigert zu haben. Er konnte
dabei auf Kants Kritik der Urteilskraft zurückgreifen, in der bereits die
Möglichkeit der Musik, als positives Korrelat zur Begriffslosigkeit, darin
gesehen wurde, 'die ästhetische Idee eines zusammenhängenden Ganzen
einer unnennbaren Gedankenfülle ... auszudrücken', d.h . eine ~Vorstel­
lung der Einbildungskraft, die viel zu denken veranlasst, ohne dass ihr
doch irgend ein bestimmter Gedanke, d.i. Begriff adäquat sein kann, die
folglich keine Sprache völlig erreicht und verständlich machen kann.' 10
Schopenhauer zieht nun daraus noch positiver die Konsequenz und
stellt die Musik gerade aufgrund ihrer begriffslosen Erkenntnis allen
anderen Künsten weit voran. Dieser Schritt ist vor dem Hintergru~d zu
sehen, dass das gesamte philosophische Bemühen Schopenhauers darum
kreist, den unvernünftigen, irrationalen und alogischen Willen, der den
Menschen überaus grosses Leid zufügt, zu überwinden; dauerhaft kann
das für ihn allerdings nur die Entsagung leisten, zeitweilig jedoch auch die
Künste, d.h. neben Musik auch Dichtung, Malerei und Architektur~ Die
Kunst wird für ihn zu einer besonderen Erkenntnisart, die es ermöglicht,
das Reich der Individuationen mit seiner Vielheit zu übergehen, d.h. aber
auch, dass ihr Objekt nicht mehr in der Vorstellungswelt, sondern im
Bereich der Ideen zu suchen ist. Das Genie nun fasst die Ideen mit seiner
Fähigkeit zur reinen Kontemplation auf und stellt sie in den Werken der
Kunst dar. Das Genie, als das neue Subjekt im höchsten Ideal der
Erkenntnis, erfülltdie Voraussetzungen, die vom neuen Objekt, der Idee,
gefordert worden sind: es ist das von allem Zweck befreite, in reiner
Vielheit sich betätigende und willenlose, intuitiv und kontemplatorisch
erfassende Subjekt der Erkenntnis. 'Die Welt der reinen ästhetischen
Betrachtung erschliesst uns nach der objektiven wie nach der subjektiven
Seite hin ein neues selbständiges Sein.' 11 Entscheidend für diese ästhetische Erkenntnisweise der Kunst ist also das sich Ablösen von der
Dinglichkeit der Welt und dem mit ihr verbundenen zeitlichen Weltlauf;
von hier aus nun wird klar, dass die Musik innerhalb der Hierarchie der
Künste weit vor die anderen gestellt werden muss, denn - im Gegensatz
zu den anderen Künsten ~ kann sie ohne die erscheinende Welt
bestehen, da sie nicht ·im Bereich der Erscheinungen anhebt, d.h. daraus
nicht ihre Stoffe und Motive gewinnt, sondern losgelöst von jeder
Vereinzelung im Reich der Wesenheiten beheimatet ist. Schopenhauer
sagt 12:
Die Musik ist _also keineswegs gleich den anderen Künsten das Abbild
der Ideen; sondern Abbild des Willens selbst, dessen Objektität auch
die Ideen sind; deshalb eben ist die Wirkung der Musik so sehr viel
mächtiger und eindringlicher als die der anderen Künste: denn diese
reden nur vom Schatten, sie aber vom Wesen.
22
Nur so ist für Schopenhauer die im Verhältnis zu den anderen Kü.nsten
grössere und unmittelbarere Wirkung der Musik auf den Menschen zu
erklären. In dieser Einschätzung - bei aller zugegebenen Differenz treffen sich Schopenhauer und der von ihm gehasste Hegel, der der
Wirkung der Musik einen ähnlichen Grund unterlegt: 'Was durch sie [die
Musik] in Anspruch genommen wird, ist die letzte subjektive Innerlichkeit als solche; sie ist die Kunst des Gemüts, welche sich unmittelbar an das
Gemüt selber wendet.' 13
Wenn der Musik im philosophischen System Schopenhauers eine
dennassen hohe Stellung eingeräumt wird, dann wird vor diesem Hintergrund auch eine Begründung jener Macht der Musik möglich: 'Der
Komponist offenbart das ionerste Wesen der Welt und spricht die tiefste
Weisheit aus, in einer Sprache, die seine Vernunft nicht versteht.' Auf diese
Weise wird die Musik zum vollkommenen Abbild des Wesens der Welt, 'da
sie nie die Erscheinung, sondern allein das innere Wesen, das Ansich aller
Erscheinung, den Willen selbst ausspricht. ' 14 Daher drückt sie auch keine
bestimmten Empfindungen wie Freude, Schmerz oder Jubel aus, sondern
stets nur ihr Ansich in aller Unmittelbarkeit und Reinheit. Dennoch aber
werden diese Empfmdungen an sich in immer wieder verschiedener Weise
dargestellt, ohne dass dabei der Ansieh-Bereich verlassen wird. 'Die
Lösung der Schwierigkeit liegt darin, dass es, ohne alle personale und
situationsmässige Bestimmtheit' der Empfindungen dennoch eine schlechthin unbegrenzte Fülle von Farben gibt, in denen die Empfindungen·an
sich erscheinen können.
Auch ist mit diesem 'An sich' der Gefühle der subjektiven Einfühlung
innerhalb der Grenzen einer objektiven Einfühlung verhältnismässig
viel Spielraum gegeben; das heisst die subjektive Abschattung, die ein
Hörer seiner (musikalischen) Empfindung gibt, kann mancherlei Art
sein, ohne dass darum die 'objektive', von dieser Musik her geforderte
Einfühlung gestört oder überschritten sein müsste. 15
Durch die Ausdrucksvielfalt musikalischer Werke wird der AnsiehBereich also nicht verlassen. Aus der unendlich grossen Zahl z.B. von
Melodien stellt jede einzelne den Willen direkt dar, drückt Gefühle stets
m ihrem Ansich aus. Das bedeutet aber, dass bei gleicher qualitativer
Bedeutung die Möglichkeiten des metaphysischen Ausdrucks quantitativ
ins Unendliche streben. Entscheidend also für diese philosophische
Laudatio ist die radikale Trennung der Musik von allem raumzeitlich
Benennbaren, von Verstand, Vernunft und mithin vom Begriff: Musik in
ihrer positivsten Wertung gerade wegen ihrer begriffslosen Erkenntnisweise, wodurch sie sich von allen anderen Künsten wesensmässig unterscheidet und - für Schopenhauer - auszeichnet.
23
Die Konsequenzen dieser romantischen Philosophie für unser Thema
liegen auf der Hand: Nichts anderes wird hier nachträglich wie vorausweisend an die erste Stelle aller Kunstarten gesetzt als die instrumentale
oder absolute Musik; für Textvertonungen freilich müssen dann von
Schopenhauer erhebliche Bedenken geltend gemacht werden, treten doch
zwei Künste zusammen, die unterschiedliche Ränge in den Seinsweisen
einnehmen. Für Oper und Kunstlied gilt unter diesen Voraussetzungen
dasselbe: Gerade das Wort, das der Musik zur Seite gestellt ist, verleitet
dazu, den Ansieh-Bereich zu konkretiseren. Der Text kann - wenn
überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung haben: 'schon durch
das Eingreifen des Wortes mit den an das Wort gebundenen Vorstellungen und Begriffen wird das eigentliche Wesen der musikalischen Aussage
(die keine ist) verfehlt.' 16 Für Schopenhauer sind denn Werke- übrigens
in verblüffender Uebereinstimmung mit Goethe - wie Haydns Schöpfung und Jahreszeiten geradezu 'Entartungsformen' der Musik, da sie den
Hörer dazu verleiten, in seine Perzeption Erscheinungen und damit
Räumliches einzubeziehen, die Musik also nicht mehr den Willen darstellt, sondern Erscheinungen der anschaulichen Welt nachahmt. So ist es
denn nicht verwunderlich, dass Schopenhauer gerade solche Lied- und
Opernkomponisten am höchsten schätzt, die sich in ihren Vertonungen
am wenigsten um die textlichen Vorlagen kümmern; an erster Stelle ist
natürlich Rossini zu nennen, dem, wie ein beinahe geflügeltes Wort
vermerkt,, nur der letzte Mut gefehlt hat, um alle seine Kompositionen auf
den Text 'La Ia Ia' zu schreiben. Unverständlich freilich mutet unter
diesen Voraussetzungen an - das sei nur am Rande bemerkt - , dass
Richard Wagner, bei dessen Opern der Text eine wesentliche Rolle spielt,
ein glühender Verehrer Schopenhauers war.
Wenn uns auch die Dominanz der Musik gegenüber der Dichtung in
den verschiedenen, hier angeführten Beispielen zweifellos nicht immer
mit einer solchen radikalen Begründung wie bei Schopenhauer entgegentritt: Gemeinsam ist allen Vertretern der 'prima Ia musica', dass sie der
begriffslosen Erkenntnis der Musik eine grössere Intensität und Unmittelbarkeit sowie das umfassendere Vermögen zur Kontemplation als
derjenigen der Dichtung zusprechen. Aus diesem Grunde begegnet man
zu allen Zeiten bei Vertretern der Musikdominanz Formulierungen,
wonach die Musik da einzusetzen habe, wo die Wortsprache versagt.
Freilich geht kaum einer der Theoretiker und zum Glück keiner der
Komponisten in der Konsequenz so weit, dass sie im Grunde jede Art
von Vertonungen ablehnen wie Schopenhauer; dennoch aber steht
ausgesprochen/unausgesprochen hinter allen unter diesen theoretischen
Voraussetzungen entstandenen Liedern wie Opern die Einschätzung, dass
die Musik der Dichtungaufgrund der unterschiedlichen Erkenntnisweise
24
überlegen, oder 'modern' ausgedrückt, dass die Musik das ästhetisch
stärkere Medium sei. Wenn Hegel etwa darauf hinweist, dass ein grosses
poetisches Kunstwerk nicht vertont werden sollte, weil es 'für sich von
durchaus selbständigem Wert ist', dann steht unausgesprochen hinter
dieser Aeusserung auch die Befürchtung, dass bei einer Vertonung die
Unmittelbarkeit und Intensität der Musik die Dichtung in den Hintergrund drängen, ja, zerstören könnte. Er empfiehlt deshalb für die
Vertonung Texte oberflächlicher poetischer Ausführung, die 'bei allgemeinen Empfindungen und allgemein gehaltenen Vorstellungen stehenbleiben.'17
Die gleichen Gründe stehen auch hinter E.T.A. Hoffmanns Rat fürdie
Opernkomponisten~ nur spricht er nicht von 'oberflächlicher poetischer
Ausführung', sondern wendet die Ansprüche an die zu vertonende
Dichtung affirmativ, indem er von ihr die positiv gesehenen Stoffe der
romantischen Oper mit ihrer schillemden Offenheit fordert. Er formuliert
diese Ansprüche in Der Dichter un(i der Komponist, wobei es nicht
unerwähnt bleiben darf, dass dieser Text eine erstaunliche Nähe zu
Passagen in Jean Pauls Vorschule der Aesthetik aufweist. In Hoffmanns
Dialog nämlich heisst es 18 :
Ludwig: Der Dichter rüste sich zum kühnen Fluge in das ferne
Reich der Romantik; dort findet er das Wundervolle, das er in das
Leben tragen soll, lebendig und in frischen Farben erglänzend, so dass
man willig daran glaubt, ja dass man, wie in einem beseligenden
Traume, selbst dem dürftigen, alltäglichen Leben entrückt in den
Blumengängen des romantischen Landes wandelt, und nur seine
Sprache, das in Musik ertönende Wort versteht.
Ferdinand: Du nimmst also ausschliesslich die romantische Oper mit
ihren Feen, Geistern, Wundem und Verwandlungen in Schutz?
Ludwig: Allerdings halte ich die romantische Oper für die einzig
wahrhafte, denn nur im Reich der Romantik ist die Musik zu Hause.
III
Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle noch einmal knapp, wohin uns
die Erwägungen über den alten Streit um die Vorrangstellung von
Dichtung oder Musik geführt haben: Es hat keine konsequente historische Entwicklung in Richtung einer der beiden Künste g_egeben; fernerhin meint Dominanz einer Kunst vor der anderen nicht von vomherein
eine höhere Qualität; ausserdem schliesst der Vorrang einer Kunst nicht
aus, dass sie von der nachgeordneten interpretierend und nicht nur
illustrierend aufgenommen wird. Wenn dem aber so ist, kann sich diese
Frage nur auf die je unterschiedliche Erkenntnisweise beziehen: Das ist
der Kern der Auseinandersetzung, nur - und das ist die entscheidende
25
Frage - muss man unbedingt der Intensität wie Unmittelbarkeit der
begriffslosen Erkenntnis in der Musik den Vorrang geben?
Die folgenden Zitate scheinen auf den ersten Blick eindeutig aus der
Reihe derjenigen zu stammen, die sich vehement für den Vorrang der
Musik einsetzen:
Und bedenken Sie stets, dass die Musik uns keine andere Kunst oder
Betätigung ersetzen kann, kommt sie doch unmittelbar aus dem
lnnern und rührt den Menschen an seiner empfindlichsten Stelle. So
wird sie zur universalen Kunst, aus der wir alle anderen zu verstehen
haben.
An anderer Stelle heisst es: 'An das Allgemein-Menschliche in uns
rührt die Musik.' Anlässlich einer Besinnung auf Bach schreibt unser noch
unbekannter Autor:
Ich sprach mir's aus: als wenn die ewige Harmonie sich mit sich selbst
unterhielte, wie sich's etwa in Gottes Busen, kurz vor der Weltschöpfung, möchte zugetrag:m hab~n. So bewegte sich's auch in meinem
Innem und es war mir, als w~nn ich weder Ohren, am wenigsten Augen,
und weiter keine übrigen Sinne besässe noch brauchte.
In einem Brief heisst es: 'Das innere in Stimmung zu setzen, ohne die
gemeinen äusseren Mittel zu brauchen, ist der Musik grosses und edles
Vorrecht.' Auch auf das gänzliche Abheben von der Vereinzelung der
Sinnenwelt, was Schopenhauer in den Mittelpunkt stellt, weist unser
Autor hin, womit er zugleich unter Beweis stellt, wie tief er das Wesen der
Musik erfasst hat: 'Die Würde der Kunst erscheint bei der Musik
vielleicht am eminentesten. weil sie keinen Stoff hat, der abgerechnet
werden müsste. Sie ist ganz Form und Gehalt und erhöht und veredelt
alles was sie ausdrückt.' Schliesslich heisst es sogar an anderer Stelle:
'Hier zeigt sich aber bald die Herrschaft der Musik über die Poesie. ' 19
Diese wenigen Äusserungen, die sich mühelos ergänzen liessen, bestätigen im Grunde alle Argumente der Geister, die den Vorrang der Musik
vor der Dichtung vertreten. Es sind dies aber Worte von Goethe, von
eben jenem Autor, dem man so gerne jeden Sinn für Musik abspricht und
dessen Liedästhetik mit Vorliebe als konservativ bis reaktionär abgetan
wird. Hier verdeutlicht sich geradezu verblüffend, dass eine solche gängig
gewordene Einschätzung nicht unterscheidet zwischen dem, was wir als
Kern des Vorrangsproblem bezeichnet haben, nämlich die je andere
Erkenntnisweise in Dichtung und Musik als gemeinsamer Ursprung
beider Präferenzmöglichkeiten, und der daraus zu ziehenden Konsequenz, nun tatsächlich einer der beiden Künste den Vorrang einzuräumen. Es kann ja durchaus sein - und Goethe ist ein überzeugendes
Beispiel dafür -dass man den Wesensunterschied erkennt und gerade
26
deshalb die begriffslose Intensität und Unmittelbarkeit der Musik befürchtet, weil ihre Wirkungsmacht nicht mehr vom Verstande und von der
Vernunft kontrollierbare Folgen zeitigt, und nun das zerstört, was ein
vielschichtiger, mühsam bedachter dichterischer Entwurf intendierte.
Betrachtet man unter diesen Gesichtspunkten einmal die gesamten sehr
verstreuten Aeusserungen Goethes über die Musik, dann lässt sich daraus
mühelos belegen, dass er nicht nur -wie die gebotenen Zi-tate bezeugen
- das unterschiedliche Wesen beider Künste in aller Deutlichkeit
gesehen hat, sondern dass er auch immer wi~der die anziehenden wie
zugleich abstossenden Kräfte benennt, die eine der Kontrolle des Verstandes entzogene Musik in ihrer Wirkungsmacht, die ihm 'über alle
Begriffe geht' ( 16,862), auf ihn ausübt. Zwei Belege aus einer Fülle
reichen aus, die Ergriffenheit und 'grosse Erregbarkeit' (an Zelter
9.1.1824) Goethes durch die Musik, die auch bei den Romantikern
nirgends intensiver empfunden wurde, zu bezeugen. In de.r Elegie Aussöhnung heisst es: (1,479ff)
Da schwebt hervor Musik mit Engelsschwingen,
Verflicht zu Millionen Ton und Töne,
Des Menschen Wesen durch und durch zu dringen.
Zu überfüllen ihn mit ewger Schöne;
Das Auge netzt sich, fühlt im höhern Sehnen
Den Götter-Wert der Töne wie der Tränen~
Und so das Herz erleichtert merkt behende,
Dass es noch lebt und schlägt und möchte schlagen,
Zum reinsten Dank der übe"eichen Spende
Sich selbst erwidernd willig darzutragen.
Da fühlte sich - o dass es ewig bliebe! Das Doppel-Glück der Töne wie der Liebe.
An anderer Stelle sagt er: 'Musik ... steht so hoch, dass kein Verstand ihr
beikommen - kann und es geht von ihr eine Wirkung aus, die alles
beherrscht und von der niemand imstande ist, sich Rechenschaft zu
geben.' (zu Eckermann 8.3.1831) Gerade dieses letzte Wort aber zeigt
indirekt bereits die Furcht vor der Musik, vor ihrer unkontrollierbaren,
dem Verstande entzogenen Macht, die ja auch in den Aeusserungen
Hegels implizit mitschwang. Genau diese Doppelsicht und Ambivalenz,
jenes Zugleich von Anziehen und Abstossen, von Liebe und Furcht
findel sich wieder in dem von ihm gerade in Bezug auf die Musik häufig
verwendeten Wort vom 'dämonischen Geisf (zu Eckermann 20.6.1831 ).
Das Dämonische bezeichnet jene übermächtigen Kräfte, die der Mensch
selbst nicht bestimmen kann, die ihn aber - und das ist der positive
Aspekt - zu ungewöhnlichem Vermögen und Empfindungen höchster
Intensität führen können. Die in diesem Begriff kulminierende Ambiva-
27
lenz kennzeichnet Goethes Haltung nicht nur gegenüber der Musik,
sondern auch gegenüber der romantischen Literatur, die ihrerseits wiederum -das gebotene Wort Hoffmanns kann das bestätigen- gerade
wegen der verstandesentzogenen, übermächtigen Kräfte, die von der
Musik ausgehen, sie an die erste Stelle aller Künste stellt. Es verfiele aber
wohl niemand auf den Gedanken, was jedoch im Bereich der Musik
fortwährend geschieht, Goethe deshalb das Urteilsvermögen über den
Rang von Dichtung abzusprechen, - und das gegenüber einem Autor,
der immerhin eine unverächtliche Tonlehre entworfen hat.
Goethes Haltung gegenüber der Musik, die, wie wir gesehen haben,
nicht aus einer Fremdheit, sondern gerade aus der tiefen Einsicht in das
freilich zu gegenläufigen Konsequenzen Anlass bietende Wesen dieser
Kunst resultiert, spiegelt sich nun wider in seinen jederzeit ambivalenten
Aeusserungen über Vertonungen von Dichtung. Die Furcht vor der
textzerstörenden Macht der Musik, die uns schon bei Hegel und -wenn
auch aus genau entgegengesetzter Richtung und Einschätzung - bei
Schopenhauer begegnete, hat nun, in der Tat aus einsehbarer Konsequenz, dazu geführt. dass Goethe des öfteren der vertonenden Musik eine
textillustrierende Funktion zuspricht, - eine Erwartung, die zweifellos
noch dadurch begünstigt wird, dass nun gerade er - im Gegensatz zu
dem Empfinden der Sprachgrenzen bei vielen Romantikern - dem
Vermögen der Sprache mit Recht weitgehend vertrauen kann: 'Und wenn
der Mensch in seiner Qual verstummt I Gab mir ein Gott zu sagen, was
ich leide' (6,313; vgl. auch 21,483). Nur in diesem Zusammenhang sind
die bis zum Ueberdruss immer wieder zitierten Worte Goethes zu
verstehen, dass 'das Durchkomponieren der Lieder ... verwerflich' sei, dass
das 'lnstrument ... nur die Stimme begleiten' (7,137) sollte und dass der
'Komponist ... sich mit dem Dichter identifizieren' muss, 'so dass dieser ...
seine Intentionen ganz aufs neue wieder hervorgebracht fühlen mag'
(14,316),- Forderungen, denen die überwiegende Zahl der Kompositionen Zelters und Reichardts entsprechen, wenn aber auch zweifellos nicht
alle.
Es ist ausserdem nicht zu leugnen, dass Goethe auch über die
angedeuteten hinaus ganz konkrete Gründe für diese Aeusserungen
hatte: Man kann generell nicht über den Rang Schubertscher Lieder
streiten, doch gibt es unter den Goethe-Vertonungen einige bemerkenswerte Missgriffe. P.H. Neumann hat eindringlich die eklatante Textverfehlung und damit -zerstörung von Kennst du das Land dargelegt, 20 die
Versuche Schuberts zur Ballade Der Fischer verfehlen auf geradezu
peinliche Weise den vielschichtigen Sinn des Gedichtes, vermögen in
ihrem ausschliesslichen Verbleiben im Volksliedtori nichts von den
schillemden Wechselverhältnissen und vielfältigen Beziehungen zu ver-
28
gegenwärtigen, und die musikalische Imitation des Wasserplätschems
wirkt keineswegs angemessen. Auch viele der Vertonungen Beethovens
sind aus ganz anderen Voraussetzungen her entstanden, scheinen nur
noch Selbstinterpretation zu sein, wofür die dichterische Vorlage Stichworte liefert, - eine Beobachtung, die allerdings auf die EgmontVersuche des Komponisten nicht zutrifft. Ohnehin werden die ambivalenten Aeusserungen Goethes zur Musik in geradezu verblüffender Weise
in den Bemerkungen über Beethoven wiederholt; die Person des Komponisten scheint in sich für Goethe jenes Zugleich von anziehenden und
abstossenden Kräften zu vereinigen: einerseits spricht er von der 'ungebändigten Persönlichkeit' (an Zelter 2.9.1812), was zweifellos mit der
unkontrollierbaren Macht der Musik korrespondiert, andererseits
schreibt er: 'Zusammengefasster, energischer, inniger habe ich noch
keinen Künstler gesehen' (an ChristiaDe 19.7.1812), was an die anziehende Seite der Musik erinnert. Schliesslich kulminieren diese Bemerkungen
in dem alles zusammenfassenden und zugleich unüberbietbar genauen
(wenn auch von Zelter, freilich im Sinne Goethes, formulierten) Satz: 'Ich
bewundere ihn mit Schrecken.' (Zelter an Goethe 14.9.1812)
Immerhin hat Goethe ja auch gegenüber Schubert, neben vielsagendem
Schweigen, sehr positive Worte über dessen Erlkönig-Vertonung gefunden. (an Sehröder 24.4.1830) Gerade solche Aussprüche, die der Musik
gegenüber dem Text eine gewisse Autonomie zuerkennen und mithin
Zeugnis von ihrer Anziehungskraft ablegen - eben der anderen Seite der
Ambivalenz- werden nur äusserst selten vergegenwärtigt, weil sie nicht
in die vorgefasste Meinung von dem der Musik fremd gegenüberstehenden Goethe hineinpassen. Selbst Zelter räumt er indirekt ein, dass es eine
Autonomie der Musik auch bei Vertonungen gibt, die sich letztlich einem
Text gar nicht völlig unterordnen kann: 'Ihr habt euer Feld, eure Gesetze,
eure symbolische Sprache, die jeder verstehen muss.' (an Zelter
28.6.1831) Was anderes als eine schöpferische wie interpretierende Begegnung meint seine Aeusserung über Zelters Schiller-Ve_rtonung: (an
Zelter 21.12.1809)
Hier ist [die Komposition]ganz was Eigenes. Der denkende oder
gedachte Enthusiasmus wird nun erst in das freie und liebliche
Element der Sinnlichkeit aufgehoben oder vielmehr aufgeschmolzen.
Man denkt und fühlt und wird mit hingerissen.
Viele der Goetheschen Gedichte- zumal die aus Wilhelm Meister sind
auf eine Vertonung hin angelegt; er hat zu ·Kantaten und Singspielen
Libretti verfasst, wie er überhaupt dem Opernlibretto einen hohen
Stellenwert einräumt. Es existiert ein Entwurf zur Fortsetzung der
Zauberflöte und Pandora ist im Hinblick auf die Musik entworfen. Vor
29
allem aber Faust II scheint, natürlich, neben der Bildenden Kunst, die
Musik zu berufen, jenes Werk, das Hofmannsthai als die 'Oper aller
Opem' 21 bezeichnet hat. Erneut belegen Goethes Aeusserungen zu einer
Vertonung des Faust II jene Ambivalenz: Einerseits weist er darauf hin,
dass die Reden im Werk keiner 'musikalischen Beihilfe' (zu F. Förster
Mai/Juli 1821) bedürften, andererseits hätte er sich vom hochverehrten
Mozart eine Vertonung des Faust gewünscht, (zu Eckermann 11.2.1829)
bezeichnenderweise von dem Komponisten, für den die Dichtung die
Rolle des .gehorsamen Dieners der Musik auszufüllen hatte.
Aus alldem wird deutlich, dass Goethe aus guten Gründen zwar bei
Vertonungen der Dichtung den Vorrang einräumt, andererseits jedoch
immer wieder die Autonomie wie die Macht der Musik betont und
manche Aeusserungen zudem den Wunsch nach adäquaten musikalischen Gestaltungen der dichterischen Vorlage erkennen lassen. Er konnte
die grossen Lieder Schumanns, Brahms', Weberos und Schönbergs nicht
kennen, und es ist durchaus nicht sicher, ob er nicht das bei diesen
Komponisten Wirklichkeit gewordene angemessene Aufeinandereingehen, jene schöpferischen Begegnungen, die ein so vielbezügliches Spannungsfeld zwischen zwei autonomen Künsten ausziehen, begrüsst hätte.
IV
Nicht nur eine Text-Modifikation, die zuweilen auch zum Wohle der
Dichtung . geraten kann wie bei einigen Heine-Liedem Schumanns..
sondern jede Vertonung verändert ein Gedicht, auch wenn Musik nichts
anderes als eine Illustration im Sinne hat, und jedes vertonte Gedicht
muss sich, gleich welchen Rang die Komposition erreicht, darauf einstellen, dass es beim Hörer als das 'Zweite' wahrgenommen wird, weil die
Musik die stärkere Wirkung ausübt, - eine Einsicht, die wir durch die je
unterschiedlichen Erkenntnisweisen beider Künste begründet haben.
Eggebrecht sagt 22 dazu:
Das Gedicht und seine Vertonung treffen sich in d.e r Mitteilung des
Tertium Comparationis, der begrifflich unbestimmten und doch benennbaren Gehaltlichkeit, wobei die Musik allerdings ästhetisch überlegen ist, weil die Mitteilung durch Töne viel unmittelbarer zustande
kommt als durch Wörter... , während andererseits. das Gedicht als
Sprachspiel der 'unbestimmten Bestimmtheit' der Musik ein begrifilich
bewerkstelligtes ästhetisches Meinen, gleichsam eine 'bestimmte Unbestimmtheit', hinzufügt.
Gerade weil das so ist, muss die Musik, will sie nicht vollends das Gedicht
zerstören, mit äusserster Behutsamkeit vorgehen und eben jenen schmalen Grat begehen, auf dem man dem Gedicht gerecht wird, d.h. aber nicht
30
nur illustriert - das sind die uninteressantesten Begegnungen -, sondern schöpferisch interpretiert. Das Wesen der schöpferischen Interpretation umfasst nun auch das Ausziehen neuer Verstehensmöglichkeiten, die
vielleicht vom Dichter gar nicht bedacht waren, die dennoch aber nicht
gegen das Gedicht gerichtet sind, - neue Sichtweisen, wie sie etwa
Schurnano auszieht, wenn er viele Gedichte Eichendorffs aus einem
umfassenden Blick und aus der intimen Kenntnis aller Schriften des
Dichters gleichsam vom Augenblick löst und sie so in der Vertonung
stellvertretende Kraft für das gesamte Werk Eichendorffs gewinnen.
Eine völlig gegen den Sinn eines Gedichts gewendete Vertonung wie
etwa Schuberts Kennst du das Land, könnte nicht mehr Aufmerksamkeit
beanspruchen als eine bloss präsentierende. So liegt denn gerade der
grösste Reiz in solchen Kunstliedern und auch Opern, bei denen es weder
zu einer musikalischen Verdopplung der vorliegenden Dichtung, noch zu
einer Vertonung kommt, die die Dichtung gänzlich verfehlt, sondern bei
denen Konvergenzen wie mögliche Überschreitungen in einem Spannungsfeld zugleich anzutreffen sind und damit zu anregenden Irritationen
führen. Jene produktiven Begegnungen also beanspruchen die intensivste
Aufmerksamkeit, in denen die Musik neue, denkbare, möglicherweise
vom Autor gar nicht intendierte Sichtweisen in der Dichtung freilegt die zugleich immer auch ein gewichtiges Stück Selbstinterpretation wie
Selbstverständnis des Komponisten vergegenwärtigen-, in denen andererseits aber auch die Energien des Textes dazu geeignet sind, auf die
Musik vielfältig zurückzuwirken. Brahms' kühne Umdeutung des Hölderlinschen Schicksalsliedes, die dadurch begründet ist, dasflias Gedicht
gleichsam zurückversetzt in den Kontext des Romans und sich darüber
hinaus von der Kenntnis des Gesamtwerkes beeinflussen lässt, ist nur ein
wesentliches Beispiel daltir.
Zumal in grossen Dichtungen sammeln sich anhalten<ie Wirkungen,
von ihnen gehen Anstösse aus, die über die Zeiten hinweg immer wieder
anderes bei den Komponisten auslösen. Das wird besonders offenkundig
in einem der reizvollsten· Themen innerhalb der Problematik Dichtung
und Musik: bei den Mehrfachvertonungen. Zu welch unterschiedlichen
Auslegungen Goethes Kennst du das Land bei Reichardt, Beethoven,
Schubert und Schurnano geführt haben, hat P.H. Neumann 23 minuziös
nachgewiesen, Brahms und Wolf werden von Mörikes An eine Aeolsharfe
in sehr verschiedener und dennoch jeweils ebenso adäquater Weise
angesprochen wie Henze und Holliger von Trakls Gedichten und Sehnmann und Brahms von Eidjendorffs In der Fremde. Vor allem der
Dichterkomponist Schumann, aber auch Wolf, Brahms, Mahler, Schönberg, Webern, Zemlinsky, Schoeck, Holliger und Rihm haben sich
intensiv mit den Autoren auseinandergesetzt, bevor sie deren Dichtung
31
vertont haben. So trieb etwa Wolf regelrechte, ausführliche Mörike- und
Goethe-Forschungen, bis er dann schliesslich in einem Schaffensrausch in
kürzester Zeit zu einer Fülle von Gedichten die Musik entwarf, der 'das
wahrhaftige Sein eines Erlebens' eingeschrieben ist. Bei Wolf wie bei
Schumann - um nur zwei Namen anzuführen - bewahrheitet sich
Vall!rys Satz, dass der 'spontane Schöpfungsakt ... die Frucht einer Eroberung'24 darstellt, - eine Frucht freilich, die - und das zeigen die
Mehrfachvertonungen einzelner Gedichte - höchst unterschiedlich und
dennoch jeweils angemessen ausfallen kann. Von hier aus wird auch
einsichtig, dass das zuweilen berufene Problem der historischen Ongleichzeitigkeit zwischen Text und Musik zumindest unter dem angedeuteten Aspekt eigentlich keines ist: Die dichterischen Werke stehen ja nicht
stumm und isoliert von anderen Zeiten in ihrer Entstehensepoche; wenn
dem so wäre, könnte uns heute kein G~!!!fht Goethes, Eichendorffs oder.
Mörikes mehr etwas sagen, vielme~~erade der Rang . wie der Reiz
grosser Dichtung in ihrer zeitüberdauernden Offenheit, in ihrem Vermögen, immer anzusprechen und-je anderes auslösend- herauszufordern.
Indem nun in besonders sinnfalliger Weise die Mehrfachvertonungen
davon Zeugnis ablegen, zeigen sie gleichzeitig damit, dass von einem
Autonomieverlust der Dichtung bei bedeutenden Vertonungen keineswegs gesprochen werden kann. Es ist eben nicht so -wie oft gesagt wird
-, dass nur die Musik den Text verändert, indem sie ihn interpretiert und
- im günstigsten Falle -neue Sichtweisen freilegt, auch der Text wirkt
auf die Musik ein, e.r regt sie an: Hier haben wir, wie im Verhältnis von
Dichtung und Bildender Kunst, jenes von Valery hervorgehobene 'Band
einer innigen Entsprechung, deren bemerkenswerte Eigenschaft eine
Wechselwirkung ist.' 25 Deshalb bietet auch bei der Analyse von Vertonungen die Dichtung wesentliche Hilfen für die Erkenntnis der Musik,
für ihre Struktur wie ihren Gehalt, was H.H. Eggebrecht in einer Reihe
von Studien nachdrücklich unter Beweis gestellt hat, wie umgekehrt auch
auf dem Wege über die Musik dem Literaturwissenschaftler wichtige
Aufschlüsse über die Dichtung zufallen.
Die in der angedeuteten Weise verstandene Wechselwirkung26 garantiert beiden Künste zumindest ein erhebliches Mass Autonomie; auch die
häufig anzutreffende Formulierung von der gegenseitigen Beschränkung,
hinter der im Grunde ein wechselseitiges ·Aufeinandereingehen steht, ist
ja nur der negativ gewendete Befund, dass sowohl Dichtung wie Musik
ihre Autonomie wahren. Es ist hier der Ort daraufhinzuweisen, dass der
von den radikalen Vertretern der absoluten Musik, zumal von Schopenhauer, befürchtete Verlust des Ansich-Seins von Musik im Falle von
Textvertonungen, zugunsten eines im Binnenweltlichen angesiedelten
Bedeutens, von vornherein von überzogenen Voraussetzungen ausgeht:
32
Die Musik hat sehr wohl von sich aus der Sprache analoge Möglichkeiten, etwas zu bezeichnen, was verstehbar ist, wenn auch nicht im Sinne
einer eindeutigen sprachlichen Semantik. Natürlich begünstigt der Zusammenhang von Text und Musik in Vertonungen das Verstehen von
Musik, da sie im bewussten Bezug zum Bedeuten in der Dichtung
entstanden ist, doch meint das nur einen Gradunterschied in ihrer
Versteh barkeit.
Erkennen ist...mit sprachlicher Ausdrückbarkeil nicht unbedingt identisch .... Mitteilbarkeit gehört zum Wesen jeglicher Erkenntnis, doch es
ist nicht notwendig, das sie in geordneter menschlicher Sprache erfolge ·
oder in eine solche übersetzbar sei. 21
So sind etwa das Leitmotiv (von Wolf gerne verwendet), der Tritonus,
den wir zuweilen bei Schurnano antreffen (z.B. in der Vertonung von
Eichendorffs Zwielicht), die in der Affektenlehre gesammelten musikalischen Bedeutungen, übertragen in die moderne Subjektivität, die noch
für Beethoven eine grosse Rolle spielen oder aber die ~Rezeptionskon­
stanten'28 genannten, ebenfalls auf das Werk Beethovens bezogenen
Begriffe wie Schicksal, Trauer, Erlösung, Sieg u.a .• zwar sprachlich
benennbar, bezeichnen aber- und das naturgernäss nur unzureichendetwas, das die Musik selbst auszudrücken, zu bedeuten im Stande ist:
Hier bewahrheitet sich, worauf Hermann Broch hinweist: ~Erkenntnis
braucht noch nicht sprachlich ausdrückbare Erkenntnis zu sein, sondern
das sprachlich Ausdrückbare stellt einen Spezialfall der allgemeinen ....
Erkenntnis dar. ' 29 So finden wir in den Kunstliedern ureigenste musikalische Bedeutungen, die auch unter diesem Blickwinkel bezeugen, dass die
Musik ihre Autonomie wahrt. Zwei musikalische, der Dichtung analoge
Aussageweisen seien noch angedeutet: Die in der barocken Figurenlehre
in die Sprache übertragenen Ausdrucksmöglichkeiten der Musik finden
wir bei Brahms ebenso wie das bewusste Einsetzen von Tonartenbedeutungen, das auch bei Schurnano und Beethoven eine grosse Rolle spielt;
so stehen 13 der insgesamt ·79 Lieder Beethovens im für ihn beschaulich
wirkenden G-Dur, 12 im eher feierlichen Es-Dur.
Freilieb kann das Verhältnis zwischen Dichtung und Musik in Kunstliedern höchst unterschiedlich sein, es kann sogar dazu kommen, dass die
Musik ihre eigene Struktur der Dichtung entlehnt. Webern beschäftigt
sich mit Trakls Werk in seiner atonalen Schaffensphase, d.h. in einer Zeit,
in der das traditionelle Kompositionssystem bereits überwunden, aber die
Wendung zur Zwölftonlehre noch nicht vollzogen war. Auf der Suche
nach neuen Bindungen schreibt er eine Reihe von Klavierstücken äusserster Kürze, die den Charakter des Experiments haben. Trakls Gedichte
nun, die nicht mehr den überkommenen Regeln einer sukzessiven
Abfolge gehorchen, in denen vielmehr Verse wie ganze Strophen aus-
33
tauschbar sind, von Trakl selbst sogar im Schaffensvorgang beständig
ausgetauscht wurden, bieten Webern eine neue Struktunnöglichkeit.
Man kann in Trakts Gedichten Kraftzentren ausmachen, die alle wechselseitig aufeinander wirken; im Rückblick erscheint von einem anderen
Begriff, einer Farbe, einer behutsam geweckten Assoziation aus bereits
Gelesenes in einem völlig anderen Licht. So lässt sich etwa Ein Winterabend auf mehrfache Weisen lesen, die alle zusammenhängen und sich
gegenseitig beeinflussen. Genau diese Struktur überträgt Webern auf
seine Lieder: Klänge, Intervalle, Motive, die sich gegenseitig durchdringen und sich damit als wechselseitig sich bestrahlende Möglichkeiten
zu erkennen geben, erzeugen hier ein musikalisches Feld voller Bezüglichkeiten. Es mag sein, dass eine solche Musik etwas von ihrer Autonomie preisgibt, doch andererseits bieten gerade Weberos Vertonungen
wesentliche Aufschlüsse über Trakl, vermögen sie aufgrund der Uebertragung die Struktur der Gedichte sinnfälliger offenzulegen, als dazu viele
literaturwissenschaftliche Analysen im Stande sind.
V
Auch in der Oper treten Dichtung und Musik zusammen, auch in dieser
Form einer Synthese zwischen den beiden Künsten haben alle die Fragen
nach dem Vorrang, nach der Autonomie, nach der historisch konsequenten Entwicklung, die hier freilich in gleicher Weise ausgeblieben ist, wie
die nach der wechselseitige.n schöpferischen Interpretation einen ähnlichen Stellenwert wie beim Kunstlied; mit diesen Problemen also haben
beide Gattungen zu rechnen. Der entscheidende Unterschied zwischen
ihnen liegt in der Erweiterung der Oper um die Dimension des Szeni..
sehen, mit der jedoch eine Reihe von neuen Fragen berufen wird~ zugleich aber auch neue Miiglichkeiten sich abzeichnen: Inwieweit vermag
die Einheit von Dichtung, Musik und Szene dem konfigurativen Beziehungsgeflecht gerecht zu werden? Oder umgekehrt: Hat nicht gerade die
Musik Möglichkeiten, etwa durch die Technik des Leitmotivs, das:
Bezt\hungsnetz dichter zu ziehen bis hin zu Simultanwirkungen, als dazu
das Drama je in der Lage wäre? Kann die Visualisierung in der Oper dem
notwendigen Verzicht auf subtilste sprachliche Mittel in geeigneter Weise
begegnen? Welche Lösungen bietet die Oper an, um dem unlösbar mit
der Frage nach der Wirklichkeit verknüpften Zeitproblem, das sich hier
in ganz anderer Weise alS im Kunstlied und Drama stellt, entgegenzutreten?
Bereits diese wenigen Andeutungen weisen darauf hin, dass es grundfalsch wäre, das sehr viel offenere Libretto mit den Masstäben zu
bewerten, die man üblicherweise an das Drama anlegt; dennoch ist das
häufig geschehen, natürlich mit dem unabwendbaren Ergebnis, dass das
34
Libretto als literarisch minderwertiges, gleichsam 'heruntergekommenes'
Drama erscheint. Daher rührt auch die weitverbreitete, nichtsdestoweniger irrige Bewertung des Librettos als blasses Vehikel der Musik,
über das jedes Wort zu viel wäre. Eine solche Einschätzung übersieht
völlig seine in wichtigen, von uns bereits angesprochenen Bereichen
gänzlich anderen Aufgaben, sie übersieht ebenfalls, dass nicht nur der
Text die Musik benötigt, sondern auch das Libretto eine Verwirklichungsbedingung für die Oper ist, deren Rang letztlich auch von der
Qualität des Textbuches abhängt. So sind etwa Schuberts Versuche wie
A/fonso und Estre/la, Die Freunde von Salamanca, Der Spiegelritter oder
Die Zwillingsbrüder in erster Linie an der Unzulänglichkeit der Libretti
gescheitert. Die meisten Opernkomponisten sind beständig auf der Suche
nach geeigneten Vorwürfen, von denen, erneut die Wechselwirkung
bezeugend, anregende Kräfte ausgehen. Der Briefwechsel Hofmannsthal/Strauss belegt das in exemplarischer Weise. Aber auch Verdi billigt
dem Text eine überragende Bedeutung zu, was sich etwa darin niederschlägt, dass er 30 Jahre lang alle Libretti zu einer geplanten Lear-Oper
als unzureichend zurückweist.
Für viele bedeutende Autoren von Goethe bis hin zu lngeborg
Bachmann und Elias Canetti, der eine Zusammenarbeit mit Boris Blacher
geplant hatte, geht von der Oper ein besonderer Reiz aus, vermuten sie
hier Möglichkeiten, die über die der rein sprachlichen Kunstwerke
hinausreichen. Vor allem Hofmannsthai sieht nach der im Chandos-Brief
kulminierenden Sprachskepsis und -krise im Zusammentreten von Dichtung, Musik und farbiger, sich der Bildenden Kunst öffnenden Szenen
einen Weg, die Unzulänglichkeit der Sprache, zumal ihr verflüchtigendes
Nacheinander zugunsten einer Kontemporaneität zu überwinden, die
dem Vermögen szenischer Musik, Abwesendes zu vergegenwärtigen,
zuzuschreiben ist. Auch die gebotenen Aeusserungen Goethes, die Vertonungswünsche erkennen lassen, beziehen sich zu einem grossenTeil auf
die Oper, und damit auf Szenisches, Visuelles. Von hier aus erschliesst
sich ein weiterer Grund für das hohe Lob der Schubertschen ErlkönigVertonung, gilt es doch einem Werk der Gattung Ballade, der sowohl
Geschehen wie auch Dialogisches eingeschrieben ist und die damit,
gleichsam eine Verbindung zwischen Lyrischem und Dramatischem
herstellend, sich zum Libretto hin öffnet.
Zweifellos lässt sich die grosse Nähe zwischen Drama und Libretto
nicht leugnen, für beide ist die Konfiguration, die Weise des Beieinanderseins wie der Vielbezüglichkeit, was zugleich auch ein Geschehen
entlassen kann, ebenso konstitutiv wie das Szenische, im weitesten Sinne
verstanden als das innere Leben der Bühnenwerke. Inszenierung, Bühnenbild, Kostüme wie Dekorationen, für die Dramatiker wie Librettisten
35
häufig minuzwse Hinweise bieten, sind hier wie dort unablösbare
Bestandteile der Werke. Auch die dramatischen Spannungsmittel wie
bestimmte Requisiten, die Wissensdifferenz zwischen den Bühnenfiguren
und dem Zuschauer, die überraschenden Wendungen etwa durch Briefe,
Träume oder das unerwartete Auftreten von Gestalten wie die Möglichkeiten der Vorausinterpretationen, die spannungsvolle Ahnungen initiieren können (man denke etwa an den Eingang zur Elektra von
Hofmannsthai und Strauss), 30 sind in der Oper zu Hause. Nur, und darin
liegt die entscheidende Differenz, alle diese gemeinsamen Grundzüge
haben im jeweiligen Feld der Oper und des Dramas ein völlig anderes
Gewicht: Aus verständlichen Gründen kann das Libretto nicht auf eine
uneingeschränkt vermittelnde Wirkung des Wortes hoffen. Deshalb
müssen hier die Szenen von sich aus mehr 'sprechen', muss von ihnen eine
ungleich stärkere visuelle Wirkung ausgehen, die Sprache der Gebärden
und des Tanzes vielseitig eingesetzt werden, die ein Verstehen begünstigen. So sieht sich etwa Verdi genötigt, das kunstvoll in den Fortgang
des Schillersehen Don Car/os eingebundene Nachholen von Vorgeschichte in einer selbständigen Szene seiner Oper gleichen Namens voranzustellen. Wegen des Zuges zur Visualisierung vermag der geniale Librettist
Hofmannsthai in seiner knappen Studie Szenische Vorschriften zu 'Elektra'31 ausschliesslich mit Erwägungen zu Bewegungszügen, Farben wie
Hell-Dunkel-Spannungen eine umfassende Deutung der Oper zu bieten.
Von hier aus zeigt sich auch die Offenbei t der Oper zur Bildenden
Kunst als eine notwendige. Bildliehe Eindrücke, Farben, Szenisches, aus
der Malerei empfangen, hat des öfteren Opern initiiert; der Einfluss etwa
von Veronese und Poussin auf Hofmannsthals Libretti kann schwerlich
überschätzt werden. Nicht nur Strawinskys The Rake's Progress geht auf
einen Zyklus von Hogarth zurück, auch sein Bühnenwerk Die Nachtigall
ist von Bildender Kunst angeregt worden. In anderer Hinsicht beruft aber
auch die Musik mit dem ihr eigenen Vermögen das Visuelle, Farbige,
worauf Baudetaire und Michel Butor eindringlich hinweisen. So wird
etwa bei Wagner, Strauss und Alban Berg die Klangfarbe zum integralen,
textinterpretierenden Teil der Musik, ändert sie sich je nach den Bedürfnissen des Textes, - Möglichkeiten, die wiederum Mahlers Orchesterlieder ausfalten.
In manchen Opern der Gegenwart wird die Darstellung der Gleichrangigkeit von Visuellem und Akustischem in experimenteller Weise
zuweilen sogar zum Ziel der Versuche. In •einer Art Oper' Het Labyrint
(Uraufführung Amsterdam 1966), nicht ohne Grund entworfen von
einem Künstlerkollektiv (Musik von Peter Schat), wird von vornherein
den visuellen Künsten Tanz und Film gleiches Gewicht wie der Musik
zugebilligt.
36
Musik und Libretto ergänzen und durchdringen sich in der Opernszene
wechselseitig: Der notwendigen sprachlichen Offenheit treten nicht nur
differenzierte visuelle Möglichkeiten entgegen und zur Seite, auch die
Musik wird zum 'sprechenden' Teil der Opernszene, und zwar nicht nur
seit Wagners Leitmotivtechnik mit ihrem Vermögen, Abwesendes musikalisch zu vergegenwärtigen. Ohnehin ergeben sich bei der Synthese der
Künste in der Oper gerade in Bezug auf die Zeit grosse Probleme, aber
auch - wie angeQeutet - neue simultane Konstellationen, die etwa
Hofmannsthai angezogen haben. Musik ist in jeder Hinsicht eine Zeitkunst mit einer höchst komplizierten immanenten Zeitstruktur, die sich
hinter dem häufig verwendeten oberflächlichen Wort vom musikalischen
Tempo verbirgt. Sie existiert als gestaltete Zeit im Ablauf der Zeit, ist, im
Hinblick auf den Hörer, nur zeitlich erfahr- und erlebbar. Als gestaltete
Zeit konstituiert sie sich nun nicht aus dem kontinuierlichen Zeitablauf,
sondern aus den ihr eigenen, immanenten Zeitmöglichkeiten wie Melodik, Harmonik, Rhythmik, Metrik, Agogik, Dynamik und Klangfarbe.
Alle diese Konstitua haben je ihr eigenes Zeitfeld, wodurch diese
komplizierte Binnenstruktur entsteht. Wie vielschichtig diese Zeitver•
hältnisse alleine schon bei der Melodie - dem möglicherweise noch
einfachsten Bestandteil -sind, hat Edmund Husserl in der Philosophie
der Arithmetik dargelegt32:
Damit. .. die Vorstellung einer M.elodie zustande komme, müssen die
einzelnen Töne, welche sie zusammensetzen, aufeinander bezogen
werden. Jede Beziehung erfordert aber das gleichzeitige Vorhandensein der bezogenen Inhalte in einem Bewusstseinsakte. Es müssen also
auch die Töne der Melodie gleichzeitig vorgestellt werden. Keineswegs
aber als gleichzeitige; ganz im Gegenteil erscheinen sie uns als in einer
gewissen zeitlichen Aufeinanderfolge befmdlich.
Die Musik gehorcht der ihr innewohnenden Zeitstruktur, die nun
keineswegs identisch ist mit der von uns als natürlich empfundenen
Ereignis- oder Redezeit des Dramas. Treten nun Musik und Wort
zusammen, dann hat die. Musik die geradezu fatale Macht, diesen
'natürlichen' Zeitverlauf zu dissoziieren, ihre Einheit auseinander zu
reissen etwa in Aktionstempo, Redetempo oder Affekttempo: das gesungene Wort nimmt in den meisten Fällen mehr Zeit in Anspruch als das
gesprochene, wie sich auch im Handeln und Empfinden der Operngestalten Zeitverlängerungen oder -verkürzungen ergeben, die der bedeutende Komponist für seine Intentionen einzusetzen weiss; so etwa
Verdi, der zumeist die Affektzeit bevorzugt, z.B. bei der eigentlich schon
toten Desdemona, die dennoch ihre Empfindungen gesanglich weiter
kundtut.
37
Die Musik bewirkt - und darin liegt das eigentümlich schillernde
Wirklichkeitsfeld der Oper begründet - geradezu ein romanhaftes
Dehnen oder Zusammenziehen 'von Zeitabläufen', 33 so dass das Libretto
unter diesem Gesichtspunkt in eine unerwartete Nähe zur Epik gerät. Es
liegt aber auch ein unschätzbarer Vorzug im Zusammentreten der
unterschiedlichen Zeitstrukturen, - jene von Hofmannsthai geschätzte
Fähigkeit der Oper, die sie vor jedem Drama auszeichnet, im Zusammentreten von Text, Musik und Visuellem, im sich Durchdringen
verschiedener Ebenen, Entlegenes wie Auseinanderliegendes, Vorgänge
wie Zustände im Zugleich zur Anwesenheit zu bringen, -ein Vorzug,
der auch für das Wesen der Simultancharakterisierungen und Simultankontraste in den Opernensembles gilt. 'Der angestammte Ort des
Simultankontrastes, der trotz räumlicher Paradoxie durch seine Zeitstruktur ein Stück Wirklichkeit in einem Theaterbild vermittelt, ist ... die
Oper.' 34 Ohne die Musik und die Art der szenischen Darbietung scheint
der Text zur berühmten 'Szena ultima' in Mozarts/Da Pontes Don
Giovanni für die Deutung offen zu sein, dass alle Beteiligten - mit
Ausnahme von Donna Elvira- nach dem allseits begrüssten Tode des
Protagonisten wieder in die Sphäre des Alltags vor dem Erscheinen Don
Giovannis eintreten. Die Musik wie die szenische Präsentation verhindern eine solche Auslegung völlig, sie verraten -was ihnen aber erst
durch die Art des Textes möglich wird - die Doppelbödigkeit des
Ausgangs und zeigen damit, dass es sich hier keineswegs um einen aus
barocker Tradition stammenden, wohlgefälligen Opernschluss handelt.
Die Gestalten müssen in dieser Szene hilflos dastehen, denn nur so wird
visuell offenkundig, dass sie eigentlich ihre adaptierte Identität verloren
haben. Don Giovanni war der geometrische Ort ihrer Geschicke, nur im
Bezug zu ihm lebten sie, und alles Geschehen, auf das sie nur reagierten,
ging von ihm aus. Des Protagonisten Tod nimmt ihnen jedwedes Motiv
zu handeln, lässt sie gleichsam hilf- wie ichlos zurück, so dass ihnen der
Weg in den früheren Alltag versperrt ist. Der sakrale Zug in der Musik
unterstreicht diese Doppelbödigkeit, vor allem aber: das Schluss-Presto
steht in D-Dur, der Tonart des Don Giovanni, wodurch offenkundig
wird, dass für die Beteiligten der Tote immer noch anwesend ist, ja, sein
muss, wollen sie nicht existenz- und antrieblos zurückbleiben, - ein
wahrhaft düsterer und keineswegs barocker Schluss der Oper, deren
letzte Szene der abwesende Don Giovanni in gleicher Weise bestimmt wie
alles zuvor, vielleicht sogar noch intensiver.
Mozarts und da Pontes Werk zeigt über die geradezu exemplarische
Durchdringung der Ebenen mit ihren Simultanwirkungen hinaus aber
auch, dass das Libretto aus den angedeuteten Gründen die Konfigurationsfelder beschränken muss, was im Vergleich mit rein literarischen
38
Gestaltungen des Stoffes von Tirso de Molina bis Max Frisch offenkundig wird, - eine Beobachtung, die man beinahe bei allen von
Dramen inspirierten Libretti machen kann. Freilich liegt darin eine
gewaltige Verkürzung und Uminterpretation der literarischen Vorlage,und dennoch, es eröffnen sich - und dafür stehen Namen von Monteverdi bis Wolfgang Rihm- auch und gerade in der Beschränkung Wege,
in aller Einseitigkeit Verstehensmöglichkeiten auszuziehen, die - wie
Brahms' Vertonung des Hölderlinschen Schicksalsliedes - in noch
unbedachte Richtungen weisen. Gerade hierin liegt der besondere Reiz
der Begegnung zwischen Dichtung und Musik, in der wechselseitigen,
schöpferischen Interpretation einer Kunst durch eine andere, im Aufdeckeftvon Verstehe.n...-smöglichkeiten, die durchaus über die Intentionen
des jeweiligen Komponisten und Dichters hinausgehen können. Die
Brennpunkte dieses Ueberschneidens aber, jene Spannungen zeugen für
das Leben und die Offenheit der Dichtung wie der Musik. Gerade weil
sich schöpferische Naturen hier begegnen, sollte der Literaturwissenschaftler sich weit mehr mit diesen Wechselwirkungen einlassen, versprechen sie doch für die Erkenntnis der Dichtung wichtigste Hinweise,
denen aus dem Blickwinkel des Musikwissenschaftlers H.H,. Eggebrecht35
seit Jahren auf der Spur ist7 die im analogen Beziehungsfeld Dichtung
und Bildende Kunst Gerhart Baumann36 seit langem wegweisend verfolgt.
1. Etwa Carl Dahlhaus (Hrsg.): Musikalische Hermeneutik. Regensburg 1975; Hans
Heinrieb Eggebrecht: 'Musikalisches Denken' Wilhelmsbaven 1977.
•
2. Vgl. Gerbart Baumann: 'Dichtung und Bildende Kunst. Begegnungen - wider•
wendige Entsprechungen'. In: Gerbart Baumann: Umwege und Erinnerungen. München 1984.
3. Platon: Politeia 398d, 400d.
4. Jay Leyda. Sergei Bertensson (Hrsg.}: The Mussorgsky Reader. · New York 1947~
S.lll.
5. Christoph Willibald Gluck: Alceste. Tragediaper musica. (Widmungsvorrede der
Partitur), Wien 1769.
6. Wolfgang Amadeus Mozart: 'Brief an den Vater' 13.10.1781. In: W.A. Mozart:
Briefe und Anzeichnungen. Kassel 1962:..1975 (7 Bände), Band III, S. 167.
7. Horst Petri: Literatur und Musik. Göttingen 1964, S.12.
8. lmmanuel Kant: Kritik der Urteilskraft (ed.Weischedel}. Darmstadt 1966, S.431.
9. An dieser Stelle muss man allerdings anmerken. dass die Musik in der Antike
noch bei weitem nicht die Entwicklungsstufe der Dichtung erreicht hatte, von einer
Autonomie also noch kaum gesprochen werden kann.
10. Immanuel Kant: Ebd. S.432und 413/4.
11. Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der
39
neueren Zeit. Band 111: Die nachkantischen Systeme. Darmstadt 1974, S.422
12. Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. (ed. Löhneysen),
Band I, Darmstadt 1961, S.359.
13. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Aesthetik (= Theorie
Werkausgabe Bd. 15), Frankfurt 1970, S.l35.
14. Arthur Schopenhauer: Ebd. S.363/4.
15. Albert Wellek: Musikpsychologie und Musikästhetik. Frankfurt 1963, S.211.
16. Ebd. S.237.
17. Georg Wilhelm Friedrich Heget: Ebd. S. l47.
18. E.T.A. Hoffmann 'Der Dichter und der Komponist' . In: Die Serapionsbrüder
(ed. Müller-SeideVSegebrecht), Darmstadt 1963, S.83/4.
19. Johann Wolfgang von Goethe: Zu Beyer 5.4.1820 (bis); an Zelter 21.6.1827; an
Schöpke 16.2.1818; 8,314 (= Gedenkausgabe ed. Beutler; Band und Seitenzahl in
arabischen Ziffern); 8,269/70.
20. Vgl. Peter Horst Neumann: 'Zur musikgeschichtlichen Bedeutung Goethescher
Gedichte'. In: G. Schnitzler (Hrsg.): Dichtung und Musik. Stuttgart 1979, S.122-133.
21. Hugo von Hofmannsthal: Einleitung zu einem Band von Goethes Werken,
enthaltend die Opern und Singspiele. In: H. v. Hofmannsthal: Prosa/V (ed. Steiner),
Frankfurt 1966, S.174-181. S.179.
22. Hans Heinrich Eggebrecht: 'Vertontes Gedicht. Ueber das Verstehen von Kunst
durch Kunst'. In: G. Schnitzler (Hrsg.): Dichtung und Musik . ebd. S.36-69, S.53ff.
23. Vgl. Anmerkung 20.
24. Paul Valery: ' Im Umgang mit Corot'. In: P. Valery: Ueber Kunst. Frankfurt
1959, S.72-103, S.86.
25. Ebd. S.87.
26. Die Extremfälle von 'Wechselwirkung', dass ein schwacher Text durch eine
anspruchsvolle Vertonung gewinnt und das Umgekehrte, bleiben hier ausser Betracht.
27. Hermann Brach: 'Gedanken zum Problem der Erkenntnis in der Musik'. In: H.
Brach: Philosophische Schriften II (ed. P.M. Lützeler), Frankfurt 1977, S.234-245,
S.234/5.
28. Vgl. Hans Heinrich Eggebrecht: Zur Geschichte der Beethoven-Rezeption, Mainz
1972.
29. Hermann Brach: Ebd. S.235.
30. Vgl. Günther Schnitzler: 'Kongenialität und Diverg~nz. Zum Eingang der Oper
Bektra von Hugo von Hofmannsthai und Richard Strauss'. In: G. Schnitzler (Hrsg.):
Dichtung und Musik. ebd. S.l7>.193.
31. Prosa II. Ebd. S.68-71.
32 Edmund Husserl: Philosophie der Arithmetik. Psychologische und logische
Untersuchungen. Halle 1891, S.24.
33. Carl Dah1haus: 'Zeitstrukturen in der Oper'. In: Die Musikforschung 3411981,
S.2-ll, S.6.
34. Ebd. S.ll.
35. Etwa Hans Heinrich Eggebrecht: Musikalisches Denken. Wilhelmshaven 1977
und: Sinn und Gehalt. Ebd. 1979.
·
36. Gerhart Baumann: 'Alterskunst. Späte Schöpfungen'. In: G. Baumann: Sprache
und Selbstbegegnung. München 1981, S. l80-220; vgl. ausserdem Anmerkung 2.
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