Volkswirtschaftslehre: Makroökonomie

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Kiehl Wirtschaftsstudium
Foit | Lorberg | Vogl (Hrsg.)
Mit Extras im Internet
Vogl | Lorberg
Volkswirtschaftslehre:
Makroökonomie
Lehrbuch mit Online-Lernumgebung
Vorwort
Ohne sich dessen vielleicht immer bewusst zu sein, werden Sie ständig mit makroökonomischen Daten, Fakten und Entwicklungen konfrontiert. Oder auch damit, wie Politiker auf diese reagieren. Begriffe wie Inflation, Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum oder Leitzins sind
beinahe omnipräsent. Wieviel wissen Sie darüber? Was sind die Zusammenhänge?
Dieses Lehrbuch führt Sie in die Welt der Volkswirtschaftslehre und besonders in das Teilgebiet der Makroökonomie ein. Dabei erfahren Sie, was hinter wichtigen makroökonomischen
Daten steckt, wie Märkte für Arbeit und Kapital funktionieren und wie die Politik Einfluss
auf Wachstum und Konjunktur nimmt. Egal, ob Sie dieses Buch als Student, Manager, Unternehmer oder als politisch interessierter Staatsbürger lesen, es wird Ihnen diejenigen Zusammenhänge näher bringen, die Sie benötigen, um fundiert zu den großen makroökonomischen Herausforderungen unserer Zeit Stellung nehmen zu können. Wie kann die Armut
in Entwicklungsländern vermindert werden? Wodurch entsteht Arbeitslosigkeit, und wie
kann diese reduziert werden? Wie soll die Politik, insbesondere die Geldpolitik, auf die europäische Staatsschuldenkrise reagieren?
Nach dem Studium dieses Lehrbuchs können Sie mit den grundlegenden makroökonomischen Theorien zur Analyse volkswirtschaftlicher Fragestellungen umgehen und diese auf
realwirtschaftliche Probleme anwenden. Insbesondere werden Sie in der Lage sein, die Dynamik von Faktormärkten, wie dem Arbeitsmarkt, zu erläutern und zu begründen, warum
manche Volkswirtschaften wachsen, während andere stagnieren. Sie wissen, warum Volkswirtschaften langfristig ganz anders funktionieren als kurzfristig und warum Geld ein ganz
besonderes Gut ist. In all diesen Bereichen werden Sie ein fundiertes Wissen darüber haben,
was die Politik tun kann, was sie tun sollte und was besser zu unterlassen ist, aber auch darüber, wie kontrovers diese Fragen bisweilen sein können.
Dieses Lehrbuch richtet sich in erster Linie an Studierende der Betriebswirtschaftslehre an
Hochschulen sowie an Verwaltungs- und Berufsakademien, die im Nebenfach Volkswirtschaftslehre studieren. In zweiter Linie bietet das Buch aber auch für Unternehmer, Manager und interessierte Bürger eine leicht verständliche Einführung, um eigene Entscheidungen besser fundieren und nicht zuletzt um Nachrichten aus Politik und Wirtschaft wirklich
verstehen zu können.
Unser Ansatz weist in einigen Punkten Unterschiede zu anderen Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre auf. Wichtig war uns, dass Sie lernen, wie Volkswirte zu denken, und dass Sie
schließlich fähig sind, dass Gelernte auf reale Probleme anzuwenden. Um uns nicht in der
Fülle der Theorien zu verlieren, haben wir versucht, uns auf das Wesentliche zu beschränken, ohne dabei den Gesamtzusammenhang aus den Augen zu verlieren. Ferner haben wir
bei der Konzeption des Buchs weitgehend auf eine mathematische Darstellung der Theorien verzichtet. Dies ist unserer Lehrerfahrung geschuldet: Die Mathematik verstellt häufig
den Blick für den ökonomischen Gehalt und die Anwendungsmöglichkeiten. Vielmehr werden Sie beim Lesen immer wieder mit Beispielen und Problemstellungen konfrontiert, die Sie
zum Nachdenken anregen und Ihr Verständnis schärfen sollen. Unterstützt wird unser Konzept durch Wiederholungs- und Anwendungsfragen sowie weitere Materialien, die Ihnen in
Ergänzung zu diesem Lehrbuch online zur Verfügung gestellt werden. Wir hoffen, dass es uns
so gelingt, Ihnen einen intuitiven Zugang zur Volkswirtschaftslehre zu vermitteln.
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Dieses Lehrbuch ist nicht zuletzt Ergebnis unserer Lehrveranstaltungen zur Makroökonomie und anderen Bereichen der Volkswirtschaftslehre, daher danken wir unseren Studierenden und Kollegen für ihre Ideen und kritische Anmerkungen, die in dieses Buch eingeflossen sind. Besonderen Dank gilt unseren studentischen Hilfskräften sowie Herrn Dipl.-Kfm.,
Dipl.-Vw. Fabian Kreutzer für die Unterstützung bei der Erstellung der Online-Materialien.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche und hoffentlich vergnügliche Lektüre
Bernard Vogl und Daniel Lorberg
Düsseldorf und Wuppertal, im Januar 2015
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2. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Wirtschaftskreislauf
2. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und
Wirtschaftskreislauf
2.1 Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
Um gesamtwirtschaftliche Entwicklungen in einem Land zu beschreiben, bedarf es der Ermittlung von gesamtwirtschaftlichen Daten. In
fast allen Ländern werden gesamtwirtschaftliche Daten im Rahmen der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) erfasst. Die VGR bestehen aus der Inlandsproduktsberechnung, der Input-Output-Rechnung,
der Vermögens-, der Erwerbstätigen-, der Arbeitsvolumen- und der Finanzierungsrechnung. Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
stellen die Basis für makroökonomische Theorien dar und liefern wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung und Gestaltung der Wirtschafts-,
Finanz- und Sozialpolitik. Auch die Wirtschaft stützt viele ihrer Entscheidungen auf die Angaben der VGR.
Europäisches
System Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen
Die VGR versuchen, das Wirtschaftsgeschehen in einem Land für einen
zurückliegenden und daher abgeschlossenen Zeitraum – häufig ein Jahr
oder ein Quartal – quantitativ zu erfassen. Das Wirtschaftsgeschehen
wiederum umfasst die Gesamtheit der wirtschaftlichen Transaktionen
in einer bestimmten Periode. Um Transaktionen systematisch erfassen
zu können, müssen eine Reihe von Abgrenzungen und Vereinbarungen
vorangestellt werden. In der Bundesrepublik Deutschland wird der theoretische und begriffliche Rahmen für die statistische Erhebung und die
Systematisierung der Daten durch das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) vorgegeben. Im ESVG werden
Definitionen, Konzepte, Abgrenzungen, Begriffe, Klassifikationen, Zeitpunkt und Häufigkeit der Lieferung von Ergebnissen geregelt. Damit ist
sichergestellt, dass europaweit harmonisierte Messgrößen für politische und wirtschaftliche Entscheidungen zur Verfügung stehen.
System of National
Accounts
Die Konzepte des ESVG stimmen im Wesentlichen mit denen des
„System of National Accounts“ (SNA) der Vereinten Nationen, das weltweit Gültigkeit hat, überein. Beide Systeme werden in großen zeitlichen
Abständen überarbeitet. Das aktuelle SNA 2008 war die Grundlage für
die Überarbeitung des ESVG, das als ESVG 2010 im September 2014 in
Kraft getreten ist. Die Datenerhebung selber erfolgt überwiegend durch
das Statistische Bundesamt auf der Mikroebene bei privaten und öffentlichen Haushalten sowie bei Unternehmen.
Bruttoinlandsprodukt
Der Kern der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnungen bildet die Berechnung des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Müssten Sie beurteilen,
wie eine Person unter ökonomischen Gesichtspunkten dasteht, würden
Sie wahrscheinlich zuerst auf das Einkommen oder die Ausgaben dieser
Person schauen, etwa welches Auto oder Haus sich die Person leisten
kann.
22
3. Gesamtwirtschaftliche Preisgrößen
3.2 Der Verbraucherpreisindex
Beispiel
„Wiesbaden – Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen im Juli 2013
um 1,9 % höher als im Juli 2012. Die Inflationsrate – gemessen am Verbraucherpreisindex – hatte im Juni 2013 bei 1,8 % und im Mai 2013 noch
bei 1,5 % gelegen. Der Preisauftrieb hat sich damit im Juli 2013 verstärkt“
(Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 267 vom 13.08.2013).
Sie haben sicherlich schon ähnliche Meldungen in den Medien gehört.
Hiermit wären wir bei einer weiteren Messgröße für die Preisentwicklung, nämlich dem Verbraucherpreisindex. Dieser wird monatlich vom
Statistischen Bundesamt in Wiesbaden errechnet. Er misst die Preisveränderungen der Güter und Dienstleistungen, die von einem „typischen“
Haushalt konsumiert werden, und soll die Veränderung der Lebenshaltungskosten erfassen.
Veränderung der
Lebenshaltungskosten
Zur Berechnung des Verbraucherpreisindexes geht das Statistische Bundesamt in drei Schritten vor:
” Es definiert den Warenkorb eines typischen Haushalts.
” Es errechnet den Wert des Warenkorbs zu einem bestimmten Zeitpunkt.
” Es errechnet, wie sich der Wert des Warenkorbs über die Zeit verändert.
3.2.1 Bestimmung und Berechnung des Warenkorbwertes
Die wichtigste Grundlage für die Erstellung des Warenkorbes ist die so
genannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Alle fünf Jahre zeichnen rund 60.000 Teilnehmer dieser Haushaltserhebung einige
Monate lang ihre Einnahmen und Ausgaben auf. Aus diesen Aufzeichnungen wird ein umfassendes, aber noch recht grob gegliedertes Ausgabenprofil berechnet, welches die Ausgabenanteile der privaten Haushalte z. B. für Nahrungsmittel, Bekleidung, Wohnen und Dienstleistungen
angibt. Eine kleinere Haushaltsbudgeterhebung, die so genannte Statistik der Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR), liefert ergänzend
feinere Ausgabenstrukturen für ganz konkrete Güterarten wie Mobiltelefone, Haarschnitte, Studiengebühren, Seife, Hausratversicherung etc.
(vgl. Statistisches Bundesamt, 2013).
Einkommensund Verbrauchsstichprobe
Weitere Korrekturen und Anpassungen sind dann nötig.
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5. Wachstum
5.3.1 Totale Faktorproduktivität oder technisches Niveau
Die Totale Faktorproduktivität wird auch in dem oben angeführten
Solow-Modell verwendet und wird daher auch als Solow-Residuum bezeichnet. Es ist in dieser Lesart schlicht die Erklärung für jede nicht durch
eine Veränderung der Mengen von Arbeit und Kapital erklärte Änderung
des BIP. Interpretiert wird die TFP als das allgemeine Niveau der Wertschöpfungsprozesse einer Volkswirtschaft. Dies beinhaltet das technische Niveau im engeren Sinne, jedoch auch die Qualität von Prozessabläufen, die Qualität des Managements und alle weiteren Größen, die die
Effizienz der Faktorkombination bestimmen und nicht in den anderen
Argumenten der Produktionsfunktion enthalten sind. Viele Ökonomen
gehen davon aus, dass die TFP in der Interpretation als technologisches
Niveau für den Wohlstand und das Wachstum einer Volkswirtschaft
entscheidend ist (vgl. Krugmann/Wells, 2010, S. 789, 794). Daher ist es
besonders wichtig für eine Volkswirtschaft, die TFP zu steigern: Die entscheidende Frage des Wachstums ist deshalb: Wie kann eine Volkswirtschaft ihre TFP steigern?
Da diese Frage nicht mit einem einfachen Satz zu beantworten ist, werden wir versuchen, die Beantwortung im Zuge der Erläuterung der anderen Faktoren zu geben.
Exkurs
Wachstumsschwäche in Europa
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann das vom Krieg zerstörte Europa eine wirtschaftliche Aufholjagd. Im Einklang mit gängigen Wachstumstheorien wuchsen die Einkommen pro Kopf in Europa
stärker als in den USA, und Anfang der 1980er-Jahre hatten einige EUStaaten die USA fast eingeholt. Dann kehrte sich der Trend jedoch wieder um. Während sich in den USA in den 1990er-Jahren das Wirtschaftswachstum beschleunigte, verlangsamte dieses sich in Europa, sodass
sich die Einkommensschere zwischen Europa und den USA wieder öffnete.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf trafen sich im März des Jahres 2000
die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Sondergipfel in
Lissabon, um dort eine Strategie für Wachstum und Beschäftigung zu
verabschieden. Sie zielte darauf ab, die EU binnen zehn Jahren zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu
machen. Als Messlatte diente insbesondere die USA. Wir wissen heute,
dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Die so genannte Lissabon-Strategie wurde im Jahre 2010 von der Strategie „Europa 2020“ abgelöst. Es
liegt nahe, zu fragen, was die Ursachen für das schnellere Wachstum
der USA waren.
120
5. Wachstum
Catch-up-Effekt
Kapital und damit auch Realkapital unterliegt einem abnehmenden
Grenzertrag, wodurch sich der Catch-up-Effekt ergibt. Bei niedrigem Kapitalbestand ist die Produktivität des zusätzlich investierten Kapitals somit relativ hoch. Wenn die Kapitalintensität steigt, dann sinkt der Zuwachs an Output pro Beschäftigten (das Produktivitätswachstum), der
mit einer zusätzlichen Einheit von Kapital erreicht wird. Diese Eigenschaft der Produktionsfunktion, die Sie bereits kennen gelernt haben,
bedeutet, dass der Grenzertrag des Kapitals mit steigender Kapitalintensität sinkt.
Beispiel
Dies erklärt beispielsweise, warum die Wachstumsrate der USA oder
Westdeutschlands geringer war als in Südkorea, obwohl die Investitionsquoten höher oder vergleichbar waren, wie uns die folgende Grafik zeigt.
Südkorea
Singapur
Japan
Israel
Kanada
Brasilien
Westdeutschland
Mexiko
Großbritannien
Nigeria
USA
Indien
Bangladesh
Chile
Ruanda
(a) Wachstumsraten 1960 - 1991
(b) Investitionen 1960 - 1991
0 1
0
2 3 4 5 6 7
Wachstumsrate (%)
10 20 30 40
Investitionen (% des BIP)
Abb. 40: Fallender Grenzertrag des Kapitals
(Mankiw/Taylor, 2012, S. 657)
Danach ist die Rendite von Investitionen da besonders hoch, wo der
Kapitalstock pro Erwerbstätigem noch relativ gering ist, da dort die
größten Grenzerträge zu erwarten sind. Der Grund, warum dennoch viele arme Länder keinen großen Zustrom an in- und ausländischen Investitionen verzeichnen, kann daher vor allem in der geringen Ausstattung
an Human- und Sozialkapital gesucht werden, worauf wir im Folgenden
noch näher eingehen werden.
124
6. Finanzmärkte
6. Finanzmärkte
In der Volkswirtschaftslehre beschäftigen wir uns vor allem mit dem
Geschehen auf Märkten und mit den Märkten als solches. Die VWL ist
in diesem Sinne die Wissenschaft von Märkten. In der Mikroökonomie
(sofern Sie sich mit dieser bereits beschäftigt haben) haben Sie vor allem einzelne Gütermärkte kennen gelernt, die wir in der Makroökonomie zum gesamtwirtschaftlichen Angebot und der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zusammengefasst haben. Daneben haben Sie auch
Faktormärkte kennen gelernt, allen voran den Arbeitsmarkt. Im Folgenden werden wir uns mit der Kategorie von Märkten beschäftigen, auf
denen sich das Angebot und die Nachfrage nach Finanzmitteln gegenüberstehen: den Finanzmärkten.
Bei den Finanzmärkten unterscheiden wir den Kapitalmarkt, den Geldmarkt und den Devisenmarkt.
Kapitalmarkt
Auf dem Kapitalmarkt treffen Nachfrager und Anbieter von Geldkapital
aufeinander; hier werden also Ersparnisse angeboten, die von den Nachfragern für Investitionen nachgefragt werden. Im einfachen geschlossenen Wirtschaftskreislauf bieten hier Haushalte an und Unternehmen
fragen nach, wobei der Zinssatz dafür sorgt, dass sich Sparen und Investitionen im Gleichgewicht entsprechen (S = I).
Geldmarkt
Der Geldmarkt hingegen bringt die Nachfrage und das Angebot von Geld
in Übereinstimmung. Sein Ergebnis ist in langfristigen Perspektiven das
Preisniveau, in kurzfristigen Perspektiven der Geldmarktzins, wozu wir in
den entsprechenden Kapiteln kommen werden.
QV
Devisenmarkt
Am Devisenmarkt treffen Angebot und Nachfrage nach ausländischen
Währungen aufeinander, wodurch sich Wechselkurse bestimmen.
Exkurs
Eine kleine Fiktion zur evolutionären Entstehung von Märkten
Häufig bringt die Unterscheidung von Kapital- und Geldmarkt Anfänger in der Volkswirtschaftslehre durcheinander, da scheinbar auf beiden Märkten gleichermaßen Geld gehandelt wird. Der Unterschied ist
jedoch recht greifbar, wenn man sich das Geld einmal wegdenkt, also
von einer Naturalwirtschaft ausgeht. Ohne allgemeines Tauschmedium wird in einer solchen Wirtschaft Ware gegen Ware getauscht; einen
Geldmarkt gibt es entsprechend nicht. Den Kreditmarkt, also den Markt
für den Produktionsfaktor Kapital, gibt es dennoch, auch wenn ohne ein
allgemeines Tauschmittel die Transaktionen auf diesem Markt wohl geringer ausfallen würden.
Gütermärkte
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Stellen wir uns eine primitive, beginnende Zivilisation vor, die als Jäger
und Sammler leben. Zunächst gibt es auch keinen Kapitalmarkt, da alle
8. Konjunktur
P
Preisniveau
0
LRAS
Y1
Output Y
langfristiges volkswirtschaftliches Angebot:
Vollbeschäftigungsoutput oder natürliches Produktionsniveau
Abb. 62: Die langfristige aggregierte Angebotskurve
Zwei alternative
Theorien
Spielt Geld denn kurzfristig eine Rolle, oder besser gesagt: Hat das Preisniveau einen Einfluss auf das kurzfristige Angebot? Hier ist die Antwort:
Ja. Und warum dies so ist, werden wir anhand zweier alternativer Theorien näher betrachten:
” der keynesianischen Theorie starrer Lohnsätze und
” der neoklassischen Theorie der Wahrnehmungsstörungen.
Theorie starrer
Lohnsätze
Die keynesianische Theorie starrer Lohnsätze
Keynes baut seine Theorie hier auf der größeren Starrheit der Löhne im Vergleich zu Preisen auf. Er geht also davon aus, dass sich Löhne langsamer an
veränderte Preisniveaus anpassen als Preise. Daraus zieht er den Schluss,
dass sich die Kosten der Unternehmen, die zu einem wesentlichen Teil von
Lohnkosten bestimmt werden, sich erst nach den Preisen anpassen und daher die Unternehmen ihre Optimierungsbedingung (Grenzkosten = Grenzerlöse) vorübergehend über bzw. unter dem Produktionspotenzial erreichen. Folglich ist die kurzfristige aggregierte Angebotsmenge positiv durch
das Preisniveau bedingt; die kurzfristige Angebotskurve (Short Run
Aggregate Supply-Kurve, SRAS) weist also eine positive Steigung auf.
Wenn das Preisniveau steigt, steigt somit zunächst nur der Preis der Güter
und Dienstleistungen. Dadurch machen die Unternehmen mehr Gewinn
und weiten die Produktionsmenge aus bis der Grenzgewinn wieder 0 ist.
Passen sich nun die Löhne langfristig ebenfalls an das Preisniveau an,
sinkt die Produktion wieder auf den ursprünglichen Wert, entspricht
also wieder dem langfristigen aggregierten Angebot, aber auf einem
höheren Preisniveau. Daran erkennen wir deutlich die langfristige, aber
nicht kurzfristige Neutralität des Geldes.
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