1.1 Intuitiver Berechenbarkeitsbegriff und Churchsche These

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Kapitel 1: Berechenbarkeitstheorie
1.1 Intuitiver Berechenbarkeitsbegriff und Churchsche These
1.1 Intuitiver Berechenbarkeitsbegriff und
Churchsche These
Eine Funktion f : N → N wird als berechenbar angesehen, wenn es
einen „Algorithmus“ gibt, der f berechnet:
Bei Eingabe n ∈ N stoppt der Algorithmus nach endlich vielen
Schritten mit der Ausgabe f (n).
Problem: Was sind die zulässigen Schritte?
Wie werden Ein- und Ausgabe beschrieben (kodiert)?
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Eine partielle Funktion f : Nk → N ist eine Funktion, die auf einer
Teilmenge Def(f ) ⊆ Nk definiert ist. Sie ist berechenbar, wenn es
einen Algorithmus gibt, der sie berechnet:
Bei Eingabe (n1 , . . . , nk ) ∈ Nk stoppt der Algorithmus nach endlich
vielen Schritten mit Ausgabe f (n1 , . . . , nk ), falls (n1 , . . . , nk ) ∈ Def(f )
ist; ansonsten stoppt der Algorithmus bei Eingabe (n1 , . . . , nk ) nicht.
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Beispiel 1:
INPUT(n);
REPEAT UNTIL FALSE;
Dieser Algorithmus berechnet die total undefinierte Funktion
Ω : n 7→ “undefiniert”.
Beispiel 2:

 1 falls n ein Anfangsabschnitt der
Dezimalbruchentwicklung von π ist
f (n) =

0 sonst
ist berechenbar.
Beispiel 3:
1 falls n in der Dezimalbruchentwicklung von π vorkommt
g(n) =
0 sonst
ist möglicherweise nicht berechenbar.
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Beispiel 4:

 1 falls in der Dezimalbruchentwicklung von π irgendwo
mindestens n-mal hintereinander eine 7 vorkommt
h(n) =

0 sonst
ist berechenbar, denn:
1. Fall: In der Dezimalbruchentwicklung von π treten beliebig
lange 7-er Folgen auf.
Dann: h(n) = 1 für alle n.
2. Fall: Es gibt eine Zahl n0 , sodass die längste 7-er Folge
die Länge n0 hat.
1 falls 0 ≤ n ≤ n0
Dann: h(n) =
0 falls n > n0 .
Problem: Wir wissen nicht, welcher dieser Fälle gilt.
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Eine reelle Zahl r ist effektiv approximierbar, wenn die folgende
Funktion fr berechenbar ist:

 1 falls n ein Anfangsabschnitt der
Dezimalbruchentwicklung von r ist
fr (n) =

0 sonst
R ist überabzählbar, d.h. nicht alle reellen Zahlen sind effektiv
approximierbar.
Aber : alle rationalen Zahlen sind effektiv approximierbar.
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Definition 1.1
Sei A eine Menge.
A heißt abzählbar, wenn A endlich oder abzählbar unendlich ist.
A ist abzählbar unendlich, wenn es eine bijektive Abbildung c : A → N
gibt.
A heißt überabzählbar, wenn A nicht abzählbar ist.
Bemerkung: N, Z und Q sind abzählbar unendlich.
Satz 1.2 (Cantor)
R ist überabzählbar.
Satz 1.3
Die Menge der Funktionen f : N → N ist überabzählbar.
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Beweis zu Satz 1.2 (Cantorsches Diagonalverfahren):
Angenommen R wäre abzählbar unendlich.
Sei c : R → N eine entsprechende Bijektion.
Mit ri bezeichnen wir die Zahl aus R mit Bild i (i ∈ N).
ri kann als unendliche Dezimalzahl zm . . . z1 z0 .n0 n1 n2 . . . geschrieben
werden. Also lässt sich R durch folgende Tabelle aufzählen:
r0 :
r1 :
r2 :
..
.
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. . . . n0,0 n0,1 n0,2 n0,3 . . .
. . . . n1,0 n1,1 n1,2 n1,3 . . .
. . . . n2,0 n2,1 n2,2 n2,3 . . .
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Wir bilden eine Zahl r ∈ R durch folgende Festsetzung:
9 falls ni,i ∈ {2, . . . , 7},
r = 1.n0 n1 n2 . . . mit ni =
3 falls ni,i ∈ {0, 1, 8, 9}.
Dann gibt es ein j ∈ N mit c(r ) = j, d.h. r = rj .
Also r = 1.n0 n1 n2 . . . nj . . . = 1.nj,0 nj,1 nj,2 . . . nj,j . . . = rj .
Nach Konstruktion ist aber
9 falls nj,j ∈ {2, . . . , 7},
nj =
3 falls nj,j ∈ {0, 1, 8, 9},
d.h. r 6= rj .
Widerspruch !
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Beweis zu Satz 1.3:
Angenommen {f : N → N} wäre abzählbar unendlich.
Sei c : {f : N → N} → N eine entsprechende Bijektion.
Mit fi bezeichnen wir die Funktion mit Bild i (i ∈ N).
fi kann als unendliche Folge fi (0), fi (1), fi (2), . . . geschrieben werden.
Also lässt sich die Menge f : {N → N} durch folgende unendliche
Tabelle auflisten:
f0 : f0 (0), f0 (1), f0 (2), . . .
f1 : f1 (0), f1 (1), f1 (2), . . .
f2 : f2 (0), f2 (1), f2 (2), . . .
..
.
Wir definieren eine Funktion f : N → N durch folgende Festsetzung:
f (i) = fi (i) + 1
(i ∈ N).
Dann gibt es ein j ∈ N mit f = fj . Also gilt f (i) = fj (i) für alle i ∈ N.
Insbesondere gilt fj (j) = f (j) = fj (j) + 1. Widerspruch !
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Formalisierungen des intuitiven Berechenbarkeitsbegriffs:
– Turingmaschinen∗
– Random Access Maschinen
– WHILE-Programme∗
– GOTO-Programme∗
– µ-rekursive Funktionen∗
– λ-definierbare Funktionen
– Postsche Systeme
–...
Churchsche These
Die durch die formale Definition der WHILE-Berechenbarkeit erfasste
Klasse von Funktionen stimmt mit der Klasse der im intuitiven Sinne
berechenbaren Funktionen überein.
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