18-21 Distel

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Auf der Ackerdistel (Cirsium arvense) lebt eine Vielfalt von Tieren, die sich im Laufe einer langen
Entwicklung ihrem stacheligen Wirt angepasst haben.
Text: Willi Lierath
Foto: Paul Busselen, Kulak
Treffpunkt
Distel
Fotos: Siegfried Keller
H
auptnutzniesser des Lebensraumes Ackerdistel sind «Primärverbraucher» wie Schmetterlingsraupen, Schild-, Bock- und
Rüsselkäfer, die sich vom Blattgewebe
ernähren. Die Blüten liefern Schmetterlingen, Schwebfliegen und vielen anderen
Insekten Nektar und Pollen. Die Bohr-
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fliege benutzt die Distelblüte für ihre
Nachkommen. Sie legt darin ihre Eier ab
und die Larven graben Gänge durch den
Blütenkopf. Zikaden, Blattläuse und Wanzen haben sich andere Nahrungsgründe
erschlossen, sie saugen Siebröhrensaft
ihres Wirtes. Die heranreifenden Samenkörner bieten sogar Vögeln Nahrung.
Nur in einzelnen Naturgärten darf die
Ackerdistel wachsen. Ihre Heimat sind
die Wiesen und Felder, Schutthalden
und Wegraine, wo sie sich dank ihrer Vermehrungsfähigkeit ungeheuer ausbreiten
kann. In den Gärten kommt der Same an
seidigen Fächerschirmen schwebend,
und bald entwickelt sich eine dunkel-
Hummeln: Blütenbesucher
und Bestäuber der Disteln.
Garten NATUR
Rüsselkäfer: Larinus turbinatus (1)
und seine Larve im Blütenkopf
der Distel (2).
grüne, wehrhafte Blattrosette. Wer die
Distel wachsen lässt, dem verschafft sie
faszinierende Einblicke in die Natur.
Wohnung und Ernährung
Gelbe Fliegen mit rotgrün schillernden
Augen scheinen von den Blütenknospen
magisch angezogen zu werden. Es sind
Bohrfliegen (Trypetidae der Arten Xyphosia miliaria und Orelia ruficauda). Die
Weibchen beider Arten starten heftige
Angriffsflüge auf die Konkurrenz. Sie versenken ihre Eier in die Knospen, und die
Larven entwickeln sich im Blütenboden.
Die Bohrfliege (Urophora cardui) beansprucht für ihre Fortpflanzung einen
ganz anderen Bereich der Ackerdistel.
Ihre Nachkommenschaft entwickelt sich
in den unteren stärkeren Blattstielen. Das
hübsche Flügelmuster dieser Fliege, ein
gutes Unterscheidungsmerkmal, spielt
auch bei der Paarung eine Rolle. Es wird
von dem Männchen durch Spreizen und
heftige Bewegungen der Flügel in den
verschiedensten Formen dem Weibchen
präsentiert. Körperliche Eigenschaften
lassen bei den Bohrfliegen eine Anpassung an eine spezifische Wirtspflanze erkennen. Bei Urophora cardui ist die
Länge des bohrförmig zugespitzten Hinterleibs auffällig. Mit seiner Hilfe können
1
die Fliegen die Eier in das ziemlich feste
Pflanzengewebe versenken. Eiablage und
Larvensekrete führen bei dieser Bohrfliege zur Ausbildung von Gallen, die erst
prall und saftig grün, später aber unansehnlich werden. In ihrem Inneren entwickeln sich die Larven. Sicher vor Feinden sind sie aber in ihrer Abgeschlossenheit keineswegs. Winzige Schlupfwespen
gelangen in das Galleninnere und benutzen sie selber als Brutstätte.
Käfer als Distelbewohner
Zum ökologischen Beziehungsgefüge der
Ackerdistel gehören auch Käfer. Einige
von ihnen mussten sich zu Spezialisten
entwickeln, um ihre Art hier behaupten
Distelbohrfliege: Urophora stylata (3), die Schlupfwespe Torymus chloromerus (4)
sowie die Larven beider Insekten (5). Interessant ist der unterschiedeliche Entwicklungsstand
beider Tiere während der Überwinterung (Schlupfwespe in der Mitte).
3
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2
zu können. Die Schildkäfer (Cassida vibex) sind durch ihren schildkrötenartigen Rückenpanzer gegen Feinde, aber
auch gegen Stacheln ihres Wirts geschützt. Sie können also in dem stacheligen Gefilde ungestört ihrer Nahrungsaufnahme nachgehen. Ihre Larven haben
ganz eigene Schutzvorrichtungen entwickelt. Sie halten es wie die Disteln und
sind an allen Körperseiten durch Stacheln
geschützt. Der noch fehlende Rückenpanzer wird durch eine Kotmaske ersetzt,
die sich aus abgestreiften Häuten und
eben Exkrementen am Hinterleibende
auftürmt. Die Puppen sind ähnlich ausgestattet: Flach und stachelbesetzt an ein
Distelblatt gepresst, entgehen sie ihren
Feinden.
4
NATUR Garten
Fotos: Walter Schön
Raupe, Puppe und Falter des Distelfalters.
Er ist ein spezialisierter Bewohner der Distel.
Der Scheckhornbock (Agapanthia
villo-soviridescens) lebt als Larve in den
Markkanälen der Disteln. Allerdings ist er
nicht allein auf die Ackerdistel angewiesen. Das ist bei Rüsselkäfern anders. Hier
ist Raumaufteilung vonnöten, wenn der
Artbestand gesichert werden soll. Der gelb
bestäubte Larinus planus durchlebt seine
Larvenzeit in den Knospen der Disteln,
während der Distelgallenrüssler seinen
Wirt in Bodennähe zur Bildung von Gallen
veranlasst. Andere Rüsselkäfer halten nur
den Status Gäste. Den Gästen zuzuordnen
sind auch Käfer, die Disteln als Jagdgebiet
beanspruchen. Der Weichkäfer (Cantharis
fuska) versteht es, in diesem stacheligen
Gelände Beute zu machen.
Symbiotische Beziehung
zum Distelfalter
Auch Schmetterlinge müssen, wenn sie
oder ihre Raupen von der Ackerdistel leben wollen, Anpassungsstrategien entwickeln. Ein Beispiel ist der Distelfalter,
der in einer symbiosehaften Beziehung
zur Ackerdistel und anderen Distelarten
steht. Er ist ein Wanderschmetterling, der
aus dem Süden zu uns kommt, da er
unsere Winter nicht überstehen kann. Er
legt, um Nahrungskonkurrenz unter den
eigenen Raupen weitgehend auszuschalten, seine Eier immer nur einzeln an die
Spitze einer Distelpflanze ab.
Die erwachsene Raupe lebt dann
jedoch in einem stängelnahen Gespinst,
in dem sie auch ihre Exkremente unterbringt und sich verpuppt. Der Schmetterling selbst saugt an den verschieden20 Natürlich | 7-2004
artigsten Blüten, auch an denen der
Ackerdistel. Andere Schmetterlinge, wie
etwa das Blutströpfchen (Zygaena filipendulae), besuchen Distelblüten, während
ihre Raupen sich von Kleearten ernähren.
Und schliesslich gibt es Falter, deren
Raupen zu den Distelblattverzehrern
gehören, während sie selbst keine Beziehung zum stacheligen Wirt ihrer Raupen haben. In diesen Kreis gehört die
hübsch gestreifte Raupe der Erbseneule.
Eifrige Distelblütenbesucher sind die
Schwebfliegen. Auch sie haben in diesem
Habitat eine Doppelfunktion. Einmal bestäuben sie die Blüten, bringen aber auch,
wenn es sich um zoophage (fleischfressende) Arten handelt und die betreffende
Distel von Blattläusen besiedelt wird, ihre
Eier im Blattwerk unter. Ihre wurmförmigen Larven machen aber meist nicht allein Jagd auf die Saftsauger. Marienkäfer
und Florfliegen samt Nachwuchs nutzen
ebenfalls das Nahrungsangebot.
Wanzen sind ebenfalls im Stachelverhau zu Hause. Sie sind zum Teil Saftsauger, besaugen aber auch die Samen
der Ackerdistel. Zu ihren Blütenbesuchern und Bestäubern müssen auch
Hummeln, Wildbienen und andere Insekten gerechnet werden.
Jäger als Regulatoren
Die Ansammlung einer grossen Zahl auf
Disteln lebender Wesen hat natürlich
auch Jäger auf den Plan gerufen. Trotz
Schutzgespinst ist die Distelfalterpuppe
von der Schwarzen Schlupfwespe (Pimpla instigator) nicht sicher. Den Blattläusen rücken gleich mehrere Arten stechfreudiger Schlupfwespen auf den Leib.
Die vielen Blattlausmumien sind jeweils
ein Beweis ihrer erfolgreichen Tätigkeit.
Fast jeder Distelbewohner hat einen Gegenspieler. Die Blattlausjäger werden
selbst zu Gejagten. Der Siebenpunkt-
Garten NATUR
Blutströpfchen (Zygaena filipendulae) sind rege Besucher der Distel.
Foto: René Berner
Marienkäfer hat in der Brackwespe (Perillitus coccinellae) einen Feind.
Schwebfliegeneier und -larven werden von den Schlupfwespen (Diplazon
laetorius) parasitiert. Die Zikadenlarve in
ihrem Schaumnest muss die Zikadenwespe (Neoganatopos ambrodes) fürchten, die sie mit ihren Greiffüssen packt
und Eier in ihren Körper ablegt, und die
Larve der Erzwespe (Perilampus chrysopae) wartet auf vorüberkommende Florfliegenlarven.
Wer sich fliegend oder krabbelnd der
Ackerdistel nähert, gerät sofort in den
Wirkungskreis der Jäger, die mit Gift und
Fangnetz ihrer Beute nachstellen. Die
Gartenkreuzspinne spannt ihre weit ausladenden Netze in die Flugschneisen zwischen den Disteln, und die Krabben- und
Raubspinnen bewegen sich hurtig im Gekräut, um Beute zu machen.
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