Systematisierung von Werbestrategien als Kernele

Werbung
Systematisierung von Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses:
Eine explorative Untersuchung
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Philipp Stradtmann
aus
Deutschland
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Sven Reinecke
und
Prof. Dr. Thomas Bieger
Dissertation Nr. 3713
Cuvillier Verlag Göttingen, 2009
2
Die Universität St. Gallen, Hochschule fürWirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften
(HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den
darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 19. Oktober 2009
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Diese Arbeit erscheint unter dem Titel „Systematisierung von Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses: Eine explorative Untersuchung“ im Cuvillier Verlag,
Göttingen, 2009.
ISBN 978-3-86955-202-6
3
Vorwort
Diese Arbeit ist während meiner Zeit als externer Doktorand am Institut für Marketing (IfM)
an der Universität St. Gallen entstanden. Von der Universität wurde sie im Oktober 2009 als
Dissertation angenommen.
Der Anstoß zu dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Werbestrategien ging zurück auf meine beruflichen Erfahrungen mit der Planung und Umsetzung von
Werbekampagnen bei der internationalen Werbeagentur Foote Cone Belding (FCB), heute
Draft FCB, die mit dem FCB-Grid Anfang der achtziger Jahre einen Ansatz zur Generierung
von Werbestrategien entwickelt hat.1
Den zahlreichen Personen, die durch Ihre Unterstützung zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, möchte ich an dieser Stelle danken.
Mein besonderer Dank gilt natürlich meinem Doktorvater Professor Dr. Sven Reinecke, der
mich als externen Praktiker zur Promotion angenommen hat und mich durch alle Phasen der
Dissertation mit einem stets konstruktiven und motivierenden Feedback begleitet hat und dessen fachliche Expertise mir Ansporn war, mein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien
in der vorliegenden Form zu entwickeln. Danken möchte ich auch Herrn Professor Bieger, der
mir als Zweitgutachter insbesondere zur methodischen Vorgehensweise wertvolle Impulse
gegeben hat. Für einen kontinuierlichen, anregenden und motivierenden Diskurs hat das
DespDoc-Team gesorgt, also Annette, Eva, Anne-Kathrin, Carola und Markus, denen ich dafür sehr dankbar bin.
Großen Dank gebührt allen werbeverantwortlichen Experten, die sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu Experteninterviews bereit erklärt haben und mir umfassende Einblicke in ihre Kampagnenarbeit gewährt haben. Insbesondere danke ich Herrn Dr. von Vieregge, Geschäftsführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA sowie Herrn Dr. Goll
für die kritische Reflektion meines Modells.
Die Entstehung dieser Arbeit wäre in dieser Form nicht möglich gewesen ohne die Freiheiten,
die mir mein Arbeitgeber, die Martin Braun KG, und insbesondere mein Vorgesetzter, Herr
Dr. Detlev Krüger, gewährt haben.
Ganz besonderer Dank gebührt meinen Eltern, für die Bildung immer ein hohes nachhaltiges
Gut war und die mich deshalb darin unterstützt haben, auch noch diesen Schritt meiner akademischen Ausbildung zu vollziehen.
Schließlich danke ich sehr herzlich meiner Frau Nicola dafür, dass Sie mir in den vergangenen ereignisreichen Jahren immer wieder liebevollen Zuspruch und Unterstützung gegeben
hat sowie meinem Sohn Julian, der auf viele gemeinsame Spielstunden verzichten musste, dafür aber großes Verständnis zeigte.
Nürnberg, im Dezember 2009
1
VAUGHN, 1980
Philipp Stradtmann
4
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 7
Zusammenfassung.................................................................................................................... 9
Abstract ................................................................................................................................... 10
1. Einleitung ............................................................................................................................ 11
1.1 Problemstellung.............................................................................................................. 11
1.2 Relevanz in Praxis und Forschung ................................................................................. 12
1.3 Bezugsrahmen der Arbeit............................................................................................... 20
1.4 Ziel und Aufbau der Arbeit ............................................................................................ 21
2. Werbeplanung als Teil des Kommunikationsmanagement-Prozesses .......................... 25
2.1 Begriffsdefinition, Aufgaben ......................................................................................... 25
2.2 Akteure ........................................................................................................................... 26
2.3 Prozessmodelle: Phasen und Elemente .......................................................................... 28
2.4 Zusammenfassung .......................................................................................................... 35
3. Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses .................................. 39
3.1 Begriffsdefinition und Aufgaben ................................................................................... 39
3.2
Kernelemente ........................................................................................................... 42
3.2.1
3.2.2
Werbesubjekte und -objekte............................................................................. 43
Werbeziele........................................................................................................ 43
3.2.3
3.2.4
Werbezielgruppen ............................................................................................ 50
Positionierung, Werbebotschaft und -stil ......................................................... 52
3.2.5
Mediamix, Werbeareal- und -timing ................................................................ 56
3.3 Systematisierungen von Werbestrategien ...................................................................... 57
3.3.1
3.3.2
Systematisierung nach GUTENBERG............................................................. 59
Systematisierung nach SEYFFERT ................................................................. 63
3.3.3
Systematisierung nach BEHRENS................................................................... 64
3.3.4
Systematisierung nach BIDLINGMAIER ....................................................... 67
3.3.5
Systematisierung nach FAISON ...................................................................... 68
3.3.6
Systematisierung nach ASSAEL...................................................................... 70
3.3.7
Systematisierung nach PERREAULT/McCARTHY....................................... 72
3.3.8
Systematisierung nach KROEBER-RIEL/ESCH............................................. 73
3.3.9
Systematisierung nach BRUHN....................................................................... 76
3.3.10
Systematisierung nach KOTLER ET AL......................................................... 80
3.4 Zusammenfassung und Fazit .......................................................................................... 82
3.5 Anforderungen an das Forschungsmodell...................................................................... 85
4. Grundlagen zur Modellentwicklung................................................................................. 86
4.1 Konsolidierung der bestehenden Werbestrategie-Systematisierungen .......................... 86
4.2 Der theoretische Bezugsrahmen..................................................................................... 92
5
4.2.1
4.2.2
4.2.3
Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF als Systematisierungsraster .................. 92
Der aufgabenorientierte Ansatz von TOMCZAK und REINECKE ................ 96
Bewertung der Kernaufgaben-Seite ............................................................... 103
4.2.4
4.2.5
Bewertung der Kernkompetenzen-Seite......................................................... 105
Auswahl des theoretischen Bezugsrahmens................................................... 108
4.3
Elemente des vorläufigen Modells ......................................................................... 109
4.4 Forschungsleitende Fragestellung ................................................................................ 115
5. Konzeption der empirischen Untersuchung .................................................................. 118
5.1 Forschungsprozess und Forschungsmethodik im Überblick........................................ 118
5.2 Fallstudien als Forschungsmethode ............................................................................. 120
5.3 Datenquellen der Fallstudienanalyse............................................................................ 127
5.3.1
5.3.2
Dokumentenanalyse ....................................................................................... 128
Fokussiertes, leitfadenbasiertes Interview...................................................... 128
5.3.3
Expertenworkshops ........................................................................................ 132
5.4 Auswahl der Fälle......................................................................................................... 134
5.5 Auswertung der Fallstudien-Daten............................................................................... 138
5.6 Zusammenfassung ........................................................................................................ 141
6. Ergebnisse der empirischen Untersuchung ................................................................... 142
6.1 Ergebnisse zu den Werbestrategie-Archetypen auf Fallstudienbasis........................... 142
6.1.1
Kampagnen-Fallstudie „BILDmobil“, Axel Springer.................................... 143
6.1.2
Kampagnen-Fallstudie Audi Q7, Audi........................................................... 149
6.1.
Kampagnen-Fallstudie Paula, Dr. Oetker ...................................................... 156
6.1.4
Kampagnen-Fallstudie Dove pro•age, Unilever............................................. 162
6.1.5
Kampagnen-Fallstudie Eucerin, Beiersdorf ................................................... 167
6.1.6
Kampagnen-Fallstudie Touareg, Volkswagen ............................................... 173
6.1.7
Kampagnen-Fallstudie Balisto, Mars ............................................................. 177
6.1.8
Kampagnen-Fallstudie Rama Cremefine, Unilever ....................................... 184
6.1.9
Kampagnen-Fallstudie Golf Schlämmer Blog, Volkswagen ......................... 190
6.1.10
Kampagnen-Fallstudie Drei Wetter Taft, Henkel .......................................... 197
6.1.11
Kampagnen-Fallstudie 1 Euro-Menü, McDonald’s ....................................... 201
6.1.12
Kampagnen-Fallstudie Flatrate XXL local, T-Com....................................... 206
6.1.13
Kampagnen-Fallstudie Gillette Fusion, Procter & Gamble ........................... 213
6.1.14
Kampagnen-Fallstudie Bertolli, Unilever ...................................................... 217
6.1.15
Kampagnen-Fallstudie Allfinanz, Dt. Sparkassen- und Giroverband............ 222
6.1.16
Kampagnen-Fallstudie Mehrprodukte-Vermarktung, ING-DiBa .................. 228
6.2
Ergebnisse zu notwendigen Rahmenbedingungen und Kompetenzen................... 233
7. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse...................................................... 242
7.1 Generelle Schlussfolgerungen...................................................................................... 242
7.1.1
Schlussfolgerungen für das Grundmodell ...................................................... 242
7.1.2
Bewertung der Modellindikatoren ................................................................. 243
6
7.2 Schlussfolgerungen für die Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien........... 246
7.2.1
Schlussfolgerungen für den Archetyp Einführungswerbung .......................... 249
7.2.2
Schlussfolgerungen für den Archetyp Expansionswerbung............................ 254
7.2.3
Schlussfolgerungen für den Archetyp Loyalitätswerbung .............................. 263
7.3 Kompetenzen – Voraussetzungen für den Konsistenz-Fit ........................................... 266
8. Fazit ................................................................................................................................... 268
8.1 Limitationen ................................................................................................................. 268
8.2 Weiterer Forschungsbedarf .......................................................................................... 270
8.3 Idealtypisches Werbeplanungsmodell für die Werbepraxis......................................... 274
8.4 Fazit und Ausblick ....................................................................................................... 278
Literaturverzeichnis............................................................................................................. 280
Anhang .................................................................................................................................. 302
7
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Werbeplanung in der Planungshierarchie des Unternehmens..................... 25
Abbildung 2: Übersicht verschiedenen Ansätze zum Ablauf des Werbeplanungsprozesses... 31
Abbildung 3: Kommunikationsziele und Zielgrößen............................................................... 46
Abbildung 4: Kategorien und Merkmale zur Segmentierung von Zielgruppen....................... 51
Abbildung 5: Positionierungsstrategien aus der Perspektive des Positionierungsmodells ...... 54
Abbildung 6: Übersicht der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien............ 59
Abbildung 7: Normziele der Positionierung ............................................................................ 74
Abbildung 8: Implizite Dimensionen der Systematisierung von BRUHN .............................. 79
Abbildung 9: Indikatoren der verschiedenen Werbestrategie-Systematisierungen ................. 83
Abbildung 10: Übereinstimmende Charakterisierungen von Werbearten ............................... 89
Abbildung 11: Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF............................................................. 93
Abbildung 12: Erweiterte Produkt-Markt-Zielgruppen-Matrix nach KOTLER...................... 95
Abbildung 13: Kompetenzen und Kernaufgaben..................................................................... 97
Abbildung 14: Überblick über die Kernaufgaben des Marketing ............................................ 99
Abbildung 15: Wachstums- und Gewinnoptionen ................................................................. 105
Abbildung 16: Spezifische Kompetenzen zur Erfüllung der Kernaufgaben.......................... 106
Abbildung 17: Typologien im Hinblick auf Marketing-Kernaufgaben und -Kompetenzen.. 107
Abbildung 18: Entscheidungsmatrix für Forschungsstrategien ............................................. 121
Abbildung 19: Entscheidungsmatrix zu den vier Fallstudien-Kerntypen .............................. 123
Abbildung 20: Übersicht Fallstudien nach Segmenten und Branchen................................... 142
Abbildung 21: Kampagnen-Steckbrief BILDmobil ............................................................... 144
Abbildung 22: Ausprägungen der BILDmobil-Kampagne als Einführungswerbung........... 148
Abbildung 23: Kampagnen-Steckbrief Audi Q7.................................................................... 151
Abbildung 24: Ausprägungen der Audi Q7-Kampagne als Einführungswerbung................. 155
Abbildung 25: Kampagnen-Steckbrief Dr. Oetker Paula...................................................... 157
Abbildung 26: Ausprägungen der Paula-Kampagne als Einführungswerbung...................... 162
Abbildung 27: Kampagnen-Steckbrief Dove pro age ............................................................ 164
Abbildung 28: Ausprägungen der Dove pro•age-Kampagne als Einführungswerbung ........ 167
Abbildung 29: Kampagnen-Steckbrief Eucerin ..................................................................... 170
Abbildung 30: Zielgruppendifferenzierte Ansprache............................................................. 171
Abbildung 31: Ausprägungen der Eucerin-Kampagne als Einführungswerbung .................. 173
Abbildung 32: Kampagnen-Steckbrief Touareg .................................................................... 174
Abbildung 33: Ausprägungen der Touareg-Kampagne als Expansionswerbung .................. 177
Abbildung 34: Kampagnen-Steckbrief Balisto ...................................................................... 178
Abbildung 35: Ausprägungen der Balisto-Kampagne als Expansionswerbung ................... 184
Abbildung 36: Kampagnen-Steckbrief Rama Cremefine ...................................................... 186
Abbildung 37:Ausprägungen der Rama Cremefine-Kampagne als Expansionswerbung..... 190
8
Abbildung 38: Kampagnen-Steckbrief VW Golf................................................................... 192
Abbildung 39: Ausprägungen der VW Golf-Kampagne als Expansionswerbung................ 196
Abbildung 40: Kampagnen-Steckbrief Drei Wetter Taft ....................................................... 198
Abbildung 41: Ausprägungen der Drei-Wetter-Taft-Kampagne als Expansionswerbung ... 201
Abbildung 42: Kampagnen-Steckbrief McDonald's .............................................................. 202
Abbildung 43: Ausprägungen der McDonald’s-Kampagne als Loyalitätswerbung ............ 205
Abbildung 44: Kampagnen-Steckbrief T-Com ...................................................................... 208
Abbildung 45: Ausprägungen der T-Com-Kampagne als Loyalitätswerbung..................... 212
Abbildung 46: Kampagnen-Steckbrief Gillette...................................................................... 214
Abbildung 47: Ausprägungen der Gillette-Fusion-Kampagne als Loyalitätswerbung ......... 216
Abbildung 48: Kampagnen-Steckbrief Bertolli ..................................................................... 218
Abbildung 49: Produktspezifische Kampagnen-Segmentierung ........................................... 219
Abbildung 50: Ausprägungen der Bertolli-Kampagne als Cross-Selling-Werbung ............. 222
Abbildung 51: Kampagnen-Steckbrief Sparkasse.................................................................. 224
Abbildung 52: Ausprägungen der Sparkassen-Kampagne als Cross-Selling-Werbung ........ 227
Abbildung 53: Kampagnen-Steckbrief ING-DiBa................................................................. 230
Abbildung 54: Ausprägungen der ING-DiBa-Kampagne als Cross-Selling-Werbung ....... 232
Abbildung 55: Potentielle Bruchstellen im Ableitungsprozess.............................................. 233
Abbildung 56: Unterschiede im Hinblick auf den Involvementcharakter der
Produkte/Leistungen............................................................................................................... 245
Abbildung 57: Erweitertes Modell aufgabenorientierter Werbestrategien ............................ 246
Abbildung 58: Fallstudien im Hinblick auf den jeweiligen Werbestrategie-Archetyp.......... 247
Abbildung 59: Kernelemente der Werbestrategie .................................................................. 249
Abbildung 60: Charakteristika des Archetypus Einführungswerbung................................... 252
Abbildung 61: Charakteristika des Archetypus Follow-up Werbung .................................... 256
Abbildung 62: Charakteristika des Archetypus Rebrush-Werbung ....................................... 259
Abbildung 63: Charakteristika des Archetypus Relaunch-Werbung ..................................... 263
Abbildung 64: Charakteristika des Archetypus Loyalitätswerbung ...................................... 265
Abbildung 65: Notwendige Kompetenzen ............................................................................ 266
Abbildung 66: Übersicht Fallstudien nach Marketingaufgaben-Typologien......................... 272
Abbildung 67: Idealtypisches Ablaufmodell zur Werbeplanung ........................................... 275
Abbildung 68: Analyseebenen zur Werbestrategie-Entwicklung .......................................... 277
Zusammenfassung
Werbetreibende Unternehmen sind bestrebt, die Effizienz und die Effektivität Ihrer Werbeaktivität permanent zu optimieren. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist ein umfassender und
konsistenter Werbeplanungsprozess. Kernelement eines solchen ist die Werbestrategie. Umfang und Qualität der Werbestrategie sowie ihre Übereinstimmung mit der übergeordneten
Kommunikations- und Marketingstrategie des Unternehmens sind maßgeblich für den kommunikativen Erfolg.
Auf Basis bestehender Ansätze zur Systematisierung von Werbestrategien wird in dieser Arbeit ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien entwickelt und in Form einer explorativen Untersuchung anhand von 16 Kampagnen-Fallstudien überprüft.
Dabei werden drei Archetypen von Werbestrategien mit entsprechenden Untervarianten identifiziert: Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung), Expansionswerbung (Follow-up-, Rebrush- und Relaunch-Werbung) und Loyalitätswerbung.
Diese drei Archetypen unterscheiden sich signifikant im Hinblick auf den Charakter der beworbenen Leistung (Leistungspflege vs. Leistungsinnovation), den Zielgruppenfokus (Neuversus Bestandskunden), die Höhe des Budgets, die kommunikativen Werbeziele, Positionierung und Werbebotschaft, den Stellenwert der Mediawerbung im Kommunikationsmix sowie
die Wahl des Leitmediums.
Mit dem in dieser Arbeit entwickelten Modell aufgabenorientierter Werbestrategien können
Werbetreibende sicherstellen, dass ihre Werbeaktivitäten eine umfassende strategische Grundlage haben und somit Werbeeffektivität und –effizienz gewährleistet sind.
10
Abstract
Constantly advertisers are seeking to optimize efficiency and effectiveness of their advertising
activities. To achieve this, a comprehensive and consistent planning process in advertising becomes an essential requirement. Key element is the advertising strategy. Quality, coverage
and accordance with the superior communication and marketing strategy are crucial for the
communicative impact.
Against this background this thesis will develop a model of task-oriented advertising strategies based on existing approaches to classify advertising strategies. Furtherly, the model will
be tested by an explorative analysis of 16 campaign-cases.
Three major types of advertising strategies with corresponding sub classifications will be
identified: launch advertising (introductory advertising, line-extension advertising), expansion
advertising (follow-up, rebrush und relaunch advertising) and loyalty advertising.
These three types of strategies show significant differentiation with respect to the character of
the goods and services advertised, target group, height of budget, communicative objectives,
positioning, advertising message, weight of media advertising within the over-all communication mix as well as selection of the lead media.
Following the model of task-oriented advertising strategies, companies can ensure that their
advertising activities are based on a complete strategic basis safeguarding advertising effectiveness and efficiency.
11
1. Einleitung
„Strategie ist ein großes Wort. Oft überlebensgroß. Wenn es in einem Meeting fällt, erstarren
alle zur Salzsäure, und jeder hofft auf den Messias, der den Weg weist. Doch man muss sich
bewusst machen, dass Strategie oft nur das probate Mittel für die Schwachen ist. Strategie
kann helfen, trotz unterlegener Leistung ein höheres Momentum zu erzielen. Sie ist wichtig für
den, der es mit schierer Leistung nicht schafft.“2
Holger Jung und Jean-Remy von Matt, Inhaber der Kreativ-Agentur Jung von Matt
1.1 Problemstellung
In der aktuellen Wirtschaftskrise werden die Ausgaben für Werbung deutlich reduziert.3 Werbetreibende Unternehmen sind deshalb umso mehr bestrebt, sowohl die Effektivität als auch
die Effizienz ihrer Werbeaktivität permanent zu optimieren. Dabei bemisst sich Werbeeffektivität nach TROMMSDORFF und BECKER4 an dem Grad der Zielerreichung (wird z. B. auf
Grundlage der Werbestrategie „das Richtige“ getan), während Werbeeffizienz beschreibt, ob
diese Aktivität auch „richtig“, d.h. in wirtschaftlicher Weise (ideales Output-Input-Verhältnis)
erreicht wurde.5 Erfolgreiche Werbekommunikation basiert somit auf Effektivität und Effizienz, wobei effektive Werbekommunikation eine notwendige Voraussetzung für Werbeeffizienz ist, weil ansonsten im schlimmsten Fall die falschen Werbeziele mit kleinem Budget erfolgreich erreicht werden. Dementsprechend kommt der systematischen Werbeplanung sowie
der Werbestrategie als ihrem Kernelement per se eine maßgebliche Rolle zur Gewährleistung
der Werbeeffektivität zu. Gleichzeitig hat die Werbeplanung und mit ihr die Werbestrategie
aber auch im Hinblick auf die Werbeeffizienz eine besondere Bedeutung: Beide liefern einen
notwendigen Handlungsrahmen, innerhalb dessen die Ressourcen zur Strategieumsetzung mit
maximaler Effizienz eingesetzt werden. Insofern steht die Frage der Werbeffektivität im Fokus dieser Forschungsarbeit.
Diese grundsätzliche Bedeutung werbeplanerischer und werbestrategischer Arbeit für die
Kampagnenverantwortlichen wird durch folgende aktuelle Faktoren verstärkt, die dazu führen, dass der Wertbeitrag von Werbekommunikation nicht nur sichergestellt, sondern auch
verstärkt belegt werden muss: Die Verschärfung des Kommunikationswettbewerbes (aktuelle
Relevanz), Planungsdefizite in der Werbekommunikationspraxis (Bedarf) sowie die unzureichende Systematisierung von Werbestrategien (Defizit).6
2
JUNG/VON MATT, 2002, S. 135
LÖHR, 2009, S. 19; LEMBJ
4
TROMMSDORF/BECKER, 2001, S. 9
5
Eine zentrale Kenngröße in der Werbeeffizienz-Messung ist das pro Prozentpunkt Werbeerinnerungsleistung
(Recall-Wert) eingesetzte Mediawerbevolumen in Tsd. Euro im Vergleich zum Wettbewerb. Für die Automobil-Industrie wird dieser Wert jährlich im BrandControl-Monitor erfasst.
6
BRUHN, 2005a, V; NUNES/MERRIHUES, 2007, S. 63
3
12
Diese drei Faktoren, die nachfolgend detailliert erläutert werden, führen dazu, dass Werbestrategien als Kernelement eines umfassenden und konsistenten Werbeplanungsprozesses eine
besondere Bedeutung für Effektivitätserreichung bzw. -sicherung zukommt.
Bislang fehlen jedoch konsistente, sowohl theoretische fundierte wie auch empirisch ausreichend belegte Systematisierungen von Werbestrategien als Kernelement eines Werbeplanungsprozesses, die den Verantwortlichen eine Orientierung bei der Ableitung einer marketingstrategiekonformen Werbeaktivität geben.
1.2 Relevanz in Praxis und Forschung
Verschärfung des Kommunikationswettbewerbes
Angesichts homogenisierter Leistungsangebote wächst die Bedeutung von Kommunikation
als differenzierendem strategischem Wettbewerbsfaktor.7 Dementsprechend hat sich der
Kommunikationswettbewerb in den letzten Jahren auf allen Ebenen verschärft und stellt Unternehmen im Rahmen ihrer Kommunikationsarbeit vor immer umfangreichere und komplexere Aufgabenstellungen.8 Veränderte gesellschaftliche, technologische, wirtschaftliche sowie
kommunikationsrechtliche Rahmenbedingungen sowie die Diversifikation der Kommunikationsmittel bei gleichzeitiger Atomisierung der Medienträger9 machen es den Unternehmen zunehmend schwieriger, ihre gleichzeitig fragmentierten Zielgruppen mit wachsendem Individualisierungsgrad10 und mit abnehmenden Interesse an den klassischen Kommunikationsinstrumenten effektiv und effizient zu erreichen.11
Mediawerbung hat zwar innerhalb des Kommunikationsmixes – vor allem in Konsumgütermärkten – weiterhin eine „herausragende Stellung“12. So wird ihr von den Unternehmen die
höchste strategische Relevanz gegenüber den übrigen Kommunikationsinstrumenten zugesprochen.13 Eine Untersuchung von BRUHN und BOENIGK ergab entsprechend, dass 40 %
des Gesamtbudgets für Kommunikation für Mediawerbung eingesetzt wird.14 Gleichzeitig ist
der Rechtfertigungsdruck, unter dem Werbung und somit die für sie verantwortlichen Entscheider stehen, so alt wie die Werbung selbst15.
7
BRUHN, 2005, S. 76
KLOSS, 2007, S. 113; BRUHN, 2005a, S. 73 ff.
9
ZAW, 2007, S. 13 ff.
10
GERKEN, 1989, S. 69 ff.; MEFFERT, 2000, S. 107, S. 1007; KÖHLER, 2001, S. 117ff.
11
BRUHN, 2005a, V
12
NUNES/MERRIHUES, 2007, S.65f.; BRUHN, 2005a, S. 500
13
BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 69
14
BRUHN, 2005a, S. 350; BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 63, S. 75, S. 166
15
Entsprechend dem populären Zitat von Wannamaker: "Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist herausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte."
8
13
Dennoch gibt es drei aktuelle Entwicklungen, die diesen Wettbewerbsdruck für die Kommunikation insgesamt und insbesondere für die Mediawerbung als ihr zentrales Instrument zusätzlich steigen lassen und damit die Notwendigkeit von Planung zur Steigerung der Wirtschaftlichkeitswahrscheinlichkeit erhöhen: Der Kostenfaktor Mediawerbung, Mediawerbung
im integrierten Kommunikations-Mix und Mediawerbung als Treiber des Markenwertes.
Kostenfaktor Mediawerbung: Unternehmen geben circa 10 – 20 % ihrer Erträge für Werbekommunikation aus.16 Die Gesamtaufwendungen für Werbung in Deutschland betrugen 2008
30,67 Milliarden Euro (minus 0,5 % gegenüber dem Vorjahr), europaweit wurden circa 120
Milliarden Euro, weltweit über 400 Milliarden in Werbung investiert.17 Nach Schätzung des
Forschungsinstituts Prognos wird der deutsche Kommunikationsmarkt (also sämtliche Kommunikationsinstrumente, nicht nur Mediawerbung) im Jahr 2010 ein Volumen von 339 Milliarden Euro haben.18 Insbesondere im Bereich der Konsumgüter sind hohe Werbeinvestitionen
notwendig, um neue Produkte bzw. Leistungen im Markt zu etablieren, bzw. bei bestehenden
die Marktposition zu stabilisieren bzw. auszubauen.19
Über die normale Preissteigerung hinaus gibt es weitere Treiber, die Werbeaufwand proportional und absolut steigen lassen: Die rasante Ausweitung des Leistungs- und Markenportfolios
von Unternehmen als Ergebnis von Diversifikationsstrategien und die daraus resultierenden
kürzeren Produkt- und Markenlebenszyklen20, die fortschreitende Internationalisierung der
Unternehmen, wobei die Adressierung zusätzlicher Märkte Anpassungen an die jeweils unterschiedlichen Sprach- und Kulturräume bedingen21, die fortschreitende Fragmentierung der
Zielgruppen22, die wiederum einhergeht mit der Diversifikation der Werbemittel23; die Atomisierung der Medien bzw. Werbeträger24 sowie Me-too-Strategien in den Werbeaktivitäten der
Wettbewerber25.
Alle diese Faktoren bedingen für die Planung und Umsetzung von Werbekommunikation ein
deutliches Wachstum im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität der Aufgaben, was
sich wiederum in einem kostentreibenden, höheren Ressourceneinsatz niederschlägt.26
Angesichts des oftmals hohen Reifegrads ihrer Heimatmärkte sowie der globalen Wachstumsperspektiven entscheiden sich viele Unternehmen dazu, ihr Leistungsportfolio und – ver16
BRUHN, 2005a, S. 115
ZAW, 2008, S. 9; S. 22 ff.
18
DIW/PROGNOS, 1995, S. 142
19
BRUHN, 2005a, S. 57; PIMPL, 2003a, S. 18; BROSCHE/WISSMEIER, 1993, S. 822
20
WILDEMANN, 1991, S. 17; SPECHT/BECKMANN/AMELINGMEYER, 2002, S. 3
21
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 855 f.
22
GERKEN, 1989, S. 69 ff.; MEFFERT, 2000, S. 107, S. 1007; KÖHLER, 2001,S. 118; MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 852, S. 856
23
KLOSS, 2007, S. 22
24
ZAW, 2007, S. 13 ff.
25
KLOSS, 2007, S. 57 ff.
26
BRUHN, 2005a, S. 115 ff.
17
14
bunden damit – oft ihr Markenportfolio auszuweiten.27 Dieser Prozess geht häufig einher mit
der Adressierung neuer Absatzmärkte in oftmals fremden Sprach- und Kulturräumen. Dies
bedingt eine entsprechende internationale Organisation für die länderübergreifende Markenund Werbekommunikationssteuerung.28 Bei beiden strategischen Stoßrichtungen kommt der
Mediawerbung mit ihrer Fähigkeit, Leistungen und Marken bei einem breiten Zielpublikum
bekannt zu machen und zu profilieren, eine hohe strategische Bedeutung zu.29 Durch kürzere
Produkt- und Markenlebenszyklen (z. T. bedingt durch Unternehmensverkäufe und -fusionen)
wird dieser Prozess zusätzlich verschärft. So beträgt die Zahl der beworbenen Marken im
deutschen Markt mittlerweile 64.000, denen 28.770 werbende Unternehmen gegenüberstehen.30 Die Fragmentierung der Zielgruppen31 geht einher mit einer Atomisierung der Werbeträger.32 Gleichzeitig bietet sich den Unternehmen mit dem Internet ein neues Kommunikationsinstrument, das aktuell als Werbeträger enorme Zuwächse verzeichnet.33 Die Konsequenz
daraus ist: Der Umfang und die Komplexität der Werbekommunikation wachsen deutlich.
Dies bedingt eine adäquate Anpassung der Ressourcenausstattung im Bezug auf den Umfang
der Mittel als auch insbesondere im Hinblick auf das zur Verfügung stehende Know-how der
verantwortlichen Werbetreibenden. Als Me-too-Verhalten, mit dem sich die werbetreibenden
Unternehmen „hochschaukeln“ charakterisiert BRUHN die Tendenz, sich durch einen höheren Werbedruck gegen den Wettbewerb durchzusetzen und das vorherige Niveau der Werbeeffektivität zu erhalten.34
Mediawerbung im integrierten Kommunikations-Mix: Durch die wachsende Bedeutung
einer dialog- und beziehungsorientierten Kommunikation35 bei gleichzeitig nachlassender
Akzeptanz massenmedialer Werbekommunikation36 ist die Relevanz alternativer Kommunikationsinstrumente (beispielsweise Direct Marketing, Sponsoring, Verkaufsförderung) in den
vergangenen Jahren deutlich gestiegen.37 Gleichzeitig bedingt die wachsende Fragmentierung
der Mediennutzung38 auf Konsumentenseite den Einsatz unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente, um einzelne Zielgruppen sinnvoll zu erreichen. Die Konsequenz dieser Entwicklung ist: Mediawerbung steht im verschärften interkommunikativen Effektivitäts- und Effi-
27
Entgegen einer solchen Diversifizierungsstrategie gibt es jedoch Gegenbeispiele, bei denen Unternehmen wie
z. B. Unilever, Philip Morris/Kraft Foods, und Altana sich Hinblick auf Geschäftsfelder, Märkte und Marken
für eine Fokussierungsstrategie entschieden haben.
28
BERNDT, R./FANTAPIÉ ALTOBELLI, C. ET AL. (2005a); S. 225 ff.; BRUHN, 2005b, S. 292 ff.; THIEME,
W.M., 2000, S. 293 ff.
29
BRUHN, 2003a, S. 95
30
ZAW, 2007, S. 9
31
BRUHN, 2005a, S. 545
32
BRUHN, 2005a, S. 75
33
ZAW, 2007, S. 12 f.
34
BRUHN, 2005a, S. 82 f.
35
BRUHN, 2005a, S. 72, SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 79I
36
BRUHN, 2005a, S. 75
37
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 108
38
HOLTZ-BACHA/PEISER, 1999, S. 45 ff.
15
zienzwettbewerb mit den übrigen Kommunikationsinstrumenten.39 Gleichzeitig hat es in den
letzten Jahren eine deutliche Verschiebung im intramedialen Mediawerbungswettbewerb gegeben: Das Internet hat als Werbemedium massiv an Bedeutung gewonnen.40 So stieg der
Umsatz mit Onlinewerbung in 2008 um 29 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro.41 Hintergrund
dieser Entwicklung ist: Auch die traditionellen Media-Top-Spender im Konsumgüter- und
Automobilbereich setzen verstärkt Microsites und Online-Werbeformate für ihre Werbekampagnen ein42, so dass „Online“ im Markenbildungsprozess einen wachsenden Stellenwert bekommt.43
Sowohl der gewachsene inter- wie auch der intramediale Wettbewerb erfordert die inhaltliche,
formelle und zeitliche Abstimmung des Instrumenten-Mixes mit dem Ziel einer integrierten
Kommunikation, die als strategischer Erfolgsfaktor deutlich an Bedeutung gewinnt.44 Angesichts ihrer Bekanntmachungsqualität45 ist Mediawerbung nach BRUHN im Rahmen der integrierten Kommunikation das Leitinstrument und übernimmt somit eine Führungsfunktion
für die Ausrichtung der Gesamtkommunikation.46 Damit erhöht sich für den Einsatz von Mediawerbung der Planungs-, Steuerungs- und Kontrollbedarf gegenüber früher deutlich. Werbetreibende und ihre Dienstleister sind herausgefordert, die Orchestrierung der Werbemittel und
Kommunikationskanäle inhaltlich-konzeptionell, organisatorisch-strukturell und personellkulturell zu bewältigen.47
Mediawerbung als Treiber des Markenwertes: In den vergangenen Jahren hat die monetäre
Bestimmung des Markenwertes erheblich an Bedeutung gewonnen. Gründe dafür sind:
•
Bei Unternehmensaufkäufen und -zusammenschlüssen entscheidet der Wert des Markenportfolios maßgeblich über den Kaufpreis;
•
bei der Nutzung der Marke im Lizenz- und Franchisegeschäft werden die Gebühren durch
den Markenwert beeinflusst;
•
der Markenwert ist die zentrale Zielgröße zur Steuerung des Markenportfolios;
•
Markensteuerung und -controlling basieren auf dem Markenwert als zentraler Planungsgröße.48
Bei der Schaffung und Pflege des Markenwertes kommt der Mediawerbung eine besondere
Bedeutung zu. Dementsprechend schließen alle Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen zum
Markenwert auch die Effektivität von Mediawerbung ein. Dies zeigt sich deutlich in der Dis39
BRUHN, 2005a, S. 82
EDELMAN, 2007; Referenz: Wachsende Bedeutung Online-Werbung
41
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. BITKOM, 30. Dezember,
2008, S. 1
42
INTERNET WORLD BUSINESS 2007
43
HOLLIS, 2005, S. 17
44
KITCHEN, P./BRIGNELL, J./LI, T. , 2004, S. 22; BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 82 ff.
45
BRUHN, 2005a, S. 543
46
BRUHN, 2005a, S. 500
47
SASSER, S.L./KOSLOW, S./RIORDAN, E.A., 2007, S. 254; BRUHN, 2005a, S. 115 ff.
48
HAEDRICH/TOMCZAK/KAETZKE, 2003, S. 171 ff.
40
16
kussion aktueller Markenwert-Rankings, in denen Unternehmen wie ebay, Google und Amazon, die sehr wenig bzw. gar nicht in Mediawerbung investieren, trotzdem Spitzenpositionen
einnehmen und somit den Legitimationsdruck auf die klassische Mediawerbung im Hinblick
auf ihre Effektivität erhöhen.49
Angesichts des hohen budgetären Stellenwerts von Mediawerbung, der gewachsenen Komplexität bei der Umsetzung einer integrierten Kommunikation sowie dem werttreibenden Charakter von Mediawerbung für den Markenwert erscheint ein systematischer, differenzierter
und integrierter Werbeplanungsprozess notwendig. Eine besondere Bedeutung kommt dabei
im Hinblick auf die Effektivität von Werbung dem Planungsteil der Werbestrategie zu, denn
mit ihr werden die Weichen für den weiteren konzeptionellen Planungs- und operativen Umsetzungsprozess gelegt.
Planungsdefizite in der Werbepraxis
Aus den skizzierten Veränderungen und Herausforderungen resultiert ein gewachsener Planungsbedarf auf Seiten der Werbeverantwortlichen. Hier sind jedoch anhaltende Planungsdefizite zu beobachten, die vielfältige Ursachen haben. Während zur Erhöhung der Werbeeffizienz insbesondere im Hinblick auf die Media-Planung vielfältige Anstrengungen unternommen werden50, bestehen bei der Sicherstellung der Werbeeffektivität deutliche Umsetzungsdefizite und Kompetenzlücken, wie eine Reihe empirischer Untersuchungen exemplarisch aufzeigen:
•
49
Auf Basis einer Befragung von Marketing-Verantwortlichen im Frühjahr 2000 zum Einsatz von Instrumenten und Verfahren des Marketingcontrollings stellen REINECKE und
TOMCZAK fest, dass der Werbe- und Kommunikationserfolg – im Gegensatz zu anderen
Marketinginstrumenten – deutlich weniger im Mittelpunkt des Interesses steht.51 Nur 22
% der Befragten gaben an, den Werbe- und Kommunikationserfolg regelmäßig zu überprüfen, fast doppelt so viele (40 %) verzichten vollständig auf ein solches Werbecontrolling und 39 % führen es nach eigenen Angaben nur „unregelmäßig“ durch. Diese Zurückhaltung steht im Gegensatz zu der Einschätzung, dass eine solche Überprüfung wichtig sei
(4,9 Punkte bei 7 Punkten maximal und einem Höchstwert von 5,9). REINECKE und
TOMCZAK führen dieses Defizit auf die Schwierigkeit zurück, den Wertbeitrag „weicher
Faktoren“ (Werbewirkung) umfassend zu quantifizieren.52 Weitere Gründe für die Zurückhaltung der Werbeverantwortlichen beim Einsatz von Werbecontrolling-Maßnahmen
CHRISTENSEN/COOK/HALL, 2005, S. 80; JOACHIMSTHALER/AAKER, 1997, S. 42
UNGER/DURANTE/GABRYS, 2007, S. 334
51
REINECKE /TOMCZAK, 2001, S. 79
52
REINECKE und TOMCZAK, 2001, S. 79
50
17
dürften auch in der eingeschränkten Umsetzbarkeit (strukturelle Rahmenbedingungen,
Aufwand) und dem unerwünschten Erfolgsdruck liegen.53
•
In einer weiteren im Jahr 2000 durchgeführten Untersuchung von REIBSTEIN und
REINECKE zum Einsatz von Marketing-Kennzahlen wird der geringe Stellenwert von
Kommunikations- und Werbezielen bestätigt. Nach Aussage der befragten Marketingverantwortlichen in Deutschland und der Schweiz stehen ökonomische Erfolgsgrößen wie
Umsatz, Absatz, Deckungsbeitrag etc. als zentrale Steuerungsgrößen eindeutig im Vordergrund. Kommunikative Zielgrößen wie Bekanntheitsgrad (wird von 36 % der Befragten regelmäßig erhoben), Kaufabsicht (15 %) oder Share of Voice (13 %)54 werden dagegen nur von einem Teil der Unternehmen in Regelmäßigkeit ermittelt. Gleichzeitig behauptet die Mehrheit der Führungskräfte, die erhobenen Kennzahlen intensiv für eine systematische Rückkoppelung zwischen Planung und Zielerreichung im MarketingManagement-Prozess zu nutzen.55
•
STEFFENHAGEN und SIEMER zeigen in ihrer 1993 durchgeführten empirischen Studie
„Untaugliche Werbeziele in der Praxis“ auf, dass die Werbeverantwortlichen zwar die Unterscheidung zwischen Werbe- und Marketingzielen für notwendig bzw. sogar sehr notwendig halten56, es ihnen aber dennoch in der Praxis schwerfällt, spezifische kommunikative Werbeziele von klassischen Marketing- und Kommunikationszielen im Werbeplanungs- und -kontrollprozess zu unterscheiden. Gleiches ließ sich im Rahmen der in dieser
Untersuchung durchgeführten Fallstudien feststellen (siehe Kapitel 6.1). STEFFENHAGEN und SIEMER stellen fest, dass die in den Unterlagen genannten Werbeziele nach
willkürlich anmutenden Kriterien voneinander abgegrenzt wurden. Zudem stellen sie fest,
dass eine große Anzahl der in der Praxis formulierten Werbeziele den Anforderungen an
taugliche Werbezielformulierungen57 nicht genügen.58 Die Studie untersuchte Werbeziele
anhand der Kriterien „Reagibilität der Zielvariablen“, „selektive Steuerungskraft“ sowie
„Verhaltensrelevanz“ auf Anforderungskonformität und damit Tauglichkeit. Das Ergebnis: In über der Hälfte aller untersuchten Fälle (51 %) wurde die Werbezielformulierungen
mindestens einem dieser Anforderungskriterien nicht gerecht. Darüber hinaus identifizieren STEFFENHAGEN und SIEMER allgemeine Absichtserklärungen, die unklare Bedeutung verwendeter Begriffe sowie die mangelnde Detaillierung der Zielart bzw. -variable
als Ursachen für defekte Werbezielformulierungen.59
53
KLOSS, 2003, S. 5f.; JANSSEN, 1999, S. 17
REINECKE / REIBSTEIN, 2001, S. 154 ff.
55
REINECKE/ REIBSTEIN, 2001, S. 160
56
STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S.7
57
STEFFENHAGEN 1993, S. 288; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1995, S. 18; PEPELS, 1999, S. 96
58
STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 19 f.
59
STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 178 ff.
54
18
Mögliche Ursachen für diese Abgrenzungsschwierigkeiten sehen STEFFENHAGEN und
SIEMER in der mangelnden Professionalität der an der Zielformulierung beteiligten Personen und der damit verbundenen Unkenntnis werbezielrelevanter Konsequenzen, Störungen im Interaktions- bzw. Kommunikationsprozess bei den an der Zielformulierung
beteiligten Personen sowie Motivationsprobleme bei der Zielformulierung.60
•
•
In einer weiteren Studie untersuchten GABRIEL, KOTTASZ und BENNETT61 2004 den
Einsatz von Werbe-Wirkungsmodellen im Arbeitsalltag von Account-Verantwortlichen in
britischen Werbeagenturen auf Basis einer Befragung. Das Ergebnis: Die Mehrheit berücksichtigt in der Praxis keine der bekannten Theorien. Allerdings stellten sie auch fest,
dass die Mehrheit keine Animositäten gegenüber Werbe-Wirkungsmodellen hegt, sondern
ihrer Verwendung grundsätzlich offen gegenübersteht. Als Einflussfaktoren für die deutliche Theorie-Praxis-Lücke identifizieren GABRIEL, KOTTASZ und BENNETT in ihrer
Untersuchung den Grad des Fachwissens und der Erfahrung der Mitarbeiter in Werbeagenturen sowie die generelle Ressourcenausstattung.
Auf Basis einer 2004 durchgeführten Befragung von Werbeverantwortlichen in Unternehmen und auf Agenturenseite stellt PECHMANN62 fest, dass beide Seiten den Abstimmungsprozess zur Kampagnenentwicklung und -umsetzung als ineffizient empfinden. Optimierungsbedarf wird an mehreren Stellen gesehen: 75 % der Befragten insgesamt sehen
ihn im besseren „Verständnis für die Unternehmensziele“, davon sogar 67 % der AgenturBefragten. 67 % der Befragten auf Agenturenseite, aber auch 52 % der befragten Werbeverantwortlichen in Unternehmen sehen Optimierungsbedarf bei der „Qualität des Briefings“. Auf Agenturenseite wird insbesondere über unklare Strukturen und Prozesse auf
Unternehmensseite geklagt, aus denen nach Meinung von 67 % der Befragten deutlicher
Optimierungsbedarf bei den „Entscheidungskompetenzen auf Unternehmensseite“ resultiere. Im Studienfazit verweist PECHMANN auf die Notwendigkeit einer klaren Definition von Kommunikationszielen in Verbindung mit der verbindlichen Formulierung einer
Kampagnen-Leitidee.63 Ähnliche Kritikpunkte zur Qualität von Briefings in der Werbepraxis und den Defiziten im Erstellungs- und Umsetzungsprozess finden sich auch bei
HARTLEBEN64 sowie BACK und BEUTTLER.65
In der Theorie der Werbewissenschaft wird eine Fülle idealtypischer WerbeplanungsAblaufmodelle präsentiert (siehe Kapitel 2.3), ohne dass deren Entwicklung und Praxistaug-
60
STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 17
GABRIEL/KOTTASZ/BENNETT, 2006, S. 79 ff.
62
PECHMANN, 2004, S. 8 ff.
63
PECHMANN, 2004, S. 16
64
HARTLEBEN, 2004, S. 14 ff.
65
BACK/BEUTTLER, 2006, S. 7
61
19
lichkeit empirisch validiert ist. Gespräche mit Werbepraktikern ergeben deutliche Diskrepanzen zwischen den Lehrbuchmodellen und der in der Praxis üblichen Vorgehensweise.
In der Gesamtschau dieser empirischen Ergebnisse zeigt sich, dass – neben einer generellen
Lücke zwischen Werbetheorie und -praxis – zentrale Elemente des Werbeplanungsprozesses
wie die Strategiedefinition (inklusive Werbeziele) sowie Kontrolle in der Werbepraxis offensichtlich nur einen geringen Stellenwert genießen und stattdessen, die – im Zweifelsfall entkoppelte – die konzeptionelle und operative Umsetzungsarbeit den Werbeplanungsprozess
dominiert.
Daraus ergibt sich gleichzeitig die Frage nach den Gründen für diese defizitäre Situation bzw.
nach den Erfolgsfaktoren, die einen stringenten und konsistenten Operationalisierungsprozess
ermöglichen, in dem aus Marketingzielen und -strategien, Kommunikationsziele und
-strategien und aus diesen wiederum Werbeziele und -strategien abgeleitet werden. Auch hier
geben die vorliegenden empirischen Ergebnisse erste Hinweise. Danach sind die Ursachen für
Effektivitätslücken vor allem fehlendes individuelles Know-how (auf Basis von Ausbildung
bzw. Berufserfahrung), unzureichende Motivation (Arbeitsbelastung, Gehaltshöhe, Führung),
eine unzureichende Ressourcenausstattung (Personal, Infrastrukturmittel) und vor allem strukturelle Defizite im arbeitsteiligen Planungs- und Umsetzungsprozess auf Seiten des werbetreibenden Unternehmens und den jeweiligen Dienstleistern bzw. zwischen den Instanzen.
Dementsprechend sollen im Rahmen dieser Untersuchung auch die vorhandenen bzw. benötigten Kompetenzen auf Seiten der Werbeverantwortlichen untersucht werden, wobei ein besonderer Fokus auf dem Werbeplanungsprozess liegt.
Unzureichende Systematisierungen von Werbestrategien
Die Analyse bestehender Systematisierungen von Werbestrategien als Bestandteil des Werbeplanungsprozesses (siehe dazu ausführlich Kapitel 3.3) zeigt deutlich, dass in den vorliegenden theoretischen Überlegungen Kataloge von Teilzielen sowie die Beschreibung von Einzelelementen dominieren, jedoch bislang kein konsistentes Modell zur Systematisierung von
Werbestrategien vorliegt, das den Werbeverantwortlichen in der Praxis konkrete Gestaltungshinweise gibt. Oft begnügen sich die Autoren damit, labelartig Werbearten wie z. B. informative advertising66 einzuführen, ohne jedoch diese anhand konkreter Eigenschaften gegenüber
anderen Werbestrategien zu spezifizieren und zu differenzieren. Angesichts ihrer Bruchstückhaftigkeit finden diese sehr allgemein gehaltenen Überlegungen, die von keinem der Autoren
empirisch validiert werden, in der Werbepraxis kaum Widerhall.
66
KOTLER ET AL., 2007, S. 704 ff.
20
1.3 Bezugsrahmen der Arbeit
Im Hinblick auf die Konkretisierung des Forschungsthemas sind für den Bezugsrahmen der
Untersuchung folgende vier Aspekte zu spezifizieren:
1. Mediawerbung vs. sonstige Kommunikation;
2. absatzbezogene Mediawerbung vs. nicht absatzbezogene Mediawerbung;
3. konsumentenbezogene Mediawerbung (B-to-C) vs. unternehmensbezogene Mediawerbung (B-to-B);
4. strategiegeleitete Mediawerbung vs. taktische Mediawerbung.
Mediawerbung vs. Kommunikation
Der Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit liegt auf Mediawerbung, d.h. Werbemaßnahmen
auf Basis der Instrumente Fernsehen bzw. Kino, Print, Plakat und Online.67 Dies ist vor allem
in dem anhaltend hohen strategischen und ökonomischen Stellenwert von Mediawerbung gegenüber den anderen Kommunikationsinstrumenten begründet.68 Auf die in der klassischen
Literatur häufig verwendete Unterscheidung zwischen below und above the lineWerbemaßnahmen69 wurde bewusst verzichtet, da diese insbesondere im Hinblick auf die Zuordnung von Internet-Marketing-Maßnahmen nicht mehr konsistent und plausibel erscheint.70
Da jedoch die bisherigen Erkenntnisse nahelegen, dass bei einzelnen Werbestrategietypen
auch nicht-massenmediale Werbung bzw. andere Kommunikationsinstrumente (z. B. PR) eine
besondere Bedeutung haben können, soll der Erklärungswert der übrigen Kommunikation in
der nachfolgenden Untersuchung dadurch berücksichtigt werden, dass der jeweilige Stellenwert von Mediawerbung innerhalb der Werbekommunikation für eine Leistung insgesamt
überprüft wird. Da wo nicht-mediale Werbeinstrumente eine besondere Bedeutung in der jeweiligen Kampagne hatten, wird dies in der entsprechenden Fallstudien-Darstellung berücksichtigt.
Absatzbezogene Mediawerbung vs. nicht absatzbezogene Mediawerbung
Schwerpunktmäßig wird solche Mediawerbung untersucht, die als Absatzwerbung das unmittelbare Ziel einer (positiven) Absatzveränderung verfolgt, d.h. den Adressaten zum Kauf einer
Leistung direkt bzw. indirekt auffordert.71 Unberücksichtigt bleibt somit z. B. Imagewerbung,
67
BRUHN, 2005a, S. 223 f.; BERNDT, 1992, S. 224
BRUHN, 2005a, S. 249
69
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 108 f.
70
So werden Internet-Marketing-Maßnahmen dem Below-the-line-Bereich zugeordnet, obwohl sie als klassische
Banner-Werbung auf Websites im Above-the-line-Bereich plausibler angesiedelt wären.
71
Vgl. SEYFFERT, 1966, S. 7, BEHRENS, 1963, S. 12 ff.
68
21
wie sie u.a. BRUHN in seiner Systematisierung aufführt72, deren Absatzeffekt nicht unmittelbar ist.
Konsumentenbezogene Mediawerbung (B-to-C) vs. unternehmensbezogene Mediawerbung
(B-to-B)
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Untersuchung von absatzbezogener Mediawerbung, die
sich an den Endkonsumenten richtet. Mediawerbung, die Unternehmen und deren Entscheider
adressiert (B-to-B), z. B. Handelswerbung wie sie BRUHN in seiner Systematisierung aufführt73, bleibt somit unberücksichtigt.
Argumente für diese Fokussierung sind:
•
Die größere ökonomische Bedeutung von B-to-C gegenüber B-to-B-Werbung74;
•
die besondere Bedeutung von Mediawerbung für den Business-to-Consumer-Bereich, wohingegen für die Business-To-Business-Werbung andere Kommunikationsinstrumente eine größere Bedeutung haben.75
Strategiegeleitete Mediawerbung vs. taktische Mediawerbung
Letzter Fokussierungsaspekt ist die Untersuchung strategiegeleiteter Mediawerbung, d.h. es
wird nur solche Werbeaktivität untersucht, für die zumindest ein Strategiebezug im Hinblick
auf die Marketingziele des werbetreibenden Unternehmens proklamiert wird. Werbemaßnahmen dagegen, die erklärtermaßen taktischen Charakter haben (z. B. die kurzfristige Reaktion
auf den Wettbewerb) stehen nicht im Fokus der Analyse, weil sie nicht zur Validierung einer
Strategiekonsistenz beitragen.
Zusammengefasst wird schwerpunktmäßig absatzbezogene Mediawerbung untersucht, die
sich an Endkonsumenten richtet (B-to-C) und aus Sicht der Werbetreibenden konform zur
Marketingstrategie des Unternehmens ist.
1.4 Ziel und Aufbau der Arbeit
Kernziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf Basis einer umfassenden Analyse und Bewertung
der bestehenden Forschungsergebnisse sowie der aktuellen Praxis der Werbekommunikation
ein Modell für die Systematisierung von Werbestrategien als Bestandteil eines integrierten
72
BRUHN, 2005a, S. 386
BRUHN, 2005a, S. 386
74
Nach BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 63, S. 75, S. 166 sowie GfK/WIRTSCHAFTSWOCHE, 2003, S. 17 f.
werden zwischen 40 und 60 % des Werbebugets von Unternehmen in Mediawerbung investiert.
75
KLEINALTENKAMP/FLIESS, 2002, S. 237 ff.; MEFFERT, 2000, S. 890
73
22
Werbeplanungsprozesses zu entwickeln. Der Grundgedanke dabei ist, dass Effizienz und Effektivität von Werbemaßnahmen gesteigert werden können, wenn sie eine klar definierte
Werbestrategie zur Grundlage haben. Werbestrategie-Archetypen als Ergebnis einer Systematisierung geben den Werbeverantwortlichen dabei Orientierung, die ihren Anforderungen gemäße Werbestrategie zu identifizieren und sie anhand einer entsprechenden Systematik umfassend zu konkretisieren, so dass sie als Ableitungsgrundlage für die nachfolgenden konzeptionellen und operativen Arbeitsschritte taugen. Somit liegt dieser Arbeit ein konstruktivistischer Ansatz76 zugrunde, wonach aus der Wahrnehmungs- und Erfahrungsperspektive der
Werbeverantwortlichen eine gültige Werbestrategie-Systematik konstruiert werden soll.
Dementsprechend werden mit dieser Arbeit folgende Teilziele verfolgt:
1. Die empirische Überprüfung bestehender Systematisierungsansätze von Werbestrategien
und ihre Einordnung in eine theoriebasiertes Schema;
2. Erarbeitung konkreter Gestaltungshinweise für die Werbepraxis zur Entwicklung konsistenter und vollständiger Werbestrategien als Bestandteil eines umfassenden und konsistenten Werbeplanungsprozesses.
Empirische Überprüfung bestehender Systematisierungsansätze und Einordnung in theoriebasiertes Schema
Die in der bisherigen Forschung entwickelten Systematisierungsansätze (häufig in Form deskriptiver Kataloge, siehe Kapitel 3.3) sollen durch eine Verknüpfung mit der Produkt-MarktMatrix von ANSOFF, ergänzt um Überlegungen von TOMCZAK und REINECKE zu den
benötigten Kompetenzen im Rahmen ihres aufgabenorientierten Ansatzes (siehe Kapitel 4.1)
theoretisch fundiert werden. Das Ziel ist es, induktiv ein Modell für Werbestrategien zu entwickeln, das nachfolgend empirisch überprüft werden kann (deduktiv).
Mit der Entwicklung eines Modells aufgabenorientierter Werbestrategien wird angestrebt, die
Theorielücke zwischen den sehr grundsätzlichen Überlegungen zur Unterscheidung von Werbestrategien sowie den sehr operativen Überlegungen zur Umsetzung in der Werbepraxis
(Mediaplan, Budgetplan etc.) zu schließen.
Konkrete Gestaltungshinweise für die Werbepraxis zur Entwicklung konsistenter und vollständiger Werbestrategien als Bestandteil eines umfassenden und konsistenten Werbeplanungsprozesses
Wie in der Problemstellung erläutert, scheitert die Anwendung systematischer Planung im Bereich der Werbestrategie u.a. daran, dass entsprechende vollwertige Modelle fehlen, deren
76
REICH, 2001; PESCHL, 1991, S. 41f.
23
praktische Relevanz einerseits belegt ist und die andererseits in ihrem Detaillierungsgrad für
die Werbeverantwortlichen in der Praxis relevant und damit potentiell adaptierbar sind.
Dementsprechend besteht ein Kernziel dieser Arbeit darin, ein Modell aufgabenorientierter
Werbestrategien zu entwickeln, das einen hohen Detaillierungsgrad sowie ein hohes Maß an
Anschaulichkeit aufweist. Dies ist jedoch nicht mit dem Ziel gleichzusetzen, ein checklistenbasiertes Regelwerk für erfolgreiche Werbestrategien zu generieren. Dies stünde im Widerspruch zu erfolgreicher Werbekreation, die gerade durch den Bruch mit Altbewährtem Aufmerksamkeit und Momentum generiert und damit Produkt- und Leistungsangeboten zu nachhaltigem Erfolg verhilft. Konsequenz daraus kann jedoch auch nicht eine unstrukturierte
Sammlung von Praxisbeispielen sein. Vielmehr besteht die Zielsetzung darin, anhand ausgewählter Best Practices Archetypen von Werbestrategien und die ihnen zugrunde liegenden
Prinzipien erkennbar zu machen. Durch den Einsatz der Fallstudienmethodik wird der spezifische Kontext jeder Kampagne sichtbar, so dass situative, kampagnenspezifische Einflüsse
transparent werden.
Die identifizierten Archetypen von Werbestrategien sollen dementsprechend in der Art ihrer
Darstellung einen deutlichen Leitfadencharakter haben, so dass der jeweils Werbeverantwortliche seine Kampagnenaktivität prüfen kann auf:
•
Vollständigkeit der gewählten Werbestrategie im Hinblick auf alle relevanten Dimensionen;
•
Konformität der gewählten Werbestrategie im Hinblick auf die identifizierten Archetypen
(Gibt es Abweichungen? Worin sind diese begründet? Besteht entsprechend Korrekturbedarf?) sowie
•
Übereinstimmung zwischen der jeweiligen leistungsbezogenen Marketingstrategie und der
gewählten Werbestrategie.
Vervollständigt wird die Darstellung der Werbestrategien durch eine Identifizierung der benötigten Kompetenzen zur entsprechenden Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle.
Darüber hinaus soll auf Grundlage bereits bestehender Strukturierungsansätze zum Werbeplanungsprozess sowie den in der empirischen Untersuchung generierten Anforderungen und Erfahrungswerten ein idealtypisches, Werbeplanungs-Prozessmodell entwickelt werden, das –
mit den Werbestrategien als Kernelement – eine effektive und effiziente werbliche Umsetzung von Marketingstrategien gewährleistet.
Um diese Forschungsziele zu erreichen, wird in folgenden Schritten vorgegangen:
Nachdem einleitend die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit erläutert wurden,
wird in Kapitel 2 zunächst die Werbeplanung als Gesamtprozess beschrieben, deren Kernelement die Werbestrategie ist. In Kapitel 3 werden Werbestrategien im Hinblick auf ihre
24
charakterisierenden Kernelemente beschrieben sowie wesentliche bisherige Systematisierungsansätze vorgestellt, kritisch analysiert und die entsprechenden Anforderungen an die
Entwicklung eines Werbestrategie-Modells spezifiziert.
Auf Basis der bisherigen Systematisierungsansätze werden in Verbindung mit der ProduktMarkt-Matrix von ANSOFF in Kapitel 4 erste theoretische Überlegungen zu einem noch zu
explorierenden Modell aufgabenorientierter Werbestrategien angestellt.
Das methodische Vorgehen zur Überprüfung des Grundmodells auf Basis eines Multi-CaseDesigns wird in Kapitel 5 erläutert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden anhand der
analysierten Kampagnenbeispiele als Fallstudien in Kapitel 6 dokumentiert und bewertet.
In Kapitel 7 erfolgen die Zusammenfassung der Fallstudienergebnisse zu einem ersten Modellentwurf aufgabenorientierter Werbestrategien, eine kritische Würdigung sowie das Aufzeigen des weiteren Forschungsbedarfs auf Basis dieser Untersuchung. Fazit und Ausblick in
Kapitel 8 bilden den Abschluss der Arbeit.
25
2. Werbeplanung als Teil des KommunikationsmanagementProzesses
2.1 Begriffsdefinition, Aufgaben
Werbestrategien als Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit sind Bestandteil eines Werbeplanungsprozesses, der wiederum Teil eines übergreifenden Kommunikationsplanungsmanagement-Prozesses ist. Das Konzept des Werbeplanungsprozesses impliziert dabei die Fähigkeit
des Unternehmens, die für die erfolgreiche Erfüllung dieser Werbe-Kernaufgaben notwendigen Ressourcen und Kompetenzen bereitzustellen und in sinnvoller Weise miteinander zu
verbinden (Outside-in-Perspektive) beziehungsweise die Ressourcen und Kompetenzen zu
besitzen, mit denen bestehende Marktpotentiale genutzt werden können (Inside-outPerspektive).77
Im Rahmen der Kommunikationspolitik spielt die Planung der Mediawerbung eine maßgebliche Rolle. Sie ist ein grundlegendes Element des gesamten Marketing-Mixes.78 Der unmittelbare Bezugsrahmen der Werbeplanung ist die Kommunikationsplanung bzw. Kommunikationsstrategie des Unternehmens, die sich wiederum aus der Marketingplanung ableitet.79
Unternehmensstrategie
Marketingstrategie
Zunehmende
Konkretisierung der
Strategie
Kommunikationspolitik
Werbeplanung
Media V.förderung Sponsoring PR Direkt-Marketing Messen & Events
Zunehmende Zahl der
Handlungsfelder
Abbildung 1: Die Werbeplanung in der Planungshierarchie des Unternehmens
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT 2000, S. 679
77
VON KROGH/ROOS, 1992, 1995
MURPHY/CUNNINGHAM, 1993, S. 25
79
BRUHN, 2005a, S. 298; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 32
78
26
Zahlreiche Autoren verweisen auf den Ableitungsbezug zwischen Marketing-, Kommunikations- und Werbeplanung80, den SCHULTZ und BARNES den cascade approach81 nennen.
Während Marketingkommunikation als „Übermittlung von Informationen und Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen verstanden werden
kann“82, umfasst das Kommunikationsmanagement sämtliche Entscheidungen über Ziele und
Maßnahmen zur Ausrichtung und Gestaltung der Kommunikation.83
Nach BRUHN ist Werbeplanung als ein systematisch-methodischer sowie integrativ ausgerichteter Prozess der Erkenntnis und Lösung werbedynamischer Problemstellungen zu verstehen.84 Zur Charakterisierung von (Media-)Werbeplanung werden folgende Merkmale herangezogen: Prozessbezogenheit, Rationalität, Zukunftsbezogenheit, Zielbezogenheit.85
2.2 Akteure
Die Akteure im Werbeplanungsprozess lassen sich generell unterscheiden nach:
•
unternehmensinternen und
•
unternehmensexternen Akteuren86
Unternehmensintern erfolgt die weitere Differenzierung hierarchisch in folgenden Ebenen:
1. Marketing- bzw. Kommunikationsverantwortlicher auf Vorstands- bzw. Geschäftsführungsebene;
2. Verantwortlicher in der Marketing- bzw. Kommunikationsfachabteilung (Leiter, Direktor);
3. Verantwortlicher in der Werbefachabteilung (Leiter, Direktor).
So liegt die Gesamtverantwortung für die Unternehmenskommunikation beim Vorstand bzw.
der Geschäftsführung. Diese Ebene hat nach BRUHN nicht nur die Integration der Kommunikation zu initiieren und zu koordinieren, sondern die Schaffung einer „Einheit der Kommunikation“ explizit als ihre Führungsaufgabe anzusehen.87 Dies impliziert auch die Verantwortung für die Schaffung der Rahmenbedingungen des Planungsprozesses der Mediawerbung.
Auf der Ebene der Marketing- bzw. Kommunikationsfachabteilung findet die Gesamtplanung
80
MEFFERT, 2000, S. 679; BRUHN, 2005a, S. 59
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 32
82
BRUHN, 2005b, S. 1
83
BRUHN, 2001, S. 390; KUSS/TOMCZAK, 2004b, S. 232
84
BRUHN, 2005a, S. 296
85
WILD, 1982, S. 13; SANDER, 1993, S. 263; BERNDT, 1995, S. 7
86
BRUHN, 2005a, S. 303; WEESER-KRELL, 1987, S. 29 ff.
87
BRUHN, 2005a, S.303
81
27
der Kommunikation statt, was die Rahmenbedingungen für die Mediawerbeplanung einschließt.
Die operative Planungs- und Umsetzungsverantwortung für die Mediawerbung liegt auf der
dritten Hierarchiestufe, der Werbefachabteilung. Auf Basis der Planung der hierarchisch höhergelagerten Verantwortlichen werden hier alle werbebezogenen Maßnahmen analysiert, geplant, durchgeführt und kontrolliert.88 Die handelnden Akteure fungieren häufig als übergreifend verantwortliche Werbeleiter oder Advertising Director bzw. Brand Manager89 oder haben spezifische Verantwortungen für einzelne Disziplinen (z. B. Leiter OnlineCommunications). Gerade in multinationalen Unternehmen mit breiten Marken-Portfolios wie
z. B. Unilever oder Procter & Gamble übernehmen die jeweils verantwortlichen Product Manager90 zahlreiche Aufgaben im kampagnenbezogenen Werbeplanungsprozess.
Relevante unternehmensexterne Akteure im Werbeplanungsprozess sind:91
•
Werbeagenturen (insbesondere Full-Service-Agenturen);
•
Media-Agenturen und
•
Marktforschungsinstitute.
Während Werbeagenturen in der Ausprägung als Full-Service-Agentur92 in der Regel die
konzeptionelle Planung und kreative Umsetzung einer Werbekampagne verantworten, fokussiert die Media-Agentur auf die Auswahl und Steuerung der Belegung verschiedener Werbeträger. Marktforschungsinstitute flankieren diesen Entwicklungsprozess durch regelmäßige
Analysen und Tests.
Sowohl unternehmens- wie auch externe Akteure sind an den Phasen des Werbeplanungsprozesses zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Intensität beteiligt.
Das operative Gegenüber des werbetreibenden Kunden sind auf Agenturseite klassischerweise
der Accountant bzw. Berater und der Creative Director (CD) als Vertreter der Kerndisziplinen Kreation und Beratung. Speziell im Hinblick auf die strategische Entwicklungsarbeit
werden diese ergänzt durch einen Planner bzw. Account Planner.93 Die Position des Planners
hat ihren historischen Ursprung im angelsächsischen Werbemarkt. Traditionell ist der Account Planner dort das strategisch-inhaltliche Gegenüber des werbetreibenden Kunden auf
Agenturseite. Die zentrale Aufgabe des Planners besteht darin, gemeinsam mit dem Kunden
die Kampagnenstrategie zu entwickeln und zu definieren und in Form eines Creative Briefs
als verbindliche Aufgabenstellung für die gestaltenden Agentur-Mitarbeiter zu fixieren. Ins88
BRUHN, 2005a, S. 304
HANKINSON/COWKING, 1997, S. 22
90
KOPPELMANN, 2000, S. 7
91
BRUHN, 2005a, S. 305
92
BRUHN, 2005a, S. 305 ff.
93
SCHULZE, 2001, S. 17; GIESEKING, 2005, S. 21
89
28
besondere in größeren Agenturen in den USA und Großbritannien kommt Account-Plannern
im Werbeplanungsprozess eine hohe Bedeutung zu. Dementsprechend sind ihre Aufgaben, ihre Einsatzfelder und Kompetenzen in zahlreichen Publikationen beschrieben und analysiert
worden.94 Darüber hinaus gibt es für den angelsächsischen Raum generell umfangreiche und
vielfältige Untersuchungen zu den Rollen und Arbeitsprozessen der am Werbeplanungsprozess beteiligten Personen, dabei insbesondere zur Beziehung zwischen werbetreibenden Unternehmen und ausführenden Kunden.95
Im deutschen Werbemarkt ist der Stellenwert des Planning generell und somit auch die Funktion des Planners im Werbeplanungsprozess gegenüber den angelsächsischen Ländern deutlich geringer.96 Zum einen verfügen oftmals nur die größeren (Network-)-Agenturen über eigene Planning-Abteilungen, die systematisch jeden Kunden betreuen, zudem hat das Planning
insbesondere bei den sogenannten Kreativ-Agenturen eher unterstützenden Charakter, der
Planner bestimmt jedoch nicht federführend die Kampagnenstrategie.
Dennoch hat in den letzten Jahren angesichts der gewachsenen Komplexität von Werbekommunikation (insbesondere in Hinsicht auf das Thema integrierte Kommunikation) das Leistungsfeld Planning eine wachsende Bedeutung bekommen, was sich in einem entsprechenden
personellen Ausbau und höheren Kompetenzzuweisung niederschlägt.97
2.3 Prozessmodelle: Phasen und Elemente
Auf die Notwendigkeit von Werbeplanung wies SAMPSON bereits 1918 hin, als er im Kapitel „Advertising strategy“ schrieb: „Far more than the actual writing of the advertisement is
the planning.“98
Generell bedingen folgende Faktoren eine wachsende Relevanz von definierten Werbeprozessmodellen:
•
Die Komplexität des Arbeitsprozesses insgesamt ist vor dem Hintergrund der wachsenden
Bedeutung integrierter Kommunikation im Hinblick auf die Anzahl der Arbeitsschritte
sowie der beteiligten Akteure enorm gestiegen99;
•
der kostenseitige enorme Ressourceneinsatz zwingt zu einer effizienten und effektiven
Organisation des Planungsprozesses.100
94
MORRISON./HALEY, 2006, S. 129 f.; BARRY./PETERSON/TODD, 1987; HACKLEY, 2003a, S. S. 237
ff.; STEEL, 1998; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 428 ff.
95
MORRISON/HALEY, 2006, S. 130 f.; BARRY/PETERSON/TODD, 1987; HACKLEY, 2003b, S. 55;
STEEL, 1998; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 427
96
SCHULZE; 2001, S. 17
97
AMIRKHIZI, 2004, S.23; RICHTER, 2004, S. 37
98
SAMPSON, 1918, S. 12
99
KLOSS, 2007, S. 113 ff.
100
BRUHN; 2005a, S. 117
29
Die Elemente des Werbeplanungsprozesses implizieren die benötigten Ressourcen und Kompetenzen, um Werbestrategien systematisch entwickeln und umsetzen zu können. Dementsprechend bildet ein umfassender Werbeplanungsprozess die Voraussetzung dafür, dass der
Transfer der Marketing- bzw. Kommunikationsstrategie in eine (Media-)Werbestrategie konsistent, vollständig und adäquat verläuft, wobei die Werbestrategie und -konzeption die operative Weiterführung des Kommunikationsteils der Marketingstrategie beschreibt.
Insofern basieren die nachfolgenden Überlegungen im Hinblick auf den Ableitungscharakter
des Werbeplanungsprozesses auf den Überlegungen von BURGELMANN zu einem induzierten strategischen Verhalten.101
Somit kann eine entsprechende Werbeplanungsstruktur und -prozesskompetenz zur Voraussetzung für kommunikativen Erfolg und auf Seiten der Werbeverantwortlichen zu einem differenzierenden Wettbewerbsfaktor werden.
Nachfolgend wird dementsprechend der Status-Quo in Wissenschaft und Praxis zum Werbeplanungsprozess dokumentiert, analysiert und bewertet.
Wissenschaftliche Überlegungen zur Strukturierung des Werbeplanungsprozesses bzw. des
advertising management process102 reichen zurück bis in die fünfziger Jahre. Komplexere
Darstellungen dieses Prozesses im Sinne von Ablaufplänen bzw. -modellen gibt es seit den
siebziger Jahren.103 Die Varianz von Werbeplanungs- bzw. Werbeablaufmodellen ist dabei
enorm. Sie reicht von stark simplifizierten, linearen Modellen im Sinne von major decisions
in advertising104 zu komplexen Ablaufdiagrammen, die einen parallelen bzw. iterativen Prozessverlauf vorsehen.
Allen Modellen gemeinsam ist, dass sie auf dem konzeptionellen Strategieplanungsmodell der
sogenannten Design School basieren.105 MINTZBERG kritisiert am präskriptiven Ansatz der
Design School, die ihm zugrundeliegende mechanistische, formalistische und rein analytische
Denkhaltung.106 Nach MINTZBERG ist die Planungspraxis vielmehr geprägt durch inkrementelle, nichtlineare und nachträglich rationalisierte Prozesse.107
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick zu allen komplexeren Strukturierungsansätzen
in Form von Ablaufmodellen. Die jeweils grafische Darstellung dieser Ablaufmodelle befindet sich in der Anlage zu dieser Arbeit.
101
BURGELMANN, 1983, S. 231 f.
ASSAEL, 1995, S. 390
103
SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 9
104
ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 370
105
MÜLLER-STEVENS/LECHNER, 2003, S. 73; MINTZBERG/AHLSTRAND/LAMPEL, 1999, S. 77 ff.
106
MINTZBERG, 1994, S. 107 ff.; MINTZBERG,1990, S,. 171ff.
107
MINTZBERG/AHLSTRAND/LAMPEL, 1999, S. 7 ff.
102
30
Alle Modelle weisen in zweierlei Hinsicht die gleiche Grundstruktur auf: Sie unterscheiden
erstens verschiedene Arbeitsphasen (z. B. Durchführung), die in der Regel mit unterschiedlichem Detailgrad bestimmte Themenkomplexe (z. B. Mediaplanung) oder konkrete Maßnahmen (selecting media) beinhalten. und machen zweitens Angaben zur Planungsrichtung (einseitig-linear, parallel-linear, iterativ).
Darüber hinaus definieren einige Modelle Teilergebnisse (z. B. Briefing) als Abschlusselemente einzelner Arbeitsphasen (Milestones).
Autor/-en
Jahr
Phasen und Teilschritte/ Maßnahmen
ProzessCharakter
Sandage/
Fryburger
1975
Research (Consumer Research, Product Analysis, Market
Analysis); Strategic Planning (Objectives, Appropriation,
Creative Strategy, Media Strategy); Tactical Decisions
(Budgeting and Control, Media Selection, Scheduling);
Advertisement Construction (Copywriting, Art and
Layout, Production)
linear
Nylen
1980
Analysis of problems and opportunities facing product;
formulation of advertising objectives; defining of advertising programs; implementation of programs; evaluation
of actual performance
linear
Roth
1981
Datenkranz, Zielplanung, Strategieplanung,
Positionierung, Copy-Strategie (Zielgruppe, Produktversprechen, Tonalität); Gestaltungsplanung; Programmplanung; Mediaplanung; Mittelplanung; Zeitplanung,
Budgetplanung; Durchführung; Kontrolle
linear
Ray
1982
Situation analysis (company strengths, weaknesses,
objectives/product characteristics and price/buyer
segments, characteristics and behaviour competion/
trade/past experience with communication elements);
Marketing Objectives (overall objectives of the total
program, sales votes, various social acts – by segment,
time, and area); Size of total communication budget;
Advertising: Tentative Budget; Communication goals;
Message Strategy: Positioning and Format;
Message Distribution Plan; Budget Allocation; Specific
Implementation; Control and evaluation information
system (continuous measurement of communication and
sales effects for all mix elements, separately and in total,
by time, area, and segment)
iterativ
parallel
Dunn/Barban
1982
Research Inputs (consumer research, product research,
market analysis, competitive situation); Strategic
decisions (setting objectives, defining target markets,
determining appropriation, deciding message strategy,
deciding media strategy, coordinating with other
marketing factors); Tactical execution (setting budget,
establishing controls, writing and producing ads and
commercials, selecting and scheduling media vehicles;
Measuring the effectiveness of advertising
iterativ
31
Assael
1985
Establish advertising objectives, develop advertising
strategies, establish and allocate the advertising budget,
select media, evaluate advertising effectiveness
iterativ
Rogge
1990
Werbevorbereitung (Unternehmens- Markt- und Werbeanalyse; Werbeplanung (Ziel-, Budget-, Zielgruppenbestimmung, Aussagenkonzeption, Mittel- und Trägerauswahl; Werbedurchführung (Werbemittelkonzeption,
Mittelherstellung und -streuung);
Werbekontrolle (Vortests, Nachtests, Prognose)
linear
Berekoven
1995
Werbevorbereitung (Situationsanalyse: Unternehmens/Marketingziele; Leistungsprogramm/Werbeobjekte;
Markt und sonstige Umwelt); Strategieplanung (Budgetplanung, Zielplanung: Zielbestimmung, Zielgruppe;
Werbemittelstrategie: Aussagenkonzeption/CopyStrategie, Mittelbestimmung, Mediastrategie);
Detailplanung (Werbemittelkonzeption: Entwürfe;
Scribbles, Pretests/Forschung, Media-(Fein-)Auswahl;
Durchführung (Werbemittelherstellung, Werbemittelstreuung, Mediaeinsatz); Kontrolle (Posttests/Soll-IstVergleich, Abweichungsanalyse)
iterativ
Behrens
1996
Bestandsaufnahme; Zielgruppenbestimmung bzw.
Kommunikationsziele; Briefing; Kommunikationsstrategie, Gestaltung, Streuung
linear
parallel
Bruhn
2005
Situationsanalyse; Festlegung der Werbeziele, Zielgruppenplanung der Mediawerbung; Festlegung der
Werbestrategie; Budgetierung der Mediawerbung;
Mediaplanung, Maßnahmenplanung, Erfolgskontrolle der
Mediawerbung, Integration der Mediawerbung in den
Kommunikationsmix (parallel)
Iterativ
Parallel
Schweiger/
Schrattenecker
2005
Werbeanalyse; Zielgruppenplanung, Festsetzen der
Werbeziele, Bestimmung des Werbebudgets,
Werbekonzept (Formulierung und Gestaltung der Werbebotschaft, Mediastrategie, Mediaselektion, Frequenz, Timing); Prognose der Werbewirkung; Abstimmung mit
den anderen Kommunikations-instrumenten (parallel)
iterativ
parallel
Armstrong/
Kotler
2007
Objectives Setting (Communication objectives, sales
objectives); Budget decisions (affordable approach,
percent of sales, competitive parity, objective and task);
Message decisions (message strategy – execution);
Media decisions (Reach, frequency, impact, major media
types, specific media vehicles, media timing);
Advertising evaluation (communication impact, sales and
profit impact, return on advertising)
parallel
Abbildung 2: Übersicht verschiedenen Ansätze zum Ablauf des Werbeplanungsprozesses
Quelle: Eigene Darstellung
32
Arbeitsphasen, Maßnahmen und Dokumente
Trotz unterschiedlicher Bezeichnungen (Datenkranz, Ist-Analyse, Werbevorbereitung, Situationsanalyse) und Detaillierungsgrade ist der Mehrheit108 der untersuchten Ablaufmodelle
zum Werbe-Planungsprozess eine Analysephase zu Beginn des Prozesses gemeinsam. Diese
umfasst in der Regel die Analyse des Marktes, der Wettbewerber sowie des zu bewerbenden
Produktes und des werbenden Unternehmens.
Deutliche Abweichungen gibt es dagegen in der Strukturierung des nachfolgenden Planungsprozesses. Während es in der Mehrheit der dargestellten Modelle eine hohe Übereinstimmung
in den genannten Einzelelementen bzw. Arbeitsthemen gibt (Zielgruppen, Ziele, Budget, Gestaltung, Media) unterscheiden einige Autoren, den Einzelschritten und -maßnahmen übergeordnet zwischen „Werbestrategie“ und „Werbekonzept“109, zwischen „Strategie-„ und „Detailplanung“110 bzw. zwischen „Strategieplanung“ und „Gestaltungsplanung“111.
So verdeutlicht ROGGE112 in seiner Darstellung den fließenden Übergang im Werbeplanungsprozess zwischen strategischen und operativ-konzeptionellen Fragestellungen, indem er
parallel zu den Arbeitsphasen Werbeplanung und -durchführung zusätzlich unterscheidet zwischen einen „strategischen Bereich“ – der die gesamte Phase Werbeplanung umfasst – und einem „taktischen Bereich“. Strategischer und taktischer Bereich überlappen sich in den Prozessschritten Aussagenkonzeption, Mittelauswahl und Trägerauswahl.113
Der Begriff „Strategie“ als Prozessbestandteil der Werbeplanung taucht explizit nur bei
BRUHN (Werbestrategie), BEHRENS (Kommunikationsstrategie), ASSAEL (advertising
strategies) und BEREKOVEN (Strategieplanung) sowie ROTH (Strategieentscheidung) auf.
DUNN und BARBAN sprechen von „Strategic decisions“, die im Hinblick auf die übergeordneten Ziele, die anvisierten Zielmärkte sowie den Einsatz von Media zu treffen seien.
Dem strategischen Bereich des Werbeplanungsprozesses werden dabei immer die Themen
Werbeobjekt, Ziele, Zielgruppe, zugeordnet.114 Dagegen gibt es für die Gestaltung der Werbung (Copy-Strategie) und ihre Streuung (Media-Strategie) unterschiedliche Zuordnungen.
Während SCHWEIGER und SCHRATTENECKER sowie ROTH beide als eindeutig operativ-konzeptionell begreifen, ist BRUHN der Auffassung, dass sowohl die Leitidee zur Gestal108
BEREKOVEN, 1995, S. 73; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161; SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 9; BEHRENS, 1996, S. 142; DUNN/BARBAN, 1982, S. 202; ROGGE, 1990,
S. 35
109
BRUHN, 2005a, S. 299
110
BEREKOVEN, 1995, S. 73..
111
ROTH, 1981, S. 624
112
ROGGE, 1990, S. 35
113
ROGGE, 1990, S. 35
114
BEREKOVEN, 1995, S. 71..; ROTH, 1981, S. 624
33
tung wie auch die Basisstrategie zum Mediaeinsatz Teil der Werbestrategie sind, während
Copy- und Mediastrategie in der Durchführungsphase ausgearbeitet werden.115
Der Begriff „Werbekonzept“ wird in den Werbeplanungsmodellen nur von SCHWEIGER und
SCHRATTENECKER verwendet. Sie fassen unter diese Prozessphase die Arbeitsschritte Formulierung und Gestaltung der Werbebotschaft, Mediastrategie, Mediaselektion, Frequenz sowie Timing zusammen.116 In den übrigen Prozessmodellen taucht Werbekonzeption nur als Werbemittelkonzeption
auf.117 Ansonsten werden konzeptionelle Aufgaben und Tätigkeiten entweder dem (werbe-
)strategischen Teil118, der Detailplanung119 oder bereits der Prozessphase der operativen Umsetzung120 zugeordnet.
In einigen Darstellungen bildet das Briefing der ausführenden Werbeagentur durch das werbende Unternehmen einen Ergebnis-Zwischenschritt im strategischen bzw. konzeptionellen
Prozess. Für BRUHN ist das Briefing quasi das Kondensat der Werbestrategie.121
Als weitere arbeitsphasenbezogene Dokumente werden z. T. die Copy-Strategie122 sowie der
detaillierte Mediaplan genannt.
Mehrheitlicher Bestandteil der dargestellten Modelle ist nach der Vorbereitungs-, Strategieund Konzeptionsphase eine Durchführungs- bzw. Umsetzungsphase, in der die Werbemittel
konkret produziert (gedruckt, gefilmt etc.) und geschaltet (Print) bzw. gesendet (Fernsehen,
Radio) werden. Ebenso ist in allen Modellen eine abschließende Kontrollphase fester Bestandteil des Werbeplanungsprozesses.
Planungsrichtung
Generell wird in der Projektmanagement-Literatur u.a. von KNÖSS und KRESSMANN123 für
die Planungsrichtung zwischen Top-down, Bottom-up und iterativem Planungs-Ansatz unterschieden. Die vorliegenden Modelle unterstellen grundsätzlich einen Top-Down-Ansatz, da
sich die Werbeplanung aus der Marketingplanung und diese wiederum aus der Unternehmensplanung ableiten. Insofern lässt sich eine Differenzierung in der Planungsrichtung noch
in anderer Weise bei den vorliegenden Modellen feststellen:
•
115
einseitig linear (one way)124;
BRUHN, 2005a, S. 298
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161
117
ROGGE, 1988, S. 35; BEREKOVEN, 1995, S. 17
118
ROTH, 1981, S. 624; ROGGE, 1990, S. 35
119
BEREKOVEN, 1995, S. 17
120
Rogge, 1988, S. 35
121
BRUHN, 2005a, S. 390
122
SANDAGE, C.H./FRYBURGER, V., 1975, S. 289 ff.; Aaker, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PICKERT, M., 1994, S. 78 ff.
123
KNÖSS/KRESSMANN, 2005, S. 73 ff.
124
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 34
116
34
•
parallel linear;
•
iterativ.
Während z. B. in den Ablaufprozessen von DUNN und BARBAN125, SANDAGE und FRYBURGER126 sowie NYLEN127 der Prozessverlauf linear ist, also auf eine Arbeitsphase die
nächste folgt, gehen ARMSTRONG und KOTLER128 sowie ASSAEL129 davon aus, dass einige Arbeitsphasen parallel-linear ablaufen. BRUHN130, BEHRENS131, RAY132 sowie auch
SCHWEIGER und SCHRATTENECKER133 implizieren dagegen einen iterativen Arbeitsprozess, in dem z. B. die Budgetierung nach erstmaliger Fixierung im Folgeprozess modifiziert
wird, wenn die Ergebnisse der nachfolgenden Media- und Maßnahmenplanung dies entsprechend erforderlich machen.134
Charakteristisch für alle Modelle ist auch eine deutliche Inside-out Orientierung. SCHULTZ
und BARNES weisen auf die Defizite dieses Ansatzes, exemplarisch dargestellt am Modell
von RAY, hin und entwickeln quasi als ein Gegenmodell ein Outside-In-Campaign PlanningModel (grafische Darstellung siehe Anlage).135 In diesem Modell ist der Ausgangspunkt der
bestehende bzw. potentielle Kunde in Form der Zielgruppe, die aufgrund soziodemografischer
und psychografischer Daten segmentiert wird, so dass für jedes Teilsegment ein spezifisches
Kontaktmanagement sowie eine Kommunikationsstrategie mit dem entsprechenden Mediaeinsatz entwickelt und umgesetzt wird.136 Allerdings verzichten SCHULTZ und BARNES
auf eine Spezifizierung dieses Perspektivwechsels für den konkreten Werbeplanungsprozess.
Außerdem findet diese kundenzentrierte Perspektive Berücksichtigung in den Überlegungen
von BRUHN137 und BEHRENS138 zur Differenzierung der Media-Strategie nach KundenGruppen und dem Einsatz verschiedener, zielgruppenabhängiger Werbemotive sowie den
Modellen von DUNN und BARBAN sowie ASSAEL, die in einem iterativen Prozess-Verlauf
Rückkopplungselemente, sogenannte Feedback-Loops (z. B. auf Basis von Pretests), vorsehen.
125
DUNN/BARBAN, 1982, S. 202
SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 9
127
NYLEN, 1980, S. 72
128
ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 370
129
ASSAEL, 1985, S. 390
130
BRUHN, 2005a, S. 299
131
BEHRENS, 1996, S. 142
132
RAY, 1982, S. 54
133
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161
134
BRUHN, 2005a, S. 299
135
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 27 ff.
136
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 35 f.
137
BRUHN, 2005a, S. 298 ff.
138
BEHRENS, 1995, S. 23 ff.
126
35
2.4 Zusammenfassung
Auf Grundlage der vorliegenden Prozessmodelle sind zwei Aspekte zu diskutieren:
1. Die Qualität bestehender Werbeplanungs-Prozessmodelle;
2. der Stellenwert von Werbestrategie als Kernelement eines WerbeplanungsProzessmodells.
Die Qualität bestehender Werbeplanungs-Prozessmodelle
Die vorgestellten Prozessmodelle unterscheiden den Werbeplanungsprozess nach zahlreichen
einzelnen Arbeitsschritten, die strategischen, konzeptionellen und operativen Charakter haben.
Kritisch zu bewerten ist bei der Mehrheit der Modelle die fehlende Stringenz und begriffliche
Eindeutigkeiten in Verbindung mit einem zum Teil sehen hohen Abstraktionsgrad. So haben
insbesondere die Werbeplanungsstrukturen von RAY sowie DUNN und BARBAN stärker
den Charakter von Aufgabenlisten als von Prozessmodellen. Insbesondere bei ASSAEL und
NYLEN schränkt der hohe Abstraktionsgrad der Prozessstufen (z. B. Definition of Advertising Programs“ bei NYLEN) die praktische Anwendung deutlich ein. Oftmals bleiben Prozessstufen insbesondere im Hinblick auf Ziele, Aufgaben und Maßnahmen diffus, weil die
Autoren über die grafische Darstellung hinaus keine detaillierte Erläuterung ihres Werbeplanungsmodells liefern. Dies schließt eine fehlende Akteursdifferenzierung bzw. RessourcenPerspektive ein. Die Aufgabenverteilung in den jeweiligen Arbeitsphasen zwischen den Prozessbeteiligten (Unternehmen, externe Dienstleister) wird in keinem der Modelle spezifiziert.
Weiterhin kritisch zu bewerten ist die fehlende empirische Basis. Für keines der Modelle geben die Autoren Hinweise auf die Werbepraxis du einen möglichen Erhebungs- oder Verwendungszusammenhang. Insofern ist die handlungsleitende Qualität dieser Modelle für die Werbepraxis zu hinterfragen.
Trotz intensiver Literatur-Recherchen konnten keine vollständig dokumentierten Werbeplanungs-Prozessmodelle ermittelt werden, die nachweislich von werbetreibenden Unternehmen
oder ihren Dienstleistern in der Praxis eingesetzt werden. Hier besteht die Vermutung, dass es
zwar in der Praxis entsprechende Routinen gibt, diese jedoch in der Regel nicht dokumentiert
sind beziehungsweise wenn sie dokumentiert sind, es keinen Bezug zu theoretischen Modellen gibt.
Gleichzeitig legen die identifizierten Defizite der vorliegenden Modelle die Vermutung nahe,
dass sich ihr Einsatz in der Praxis tendenziell schwierig gestaltet, weil die möglichen Anwender die Praxistauglichkeit der Modelle infrage stellen. Die größte Hürde dürfte der z. T. relativ
hohe Abstraktionsgrad in der Darstellung (insbesondere ASSAEL, DUNN; BARBAN, BEHRENS, BRUHN) sein sowie die Linearität der der dargestellten Abläufe (DUNN und BAR-
36
BAN; SANDAGE und FRYBURGER; NYLEN), die im Widerspruch zur iterativen Werbeprozessrealität stehen.
Angesichts einer Vielzahl an publizierten Werbeplanungsmodellen, die in der Praxis jedoch
offensichtlich keine wirkliche Verwendung finden, stellt sich die Grundsatzfrage, ob solche –
ob nun optimiert oder nicht – von den Verantwortlichen überhaupt für ihre tägliche Arbeit benötigt werden. Hierzu gibt es von erfahrenen Werbepraktikern wie OGILVY139 sowie JUNG
und VON MATT140 eine deutliche Bekräftigung der Notwendigkeit klar strukturierter und
ausreichend dokumentierter Werbeplanungsprozesse.
Wenn somit die Notwendigkeit klar strukturierter Werbeplanungsprozesse prinzipiell von der
Praxis anerkannt wird, bleibt die Frage, warum es bislang offensichtlich zwischen der entsprechenden Werbetheorie und der Praxis keine hinreichende Interaktion gegeben hat, als
dessen Ergebnis ein empirisch fundiertes und für die Planungspraxis handlungsleitendes Modell generiert wurde.
Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass analog den Studienergebnissen von GABRIEL ET
AL. zum fehlenden Einsatz aktueller Werbewirkungsmodelle in der kreativen Praxis neben
Know-how-Defiziten bei den Akteuren im Werbeplanungsprozess141 eine generell fehlende
bzw. nur schwach ausgeprägte Struktur- und Prozesskompetenz als Voraussetzung für den
Einsatz vollständiger und konsistenter Werbeplanungs-Ablaufmodelle die Ursache ist.
Somit ergibt sich im Rahmen des zentralen Forschungsgegenstandes „Werbestrategien“ die
Notwendigkeit, diese nicht isoliert zu betrachten, sondern als festen Bestandteil eines konsistenten, praxisnahen Werbeplanungsmodells. Aus den oben skizzierten Defiziten bestehender
Ablaufmodelle ergeben sich die entsprechenden Anforderungen für ein Modell, das einen idealtypischen Kampagnen-Prozessverlauf strukturiert und den Bedarf von Ressourcen und
Kompetenzen transparent macht. Deutlich geworden ist auch, dass „Werbestrategie“ und
„Werbeplanung“ nicht isoliert betrachtet werden sollten, sondern in Verbindung mit den notwendigen strukturellen Rahmenbedingungen und Kompetenzen der beteiligten Akteure.
Der Stellenwert von Werbestrategie als Kernelement eines Werbeplanungs-Prozessmodells
Charakteristisch für die vorgestellten Ablauf- und Prozessmodelle der Werbeplanung ist ihre
stark konzeptionell-operative Ausrichtung142. Dennoch werden die Begriffe „Strategie“ und
„strategisch“ von mehreren Autoren verwandt, jedoch in der Regel zur Beschreibung einer
Planungsphase, die mehrere strategische und konzeptionelle Arbeitsschritte umfasst.143 Nur
139
OGILVY, 2000, S. 19
JUNG/VON MATT, 2004, S. 27 f.; JUNG/VON MATT, 2008, S. 88 f.
141
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f.
142
Wobei die Konzeption von Werbung als Arbeitsphase von ihrer operativen Umsetzung zu trennen ist. In vielen Darstellungen erfolgt jedoch keine klare Differenzierung zwischen beiden Phasen.
143
ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624; BEREKOVEN, 1995, S. 17
140
37
BRUHN verwendet den Begriff (Werbe-) Strategie als eindeutig definiertes, eigenständiges
Prozesselement der Werbeplanung.144
Offensichtlich wird von der Mehrheit der Autoren der Begriff als angemessen für die Beschreibung de entsprechenden Arbeitsschritte im Werbeplanungsprozess begriffen, ohne dass
Sie ihn jedoch – mit Ausnahme von BRUHN hinreichend explorieren und definieren, um ihn
von dem Begriff der Werbekonzeption deutlich abzugrenzen.
Angesichts dieses Defizits stellt sich – analog zum Werbeplanungsprozess insgesamt – die
Frage, ob es überhaupt einer Werbestrategie als eigenständiges Planungselement bedarf. Die
Notwendigkeit eines effizienten und effektiven Mitteleinsatzes durch die systematische Planung von Werbung könnte streng genommen auch durch die konsistente Umsetzung werbekonzeptioneller Arbeitsschritte (insbesondere Werbemittelkonzeption, Mediaplan) gewährleistet werden. Dem widerspricht jedoch eine Reihe von Autoren. So plädieren u.a. ALTSTIEL und GROW145 sowie JONES sehr deutlich für die Notwendigkeit von advertising strategy im Planungsprozess. Sie fordern eine klare Trennung werbestrategischer Planungen von
den kreativen und taktischen Aktivitäten. Ihre Argumente lassen sich mit den folgenden
Kernargumenten zusammenfassen:
•
Ableitungskonsistenz: Eine Marketingstrategie ersetzt keine Werbestrategie. Vielmehr
bedarf es einer eigenständigen Werbestrategie, die sich aus den zentralen Eckpunkten der
Marketing- bzw. Kommunikationsstrategie ableitet. Sowohl die zentralen Begrifflichkeiten einer Werbestrategie als auch ihr Abstraktionsniveau entsprechen mehr dem definitorischen Rahmen von Strategie als von Konzept.146 Würde man somit von der Marketingbzw. Kommunikationsstrategie übergangslos ein auf operative Umsetzung ausgerichtetes
Werbekonzept ableiten, blieben grundlegende strategische Aspekte (Zielgruppe, Ziele,
Positionierung) möglicherweise unzureichend diskutiert und definiert. Insofern bedingt
die Werbestrategie top-down einen Effektivitätsgewinn (Wird nach den Vorgaben der
Marketingstrategie für das Richtige geworben?).
•
Komplexität: Die gewachsene Komplexität bei der Planung und Durchführung von Werbung bedingt ein strategiegeleitetes Vorgehen.147 Die verschiedenen operativen Einzelmaßnahmen müssen auf den gleichen strategischen Vorgaben basieren. Insofern leistet die
Werbestrategie bottom-up einen Effizienzgewinn (Wird das Richtige in der richtigen Weise beworben)?
•
Anspruch der Langfristigkeit: Gegenüber kurzfristig, oftmals auch taktisch geprägten
Kreativkonzepten zeichnet sich eine Werbestrategie durch ihren Anspruch auf Langfristigkeit aus.148
144
BRUHN, 2005a, S. 298 ff.
ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff.; JONES, 1999, S. 160 ff.
146
BRUHN, 2005a, S. 297 f.
147
ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff.
148
JONES, 1999, S. 160; BRUHN, 2005a, S. 323
145
38
•
Messbare Erfolgskontrolle: Dadurch, dass eine Werbestrategie Ziele und Erfolgsparameter
definiert, bildet sie – im Gegensatz zu rein konzeptionellen Überlegungen – die Grundlage
für eine systematische Erfolgskontrolle.149
Insbesondere JONES verweist auf die praktische Bedeutung einer Werbestrategie als einem
Dokument, das die Grundlage für alle nachfolgenden konzeptionellen und kreativen Überlegungen bildet, die wiederum in Folgedokumenten wie dem Briefing oder dem Mediaplan dokumentiert werden. Dies deckt sich mit der Definition von KOSCHNICK, wonach die Werbestrategie „die wesentlichen Bauteile des Werbeplans in komprimierter Form fixiert.“150
Es herrscht somit in der vorliegenden Literatur Einigkeit darüber, dass Anspruch und Komplexität des Werbeplanungsprozesses für die strategische Planungsarbeit einen relevanten
Stellenwert bedingen. Insofern wird mit der Werbestrategie der notwendige Handlungsrahmen festgelegt, um sicherzustellen, dass alle operativen (taktischen) Instrumente auch zielführend eingesetzt werden.151
Welche Funktion jedoch eine solche Werbestrategie konkret hat, welche Kernelemente sie beinhaltet und in welcher Weise sie sich möglicherweise differenzieren lässt, ist nachfolgend zu
klären.
149
ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 20
KOSCHNICK, 1996, S. 1156
151
Vgl. BECKER, 2002, S. 140
150
39
3. Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses
3.1 Begriffsdefinition und Aufgaben
Vor allem in der – oftmals älteren - allgemeinen betriebswirtschaftlichen bzw. MarketingFachliteratur wird häufig der Begriff Werbearten als universeller Ordnungsbegriff verwandt.152 In der Regel werden Werbearten unterschieden im Hinblick auf die Art des Werbetreibenden, der Werbeobjekte, den Werbesubjekten bzw. Zielgruppen, den geografischen
Einsatzgebieten, den Werbeträgern und -mitteln, den Werbezielen, den Werbebotschaften
bzw. Ausdrucksformen, der (angestrebten) Werbewirkung, sowie dem Timing der Werbekommunikation.153
Im Hinblick auf die Unterscheidung nach Werbezielen subsumiert der Begriff „Werbeart“
somit auch Aspekte der Werbestrategie.
Insofern ist der Begriff Werbestrategie in der Werbewissenschaft lange nicht explizit verwendet worden. Vielmehr haben sich die verschiedenen Autoren damit begnügt, die strategischen
Elemente des Werbeplanungsprozesses (Ziele, Zielgruppe etc.) als einzelne Arbeitschritte zu
beschreiben, ohne sie jedoch systematisch zueinander in Beziehung zu setzen, als „Werbestrategie“ begrifflich zusammenzufassen und in der Konsequenz unterschiedliche Strategiearten
oder -typen zu klassifizieren.
Erste Klassifizierungsversuche durch GUTENBERG, SEYFFERT und BEHRENS fokussieren vorrangig auf den Aspekt der Werbeziele als die Strategie determinierendes Element, verzichten jedoch weitestgehend darauf, diese in Bezug zu den anderen Strategieelementen zu
setzen.
Den Begriff Werbestrategie (advertising strategy) wurde explizit erstmals 1918 von
SAMPSON154 verwandt, später dann auch von FAISON155, KROEBER-RIEL156 sowie
SCHULTZ und BARNES157, wobei sie keine über eine beschreibende Charakterisierung hinausgehende eindeutige Begriffsdefinition liefern. Häufig werden zudem unter (Werbe-)
„Strategie“ und „strategisch“ auch eindeutig konzeptionelle und operative Arbeitsschritte subsumiert.158 Beides hat zur Konsequenz, dass nach SCHMIDT die Begriffe „Werbestrategie“
und „Werbekonzeption“ in den vorliegenden Darstellungen oftmals „nicht trennscharf“159
152
SEYFFERT, 1929, S. 653 ff.; BORDEN, 1937; S. 3, S. 339
HUNDHAUSEN, 1954, S. 105 f.; BEHRENS, 1963, S. 15 ff.; 1975, S. 5 ff.; SEYFFERT, 1966, S. 29 ff.;
DUNN/BARBAN, 1982, S. 11 f. ; TIETZ/ZENTES, 1980, S. 111 ff.; SEIDEL/TEMMEN, 2006, S. 94;
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 706
154
SAMPSON, 1918, S. 12 ff.
155
FAISON, 1980, S. 261 ff.
156
KROEBER-RIEL, 1988, S. 29
157
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 149 ff.
158
ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624; BEREKOVEN, 1995, S. 17
159
SCHMIDT, 2004, S. 91
153
40
sind. Auch KLOSS weist darauf hin, dass der Begriff Werbestrategie weder in der Literatur
noch in der Praxis einheitlich verwendet werde.160
Eine erste umfassende Definition von Werbestrategie gibt BRUHN161 2005 in folgender Weise: „Werbestrategien sind bedingte, mehrere Planungsperioden umfassende, verbindliche
Verhaltenspläne von Unternehmen für ausgewählte Planungsobjekte (z. B. Marken, Unternehmen). Sie beinhalten Schwerpunkte bei den Entscheidungen über: das Objekt, die Zielgruppen, die Botschaft, den Mediamix sowie das Areal der Mediawerbung, um die strategische Werbeziele zu erreichen.“162 Die Bedingtheit von Werbestrategien zeigt sich nach
BRUHN darin, dass diese auf der Grundlage spezifischer Markt- und Umfeldentwicklungen
sowie der unternehmensinternen Situation festgelegt werden. Dementsprechend bildet im
Werbeplanungsprozess die Situations- bzw. Werbeanalyse die notwendige Grundlage für die
Definition der Werbestrategie.163 Die mehreren Planungsperioden drücken nach BRUHN den
mittel- bis langfristigen Zeithorizont und deren umfassende Verbindlichkeit aus. Als Bindeglied zwischen den strategischen und operativen Entscheidungen beschreiben Werbestrategien nach BRUHN164 sowie SCHULTZ und BARNES165 keine Einzelmaßnahmen, sondern
fixieren Schwerpunkte (im Sinne von „Stoßrichtungen“) als verbindlichen Handlungsrahmen.
SCHULTZ und BARNES sowie BRUHN nennen verschiedene Anforderungen an Werbestrategien, damit sie ihre Funktion als verbindliche Verhaltenspläne wirkungsvoll erfüllen können:166
•
Hinweischarakter auf die Realisation der strategischen Ziele des Unternehmens (Konsistenz);
•
Priorisierung in der Auswahl und Bearbeitung von Zielgruppen;
•
Anleitung zur Kanalisierung des Mitteleinsatzes;
•
Planungsrahmen für die abgeleiteten Konsequenzen im Hinblick auf Mitteleinsatz, Organisation und Personalbedarf;
•
Fixierung in schriftlicher Form;
•
Überprüfung im Rahmen eines strategischen Werbecontrollings.
Werbestrategien müssen nach BRUHN analog MEFFERT sowie HOMBURG und KROHMER167 in die Zielhierarchie des Unternehmens integriert und mit den übergeordneten strategischen Markt- und Unternehmenszielen sowie den strategischen Kommunikationszielen des
160
KLOSS, 2007, S. 204
BRUHN, 2005a, S. 376 ff.
162
BRUHN, 2005a, S. 373
163
BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.
164
BRUHN, 2005a, S. 323
165
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.
166
BRUHN, 2005a, S. 373; SCHULTZ/BARNES, 2005, S. 159
167
BRUHN, 2005a, S. 41f., MEFFERT, 2000, S. 679; HOMBURG/KROHMER, 2006, S. 117
161
41
Unternehmens abgestimmt werden. BECKER spricht in diesem Zusammenhang von einer
Marketingplattform, aus der Werbung im Sinne einer konzeptionellen Kette abgeleitet werde.168
Insofern grenzt sich die Werbestrategie von der Marketingstrategie ab, als dass sie im Sinne
von BECKER eine zeitlich nachgelagerte Folgestrategie ist.169 So werden im Marketingmix
als Teil der Marketingstrategie zur Kommunikationspolitik bereits wesentliche Eckpunkte der
nachfolgenden Werbestrategie definiert.170 Auf Grundlage dieses Handlungsrahmens zur
Kommunikationspolitik generell wird die jeweilige Werbestrategie – insbesondere im Hinblick auf die Wahl der Medien, die kommunikativen Ziele und Botschaften - spezifiziert bzw.
detailliert. Oftmals wird jedoch in der Marketingliteratur die Eigenständigkeit des Elements
Werbestrategie negiert und stattdessen entsprechende strategische und konzeptionelle Elemente dem Marketingmix und damit der Marketingstrategie insgesamt zugeschrieben.171 Angesichts der deutlich gewachsenen Relevanz von Werbekommunikation im Marketingmix172,
der erhöhten Komplexität (vgl. Kapitel 1.2) sowie der notwendigen Spezifikation (Werbekommunikation als ein Teil der Unternehmenskommunikation insgesamt) erscheint es jedoch
sinnvoll und notwendig, von Werbestrategien als eigenständigem Planungsinstrument auszugehen.Dementsprechend weist die Werbestrategie in Abgrenzung der ihr zugrundeliegenden
Marketingstrategie detailliertere und spezifischere Informationen (insbesondere zu den Werbezielen und der Werbebotschaft) auf.
Dementsprechend unterscheidet sich die Werbestrategie von der Werbekonzeption bzw. dem
Werbekonzept in folgenden Schlüsselaspekten:
•
Abstraktionsgrad: Der Abstraktionsgrad der Werbestrategie ist notwendigerweise höher
als der der Werbekonzeption. Es werden grundsätzliche Aussagen zum strategischen Vorgehen gemacht, die vor einer operativen Umsetzung zunächst konzeptionell detailliert
werden müssen.173
•
Langfristigkeit: Die strategischen Überlegungen sind prinzipiell auf Langfristigkeit angelegt.174
168
BECKER, 2009, S. 567
ebd., S. 144. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Begriff der Marketingstrategie nach
KLEINHÜCKELHOVEN und SCHNETKAMP nicht klar definiert ist. Sie wird von einigen Autoren (u.a.
BENKENSTEIN, 1997) der Unternehmensstrategie gleichgesetzt, andere sehen in ihr eine von mehreren Funktionalstrategien (CRAVENS, 1999, KÖHLER, 1993, LAMBIN, 1997), während wiederum HOMBURG und
KROHMER, 2006, S. 350, in ihre eine dominierende Funktionalstrategie sehen.
170
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 632ff.; KOTLER/KELLER/BLIEMEL,2007, S. 651ff.,
BRUHN,2008, S. 199ff.
171
ebd., wohingegen BRUHN,2008, S. 210, Werbestrategie als eigenständigen Begriff in der Marketingstrategieplanung differenziert.
172
KUSS/TOMCZAK/REINECKE, 2007, S. 238f.
173
AAKER, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PICKERT, M., 1994., S. 78 ff.; MURPHY/CUNNINGHAM,
1993, S. 170; STEFFENHAGEN, 2001c, S. 238; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 196 f.
174
BRUHN, 2005a, S. 375
169
42
•
Planungs- und Kontrollfunktion: Die Werbestrategie bildet einen Planungsrahmen und
gleichzeitig die Grundlage für eine Kontrolle der erreichten Werbeziele.175
Die Werbekonzeption operationalisiert die in der Werbestrategie definierten Eckpunkte (Ziele,
Zielgruppe, Positionierung, Kernbotschaft) im Hinblick auf die konkrete Kampagnenumsetzung.176 Das heißt, wenn beispielsweise in einer Werbestrategie für die Markteinführung eines neuen Produktes TV-Werbung als Leitmedium fixiert wird, wird im Rahmen der nachfolgenden Werbekonzeption in Form eines Mediaplans konkretisiert, auf welchen Sendern, zu
welchen Zeiten und in welcher Frequenz der entsprechende Werbespot geschaltet werden
soll.177 Auf Basis dieses Mediaplans als unmittelbar umsetzbares Handlungskonzept erfolgt
dann die Schaltung des Spots.
FAISON weist deshalb auch auf die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Advertising
Strategies und Tactics hin.178 So werden oftmals von taktischen bzw. konzeptionelloperativen Aspekten dominierte Werbearten wie vergleichende Werbung oder TestimonialWerbung begrifflich gleichrangig zu Werbestrategien verwendet.179
Angesichts des fortgeschrittenen medialen Diversifikationsprozesses wird heute vermehrt der
Begriff Kommunikationsstrategie statt Werbestrategie verwandt.180
3.2 Kernelemente
Als implizite Kernelemente einer Werbestrategie werden häufig folgende genannt:181
•
Werbesubjekt – und Werbeobjekt/-e;
•
Werbeziele;
•
Werbezielgruppen;
•
Positionierung;
•
Werbebotschaft und -mittel;
•
Mediamix;
•
Werbeareal und -timing.
175
ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff.
SANDAGE, C.H./FRYBURGER, V., 1975, S. 289 ff.; AAKER, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PICKERT, M., 1994., S. 78 ff.; MURPHY/CUNNINGHAM, 1993, S. 170; STEFFENHAGEN, 2001c, S. 238;
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 196 f.
177
UNGER ET AL., 2007, S. 392; ENGEL/HOFSÄSS, 2004, S. 57 f.; SISSORS/BARON, 2002, S. 10 ff.
178
FAISON, 1980, S. 304
179
Zu vergleichender Werbung als Werbeart siehe BRUHN, 2005a, S. 386; zu Testimonial-Werbung als Werbeart siehe BRUHN, 2005a, S. 386; SOHN/WELLING, 2002, S. 21 f.
180
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 637; BRUHN, 2005a, S. 117; HARTLEBEN, 2004, S.
103 ff.
181
BRUHN, 2005a, S. 376 ff.; ROTH, 1981, S. 87; BEHRENDT, 1963, S. 57; SCHULTZ/BARNES, 1995, S.
155 ff., KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 44 ff.
176
43
Bei der Operationalisierung dieser Elemente sind nach BRUHN bestehende Interdependenzen
zu berücksichtigen.182
3.2.1 Werbesubjekte und -objekte
Werbesubjekte aus Sicht des Werbetreibenden lassen sich im Hinblick auf folgende Aspekte
unterscheiden:
•
Profitorientierung (ja/nein);
•
Anzahl der Werbetreibenden (Einzelsubjekt/mehrere Objekte).
Werbetreibende mit Profitorientierung sind klassischerweise Unternehmen, wohingegen Parteien oder Vereine in der Regel nicht profitorientiert agieren.
Werbeobjekte lassen sich unterscheiden:183
•
Nach Marke (Einzelprodukt, Sortiment, Unternehmen insgesamt);
•
nach Anwendungsform (Produkt, Dienstleistung);
•
nach Produktcharakter bzw. Involvement (Gebrauchsgut, Investitionsgut).
3.2.2 Werbeziele
In zahlreichen Werbeplanungsmodellen (siehe Kapitel 2.3) bildet die Fixierung der Werbebzw. Kommunikationsziele den Ausgangspunkt des Planungsprozesses nach der Analysephase.184 Häufig werden dabei Werbeziele der Werbestrategie gleichgesetzt.185
KLOSS dagegen stellt die Einheit von Werbezielen und Werbestrategien infrage, indem er
proklamiert: „Werbeziele können mit unterschiedlichen Werbestrategien verfolgt werden.“186
Nach BECKER muss die Werbestrategie stets an den Werbezielen ausgerichtet sein und bestimmt die zu ergreifenden Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden.187
Nach STEFFENHAGEN und FUNKE kommen Werbezielen dabei folgende Funktionen
zu:188
182
BRUHN, 2005a, S. 376
LÖBLER/MARKGRAF, 2004, S. 1494
184
SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 17; ROTH, 1981, S. 31; ROGGE, 1988, S. 47; BEREKOVEN, 1995, S.
52; BEHRENS, 1996, S. 37; BRUHN, 2005a, S. 340; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 11;
ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 117
185
GUTENBERG; 1955, S. 440 ff.; SEYFFERT, 1966, S. 43 ff.; BEHRENS, 1963, S. 52 ff.
186
KLOSS, 2007, S. 204
187
BECKER, 2002, S. 140
188
STEFFENHAGEN/FUNKE, 1986, S. 546; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287
183
44
•
Entscheidungs- und Steuerungsfunktion;
•
Koordinationsfunktion;
•
Motivations- und Identifikationsfunktion;
•
Kontrollfunktion.
Von mehreren Autoren wie u.a. REINECKE und REIBSTEIN189 wird auf den zur strategischen Bedeutung im Werbeplanungsprozess disproportionalen Stellenwert von Werbezielen
in der Werbepraxis sowie auf erhebliche Defizite bei der Formulierung der Werbeziele selbst
hingewiesen.190
Obwohl die verschiedenen Werbe-Wirkungsmodelle den im Hinblick auf die angestrebte
Transaktion (z. B. Kauf) nur vorbereitenden Charakter (keine lineare Kausalität) von Werbekommunikation verdeutlichen, gehört die Nennung ökonomischer Kennzahlen und Ziele (insbesondere Absatz, Umsatz und Marktanteil) sowohl in der Werbetheorie wie auch der Praxis
(siehe nachfolgende Ergebnisse der Effie-Werbeziele-Analyse) traditionell zum festen Bestandteil jeder Darstellung allgemeiner Werbeziele. Dabei wird in der Regel zwischen ökonomischen bzw. nicht-kommunikativen einerseits und kommunikativen bzw. psychologischen
Werbezielen andererseits unterschieden.191
Diese Unterscheidung wird von BRUHN vehement als „irreführend“ kritisiert, da sie impliziere, dass die Verfolgung psychologischer Ziele letztlich nicht ökonomisch sei, hier also ein
künstlicher Gegensatz konstruiert werde.192
Auch wenn letztlich mit jeder werbekommunikativen Maßnahme ein ökonomischer Effekt
angestrebt wird, sind ökonomische Werbeziele als zentrale Erfolgsgrößen für die Bewertung
von Mediawerbung aus folgenden Gründen nicht tauglich:193
•
189
Intransparente Kausalität: Die Veränderung der ökonomischen Größen wird in hohem
Maße vom Einsatz des gesamten Marketing- bzw. Kommunikationsinstrumentariums des
werbetreibenden Unternehmens, der Marktentwicklung sowie der Werbeaktivität der
Wettbewerber beeinflusst. Die Kausalität der Wirkung und der Zielerreichungsgrad sind
damit nicht eindeutig und zumindest nicht ausschließlich bzw. überwiegend auf werbepolitische Aktivität zurückzuführen. Dagegen werden nichtmonetäre Zielgrößen wesentlich
weniger von anderen Unternehmens- oder Konkurrenzmaßnahmen sowie weiteren Um-
REINECKE/ REIBSTEIN, 2001, S. 160
AAKER, 1982, S. 23f.; HÖRSCHGEN/GAISER/STROIBEL, 1981, S. 12 f., STEFFENHAGEN, 1993, S.
298 f.; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 53 f.
191
BEHRENS, 1963, S. 106 ff.; BIDLINGMAIER, 1970, S. 403 ff.; ROGGE, 1979, S.61; TIETZ/ZENTES,
1980; S. 49; MEFFERT, 2000, S. 452 f.; NIESCHLAG et al., 2002, S. 1059 ff.
192
BRUHN, 2005a, S. 341
193
COLLEY, 1967, S. 69; KAISER, 1980, S. 129; MEYER/HERMANNS, 1981, S. 75; KOPPELMANN, 1981,
S. 109 f.; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287 f.; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2001, S. 147; KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 32 f.
190
45
weltfaktoren beeinflusst, so dass hier eine direktere Messung und Ursache-WirkungsZuordnung möglich ist.194
•
Fehlende Operationalisierbarkeit: Ökonomische Größen wie Umsatz und Ergebnis sind
Inhalte sogenannter „Global- und Oberziele“, die sich aus einer Vielzahl separierbarer
Teilziele zusammensetzen. So ist beispielsweise die „Steigerung des Absatzvolumens“ als
Marketing-Oberziel vor allem durch den Käuferanteil, die Kaufhäufigkeit, die Menge pro
Kauf usw. (als Detailziele) gekennzeichnet.
Trotz dieser Grundsatzkritik am Einsatz ökonomischer Zielgrößen für die Werbeerfolgsmessung dominieren diese bis heute den Werbeplanungsprozess in vielen Unternehmen (siehe
nachfolgender Exkurs zur Auswertung der Effie-Bewerbungen).
Dies geschieht nach REINECKE und JANZ wiederum zu Recht. Sie plädieren dafür, Kommunikationskontrolle nicht ausschließlich auf nichtmonetäre Zielgrößen zu beziehen195. Konkret: Eine Werbemaßnahme, die zwar die Erhöhung des kommunikativen Ziels „Bekanntheit“
bewirkt, jedoch nicht zur Erreichung des ökonomischen Ziels „Mehrumsatz“ führt, kann
kaum als erfolgreich bewertet werden.196
Die Konsequenz daraus ist: Ökonomische Ziele sollten nicht unmittelbare und ausschließliche
Erfolgsgrößen für die Planung und Kontrolle von Werbeaktivität sein, jedoch als gesetzte
Marketing-Oberziele immer Berücksichtigung finden. Dies kann nach REINECKE und JANZ
in der Weise geschehen, dass Kommunikationsmaßnahmen und ökonomische Daten (z. B.
Absatz) über längere Zeitperioden erfasst und analysiert werden, um mögliche Schwankungen
sichtbar zu machen und deren Ursachen besser analysieren und ggf. korrigieren zu können.197
Kommunikative Zielarten und -größen
Die kommunikativen Zielarten und -größen leiten sich aus den Stufen der verschiedenen
Werbewirkungsmodelle sowie dem Umfang und der Qualität der Konsumenten-Beziehung zu
einem Produkt oder einer Leistung ab. Oftmals setzen die werbetreibenden Unternehmen
identische Zielarten und -größen ein, die auf den verschiedenen Prozessmodellen zur Marketing- bzw. Markenplanung und -kontrolle (z. B. dem Konzept Brand pipeline der Agentur
Icon Added Value, dem Brand Funnel von BBDO oder dem Kauftrichter von McKinsey) basieren.198
Analog zu den psychologischen Zielen in den verschiedenen Werbewirkungsmodellen lassen
sich kommunikative Ziele im Hinblick auf die adressierte Ebene der Kommunikationswirkung unterscheiden. Kommunikative Ziele beziehen sich sowohl auf die beworbene Marke
194
REINECKE/JANZ, 2007, S. 224; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287; KROEBER-RIEL/ESCH, 2004; S. 35 ff.
REINECKE/JANZ, 2007, S. 225
196
REINECKE/JANZ, 2007, S. 225; BLAIR/SCHROIFF, 2001, S. 52 f.
197
REINECKE/JANZ, 2007, S. 225
198
ESCH/LANGNER/BRUNNER, 2005
195
46
bzw. das Produkt sowie auch auf die jeweiligen Werbemaßnahmen. Die Erreichung dieser
Kommunikationsziele kann wiederum durch eine Reihe von Zielgrößen erfasst werden (siehe
Abbildung).
Ebene der
Kommunikationswirkung
Kommunikationsziele
Kognitiv:
Awareness
•
Zielgrößen
Markenbekanntheit
•
(passiv, aktiv, Top of
Mind, exklusiv)
•
Bekanntheit der Wer- •
bung allgemein
Erinnerung an spezifische Werbeinhalte
Ungestützte Wiederkennung (Recognition)
Gestützte Erinnerung (Aided Recall)
Ungestützte Erinnerung (Unaided Recall)
Kognitiv:
•
Einstellung/ Interesse/ •
Zufriedenheit
Affektiv:
Vertrauen/ Sympathie
Markenimage
Einstellung zur
Werbung
•
Grad der Zustimmung/Ablehnung
Konativ:
Präferenz/First Choice
(Test-)Kaufbereitschaft
(Test-)Kaufabsicht
Weiterempfehlungsbereitschaft
•
Grad der Zustimmung/Ablehnung
•
•
•
•
•
Abbildung 3: Kommunikationsziele und Zielgrößen
QUELLE: Eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT, BURMANN, KIRCHGEORG,
2007, S. 117
Im Hinblick auf den Zielerreichungsgrad sind alle Kommunikationsziele in Bezug auf die
Tiefe und Breite des Werbeeffektes zu unterscheiden.199
Im Bezug auf ihren belegten hohen Einflussgrad auf die Kaufabsicht200 sind für die Werbekommunikation die positive Beeinflussung der Markenbekanntheit und des Markenimage in
Verbindung mit der Wahrnehmung der jeweiligen Werbemaßnahmen die zentralen Zielgrößen. Diese werden im Folgenden kurz erläutert.
199
200
ESCH, 2007, S. 66
GEUSS, 2004, ´S. 55
47
Kommunikationsziel Bekanntheitssteigerung
Die Ermittlung des ungestützten bzw. gestützten Recall-Wertes gehört ebenso wie der Recognition-Wert zu den klassischen Kennzahlen zur Ermittlung des Grads der Bekanntheit einer Leistung bzw. eines Produktes, wobei insbesondere die Aussagequalität des RecallWertes in der Literatur kritisch diskutiert wird.201 Generell wird empfohlen, die Bekanntheit
eines Produktes bzw. einer Leistung gestützt (aided) abzufragen, wenn für das Werbeobjekt
nur ein geringer Bekanntheitsgrad oder eine hohe Verwechslungsgefahr angenommen wird.
Die Abfrage der ungestützten Bekanntheit (unaided recall) bietet sich dagegen bei einer etablierten Marke an.202
Kommunikationsziel Imageverbesserung
Aufbauend auf die Produkt- bzw. Markenbekanntheit ist die Verbesserung des Images einer
Marke eine weitere zentrale Erfolgsgröße.203
Neben den Zielgrößen zur Erfolgskontrolle traditioneller Werbemedien wie TV und Print bestehen für die Online-Kommunikation als Werbekanal mit wachsender Bedeutung (siehe Einleitung) zusätzliche Meßgrößen.204
Um zu branchenübergreifenden Vergleichswerten zu gelangen, werden regelmäßige Werbetrackings (u.a. der Werbemonitor von Research International sowie GfK ATS) durchgeführt, in denen die wichtigsten Zielgrößen abgefragt werden.205 Komplementär dazu führen
viele Unternehmen Panel-Untersuchungen durch, um die Wirkung der Werbung auf einzelnen
Zielgrößen isoliert analysieren zu können.
Formulierung von Werbezielen
Folgende Anforderungen gelten nach STEFFENHAGEN und SIEMER sowie SCHULTZ und
BARNES für die Formulierung von vollständigen und präzisen Werbezielen:206
•
Hohe werbebedingte Reagibilität, d.h. die Änderung der Zielvariablen hat in starkem Maße sensibel auf die Variation des werblichen Aktivitätsniveaus zu reagieren;
•
selektive Steuerungskraft der Variablen, d.h. verfügt ein gewählter Zielinhalt über eine
hohe selektive Steuerungskraft, so entfaltet ein Werbeziel neben der schon begriffsimmanenten Steuerungswirkung auch Motivations- und Identifizierungswirkung207;
201
MEHTA/PURVIS, 2006, S. 54; DUBOW, 1994; DU PLESSIS, 1994
ZINKHAM, 1982, S. 155ff.
203
ESCH, 2007, S. 543; WALKER/DUBITSKY, 1994, S. 11
204
HÜNDGEN, 2007, S. 61
205
BEREKOVEN/ECKERT/ELLENRIEDER, 2004, S. 190 ff.; ESCH, 2007, S. 540 f.
206
STEFFENHAGEN, 1993, S. 288; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1995, S. 18; PEPELS, 1999, S.96;
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 50 f.
202
48
•
Relevanz, d.h. notwendigerweise sind die Zielvariablen für die Gesamtheit der Kommunikations-, Marketing- bzw. Unternehmensziele relevant;
•
Situationsgerechtigkeit, d.h. die Werbeziele ist den jeweiligen werblichen Aufgabenstellungen anzupassen;
•
Integrationsfähigkeit, d.h. alle Zielvariablen müssen in ein System von Ober- und Unterzielen sowie Haupt- und Nebenzielen eingebettet sein;
Vollständigkeit, Präzision, Eindeutigkeit und Widerspruchsfreiheit, d.h. eine vollständige
Zielformulierung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Werbeziel überhaupt
eine hohe selektive Steuerungskraft entfalten kann.
Eine vollständige und umfassende Zielformulierung liegt vor, wenn zu den folgenden Zieldimensionen klare bzw. eindeutige Aussagen gemacht werden:208
•
•
Zielart bzw. -variable (Bsp.: Steigerung des aktiven Bekanntheitsgrades);
•
Ausmaß einer Zielart bzw. Zielvariable (Bsp.: Steigerung um 20 Prozent);
•
Zeitbezug bzw. -rahmen der angestrebten Zielerreichung (Bsp.: innerhalb der nächsten 12
Monate);
•
Objektbezug der angestrebten Zielerreichung (für die Marke XY);
•
Zielgruppe (Bsp.: bei Haushalten mit einem Netto-Jahreseinkommen von 50.000 Euro und
mehr).
Dieser Zielkatalog wird in der Werbepraxis auch im Rahmen der DAGMAR-Methode umgesetzt (Defining Advertising Goals for Measured Advertising Results): Erhöhung der Bekanntheit (Zielinhalt) der Marke Y bei der Zielgruppe X (Zielgruppe) von derzeit 15 Prozent auf 25
Prozent (Zielausmaß) im Zeitraum Z (Zielperiode).209
Eine empirische Studie von STEFFENHAGEN/SIEMER210 zeigt jedoch, dass die in der Werbepraxis formulierten Werbeziele die oben genannten Anforderungen mehrheitlich nicht erfüllen und damit Defekte aufweisen. So sind vor allem allgemeine Absichtserklärungen, die
unklare Bedeutung verwendeter Ausdrücke sowie die mangelnde Detaillierung der Zielart
bzw. -variable nach STEFFENHAGEN/SIEMER die Ursachen für defekte Werbezielformulierungen.
Exkurs: Ergebnisse der Werbeziele-Analyse der Effie-Bewerbungen 2007
Nachdem zuletzt 1996 STEFFENHAGEN und SIEMER eine Tauglichkeitsanalyse von Werbezielen auf Grundlage der Kampagnen-Einreichungen zum Preis der Deutschen Fachpresse
207
BRUHN, 2005a, S. 432
BRUHN, 2005a, S. 342; REINECKE/JANZ, 2007, S. 225; STEFFENHAGEN, 1993, S. 298; STEFFENHAGEN, 2000a, S. 71 f.; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S.47; REINECKE, 2004, S. 329; ROGGE, 1982,
S. 44
209
BRUHN, 2004d, S. 890
210
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 53
208
49
1993 durchgeführt haben, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Replikationsstudie auf Basis
aktueller Kampagnen durchgeführt. Grundlage dieser Inhaltsanalyse waren die 113 Einreichungen zum Kommunikationseffizienzpreis „Effie“ des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen (GWA) im Jahr 2007. Der Effie ist im Hinblick auf die Bewertung von Kampagnenstrategie und -erfolg die wichtigste Auszeichnung in der deutschen Werbewirtschaft.211
Seit 27 Jahren wählt eine Jury mit Experten aus werbetreibenden Unternehmen, Kreativagenturen, Wissenschaft und Publizistik unter über 100 Einreichungen die besten Kampagnen aus.
Der „Effie“ zeichnet Marketingkommunikation aus, „die ausgewiesen wirkungsvoll und effizient bezogen auf ihr Kosten-Nutzenverhältnis und gesetzte Marketingziele sind“212. Voraussetzung für eine Effie-Nominierung ist eine umfassende Dokumentation zur Kommunikationsstrategie der Kampagne sowie der Nachweis, „dass bei den eingereichten Kampagnen die
Kommunikation die wesentliche Rolle zur Erreichung der gesetzten Marketingziele gespielt
hat“213. Diese Prämierungsanforderung entspricht dem Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit
insgesamt und der Basis für die Ministudie in idealer Weise.
Folgende Kernergebnisse ergab die Analyse der 113 Kampagnen-Beschreibungen:
•
4,5 Ziele werden im Kampagnen-Durchschnitt genannt;
•
für 110 Kampagnen (97,4 %) wurden sowohl ökonomische wie auch kommunikative
Kampagnenziele von den Akteuren fixiert. Nur für drei Kampagnen (2,6 %) wurden ausschließlich kommunikative Ziele formuliert;
•
mit durchschnittlich 4,2 dominieren die ökonomischen gegenüber den kommunikativen
Zielen mit durchschnittlich 2,1 Nennungen deutlich;
•
die häufigsten genannten ökonomischen Ziele sind die Steigerung des Marktanteils (95 %)
vor Absatz- (50 %) und Umsatzsteigerung (37 %). Sieben Unternehmen (6 %) nennen explizit „Erreichung der Marktführerschaft“ als ein Kampagnenziel;
•
die häufigsten genannten kommunikativen Ziele sind die Steigerung der gestützten bzw.
ungestützten Bekanntheit (93 %) vor Imagekorrektur (71 %);
•
nur 23 % der Kampagnen-Ziele sind nach den Anforderungskriterien von STEFFENHAGEN und SIEMER weitestgehend tauglich, 57 % dagegen untauglich.
Die Ergebnisse bestätigen weitgehend die Aussagen von STEFFENHAGEN und SIEMER214
und machen deutlich, dass die von ihnen identifizierten Defizite auch zehn Jahre später noch
bestehen. Außerdem sind diese Ergebnisse ein Hinweis darauf, dass es sich wahrscheinlich
tendenziell nur um besonders erfolgreiche Werbekampagnen handelt, für die in ausreichender
Weise definierte Ziele vorliegen.
211
GWA, 2007
GWA, 2007
213
GWA, 2007
214
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 ff.
212
50
Für die nachfolgende Untersuchung haben diese Ergebnisse zur Konsequenz, dass ein besonderer Schwerpunkt auf die Analyse der Werbeziele und die Güte ihrer Definition gelegt wird.
3.2.3 Werbezielgruppen
Zentraler Bestandteil der Werbestrategie ist die Fixierung der zu adressierenden Zielgruppen.
Dabei ist das Prinzip der differenzierten Marktbearbeitung von zentraler Bedeutung, d.h. um
einen zielgerichteten und effizienten Einsatz der Mediawerbung zu gewährleisten ist es notwendig, Gruppierungen zu ermitteln, die in ihrer Homogenität bzw. Heterogenität das Konsumentenverhalten bzw. ein Produkt, Marke oder Unternehmen betreffen.215
Je detaillierter und transparenter der zu bewerbende Personenkreis beschrieben wird, desto
höher die Wahrscheinlichkeit, eine Form der werblichen Ansprache zu finden, die nicht an der
Zielgruppe vorbeiläuft, sondern auf die Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche der anvisierten Konsumenten eingeht, womit Streuverluste reduziert bzw. vermieden werden.216
Um zu einer systematischen Zielgruppen-Segmentierung zu kommen empfiehlt sich nach
BRUHN ein Vorgehen in folgenden Schritten:217
1. Zielgruppenidentifikation;
2. Zielgruppenbeschreibung;
3. Zielgruppenbeurteilung und -auswahl.
Im Verlauf der Zielgruppenidentifikation werden diejenigen Zielpersonen identifiziert, die zur
Realisierung der Werbeziele anzusprechen sind. In der Praxis wird dabei oft auch von Bedarfsträgeranalyse gesprochen, mit der die Personen erfasst werden, die als direkte Bedarfsträger durch das Produkt ihren eigenen Bedarf decken sowie die am Vermarktungsprozess
maßgeblich beteiligten Personen (indirekte Bedarfsträger).218
Voraussetzung für eine sinnvolle Zielgruppenidentifikation und -beschreibung ist die Fixierung von Gütekriterien für die Bewertung der gewählten Segmentierungskriterien. 219 Dabei
werden von BRUHN folgende Anforderungen gefordert:220
•
Verhaltensrelevanz;
•
Messbarkeit (Operationalität);
•
Erreichbarkeit bzw. Zugänglichkeit;
•
Zielkonkretisierungsmöglichkeit bzw. Handlungsfähigkeit;
•
zeitliche Stabilität.
215
BRUHN, 2005a, S. 352; BECKER, 2001, S. 248
BRUHN, 2005a, S. 352
217
BRUHN, 2005a, S. 352, vgl. auch FRETER/DILLER/KÖHLER, 2008
218
BRUHN, 2005a, S. 354
219
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 1995, S. 121 f.; MEFFERT, 2000, S. 178 f.; ROGGE, 2000, S. 105 f.;
FRETER, 1983, S. 43 f.
220
BRUHN, 2005a, S. 353
216
51
In einem zweiten Schritt sind in der Zielgruppenbeschreibung die identifizierten Zielgruppen
im Rahmen einer Zielgruppenbeschreibung näher zu kennzeichnen. In der Literatur werden
dafür eine Fülle von Segmentierungskriterien genannt, die sich folgenden vier Kategorien zuordnen lassen221.
1. demografische Merkmale;
2. sozioökonomische Merkmale;
3. psychografische Merkmale und
4. Verhaltensmerkmale.
Kategorien
Demografische Merkmale
Merkmale
Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen, Haushaltsgröße, Wohnort u.a.m.
Sozioökonomische Merkmale Beruf, Ausbildung, Einkommen, Kaufkraft u.a.m.
Psychografische Merkmale
Persönlichkeitsmerkmale (Aktivität, Interessen, Einstellungen), Nutzenvorstellungen, Motive, Kaufabsichten
u.a.m.
Verhaltensmerkmale
Preisverhalten, Mediennutzung, Kommunikationsverhalten, Einkaufsstättenwahl, Produktwahl, Kaufmengen,
Kaufhäufigkeit u.a.m.
Abbildung 4: Kategorien und Merkmale zur Segmentierung von Zielgruppen
Quelle: BRUHN 2005a, S. 110
Für eine möglichst umfassende Zielgruppenbeschreibung ist die Heranziehung eines Merkmals bzw. von Merkmalen nur einer Kategorie unzureichend. Deshalb empfiehlt sich die
Bündelung mehrerer Merkmale. Daraus ergeben sich dann häufig Konsumenten- und Zielgruppentypologien, die heute in vielfältiger Weise von Verlagen, Sendern und Agenturen ermittelt und angeboten werden.222 Der Vorteil im Einsatz dieser Typologien besteht in der
Steigerung der Vorstellungskraft; durch die Kombination verschiedener Kriterien entsteht ein
mehrdimensionales, plastisches Bild der anvisierten Zielgruppe, was die Planungsarbeit, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Werbebotschaft und Medienauswahl erleichtert. Zudem sind solche Typologien häufig sehr allgemein gehalten, spezifische Fragestellungen des Werbetreibenden bleiben unberücksichtigt. Der Trend- und Lifestyle-Bezug reduziert
zusätzlich die geforderte Stabilität der Daten.223
In der Konsequenz bieten Typologien zumindest oft die Möglichkeit, auf Basis der allgemein
verfügbaren Daten weiterführende und differenziertere Zielgruppenanalysen durchzuführen
221
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2001, S. 51 ff.; STEFFENHAGEN, 2000a, S. 47 ff.; BECKER, 2001,
S. 250 ff.; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 430 ff.; FRETER, 1983, S. 44 f.
222
ROGGE, 2000, S. 118 f.; MEFFERT, 2000, S. 200; BECKER, 2001; S. 259 ff.; BRUHN, 2005a, S. 360 ff.
223
BRUHN, 2005a, S. 368
52
oder bereits vorliegende eigene Untersuchungen durch entsprechende Typologie-Daten zu
komplettieren.224
Die Zielgruppenbeurteilung und -auswahl ist bestimmt von finanziellen und personellen Restriktionen. In der Praxis wird vorrangig eine heuristische Zielgruppenauswahl durchgeführt,
die sich im Hinblick auf drei strategische Stoßrichtungen unterscheiden lässt225. Die Bearbeitung
1. aller potentiellen Zielgruppen;
2. mehrerer Zielgruppen oder aber
3. einer (bzw. weniger) Zielgruppen.
Maßgebliche Kriterien für die Verfolgung einer dieser Strategien sind neben der antizipierten
Erfolgswahrscheinlichkeit vor allem die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.
Für die notwendige Priorisierung der Zielgruppenansprache empfehlen sich nach BRUHN
folgende ökonomische und außerökonomische Kriterien:226
•
werbebezogener Nutzen der Zielgruppen;
•
Kommunikationspräferenzen und Informationsbedürfnisse der Zielgruppen;
•
integrativer Nutzen der Zielgruppen;
•
relative Umsatzbedeutung der Zielgruppen;
•
Kosten für die Bearbeitung der Zielgruppen.
In der praktischen Umsetzung ist eine Auswahl bzw. Gewichtung dieser Kriterien vorzunehmen, um zu einer finalen Zielgruppenauswahl zu kommen. BRUHN weist dabei auf das Problem der Informationsbeschaffung und -plausibilisierung – insbesondere im Hinblick auf Kosten-Nutzen-Bewertungen – hin, die letztlich „Gespür und Erfahrung des Entscheiders“ fordern.227
3.2.4 Positionierung, Werbebotschaft und -stil
Positionierung
Die kommunikative Positionierung ist ein zentrales Element der Werbestrategie für eine Leistung bzw. ein Produkt.228
224
BECKER, 2001, S. 267
HARTLEBEN, 2001, S. 114 f.
226
BRUHN, 2005a, S. 370 ff.
227
BRUHN, 2005a, S. 372 f.
228
BLANK/KALAFATIS, 2007, S. 81 ff.; AAKER/SHANSBY, 1982, S. 58; ALDEN/STEENKAMP/BATRA,
1999; BHAT/REDDY, 1998; CRAWFORD, 1985; DILLON/DOMZAL/MADDEN, 1986; RIES/TROUT,
1986, S. 58 ff.
225
53
Nach ESCH setzt der Aufbau starker Marken voraus, dass eine Marke über eine klare Positionierung im Markt verfügt, die
•
zu dem Unternehmen im weitesten Sinn passt;
•
für die Kunden relevant ist;
•
von diesen auch subjektiv wahrgenommen wird;
•
eine Abgrenzung von der Konkurrenz ermöglicht;
•
langfristig verfolgt werden kann229.
Nach KROEBER-RIEL soll Werbekommunikation ein Produkt bzw. eine Leistung in der
Wahrnehmung der Zielgruppe so positionieren, dass das Angebot in den Augen der Zielgruppe nicht nur relevant und attraktiv ist, sondern sich auch gegenüber konkurrierenden Angeboten kommunikativ im Sinne eines „Unique Advertising Proposition“ (UAP) 230 so deutlich abgrenzt (Uniqueness), dass es diesen vorgezogen wird.231 Dementsprechend ist die Positionierung immer konkurrenzbezogen.232
Unabhängig von der jeweiligen markt- und konkurrenzspezifischen Positionierung einer Leistung bzw. eines Produktes unterscheidet ESCH für die werbe- bzw. markenstrategische Positionierung zwei Dimensionen:233
1. emotionales Involvement (Emotion) und
2. Information (Kognitives Involvement).
Für die Umsetzung der Soll-Positionierung sind zwei Strategien denkbar, die auch kombiniert
zum Einsatz kommen können:234
1. Die Anpassung des Angebots an die Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten oder
2. die Anpassung der Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten an das Angebot.
Ziel beider Strategien ist immer die Verringerung des wahrgenommenen Abstandes zwischen
einer Idealvorstellung der Konsumenten und dem eigenen Angebot.
Daraus ergeben sich drei mögliche Positionierungsstrategien:235
1. Beibehaltung der Markenposition;
2. Umpositionierung der Marke
a. im alten Positionierungsraum durch eine Anpassungs- bzw. eine Beeinflussungsstrategie,
b.
im neuen Positionierungsraum durch eine Anbaustrategie;
3. Neupositionierung der Marke.
229
ESCH, 2005, S. 134
BRUHN, 2005a, S. 377
231
KROEBER-RIEL, 2000, S. 45
232
ROTHSCHILD, 1987, S. 155
233
ESCH, 2005, S. 138 ff.; KROEBER-RIEL, 1993, S. 42
234
ESCH, 2005, S. 143, KROEBER-RIEL, 1992, S. 203
235
ESCH, 2005, S. 145 ff.; HAEDRICH/TOMCZAK/KAETZKE, 2003
230
54
Abbildung 5: Positionierungsstrategien aus der Perspektive des Positionierungsmodells
Quelle: ESCH 2005, S. 144
Werbebotschaft
MEFFERT236 unterscheidet grundsätzlich zwischen dem informativen und emotionalen Charakter von Werbebotschaften. Da diese analog den Werbezielen mit dem Produktlebenszyklus
korrelieren, sollten sie ebenfalls Berücksichtigung finden.
BRUHN verweist auf die wachsende Relevanz emotionaler Mediawerbung.237 Angesichts
homogener werdender Produktangebote und der Notwendigkeit zur Schaffung von Vertrauen
und Glaubwürdigkeit müsse erfolgreiche Werbung Leistungen emotional präsentieren. Dementsprechend sollte in der Operationalisierung des Indikators Werbestil der Grad an Emotionalität in den Fokus gestellt werden.
In der Werbebotschaft korrespondieren die Elemente Inhalt (Was soll kommuniziert werden?)
und Form/Tonalität (In welchem Stil soll es kommuniziert werden?) mit der Umsetzung auf
Basis ausgewählter Werbemittel und -träger (Wo soll kommuniziert werden?).
So werden mit der Werbebotschaft die zentralen, zu transportierenden Inhalte der Kampagne,
also die Kernbotschaft bzw. Leitidee definiert.238 Im Rahmen des Konzeptes der integrierten
Kommunikation korrespondiert die Werbebotschaft idealerweise mit der kommunikativen
Leitidee eines Unternehmens, aus der zielgruppenbezogene Kernaussagen und kommunikationsmittelbezogene Einzelaussagen abgeleitet werden.239
236
MEFFERT, 2002, S. 22
BRUHN, 2005a, S. 550 f.
238
BRUHN, 2005a, S. 377
239
BRUHN, 2005a, S. 146 ff.
237
55
Aus den Positionierungs-Dimensionen Grad des kognitiven Involvements und Grad des emotionalen Involvements ergeben sich für den Charakter der Werbebotschaft folgende zwei klassische Polaritäten:240
1. sachliche, informationsorientierte Ansprache bzw. Vermittlung sachlicher Eigenschaften;
2. emotionale, erlebnisbetonte Ansprache bzw. Vermittlung emotionaler Eigenschaften.
An sachliche und funktionale Eigenschaften knüpft eine Mediawerbungsmaßnahme vor allem
bei einer Positionierung durch Information an. Bei einer funktionalen Werbebotschaft stehen
die Problemlösungsqualität eines Produktes bzw. einer Leistung im Fokus.241 Zu den kommunizierten Eigenschaften können neben der Produktleistung auch Besonderheiten des Designs
und der Verpackung gehören. Diese können gerade bei Low-Involvement-Produkten auch nebensächliche Eigenschaften sein, die das beworbene Produkt von dem Konkurrenzangebot
signifikant differenzieren. Basis für die richtige Auswahl einer solchen Eigenschaft ist oft ein
consumer insight, der den subjektiven Produktnutzen identifiziert.242
Emotionale Werbebotschaften appellieren gegenüber sachlich-funktionalen an die Gefühle
der Konsumenten. Beispielweise werden Identifikationsbedürfnis und Zugehörigkeitsgefühl
angesprochen.243 PARK, JAWORSKI und MACINNIS sowie BHAT und REDDY unterscheiden neben „functional“ und „symbolic“ explizit „experiental“ als dritte BotschaftsVariante.244 Allerdings ist diese im Sinne skalierbarer Polaritäten dem Bereich der emotionalen Werbebotschaften zuzuordnen. BOYD betont die Notwendigkeit einer Kombination aus
emotionaler und kognitiver Ansprache zur Erfolgsmaximierung.245
Bei der kommunikativen Übersetzung einer Positionierung durch Aktualität geht es nach
ESCH weniger um die Kommunikation emotionaler oder kognitiver Botschaften, sondern
vorrangig um die Thematisierung der Marke im Sinne eines „top of mind“. Die ist im Sinne
des Mere-Exposure Effekts246 notwendig, wonach erst durch die wiederholte Kommunikation
eines Produktes die Voraussetzung für seine Beurteilung durch den Konsumenten geschaffen
wird. Studien von BAKER und HUTCHINSON247 sowie HOYER und BROWN bestätigen
die positive Beeinflussung von Einstellung und Markenwahl durch Markenaktualität.
Werbemittel
Die Werbebotschaft ist außerdem nach BRUHN „die Verschlüsselung werbepolitischer Leitideen durch visuelle, akustische, haptische und gustatorische Modalitäten, um bei den Rezi-
240
MEFFERT, 2002, S. 22; KROEBER-RIEL, 1993, S. 47; BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 116 ff.
BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 93
242
ROTHSCHILD, 1987, S. 156
243
BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 93
244
PARK/JAWORSKI/MACINNIS, 1986; BHAT/REDDY, 1998
245
BOYD III, 2006
246
GRUSH, 1976; STANG, 1974
247
BAKER/HUTCHINSON, 1986, S. 22; HOYER/BROWN, 1990, 1991
241
56
pienten durch Aussagen über Produkt/Marken/Unternehmen die gewünschten Wirkungen im
Sinne der unternehmenspolitisch relevanten Werbeziele zu erreichen“.248
Modalitäten meint damit die „Verpackungsmöglichkeiten“ der Werbebotschaft auf Basis des
jeweils eingesetzten Werbemittels (z. B. eine Print-Anzeige mit Duftprobenstreifen). Werbemittel sind:
•
Print-Anzeige;
•
Plakat;
•
Hörfunk-Spot;
•
Kino- oder TV-Spot sowie
•
Online-Werbung.
Werbemittel (z. B. TV-Spots) werden auf Basis von Werbeträgern (TV-Sender/TV-Werbung)
eingesetzt.
Jede Modalität hat isoliert und in der gestalthaften Kombination ein eigenständiges Kommunikationspotential, das zusätzlich durch den Botschaftsinhalt mitbestimmt wird.249 Zwischen
Inhalt und Form bestehen somit Wechselwirkungen, so dass die Wirkung eines Werbemittels
von einem Konglomerat verschiedener Gestaltungselemente abhängt.250 Konkret heißt das:
Für die emotionsstarke Bekanntmachung einer innovativen Neueinführung ist ein TV-Spot sicherlich ideal, während eine auf die Loyalität zielende Kampagne mit der Erklärung spezifischer Produktvorteile in einer Print-Anzeige ihr ideales Leitmedium findet.
3.2.5 Mediamix, Werbeareal- und -timing
Im Zuge der Werbestrategie gilt es nach BRUHN251 sowie SCHULTZ und BARNES252 die
Kernelemente der Media-Strategie für den Mediamix festzulegen. Das bezieht sich vor allem
auf die Frage des Kernmediums. Diese Auswahl korrespondiert stark mit dem Werbeobjekt
und den Werbezielen sowie den Überlegungen zum präferierten Werbemittel im Zusammenhang mit der Werbebotschaft. Die Bestimmung des Kernmediums ist dabei eine Frage der Intermedia-Selektion, d.h. der Auswahl zwischen verschiedenen Werbeträgern. Grundlage dafür
ist die mediumsspezifische Leistungsfähigkeit253. So ist z. B. Print generell ein optimaler
Werbeträger, um die umfangreichen und häufig komplizierten Sachverhalte von Finanzwerbung zu transportieren. Es geht somit in der strategischen Phase vorrangig darum, eine grobe
Priorisierung der eingesetzten Werbemittel bzw. Mediagattungen zu fixieren, aus der sich die
Grundstruktur eines Media-Mixes ergibt.
248
BRUHN, 2005a, S. 453
TIETZ/ZENTES, 1980, S. 215
250
KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 149 ff.
251
BRUHN, 2005a, S. 378
252
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 52
253
BRUHN, 2005a, S. 429 f.
249
57
In der nachfolgenden Phase der Werbekonzeption werden dann diese Vorüberlegungen im
Rahmen eines Mediaplans konkretisiert und detailliert (Ergänzung der Inter- um die Intramediaselektion).
Als weitere Elemente einer Werbestrategie nennt BRUHN explizit Werbeareal und Werbetiming. 254
Mit dem Werbeareal legt ein Unternehmen fest, mit welcher geografischen Reichweite es seine Werbeaktivität betreibt, also vorrangig: lokal, regional, national, international. Die Bestimmung des Werbeareals korrespondiert stark mit der Definition der Zielgruppe und ihrer
entsprechenden geografischen Lokalisierung.
Beim Werbetiming werden die Gesamtdauer der Werbemaßnahmen und deren Verlauf definiert. Mit dem Verlauf ist die Intensität der Aktivität, d.h. der Umfang der eingesetzten Media-Maßnahmen gemeint. Oft teilen sich in der Praxis Gesamtkampagnen in Teilkampagnen
auf, wobei Werbeintensität und -botschaft variieren.
Die Art des Werbetimings wird bestimmt durch die Werbeziele und das jeweilige Werbeobjekt. Eine Imagekampagne zur Profilierung eines Unternehmens wird in der Regel längerfristig angelegt sein als die Einführungskampagne eines Konsumgüter-Artikels.
3.3 Systematisierungen von Werbestrategien
Wie bereits in Kapitel 2 dargestellt wurde der Begriff Werbestrategie bzw. Strategieplanung
zwar bereits sehr früh in der Fachliteratur verwandt, jedoch ohne dass die jeweiligen Autoren
ihn nach verschiedenen Varianten bzw. Archetypen unterschieden hätten.255
Gleichzeitig wurden immer wieder von Autoren einzelne Werbestrategievarianten genannt,
ohne sie jedoch auch nur im Ansatz zu systematisieren.256
Für das Thema dieser Untersuchung erscheinen deshalb unter den zahlreichen Unterscheidungen von Werbearten, -formen und -strategien nur die Systematisierungen relevant, die die
Entscheidung über Ziele sowie über Anstrengungen zur Zielerreichung257 als zentrales Aspekte einer Werbestrategie in den Fokus stellen. Mehrheitlich verwenden die Autoren solcher
254
BRUHN, 2005a, S. 378
ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624, BEREKOVEN, 1995, S. 17; ASSAEL, 1985, S. 390;
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 149 ff.; SAMPSON, 1918, S. 12 ff.; FAISON, 1980, S. 261 ff.
256
Exemplarisch dafür ist die Verwendung der Kategorie „Erhaltungswerbung“ bei MEFFERT/ BURMANN/KIRCHGEORG (2007, S. 706) sowie die Unterscheidung zwischen „informierender Werbung“ und
„Sympathiewerbung“ bei NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 1077.
257
STEFFENHAGEN, 1992, S. 548
255
58
Systematisierungen von Werbestrategien jedoch nicht explizit den Begriff Werbestrategie,
sondern sprechen häufig von Werbearten und -formen.
Diese zielorientierten Werbestrategie-Systematisierungen lassen sich im Hinblick auf den
Zielcharakter in zwei Gruppen unterteilen:
1. absatzorientierte Systematisierungen und
2. werbewirkungsorientierte Systematisierungen.
Ein erster Ansatz zur Systematisierung von Werbearten findet sich 1955 bei GUTENBERG258, jedoch ist seine Systematisierung wie auch die nachfolgenden von SEYFFERT259,
BEHRENS260 und BIDLINGMAIER261 analog zu den späteren aus den achtziger und neunziger Jahren von FAISON262, PERREAULT/McCARTHY263 noch sehr dominiert durch den
Zielcharakter, d.h. überwiegend wird ein absatzpolitisches Ziel mit einem Label belegt (z. B.
Expansionswerbung für die Ausweitung von Absatz bzw. Umsatz), ohne dass explizit weitere
– empirisch belegte - Indikatoren angeführt werden, die den Charakter der jeweiligen Werbeart spezifizieren und von den übrigen differenzieren.
Diesen absatzorientierten stehen die werbewirkungsorientierten Systematisierungsansätze von
ASSAEL, KOTLER ET AL. sowie aktuell von KROEBER-RIEL und ESCH gegenüber. Sie
beziehen sich implizit auf die verschiedenen Werbewirkungsmodelle in denen die Aspekte
Schaffung von Bekanntheit durch Information sowie Einstellungsänderung zentrale Komponenten sind.
Eine implizite Verknüpfung der beiden Ordnungsprinzipien vollzieht BRUHN in seiner
mehrdimensionalen Systematisierung.
Bei der Mehrheit der bestehenden Systematisierungen werden Werbearten bzw. -strategien
gleichgesetzt mit Werbezielen264 bzw. die Autoren sprechen von „Werbearten nach den Zielsetzungen“265. Dabei wird die „Stossrichtung“ von Werbung als eine Variante der Differenzierung neben vielen weiteren (Zielgruppe, Zielgebiet, Werbeobjekt, Werbetreibender) angeführt, ohne dass diese in einen Bezug zueinander gesetzt würden. Erst BRUHN gebraucht
2005 den Begriff der Werbestrategie als einem Bündel von Elementen, die zueinander in Bezug stehen und sich durch die spezifische Kombination dieser voneinander differenzieren.266
258
GUTENBERG, 1955, S. 439 ff.
SEYFFERT, 1963, S. 42 ff.
260
BEHRENS, 1963, S. 50 ff.
261
BIDLINGMAIER, 1973, S. 409 ff.
262
FAISON, 1980, S. 290 ff.
263
PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 358 ff.
264
KOTLER ET AL. ET AL., 2007, S. 704 ff.
265
SEYFFERT, 1966, S. 42
266
BRUHN, 2005a, S. 376ff.
259
59
Autor/-en
Jahr
Kategorien
Gutenberg
1955
Erhaltungs-, Erinnerungs-, Stabilisierungs-, Ausweitungs- oder Expansions- und Einführungswerbung
Seyffert
1963
Einführungs-, Erhaltungs-, Verstärkungs-,
Konkurrenz-, Erinnerungs- und Zukunftswerbung
Behrens
1963
Expansions-, Einführungs-, Erhaltungs-, Reduktions-,
Kontinuitäts-, Synchronisations- und Emanzipationswerbung
Bidlingmaier
1973
Einführungs-, Fortführungs-, Stabilisierungs-,
Expansions-, Kontinuitäts-, Synchronisations- und
Emanzipationswerbung
Faison
1980
product vs. brand differentiation, market-expansion und
brand positioning strategies
Assael
1985
informational, brand image, information-oriented change,
image-oriented change strategies
Perreault/
McCarthy
2003
pioneering, competitive und reminder advertising
KroeberRiel/Esch
2004
Informative Werbung, emotionale Werbung sowie
informative und emotionale Werbung
Bruhn
2005
Einführungs-, Erinnerungs-, Persuasions-, Imagevergleichende, Zielgruppen- und Handelswerbung
Kotler et al.
2007
Informierende, einstellungsändernde, erinnernde
und bestätigende Werbung
Abbildung 6: Übersicht der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien
Quelle: Eigene Darstellung
3.3.1 Systematisierung nach GUTENBERG
Eine erste Systematisierung von Werbearten nach Zielen hat GUTENBERG in seinem Klassiker „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“ 1955 vorgenommen267. Für GUTENBERG
sind Werbeziele die konsequente Operationalisierung absatzpolitischer Ziele. Dementsprechend unterscheidet er folgende fünf Werbearten:
1. Erhaltungswerbung;
2. Erinnerungswerbung;
3. Stabilisierungswerbung;
4. Ausweitungs- oder Expansionswerbung;
5. Einführungswerbung.
267
GUTENBERG, 1955, S. 439
60
Erhaltungswerbung wird nach GUTENBERG von Unternehmen dann betrieben, wenn ein
gewisses Absatzniveau erreicht ist, und nicht beabsichtigt ist, dieses auszuweiten. Dafür könne oft nur ein verhältnismäßig geringer Werbeaufwand notwendig sein268, um das Produkt im
Bewusstsein des Käufers zu ‚erhalten’. Bei ungünstiger Marktentwicklung „bedarf es aber unter Umständen sehr erheblicher Werbeanstrengungen, um den Absatz zu ‚halten’“269.
Erinnerungswerbung wird nach GUTENBERG von werbetreibenden Unternehmen dann eingesetzt, wenn das Absatzniveau sinkt und Kunden an die Leistung erinnert werden sollen.
Stabilisierungswerbung wird von Unternehmen nach GUTENBERG dann eingesetzt, wenn
die geschäftliche Lage „bedroht“ erscheint und Werbemittel dazu eingesetzt werden, „die sich
als gefährlich erweisende Entwicklung abzufangen. Art und Umfang der Werbung hingen
vom wahrgenommenen Gefährdungsmaß ab. In der Formulierung von GUTENBERG geht
diese Werbeart über die Perspektive auf ein Produkt oder ein Sortiment hinaus und bezieht
sich vielmehr auf die generelle Geschäftsgrundlage bzw. das Geschäftsmodell eines Unternehmens. So kritisiert BEHRENS, dass bei dieser Werbeart der explizite Bezug zur Dimension Absatzhöhe fehlt.270
Ausweitungs- oder Expansionswerbung liegt nach GUTENBERG dann vor, wenn ein Unternehmen beabsichtigt, sein Absatzvolumen zu steigern. Das Maß des Werbemitteleinsatzes
richte sich dabei nach dem angestrebten Absatzziel sowie nach dem Widerstand, den der
Markt diesem absatzpolitischen Bestreben entgegensetzt.
Einführungswerbung liegt nach GUTENBERG vor, wenn ein Unternehmen „neue Erzeugnisse auf den Markt bringt oder neue Markträume mit dem bisherigen oder mit einem neuen Warensortiment zu erschliessen versucht“271. Diese könne ebenfalls dem Ziel dienen, den Absatz
zu erhalten, die geschäftliche Lage zu stabilisieren oder um zu expandieren. Damit führt GUTENBERG mit der „Einführungswerbung“ eine weitere Betrachtungsdimension ein (Leistung/Produkt, Kunden), ohne diese jedoch in den denkbaren Varianten durchzudeklinieren.
Vielmehr unterstellt er eine Dimensionen-Hierarchie in folgender Logik:
1. Ebene:
a. Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung (-> Absatzfixierung);
b. Stabilisierungswerbung (-> Absatzfixierung);
c. Ausweitungs- oder Expansionswerbung (-> Absatzsteigerung).
2. Ebene:
a. Einführungswerbung (neue Produkte bzw. neue Zielgruppen);
b. Implizit „Bestands“-Werbung (bestehende Produkte, bestehende Zielgruppe).
268
Ebd., S. 439
Ebd., S. 439
270
BEHRENS, 1963, S. 15
271
GUTENBERG, 1955, S. 440
269
61
GUTENBERGs Systematisierung folgt somit schwerpunktmäßig der Dimension Absatzvolumen. Nach der jeweiligen Zielrichtung (Niveaufixierung oder -steigerung) lassen sich nach
seiner Auffassung maßgebliche Zwecke und Zielsetzungen von Werbung unterscheiden. Wobei der Bezug im Falle der Stabilisierungswerbung von ihm undefiniert ist. Charakteristisch
für GUTENBERGs Systematisierung ist somit, dass er eine unmittelbare Kausalität zwischen
Werbeaktivität und (positiver) Absatzentwicklung unterstellt.
GUTENBERG skizziert zwar zwei mögliche Charakterisierungsmerkmale (z. B. Form und
Umfang/Budget der Werbung), gleichzeitig aber betont er, dass diese nicht zwingend mit der
Werbeart korrespondieren.272 Dennoch unterstellt er grundsätzlich, dass der Werbeaufwand
von Expansionswerbung gegenüber dem für Erhaltungswerbung höher liegt und die Form der
Werbung maßgeblich dadurch bestimmt ist, ob für neue oder alte Produkte geworben wird,
bzw. bestehende oder neue Zielgruppen adressiert werden sollen.273
Somit erscheint GUTENBERGs Systematisierung noch wenig systematisch und in der Explikation wenig stringent. Auffällig ist außerdem der fehlende empirische Bezug.
In einer späteren Auflage stellt GUTENBERG seine ursprüngliches auf absatzpolitischen Zielen basierendes Konzept massiv infrage: „Unter diesen Umständen mag es zweifelhaft erscheinen, ob das Charakteristische des Sachverhalts richtig getroffen wird, wenn von Erhaltungs-, Expansions- und Stabilisierungswerbung als spezifischen Werbezielen gesprochen
wird. Diese Ziele sind keine für die Werbung operationalen Ziele. Erhaltungs-, Expansionsund Stabilisierungspolitik sind unternehmenspolitische Zielsetzungen, und die Konzeptionen
zur Erreichung dieser Zielsetzungen sind nicht aus der Werbung, sondern aus dem Ganzen
des Unternehmens heraus gedacht.“274
Auch negiert er deutlich den Zusammenhang zwischen Werbeart und charakteristischen Werbemitteln oder kommunikativen Techniken, wenn er betont: „Auf die Erhaltung des Geschäftsvolumens gerichtete unternehmenspolitische Zielsetzungen schränken die Freiheit kreativer oder kommunikativer Möglichkeiten nicht ein. Sie beschlagnahmen auch nicht einen
bestimmten Katalog werblicher Anstrengungen und Techniken für sich.“275 Im Fall der Stabilisierungspolitik werden nach GUTENBERG die Grenzen werblicher Möglichkeiten „sichtbar“.
Neben dem absatzpolitischen Bezug relativiert GUTENBERG zudem Werbung noch im Hinblick auf die Zwangsläufigkeit ihrer unternehmungspolitischen Stringenz: „Es gibt unübersehbar viele, gewissermaßen aktuelle Anlässe, die die Unterstützung der Verkaufsanstrengungen des Unternehmens durch Werbemaßnahmen zweckmäßig und erfolgversprechend er-
272
Ebd., S. 439
GUTENBERG, 1955, S. 473
274
GUTENBERG, 1976, S. 374
275
Ebd., S. 373
273
62
scheinen lassen.“276 Er führt damit einen Aspekt ein, der später als taktische Werbung charakterisiert wird.277
Alternativ zu seinem ursprünglichen Modell skizziert GUTENBERG eine Unterscheidung
von Werbearten, die sich implizit eher nach kommunikativen Kriterien richtet als nach absatzpolitischen. Dementsprechend definiert er zwei Werbevarianten:
In der ersten Werbevariante gilt es laut GUTENBERG, latente Bedürfnisse für eine Produktart zu wecken, die von der Zielgruppe bisher noch nicht verwendet wird. Dies könne auch in
Form von Gemeinschaftswerbung erfolgen.
Eine zweite Werbevariante bestünde darin, „die potentiellen Käufer einer bestimmten Produktart in dem Sinne zu beeinflussen, dass sie die Erzeugnisse des Unternehmens und nicht
die der Konkurrenzunternehmen kaufen“278. Das absatzpolitische dahinter sei wieder die Erhaltung oder Erweiterung von Marktanteilen. GUTENBERG spricht mit dieser Unterscheidung mehrere Dimensionen (Produktcharakter, Zielgruppe, Konkurrenz, Werbeziele), ohne
jedoch ein vollwertiges Alternativkonzept daraus aufzubauen. Somit bleibt die Relativierung
des ursprünglichen Konzeptes bestehen.
276
Ebd., S. 374
LAVERMANN, 1995, S. 27 ff; FAISON, 1980, S. 304
278
GUTENBERG, 1976, S. 375
277
63
3.3.2 Systematisierung nach SEYFFERT
SEYFFERT unterscheidet erstmals 1962 folgende sechs „Werbearten nach den Zielsetzungen“279:
1. Einführungs-;
2. Erhaltungs-;
3. Verstärkungs-;
4. Konkurrenz-;
5. Erinnerungs- und
6. Zukunftswerbung.
Bei der „Einführungswerbung“ steht nach SEYFFERT „das Erregen der Aufmerksamkeit im
Vordergrunde“280. Sie trage Experimentcharakter und müsse beweglich genug angelegt werden, um je nach den festgestellten Wirkungen anders dirigiert werden zu können. SEYFFERT
greift mit der Einführungswerbung eine Kategorie von GUTENBERG auf, ohne jedoch zu
spezifizieren, ob sich diese auf ein neues Produkt oder die Adressierung einer neuen Zielgruppe oder beides bezieht.
Die „Erhaltungswerbung“ (ebenfalls ein Begriff von GUTENBERG) entspricht nach SEYFFERT einer Normalwerbung, da sie „den Stand der erreichten Werbewirkung stabilisieren
soll.“ Charakteristisch für sie sei, dass die Kosten – im Gegensatz zur Einführungswerbung –
höchstens proportional, aber möglichst degressiv zur erzielten Leistung sein sollten.
Die Kategorie der „Verstärkungswerbung“ entspricht GUTENBERGs Expansions- bzw.
Ausweitungswerbung. Mit ihr sollen nach SEYFFERT die durch die Einführungswerbung
gewonnenen Werbeleistungen gesteigert werden.
Die „Konkurrenzwerbung“ ist nach SEYFFERT geprägt durch ihren „aggressiven Charakter
gegen Mitwerber“, deren Anstrengungen durch die Konkurrenzwerbung neutralisiert werden
sollen. Sie werde laut SEYFFERT oft nicht unerwidert bleiben und könne dann zu Kraftanstrengungen verleiten, „die unverhältnismäßigen Aufwand“ erfordern. In der Konkurrenzwerbung stecke somit meist ein großer Anteil unbeabsichtigter Kollektivwerbung. Außerdem bestehe mit ihr die Gefahr einer negativen Werbewirkung.
Die „Erinnerungswerbung“ unterscheidet sich nach SEYFFERT deutlich von der Erhaltungswerbung. Bei ihr komme es darauf an, eine durchgeführte Werbung nicht in Vergessenheit geraten zu lassen; „obwohl von dem Zuumwerbenden im Augenblick ein Zueigenmachen des
Werbezwecks gar nicht erwartet wird oder aus äußeren Gründen nicht möglich ist. Zur Veranschaulichung führt SEYFFERT die Werbung von Markenartikelfabrikanten an, die in Zeiten
der Nichtlieferbereitschaft z. B. durch kriegsbedingte Rationierungsmaßnahmen trotzdem
weiterwerben.
279
280
SEYFFERT, 1966, S. 42
SEYFFERT, 1966, S. 43
64
„Zukunftswerbung“ als siebte Kategorie umfasst nach SEYFFERT Werbung für Leistungen,
die noch nicht (auch nicht kurzfristig) zu erwerben sind. Als Beispiel führt er die Werbung
der Fluggesellschaften für ihren Düsenflugverkehr 1955 an, obwohl dieser erst fünf Jahre später realisiert wurde und somit erst dann für die Kunden erwerbbar. Ein weiteres Beispiel für
Zukunftswerbung sei außerdem die politische Werbung von Parteien.
SEYFFERT vollzieht in seiner Systematisierung einen Paradigmenwechsel, indem er im Gegensatz zu GUTENBERGs absatzpolitischen Zielkatalog auf kommunikative Werbeziele
(Werbewirkung) fokussiert. Jedoch spezifiziert er diese an keiner Stelle, sondern spricht nur
grundsätzlich von der positiven Beeinflussung der Werbewirkung. Die Mehrheit seiner Kategorien ist der Übersicht von GUTENBERG entlehnt. Mit der Differenzierung der Erinnerungswerbung verweist SEYFFERT auf eine den besonderen historischen Rahmenbedingungen (massive Produktionsmittelknappheit in Kriegszeiten) geschuldete Werbevariante. Mit
der Zukunftswerbung führt er neben der Ordnungsdimension Werbewirkung noch die Dimension „Zeithorizont“ implizit ein. Entsprechend kritisiert BEHRENS die auf „sehr heterogenen
Prinzipien“ basierende Systematik als „bedenklich“281. Ebenso kritisiert LEITHERER282 bei
Seyffert die Überschneidungen zwischen Werbezielen und Werbearten. Zwar deutet SEYFFERT die Höhe der Werbeaufwendungen als differenzierenden Aspekt zwischen den Werbearten punktuell an, stellt jedoch keinen systematischen Bezug zu allen genannten Werbearten
her. Außer zwei eher grundsätzlichen Hinweisen auf branchenbezogene Werbekampagnen
verzichtet auch SEYFFERT auf die empirische Validierung seiner Überlegungen.
3.3.3 Systematisierung nach BEHRENS
BEHRENS führt 1963 bei seiner Unterscheidung nach Werbearten als übergreifende Dimension die Komponente „Zeithorizont“ ein. Dementsprechend unterscheidet er Werbearten nach
1. kurzfristigen und
2. langfristigen Werbezielen.
Auch BEHRENS charakterisiert Werbeziele als Ableitungen von den generelleren, absatzpolitischen Zielen.283 Dementsprechend erfahren potenzielle Werbeziele von den Plandaten der
Absatzwerbung her eine „wesentliche Begrenzung“284 Für die kurzfristigen Werbeziele definiert BEHRENS zwei relevante Dimensionen:
1. den angestrebten Umsatzumfang und
2. die zeitliche Verteilung der Nachfrage.
281
BEHRENS, 1963, S. 15
LEITHERER, 1975, S. 23
283
BEHRENS, 1963, S. 50
284
Ebd., S. 50
282
65
Der Wechsel von der ökonomischen Zielgröße Absatz nach GUTENBERG zu Umsatz bei
BEHRENS ist in der besseren Abbildung unterschiedlicher Vertriebsstrategien begründet. So
verweist BEHRENS auf die nach Branchen unterschiedliche Präferenz für Preis- oder Mengenstrategien der Werbetreibenden, für welche die erzielte Umsatzhöhe die gemeinsame
Messgröße bildet. Die Bedeutung der ökonomischen Kenngröße „Kosten“ als Werbeziel wird
von BEHRENS negiert, da sie kein selbständiges Werbeziel sei und zudem durch Werbung
implizierte Kostenreduktionseffekte nur schwer zu ermitteln seien.285
Voraussetzung für die Definition von Werbezielen ist nach BEHRENS neben dem Zeitablauf
(Periodenbezug) der Objektbezug, d.h. für welches Produkt bzw. welche Leistung geworben
wird.286
In expliziter Anlehnung an die Konzepte GUTENBERG und SEYFFERT unterscheidet
BEHRENS folgende Werbearten mit kurzfristigem Charakter:
Werbearten mit dem zentralen Ziel der Veränderung der Umsatzhöhe:
1. Expansionswerbung;
2. Einführungswerbung (als Spezialfall der Expansionswerbung);
3. Erhaltungs- und
4. Reduktionswerbung.
Werbearten mit dem zentralen Ziel der Verschiebung des Umsatzes in der Zeitperiode
1. Kontinuitätswerbung;
2. Synchronisationswerbung und
3. Emanzipationswerbung.
„Expansionswerbung“ liegt nach BEHRENS analog GUTENBERG und SEYFFERT dann
vor, wenn der der Werbetreibende für ein bestimmtes Werbeobjekt eine Erhöhung seines Umsatzes gegenüber der unmittelbar vorangegangenen Periode anstrebt.
Mit der „Einführungswerbung“ wird absatzpolitisch das gleiche Ziel verfolgt wie mit der Expansionswerbung, allerdings mit der Besonderheit, dass der Umsatz der Vorperiode null beträgt. Ob sich die Einführungsstrategie auf eine neue Leistung für bestehende Zielgruppen, eine bestehende Leistung für neue Zielgruppen oder auf beides bezieht, lässt BEHRENS offen.
„Erhaltungswerbung“ zielt – analog zu GUTENBERG und SEYFFERT auf den Erhalt des
Umsatzes. Damit sei Erhaltungswerbung typisch für Unternehmen, deren Produktions- und
285
286
BEHRENS, 1963, S. 54
BEHRENS, 1963, S. 51
66
Beschaffungskapazität ausgelastet ist oder die auf Grund der Marktverhältnisse bzw. vertraglicher Abmachungen in ihrer Preispolitik unelastisch sind.287
„Reduktionswerbung“ findet nach BEHRENS dann statt, wenn der Werbungstreibende versucht – vor allem im Rahmen der zeitlichen Nachfragelenkung – den Umsatz für ein bestimmtes Werbeobjekt in der laufenden Periode gegenüber dem vorangegangenen Planungsabschnitt
zu vermindern.288 BEHRENS räumt ein, dass eine solche Zielsetzung „absonderlich“ anmutet,
jedoch bei „grundlegender Umstellung des Leistungsprogramms“ und im Hinblick auf die
„zeitliche Lenkung der Nachfrage“ durchaus Sinn mache.289 Angesichts dieser Selbstkritik ist
deshalb zu fragen, ob Reduktionswerbung tatsächlich die Qualität eines WerbestrategieArchetyps hat, wenn in der Praxis schlichtweg nur der Umfang der Werbeaktivitäten reduziert
wird.
Gegenüber diesen vier umsatzbezogenen Werbearten unterscheidet BEHRENS drei weitere,
die Werbeaktivität beschreiben, deren Ziel darin besteht, die Nachfrage – ohne Änderung der
Umsatzhöhe – in der betreffenden Periode zu verschieben.
Demnach fasst „Kontinuitätswerbung“ laut BEHRENS solche Werbemaßnahmen zusammen,
die auf eine gleichmäßige Verteilung der Nachfrage in einer Periode zielen.290
Demgegenüber zielt die „Synchronisationswerbung“ auf die Anpassung der Nachfrage an ungleichmäßige Produktions- bzw. Beschaffungsrhythmen der Unternehmung.291
Die „Emanzipationswerbung“ hat dagegen das gegenteilige Ziel, nämlich die Absatzentwicklung von den Produktions- und Beschaffungsrhythmen der Unternehmung abzukoppeln.292
Da diese auf die zeitliche Lenkung der nachfragebezogenen Werbearten letztlich immer auch
auf eine Umsatzveränderung zielen, können sie nach BEHRENS den Zielen Expansions- und
Reduktionswerbung zugeordnet werden.293 Generell erscheinen jedoch die drei Werbearten,
die drei Werbearten Kontinuitätswerbung, Synchronisationswerbung und Emanzipationswerbung problematisch, weil Sie auf der Annahme basieren, dass es zwischen Art und Umfang
der Werbeaktivitäten und der Absatz- und Umsatzentwicklung des beworbenen Produktes eine unmittelbare Kausalbeziehung gäbe. Dies widerspricht den aktuellen Erkenntnissen der
Werbewirkungsforschung.
Werbeziele, die nicht auf kurzfristige Umsatz- und Kosteneffekte zielen, dienen laut BEHRENS als langfristige Ziele zur Stärkung des Goodwills des Unternehmens, um damit eine
Absatzsicherung auf lange Sicht zu erreichen. Sie trügen zur Bindung der (potentiellen) Kun287
BEHRENS, 1963, S. 52
Ebd.
289
Ebd.
290
Ebd.
291
BEHRENS, 1963, S. 53
292
Ebd.
293
Ebd.
288
67
den zum Unternehmen bei. BEHRENS weist zudem darauf hin, dass die Erhöhung des
Goodwills vielfach nicht beabsichtigt sei, sondern sich vielmehr als Nebeneffekt bei der Verfolgung kurzfristiger werbepolitischer Ziele ergäbe. Eine Werbeart, die diese strategische
Stoßrichtung zusammenfasst, nennt BEHRENS nicht.
Im Gegensatz zu GUTENBERG und SEYFFERT folgt BEHRENS Systematisierung zwar einer klaren Systematik, jedoch ist diese neben dem Zeithorizont vorrangig auch nur auf die
ökonomische Zielgröße Umsatzsicherung fokussiert. Die hinter der Unterscheidung zwischen
kurz- und langfristigen Werbeziele anklingende Referenzierung auf verschiedene Werbewirkungsmodelle führt BEHRENS nicht aus. Vielmehr orientiert sich seine Systematisierung –
analog zu SEYFFERT und GUTENBERG – ohne dass BEHRENS den Begriff explizit verwendet am Konzept des Produktlebenszyklus, wonach der Absatz- und Umsatzverlauf eines
Produktes abhängig von der Variable „Zeit“ ein spezifisches Muster aufweist.294 Im Gegensatz zu GUTENBERG und SEYFFERT verzichtet BEHRENS komplett darauf, seine Werbearten durch die Nennung weiterer Indikatoren zu differenzieren. Auch liefert er für keine der
Werbearten ein konkretes Praxisbeispiel oder eine empirische Validierung.
3.3.4 Systematisierung nach BIDLINGMAIER
BIDLINGMAIER295 orientiert sich in seiner Systematisierung von Werbearten nach Zielen
aus dem Jahr 1975 wieder am ökonomischen Zielfokus von GUTENBERG und BEHRENS.
Jedoch erweitert er BEHRENS’ Konstrukt mit dem Dimensionsschwerpunkt „Umsatzumfang“ um die komplementäre Dimension „Kostenumfang“.
Dementsprechend unterscheidet er in starker Anlehnung an BEHRENS folgende Werbearten:
1. Umsatzbezogene Werbearten und -ziele:
1.1 Einführungswerbung ( Umsatzexpansion);
1.2 Fortführungswerbung ( Umsatzexpansion);
1.3 Stabilisierungswerbung ( Umsatzerhaltung);
1.4 Expansionswerbung ( Umsatzerhaltung).
2. Kostenbezogene Werbearten und -ziele:
2.1 Kontinuitätswerbung;
2.2 Synchronisationswerbung;
2.3 Emanzipationswerbung.
BIDLINGMAIERs Systematisierung ist ebenso wie die von GUTENBERG, SEYFFERT und
BEHRENS absatzpolitisch motiviert. Dementsprechend orientiert er sich auch sehr stark an
deren – insbesondere den von BEHRENS – eingeführten Begrifflichkeiten. Die besondere
Qualität seines Ansatzes besteht in der konsequenten Einordnung der unterschiedlichen Wer294
295
SCHÜRMANN, 1993, S. 20; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 121
BIDLINGMAIER, 1975, S. 408
68
bestrategien in ein klares Dimensionenraster mit den zentralen Achsen Kosten und Umsatz.
Dabei verzichtet er jedoch auf die von BEHRENS eingeführte Variante der Reduktionswerbung mit dem Ziel der Absatz- bzw. Umsatzreduktion. Der Grund für diesen Verzicht lässt
sich nicht eindeutig nachvollziehen, liegt aber wahrscheinlich in der bereits diskutierten Problematik, dass Werbung mit dem strategischen Ziel der Umsatz- und Absatzreduktion nicht der
Werberealität entspricht, in der vielmehr auf Werbemaßnahmen gemäß ihres Umfanges und
Kostenintensität verzichtet oder sie deutlich reduziert werden, wenn sich das beworbene Produkt in der Schlussphase des Produktlebenszyklus befindet.
Kritisch zu bewerten ist die unzureichende Profilierung der einzelnen Werbestrategien durch
entsprechende Indikatoren in Verbindung mit einer empirischen Prüfung.
Somit bleibt BIDLINGMAIERs Ansatz unter den absatzorientierten derjenige mit dem höchsten Reifegrad und sollte deshalb bei der Weiterentwicklung eines Systematisierungsansatzes
berücksichtigt werden.
3.3.5 Systematisierung nach FAISON
FAISON unterscheidet in seiner Darstellung aus dem Jahr 1980 drei Gruppen von advertising
strategies:296
1. Product versus brand-differentiation strategy;
2. Market expansion strategies;
3. Brand positioning strategies.
In der ersten Kategorie grenzt FAISON mit der product versus brand-differentiation strategy
zwei Werbestrategien voneinander ab, die jeweils eine eigene Kategorie bilden.
Nach FAISONs Definition liegt eine product strategy dann vor, wenn eine echte Produktinnovation im Sinne von „new to the world“297 eingeführt wird.298 Als Beispiel führt er die Einführung der ersten Farbfernseh-Geräte in den USA an. Dementsprechend befindet sich das
beworbene Produkt in der Pionierphase seines Lebenszyklus. Die Zahl der Wettbewerber ist
überschaubar und es gilt vorrangig die Leistungskompetenz des Produktes im Bezug auf die
erfolgreiche Befriedigung von spezifischen Konsumenten-Bedürfnissen möglichst breit zu
kommunizieren. Somit entspricht FAISONs Konzept der product strategy den inhaltlichen
Überlegungen zur Einführungswerbung von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, BIDLINGMAIER und BRUHN, beziehungsweise zur Pioneering Advertising von PERREAULT/McCARTHY sowie zur Informational beziehungsweise Informative advertising bei
ASSAEL und KOTLER ET AL..
296
FAISON, 1980, S. 290 ff.
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
298
FAISON, 1980, S. 290
297
69
Eine Brand-differentiation Advertising Strategy liegt nach FAISON dann vor, wenn das beworbene Produkt im Lebenszyklus deutlich fortgeschritten ist, die Wettbewerber zahlreich
sind und vergleichbare bzw. identische Leistungsstandards offerieren und deshalb die Notwendigkeit besteht, das Produkt kommunikativ über die Marke zu differenzieren.
Im Hinblick auf den jeweiligen Einsatzpunkt der beiden Strategien product und branddifferentiation wird laut FAISON manchmal auch von primary versus secondary promotion
gesprochen.
Für die Market expansion strategies unterscheidet FAISON im Hinblick auf eine signifikante
Umsatzsteigerung vier Vorgehensweisen:
1. Erhöhung des Konsums pro Verbrauchssituation;
2. Erhöhung der Konsumfrequenz;
3. Erhöhung der Anzahl Einsatzmöglichkeiten für ein Produkt sowie
4. Erhöhung der Käuferzahl insgesamt durch die Ansprache neuer Kunden (new user strategy).
FAISON gibt zu jeder Variante ein Kampagnenbeispiel aus der Praxis, das die werbliche Umsetzung des jeweils angestrebten Effekts illustriert, z. B. die Auslobung eines Rezeptes, das
die Verbrauchsmenge von Salatsoße deutlich erhöht.299 Mit dem Aspekt ‚Ansprache neuer
Kundensegmente’ ist FAISONs Kategorie gleichartig zu den Überlegungen von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS und BIDLINGMAIER zur Expansionswerbung. Problematisch erscheint jedoch an seiner Systematisierung, dass sich viele der Varianten vorrangig
bzw. ausschließlich auf Fast Moving Consumer Goods (FMCG) beziehen, damit nicht auf Investitionsgüter oder Dienstleistungen (z. B. Versicherungen) übertragbar sind. Zudem sind es
Absatzziele bzw. -strategien, die Werbestrategien vorgelagert sein können, aber keine originären Werbestrategien im Bezug auf Kommunikationsziele und -inhalte.
Brand positioning strategies sind nach FAISON Werbestrategien, welche die marketingstrategischen Überlegungen zur Positionierung eines neuen Produktes kommunikativ unterstützen. Er gibt dafür verschiedene Beispiele, die unterschiedlichen Dimensionen für Positionierungsvarianten aufzeigen.300
Auch diese Kategorie orientiert sich stark an der generellen Marketingstrategie ohne eine entsprechende Ableitung für die nächste Stufe der Werbekommunikation zu machen.
FAISONs Unterscheidung von Advertising strategies weist viele Parallelen zu den Systematisierungen anderer Autoren auf. Kritisch erscheint jedoch die starke Fokussierung auf die
Marketingstrategie, ohne dass werbestrategiespezifische Ableitungen vorgenommen werden.
Hinter den drei bzw. vier Kategorien von FAISON ist kein klares Dimensionenraster erkenn299
300
Ebd., S. 292
FAISON, 1980, S. 298 ff.
70
bar. Eine explizite Nennung von Indikatoren fehlt ebenso. Die empirische Validierung beschränkt sich auf wenige Praxisbeispiele, deren Repräsentativität unklar ist.
3.3.6 Systematisierung nach ASSAEL
Für die Klassifizierung von advertising strategies stellt ASSAEL301 zwei Schlüsselfragen in
den Vordergrund:
1. Zielt die Werbekampagne darauf, die Marktbedingungen beizubehalten oder zu verändern?
2. Zielt die Kampagne darauf, Informationen zu kommunizieren oder Images?
Dementsprechend unterscheidet ASSAEL folgende Werbestrategien:
1. Maintenance strategies:
a. Informational strategies;
b. Brand image strategies.
2. Change strategies:
a. Information-oriented change strategies (new uses, new features, belief change);
b. Image-oriented change strategies (use new product imagery, increase product involvement, reduce risk and uncertainty, change the brand image).
Maintenance strategies im Sinne eines Erhalts des Status Quo lassen sich nach ASSAEL unterscheiden in Kampagnen, die Informationen über den Charakter einer Marke transportieren
und solchen, die ein Markenimage kreieren.
Als Beispiel für eine solche informationsorientierte Bestandswerbung verweist ASSAEL auf
die von Springer & Jacoby entwickelte, vielfach prämierte Mercedes-Kampagne Mitte der
achtziger Jahre, für die umfangreiche Copies, die Erläuterung technischer Details sowie der
Einsatz entsprechender Medien (vorrangig Print) charakteristisch war.
Zur Erläuterung der markenimageorientierten Bestandswerbung liefert ASSAEL als Praxisbeispiel die Marlboro-Kampagne der achtziger Jahre, die in einer Tradition von zwanzig Jahren die zentralen Markenwerte von Marlboro (Männlichkeit, Unabhängigkeit, Freiheit) in
immer neuen Bild-Variationen die gleichen Sujets (Cowboys in der freien Natur) inszenierte.
Aus der Definition zu Bestandsstrategien nach ASSAEL ergibt sich eine klare Analogie zum
Konzept der Stabilisierungswerbung von GUTENBERG, BEHRENS und BIDLINGMAIER
sowie zum Konzept der Erinnerungs- bzw. Reminder-Werbung von GUTENBERG, SEYFFERT, KOTLER ET AL., PERREAULT/McCARTHY und BRUHN.
301
ASSAEL, 1985, S. 392 ff.
71
Ebenso wie bei den Maintenance-Werbestrategien unterscheidet ASSAEL bei den change
strategies zwischen solchen, die information-oriented und solchen die image-oriented sind.302
ASSAEL unterstellt, dass change strategies in der Werbepraxis deutlich häufiger zu finden
sind als maintenance strategies.303
Bei den information-oriented change strategies unterscheidet ASSAEL zwischen solchen, die
sich auf eine Produkt-Innovation (new product characteristics) bzw. -Variation (new features)
oder Anwendungsmöglichkeiten (new uses) beziehen und solchen, die die Wahrnehmung eines Produktes bzw. einer Produktkategorie im Sinne einer Repositionierung verändern sollen
(belief change).304
Image-oriented change strategies haben nach ASSAEL das Ziel, die Wahrnehmung einer
Marke aus Konsumentensicht durch Symbole und Bilder zu beeinflussen. Dabei lassen sich
nach ASSAEL vier Varianten unterscheiden:
•
Einführung neuer Produkte mit Fokus auf das Markenimage;
•
Steigerung des Konsumenten-Involvements;
•
Reduzierung der Konsumenten-Unsicherheit und Sorge (z. B. durch den Einsatz entsprechender Testimonials) sowie die
•
Veränderung des bestehenden Images, das eine Marke beim Konsumenten hat.
Imageorientierte Werbestrategien sind nach ASSAEL notwendig, wenn es um eine gängige
Produktkategorie handelt und keine expliziten Leistungsmerkmale kommunizierbar sind. ASSAELs Praxisbeispiel dazu ist die Bier-Kampagne für Budweiser Light. Hinter diesen Überlegungen steht die Frage des unterschiedlichen Involvementgrades auf Konsumentenseite, der
jedoch von ASSAEL nicht thematisiert wird.
ASSAELs Werbestrategie-Typen weisen viele Analogien zu den Kategorien der übrigen Autoren auf. ASSAEL entwickelt seine Werbestrategie-Kategorien zwar auf Basis eines klaren
zweidimensionalen Rasters (Stoßrichtung: Stabilisierung oder Veränderung, Botschaftsschwerpunkt: informierend oder imagebildend), allerdings erscheinen die gewählten Dimensionen problematisch. Zum einen ist eine Trennung zwischen Stabilisierung und Veränderung
in der Werbepraxis kaum darstellbar, zum anderen ist ebenso die Unterscheidung zwischen
informierender und imagebildender Werbung wohl eher theoretischer Natur. ASSAEL übersieht, dass gerade die Beispiele Mercedes-Benz für eine informationsorientierte Kampagne
und Budweiser für eine imageorientierte Werbung eine andere Unterscheidung nahe legen,
nämlich die nach dem Grad des Konsumenten-Involvements im Hinblick auf den unterschiedlichen Charakter der beworbenen Produkte bzw. Leistungen (Investitionsgut Mercedes versus
302
ASSAEL, 1985, S. 394 ff.
ASSAEL, 1985, S. 392
304
ASSAEL, 1985, S. 394 f.
303
72
Konsumartikel Budweiser). Als alternative Dimensionen ist in den Überlegungen von ASSAEL die Unterscheidung zwischen bestehenden („Leistungspflege“) und neuen („Leistungsinnovation“) präsent, jedoch wird sie nicht konsequent durchdekliniert. Ebenso liefert er für
die Unterscheidung seiner Werbestrategie-Typen keine eindeutigen Indikatoren.
3.3.7 Systematisierung nach PERREAULT/McCARTHY
Unter dem Credo „Product advertising – know us, like us, remember us“ unterscheiden
PERREAULT und Mc CARTHY drei Arten von absatzorientierter Produktwerbung:305
1. Pioneering advertising;
2. Competitive advertising;
3. Reminder advertising.
Pioneering advertising kommt nach PERREAULT und Mc CARTHY zum Einsatz, wenn ein
neues Produkt im Markt eingeführt wird und Erstkunden erfolgreich adressiert werden sollen.
Damit entspricht diese Kategorie der Einführungswerbung von GUTENBERG, SEYFFERT,
BEHRENS, BIDLINGMAIER, BRUHN und der product advertising strategy bei FAISON
sowie der Systematisierung von KOTLER ET AL.
Competitive advertising findet nach PERREAULT und Mc CARTHY dann statt, wenn ein
Produkt im Lebenszyklus einen hohen Reifegrad erreicht hat und sich zunehmend gegen die
Wettbewerber behaupten muss. Bei dieser Werbeart sei zudem zwischen dem direkten Typus,
der unmittelbare Absatzeffekte anstrebe und dem indirekten, der langfristige Absatzeffekte
anstrebe, zu unterscheiden.306 In dieser weitgehenden Definition weist das competitive advertising Parallelen sowohl zur Konkurrenzwerbung von SEYFFERT, wie auch zur Stabilisierungswerbung von GUTENBERG auf. Als „härtere“ Untervariante zur competitive advertising unterscheiden PERREAULT und Mc CARTHY analog BRUHN comparative advertising.
Reminder advertising zielt nach PERREAULT und Mc CARTHY darauf, die Marke im Bewusstsein der Konsumenten zu halten. In der Umsetzung würde dies durch ein soft-selling in
Form einer bloßen Erwähnung des Markennamens erreicht.
Wie viele der übrigen Autoren nehmen auch PERREAULT und Mc CARTHY z. T. Bezug
auf das Modell des Produktlebenszyklus, jedoch liegen ihrer Werbestrategie-Systematisierung
keine klaren Dimensionen zugrunde. Der Praxisbezug beschränkt sich auf wenige stichwortartige Kampagnenbeispiele, deren Repräsentativität zwangsläufig offen bleibt. Inhaltlich finden
sich ihre Kategorien in der Mehrheit der übrigen Werbearten-Systematisierungen wider. Wie
305
306
PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 358 ff.
PERREAULT und Mc CARTHY, 2003, S. 358
73
bei der Mehrheit der Autoren finden sich bei ihnen jedoch auch keine die unterschiedlichen
Werbestrategie-Typen erklärenden Indikatoren.
3.3.8 Systematisierung nach KROEBER-RIEL/ESCH
KROEBER-RIEL unterscheidet erstmals 1988 verschiedene Arten von Werbestrategien.307
Diese Systematisierung wird später von ESCH aufgegriffen und weiterentwickelt.308 Dementsprechend unterscheiden KROEBER-RIEL und ESCH Werbestrategien nach der aus ihrer
Sicht zentralen Dimension der Positionierung. Treiber dieser Dimension ist das Involvement
der adressierten Konsumenten, dass sich auf den Ebenen Kognition und Emotion unterscheidet.309
Aus diesen zwei Dimensionen ergeben sich nach KROEBER-RIEL und ESCH folgende vier
Positionierungsstrategien (siehe auch Abbildung), über die eine attraktive kommunikative Positionierung eines Produktes oder einer Leistung im Sinne eines top of mind erreicht werden
kann, und aus der sich entsprechende Werbearten ableiten lassen:310
•
Informative Werbung (Positionierung durch Information/ sachorientierte Positionierung);
•
emotionale Werbung (Positionierung durch Emotion/ erlebnisorientierte Positionierung);
•
informativ-emotionale Werbung (Positionierung durch Emotion und Information/ gemischte Positionierung);
•
Aktualisierungswerbung (Positionierung durch Aktualität).
307
KROEBER-RIEL, 1988, S. 47
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 47 ff., 2004, S. 51 ff.
309
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 44
310
KROEBER-RIEL, 2000, S. 44, ESCH, 2005, S. 138 ff., AAKER/SHANSBY, 1982; AAKER/MYERS, 1987;
PERCY/ROSSITER, 1982; 1987
308
74
Abbildung 7: Normziele der Positionierung
Quelle: ESCH 2005, S. 139
Informative Werbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum Einsatz, wenn das kognitive Involvement hoch ist und sich dementsprechend eine Positionierung
durch Information anbietet.311 Die sachorientierte oder informative Positionierung ist die klassische Form der Positionierung. Sie dient der Vermittlung von Sachinformationen über Angebotseigenschaften. Damit sind die Überlegungen von KROEBER-RIEL und ESCH deckungsgleich zu denen von ASSAEL mit informational strategies312 und KOTLER ET AL. mit informative advertising313. Eine solche Kommunikation eignet sich nach ESCH besonders bei
der Kommunikation für Innovationen und für High-Involvement-Angebote bzw. für Angebote
auf wenig entwickelten Märkten, bei denen bei den relevanten Zielgruppen starke und (möglicherweise) noch nicht befriedigte Bedürfnisse bestehen und dementsprechend das Interesse an
Produktinformationen groß ist.314
Emotionale Werbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum Einsatz, wenn beim Konsumenten hohes emotionales, aber geringes kognitives Involvement
vermutet wird und dementsprechend eine Positionierung durch Emotion sinnvoll erscheint.315
311
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 66 ff.; ESCH, 2005, S. 140
ASSAEL, 1985, S. 393
313
KOTLER/BLIEMEL, 1996, S. 705
314
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 68; ESCH, 2005, S. 140
315
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 70 ff.
312
75
Dementsprechend hat die erlebnisbetonte Positionierung zum Ziel, „das Angebot in der emotionalen Erfahrungs- und Erlebniswelt des Konsumenten zu verankern“316. Dieses Positionierungsziel ist nach ESCH von herausragender Bedeutung für Märkte, auf denen Informationen
über ausgereifte und in Bezug auf sachliche Eigenschaften austauschbare Angebote trivial
sind.317 Die Positionierung sollte hier der Devise „Erlebnisprofil statt Sachprofil“318 folgen.
Insbesondere auf gesättigten Märkten319, in denen sich Produkte im Hinblick auf ihre funktionalen Leistungsmerkmale kaum noch sichtbar unterscheiden, sollte den Konsumenten über
den sachlichen Grundnutzen hinaus ein emotionaler Zusatznutzen verschafft werden.320 Der
Vorteil der Erlebnispositionierung besteht nach WÜTHRICH321 darin, dass diese gegenüber
einer sachlichen Positionierung nicht so schnell kopiert werden kann. Gerade bei erlebnisbetonten Positionierungen werden die größten Unterschiede zwischen den Marken eines Produktbereiches wahrgenommen.322
Bei einer Positionierung in einer Kombination aus Emotion und Information sind für den
Konsumenten sowohl die Adressierung seiner emotionalen Bedürfnisse wie auch die Bereitstellung von Informationen wichtig.323 Dies bedingt eine informativ-emotionale Werbung.324
Das daraus resultierende Grundmuster der Kommunikation lautet nach ESCH: Appelliere an
ein Bedürfnis und informiere über die Eigenschaften des Angebotes, die dazu in der Lage
sind, dieses Bedürfnis zu befriedigen.325 Als Beispiel nennt ESCH Werbeappelle der Marke
Volvo an das Sicherheitsbedürfnis der potentiellen Käufer bei gleichzeitiger Erläuterung der
eigenen Sicherheitsstandards.
Aktualisierungswerbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum
Einsatz, wenn ein gleichermaßen geringes kognitives wie auch emotionales Involvement auf
Seiten der Konsumenten besteht, dementsprechend sowohl Informationen als auch emotionale
Appelle dem Konsumenten „trivial“ erscheinen und eine Positionierung durch Aktualität bedingen.326 Die Aktualisierung einer Marke durch Kommunikation soll ein Angebot ins Gespräch bringen, es thematisieren.327 Angesichts der allgemeinen Informationsüberlastung und
einem oft geringen Konsumenteninvolvement wird die Aktualität zu einem wichtigen Kommunikationsziel.328 Die Notwendigkeit für eine Positionierung durch Aktualisierung ist nach
316
KROEBER-RIEL, 1993, S. 69; vgl. auch S. 147 ff.
ESCH, 2005, S. 140
318
KROEBER-RIEL, 1993, S. 68
319
KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 22 ff.
320
KROEBER-RIEL/WEINBERG, 2003, S. 221 f.
321
WÜTHRICH, 1991, S. 57
322
BIEL, 1992, S. 48
323
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 61 ff.
324
KROEBER-RIEL und ESCH gebrauchen diese Begrifflichkeit nicht explizit.
325
ESCH, 2005, S. 140, auch ROTH, 1981, S. 628
326
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 89 ff.
327
ESCH, 2005, S. 141
328
ESCH, 2001, S. 71 f.; KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 17, S. 96 ff.
317
76
KROEBER-RIEL und ESCH insbesondere bei Low-Involvement-Produkten (klassischerweise bei Fast Moving Consumer Goods – FMCG) gegeben. Nur durch einen permanent hohen
Werbedruck können dementsprechend viele FMCG-Produzenten den Absatz ihrer Produkte
stabil halten bzw. steigern.
Zu den jeweiligen Werbestrategien geben KROEBER-RIEL und ESCH eine Reihe von Kampagnenbeispielen.
Diese vier Normstrategien lassen sich nach KROEBER-RIEL und ESCH weiter ausdifferenzieren unter Berücksichtigung folgender drei Faktoren:329
•
Bedürfnis-Appell an die Konsumenten (Wird an bestehende oder neue Bedürfnisse appelliert?);
•
Kenntnisstand der Konsumenten über die Angebotseigenschaften (Wird auf vorhandenes
Wissen zurückgegriffen oder muss Wissen über Angebotseigenschaften erst geschaffen
werden?);
•
Konkurrenzorientierung (Ist die Werbestrategie identisch mit der der Konkurrenz oder anders?).
KROEBER-RIEL und ESCH verzichten darauf, für die daraus resultierenden Varianten eigene Werbestrategie-Begriffe zu definieren oder sie an entsprechenden Praxisbeispielen zu verdeutlichen.
Die Systematisierung von Werbestrategien nach KROEBER-RIEL und ESCH folgt einem
klaren Modell basierend auf das Konsumenteninvolvement als zentraler Unterscheidungsgröße. Für die Differenzierung der einzelnen Werbestrategien wird vor allem auf den Charakter
der beworbenen Produkte (Low- vs. High-Involvement) und dem jeweiligen Reifegrad der
beworbenen Marke verwiesen. Weitere, die Werbestrategien charakterisierende Indikatoren
werden nicht genannt. Über die Praxisbeispiele hinaus gibt es keine empirische Validierung
der Systematisierung. Auch räumen KROEBER-RIEL und ESCH an mehreren Stellen selbstkritisch „fließende Übergänge“ zwischen den einzelnen Strategien ein.330
3.3.9 Systematisierung nach BRUHN
Der bereits von SEYFERT erst im Ansatz vollzogene Paradigmenwechsel von kausal absatzpolitischen hin zu kommunikativen Wirkungszielen wird von BRUHN vollständig vollzogen.
Seine Systematisierung bildet gewissermaßen eine Synthese der beiden Systematisierungsrichtungen.
329
330
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 63 f.
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 64, S. 50
77
BRUHN unterscheidet folgende Typen von Werbestrategien:331
1. Einführungswerbung ( Bekanntmachungsstrategie);
2. Erinnerungswerbung ( Bekanntmachungsstrategie);
3. Persuasionswerbung u.a. ( Informationsstrategie);
4. Imagewerbung ( Imageprofilierungsstrategie);
5. Vergleichende Werbung u.a. ( Konkurrenzabgrenzungsstrategie);
6. Zielgruppen-Werbung ( Zielgruppenerschliessungsstrategie);
7. Handelswerbung u.a. ( Kontaktanbahnungsstrategie).
Die Einführungswerbung zielt nach BRUHN vorrangig darauf, neue Produkte einem breiten
Publikum bekannt zu machen. Die Erinnerungswerbung hat zwar grundsätzlich die gleiche
strategische Stoßrichtung (Erhöhung der Bekanntheit), fokussiert jedoch auf die Aktualisierung der Erinnerung an ein bereits im Markt bestehendes Produkt. Erfolgsfaktor ist in beiden
Fällen die Erhöhung der Bekanntheit. Als Praxisbeispiel für eine Einführungswerbung skizziert BRUHN die Einführungskampagne des schweizerischen Schnellimbiss-Restaurants tibits.
Als weiteren Werbe-Strategietyp definiert BRUHN die Informationsstrategie. Diese zielt auf
die „Erhöhung von Bezeichnungs- und Eigenschaftskenntnissen“. Sie sei deshalb stark informativ ausgerichtet, um die Werbeadressaten über neue Produktvorteile, neue Serviceleistungen usw. zu unterrichten. In den Fällen, wo über die Informationsvermittlung hinaus versucht
werde, den Werbeadressaten von den produktdifferenzierenden Eigenschaften zu überzeugen,
handelt es sich laut BRUHN um Persuasionswerbung.332 Eine feste Bezeichnung für die rein
informationsvermittelnde (im Gegensatz zur persuasiven) Werbung liefert BRUHN nicht.
Unklar bleibt auch die Abgrenzung zwischen informierenden und eher überzeugenden Werbekampagnen. Das skizzierte Praxisbeispiel einer T-Mobile-Kampagne unterstreicht dieses
Problem noch, da es informative und persuasive Kampagnen-Elemente einschließt.
Als weiteren Strategietyp unterscheidet BRUHN die Imageprofilierungsstrategie, die implizit
die Grundlage bildet für Image-Werbung (diese Begrifflichkeit wird von BRUHN nicht explizit verwendet). Diese Werbeart zielt nach BRUHN vor allem darauf, „positive Eigenschaften
bei den anvisierten Zielgruppen gegenüber dem Werbeobjekt zu formieren, bzw. negative zu
verändern“333. Im Fokus steht somit die Schaffung bzw. Pflege eines klaren Markenimage.
Neben der „speziellen Konzentration auf die Art der Mediawerbung“334 spiele hier laut
BRUHN vor allem der Zeithorizont eine wichtige Rolle, weil die Etablierung eines bestimmten Images nur durch einen langfristigen, kontinuierlichen und konsistenten Werbeauftritt zu
realisieren sei, der wiederum mit einem erheblichen monetären Aufwand verbunden sei.335
331
BRUHN, 2005a, S. 381
BRUHN, 2005a, S. 381
333
Ebd.
334
Ebd.
335
Ebd.
332
78
Derartige Imagewerbung sei charakteristisch für die Kosmetik-, Mode- und Schmuckbranche
und vor allem die Automobilindustrie. BRUHN skizziert hierzu als Praxisbeispiel eine Kampagne des Automobilherstellers Porsche sowie eine Standortkampagne des Landes BadenWürttemberg.
Im Fokus der Konkurrenzabgrenzungsstrategie als weiterem Werbe-Strategietyp steht nach
BRUHN der Versuch des werbenden Unternehmens, sich gegenüber den Wettbewerbern zu
profilieren. BRUHN greift damit die bereits von SEYFFERT eingeführte Kategorie der Konkurrenzwerbung auf und spezifiziert sie.
Eine solche Strategie hebt nach BRUHN zwar auch auf die Vermittlung von Kenntnissen und
die Bildung von Images ab, im Mittelpunkt stünde jedoch die Hervorhebung derjenigen Produkt- und Unternehmensmerkmale, die das Unternehmen von der Konkurrenz unterscheidet,
um eine dimensionsbezogene Alleinstellung bei den Konsumenten zu realisieren. 336 Als Praxisbeispiele führt BRUHN die Fastfood-Kette McDonald’s sowie als exemplarische Discounthändler Saturn und Mediamarkt an.
Als deutlichste Form der Konkurrenzabgrenzungsstrategie spezifiziert BRUHN die vergleichende Werbung.337 In dieser werden mehrere Produkte oder Leistungen explizit (unter Nennung der Marken) miteinander verglichen bzw. zumindest deren Produkte und Leistungen erkennbar präsentiert. Als Praxisbeispiele verwendet BRUHN zwei Kampagnenmotive der Automobilhersteller Renault und Mazda, die im Anzeigentext auf das Wettbewerbsprodukt Golf
von Volkswagen referenzieren.
Die Zielgruppenerreichungsstrategie konzentriert sich nach BRUHN auf die Ansprache und
Erschliessung bestehender Zielgruppen durch die Mediawerbung.338 Mit einer solchen Strategie würden gezielt bestimmte Zielgruppen angesprochen, wie z. B. Schüler und Studenten
oder Senioren, um dieses spezifische Kundenpotential zu erschliessen und auszuschöpfen. Bei
der Verfolgung einer solchen Strategie werden nach BRUHN verstärkt Zielgruppen angesprochen, die bisher nicht oder nur wenig bearbeitet wurden. Als Beispiel führt BRUHN ein
Kampagnenmotiv der Deutschen Bahn an, mit dem explizit Schüler bzw. Manager als Zielgruppe angesprochen werden.
Unter der Kontaktanbahnungsstrategie fasst BRUHN Werbemaßnahmen zusammen, die nicht
auf die unmittelbare Beeinflussung des Absatzes durch die Adressierung der Verbraucher zielen, sondern andere Zielgruppen wie den Handel ( Handelswerbung) oder die allgemeine
Öffentlichkeit im Fokus haben. Letzteres ist bei Werbemaßnahmen der Fall, in denen Unternehmen Position zu gesellschaftspolitischen Themen (z. B. Ausländerfeindlichkeit) nehmen
mit dem Ziel, Kompetenz auch außerhalb des eigenen Unternehmensbereiches zu vermitteln,
um auf diesem Wege Einstellungen im Sinne werblicher Zielsetzungen zu verändern.339
336
BRUHN, 2005a, S. 386
Ebd.
338
BRUHN, 2005a, S. 386
339
DUNCAN/MORIATY, 1997, S. 130 ff.
337
79
BRUHN weist zwar grundsätzlich darauf hin, dass die Art der Werbestrategie die zu wählende Gestaltungsart sowie die damit verbundene Festlegung des Kernmediums zum Transport
der Werbebotschaft beeinflusse. Jedoch macht er diesen Zusammenhang im Bezug auf seine
Systematisierung nicht explizit.
Problematisch an BRUHNs Systematisierung erscheint vor allem, dass er grundsätzlich auf
die zugrunde liegende Mehrdimensionalität seiner Werbestrategien verweist, diese Dimensionen jedoch nicht explizit macht.
Der Versuch einer Einordnung ergibt insgesamt fünf Dimensionen, die adressiert werden, allerdings dekliniert BRUHN die Mehrheit der Dimensionen nicht vollständig durch. So bezeichnet er mit der Zielgruppen-Werbung die Adressierung neuer Zielgruppen, definiert aber
als Gegenpart keine Strategie oder Werbeart zur Ansprache und Bindung bestehender Zielgruppen. Mit den unter Kontaktanbahnungsstrategie subsumierten Werbestrategien verlässt
BRUHN den Bereich absatzbezogener Konsumentenwerbung, ohne dies entsprechend deutlich zu machen.
Dimension
Werbeart
Strategie
Produkt (alt/neu)
Einführungswerbung
Bekanntmachungsstrategie
Erinnerungswerbung
Bekanntmachungsstrategie
Zielgruppe (B2C)
Zielgruppen-Werbung
Zielgruppenerschliessungsstrategie
Werbewirkung
Persuasionswerbung
Informationsstrategie
Imagewerbung
340
Imageprofilierungsstrategie
Konkurrenz
Vergleichende Werbung
Konkurrenzabgrenzungsstrategie
Absatzfokus
Handelswerbung
Kontaktanbahnungsstrategie
Abbildung 8: Implizite Dimensionen der Systematisierung von BRUHN
Quelle: Eigene Darstellung
Innerhalb der einzelnen Kategorien fällt die fehlende Trennschärfe auf (Wo hört Persuasionswerbung auf? Wo fängt Imagewerbung an?). Häufig ist die der Strategie entsprechende Werbeart (Imagewerbung für Imageprofilierungsstrategie) nicht explizit genannt oder es werden
nur Teilarten von Werbung, die einer Strategie zugehörig genannt, z. B. vergleichende Werbung, ohne dass den übrigen Varianten, die einer Konkurrenzabgrenzungsstrategie folgen, ein
Name gegeben wird.
Problematisch erscheint die Hervorhebung von Konkurrenzwerbung als eigener Strategietyp,
da jeder Werbung potentiell eine Marktanalyse zugrunde liegt, in der eine strategische Positionierung auch im Hinblick auf das Wettbewerber-Umfeld gewählt wird und sich daraus die
entsprechenden Werbekommunikationsstrategien ableiten. Unberücksichtigt bleibt zudem,
340
BRUHN verwendet den Begriff Imagewerbung nicht explizit.
80
dass vergleichende Werbung selten ein strategiebasiertes Kernelement von Werbung ist, sondern häufig eine taktische Ergänzung.341
Generell ist BRUHN der erste Autor, der für fast jede Kategorie ein konkretes Praxisbeispiel
als Mini-Fallstudie präsentiert, allerdings ist damit noch nicht die Repräsentativität bewiesen.
Eine breite empirische Fundierung seiner Systematisierung fehlt jedoch. Außerdem führt
BRUHN zwar Werbestrategien als Konstrukt aus mehreren Elementen (u.a. Mediamix, Werbebotschaft) an, differenziert seine Werbestrategie-Typen jedoch nicht nach diesen Elementen.
Trotz dieser Kritikpunkte weist BRUHNs Systematisierung als aktuelle Synthese der vorangegangen Ansätze den höchsten Detaillierungs- und Reifegrad auf und sollte deshalb bei
Entwicklung eines Werbestrategie-Modells in zentraler Weise Berücksichtung finden.
3.3.10 Systematisierung nach KOTLER ET AL.
KOTLER und BLIEMEL liefern erstmals im Jahr 1995 eine an den Wirkungszielen orientierte Systematisierung von Werbeformen, die sie in zahlreichen Veröffentlichungen fortschreiben. 342 So unterscheiden KOTLER, BLIEMEL und KELLER 2007 folgende Varianten:343
1.
2.
3.
4.
Informative advertising/ Informierende Werbung;
Persuasive advertising/ Einstellungsändernde Werbung;
Reminder advertising/ Erinnernde Werbung;
Reinforcement advertising/ Bestätigende Werbung.
Informierende Werbung hat nach KOTLER ET AL. vielfältige Funktionen:344
•
Ein neues Produkt vorstellen;
•
auf neue Anwendungen eines Produktes hinweisen;
•
über eine Preisänderung informieren;
•
die Funktionsweise eines Produktes erläutern;
•
das verfügbare Service-Angebot beschreiben;
•
falsche Eindrücke korrigieren;
•
Verbraucherängste abbauen;
•
ein Firmenimage aufbauen.
341
LAVERMANN, 1995, S. 27 ff; FAISON, 1980, S. 304
KOTLER/BLIEMEL, 1994, 1995, S. 960 f.; 2001, S. 935 ff.; vgl. auch KOTLER/KELLER, 2006, S. 569;
ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 371
343
KOTLER ET AL., 2007, S. 704 ff.
344
KOTLER ET AL., 2007, S. 704
342
81
NACH KOTLER ET AL. ist informierende Werbung besonders in der Markteinführungsphase einer neuen Produktkategorie wichtig, wenn eine Primärnachfrage erst noch zu schaffen ist.
Als Beispiel nennen sie die Einführung der Compact Disc (CD).345
Mit einstellungsändernder Werbung werden nach KOTLER und BLIEMEL folgende Ziele
verfolgt:346
•
Präferenz für eine Marke aufbauen;
•
zum Markenwechsel ermutigen;
•
die Wahrnehmung von Produkteigenschaften beim Kunden verändern;
•
den Kunden zum sofortigen Kauf überreden;
•
beim Kunden den Wunsch nach einem Verkäuferbesuch wecken.
Einstellungsändernde Werbung wird nach KOTLER ET AL. in der Phase des Markenwettbewerbs besonders wichtig, wenn die Nachfrage für ein spezifisches Produkt gefördert werden soll. Eine Variante der einstellungsändernden Werbung ist nach KOTLER ET AL. die
vergleichende Werbung.347
Mit erinnernder Werbung werden nach KOTLER ET AL. folgende Ziele verfolgt:348
•
Verbraucher daran erinnern, dass sie das Produkt bald wieder benötigen;
•
Verbraucher daran erinnern, wo es eine Marke zu kaufen gibt;
•
Verbraucher auch außerhalb der Saison an die Marke erinnern;
•
die Markenbekanntheit erhalten.
Erinnernde Werbung ist laut KOTLER ET AL. in der Reifephase des Produktlebenszyklus
besonders wichtig, damit Produkt und Marke beim Verbraucher präsent bleiben.
Die bestätigende Werbung soll als eine der Erinnerungswerbung verwandte Werbeform nach
KOTLER ET AL. kognitiven Dissonanzen der Käufer nach dem Kauf entgegenwirken. Dem
Käufer wird dementsprechend erneut bestätigt, dass er die die richtige Entscheidung getroffen
hat.349
Mit dieser Systematik von Werbearten verknüpfen KOTLER ET AL. das Konzept des Produktlebenszyklus mit den Hierarchie-Modellen der Werbewirkungsforschung. Allerdings erweisen sich die drei Werbearten in ihrer Spezifizierung als wenig trennscharf, wenn z. B. das
Ziel „falsche Eindrücke korrigieren“ der Werbeart informierende Werbung zugeordnet ist.
345
KOTLER ET AL., 2007, S. 705; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 935
KOTLER ET AL., 2007, S. 704
347
KOTLER ET AL., 2007, S. 705; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 937
348
KOTLER ET AL., 2007, S. 704
349
KOTLER/BLIEMEL, 1995, S. 961; KOTLER/KELLER, 2006, S. 569; KOTLER ET AL., 2007; S. 706
346
82
Der Praxisbezug beschränkt sich in den vielfachen Publikationsvarianten der Systematik auf
den stichwortartigen, generisch gehaltenen Hinweis zu einem Markenbeispiel. Ebenso fehlen
Indikatoren, nach denen die Werbearten differenziert werden.
3.4 Zusammenfassung und Fazit
Grundsätzlich handelt es sich bei der Mehrheit der dargestellten Systematisierungen um erweiterte Werbeziel-Kategorisierungen, d.h. im Fokus der Überlegungen steht eine Systematisierung der Werbeziele nach der „Stoßrichtung“, die häufig mit plakativen Labels wie z. B.
Einführungswerbung versehen werden, ohne dass die entsprechende Kategorie mit weiteren
charakterisierenden Indikatoren (z. B. spezifische Art der Werbebotschaftsgestaltung,
Schwerpunkt im Mediamix) als vollwertiges Modell exploriert wird.
Mehrere Autoren verweisen auf die notwendige Ableitung der Werbestrategien bzw. Werbeplanung insgesamt aus den bestehenden gesamtstrategischen und Marketingzielen bzw. ihre
Einbettung in diese.350 BRUHN betont entsprechend die Bedeutung eines Einklangs zwischen
übergeordneten Strategien und Werbestrategien für Gewährleistung eines langfristigen Erfolges.351 Jedoch findet dieser Ableitungscharakter in keinem der entsprechenden Werbestrategie-Systematisierungen Berücksichtigung. Stattdessen werden die entsprechenden Ansätze
isoliert präsentiert und keine Verbindungen zwischen spezifischen Werbe- und die sie bedingenden Marketingstrategien aufgezeigt.
Den bestehenden Systematisierungen von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, BIDLINGMAIER, KOTLER ET AL. und BRUHN liegen in der Regel mehrdimensionale Konstrukte zugrunde. Die zugrunde liegenden Dimensionen werden jedoch nur zum Teil als Ordnungsgrößen explizit genannt. Häufig verwendete Dimensionen sind – in der Unterstellung
kausaler Beziehungsketten – ökonomische Zielgrößen wie Absatz (GUTENBERG), Umsatz
(BEHRENS, BIDLINGMAIER) und Kosten (BIDLINGMAIER).
Bei BEHRENS und BRUHN findet sich implizit zudem die grundsätzliche Unterscheidung
zwischen unmittelbar absatzbezogenen Maßnahmen mit Konsumentenfokus und solchen, die
andere Zielgruppen (z. B. Handel oder allgemeine Öffentlichkeit) adressieren und deshalb als
Imagewerbung nur indirekt absatzwirksame Effekte haben.
Implizit werden von allen Autoren die Dimensionen Produkt (alt/neu) und Zielgruppen/Märkte (alt/neu) adressiert, doch oftmals bleiben die entsprechenden Werbestrategien (z.
B. Einführungswerbung) in ihrer Zuordnung unklar. Ebenso bildet in allen Systematisierungen das Konzept des Produktlebenszyklus das implizite Gedankengerüst. Als weitere Dimen350
351
GUTENBERG, 1955, S. 439; SEYFFERT, 1966, S. 42; BEHRENS, 1963, S. 50
BRUHN, 2005a, S. 374
83
sion tauchen Unterscheidungen nach Kommunikationswirkungsmodellen (BRUHN, KOTLER ET AL.) bzw. Werbewirkung generell (SEYFFERT) auf. Die Dimension „Konkurrenz“
findet sich in den Systematiken von BRUHN und SEYFFERT.
Angesichts des heutigen Stands der Werbewirkungsforschung erscheinen die Unterscheidungen von Werbestrategien nach ausschließlich ökonomischen Zielgrößen obsolet. Die diesen
Systematisierungen zugrunde liegende, eindeutige Kausalität ist nicht gegeben, eine Fokussierung darauf entsprechend wenig sinnvoll.
Die alternative Systematisierung nach Werbewirkung bzw. dem angestrebten Werbeeffekt ist
sicherlich praxisnäher, doch erscheint hier die fehlende Eindeutigkeit (Wann ist eine Werbung
nur informativ, wann überzeugend?) für die Auswahl als zentrales Ordnungsprinzip problematisch. Die Dimension „Konkurrenz“ weist die gleiche Trennschärfe-Problematik (Wann
verfolgt eine Werbung konkurrenzabgrenzende Ziele, wann nicht?) auf.
Nachhaltiger erscheint dagegen die von allen Autoren implizit adressierte Kategorisierung
nach Produkt/Leistung (alt/neu) bzw. Zielgruppe (alt/neu). Dieses Ordnungsprinzip taucht in
allen Systematiken unvollständig auf (meistens mit Fokus auf Produkt/Leistung).
Alle Autoren beschränken sich darauf, die strategischen Zielsetzungen der jeweiligen Werbestrategien nur grundsätzlich zu beschreiben. Die Hälfte verzichtet vollständig auf die explizite
Nennung charakterisierender Indikatoren. Als relevante Indikatoren werden der Einsatz spezifischer Werbemittel (GUTENBERG, BRUHN), der Umfang des Werbebudgets (GUTENBERG, BRUHN, SEYFFERT), die Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts und damit implizit der Gebrauchscharakter des Werbeobjekts (Gebrauchs- vs. Investitionsgüter) (FAISON,
KROEBER-RIEL/ESCH), der Involvementcharakter des Werbeobjekts (KROEBER-RIEL),
die Positionierung (KROEBER-RIEL) sowie die angestrebten kommunikativen Werbeziele
(BRUHN) genannt.
Autor/-en
Werbemittel
Werbebudget
Branchenzugehörigkeit
des Werbesubjekts
Involvement- Positionierung
charakter des
Werbeobjekts
X
X
Gutenberg
X
Seyffert
keine Nennung
Behrens
keine Nennung
Bidlingmaier
X
Faison
keine Nennung
Assael
keine Nennung
Perreault/
McCarthy
X
X
X
KroeberRiel/Esch
X
X
Bruhn
keine Nennung
Kotler et al.
Abbildung 9: Indikatoren der verschiedenen Werbestrategie-Systematisierungen
Quelle: Eigene Darstellung
Komm.
Werbeziele
X
84
Fast alle Autoren verzichten darauf über die Erwähnung dieser Indikatoren hinaus, die Ausprägung dieser Indikatoren im Hinblick auf die jeweilige Werbestrategie zu konkretisieren.
Nur GUTENBERG verweist explizit auf den höheren budgetären Aufwand von Einführungswerbung gegenüber den anderen Werbestrategien.352
Aus diesem Defizit in den vorliegenden theoretischen Überlegungen zu Form und Arten von
Werbestrategien leitet sich die Notwendigkeit ab, die bereits genannten Indikatoren auf ihren
Erklärungswert systematisch überprüft und gegebenenfalls um weitere ergänzt werden. Außerdem müssen die jeweiligen Ausprägungen dieser dann als relevant identifizierten Indikatoren im Bezug zur jeweiligen Werbestrategie untersucht werden.
Außerdem erscheint es für die Modellierung ebenfalls sinnvoll, grundsätzlich zu unterscheiden zwischen zwei Arten von Mediawerbung: zwischen Absatzwerbung353, welche primär der
Unterstützung des Abverkaufs von Produkten und Dienstleistungen des werbenden Unternehmens dient und Imagewerbung, mit der nicht vorrangig die Erreichung von Absatz- bzw.
Umsatzzielen verfolgt wird und die eher der Profilierung der Marke bzw. Leistung dient, was
natürlich mittel- und langfristig auch absatzwirksame Effekte haben kann.
Trotz vieler plausibler und sinnvoller Ansätze muss insgesamt festgestellt werden, dass sich
aus keinem der vorliegenden Systematiken ein umfassendes Werbestrategie-Modell ergibt.
Die vorliegende Konstrukte weisen in der Summe der Einzelkritiken insgesamt vor allem folgende Defizite auf:
•
Inkonsistenz: Die Systematisierungsgrundlagen im Sinne von Dimensionen sind oft unklar (insbesondere bei GUTENBERG, SEYFFERT und BEHRENS und PERREAULT/McCARTHY, FAISON).
•
Geringer Detailierungsgrad: Die Darstellungen bleiben pauschal und grundsätzlich. Auf
eine systematische Charakterisierung auf Basis entsprechende Indikatoren wird verzichtet.
Somit bleiben die theoretischen Überlegungen skizzenhaft. Keine Systematisierung hat
folglich die Qualität eines vollwertigen Modells, das die Grundlage für eine deduktiv bestimmte empirische Überprüfung bilden kann.
•
Fehlende Trennschärfe: Die identifizierten Werbestrategiearten sind häufig nicht eindeutig
(insbesondere SEYFFERT, ASSAEL).
•
352
353
Fehlende systematische empirische Fundierung: Es werden nur hinweisartige Praxisbeispiele gegeben, ohne dass dieser ausführlicher beschrieben werde (insbesondere GUTENBERG, SEYFFERT und BEHRENS und PERREAULT/McCARTHY, FAISON,
ASSAEL).
GUTENBERG, 1955, S. 49
BEHRENS, 1963, S. 12 ff.
85
•
Kein Bezug zur übergeordneten Kommunikations- bzw. Marketingstrategie: In keiner der
vorliegenden Systematisierungen wird Bezug auf eine übergeordnete Kommunikationsbzw. Marketingstrategie genommen.
•
Keine trennscharfe Einordnung der Werbestrategie als ein Arbeitsschritt in einem Werbeplansprozess-Modell: Alle Autoren außer BRUHN beschreiben Werbestrategien isoliert
von den vorangegangenen sowie nachfolgenden Arbeitsschritten.
Angesichts dieser Defizite in unterschiedlicher Ausprägung erscheint keine der bestehenden
Systematisierungen vollständig geeignet, als Werbestrategie-Modell empirisch überprüft zu
werden.354
3.5 Anforderungen an das Forschungsmodell
Aus den festgestellten Defiziten leitet sich die Anforderung ab, auf Basis insbesondere der
Ansätze von BIDLINGMAIER (stellvertretend für die absatzorientierten Systematisierungen
von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, FAISON und PERREAULT/McCARTHY),
von KROEBEL-RIEL/ESCH (stellvertretend für die wirkungsorientierten Systematisierungen von und ASSAEL und KOTLER ET AL.) sowie BRUHN zunächst ein WerbestrategieModell explorativ zu entwickeln, das diese Ansätze detailliert, anhand konkreter Fallbeispiele
situativ relativiert und dann in der Folge weiter empirisch validiert werden kann.
Daraus resultieren für das zu entwickelnde Werbestrategie-Modell folgende zentrale Anforderungen:
•
Empirische Exploration verschiedener Werbestrategie-Archetypen auf Basis der vorliegenden Ansätze;
•
Systematisierung von Werbestrategie-Typen auf Basis eines stringenten Dimensionenrasters, die sich im Hinblick auf mehrere, praxisrelevante Indikatoren trennscharf voneinander unterscheiden;
•
Konsistenz des mit den übergeordneten Marketingzielen durch eine entsprechende modellbasierte Bezugsrahmen;
•
Validität und Repräsentativität der identifizierten Werbestrategien auf Basis entsprechender empirischer Untersuchungen und Ergebnisse.
Darüber bestätigten die vorliegenden Ergebnisse die in Kapitel 2.3 festgestellten Defizite konsistenter, systematischer und praxistauglicher Werbeplanungs-Prozessmodelle. Daraus ergibt
sich die zusätzliche Anforderung, das zu entwickelnde Werbestrategiemodell in ein entsprechendes idealtypisches Ablaufmodell zu integrieren.
354
So verzichten SCHWEIGER/SCHRATTENECKER seit der 5. Auflage ihres Standardwerkes „Werbung“ auf
die Darstellung des Werbearten-Modells nach BEHRENS, wegen nach eigener Aussage unzureichender
Plausibilität und Praxisrelevanz.
86
4. Grundlagen zur Modellentwicklung
Wie in Kapitel 3 dargestellt bestehen zur Differenzierung von Werbestrategie-Archetypen seit
über fünfzig Jahren theoretische Ansätze, die jedoch nicht ausreichend empirisch belegt sind.
Zudem müssen diese Werbestrategien auf Basis eines geeigneten Modells systematisiert werden. Um im Sinne eines explorativ-induktiven Vorgehens für die Modellentwicklung die notwendigen Grundlagen zu schaffen, wird in folgenden Schritten vorgegangen:
1. Konsolidierung der bestehenden Ansätze unter besonderer Berücksichtigung der Systematisierungen von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und ESCH sowie BRUHN;
2. Definition eines theoretischen Bezugsrahmens zur Systematisierung der konsolidierten
Werbestrategien;
3. Definition des Modellrahmens;
4. Entwicklung der zentralen Forschungsfrage und den entsprechenden Unterfragen.
4.1 Konsolidierung der bestehenden Werbestrategie-Systematisierungen
Wie bereits in Kapitel 3.3 festgestellt, besteht unter den verschiedenen Systematisierungsansätzen von Werbestrategien eine Vielzahl von Übereinstimmungen in den jeweiligen Charakterisierungen beziehungsweise häufig sogar in der Verwendung wortgleicher Begrifflichkeiten (z. B. Einführungswerbung).
Einige Systematisierungen fokussieren einseitig auf die Art der Werbebotschaft (z. B. informative Werbung) und erscheinen deshalb angesichts der komplexeren Begriffsdefinition von
Werbestrategien (Vergleiche Kapitel 3.1) weniger ungeeignet. Dies betrifft insbesondere die
Systematisierungen von ASSAEL sowie KOTLER ET AL.
Die von einigen Autoren angeführte Kategorie der Konkurrenzwerbung355 erscheint als Werbestrategie-Archetyp deshalb ungeeignet, weil die Berücksichtigung der Wettbewerbssituation sowie der konkreten werblichen Aktivität einzelner Konkurrenten im Zuge des Analyseprozesses in jede Werbestrategieeinfliesst. Eine Werbestrategie, die konsistent zu einer entsprechenden Marketingstrategie ausschließlich den Wettbewerber fokussiert, ist als konsequent verfolgtes Grundmodell eher die Ausnahme. Der ewige werbliche Wettstreit zwischen
Coca-Cola und Pepsi ist dafür ein plakatives Beispiel.356 Dagegen sind in der Werbepraxis
implizit oder explizit auf einen Wettbewerber oder ein Wettbewerbsprodukt zielende Werbe-
355
356
SEYFFERT, 1966, S. 43; PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359
SCHUESSLER, 2000, S. 77 f.; FRANK, 1997, S. 170 ff.; CAPPARELL, 2007, S. 97 ff.
87
maßnahmen und -aussagen oftmals nur ergänzende Elemente einer Gesamtkampagne, die zudem oftmals ad-hoc initiiert werden357, was ihren taktischen Charakter unterstreicht.
Gleiches gilt deshalb auch für die ebenfalls im Zusammenhang mit der Konkurrenzwerbung
häufig genannte Kategorie der vergleichenden Werbung, die in der Literatur oftmals in der
Art einer eigenen Gattung diskutiert wird358. Auch sie erscheint im Hinblick auf die Kerndimensionen des Modells, „Kunden“ und „Leistung“, als strategischer Archetyp ungeeignet.
Aufgrund der lange Zeit geltenden rechtlichen Restriktionen in Deutschland359 und der bereits
kritisch diskutierten Wirkungskraft360 sind vergleichende Werbemaßnahmen ohnehin eher eine Ausnahmeerscheinung und die wenigen Praxisbeispiele361 verdeutlichen, dass es sich bei
vergleichender Werbung um ein taktisches Instrument im Bereich der konzeptionellen Umsetzung handelt und in der Regel der offensive Vergleich mit einem Wettbewerbsangebot
nicht die komplette Werbestrategie eines Unternehmens determiniert. Prominentes Gegenbeispiel ist der schon legendäre kommunikative Dauerwettstreit zwischen Pepsi und Coca-Cola,
bei dem beide Unternehmen bereits seit Jahrzehnten ihre Produkte werblich vergleichen.362
Aber auch dieses vielzitierte Beispiel ändert nichts an der Tatsache, dass vergleichende Werbung oder solche, die vorrangig auf die Konkurrenz ausgerichtet ist, in der Werbepraxis generell eher die Ausnahme als die Regel ist und zudem fast nie die Werbestrategie determiniert.363
Andere Systematisierungsansätze wie die von BEHRENS und BIDLINGMAIER vorgeschlagene Differenzierung nach Kosten- und Absatzeffekten (Kontinuitätswerbung, Synchronisationswerbung, Emanzipationswerbung) sind bereits in ihrem Aussagegehalt als kritisch diskutiert worden (vgl. Kapitel 3.3.3 bzw. 3.3.4). Dies gilt ebenso für die von SEYFFERT genannte
Zukunftswerbung sowie die von SEYFFERT und BRUHN unterschiedene Reduktionswerbung. Wie bereits diskutiert erscheinen in beiden Fällen die zugrundeliegenden Konzepte
nicht tragfähig.
Die von BRUHN unterschiedenen Werbestrategien der Imagewerbung und Handelswerbung
befinden sich (wie in Kapitel 1.3 erläutert) außerhalb des gesetzten Bezugsrahmens dieser Arbeit.
357
Vgl. dazu das Beispiel Mc Donald’s bei KOTLER,/BLIEMEL/KELLER, 2007, S. 705
KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 937, PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 358 ff.; BRUHN, 2005a, S. 386
359
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 358 ff.
360
GREWAL/KAVANOO ET AL., 1997; PECHMANN/RATNESHWAR, 1991, S. 158 ff.
361
PIMPL, 2004; BRUHN, 2005a, S. 386; SCHWAIGER/RENNHAK/TAYLOR ET AL., 2007, S. 11; KOTLER ET AL., 2007, S. 705
362
SCHMEH, 2008; SCHUESSLER, 2000, S. 77 f.; FRANK, 1997, S. 170 ff.; CAPPARELL, 2007, S. 97 ff.
363
Dieser Umstand ist insbesondere im deutschen Werbemarkt auf die langjährig gültige Rechtspraxis zurückzuführen, die vergleichende Werbung in einer offensiven, direkten Form untersagte.
358
88
Somit bleiben im ersten Schritt des Konsolidierungsprozesses folgende vier WerbestrategieVarianten, die von mehreren Autoren wort- bzw. definitionsgleich verwendet werden: Einführungswerbung, Expansionswerbung, Erhaltungswerbung sowie Erinnerungswerbung. Während die jeweiligen Definitionen und Konzepte zur Einführungswerbung und Expansionswerbung schlüssig erscheinen (vgl. Kapitel 3.3), basiert das Konzept der Erinnerungswerbung auf
sehr divergenten Überlegungen. So geht GUTENBERG davon aus, dass Erinnerungswerbung
dann eingesetzt wird, wenn das Absatzniveau des Werbetreibenden sinkt.364 SEYFFERT dagegen definiert Erinnerungswerbung unabhängig von kurzfristigen Absatzzielen.365 In ähnlicher Weise argumentieren auch PERREAULT und McCARTHY bei ihrer Definition von
reminder advertising. Und auch KOTLER ET AL. sehen den Bedarf für erinnernde Werbung
dort, wo bekannte Produkte und Marken beim Verbraucher präsent gehalten werden sollen.366
Insofern liegt allen Konzepten absatzpolitisch eine latent stabilisierende Stoßrichtung zugrunde. Dies legt nahe, die Erinnerungswerbung als absatzpolitisch identisch mit dem Konzept der
Erhaltungswerbung unter dem Klammerbegriff Loyalitätswerbung zu subsumieren.
364
GUTENBERG, 1995, S. 439
SEYFFERT, 1966, S. 43
366
KOTLER ET AL., 2007, S. 706
365
89
Charakterisierung
Begrifflichkeit
Autor-/en
Einführungswerbung
Einführungswerbung
Gutenberg
Einführungswerbung
Seyffert
Einführungswerbung
Behrens
Einführungswerbung
Bidlingmaier
Pioneering advertising
Perreault/McCarthy
Einführungswerbung
Bruhn
Expansionswerbung
Erhaltungswerbung
Erinnerungswerbung
Ausweitungs- oder Expansionswerbung Gutenberg
Verstärkungswerbung
Seyffert
Expansionswerbung
Behrens
Expansionswerbung
Bidlingmaier
Market expansion advertising
Faison
Erhaltungswerbung
Gutenberg
Erhaltungswerbung
Seyffert
Erhaltungswerbung
Perreault/McCarthy
Stabilisierungswerbung
Bidlingmaier
Erinnerungswerbung
Gutenberg
Erinnerungswerbung
Seyffert
Reminder advertising
Perreault/McCarthy
Erinnerungswerbung
Bruhn
Erinnerungswerbung
Kotler et al.
Abbildung 10: Übereinstimmende Charakterisierungen von Werbearten
Quelle: Eigene Darstellung
Dementsprechend werden die vorliegenden weitestgehend übereinstimmenden Systematisierungen vorläufig zu folgenden Archetypen zusammengefasst:
1. Einführungswerbung,
2. Expansionswerbung,
3. Loyalitätswerbung.
Einführungswerbung
Bei der Einführungswerbung wird ein neues Produkt bzw. eine neue Leistung vorrangig an
eine Zielgruppe adressiert, die das Unternehmen bislang als Kunden noch nicht erreicht hat.
90
Die „Einführungswerbung“ ist gleichzeitig eine Werbestrategietypus, der sich wortgleich in
der Mehrheit der bestehenden Systematisierungsansätze findet.367 Die Definition von KOTLER ET AL. für „informierende Werbung“ als Werbung bei der Einführung neuer Produkte
kann ebenfalls diesem Typus zugerechnet werden.
Expansionswerbung
Das Grundprinzip der Expansionswerbung besteht darin, den Markt für ein bestehendes, bereits erfolgreich eingeführtes, bei einer Zielgruppe etabliertes Produkt weiter zu durchdringen:
mit dem Ziel, die Kundenzahl insgesamt bzw. die Nutzungsintensität zu erhöhen. Möglicherweise ist die Leistung der anvisierten Zielgruppe aus der Einführungswerbung bereits bekannt, wird jedoch (noch) nicht als relevant und kaufenswert wahrgenommen. Expansionswerbung wird somit genau dann von Unternehmen initiiert, wenn eine Leistung bereits erfolgreich im Markt eingeführt werden konnte und dieser Markterfolg konsequent ausgebaut werden soll (z. B. mit dem Ziel der Marktführerschaft). Die kommunikative Botschaft kann dabei
lauten: ‚Dieses Produkt wird bereits von anderen Kunden mit ähnlicher Bedürfnisstruktur
verwendet, Du solltest es ebenfalls nutzen.’
Die Kategorie „Expansionswerbung“ findet sich wortgleich bzw. synonym als Verstärkungs-,
Kontinuitäts- bzw. Fortführungswerbung in den Systematisierungsansätzen von GUTENBERG368, SEYFFERT369, BEHRENS370, BIDLINGMAIER371 sowie FAISION372.
Zur spezifischeren Charakterisierung von Expansionswerbung gibt es in der bestehenden Literatur bei GUTENBERG den Hinweis, dass diese dem monetären Aufwand nach die aufwändigste sei.373
Loyalitätswerbung
Unter der Kategorie „Loyalitätswerbung“374 lassen sich die strategischen Konzepte der „Erhaltungswerbung“ bei SEYFFERT375, BEHRENS376 und MEFFERT ET AL.377, beziehungsweise der „Stabilisierungswerbung“ bei BIDLINGMAIER378 sowie die Kategorie „Erinne-
367
GUTENBERG; 1955, S. 440; SEYFFERT, 1966, S. 43; BEHRENS, 1963, S. 52; BIDLINGMAIER, 1973, S.
408; BRUHN, 2005a, S. 381; PERREAULT/McCARTHY, 2003; S. 358
368
GUTENBERG, 1955, S. 440
369
SEYFFERT, 1966; S. 43
370
BEHRENS, 1963, S. 52
371
BIDLINGMAIER, 1973, S. 408
372
FAISON, 1980, S. 292
373
GUTENBERG, 1955, S. 473
374
Der Begriff „loyalty advertising“ wird u.a. verwandt von WEITZ/WENSLEY, 2006, S. 288; BUTTERFIELD, 2003, S. 119
375
SEYFFERT, 1963, S. 43
376
BEHRENS, 1963, S. 52
377
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 706
378
BIDLINGMAIER, 973, S. 408
91
rungswerbung“ von GUTENBERG379, SEYFFFERT380, BRUHN381, PERREAULT und McCARTHY382 sowie KOTLER ET AL.383 subsumieren. So hat Erinnerungswerbung analog der
Erhaltungswerbung das Ziel, die Markenwahrnehmung (insbesondere bei Low-InvolvementProdukten) bei den Bestandskunden präsent zu halten und somit ein Abwandern zu Wettbewerbsprodukten zu unterbinden.384
Loyalitätswerbung als Bestandteil eines integrierten Kundenbindungs-Managements385 bzw.
Loyalitätsmarketings386 zielt darauf, bestehende Kunden an ein Produkt zu binden bzw. ihre
Bindung im Hinblick auf alternative Konkurrenzprodukte zu intensivieren.
In der Forschung zur Kundenbindung bzw. Markenloyalität wird auf den besonderen Stellenwert von (Werbe-) Kommunikation hingewiesen. So verweist KRAFFT387 ebenso wie
GOUTHIER388 auf die besondere Relevanz einer kundenindividuellen Ansprache, so wie sie
in Form des Direkt- und Telemarketings praktiziert wird. Auch RIEKER und STRIPPEL
verweisen auf die wachsende Bedeutung einer im Hinblick auf die Auswahl und Gewichtung
der eingesetzten Kommunikationsmittel sowie der Tonalität und Botschaft hochdifferenzierten Individualkommunikation bei der erfolgreichen Ausschöpfung des Kundenpotentials, wohingegen der medialen Massenkommunikation eher eine ergänzende Kommunikation zukäme.389
Die zentrale Werbebotschaft der Loyalitätswerbung lautet: ‚Unser Produkt erfüllt Deine Bedürfnisse jetzt und in Zukunft in idealer Weise und Du solltest ihm weiterhin treu bleiben
bzw. es regelmäßiger nutzen.’ Es geht also darum, aus Erst- bzw. Gelegenheitsnutzern regelmäßige Nutzer zu machen. Im Hinblick auf die Aktivität des Wettbewerbs sind gemäß der
Bedürfnisstruktur die Produkt-Benefits herauszustellen.
REINECKE und TOMCZAK unterscheiden für die Kundenbindung als Grundstrategien „Retention“ (Kunden halten) und „Penetration“ (Kunden durchdringen). Zur Penetration zählen
sie sowohl die Erhöhung von Wiederverkäufen (Steigerung von Kauffrequenzen und intensitäten) als auch die Initiierung von Verbundverkäufen (Folgekäufe und Cross-Selling).
Loyalitätswerbung fokussiert vor allem auf die Retention und auf die Penetration im Sinne einer Erhöhung der Wiederverkäufe. Dagegen wird die Initiierung von Verbundverkäufen als
379
GUTENBERG, 1955, S. 439
SEYFFERT, 1966, S. 43
381
BRUHN, 2005a, S. 240f.
382
PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359
383
KOTLER ET AL., 2007, S. 706
384
Plakative Beispiele finden sich dafür insbesondere in der Zigaretten- (Beispiel Marlboro) und Bierwerbung
(Beispiel Radeberger), wo über Jahre mit identischen Werbemotiven und -aussagen gearbeitet wird, die vorrangig eine Erinnerungs- und Loyalisierungsfunktion haben.
385
BRUHN/HOMBURG, 2005, S. 87
386
SCHÜLLER/FUCHS, 2006, S. 26 ff.
387
KRAFFT, 2007, S. 308 ff.
388
GOUTHIER, 2007, S. 492 f.
389
RIEKER/STRIPPEL, 2003, S. 755f.
380
92
aus Kundensicht neue Leistung („Leistungsinnovation“) verstanden und dementsprechend der
Expansionswerbung zugeordnet.
Die Loyalitätswerbung schließt alle von TOMCZAK und REINECKE390 sowie HERRMANN391, LURSE392, BÜSCHKEN und VON THADEN393 beschriebenen Varianten der
Leistungspflege ein. Wobei das Bewerben eines „Bundlings“, also der Verknüpfung mehrerer
Leistungen/Produkte zu einem Gesamtpaket auch wieder als Expansions-Werbung zu verstehen ist. Dementsprechend ist zu prüfen, ob diese Substrategien der Kernaufgabe „Leistungspflege“ analog eine Ausdifferenzierung des Archetyps „Loyalitätswerbung“ bedingen.
Zur spezifischeren Charakterisierung von Loyalitätswerbung machen sowohl BRUHN394 (für
die synonym verwendete Erinnerungswerbung) wie auch bei SCHULTZ und BARNES395 die
Feststellung, dass der budgetäre Werbeaufwand proportional zur Einführungswerbung geringer sei.
4.2 Der theoretische Bezugsrahmen
Nach der Konsolidierung der vorliegenden Systematisierungen zu drei Archetypen (Einführungs-, Expansions-, Loyalitäts- bzw. Erinnerungswerbung) wird nun ein geeigneter theoretisch fundierter Ordnungsrahmen zur Systematisierung dieser Archetypen benötigt. Denn wie
in Kapitel 3.3 erläutert hat keine der bisherigen Kategorisierungsansätze vollwertige Modellqualitäten. Um somit den in Kapitel 3.4 identifizierten Anforderungen an die Entwicklung eines Werbestrategiemodells vollständig gerecht zu werden, bedarf es für die Einordnung der
Werbestrategie-Konzepte eines fundierten theoretischen Bezugrahmens, der den notwendigen
Ableitungscharakter der Werbestrategie-Systematik im Hinblick auf die übergeordneten
Marktstrategien der Unternehmen sicherstellt.396
4.2.1 Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF als Systematisierungsraster
Im Hinblick auf eine möglichst allgemeingültige theoretische Fundierung erscheint die von
ANSOFF entwickelte Produkt-Markt-Matrix397 aus folgenden Gründen ideal:
1. Die Kern-Dimensionen Märkte bzw. Kunden und Produkte bzw. Dienstleistungen sind
ebenso (z. T. implizite) Grundlage der vorgestellten Systematisierungen von Werbestrategien (vgl. Kapitel 3);
390
TOMCZAK/REINECKE, 2007, S. 18 f.
HERRMANN, 1998, S. 23 ff.
392
LURSE, 2007, S. 561 f.
393
BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 595 f.
394
BRUHN, 2005a, S. 255
395
GUTENBERG, 1955, S. 473
396
MEFFERT, 2000, S. 679; BRUHN, 2005a, S. 17
397
ANSOFF, 1965, S. 107ff.
391
93
2. die Produkt-Markt-Matrix hat als „Klassiker“ der strategischen Managementplanung aufgrund seiner Klarheit und Stringenz eine breite Akzeptanz in der Wissenschaft398;
3. das Modell hat einen weiten Anwendungskreis in der unternehmerischen Praxis und ist
ausreichend empirisch belegt.399
Die Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF stellt ein systematisches Denkraster potenzieller
Wachstumsstrategien dar. Aus der Verknüpfung der Dimensionen Produkte (P1) und Märkte
(M1) leitet ANSOFF folgende vier Grundstrategien ab:
1. Marktdurchdringung;
2. Marktentwicklung;
3. Produktentwicklung;
4. Diversifikation.
Markt
bestehend
neu
Produkt
bestehend
Marktdurchdringung
Marktentwicklung
neu
Produktentwicklung
Diversifikation
Abbildung 11: Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF
Quelle: ANSOFF, 1965, S. 109
Nach ANSOFF spricht man von einer Strategie der Marktdurchdringung, wenn durch eine Intensivierung der Marktbearbeitung mit den derzeitigen Produkten bzw. Leistungen auf den
gegenwärtig bearbeiteten Märkten weiteres Wachstum erzeugt werden soll. Neben der Erhöhung des Marktvolumens – z. B. durch eine Erhöhung der Verwendungsrate bisheriger Verwender oder die Aktivierung von bisherigen Nichtverwendern (latenter Bedarf) –, kann auch
eine Erhöhung des Marktanteils auf Kosten der Konkurrenz diese Strategie zum Erfolg führen.
398
NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, S. 175 ff.; CAMPHAUSEN, 2007, S. 6; McDONALD/WARD/SMITH, 2007, S. 84; WILSON/GILIGAN, 2005, S. 303; MERCER, 1996, S. 172; HERACLEOUS, 2003, S. 5; BAKER, 2003, S. 518
399
DÜSSEL, 2006, S. 135; WARD, 2004, S. 44
94
Im Rahmen der Marktentwicklung sollen mit der vorhandenen Produktpalette neue Märkte erschlossen werden. Diese neuen Märkte können entweder bisher nicht bearbeitete Segmente in
den bereits bearbeiteten geografischen Märkten oder die Nutzung des Absatzpotenzials in
neuen geografischen Gebieten sein.
Bei der Produktentwicklung werden auf den bestehenden Märkten neue Produkte angeboten,
wobei diese tatsächliche Innovationen sein können oder gegebenenfalls nur Imitationen bereits vorhandener Produkte, die von dem betreffenden Unternehmen bisher nicht angeboten
wurden.
Eine Kombination aus Produktentwicklung und Marktentwicklung stellt die Strategie der Diversifikation dar. Hierbei werden neue Produkte bzw. Leistungen auf neuen Märkten angeboten.
Als Kritik an der Ansoffschen Produkt-Markt-Matrix werden häufig folgende Aspekte genannt:
•
Die zwei Grunddimensionen des Modells bedingen einen hohen Abstraktions- und Formalisierungsgrad des Modells, der konkrete Handlungsanweisungen – mit dem Ziel eines
maximalen Praxisbezugs – erschwert.400 Gleichzeitig ist das Modell in seiner Grundsätzlichkeit nicht in ein strategisches Planungs- und Prozessmodell integriert, aus dem sich
Aufgaben und Verantwortlichkeiten ableiten lassen. Dementsprechend wurden nachfolgend Weiterentwicklungen des Modells u.a. von KOLLAT ET AL.401 sowie ABELL und
HAMMOND402 und später KOTLER (s.u.) realisiert – mit dem Ziel einer weiteren Differenzierung.
•
Die vier Strategierichtungen haben idealtypischen Charakter und sind in der Praxis vielfach nicht eindeutig abzugrenzen, d.h. zwischen den Strategierichtungen gibt es eine Vielzahl von fließenden Übergängen.403
•
Der Bezugsrahmen des Modells beschränkt sich auf zwei Dimensionen (Produkte und
Märkte). Die bestehenden Kompetenzen des agierenden Unternehmens sowie seine Stärken und Schwächen bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Perspektive der Kunden und
die Wettbewerbssituation.404
•
Das unternehmensstrategische Vorgehen wird – dem historischen Kontext der wachstumsstarken Sechziger Jahre gemäß – einseitig unter dem Wachstumsprimat gesehen. Desinvestitions- oder Rückzugsstrategien sieht das Modell nicht vor. Dementsprechend steht die
400
KÖHLER, 1981, S. 268
KOLLAT/BLACKWELL/ROBESON, 1972, S. 21 ff.
402
ABELL/HAMMOND, 1979, S. 391 ff.
403
So führt z. B. eine Produktentwicklung in vielen Fällen gleichzeitig zu einer Marktentwicklung, ohne dass
substantiell von einer horizontalen Diversifikation gesprochen werden kann (z. B. Eindringen in Zusatzmärkten durch gezielte Funktionserweiterungen für bestehende Produkte).
404
LOMBRISER/ABPLANALP, 2005; S. 262 ff.; BEA/HAAS, 2005, S. 158-162;
NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 186, S. 188
401
95
Extrapolation der bestehenden Strategie bzw. ihre pragmatische Verbesserung im Fokus.405
Die Kritikpunkte der fehlenden Berücksichtigung von Übergängen sowie der Beschränkung
auf zwei Dimensionen bildete die Grundlage für die Erweiterung des Modells durch KOTLER406 unter Bezugnahme auf MADIQUE und ZIRGER407.
Bestehende Produkte
Modifizierte
Produkte
Bestehende
Mehr unserer existierenden Existierende Produkte moZielgruppe
Produkte an unsere existieren- difizieren und mehr davon
und geograden Kunden verkaufen
an unsere existierenden
phischer
(Marktpenetration)
Kunden verkaufen
Markt
Neuer geographischer
Markt
Neue Produkte
Neue Produkte entwerfen, die unsere existierenden Kunden ansprechen (Neuentwicklung)
Markteintritt und Verkauf un- Anbieten und Verkauf von Entwicklung neuer Proserer Produkte in anderen
modifizierten Produkten in
dukte für potentielle
geographischen Regionen
neuen geographischen Re- Kunden in neuen geogra(geographische Ausdehnung)
gionen.
phischen Regionen.
Entwicklung neuer ProAngebot und Verkauf modiVertrieb bestehender Produkte
dukte und Verkauf an
Zielgruppe
fizierter Produkte an neue
an neue Kundentypen
neue Kundentypen (DiKundentypen
versifikation)
Abbildung 12: Erweiterte Produkt-Markt-Zielgruppen-Matrix nach KOTLER
Quelle: KOTLER, 1999, S. 47
Aus den folgenden Gründen ist aber das Produkt-Markt-Raster von Ansoff trotz der bestehenden Kritikpunkte tauglich, um die von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN
identifizierten Werbestrategien in eine klare Systematik einzuordnen:
•
Im Bezug auf Werbestrategien haben die Dimensionen der (zu bewerbenden) Produkte
bzw. Leistungen in den entsprechenden Märkten eine höhere Relevanz gegenüber dem
Wettbewerb (als einer weiteren möglichen Dimension);
•
405
die einseitige Wachstumsorientierung des Modells ist kompatibel mit den bestehenden
Werbestrategie-Kategorisierungen408.
HOMANN, 1995, S. 186; LOMBRISER/ABPLANALP, 2005, S. 262 ff.; BEA/HAAS, 2005, S. 158-162;
NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 186
406
KOTLER, 1999, S. 47
407
MADIQUE/ZIRGER, 1984, S. 192-203
Nur bei BEHRENS (1963, S. 52) findet sich die Idee einer Reduktionswerbung, alle übrigen Autoren unterstellen, dass kapitalintensive Werbemaßnahmen immer wachstumsorientiert sind.
96
Nachteilig erscheint für das vorliegende Forschungsthema jedoch der fehlende Erklärungscharakter des Ansoffschen Modells im Bezug auf
•
handlungsleitende Aufgaben (bzw. Empfehlungen) als Teil eines praxisorientierten strategischen Planungsprozesses sowie
•
die fehlende Berücksichtigung der benötigten Kernkompetenzen auf Seiten des Unternehmens.
Deshalb wird nachfolgend überprüft, ob der von TOMCZAK und REINECKE entwickelte
aufgabenorientierte Ansatz409, der sich als marketingstrategisches Konzept wiederum aus dem
Konzept der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF ableitet, einen höheren Erklärungswert für
die theoretische Fundierung des Forschungsvorhabens leistet als das Grundmodell von ANSOFF.
4.2.2 Der aufgabenorientierte Ansatz von TOMCZAK und REINECKE
Der aufgabenorientierte Ansatz410 rückt mit den sogenannten Kernaufgaben des Marketings
die zentralen Wachstums- und Gewinngeneratoren eines Unternehmens bzw. eines Geschäftsbereichs sowie das Management der dazu erforderlichen Kompetenzen in den Mittelpunkt der strategischen Marketingplanung.411
Marktpotenziale, Kernaufgaben und Kompetenzen sind die zentralen Konstrukte des aufgabenorientierten Ansatzes. Um bestimmte Marktpotentiale erschliessen zu können sind von einem Unternehmen spezifische Kernaufgaben zu erfüllen, die wiederum bestimmte Kompetenzen verlangen (Outside-in-Perspektive). Dadurch, dass ein Unternehmen in der Lage ist,
sein Wissens- und Aufgabensystem miteinander abzugleichen und zu verbinden, besitzt es die
grundsätzliche Fähigkeit, gewisse Marktpotentiale zu nutzen.412
409
TOMCZAK/REINECKE, 1996; TOMCZAK/ REINECKE, 1999; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER,
2007
410
Ebd.
411
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4
412
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4; VON KROGH/ROOS, 1995, S. 58; VON
KROGH/ROOS, 1992, S. 123
97
Abbildung 13: Kompetenzen und Kernaufgaben
Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 15
Vor dem Hintergrund des knowledge-based view setzt sich der aufgabenorientierte Ansatz mit
der Frage auseinander, welche Arten von Kompetenzen benötigt werden, um bestimmte
Marktpotenziale nutzen zu können.413
Der aufgabenorientierte Ansatz basiert auf der kritischen Reflektion der Defizite des traditionellen Marketing-Mix-Modells sowie der Anforderungen des heutigen Top-Managements an
ein integriertes Planungs- und Steuerungsinstrument414 und liefert eine neue Systematik für
eine konsistente Marketingplanung, indem er die zentralen Wachstums- und Erfolgstreiber eines Unternehmens bzw. eines Geschäftsbereichs in den Mittelpunkt des MarketingManagement stellt:
•
aktuelle und zukünftige Kunden,
•
bestehende und neue Leistungen (Produkte, Dienstleistungen, Rechte).
Unternehmen können ihre Umsatz- und Gewinnziele erreichen, indem sie neue Kunden akquirieren bzw. indem sie Preisbereitschaft, Kauffrequenz und -intensität sowie Verbundkäufe
413
414
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 11
TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 1 f.
98
von aktuellen Kunden erhöhen. Analog dazu können sie sich auf neue Leistungen bzw. bestehende Leistungen konzentrieren. Wie die Abbildung verdeutlicht, werden mit diesem Ansatz
zwei Seiten derselben Medaille betrachtet. Einmal stellen sich die Unternehmen die Frage
nach möglichen Umsatz- und Gewinnquellen aus der Kundenperspektive, das andere Mal aus
der Leistungsperspektive. Wie noch gezeigt wird, bedarf es eines integrierten Managements
der Kunden- und Leistungsperspektive, wenn ein Unternehmen langfristig erfolgreich am
Markt agieren will.
Das Modell leitet sich aus der traditionellen Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF415 ab. Nach
TOMCZAK und REINECKE erhöht diese „Verwandtschaft“ die Kompatibilität zu bestehenden Forschungserkenntnissen und erleichtert es, das operative Marketing mit den Grundstrategien abzustimmen. Richtungweisend und innovativ ist der aufgabenorientierte Ansatz im
Hinblick auf die explizite Fokussierung auf den Umgang mit Kunden- und Leistungspotentialen sowie der Forderung, dies bestmöglich mit den Kompetenzen eines Unternehmens abzustimmen.416 Damit ist die erfolgreiche Abstimmung von Marktpotentialen und Unternehmenskompetenzen ein zentrales Element des aufgabenorientierten Ansatzes von TOMCZAK
und REINECKE.
Um Marktpotentiale, d. h. Kunden- und Leistungspotentiale, nutzen zu können, benötigen Unternehmen spezifische Kompetenzen: zum einen, um Potentiale zu erschliessen (Innovation),
und zum anderen, um bereits erschlossene Potenziale auszuschöpfen. Daraus ergeben sich
nach TOMCZAK und REINECKE417 vier Kernaufgaben bzw. Kompetenzen des Marketings:
1. Kundenakquisitions-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Kundenpotentiale zu erschliessen;
2. Kundenbindungs-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Kundenpotentiale auszuschöpfen;
3. Leistungsinnovations-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Leistungspotentiale zu erschliessen;
4. Leistungspflege-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Leistungspotentiale auszuschöpfen.
415
TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 6
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4 f.
417
TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 5 f.; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 14 ff.
416
99
Bezeichnung Wachstums- bzw.
Gewinnquelle
Kundenakquisition
Zukünftige
Kunden
Kernaufgabe
Erschliessen von
Kundenpotenzialen
Ansätze
• Gewinnen von Nichtverwendern
• Erobern von Kunden der
Konkurrenz
Kundenbindung
Aktuelle
Kunden
Ausschöpfen von
Kundenpotenzialen
• Kunden halten (Retention)
• Kundengruppen durchdringen (Penetration)
Leistungsinnovation
Neue
Leistungen
Erschliessen von
Leistungspotenzialen
• Echte Marktneuheiten entwickeln und einführen
• Imitationen entwickeln und
einführen
Leistungspflege
Bestehende
Leistungen
Ausschöpfen von
Leistungspotenzialen
• Leistungen erhalten
• Leistungen ausbauen
Abbildung 14: Überblick über die Kernaufgaben des Marketing
Quelle: TOMCZAK ET AL., 2007, S. 5
Diese Kompetenzen werden im Folgenden detailliert erläutert.
Kundenakquisition: Erschliessen von Kundenpotentialen
Mit dem Begriff der „Kundenakquisition“ wird die Aufgabe des Erschließens neuer Kundenpotenziale erfasst.418
TOMCZAK und KARG unterscheiden dabei zwei Grundstrategien:419
1. Kunden der Konkurrenz abwerben;
2. bisherige Nichtverwender bzw. -verbraucher ansprechen.
Beim Ziel, Kunden der Konkurrenz abzuwerben, besteht die Aufgabe nach TOMCZAK ET
AL. vorrangig darin, potenzielle Kunden von den relativen Vorteilen der eigenen Leistung zu
überzeugen („Besser-Prinzip“ bzw. „Billiger-Prinzip“), um sie zu einem Anbieterwechsel zu
bewegen.420
Bei der Ansprache von Nichtverwendern steht der Anbieter in einem Substitutionswettbewerb, bei dem es im Wesentlichen darum geht, den jeweiligen Kunden davon zu überzeugen,
das ein für ihn mit Blick auf einen bestimmten Markt bisher latentes Bedürfnis relevant ist
und bei seiner Kaufentscheidung berücksichtigt werden sollte („Anders-Prinzip“). Um poten418
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 16
TOMCZAK/KARG, 1999, S. 4 ; KARG, 2001
420
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 16
419
100
zielle Kunden mit aktuellen, nicht befriedigten Bedürfnissen zu gewinnen, muss ein Anbieter
versuchen, jene Barrieren abzubauen, die den Kunden davon abhalten, den Kauf zu tätigen.421
Kundenbindung: Ausschöpfen von Kundenpotenzialen
Nach TOMCZAK ET AL. steht im Zentrum der Kernaufgabe „Kundenbindung“ die Frage,
wie sich einmal erschlossene Kundenpotentiale erhalten bzw. ausschöpfen lassen.422
Dabei lassen sich zwei Grundstrategien unterscheiden:
1. Retention (Kunden halten);
2. Penetration (Kunden durchdringen).
Die Kunden-Retention zielt nach TOMCZAK ET AL. darauf, den Erhalt der Kundenbeziehung durch kontinuierliche Wiederkäufe sicherzustellen, einen Wechsel zur Konkurrenz zu
vermeiden oder Kunden zurückzugewinnen. Maßnahmen dafür können u.a. in der Erhöhung
der Kundenzufriedenheit423, der Implementierung eines professionellen Beschwerdemanagements424 oder eines systematischen Kundenrückgewinnungsmanagements425 liegen.
Die Kundengruppenpenetration erfolgt dadurch, dass Preisbereitschaften (Steigerung des Deckungsbeitrages) besser ausgenutzt, Kauffrequenzen und -intensitäten gesteigert werden (Erhöhung von Wiederverkäufen sowie Verbundverkäufe (Folgekäufe und Cross-Selling) gefördert werden. Folgekäufe beziehen sich auf den Kauf zusätzlicher Leistungen und Produkte,
die in einer direkten Beziehung zum Erstkauf stehen (z. B. die Bürstenköpfe für eine Zahnbürste). Cross-Selling-Verkäufe sind dagegen Zusatzverkäufe, bei denen die beim Erstkauf
aufgebaute Kundenbeziehung genutzt wird, um weitere Transaktionen zu initiieren, ohne dass
die dabei angebotenen Produkte und Leistungen zwangsläufig in einer direkten Beziehung
zum Erstprodukt stehen (z. B. die Möglichkeit, ein Auto in Verbindung mit dem Kauf eines
Flugtickets zu mieten).426
Leistungsinnovation: Erschliessen von Leistungspotenzialen
Die Kernaufgabe „Leistungsinnovation“ umfasst „sämtliche Maßnahmen, die ergriffen werden, um neue Problemlösungen zu kreieren und im Markt durchzusetzen“427.
Eine Innovation muss nach TOMCZAK ET AL. muss auf einzigartigen Ressourcen beziehungsweise Fähigkeiten des Unternehmens beruhen. Dies kann eine Marke, die Investitionsintensität in der Forschung und Entwicklung, eine spezifische Unternehmenskultur oder ein
Kernprodukt sein.428
421
Ebd.
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
423
DITTRICH, 2002; HERRMANN, 1998, S. 261 ff.
424
STAUSS/SEIDEL, 2002, S. 44
425
Ebd.
426
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
427
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
428
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 f.
422
101
Es lassen sich dabei wiederum zwei Grundstrategien unterscheiden:
1. Echte Marktneuheiten („New to the World“);
2. Imitationen bereits am Markt befindlicher, von Wettbewerbern angebotener Leistungen.
„New to the World“-Angebote sind nach TOMCZAK ET AL. prinzipiell neue Problemlösungen, „wobei eine Herausforderung entweder auf völlig neue Weise bewältigt oder aber ein
Bedürfnis befriedigt wird, für das es bisher kein Konzept gab“429. SCHEWE unterscheidet in
diesem Zusammenhang Innovation nach dem „Zweck“ aus Kundenperspektive und nach dem
„Mittel“ aus Anbieterperspektive, wenn z. B. eine neuartige Technologie zum Einsatz
kommt.430 BROCKHOFF spricht in diesem Zusammenhang auch von einer radikalen Innovation bzw. einer Basisinnovation.431
Imitationen sind hingegen solche, „die sich nur in ihrer äußeren Gestaltung oder in einer etwas modifizierten, meist verbesserten Funktionserfüllung von ähnlichen bereits am Markt befindlichen Leistungen unterscheiden“432. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von einem
Me-too-Produkt bzw. einer Me-too-Strategie gesprochen.433
Leistungspflege: Ausschöpfen von Leistungspotenzialen
Bei der Kernaufgabe der Leistungspflege geht es darum, den Erfolg der bereits eingeführten
Leistung zu optimieren bzw. zu verlängern.434
Auch hier lassen sich zwei Grundstrategien beobachten:435
1. Erhalt von Leistungspotenzialen (Modifikation, Revitalisierung, Produktdifferenzierung);
2. Ausbau von Leistungspotenzialen (Variation, Upselling, Bundling, Multiplikation).
Bei der Modifikation handelt es sich um „marginale Adaptionen der bereits am Markt eingeführten Leistung, wobei die Leistung jedoch insgesamt unverändert bleibt“436. HERRMANN437 zählt analog zu BROCKHOFF438 dagegen solche Modifikationen, die auf einer
bloßen Veränderung der äußeren Erscheinung oder in einer verbesserten oder erweiterten
Funktionserfüllung basieren, ebenfalls zu den Leistungs- bzw. Produktinnovationen. Im Gegensatz zu TOMCZAK ET AL. unterscheidet HERRMANN nicht zwischen Grundstrategien,
die den Erhalt oder Ausbau von Leistungspotenzialen zum Ziel haben. Stattdessen fasst er alle
Werbemaßnahmen zur Leistungspflege unter dem Begriff „Produktmodifikation“ zusammen
429
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18; HERRMANN, 1998, S. 510
SCHEWE, 2007, S. 52
431
BROCKHOFF, 2007, S. 22
432
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18; vgl. auch NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN,
2002, S. 692 f.; SCHEWE, 2007, S. 52 ff.
433
HERRMANN, 1998, S. 448
434
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18
435
KAETZKE/TOMCZAK, 2000, S. 19
436
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19
437
HERRMANN, 1998, S. 510
438
BROCKHOFF, 2007, S. 22
430
102
und differenziert darunter zwischen „Produktvariation“, „Produktdifferenzierung“, „Produktelimination“ und „Diversifikation“ als Sub-Strategien.439
Den Begriff „Produktvariation“ verwendet er in seiner inhaltlichen Beschreibung analog zur
Kategorie „Modifikation“ von TOMCZAK ET AL. Zusätzlich unterscheidet er jedoch die
„Produktdifferenzierung“, bei der der Neuigkeitsgrad für die Konsumenten gegenüber der
Modifikation höher liegt.440
BROCKHOFF weist darauf hin, dass im Hinblick auf die Wahrnehmungsperspektive der adressierten potenziellen Kunden Leistungs- bzw. Produktmodifikationen sich allein auf den
kommunikativen Auftritt beschränken können, ohne dass eine Veränderung der objektiven
Produkteigenschaften stattgefunden hat. Er spricht in diesem Zusammenhang von ScheinInnovationen.441
Bei einer Revitalisierung geht es dagegen darum, vorhandene Werte wiederzubeleben.442 Dies
kann wie z. B. beim New Beetle von Volkswagen den Effekt haben, dass Leistungspotentiale
nicht nur erhalten, sondern sogar ausgebaut werden. HERRMANN ergänzt hierzu als weitere
Modifikations- bzw. Variationsvarianten die Repositionierung eines Produktes bzw. einer
Leistung sowie den Relaunch.443
Bei der Variation sollen Verkäufe ähnlicher Leistungen erzeugt bzw. erhöht werden. Variationen, HERRMANN verwendet inhaltlich deckungsgleich den Begriff „Produktdifferenzierung“444 können z. B. unterschiedlichen Typen (Kombi-Version) einer Autoreihe sein. Damit
wird sowohl kundensegmentspezifischen Bedürfnissen Rechnung getragen wie unter Umständen auch gesetzlichen Auflagen (z. B. Sicherheitsausstattung von Fahrzeugen).445
Beim Upselling wird versucht, die Wertschöpfung zu erhöhen, indem von bisher verkauften
Grundversionen teurere Varianten abgesetzt werden. Demgegenüber hat das Bundling zum
Ziel, Verkäufe dadurch zu erzeugen bzw. zu erhöhen, das bereits eingeführte Produkte mit
komplementären Produkten oder mit (Zusatz-)Dienstleistungen kombiniert werden.446
Bei der Multiplikation werden bestehende Leistungskonzepte wiederholt und im Sinne eines
„Skalieren“447 systematisch auf neue Märkte angewendet. Im folgenden soll nun der aufgabenorientierte Ansatz mit seinen beiden Seiten – Kernaufgaben und korrespondierenden
439
HERRMANN, 1998, S. 535 ff.
HERRMANN, 1998, S. 510
441
BROCKHOFF, 2007, S. 22
442
TOMCZAK, T./REINECKE, S./KAETZKE, P., 2002
443
HERRMANN, 1998, S. 536 f.; analog dazu auch KOPPELMANN, 1993, S. 14
444
HERRMANN, 1998, S. 537 f.
445
Vgl. auch HERRMANN, 1998, S. 149; MEFFERT, 1998, S. 423 ff.; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN,
1997, S. 277 ff.
446
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; vgl. auch HERRMANN, 1998, S. 550 ff.
447
KROGH/CUSUMANO, 2001, S. 77
440
103
Kernkompetenzen – auf die Eignung als theoretischer Bezugsrahmen geprüft und gegebenenfalls entsprechend modifiziert werden.
4.2.3 Bewertung der Kernaufgaben-Seite
Diese von TOMCZAK ET AL. vorgenommene Zuordnung der unterschiedlichen Leistungsbzw. Produktstrategien nach den Dimensionen „Erhalt von Leistungspotenzialen“ und „Ausbau von Leistungspotenzialen“ erscheint problematisch, da die einzelnen Instrumente in ihrer
Wirkung nicht festgelegt sind. So kann beispielsweise das Instrument Variation aus Kundensicht möglicherweise auch nur den Erhalt von Leistungspotenzialen bewirken und nicht den
angestrebten Ausbau. Zudem liegen den unterschiedenen Grundstrategien verschiedene Dimensionen-Aspekte (Anzahl der Produkte, Märkte, Positionierung) zugrunde.
Plausibler erscheint deshalb eine wirkungsentkoppelte Differenzierung von Leistungspflege,
die auf die Anzahl der Produkte fokussiert. Analog den Überlegungen von BÜSCHKEN/VON THADEN448 sowie HUBER und KOPSCH449 sollte man Leistungspflege im Sinne von Leistungs-/Produktmodifikation in dreierlei Weise unterscheiden:
1. Leistungs-/Produktvariation: Der Ersatz eines bestehendes Produktes bzw. einer bestehenden Leistung durch ein variiertes, in den relevanten Leistungsmerkmalen verbessertes
Produkt/Leistung (dynamische Betrachtung);
2. Leistungs-/Produktdifferenzierung: Die Ergänzung eines bestehendes Produktes bzw. einer bestehenden Leistung um weitere, kundengruppen- bzw. marktspezifische Varianten
(statische Betrachtung);
3. die Kombination zweier bestehender Leistungen bzw. Produkte in Form eines Bundles.
Dabei entspricht die Leistungs- oder Produktvariation der von TOMCZAK ET AL. definierten Grundstrategie „Modifikation“ und die Leistungs-/Produktdifferenzierung der Grundstrategie „Variation“. „Revitalisierung“ ist in diesem Kontext eher als Untervariante der
Leistungs- bzw. Produktvariation zu verstehen, wobei im Fokus der Variation entweder vorhandene Werte stehen, die wiederbelebt werden sollen oder es vielmehr um die Schaffung
und Kommunikation neuer Werte geht.
Ebenso ist das von TOMCZAK ET AL. unterschiedene „Upselling“ auch eine Untervariante
der Leistungs-/Produktdifferenzierung, wobei hier um die Dimension Preis-LeistungsPositionierung ergänzt wird, also die Frage, wie die Varianten einer Leistung oder eines Produktes im Verhältnis zum Ausgangs- bzw. Basisprodukt preislich positioniert werden. Die
Grundstrategie „Multiplikation“ zielt in Richtung neuer Märkte bzw. Grundgruppen und kann
in ihrer produktseitigen Umsetzung ebenfalls eine Untervariante der drei Produkt- bzw.
Leistungs-Grundstrategien sein.
448
449
BÜSCHKEN/ VON THADEN, 2007, S. 597 ff.
HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.
104
Im Hinblick auf den Forschungsgegenstand erscheint es außerdem wichtig, für die Kernaufgabe Leistungspflege auch den Aspekt „kommunikativer Auftritt/Marke“ als Leistungsbestandteil zu berücksichtigen. In der Werbepraxis sind Kampagnen zu beobachten, die ausschließlich auf die kommunikative Leistungspflege fokussieren, wobei das beworbene Produkt bzw. die beworbene Leistung unverändert bleiben. Diesem Aspekt sollte in der Untersuchung entsprechend Rechnung getragen werden.
Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit von „Leistungspflege“ bezieht sich auf den Bezug
der Leistungs-/Produktmodifikationen zum bisherigen Leistungsportfolio eines Unternehmens
bzw. einer Geschäftseinheit. Diese unter dem Begriff „Leistungs- bzw. Produktdiversifikation“ zusammengefasste Unterscheidung weist nach DILLER450 folgende drei Grundstrategien
auf:
1. Horizontale Diversifikation;
2. vertikale Diversifikation;
3. laterale Diversifikation.
Problematisch erscheint bei der Anwendung des Modells der vier Kernaufgaben innerhalb der
Dimension Leistungspotentiale die Abgrenzung zwischen „Leistungspflege“ und „Leistungsinnovation“. TOMCZAK ET AL. sprechen zwar davon, dass, wenn „umfangreiche Veränderungen“ dazu führen, dass der „Leistungskern neu definiert wird“, die Variation einer Leistung unter Umständen bereits als Leistungsinnovation bezeichnet werden kann, liefern jedoch
keine eindeutige Abgrenzungsdefinition, sondern verweisen auf andere Autoren (u.a.
HERRMANN451), nach denen die Entscheidung darüber letztlich von dem jeweiligen Unternehmen zu treffen sei. Zu den Befürwortern einer solchen Vorgehensweise gehören auch
KOTLER ET AL., für die zu einer Innovation zählt „… jedes Produkt, jede Dienstleistung
oder Idee, die jemand als neu wahrnimmt. Sie kann schon lange vorhanden sein, doch für diejenigen, der zum ersten Mal davon hört, ist sie neu“452. Analog definiert BROCKHOFF: „Eine Produktinnovation ist ein Bündel von Eigenschaften, das wahrnehmbar von einem zu einem vorausgehenden Zeitpunkt existenten Eigenschaftsbündel abweicht, auch wenn die verglichenen Eigenschaftsbündel gleiche Bedürfnisse erfüllen.“ 453 Auch hier entscheidet also das
Verbraucherurteil über den Neuigkeitsgrad und damit, ob es sich um Leistungspflege oder Innovation handelt. Letztlich wird damit die alte Problematik berührt, wonach eine operationale
Messung von Neuheitsgraden, die die Voraussetzung für eine entsprechende Abgrenzung der
beiden Kategorien wäre, bislang nicht zufriedenstellend gelungen ist.454
450
DILLER, 1994, S. 223
HERRMANN, 1998, S. 535 f.
452
KOTLER/BLIEMEL, 1992, S. 532
453
BROCKHOFF, 2007, S. 22
454
GREEN/GAVIN/AIMAN-SMITH, 1995; KLEINSCHMIDT/COOPER, 1991; BAIER, 1999; SCHLAACK,
1999, S. 19 ff.
451
105
Bei der zweiten Modelldimension „Kundenpotenziale“ erscheint außerdem die Berücksichtigung und Einordnung der Zielgruppe „ehemalige Kunden“ diskussionswürdig. In den Überlegungen von TOMCZAK ET AL. werden sie den Bestandskunden zugeordnet, die im Sinne
der Retention zurückgewonnen werden sollen.455 Dabei wäre es ebenso plausibel, sie als Neukunden zu betrachten, die im Sinne der Kundenakquisition wiedergewonnen werden, wobei
ihre besondere historische Prädisposition zur Leistung bzw. Marke zu berücksichtigen ist.
4.2.4 Bewertung der Kernkompetenzen-Seite
Im aufgabenorientierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE stehen der erfolgreichen
Bearbeitung der Kernaufgaben zur Ausschöpfung von Kunden- und Leistungspotenzialen
spezifische Kernkompetenzen gegenüber.456
TOMCZAK und REINECKE457 haben zu den im Kapitel 4.2.2 erläuterten vier Kernaufgaben
auf Basis qualitativer Forschung (Best Practices) nachfolgende notwendige bzw. unterstützende Kompetenzen identifiziert:
Abbildung 15: Wachstums- und Gewinnoptionen
Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 20
Die noch recht abstrakten Kernkompetenzen lassen sich dabei weiter ausdifferenzieren und
dadurch in konkrete Fähigkeitsanforderungen an das entsprechende Personal umwandeln:
455
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff.
457
TOMCZAK/REINECKE, 1998, 2001
456
106
Kernaufgabe und
Philosophie
Kundenakquisition
„ Win the Customer“
Erforderliche Kompetenzen (Beispiele)
•
•
•
Kundenbindung
„Care for the customer“
•
•
•
•
Leistungsinnovation
„Leave for new shores“
•
•
•
Unternehmensbeispiele
Fähigkeit zur Reduktion von perso- Vorwerk,
nen-, anbieter- und marktleistungs- AWD
bezogenen Risiken
Schlagkräftiger Verkauf
Fähigkeit zur Fokussierung
Fähigkeit, aktuelle Kundeninforma- IBM, MLP,
tionen umfassend zu erfassen und zu Carlton
verarbeiten
Fähigkeit, Kunden individuell zu
betreuen
Fähigkeit, Kunden in Unternehmensprozesse einzubinden
Fähigkeit, rationale und emotionale
Bindungen aufzubauen
Kreativität und Offenheit
Risikobereitschaft
Geschwindigkeit
Ritz
Apple, 3M
Leistungspflege
Procter & Gamble
• Fähigkeit zur Optimierung
„Optimize your
• Streben nach Sicherheit
Solution“
• Standardisierungskompetenz
Abbildung 16: Spezifische Kompetenzen zur Erfüllung der Kernaufgaben
Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 23
Die genannten spezifischen Kompetenzen sind nach TOMCZAK ET AL. als beispielhaft zu
verstehen, da es aufgrund der Komplexität von Unternehmensstrukturen und -prozessen
schwierig sei, „alle Fähigkeiten zu eruieren, die in der jeweiligen Situation dazu führen, dass
eine Kernaufgabe überdurchschnittlich erfüllt wird“458.
Nach TOMCZAK ET AL. steht jedes Unternehmen vor zwei Herausforderungen:
1. Kompetenzen zu entwickeln, die vier Kernaufgaben bestmöglich zu erfüllen;
2. Integration der vier Kernaufgaben im Sinne eines optimalen Kernaufgabenprofils.
Im Sinne eines effizienten und effektiven Ressourceneinsatzes sind identifizierte Marktpotenziale und vorhandene Kompetenzen miteinander in Einklang zu bringen (siehe Marktpotenzial-Kompetenzen-Matrix). Idealerweise sollten die Ressourcen eines Unternehmens dort eingesetzt werden, wo bereits vorhandene Kompetenzen auf ein möglichst großes Marktpotenzial
stoßen. Verfügt ein Unternehmen bereits über notwendige (Basis-)Kompetenzen, sollte diese
Grundlage genutzt und durch (Weiter-)Entwicklung ausgewählter Kompetenzen ausgebaut
werden. Bei Wachstumsfeldern mit hohem Marktpotential und fehlenden Kompetenzen stellt
458
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 24
107
sich für das Management die Frage, ob sich Investitionen in den Aufbau dieser Kompetenzen
langfristig rentieren. Im Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes ist es aber auch erforderlich,
Kompetenzen bewusst gar nicht erst zu entwickeln (oder sogar abzubauen), für die kein
Marktpotenzial mehr vorhanden ist.459
Da ein Unternehmen in der Regel nicht über alle notwendigen Kompetenzen verfügt, um alle
Wachstumspotenziale erschliessen zu können, muss es sich im Sinne eines Kernaufgabenprofils fokussieren. REINECKE und TOMCZAK identifizieren im Hinblick auf den z. T. kombinierten Einsatz verschiedener Kernaufgaben und Kompetenzen folgende exemplarische Typologien:460
1. Trendsetter,
2. Potentialsausschöpfer,
3. Multiplizierer,
4. Marketingvirtuosen/ Mehrkämpfer.
Typologien
Trendsetter
Potentialausschöpfer
Multiplizierer
Charakteristika
Unternehmensbeispiel
• Fokus auf Kundenakquisition und E-Plus
Leistungsinnovation
• Grenznutzen des Marketingbudgets liegt höher als bei Kundenbindung und Leistungspflege
• Starker Fokus auf Werbung und
Sponsoring zur schnellen Kundenakquisition
• Stark differenzierte Preisgestaltung
• Erfolgsprinzip: Permanente Innovation
• Fokus auf Kundenbindung und Lufthansa
Leistungspflege
• Rohe Reichweite und Kundenstamm als Basis
• Permanente Optimierung der bisherigen Marktingmaßnahmen
•
•
Marketingvirtuosen/
Mehrkämpfer
Fokus auf Kundenakquisition und McDonald’s
Leistungspflege
Zügige Skalierung einer erfolgreichen Geschäftsidee (z. B.
durch Franchising)
Gleichwertiger Fokus auf alle vier Swisscom
Kernaufgaben
Abbildung 17: Typologien im Hinblick auf Marketing-Kernaufgaben und -Kompetenzen
Quelle: TOMCZAK, REINECKE, 1996, S. 9 ff.
459
460
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 24 f.
TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 9 ff., TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 ff.; REINECKE, 2004, S. 214 ff.
108
4.2.5 Auswahl des theoretischen Bezugsrahmens
Insgesamt lässt sich feststellen, dass der aufgabenorientierte Ansatz als potentieller Ordnungsrahmen für die Werbestrategiekonzepte von BIDLINGMAIER, KROEBER-RIEL und
BRUHN gegenüber der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF keinen maßgeblichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn liefert. Die Kerndimensionen sind inhaltlich synonym, insofern als
dass die Produktperspektive von ANSOFF im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes von
TOMCZAK und REINECKE als Leistungsperspektive verstanden wird. Ebenso ist ANSOFFs
Dimension Markt auch kundenbezogen interpretierbar.
Ein weiteres Gegenargument für die Verwendung des aufgabenorientierten Ansatzes als theorieleitenden Rahmen ist die unvollständige Kompatibilität zwischen Marketingstrategie und
Werbestrategien in der Ausprägung „Werbekampagne“ als zentrale Untersuchungsgröße. So
sind absatzbezogene – und damit für diese Untersuchung relevante – Werbekampagnen in der
Regel produkt- bzw. leistungsspezifisch, während mit dem aufgabenorientierten Ansatz die
Marketingstrategie eines Geschäftsbereichs insgesamt erfasst wird. Somit decken sich Werbekampagnen nicht zwangsläufig mit der Strategie nach den vier Kernaufgaben, sondern setzen oftmals nur Teilaspekte um.
Einen zusätzlichen Erklärungswert bietet der Ansatz von REINECKE und TOMCZAK jedoch
im Hinblick auf die Verknüpfung der marktbezogenen Strategien mit den auf Seiten des Unternehmens dafür notwendigen Kompetenzen. Außerdem entspricht das dem aufgabenorientierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE461 zugrundeliegende Verständnis von Marketingstrategien als Kernaufgaben dem handlungsleitenden Zielcharakter des zu entwickelnden
Werbestrategiemodells, weshalb die Begrifflichkeit „aufgabenorientiert“ übernommen wird.
Die Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF bildet somit die theoretische Grundlage für Strukturierung der von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN identifizierten, aber vielfach unsystematischen Werbestrategien. Dem aufgabenorientierten Ansatz von REINECKE
und TOMCZAK kommt ein theorieergänzender bzw. theorievertiefende Funktion im Hinblick
auf den – im Sinne eines hohen Praxisbezugs – handlungsleitenden Charakter sowie die Aspekte der die Strategien bedingenden Kompetenzen zu.
461
TOMCZAK/REINECKE, 1996, 1999; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007
109
4.3 Elemente des vorläufigen Modells
Dimensionen
Bei der Darstellung der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien wurden auch
die unterschiedlichen zentralen Unterscheidungsdimensionen (Absatzeffekt, Produkte/Märkte,
Werbewirkung) analysiert und kritisch bewertet (vgl. Kapitel 3.3). Aufgrund dessen sowie im
Hinblick auf die Kern-Dimensionen der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF erscheint eine
Systematisierung von Werbestrategien nach folgenden zwei Dimensionen am sinnvollsten:
1. Aktualitätsgrad der beworbenen Leistung (alt/neu).
2. Aktualitätsgrad bei dem adressierten Markt bzw. der adressierten Zielgruppe (alt/neu).
Für eine Systematisierung des Modells nach diesen beiden Dimensionen sprechen vor allem
folgende Gütekriterien:
•
Relevanz;
•
Universalität;
•
Eindeutigkeit.
Die Relevanz leitet sich zum einen aus der vielfachen Verbreitung und Adaption des Modells
der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF462 ab. Zudem wird die grundsätzliche Bedeutung der
Ansoffschen Analyse-Dimensionen für die Werbestrategie von verschiedenen Autoren betont.
So u.a. von SCHULTZ und BARNES, indem sie die einseitige Fokussierung auf neukundenorientierte Akquisitionskommunikation kritisieren und eine stärkere Berücksichtigung von
kundenbindender Werbung anregen463. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Mediawerbung als einem defensive weapon.464
Universalität ist insofern gegeben, als dass sich beide Dimensionen auf jede Werbekampagne
anwenden lassen.
Eindeutigkeit besteht insofern, dass beide Dimensionen eine eindeutige Zuordnung von Kampagnen zulassen, wobei natürlich die graduellen Abstufungsunterschiede zwischen den Ausprägungen alt und neu berücksichtigt werden müssen.
Die an den unterschiedlichen Werbewirkungsmodellen orientierten Systematisierungen465 erscheinen als Kerndimensionen zur Unterscheidung von Werbetypen ungeeignet, weil zum einen in der Praxis für eine Kampagne häufig mehrere Wirkungseffekte (Information und Markenbildung) angestrebt werden und weil zum anderen die Determinanz anderer Aspekte (neu-
462
ANSOFF, 1979, S. 27
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 23 f.
464
SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 24
465
KOTLER/BLIEMEL, 1995, S. 339; BRUHN, 2005a, S. 211
463
110
es Produkt/Leistung versus altes Produkt/Leistung; Involvementgrad) als stärker und deshalb
relevanter eingestuft wird.
Indikatoren
Die vorliegende Forschung zu Werbestrategien hat ein breites Spektrum beschreibender Elementen ergeben, die zur Bestimmung einer Werbestrategie beitragen (Vgl. Kapitel 3.2). Es ist
zu prüfen, welche dieser Elemente als Indikatoren einen relevanten Erklärungscharakter für
die modellbasierte Unterscheidung von Werbestrategietypologien haben:
•
Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts;
•
Involvementcharakter des Werbeobjekts:
•
Werbemittel;
•
Media-Mix (Auswahl, Stellenwert im Kommunikationsmix, Wahl des Leitmediums),
•
Werbebudget;
•
kommunikative Werbeziele;
•
Positionierung;
•
Werbebotschaft;
•
Werbetiming (Länge, Verlauf) und
•
Werbeareal.
Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts
In den wenigen Praxisbeispielen der dargestellten Systematisierungsansätze von Werbestrategien wird kein expliziter Hinweis auf die Bedeutung der Branchenzugehörigkeit gegeben. Zudem erscheint der in Verbindung zum Branchenbezug stehende Involvementcharakter (Automobil=High Involvement) als Untersuchungsaspekt relevanter. Deshalb wird auf eine explizite Berücksichtigung von Branchenzugehörigkeit als Indikator verzichtet.
Involvementcharakter des Werbesubjekts
Eine besondere Bedeutung kommt in der Werbekommunikation nach PETTY und SCHUMANN der Einflussgröße „Involvement“ zu.466 Mit Involvement oder Ich-Beteiligung bezeichnet man nach KROEBER-RIEL und WEINBERG467 das Engagement, mit dem sich jemand einem Gegenstand oder einer Aktivität widmet. Involvement ist sozusagen ein Maß für
die individuelle, persönliche Bedeutung, die jemand einer Leistung (Produkt, Dienstleistung)
in einer spezifischen Situation beimisst. Die Stärke des Involvement wirkt sich nach
TROMMSDORFF auf die objektgerichtete Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und
-speicherung aus.468
466
PETTY/SCHUMANN, 1983
KROEBER-RIEL/WEINBERG 2008, S. 316ff.
468
TROMMSDORFF, 2004, S. 56
467
111
In der Kaufverhaltens- und Werbewirkungsforschung wird dem Involvement ein wichtiger
Erklärungsbeitrag zugesprochen.469 Generell dient Involvement zur Kategorisierung und Beschreibung von Kaufentscheidungsprozessen und zur Erklärung bzw. Abschätzung der Werbewirkung, wobei zwischen hohem („high involvement“) und niedrigem Involvement („low
involvement“) unterschieden wird. Bei high involvement wendet der Konsument viel Zeit und
Mühe für die Auswahl und Prüfung von Alternativen auf, sucht aktiv Informationen zur angebotenen Leistung, die seine Entscheidung stützen und setzt sich somit gedanklich intensiv mit
der Leistung auseinander. Bei low involvement ist die Informations- und Alternativsuche dagegen deutlich beschränkt. Der Kauf erfolgt oft spontan ohne umfassende Reflexion.470
Werbemittel
In den vorgestellten Systematisierungen wird punktuell auf den Einsatz bestimmter Werbemittel (z. B. Bewegtbild) bezogen auf bestimmte Werbestrategien eingegangen. Da Werbemittel weitestgehend analog zum Werbeträger eingesetzt werden (Werbemittel Bewegtbild erfordert als Werbeträger Fernsehen oder Kino), erscheint der Media-Mix als zu berücksichtigende Indikatorgröße ausreichend.
Media-Mix
Die wenigen Praxisbeispiele in den vorgestellten Systematisierungen (vgl. Kapitel 3.3) stellen
den Einsatz bestimmter Medien (Werbeträger) als charakteristische Werbestrategieelemente
in den Fokus.471 Dementsprechend sollte der Media-Mix im Hinblick auf drei Aspekte als Indikator Berücksichtigung finden:
1. der Stellenwert des Media-Mixes einer Werbekampagne im Verhältnis zum GesamtKommunikations-Mix;
2. die Auswahl und Gewichtung der eingesetzten Werbemedien;
3. die Auswahl des Leitmediums (bezogen auf den Budgetanteil bzw. die Gesamtstrategie).
Wahrscheinlich ist das Leitmedium das Werbeinstrument, für das der größte Budgetanteil
aufgewendet wurde. Dennoch sollte in der Untersuchung geprüft werden, welches Instrument
aus kampagnenstrategischer Perspektive Leitfunktion übernommen hat.
Werbebudget
Die bestehenden Publikationen zur Werbebudgetierung legen die Berücksichtigung dieses Indikators nahe.472 Zudem findet sich in der Systematisierung von SEYFFERT der explizite
Hinweis auf den Faktor Budget bei „Einführungswerbung“473. Problematisch ist jedoch neben
der Zugänglichkeit der Budgetdaten generell eine saubere Abgrenzung des Werbebudgets von
469
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 32
SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 32
471
BRUHN, 2005a, S. 386
472
BENZ, 1981, S. 88; PUDENZ, 1978; RAHDERS, 1989
473
SEYFFERT, 1963, S. 34
470
112
anderen Teilen des Marketingbudgets. Generell erscheint der Indikator Budget im Hinblick
auf zwei Ausprägungen prüfenswert: Die Höhe des eingesetzten Werbebudgets insgesamt
sowie der Anteil, der ausschließlich auf die Mediawerbung verwandt wurde.
Kommunikative Werbeziele
Kommunikative Ziele sind ein Kernelement der Werbestrategie (vgl. Kapitel 3.2). Dementsprechend sind sie als Indikator in der folgenden Untersuchung zu berücksichtigen.
Positionierung
Mit der (Marken-)Positionierung differenziert sich ein Produkt bzw. eine Leistung vom Wettbewerb. Wie in Kapitel 3.2.4 beschrieben kann von vier Positionierungsstrategien ausgegangen werden, aus denen sich die entsprechende Werbebotschaft bzw. -stil ableitet. Da die Positionierung maßgeblich den Charakter einer Werbekampagne bestimmt, sollte sie als Indikator
in die Untersuchung der Archetypen berücksichtigt werden.
113
Werbebotschaft
Aus der jeweiligen Positionierung ergibt sich eine eher emotionale bzw. eine eher sachlichinformative Werbebotschaft (vgl. Kapitel 3.2.4). Diese Differenzierung sollte als Indikator in
der folgenden Untersuchung berücksichtigt werden.
Werbetiming
Wie in Kapitel 3.2.5 dargestellt unterscheiden sich Kampagnen grundsätzlich im Hinblick auf
ihre Dauer und den Verlauf (Intensität des Werbedrucks pro Zeiteinheit). Als Indikator für die
Differenzierung von Werbestrategietypen ist „Werbetiming“ aus folgenden Gründen jedoch
kritisch zu bewerten:
•
die Länge der Kampagne hängt häufig von Höhe des Budgets ab,
•
in der operativen Umsetzung (Media-Planung) ergeben sich im Hinblick auf die Länge
und den Verlauf kurzfristig Verschiebungen aufgrund von Faktoren wie z. B. bereits belegter Werbeblöcke, preisattraktiver Alternativangebote,
•
Kampagnen werden abhängig vom Grad der Zielerreichung im Verlauf verlängert, verkürzt bzw. modifiziert.
Werbeareal
Auch die Entscheidung darüber, wo (landesweit, regional) geworben wird, erscheint sehr
stark dem situativen Kontext geschuldet (Marktareal des werbenden Unternehmens) und deshalb als strategiedeterminierenden Element weniger relevant. Eine Relevanz kommt diesem
Aspekt sicherlich dann zu, wenn es um nationale versus internationale Kampagnen geht.
Im Hinblick auf diese Einflussfaktoren erscheint der Erklärungswert von „Werbetiming“ eher
gering, weshalb es als Indikator keine Berücksichtigung findet.
Somit erscheinen als Modellindikatoren für die Untersuchung relevant: Werbebudget, MediaMix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums), kommunikative
Werbeziele, Positionierung und Werbebotschaft.
Kommunikativer Erfolg als subjektive Zielgröße
Wie bereits dargestellt, ist im Bezug auf Werbekommunikation der kommunikative Erfolg in
Form entsprechender Erfolgsgrößen (gestützte bzw. ungestützte Bekanntheit, Beliebtheit etc.)
die maßgebliche Zielgröße. Er bildet in der Regel eine wichtige Voraussetzung für den ökonomischen Erfolg eines Produktes oder einer Leistung.
114
Nach STEFFENHAGEN und SIEMER474 gibt es insgesamt sechs Gütekriterien475 für Werbeziele, von denen folgende drei für die vollständige Bewertung des kommunikativen Erfolgs
relevant erscheinen:
1. Erreichungsgrad;
2. Relevanzgrad;
3. Adäquanzgrad.
Die Messung des Erreichungsgrades setzt eine entsprechende Güte der Werbezielformulierung voraus.476 Deutliche Defizite im Hinblick auf die Tauglichkeit der Werbezielformulierung wurden bereits von STEFFENHAGEN und SIEMER477 empirisch belegt und in einer eigenen Erhebung mit ähnlichem Untersuchungsdesign (siehe Kapitel 3.2.2) bestätigt.
Jedoch auch bei vollständig und zugleich präzise formulierten Werbezielen lässt sich der Erreichungsgrad nur bedingt objektiv prüfen, da zum einen die entsprechenden Planwerte von
den Unternehmen intern festgelegt werden und gleichzeitig die Ist-Werte oftmals auf Erhebungen und Auswertungen basieren, die von den Unternehmen in Auftrag gegeben wurden
und nur diesen im Detail vorliegen. Dementsprechend kann der Zielerreichungsgrad des
kommunikativen Erfolgs nur durch das kritische Hinterfragen und Plausibilitätsprüfungen (im
Hinblick auf die übrigen Werbemaßnahmen sowie von Wettbewerbern) der von den Unternehmen proklamierten Plan- und Ist-Werte sowie weiterer Erfolgs-Aussagen überprüft werden. Das schließt die Möglichkeit ein, dass Kampagnen grundsätzlich erfolgreich sind – jedoch nicht im Sinne der ursprünglichen Planung bei bestimmten Zielgruppen oder in Bezug
auf bestimmte Zielwerte (Bekanntheit, Beliebtheit etc.). Hier ist durch eine genaue Prüfung
(idealerweise auf Basis mehrerer Datenquellen, deren Informationen gegenübergestellt werden) sicherzustellen, dass die Planwerte nicht nachträglich aus „kosmetischen“ Gründen durch
die Ist-Werte ersetzt wurden.
Die Notwendigkeit einer solchen multimethodenbasierten Kreuzvalidierung besteht ebenfalls
für die Überprüfung des Relevanzgrades. Oftmals werden Kampagnenziele formuliert und erreicht, die für die jeweilige Aufgabenstellung der Kampagne keine oder nur wenig Relevanz
hatten. Darüber hinaus ist mit dem Adäquanzgrad zu überprüfen, ob das gesetzte relevante
Ziel gemessen an der Unternehmens- und Marktsituation angemessen ambitioniert ist.
474
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f.
Nach STEFFENHAGEN/SIEMER (1996, S. 47 f.) müssen taugliche Werbeziele werbebedingt sein, eine selektive Steuerungskraft aufweisen, operationalisierbar sein, Teil eines Systems von Ober- und Unterzielen
sowie Haupt- und Nebenzielen sein, relevant für die Gesamtheit der übergeordneten Marketing-Ziele sowie
situationsgerecht sein.
476
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47; ROGGE, 1982, S. 44
477
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 ff.
475
115
Notwendige Kompetenzen zur Erfüllung der Werbe-Kernaufgaben
In Analogie zum aufgabenorientierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE soll für die
vier definierten Werbestrategie-Archetypen nach den spezifischen Kompetenzen (z. B. für
„Expansionswerbung“) geforscht werden. Zwar sind diese bereits auf der Meta-Ebene der
Marketing-Kernaufgaben identifiziert478, jedoch erscheint es sinnvoll, zu prüfen, inwiefern sie
auf der Ableitungs-Ebene der Werbestrategie modifiziert bzw. spezifiziert werden müssen.
Die Schlüsselfragen im Hinblick auf die notwendigen Kompetenzen zur Entwicklung von inter- und intrakonsistenten Werbestrategien lauten somit:
•
Welche Kompetenzen sind auf Unternehmens- und Mitarbeiterebene erfolgskritisch?
•
Wie sieht ein sinnvoller Werbeplanungsprozess, der in Verbindung mit den als erfolgskritischen identifizierten Kompetenzen die konsistente, vollständige und adäquate Übersetzung der Marketingstrategie für eine Leistung in eine entsprechende Werbestrategie und
deren weitere stringente Kampagnen-Operationalisierung gewährleistet?
4.4 Forschungsleitende Fragestellung
Auf Grundlage des identifizierten Forschungsbedarfs zur Differenzierung und Systematisierung von Kerntypen aufgabenorientierter Werbestrategien lautet die zentrale Fragestellung für
die nachfolgende empirische, hypothesengenerierende Untersuchung:
Welche Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien lassen sich unterscheiden?
Aus dieser übergreifenden Fragestellung leiten sich folgende Sub-Forschungsfragen ab:
1. Welche Merkmale charakterisieren die unterschiedlichen Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien?
2. Wie lassen sich diese unterschiedlichen Archetypen auf Basis der Produkt-MarktMatrix von ANSOFF systematisieren?
3. Welche Kompetenzen beeinflussen die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung unterschiedlichen Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien?
Charakterisierung der Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien
Auf Grundlage der bereits publizierten Überlegungen zur Charakterisierung von Werbestrategie werden folgende Indikatoren mit hohem Erklärungsfaktor als relevant untersucht:
•
Werbebudget (Kommunikation insgesamt, nur für Mediawerbung);
•
Media-Mix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums);
478
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff.
116
•
kommunikative Werbeziele;
•
Positionierung;
•
Grad des Involvement;
•
Werbebotschaft.
Wie im Bezugsrahmen skizziert dient der Indikator „Stellenwert Mediawerbung“ dazu, die
Bedeutung der übrigen Kommunikationsinstrumente (z. B. Direktmarketing, PR etc.) in der
Untersuchung der Werbestrategie-Typen zu berücksichtigen. Als beschreibende Größe des
Stellenwertes wird der Budget-Anteil von Mediawerbung dem für die übrigen Kommunikationsinstrumente gegenübergestellt. Ebenso wird die Verteilung der Medien auf den Media-Mix
und insbesondere die Identifizierung des Leitmediums am Budget-Anteil festgemacht. Der
Charakter der Werbebotschaft wird im Hinblick auf den Grad der Emotionalität spezifiziert.
Da die jeweilige Ausprägung dieser Indikatoren im Bezug zu den Werbestrategie-Typen in
der vorhandenen Literatur oftmals diffus ist (vgl. Kapitel 3.3), steht im Fokus der nachfolgenden Untersuchung die Frage, welche Ausprägung die als relevant identifizierten Indikatoren
im Bezug auf den jeweiligen Werbestrategie-Typ haben.
Im Sinne eines theoriegenerierenden explorativen Vorgehens wird allen fünf Indikatoren das
gleiche Gewicht bei der Erklärung der Werbestrategie-Typen zugesprochen. Ziel der Untersuchung ist dementsprechend, hier zukünftig zu einer differenzierteren Betrachtung zu kommen.
Als diesen Indikatoren übergeordnete Einflussgröße wird außerdem der Grad des bei der anvisierten Zielgruppe antizipierten persönlichen Involvements im Bezug auf das beworbene
Produkt bzw. Leistung untersucht. Der Grad der Ausprägung eines Indikators für einen spezifischen Archetyp wird immer in Relation zum Grad der Ausprägung dieses Indikators bei den
übrigen Archetypen bestimmt.
Generell ist bei der Untersuchung der vier Werbestrategie-Archetypen zu prüfen, ob es weitere Sub-Werbestrategien gibt, die hohen Unterscheidungscharakter aufweisen. Möglicherweise
haben diese Differenzierungen aber auch eher taktisch-operativen Charakter (z. B. vergleichende Werbung), sind nicht strategiebestimmend und bleiben somit für die Modellierung
unberücksichtigt.
Systematisierung auf Basis der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF
Aus der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF ergeben sich folgende Dimensionen zur Systematisierung der charakterisierten Werbestrategie-Archetypen:
1. Der Produkt-/Leistungscharakter (alt/neu);
2. Der Markt bzw. Zielgruppencharakter (alt/neu).
117
Dementsprechend ist zu überprüfen, inwiefern sich die identifizierten WerbestrategieArchetypen innerhalb dieses Rasters abbilden lassen. Dabei ergeben sich folgende Fragen:
•
Gibt es Varianten, die sich nicht sinnvoll einordnen lassen und die die Verwendung eines
anderen Rasters mit anderen Dimensionen nahelegen?
•
Bleiben möglicherweise im Raster Lücken, die von keiner der identifizierten Werbestrategien besetzt werden? Wenn ja, was sind die möglichen Gründe dafür?
Kompetenzen zur Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien
Die Konsolidierung der bereits vorliegenden Forschungsergebnisse und Publikationen hat
verdeutlicht, welche Bedeutung die Frage der notwendigen Rahmenbedingungen bzw. Kompetenzen in Verbindung mit der Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien hat.
Dementsprechend lautet eine weitere Folgefrage: Welche Kompetenzen beeinflussen die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien?
Gemäß BRUHN wird zur Beantwortung dieser Frage zwischen organisatorisch-strukturellen
und personell-kulturellen Kompetenzen unterschieden. 479 Darüber hinaus ist außerdem der
strukturelle Kontext, innerhalb dessen sich Strategien als iterative Prozesse der Ressourcenallokation vollziehen, zu berücksichtigen.480
Nachfolgend werden die formulierten
Methodendesigns empirisch überprüft.
Fragestellungen
im
Rahmen
eines
Multi-
Im Hinblick auf die zentralen Forschungsfragen stehen damit folgende Aspekte im Fokus der
Prüfung:
1. Welche Typologien lassen sich anhand der identifizierten Indikatoren in der Praxis wiederfinden? Ergeben sich aus der Detailanalyse Hinweise auf die Relevanz der angenommenen Unterscheidungskriterien (z. B. Einsatz und Budgetierung der Kommunikationskanäle)? Gibt es weitere Kriterien, die in der Folgeuntersuchung berücksichtigt werden sollten?
2. Gibt es womöglich Praxisbeispiele, die sich nicht in das Raster der Produkt-Markt-Matrix
von ANSOFF einordnen lassen, auch keine Mischform darstellen, sondern die grundlegende Systematisierung mit ihren Dimensionen infrage stellen und daher eine Korrektur
bzw. Erweiterung des Modells nahelegen?
Die entsprechenden empirischen Befunde werden auf Basis von Fallstudien dokumentiert und
auf Basis von Expertenworkshops mit dem Ziel einer fallübergreifenden Vergleichbarkeit
kreuzvalidiert.
479
480
BRUHN, 2005a, S. 118 ff.
MÜLLER-STEWENS/LECHNER, 2003, S. 66 f.; BOWER, 1970, S. 67; NODA/BOWER, 1996, S. 57 ff.
118
5. Konzeption der empirischen Untersuchung
5.1 Forschungsprozess und Forschungsmethodik im Überblick
Der Forschungsprozess beschreibt die Entwicklung, empirische Überprüfung und Weiterentwicklung des dieser Arbeit zugrunde liegenden gedanklichen Bezugrahmens.481
Es handelt sich um einen iterativen Lernprozess482 im Sinne einer praxisgeleiteten Forschung483, weil die zugrundeliegenden Annahmen abwechselnd und mehrfach abstrahiert sowie im Anwendungszusammenhang überprüft werden. Die Untersuchungsphasen werden somit nicht streng sequentiell durchlaufen.484
Im Hinblick auf den Forschungsgegenstand und den Stand der bisherigen Forschung zu Werbestrategien erscheint ein ausgeprägt induktives exploratives, hypothesengenerierendes Vorgehen notwendig, dem ein konstruktivistischer Ansatz zugrunde liegt, bei dem eine Systematisierung auf Grundlage der Sicht der involvierten Verantwortlichen entwickelt werden soll.
So liegt mit den in das Grundraster der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF eingeordneten
Werbestrategien von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN ein Untersuchungsmodell vor, das jedoch in seinem Reife- und Erklärungsgrad noch deutlich der empirischen
Fundierung durch explorative Methoden bedarf. Ein deduktives, theorieüberprüfendes Vorgehen in Verbindung mit quantitativen Verfahren erscheint dem Forschungsgegenstand somit
nicht angemessen. Vielmehr erscheint ein qualitatives Vorgehen mit dem Ziel der Induktion
aus mehreren Gründen sinnvoll:
• Ganzheitliche Betrachtung und Offenheit: Wie in Kapitel 1.2 und 3 dargelegt weisen die
bisherigen Veröffentlichungen zum Forschungsgegenstand zum einen deutliche Lücken auf
und entbehren zum anderen eines klaren Bezugs zur Werbepraxis. Eine möglichst umfassende, ganzheitliche Beschreibung im Sinne von MAYRING485, FLICK486, DAVIS487 und
GIORGI488 ist als Kernelement qualitativer Ansätze notwendig, um alle möglicherweise relevanten Aspekte zum Forschungsgegenstand tatsächlich zu erfassen und kein Element
vorschnell auszuschließen. Dementsprechend ist dem Forschungsgegenstand nach MAYRING mit „möglichst großer Offenheit“489 gegenüberzutreten. Alltagsorientierung, d.h. ein
Forschungsvorgehen, das im konkreten Fall möglichst nah an der normalen Arbeitssituati-
481
ULRICH/HILL, 1979, S. 181
TOMCZAK, 1992, S. 181
483
ULRICH, 1981, S. 21
484
ULRICH, 1981, S. 7 ff.; TOMCZAK, 1992, S. 83 f.; HIL/FEHLBAUM/ULRICH, 1994, S. 38 ff.
485
MAYRING, 2002, S. 21 ff.
486
FLICK, 2005, S. 54
487
DAVIS, 1981, S. 23 ff.
488
GIORGI, 1985, S. 51 f.
489
MAYRING, 2005, S. 25
482
119
on bei der Entwicklung und Umsetzung von Werbestrategien ansetzt, ist Teil der Grundprinzipien Offenheit und Ganzheitlichkeit qualitativer Forschungsmethoden.490
• Interpretation: Qualitative Verfahren implizieren auch die Berücksichtigung des Vorverständnisses eines Gegenstandes im Sinne einer Introspektion.491 Die ganzheitliche und alltagsnahe Vorgehensweise schafft die Voraussetzungen dafür, erfasste Daten in Zusammenhang zu setzen, zu hinterfragen und entsprechend zu gewichten. Diese Stärken eines qualitativen Vorgehens erscheinen im Hinblick auf den Aspekt der sozialen Erwünschtheit bei
der Diskussion von Werbeerfolgen äußerst wichtig.
• Schrittweise Verallgemeinerungen: Ein qualitativ induktives Vorgehen, BOHNSACK
spricht auch alternativ von einem „reflexiven“492 Verfahren, erlaubt die schrittweise argumentative Verallgemeinerung der gesammelten Erkenntnisse mit den entsprechenden Verweisen zu den Möglichkeiten der weiteren induktiven Prüfung.493
Um dem Anspruch einer ganzheitlichen Betrachtung und zugleich hohen Praxisrelevanz gerecht zu werden, erscheint der Einsatz von Fallstudien als qualitative Forschungsmethode
sinnvoll.494
Im Sinne einer maximalen Daten-Repräsentativität und Validität wird ein MultiMethodendesign mit folgenden Datenquellen bzw. Methodiken eingesetzt:
1. Dokumentenanalyse,
2. Experteninterviews,
3. Expertenworkshop.
Dokumentenanalyse und Experteninterviews dienen dazu, die einzelnen Kampagnenbeispiele
möglichst umfassend und genau beschreiben und analysieren zu können. Ziel dabei ist es, zu
evaluieren, ob es zu den vier aus dem Modell der aufgabenorientierten Werbestrategien entwickelten Archetypen praktische Entsprechungen gibt – und, wo die Fallbeispiele dem definierten Archetyp entsprechen, bzw. wo sie von ihm abweichen. Gleiches gilt für das Gesamtmodell des Werbeplanungsprozesses, für welches zunächst mögliche Analogien aus dem Bereich des Projektmanagements recherchiert werden, um diese dann mit den Erkenntnissen aus
den Experteninterviews anzureichern. Mit dem abschließenden Expertenworkshop als methodischer Variante einer Gruppendiskussion495 soll das Ziel einer fallübergreifenden komparativen Analyse verfolgt werden, in der – im Sinne einer Triangulation496 – die fallstudienbasierten Einzelerkenntnisse zu Werbestrategie-Typen und idealtypischem Werbeprozessmodell in
einem Gesamtkontext gestellt und diskutiert werden.
490
MAYRING, 2005, S. 24, S. 27 f.; BOHNSACK, 2007, S. 11, LAMNEK, 2005, S. 17 ff., HOFFMANNRIEM, 1980
491
MAYRING, 2005, S. 25, S. 29 ff.; FRIEDRICHSMEIER/MAIR/BREZOWAR, 2007, S. 10
492
BOHNSACK, 2007, S. 11
493
MAYRING, 2005, S. 25
494
YIN 1994, S. 12; FRIEDRICHSMEIER/MAIR/BREZOWAR, 2007, S. 10, GERRING, 2006, S. 37 ff.
495
LAMNEK, 1995a; LOOS/SCHÄFFER, 2001; BOHNSACK, 2003
496
FLICK, 2007, S. 22
120
Nachfolgend wird nun begründet, warum die gewählten Forschungsmethoden zur Bearbeitung der Forschungsfrage zielführend sind.
5.2 Fallstudien als Forschungsmethode
5.2.1 Begründung für die Auswahl der Fallstudie als Forschungsmethode
Die zu untersuchende zentrale Fragestellung, welche Werbestrategien sich in der Praxis unterscheiden lassen, bedingt eine qualitativ-explorative Vorgehensweise aus folgenden Gründen:
•
geringer Praxisbezug und unzureichender Detaillierungs- und Spezifizierungsgrad der
vorliegenden Forschung;
•
soziale Erwünschtheit und Transparenz- bzw. Dokumentationsscheu als signifikante Störgrößen bei einer quantitativen Methodik;
•
hohe Praxisrelevanz durch eine möglichst anschauliche Darstellung des Untersuchungsgegenstandes bzw. der Untersuchungseinheiten.
Der Forschungsgegenstand ist eng verknüpft mit der Frage von Zielerreichung vs. Zielverfehlung bzw. (Werbe-)Erfolg vs. Misserfolg. Dabei handelt es sich aus Unternehmenssicht häufig
um sensible und schützenswerte Daten. Dementsprechend ist die Gefahr groß, dass bei Einsatz einer quantitativen Forschungsmethodik (z. B. auf Basis einer schriftlichen Befragung)
der Feedback-Umfang (Anzahl der Teilnehmer, Umfang der gegebenen Auskünfte) aufgrund
einer generellen Transparenz- bzw. Dokumentationsscheu gering ausfällt und zudem die Qualität der Antworten stark beeinflusst wird durch das Maß an sozialer Erwünschtheit (bestimmende Zielgrößen: Erfolg, Zielgerichtetheit und Konsistenz des Handelns).
Ein weiteres Argument für den Einsatz eines qualitativen Vorgehens ist die angestrebte hohe
Praxisrelevanz. Nur ein exploratives Verfahren bietet das Maß an Offenheit, das notwendig
ist, alle Spezifika der Untersuchungseinheiten zu erfassen und somit eine anschauliche Darstellung zu ermöglichen, die den Vergleich und Transfer in der praktischen Umsetzung erleichtert.
Auswahl der Forschungsmethodik
Bei der Auswahl einer (qualitativen) Forschungsmethode sind nach YIN497 drei Aspekte zu
berücksichtigen:
1. Die Art der Forschungsfrage,
2. die Kontrollmöglichkeiten des Forschers,
3. die Aktualität der Ereignisse.
497
YIN, 1994, S. 14
121
YIN analysiert fünf Forschungsstrategien in den Sozialwissenschaften (inklusive Fallstudien),
die nach diesen drei Kriterien verschiedene Vor- und Nachteile aufweisen und somit die Wahl
einer Methodik für das Forschungsvorhaben nahe legen.
Strategie
Forschungsfrage
Kontrollmöglichkeit
Analyse aktueller
durch den Forscher
Sachverhalte
Experiment
wie, warum
Ja
ja
Befragung
wer, was, wo, wie viel
nein
ja
Archivanalyse
wer, was, wo, wie viel
nein
ja /nein
Historie
wie, warum
nein
nein
Fallstudien
wie, warum
nein
ja
Abbildung 18: Entscheidungsmatrix für Forschungsstrategien
Quelle: In Anlehnung an YIN 1994, S. 6
Die Fallstudie ist nach YIN eine Form der empirischen Untersuchung, die ein zeitgemäßes
Phänomen in seinem normalen Umfeld untersucht, speziell wenn die Grenzen zwischen den
Phänomenen und seinem Umfeld nicht ganz klar sind.498 Durch die Fallstudie versucht der
Forscher entsprechend explorativ und beschreibend Aussagen über den Untersuchungsgegenstand zu erlangen. Insbesondere komplexe soziale Phänomene können durch Fallstudien
ganzheitlich und sinnvoll charakterisiert werden.
Auch HEIMERL weist darauf hin, dass Fallstudien als Forschungsmethodik häufig zur Generierung von Hypothesen verwandt werden.499
Laut YIN ist die Methodik der Fallstudie vorteilhaft, wenn bei der Analyse aktueller Sachverhalte, auf die der Forscher kaum Einflussmöglichkeiten hat, die Forschungsfragen „Wie“ und
„Warum“ lauten. WEBER ET AL. schränken diese Bedingungen weiter ein, indem sie postulieren, dass die Fallstudie für Warum-Fragen nur geeignet ist, wenn die Methode wie z. B.
mehrstündige Interviews eine großzahlige Erhebung ausschließt.500
In der vorliegenden Untersuchung wird der aktuelle Einsatz von Werbestrategien ohne Kontrollmöglichkeit der Sachverhalte analysiert. Die Fragestellung bezieht sich darauf, „wie“ diese Werbestrategien charakterisiert sind (im Sinne von Grundtypen) und „warum“ bestimmte
Indikatoren strategiebestimmend sind.
Für ein fallstudienbasiertes Vorgehen stehen dabei verschiedene Gestaltungsalternativen zur
Verfügung. Die vier von YIN entwickelten Grundtypen unterscheiden sich nach folgenden
Kriterien:
•
498
Anzahl der Fälle (Einzelfall-Studie vs. Mehrfall-Studie);
YIN, 1994, S. 13
HEIMERL, 2007, S. 385
500
WEBER/MAYRHOFER/NIENHÜSEr ET AL:, 1994, S. 91 ff.
499
122
•
Analyseebene (holistisch vs. eingebettet).
Kriterium Fallanzahl
Wird nur ein Fall (eine Person, ein Unternehmen) untersucht, spricht man von einem single
case design (Einzelfall-Studie). Einzelfallstudien werden z. B. in der Medizin bei seltenen
Krankheiten, bei wissenschaftlichen Phänomenen oder als kritischer Fall beim Theorietest
verwendet.501 Außerdem gehen Lehrfallstudien zu Veranschaulichung eines bestimmten unternehmerischen Problems oder einer Theorie meistens von einem Fall aus. In der Literatur
wird jedoch bezweifelt, ob sich Einzelfallstudien zur Hypothesenprüfung eignen.502 Werden
dagegen mehrere Fälle in einer Studie erhoben und analysiert, so wird dies als multiple case
design (Mehrfall-Studie) bezeichnet. Damit geht die Möglichkeit einher, dass neben der Analyse der Daten innerhalb eines Falles auch Analysen für alle Fälle übergreifend durchgeführt
werden können.
Im Gegensatz zur Einzelfallstudie findet die Mehrfallstudie als wissenschaftliche Forschungsmethode in den vergangenen Jahren immer mehr Akzeptanz. Es werden mehrere Untersuchungseinheiten bewusst ausgewählt, die innerhalb eines theoretisch abgesteckten Rahmens dann zu Verallgemeinerungen führen.503 Mehrfallstudien können laut YIN einerseits zur
Vorhersage ähnlicher Ergebnisse (literal replication) oder zur Differenzierung aufgrund vorhersagbarer Gründe (theoretical replication) dienen.
Kriterium Analyseebene
Das zweite Differenzierungskriterium der Analyseebene unterscheidet, ob innerhalb eines
Falles mehrere Analyseeinheiten (z. B. Individuen, Teams, Geschäftsbereiche) untersucht
werden. Ist dies der Fall, spricht man von einem embedded case design. Beinhalten die Fälle
dagegen genau eine Analyseeinheit, wird dies als holistic case design bezeichnet. Die Auswahl eines Grundtyps ist determiniert durch die jeweilige Forschungsfrage bzw. das Forschungsziel und die zur Verfügung stehenden Untersuchungseinheiten.
Das skizzierte Modell aufgabenorientierter Werbestrategien mit vier verschiedenen Grundtypen bedingt den Einsatz einer Mehrfallstudie. Durch die Erfassung mehrerer Fälle pro Grundtyp (2-4) soll zusätzlich ein höheres Maß an Repräsentativität erreicht werden. Die gewählte
Analyseebene ist somit holistisch, wobei im Sinne höherer Validität durch Cross-Validierung
mehrere Personen pro Fall interviewt werden. Dementsprechend wird zur Beantwortung der
Forschungsfrage ein holistisches Multi-Case-Verfahren gewählt.
501
YIN, 1994, S. 38 f.
BOOS, 1992, S. 9
503
ROYER, 2000, S. 156; YIN, 1994, S. 45 f.; GUMMESSON, 2000, S. 83 f.
502
123
Anzahl der Fälle
Analyseebenen
Einzelfall-Studie
Mehrfall-Studie
Vorliegende
Untersuchung
Holistisch
Eingebettet
Abbildung 19: Entscheidungsmatrix zu den vier Fallstudien-Kerntypen
Quelle: YIN 1994, S. 41
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Fallstudie durch Induktion und Erhebung
hauptsächlich qualitativer Daten geeignet ist, komplexe sozial-wissenschaftliche Phänomene
und Verhaltensweisen zu erforschen. Auf dieser Grundlage kann mit einer Fallstudienanalyse
die Forschungsfrage zur Unterscheidung aufgabenorientierter Werbestrategien induktiv überprüft werden. Gemäß dem skizzierten Forschungsziel wird ein hypothesengenerierendes,
holistisches Multi-Case-Verfahren eingesetzt. Ein Fall ist gemäß dem Forschungsziel eine
konkrete B-to-C-Werbekampagne für die Leistung (Produkt bzw. Dienstleistung) eines Unternehmens, die das sichtbar gemachte Ergebnis der Werbestrategie für diese jeweilige Leistung ist.
5.2.2 Gütekriterien für den Einsatz von Fallstudien
Generell ist beim Einsatz von Fallstudien eine Reihe von Gütekriterien zu beachten, die auch
bei quantitativen Verfahren Anwendung finden, damit eine analytische Generalisierbarkeit
auch bei einer geringen Anzahl von Fällen gegeben ist.504
•
Objektivität,
•
Repräsentativität,
•
Validität,
•
Reliabilität.
504
GUMMESSON, 2000, S. 84; BONOMA, 1985, S. 199
124
Die Anwenderunabhängigkeit einer Methode wird als Objektivität bezeichnet. Vollständige
Objektivität kann nur bei standardisierten quantitativen Verfahren gewährleistet sein. Bei einer qualitativen Fallstudienuntersuchung kann eine Objektivität nur zu einem gewissen Grad
vorliegen. Durch ein standardisiertes Vorgehen bei jedem Fall und eine genaue Protokollierung der Daten kann eine Überprüfung durch andere Anwender erfolgen. Die Qualität der Ergebnisse hängt jedoch bei Forschungsfallstudien davon ab, inwieweit das Verständnis für den
Fall und das Expertenwissen des Anwenders einfließen.505 Eine vollständige Objektivität
sollte bei einer qualitativen Fallstudienuntersuchung nicht angestrebt werden.
In der vorliegenden Untersuchung wird die Objektivität so weit wie möglich durch eine intersubjektive Überprüfbarkeit der Ergebnisse gewährleistet. Im Interviewleitfaden werden bei
jedem Fall inhaltlich gleiche Fragen gestellt, was in der genauen Transkription der Interviews
dokumentiert ist. Das Vorgehen bei den Fallstudien wird möglichst einheitlich gestaltet, so
dass ein Vergleich der Fallstudien möglich ist.
Die Repräsentativität oder Generalisierbarkeit von Daten wird bei qualitativen Untersuchungen oft angezweifelt.506 Diesem Kritikpunkt kann eine differenzierte Sicht der Generalisierbarkeit entgegengesetzt werden. Im Gegensatz zur statistischen Generalisierbarkeit quantitativer Verfahren wird bei der Fallstudienuntersuchung von einer analytischen Generalisierbarkeit gesprochen. Eine vorher entwickelte Theorie wird als Schablone genutzt und mit den empirischen Daten der Fallstudie verglichen. YIN spricht von einem fatalen Fehler, bei Fallstudien eine statistische Generalisierbarkeit anzustreben, da die Fälle nicht als Untersuchungseinheiten aufzufassen sind. Eine höhere Anzahl von Fällen trägt – analog quantitativer Verfahren - jedoch dazu bei, die aufgestellte Theorie oder ein Modell weiter zu bestätigen.507
Die Größe oder die Auswahl der Daten508 wird bei quantitativen Studien als repräsentativer
Beweis angeführt. Der Schluss von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit stellt jedoch kein
ausschließlich statistisches Problem dar. Bei der Interpretation von Stichprobenergebnissen
sollten auch die theoretischen Hintergründe und inhaltlichen Argumente zur Rechtfertigung
der Schlussfolgerungen herangezogen werden. Diese Argumentation verfolgen auch Studien
nach dem Bayesschen Ansatz, bei dem neben Stichprobenergebnissen das Wissen des Forschers berücksichtigt wird.509
Bei der hypothesengenerierenden Fallstudie erfolgt die Auswahl nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern theoriegeleitet. Diese analytische Generalisierung von Theorien kann durch die
Auswahl von „typischen“ Fällen erreicht werden. Als Voraussetzung dafür sollte dem For-
505
SCHOLZ/TIETJE, 2002, S. 334; BORTZ/DÖRING, 1995, S. 180 f.
GUMMESSON, 2000, S. 1 f.; MÜLLER/BÖLING, 1996, S. 81; SCHOLZ/TIETJE, 2002, S. 336 f.
507
YIN, 1994, S. 30 ff.
508
BORTZ/DÖRING, 1995, S. 369 ff.
509
BORTZ/DÖRING, 1995, S. 373 und S. 431
506
125
scher der theoretische Hintergrund vertraut sein, um die Repräsentativität der ausgewählten
Fälle zu erkennen.510
Ebenso wird in der vorliegenden Untersuchung eine analytische Generalisierbarkeit angestrebt. Die Daten aus den erhobenen Fallstudien werden mit der theoretischen Grundlage abgeglichen, wobei die ausgewählten Fälle für Werbekampagnen typisch sind. Diese theoriegeleitete Auswahl führt dann zu einer analytischen Repräsentativität der Untersuchung.
Allgemein spricht man von der Validität oder Gültigkeit eines Verfahrens, wenn es tatsächlich
misst, was es zu messen vorgibt. Bei quantitativen Untersuchungen wird vorausgesetzt, dass
für einen hohen Validitätsgrad nur geringfügige Messfehler auftreten dürfen.511 Für die qualitative Forschung stellt MAYRING die Relevanz des Gütekriteriums Validität grundsätzlich
infrage.512 Andere Autoren dagegen präferieren Validität als Gütekriterium, wenn sie weniger
durch Zahlen als durch logische Argumentation überprüft wird. In der vorliegenden Untersuchung werden die von ROYER513 sowie YIN514 vorgeschlagenen Validierungskonzepte für
Forschungsfallstudien überprüft:
•
Konstruktvalidität: Maßgeblich ist hier die korrekte Operationalisierung des zu untersuchenden Konzeptes. In der Vormodellierung der aufgabenorientierten Werbestrategien
wurden auf Basis der bisherigen Theorie zunächst drei Grundtypen unterschieden. Auf
Basis der Fallstudieanalyse sollen diese Grundtypen induktiv zu einem allgemeingültigen
Modell entwickelt werden. Zur Erhöhung der Konstruktvalidität sollten laut YIN viele
Datenquellen benutzt, eine Argumentationskette aufgebaut und der Interviewte in die
Auswertung einbezogen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Informationen richtig interpretiert werden.
•
Interne Validität: Im Zuge einer Prüfung der internen Validität wird eruiert, ob es sich in
der Untersuchung um kausale Beziehungen oder nur um Scheinbeziehungen handelt. YIN
schlägt zur Überprüfung vier verschiedene Analysearten (Pattern-Matching, Explanation
Building, Program Logic Models, Time series Analysis) vor515, von denen für den Typ der
vorliegenden Untersuchung das sogenannte explanation building als sinnvoll erachtet
wird. Dabei werden die empirischen Daten mit den theoretisch formulieren Zusammenhängen verglichen. Das explanation building zielt darauf ab, die Fallstudiendaten durch
den Aufbau von Erklärungen zu analysieren. In einem iterativen Prozess werden die anfänglichen theoretischen Erklärungen nach jedem Fall überarbeitet, um so zu den endgültigen Ergebnissen der Untersuchung zu gelangen. Dieses Vorgehen erscheint für die vorliegende Untersuchung sinnvoll, zumal auch für die Festlegung der Anzahl von Fällen ein
510
YIN, 1994, S. 10; BORTZ/DÖRING, 1995, S. 310 f.
STIER, 1996, S. 56
512
MAYRING, 2002, S. 141
513
ROYER, 2000, S. 164 ff.
514
YIN, 1994, S. 32 ff.
515
YIN, 1994, S. 106 ff.
511
126
iteratives Vorgehen gewählt wurde. Nach jeder Fallstudie wird somit die theoretische
Grundlage überprüft, um entsprechend dem Explanation-Building die interne Validität zu
vergrößern. Insbesondere sollen in der vorliegenden Untersuchung durch Vergleich der
Fallstudien sowie Analyse der Gründe für bestimmte Aussagen oder Vorgehensweisen der
Unternehmen valide Ergebnisse ermittelt werden.
•
Externe Validität: Der Begriff der externen Validität beschreibt, inwieweit eine Repräsentativität oder Generalisierbarkeit der Daten vorliegt. Bei Fallstudienuntersuchungen wird
eine analytische Verallgemeinerung angestrebt, bei der für jeden Fall die Hypothesen geprüft werden. Das Problem der Verallgemeinerung einer Theorie auf Basis von Fallstudien kann durch eine Replikation der Daten entschärft werden. Bei der Replikation wird
die Untersuchung in Teilen kopiert. Bei gleichen Ergebnissen wird eine externe Validität
angenommen.516 Die Replikation ist nur erforderlich, wenn die Untersuchung zu unerwarteten Ergebnissen führt.517 Bei der vorliegenden Untersuchung wurden entsprechend dem
Vorschlag von BORTZ und DÖRING typische Fälle ausgewählt. Typische Auswahl bedeutet, dass die Fälle theoriegeleitet und gezielt vom Forscher ausgewählt werden und so
eine „exemplarische Verallgemeinerung“ gewährleistet wird. BORTZ und DÖRING sprechen vom Prinzip der Offenheit in der qualitativen Forschung, bei dem während der Untersuchung ähnliche Fälle hinzugezogen oder kontrastierende Fälle ausgeschlossen werden können.518
Unter Reliabilität oder Zuverlässigkeit einer Untersuchung versteht man den Grad der Genauigkeit der Messung. Die Wiederholung einer Untersuchung sollte dabei zu den gleichen Ergebnissen führen. Bei Fallstudien kann dieser Forderung nur entsprochen werden, indem der
Forscher eine Datenbasis schafft und die Daten genau dokumentiert. So können die Untersuchungen jederzeit von Dritten nachvollzogen werden. Der Forscher sollte laut YIN so vorgehen, „as if someone were always looking over your shoulder“519 Dies entspricht den allgemeinen Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung, auf die in dieser Untersuchung geachtet
wird. Ein Vergleich der Fälle trägt außerdem zur Erhöhung sowohl der Reliabilität als auch
der Validität einer Untersuchung bei.520 Ein Vergleich sowie die Dokumentation der Fälle
sind für die vorliegende Untersuchung ebenfalls vorgesehen.
Zusammenfassend wird die Erfüllung der Gütekriterien für das vorliegende Forschungsdesign
durch verschiedene Vorgehensweisen sichergestellt. Die Repräsentativität und Validität der
Daten kann durch iteratives Vorgehen, die Auswahl typischer Fälle, den Austausch mit Experten und Interviewten und die Dokumentation der Ergebnisse gewährleistet werden. Dies
kann jedoch nur basierend auf einer umfassenden theoretischen Grundlage erfolgen. Außer516
YIN, 1994, S. 36
BORTZ/DÖRING, 1995, S. 37
518
BORTZ/DÖRING, 1995, S. 310
519
YIN, 1994, S. 37
520
LAMNEK, 1995b, S. 114 f.; Royer, 2000, S. 169
517
127
dem sind genaue Kenntnisse der Branche für eine branchenfokussierte Fallstudienuntersuchung unabdingbar. Dieses Wissen konnte der Autor durch seinen beruflichen Hintergrund
sowie intensive Gespräche mit Experten verbunden mit ergänzenden Recherchen einbringen.
Der hohe Informationsgehalt von Fallstudien und die Zulässigkeit der Induktionsschlüsse
hängen somit vom Design der Fallstudienuntersuchung ab.521
5.3 Datenquellen der Fallstudienanalyse
Generell gelten nach YIN drei Prinzipien der Datengewinnung, denen bei der Anwendung
von Fallstudien als Forschungsinstrument entsprochen werden sollte:
1. Multimethodisches Vorgehen: Der kombinierte Einsatz mehrerer Verfahren und Datenquellen – oft bezeichnet als „Triangulation“522 – wird empfohlen, um die Validität der
Forschungsergebnisse zu steigern.523 Dieses Vorgehen führt nur zu weitergehenden Erkenntnissen, wenn die Methoden dem theoretisch fundierten Untersuchungsgegenstand
entsprechen und intersubjektiv nachprüfbar sind.524
2. Erstellen einer Datenbasis: Um für jede Fallstudie eine Datenbasis zu erstellen, werden
Sekundärmaterialien, Beobachtungen, Interviews und Notizen teilweise in tabellarischer
Form und mit vorläufigen Ergebnissen dokumentiert.
3. Logische Beweiskette: Die Daten müssen von der Fragestellung bis zu den Ergebnissen in
einer logischen Abfolge nachzuvollziehen sein. Dieses Prinzip dient auch der Steigerung
der Reliabilität.
Im Sinne der Triangulation wird für diese Untersuchung die Verwendung mehrerer Datenquellen angestrebt.
Zu den klassischen Erhebungsverfahren bzw. Datenquellen von Fallstudien gehören:525
•
Dokumentenanalyse,
•
Beobachtung,
•
Gruppendiskussion und
•
Interview.
Die Auswahl der jeweiligen Verfahren ist wiederum bedingt durch das Forschungsziel. Da es
in dieser Untersuchung um die Analyse von Planungs- und Managemententscheidungen und
-prozessen zu Werbestrategien geht, erscheint das Interview mit den jeweils Verantwortlichen
521
MÜLLER-BÖLING/KLANDT, 1996, S. 96
LAMNEK, 1995a, S. 248 f.; LAMNEK, 1995b, S. 402; YIN, 1994, S. 91 f.; VILLAR/MARCELO, 1992, S.
182; ROYER, 2000, S. 158
523
VILLAR/MARCELO, 1992, S. 182
524
LAMNEK, 1995a; S. 256
525
MAYRING, 2002, S. 41
522
128
sowie die Gruppendiskussion als ergiebigste Methoden bzw. Datenquellen. Die Dokumentenanalyse hat dazu flankierenden bzw. vorbereitenden Charakter.
5.3.1
Dokumentenanalyse
Eine Datenquelle für das Forschungsziel sind öffentliche bzw. interne Dokumente. Dazu gehören vor allem:
•
Interne Konzepte und Präsentationen zur jeweiligen Kampagne;
•
Auswertungsergebnisse der internen bzw. externen Marktforschung;
•
Pressemitteilungen und Presseveröffentlichungen aus der Fach- und Allgemeinpresse zur
jeweiligen Kampagne und der Marketingstrategie des Unternehmens generell;
•
öffentliche Kampagnendokumentationen (für
Wettbewerbe wie ADC und Cannes Lions).
den
Effie und
andere
Branchen-
Diese dokumentenbasierten Sekundärdaten wurden im Sinne der Triangulation mit dem Ziel
der Datenvielfalt in der Untersuchung verwandt. Dies geschah in zweierlei Weise:
•
Basierend auf Vorrecherchen als zusätzliches Stimulus- und Diskussionsmaterial (AdHoc-Fragen) für die Interviews;
•
innerhalb oder nach den Interviews als belegendes bzw. erklärendes Material der Interviewpartner (z. B. Marktforschungsdaten, die den proklamierten Erfolg einer Kampagne
belegen).
Zusätzlich wurden die mittels der Dokumentenanalyse erhobenen Daten (insbesondere die
Kampagnenporträts für den Effie) dazu genutzt, zu den ausführlich untersuchten 16 Kampagnen-Fallstudien als exemplarische Beispiele bestimmter Archetypen weitere Kampagnen mit
Beispielcharakter zu identifizieren.
5.3.2
Fokussiertes, leitfadenbasiertes Interview
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher qualitativer Interviewtechniken526, die
nach MAYRING eine generelle Offenheit in den Frageformulierungen und auch in den Antwortmöglichkeiten (Freiheitsgrad des Befragten) sowie die qualitative Auswertung der gewonnenen Informationen gemeinsam haben. Zentrales Unterscheidungskriterium ist nach
MAYRING der Strukturierungs- bzw. Standardisierungsgrad.527 Er reicht vom problemzent-
526
527
LAMNEK, 1989, S. 77; LAMNEK, 1995b, S. 91
MAYRING, 2002, S. 67
129
rierten Interview528 als stärker strukturierter Interviewform bis zum narrativen Interview als
einer schwach strukturierten Variante.529
Angesichts des vorliegenden Modells und der Entscheidung für den Einsatz hypothesengenerierender Fallstudien erscheint der Einsatz fokussierter, teilstandardisierter Interviews als
eine Variante des problemzentrierten Interviews sinnvoll.530 Beim ursprünglich von MERTON und KENDALL531 entwickelten fokussierten Interview geht es um die Generierung oder
Überprüfung von Hypothesen anhand eines vorformulierten Leitfadens, der zur Reduzierung
der Prädetermination des Forschers sowie zur Erweiterung des zugrundeliegenden Modells
auch verlassen werden kann.532 Damit fokussiert diese Interviewform auf eine konkrete Fragestellung, lässt dem Interviewpartner jedoch durch eine entsprechend offene Fragestellung
größtmöglichen Spielraum bei der Beantwortung der einzelnen Fragen.
Nach MAYRING ist die Offenheit zugleich mit dem Aufbau einer Vertrauensbeziehung zwischen Interviewer und Befragten verbunden, die bei idealer Ausgestaltung dem Interviewer
die Chance bietet, zu ehrlicheren, reflektierteren und genaueren Antworten zu kommen, als es
bei Anwendung eines standardisierten Fragebogens der Fall wäre.533 Dieser Aspekt hat beim
vorliegenden Forschungsgegenstand eine besondere Relevanz, weil „Erfolg“ für den Befragten eine subjektive Größe ist (siehe Kapitel 4.2) und deshalb nur die Kampagnenverantwortlichen profunde Auskunft darüber geben können, mit welchen Zielen sie gestartet sind und wie
sie den Erfolg ihrer Arbeit rückwirkend bewerten. Somit bietet ein leitfadenbasiertes, entweder persönlich oder telefonisch durchgeführtes Interview die Chance, mögliche Widersprüche,
Ungereimtheiten oder Lücken in den Aussagen ad hoc zu hinterfragen, um so zu einer umfassenden und differenzierten Fallbeschreibung zu gelangen.
Durch die Befragung mehrerer Experten pro Kampagnenfall ist eine fallinterne komparative
Analyse im Sinne einer Triangulation gewährleistet.
Für die Strukturierung und Durchführung der Interviews unterscheidet MAYRING drei Phasen bzw. Elemente:534
•
Sondierungsfragen sind in der Regel allgemein gehaltene Einstiegsfragen in ein Thema.
Dabei soll eruiert werden, welche Bedeutung das Thema für den Befragten hat und welche
generelle Perspektive er zu diesem Thema einnimmt;
•
Die Leitfadenfragen zielen auf die Überprüfung der zentralen Fragestellungen und sind
dementsprechend durch Formulierungsvorschläge und -alternativen dokumentiert;
528
WITZEL, 1982; WITZEL, 1985
MAYRING, 2002, S. 67
530
Ebd., S. 70
531
MERTON/KENDALL, 1979
532
LAMNEK, 1995b, S. 91
533
MAYRING, 2002, S. 69
534
Ebd., S. 70
529
130
•
Ad-Hoc-Fragen ergeben sich spontan im Interviewverlauf, wenn sich neue Aspekte ergeben, die nicht Teil des Leitfadens sind, aber für die Forschungsfrage oder den Erhalt des
Gesprächsverlaufes bedeutsam.
Durchführung der Interviews
Durch die teilweise Standardisierung der Interviews auf Basis eines Leitfadens ist eine größere Vergleichbarkeit innerhalb der vorgesehenen Multi-Case-Untersuchung gegeben. Die generierten Daten beziehen sich häufig auf identische Fragen, dementsprechend können Übereinstimmungen besser generalisiert werden.535 Basierend auf dem Forschungsziel und den zentralen Fragestellungen wurde ein Kernleitfaden entwickelt und im Hinblick auf die Zugehörigkeit des Befragten zu einer der jeweiligen Auswahlgruppen modifiziert. Die entsprechenden
Varianten A (Werbetreibende im Unternehmen), B (Dienstleister) und C (externe Experten)
befinden sich in der Anlage zu dieser Arbeit.
In einem Pretest wurde der Leitfaden in zwei Interviews getestet und geringfügig modifiziert.
Die endgültige Fassung des Leitfadens in drei Varianten ist in der Anlage zu dieser Arbeit dokumentiert.
Im einleitenden Teil des Interviews wurden zunächst Thema und Ziel der Untersuchung erläutert. Als Einstiegfragen dienten Fragen zum Unternehmen allgemein sowie zur Person des Befragten (aktuelle Position, beruflicher Hintergrund).
Für die Beantwortung der Leitfadenfragen im Hauptteil wurde von einer konkreten Werbekampagne ausgegangen, für deren Planung und Umsetzung der Interviewpartner maßgeblich
verantwortlich war bzw. zu deren Beurteilung er als Wettbewerber oder sonstiger Branchenexperte (siehe Auswahl der Fälle) über ausreichende Expertise verfügte. Dieser Kampagnenfokus wurde bereits bei der Auswahl der der Interviewpartner sowie bei ihrer Ansprache berücksichtigt, um den Befragten die Möglichkeit zu geben, entsprechende Informationen und
Daten bei ihren individuellen Antworten berücksichtigen zu können. Das entsprechende Kontaktschreiben ist ebenfalls in der Anlage dokumentiert.
Zunächst wurde den Befragten das entwickelte Modell der aufgabenorientierten Werbestrategien vorgestellt, und der Befragte um die Zuordnung der gewählten Kampagne gebeten. Ausgehend von dieser Klassifizierung wurden die als prägend identifizierten Indikatoren (Mediamix, Werbestil etc.) abgefragt. Dem Interviewpartner wurde dabei die Freiheit gelassen, weitere aus seiner Sicht für die jeweilige Werbestrategie charakteristische Indikatoren zu nennen
und in ihrer spezifischen Ausprägung zu beschreiben. Gleichzeitig wurden die Befragten mit
Meinungen anderer (Wettbewerber, Fachpresse) zur Strategie und Umsetzung der jeweiligen
Kampagne konfrontiert, um möglichst reflektierte, offene und ehrliche Antworten zu gewährleisten. Als zusätzliches Instrument zur Vermeidung erfolgskonformer Aussagen, wurden in
535
Ebd., S. 70
131
den Fragebogen Kontrollfragen integriert, die dazu dienen sollten, Widersprüche aufzudecken
und somit zu differenzierten und auch selbstkritischen Aussagen zu gelangen.
Abschliessend zu diesem Fragekomplex wurden die Interviewpartner gefragt, ob die diskutierte Kampagne im Hinblick auf den Strategie-Archetyp, den sie repräsentiert, typisch sei
und wie plausibel ihnen – vor dem Hintergrund ihrer allgemeinen Kampagnen-Erfahrung –
das Gesamtmodell aufgabenorientierter Werbestrategien erscheine.
Auf diesen spezifischen Frageteil folgten zum Abschluss Fragen zur Beschreibung und Bewertung des generellen Ablaufs von Werbeplanungsprozessen im Arbeitsbereich des Befragten. Diese sehr offen gehaltenen Fragen dienen dazu, Hinweise auf die Rahmenbedingungen
und Erfolgsfaktoren im Werbeplanungsprozess und bei der Entwicklung intra- und interkonsistenter Werbestrategien zu erhalten. Mit der Platzierung dieser Fragen am Ende des Interviews war die Absicht verbunden, eine bis dahin hergestellte offene und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre für eine möglichst selbstkritische Reflexion der eigenen Arbeitsweise
bzw. -umstände zu nutzen und gleichzeitig entsprechende Aussagen im Bezug auf das vorher
besprochene Kampagnenbeispiel zu diskutieren.
Zusammenfassend wurden folgende, für den Verlauf eines qualitativen Interviews typischen,
Arbeitsschritte durchgeführt:536
1. Inhaltliche Vorbereitung: Innerhalb der Fallstudien wurden zum Thema der Werbestrategien in bzw. zu den ausgewählten Unternehmen teil-standardisierte Interviews mit Experten durchgeführt.
2. Organisatorische Vorbereitung: Zur Kontaktaufnahme wurden die Kontaktdaten per Internet bzw. telefonisch recherchiert und die Termine für die Interviews festgelegt. Das Interviewmaterial (Aufnahmegerät, Interviewleitfaden, Unternehmens- und Kampagnen- und
Personeninformationen) wurde für jeden Interviewpartner zusammengestellt.
3. Gesprächsbeginn: Durch persönliche Vorstellung und Erläuterung der Untersuchung sowie der Fallstudienmethodik wurde das Interview eingeleitet und nach einer Erlaubnis
zum Mitschnitt des Interviews gefragt. Bedenken zur Vertraulichkeit bzw. zum Datenschutz wurden durch die Vereinbarung der Kontrolle des Interviewtextes durch den Befragten vor der Veröffentlichung eliminiert. Grundsätzlich wurde für das Interview eine
Mindestdauer von 60 Minuten angesetzt. Die tatsächliche Dauer der Interviews schwankte
zwischen 60 und 130 Minuten.
4. Durchführung und Aufzeichnung der Interviews: Der Gesprächsverlauf war durch den
Leitfaden vorgegeben. Die Einstiegsfragen zum Unternehmen sowie zum Person des Gesprächspartners wurden in Frageform gestellt, ebenso die Fragen zur langfristigen Orien536
BORTZ/DÖRING, 1995, S. 283 ff.
132
tierung und ökonomischen Situation. Zur ökologischen und sozialen Orientierung des Unternehmens wurden nur Stichworte genannt, zu denen der Gesprächspartner seine Gedanken äußern konnte. Bei zu knappen Antworten wurde mit Fragen oder Beispielen nachgehakt.
5. Gesprächsende: Nach Abschalten des Aufnahmegeräts konnten informell weitere Informationen zu der jeweils untersuchten Kampagne bzw. dem Unternehmen notiert werden.
6. Verabschiedung: Nach einem kurzen Ausdruck des Danks für die Teilnahme am Interview
wurde gefragt, welche weiteren Personen potentiell zur Kampagne Expertenwissen haben
könnten und deshalb als weitere Interviewpartner angesprochen werden sollten. Eine Mitteilung der Ergebnisse des Interviews zur Kontrolle wurde dem Gesprächspartner avisiert.
Zur Dokumentation wurde im Anschluss an das Interview ein Transkript erstellt. Das
Transkript wurde dem jeweiligen Gesprächspartner mit der Bitte zugesandt, Änderungswünsche mitzuteilen.
Durch die Verknüpfung mit den Erkenntnissen aus der Dokumentenanalyse sowie der Befragung mehrerer Experten pro Kampagnenfall ist fallintern ein hohes Maß an Validität gewährleistet. Offen bleibt damit jedoch die Notwendigkeit des fallübergreifenden Vergleichs sowie
der notwendigen Gewichtung. Aus diesem Grund wurde als weitere Datenquelle das Verfahren eines Experten-Workshops eingesetzt.
5.3.3
Expertenworkshops
Die Expertenworkshops dienten – als eine Variante der Gruppendiskussion – dazu, die in den
einzelnen Fallstudien auf Basis von Dokumentenanalyse und Experteninterviews gewonnenen
Erkenntnisse mit dem Ziel einer Triangulation537 aus einer fallübergreifenden Perspektive zu
analysieren und zu bewerten.
Nachdem das Modell der aufgabenorientierten Werbestrategien bereits innerhalb der Experteninterviews im Hinblick auf die Einordnung der jeweilige Kampagne und grundsätzlich
thematisiert wurde, dienten die Expertenworkshops dazu, aus einer übergreifenden Perspektive die bereits generierten Erkenntnisse zu kreuzvalidieren.
Darüber hinaus wurden die Expertenworkshops dafür genutzt, in Verbindung mit den benötigten Kompetenzen zur erfolgreichen Werbestrategieplanung das entwickelte idealtypische
Werbeplanungsmodell (siehe Kapitel 7.3) zu prüfen.
Methodisch ist die Datenquelle Expertenworkshop als Variante des qualitativen Verfahrens
Gruppendiskussion538 zu verstehen. Nach MORGAN werden Gruppendiskussionen als eine
537
538
SCHNELL/HILL/ESSER, 1995, S. 27
LAMNEK, 1998; LOOS/SCHÄFFER, 2001, 2003; BOHNSACK, 2000, 2003, 2003a
133
Erhebungsmethode bezeichnet, „die Daten durch die Interaktionen der Gruppenmitglieder
gewinnt, wobei die Thematik durch das Interesse des Forschers bestimmt wird.“539
Als Forschungsmethodik weist die Gruppendiskussion folgende Charakteristika und Vorteile
auf:540
•
Offenheit: Da die Teilnehmer durch die multilaterale Interaktion (im Gegensatz zur bilateralen im Leitfaden-Interview) den Verlauf und die Hierarchie des Themen-Diskurses in
großem Maße mitbestimmen können.
•
Kommunikativität: Die im Idealfall als alltagsnah empfundene Gesprächssituation gewährleistet in der Regel eine hohe Auskunfts- und Gesprächsbereitschaft der Teilnehmer.
•
Reflexivität: Im Gruppenkontext und unter dem Einfluss eines Moderators erfolgt in der
Regel eine umfangreiche und vielschichtige Reflexion des Forschungsthemas.
In der Forschungspraxis steht bei der Gruppendiskussion die „Bedeutung von Interaktions-,
Diskurs- und Gruppenprozessen für die Konstitution von Meinungen, Orientierungs- und Bedeutungsmustern“541 im Zentrum des Forschungsinteresses. Gruppendiskussionen werden
deshalb in der Sozialforschung häufig dann eingesetzt, wenn es darum geht, Meinungen und
Einstellungen, die stark an soziale Zusammenhänge und situative Zusammenhänge (Prozesscharakter) gebunden sind (z. B. Vorurteile), in der sozialen Situation einer Gruppe zu erheben.542
Mit der vorliegenden Fragestellung zur Unterscheidung von Werbestrategien steht der Aspekt
des erst im sozialen Kontext ermittelbaren Meinungsbildes bzw. Einstellungsmusters weniger
im Fokus. Allerdings ergibt sich mit dem Instrument des Expertenworkshops für jeden Teilnehmer die Anforderung, im Diskurs mit den übrigen Experten mit einem höheren Maß an
kritischer Distanz die eigene Arbeit zu reflektieren als dies möglicherweise im Einzelinterview der Fall ist. Außerdem bietet die Konfrontation von Experten unterschiedlicher Disziplinen und Verantwortlichkeiten im Werbeplanungsprozess die Chance, die im Einzelinterview
bereits abgefragten Einschätzungen im Meinungsabgleich zu vertiefen und ggf. zu differenzieren. Dahinter steht die Überlegung von MANGOLD543, wonach der situationsbedingten
Gruppenkontrolle eine konstitutive Bedeutung für das individuelle Verhalten und für individuelle Meinungen und Einstellungen zukommt.
Analog zu den Empfehlungen von MAYRING544 und FRIDRICHS545 wurden die beiden Expertenworkshops wie folgt umgesetzt:
539
LAMNEK, 1998, S. 27
BOHNSACK; 1999, S. 26 ff., S. 75 ff.; LAMNEK, 1998, S. 39 ff.
541
BOHNSACK; 1999, S. 123
542
MAYRING, 2002, S. 76 f.
543
MANGOLD, 1960, S. 67
544
MAYRING, 2002, S. 76
545
FRIEDRICHS, 1980, S. 248 f.
540
134
1. Organisatorische Vorbereitung: Zur Kontaktaufnahme wurden die Kontaktdaten per Internet bzw. telefonisch recherchiert und ein gemeinsamer Termin vereinbart.
2. Inhaltliche Vorbereitung: Allen Workshop-Teilnehmern wurde eine Kurzbeschreibung des
Modells der aufgabenorientierten Werbestrategien sowie jeweils eine exemplarische Fallstudiendokumentation pro Archetyp im Vorfeld des Termins zur Verfügung gestellt.
3. Workshop-Verlauf: Den Teilnehmern wurde zunächst die Zielsetzung des Workshops erläutert. Danach wurden die bereits zur Verfügung gestellten Fallstudien in Kurzform vorgestellt. Auf Grundlage dieser Fallstudien wurden folgende Leitfragen (am Flipchart
sichtbar dokumentiert) analog zur Forschungsfrage diskutiert:
•
Geben die vier Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien die Werbepraxis
adäquat wieder? Wo besteht Ergänzungs- bzw. Korrekturbedarf?
•
Welche Merkmale sind für sie charakteristisch? Welche nicht?
Welche Kompetenzen bilden die Voraussetzung für einen erfolgreichen Werbestrategie-Prozess?
4. Im Anschluss an die Diskussion der Archetypen wurde das Modell eines idealtypischen
Werbeplanungsprozesses präsentiert und im Hinblick auf seine Vollständigkeit und ausreichende Präzision diskutiert.
5. Die Workshop-Dauer umfasste 130 bzw. 180 Minuten.
•
5.4 Auswahl der Fälle
Auf Basis der grundsätzlichen Entscheidung für ein Multi-Case-Verfahren sind folgende drei
Punkte zu definieren:
1. Anzahl der Fälle insgesamt;
2. Grundgesamtheit;
3. Auswahlverfahren.
Anzahl der Fälle insgesamt
Nach YIN liegt die Zahl der Fälle bei einem Minimum von zwei bis drei Fällen für die Vorhersage ähnlicher Ergebnisse und einer Fallzahl von sechs bis zehn bei einer Differenzierung.546 Bei mehr als zehn Fällen wäre das Datenvolumen zu groß und damit schwer zu bearbeiten. Bei weniger als vier Fällen besteht laut EISENHARDT die Gefahr, dass die empirische Grundlage zur Theoriebildung nicht überzeugt.547 Die Anzahl der Fälle kann auch im
Laufe der Untersuchung bestimmt werden. Vertreter dieser Auffassung sprechen davon, dass
der Forschungsprozess abgeschlossen werden sollte, wenn der Grenznutzen eines zusätzlichen
546
547
YIN, 1994, S. 46
EISENHARDT, 1989, S. 545
135
Falles als niedrig betrachtet und eine theoretische Sättigung erreicht wird.548 Dieses iterative
Vorgehen wird ebenfalls für die vorliegende Untersuchung als sinnvoll erachtet.
Grundgesamtheit
Gemäß diesen theoretischen Überlegungen wurde ein breites Spektrum an Kampagnen-Fällen
angestrebt, wobei die Vielfalt in der Unterschiedlichkeit der beworbenen Produkte und Leistungen, der jeweiligen Branchenzugehörigkeit sowie der Art Kampagnen begründet liegt.
Grundprinzip für die Kampagnenauswahl war ein „best practice approach“ im Sinne eines
Benchmarking549. Grundüberlegung dabei war es, Kampagnen zu untersuchen, deren kommunikativer und absatzbezogener Erfolg bereits belegt ist, um zu überprüfen, ob sich aus der
Detailanalyse dieser Erfolgskampagnen ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien ableiten lässt. Aus diesem best practice approach ergeben sich mehrere Vorteile:
• Maximale Praxisrelevanz und Transferpotential (Wie mache ich es richtig?);
• Zugänglichkeit der Daten (Dokumentationsgrad, Auskunftsbereitschaft).
An die praktische Umsetzung dieses Ansatzes waren folgende Anforderungen geknüpft:
• Plausibles und valides Auswahlprinzip;
• Generierung einer ausreichend hohen Fallzahl insgesamt bzw. pro Archetyp (mindestens
zwei) auf Basis einer entsprechenden Grundgesamtheit;
• Generierung eines möglichst breiten Kampagnenspektrums im Hinblick auf Branchenzugehörigkeit und Produktcharakter (low vs. high involvement);
• Berücksichtigung der Unternehmen mit den höchsten Werbeausgaben, für welche Mediawerbung einen hohen Stellenwert hat und welche mit entsprechenden Ressourcen, Kompetenzen und Know-how agieren.
Gemäß diesem Anforderungsprofil erschien die absolute Höhe des jährlichen Werbebudgets
als ein plausibler Indikator und somit sinnvolles Selektionskriterium. Empirische Basis für die
Untersuchung auf Fallstudienbasis waren dementsprechend B-to-C-Kampagnen der 50 nach
Werbevolumen in Euro größten werbetreibenden Unternehmen Deutschlands.550 Dabei wurden nur herstellende Unternehmen berücksichtigt und keine reinen Handelsunternehmen (z.
B. Aldi, Lidl, Media-Markt), da diese in ihrer Werbekommunikation in der Regel nicht eine
einzelne Leistung bzw. ein Produkt kommunizieren, sondern eine größere Angebotsauswahl.
Die entsprechende Grundgesamtheit ist in der Anlage zur Arbeit dokumentiert. Grundannah548
GUMMESSON, 2000, S. 96; EISENHARDT, 1989, S. 545; KENYON-ROUVINEZ, 2001, S. 179, LAMNEK, 1995, S. 195
549
PETERS/WATERMAN, 1982; CAMP, 1989; KAJÜTER, 2000; LEIBFRIED/McNAIR, 1992; PIESKE,
1994; BUCHHOLZ/WÖRDEMANN, W, 1998, S. 33
550
ZAW, 2007, S. 136 f.: Die top-werbenden Unternehmen investieren ihr Budget zu großen Teilen in B-to-CWerbung.
136
me bei dieser Auswahl war, dass diese Unternehmen das höchste Maß an Kompetenz und Erfahrung in der Planung und Umsetzung von Werbestrategien besitzen. Somit sind diese Unternehmen am besten dafür geeignet, um an ihnen die Richtigkeit und Relevanz des Modells
aufgabenorientierter Werbestrategien zu überprüfen. Im Hinblick auf die Verteilung von Produktkategorien (Industrie-, Konsumgüter, Dienstleistungen) und Branchen ergibt sich mit dieser Auswahl eine große Vielfalt.
Auswahlverfahren
Die Auswahl wurde auf den deutschen Werbemarkt beschränkt, weil dieser wiederum mit einem Gesamtvolumen von 30 Milliarden Euro weltweit der fünftgrößte und in Europa der
größte ist.551 Zudem werden in Deutschland viele Kampagnen entwickelt, die als LeitKampagnen von anderen europäischen Märkten adaptiert werden bzw. es werden umgekehrt
Kampagnen (insbesondere aus den USA) adaptiert. Der Forschungsschwerpunkt auf den deutschen Werbemarkt gewährleistet somit ein hohes Maß an Relevanz und Varianz.
Per Telefon- und Internet-Recherche bzw. Mail-Anfrage wurden die relevanten verantwortlichen Akteure (Marketing-, Werbe-, Media- und Produktmanager in den Unternehmen) für die
jeweiligen Produkte, Leistungen bzw. Marken recherchiert. In der Ansprache der jeweiligen
Personen wurde die Bitte um ein Experteninterview bezogen auf eine exemplarische Werbekampagne der letzten drei Jahre (Kampagnenstart zwischen dem 1. Halbjahr 2004 und dem 2.
Halbjahr 2007), die aus Sicht des Verantwortlichen einen deutlichen Best practice-Charakter
im Hinblick auf einen belegten Kampagnenerfolg aufweist. Gemäß dieser Anforderung waren
die Mehrheit (elf) der insgesamt 16 untersuchten Kampagnen gleichzeitig Kampagnen, die für
den jährlichen Marketing-Kommunikationspreis Effie nominiert bzw. mit ihm ausgezeichnet
worden waren.
Trotz des Best Practice-Charakters der untersuchten Kampagnen bestand das explizite Ziel
der Untersuchung darin, unter Berücksichtigung möglichst vieler unterschiedlicher Datenquellen (Interviewpartner, Dokumente) zu einer möglichst umfassenden und differenzierten
Beschreibung jeden Kampagnenfalls zu kommen. Das schließt die Beschreibung von Kampagnen-Besonderheiten und ggf. Defiziten ausdrücklich mit ein. Durch eine Beschränkung
auf die Befragung der unmittelbar Kampagnenverantwortlichen wäre dieses Ziel im Hinblick
auf den Effekt sozialer Erwünschtheit und auch den Effekt persönlichen Prestiges nicht zu erreichen gewesen.
Deshalb wurde mit dem Ziel einer höheren Validität sowie Reliabilität der Kreis der Befragten auf folgende Gruppen ausgedehnt:
• Verantwortliche aus Agenturen und anderen Dienstleistern, die die Kampagnen konkurrierender Unternehmen betreuen;
551
ZAW, 2007, S. 9, S. 22 ff.
137
• Werbeverantwortliche aus konkurrierenden Unternehmen bzw. von konkurrierenden Produkten/Leistungen;
• Fachjournalisten (Horizont, W&V, Absatzwirtschaft) und
• Experten aus Verbänden (ZAW, GWA).
Diese Personen wurden einerseits im Vorfeld der Interviews mit den Kampagnenverantwortlichen in den Unternehmen interviewt, um so zusätzlich Stimulusmaterial zu generieren und
andererseits anschließend, um von den Interviewpartner getätigte Aussagen (insbesondere im
Hinblick auf den Kampagnen-Erfolg) ggf. relativieren zu können.
Somit bildeten für jede Kampagnen-Fallstudie mehrere Experteninterviews (mindestens zwei)
die Datengrundlage mit dem Ziel zu einer umfassenden und differenzierten Beschreibung und
Bewertung des Kampagnenbeispiels zu kommen.
Insgesamt wurden zu 16 Werbekampagnen mit 37 Experten leitfadenbasierte Interviews
face-to-face bzw. telefonisch im Zeitraum April bis Dezember 2007 durchgeführt, wobei einige Experten zu mehreren Kampagnen befragt wurden (siehe Übersicht in der Anlage). Somit
wurden im Sinne der Datenvielfalt zu jeder Kampagne mindestens zwei Experten befragt, in
der Regel jedoch drei bzw. vier.
Diese 16 Kampagnen wurden im Zeitraum 2004 bis 2007 von insgesamt 13 der 50 werbestärksten Unternehmen in Deutschland durchgeführt. Dabei wurden drei Kampagnen des
Konsumgüterherstellers Unilever (Top 3 der Werbetreibenden in Deutschland) sowie zwei
des Automobilherstellers Volkswagen (Top 11 der Werbetreiben in Deutschland) untersucht.
Bei der Auswahl der Teilnehmer für den Expertenworkshop wurde ein möglichst heterogener
Disziplinen-Mix (werbetreibende Unternehmen, Agenturen, Marktforschung) angestrebt.
Gleichzeitig wurde bei der Auswahl der Teilnehmer darauf geachtet, eine Konkurrenzsituation zu vermeiden, um somit die Voraussetzung für einen offenen und konstruktiven Erfahrungsaustausch zu schaffen. Wichtige Voraussetzung für die Teilnahme an dieser Überblicksdiskussion war ein möglichst breiter Erfahrungshintergrund im Bereich Werbekommunikation. Da die Teilnehmer z. T. bereits als Kampagnenverantwortliche interviewt worden waren,
waren sie mit dem Forschungsthema vertraut, was eine fokussierte Diskussion des Modells erleichterte.
Insgesamt wurden zwei Workshops mit jeweils vier bzw. fünf Teilnehmern im Dezember
2007 durchgeführt. Eine Übersicht der Workshopteilnehmer befindet sich in Anlage zu dieser
Arbeit.
138
5.5 Auswertung der Fallstudien-Daten
Nach MILES und HUBERMAN552 lässt sich die Datenanalyse in drei Schritte gliedern:
1. die Datenreduktion;
2. die Darstellung der Daten;
3. das Ziehen begründeter Schlussfolgerungen.
Die Auswahl eines Analyseverfahrens in der qualitativen Sozialforschung hängt vom untersuchten Gegenstand und vom Datenmaterial ab. Zudem gibt es kaum standardisierte Vorgehensweisen bei einer qualitativen Datenanalyse. TESCH553 vertritt sogar die Ansicht, dass jeder seine eigene Analyseform erfinden muss. Diese Ansicht ist kritisch zu betrachten, da auch
Methoden der qualitativen Sozialforschung nach bestimmten Regeln ablaufen sollten. Innerhalb dieser Regeln gibt es jedoch keinen richtigen oder falschen Weg, sondern immer auf das
Datenmaterial bezogene sinnvolle Vorgehensweisen. Nicht die strikte Anwendung von Verfahren, sondern Kreativität bezogen auf die Ausgestaltung des Verfahrens in einer dem Untersuchungsgegenstand adäquaten Weise ist bei qualitativer Forschung gefordert. Die Auswertungsverfahren reichen von quasi-statistischen über inhaltsanalytische Techniken bis hin zu
strukturierenden Interpretationen.554
Für die vorliegende Untersuchung wurde zur Datenanalyse die Variante der qualitativen Inhaltsanalyse555 aus folgenden Gründen gewählt:
•
Kontextsensitivität: Die qualitative Inhaltsanalyse bietet die Möglichkeit im Sinne einer
Explikation den engeren beziehungsweise weiteren Textkontext in der Analyse zu berücksichtigen.556
•
Markante Beispiele: Im Sinne eines induktiven, hypothesengenerierenden Vorgehens steht
bei der qualitativen Inhaltsanalyse nicht die zahlenmäßige Erfassung der Aussagen, sondern die Dokumentation markanter Beispiele und Aussagen im Fokus.557
Die Umsetzung der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgt im Sinne von MAYRING nach den
drei Grundprinzipien Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung.558
552
MILES/HUBERMAN, 1994a, S. 25; MILES/HUBERMAN, 1994b, S. 27
TESCH, 1992, S. 43
554
LAMNEK, 1995a, S. 217 f., TESCH, 1992, S. 45 ff.
555
MAYRING, 2002, S. 114 ff.; MAYRING, 2000, S. 31; MAYRING/GLÄSER-ZIKUDA, 2005; S. 27; KRIPPENDORFF, 2004, S. 87 ff.; NEUDENDORF, 2002, S. 23; GLÄSER/LAUDEL, 2004, S. 39
556
MAYRING, 2002, S. 115 ff.
557
RITSERT, 1972, S. 57;
558
MAYRING, 2002; S. 115 ff.
553
139
Auch bei der qualitativen Inhaltsanalyse liegt eine systematische Vorgehensweise vor. Es
werden gemäß MAYRING559 induktiv Kategoriensysteme mit den Aspekten festgelegt, nach
denen das Datenmaterial ausgewertet werden soll.
Dementsprechend wurden für die Darstellung der Kampagnenfallstudien die aus den Experteninterviews und Dokumenten gewonnenen Daten nach folgendem einheitlichen Schema
aufbereitet:
• Kurzprofil des werbetreibenden Unternehmens mit Angaben zum Kerngeschäftsfeld, der
Branchenzugehörigkeit, Jahresumsatz, Mitarbeiterzahl sowie Jahreswerbevolumen;
• Beschreibung der spezifischen Marketingsituation, insbesondere im Hinblick auf die
Markt- und Wettbewerbssituation;
• Eckdaten zur Kampagne: Werbeobjekt, genereller Objektcharakter (low/high involvement),
Kampagnenzeitraum und Kampagnenvolumen;
• Zielwerte der Kampagne im Hinblick auf ökonomische und kommunikative Ziele;
• Beschreibung der Eckpunkte der Kampagnen-Werbestrategie im Hinblick auf Produktcharakter (bestehend/neu), Zielgruppencharakter (bestehend/neu, Media-Mix, Werbemittel,
Marketing-/Absatz- und kommunikative Werbeziele sowie kreative zentrale Werbebotschaft/-stil (emotional/informativ);
• exemplarische Dokumentation kreativer Kampagnenelemente (Print-Motive, Snap-Shots
aus dem TV-Spot etc. Diese Dokumentation befindet sich in der Anlage zur vorliegenden
Arbeit;
• Gesamtbeurteilung pro Fall: Zur Prüfung der zentralen Forschungsfrage werden die Ergebnisse der unterschiedlichen Datenquellen (Experten-Interviews, Dokumente) zur jeweiligen
Kampagne im Sinne einer inhaltlichen Validierung zu einer Gesamtbeurteilung zusammengefasst.560 Der Abgleich dieser Gesamtbeurteilung mit den thesenartigen Annahmen
zum jeweiligen aufgabenorientierten Werbestrategie-Grundtyp erfolgt tabellarisch561 sowie
mit dem Ziel einer differenzierten Bewertung in Form einer Beschreibung des jeweiligen
Erfüllungsgrades. Die tabellarische Darstellung mit prozentualen Erreichungswerten trägt
zur Übersichtlichkeit dieser qualitativen Fallstudienuntersuchung bei und verdeutlicht die
Essenz der Aussagen;
• Gesamtbeurteilung aller Fälle pro Werbestrategie-Grundtyp: Im Anschluss werden alle Fälle zu einem Werbestrategie-Grundtyp im Hinblick auf Übereinstimmungen und Abweichungen und den daraus resultierenden möglichen Korrekturen bzw. Erweiterungen des
Modells aufgabenorientierter Werbestrategien diskutiert562;
559
MAYRING, 2002, S. 114; MAYRING/BRUNNER, 2007, S. 674
YIN, 1994, S. 112, MILES/HUBERMAN, 1994, S. 69 ff., WEBER/MAYRHOFER/NIENHÜSER/ RODEHUTH/ RÜTHER, 1994, S. 80 f.
561
MILES/HUBERMAN, 1995, S. 90 ff.; EISENHARDT, 1989, S.539 ff.
562
YIN, 1994, S. 31 ff.
560
140
• Gesamtbeurteilung aller Fälle insgesamt: Abschliessend werden alle Fälle im Hinblick auf
den übergreifenden Erklärungswert der Indikatoren (Mediamix, Werbestil etc.) sowie der
Trennschärfe der Strategie-Typen zueinander diskutiert.
Für die Auswertung des Expertenworkshops wurden in folgender Weise vorgegangen:
1. Spezifische Hinweise und Anmerkungen zu den Fallstudien wurden in deren Einzelbeschreibung und Analyse eingearbeitet (im Sinne einer iterativen, nicht-linearen Vorgehensweise);
2. Grundsätzliche Ergänzungen bzw. Kritikpunkte zu den vier Werbestrategie-Archetypen
wurden im Ergebnisteil dokumentiert und bei den Überlegungen zu den ModellImplikationen berücksichtigt.
Für die Auswertung der Interviews zur Darstellungen der notwendigen Rahmenbedingungen
und Kompetenzen wurde zur Systematisierung der Aussagen nach folgenden induktiv definierten Kategorien unterschieden:
1. Strukturell-organisatorische Rahmenbedingungen und Kompetenzen;
2. personell-kulturelle Kompetenzen.
Die strukturierte Darstellung der Ergebnisse erfolgte nach diesen beiden Kategorien.
Im Sinne der Explikation wurden zur Erfassung aller relevanten Aussagen auch der enge
Textkontext, d.h. Aussagen aus dem Kontext der übrigen Fragen des Leitfadens berücksichtigt.563
563
MAYRING, 2002, S. 118
141
5.6 Zusammenfassung
Im Hinblick auf den explorativen Charakter des Forschungsthemas wurde als adäquate Forschungsmethode ein induktives, hypothesengenerierendes, holistisches Multi-Case-Verfahren
gewählt. Durch ein strukturiertes, regelgeleitetes Vorgehen sowie die Generierung einer ausreichenden Zahl von Fällen und Datenquellen konnte die Erfüllung der Gütekriterien Objektivität, Repräsentativität, Validität und Reliabilität gewährleistet werden.
Eine Kreuzvalidierung der Daten fand bei der Untersuchung auf zwei Ebenen statt:
•
Fallbezogen durch die Berücksichtigung mehrerer Datenquellen;
•
fallübergreifend und modellbezogen durch die Expertendiskussion im Workshop.
Grundsätzlich lassen sich beim gewählten Vorgehen die prinzipiellen Kritikpunkte an qualitativer Forschung und den jeweiligen Verfahrensweisen anbringen. Dazu gehören in der vorliegenden Untersuchung vor allem folgende Aspekte:
• Grundproblematik der Triangulation564: Wie wird im Hinblick auf die verschiedenen Datenquellen pro Fall bzw. den Fällen einer Werbestrategietyp-Gruppe mit Widersprüchen
umgegangen? Wie werden die Ergebnisse entsprechend gewichtet?
• Ist die Zahl der untersuchten Fälle für die gewünschte Repräsentativität ausreichend?
• Sind die Auswahlstrategie (best practice approach) und das konkrete Auswahlprinzip für
die Untersuchungsfälle (Top 50 der werbetreibenden Unternehmen in Deutschland) sinnvoll gewählt? Sind möglicherweise alternative Selektionskriterien plausibler?
Die vorliegende Untersuchung versucht die angeführten Probleme zu lösen, indem die Daten
logisch und theoriegeleitet nach der Methode des explanation buildings analysiert und bewertet werden. Sich widersprechende Daten werden genauer hinterfragt, um sie dann in einer Gesamtbeurteilung argumentativ zu belegen. Eine Gewichtung der Methoden erfolgt sukzessiv
fallbezogen, indem die Aussagen von im Unternehmen Kampagnenverantwortlichen als
Grundlage für die Modellüberprüfung verwendet werden, um diese dann durch die Berücksichtigung weiterer Expertenaussagen zu relativieren bzw. ggf. zu korrigieren.
Aufbauend auf der Fallauswahl und der Datengewinnung konnte eine logische Methode zur
Datenanalyse ausgewählt werden, die der Fragestellung gerecht wird. Durch eine Fallbeschreibung sowie eine tabellarische Darstellung nach der Methode des explanation buildings
wird die Datenanalyse innerhalb des Falles vorgenommen. Die tabellarische Form wird dann
auch beim Vergleich der Fallstudien angewendet. Dieses Vorgehen trägt zur Validierung des
gesamten Untersuchungsdesigns bei. Die Ergebnisse dieser Datenanalysen sind in detaillierter
Form im folgenden Kapitel zu finden.
564
LAMNEK, 1995a, S. 255 ff.
142
6. Ergebnisse der empirischen Untersuchung
6.1 Ergebnisse zu den Werbestrategie-Archetypen auf Fallstudienbasis
Insgesamt wurden 16 in Deutschland geschaltete Werbekampagnen aus dem Zeitraum 2004
bis 2007 auf Basis von insgesamt 37 leitfadenbasierten Experteninterviews sowie ergänzenden Dokumentenanalysen analysiert und in Form von Fallstudien nachfolgend dokumentiert.
Diese Kampagnenbeispiele der größten werbetreibenden Unternehmen Deutschlands565 weisen im Hinblick auf Branchenzugehörigkeit, das jeweils werbetreibende Unternehmen sowie
den Grad des Konsumenteninvolvements im Hinblick die beworbene Leistung bzw. das Produkt ein breites und vielfältiges Spektrum auf: neun Unternehmen (56 %) gehören der Konsumgüterindustrie an, vier dem Dienstleistungssektor (25 %) und drei (19 %) dem Segment
Investitionsgüter. Das entspricht weitgehend der gewichteten Verteilung der Branchensegmente der Top 50 der Werbetreibenden in Deutschland (siehe Anlage). Unter den 16 Fallstudien sind neun Werbekampagnen (56 %) für sogenannte Low-Involvement-Produkte und sieben (19 %) für sogenannte High-Involvement-Produkte. Dazu gehören alle Automobile (Golf,
Audi, Touareg). Ein mittleres Involvement (19 %) liegt für Finanzprodukte (Sparkasse, ING
DiBa) sowie Spezial-Pflegeprodukte im Hochpreis-Bereich (Eucerin) vor. Somit kann im Bezug auf die Auswahl der Fälle eine substantielle Aussagekraft unterstellt werden.
Leistung/
Produkt/Marke
Audi Q7
Balisto
Bertolli
BILDmobil
Dove pro•age
Drei Wetter Taft
Eucerin
Gillette Mach5
ING-DiBa
McDonald’s
Dr. Oetker Paula
Sparkasse
T-Com
Rama Cremefine
VW Touareg
VW Golf
Segment
Branche
Investitionsgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Dienstleistung
Dienstleistung
Konsumgüter
Dienstleistung
Dienstleistung
Konsumgüter
Investitionsgüter
Investitionsgüter
Automobil
Lebensmittel
Lebensmittel
Medien
Pflege
Pflege
Pflege
Pflege
Finanzen
Gastronomie
Lebensmittel
Finanzen
Telekommunikation
Lebensmittel
Automobil
Automobil
Abbildung 20: Übersicht Fallstudien nach Segmenten und Branchen
Quelle: Eigene Darstellung
Zu den nachfolgenden Fallstudien befindet sich eine Auswahl der entsprechenden Kampagnen-Motive in der Anlage zu dieser Arbeit.
565
Empirische Basis: Top 50 der werbestärksten Unternehmen 2006 laut Nielsen Media Research/ZAW.
143
6.1.1 Kampagnen-Fallstudie „BILDmobil“, Axel Springer
Marketingstrategie
Die BILD-Zeitung des Axel-Springer Verlages ist mit einer täglichen Auflage von 3,3 Exemplaren (IVW 4. Quartal 2007) und einer Leser-Reichweite von 11,6 Millionen Lesern (2.
MA 2007) die größte Tageszeitung Deutschlands. BILD ist verlegerisch, kaufmännisch sowie
als Marke das wichtigste Objekt des Medienhauses. Analog anderen Tageszeitungen ist BILD
mit folgenden Marktentwicklungen konfrontiert:
•
•
In den jüngeren Zielgruppen nimmt der Zeitungskonsum dramatisch ab566;
die Nachfrage nach Boulevardthemen steigt zwar, wird aber zunehmend durch alternative
Informationsquellen wie Fernsehen, aber insbesondere Online- bzw. mobile Angebote befriedigt.567
Zentrale Konsequenz dieser Entwicklungen ist: Langfristig ist das auf Reichweite basierende
Geschäftsmodell des klassischen Print-Produktes mit einem Mix aus Vertriebs- und Anzeigenerlösen bedroht. Konkret zeigt sich dieser Prozess am Rückgang der verkauften Auflage
der BILD-Zeitung von durchschnittlich 4,2 Mio. Exemplaren im 4. Quartal 2000 um 22 % im
vierten Quartal 2007 (Quelle: IVW). Der Axel Springer Verlag hat auf diese Entwicklung in
folgender Weise reagiert:
•
Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells durch eine plattformunabhängige Inhaltsdistribution („one brand all media“) in Kanäle und Medien, die insbesondere von jüngeren
Zielgruppen präferiert werden (Beispiel: Online-Portal BILD T-Online);
•
Verlängerung der Traditionsmarke BILD in diese neuen Kanäle mit dem Ziel, die Markenstärke auch dort zu nutzen und gleichzeitig BILD als trägermedienunabhängige Medien- bzw. Inhaltemarke zu profilieren.
Angesichts der wachsenden Bedeutung mobiler Kommunikation bestand vor dem Hintergrund dieser strategischen Zielsetzung für das BILD-Management die Herausforderung darin,
ein publizistisch und technologisch innovatives Produkt zu entwickeln, das dem Marktführerstatus der Marke Bild entspricht. „Die Entscheidung, einen mobilen Dienst zu machen, war
neben der verlegerischen
auch immer eine kaufmännische“, erklärt der ProjektVerantwortliche Dr. Markus Dömer, Leiter BILD-Merchandising. Es habe immer die Anforderung an das Projekt bestanden, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Insofern bestanden für das geplante Mobilfunk-Angebot zwei Herausforderungen: Zum einen soll der für
die Mehrheit der Verbraucher noch weitgehend unbekannte nutzen des mobilen Internets be-
566
567
RAGER, 2003
BRAUCK/HÜLSEN, 2008
144
kannt und attraktiv gemacht werden. Zum anderen sollte in einem gesättigten Prepaid-Marke
eine neue Marke etabliert werden.568
Das Ergebnis dieses mehrjährigen Entwicklungsprozesses war „BILDmobil“. Der MobilfunkService BILDmobil ist eine Kombination aus einem sehr günstigen Prepaid-Tarif (10 Cent
pro Minute in alle Mobilfunknetze) und einem WAP-Portal mit permanent aktualisierten
BILD-Inhalten, das nach einer Startgebühr von netto 4,95 Euro unbegrenzt kostenlos nutzbar
ist. BILDmobil differenziert sich als „New-to-World“-Innovation“569 von Wettbewerbern
wie u.a. ALDI und Tchibo nach Aussage von Dömer dadurch, „dass wir als erster Anbieter
Markeninhalte mit einem günstigen und flexiblen Mobilfunk-Tarif verbinden.“ Somit bietet
BILDmobil die Kombilösung für zwei Konsumentenbedürfnisse: Günstig telefonieren und aktuell kompetent informiert werden. Laut Thomas Brindöpke, verantwortlicher Projektleiter im
Bereich Werbung und Merchandising der Zeitungsgruppe BILD, hat die Marktforschung im
Vorfeld ergeben, dass ein wettbewerbsfähiger Prepaid-Tarif die zwingende Voraussetzung für
eine ausreichende Kundenresonanz ist, jedoch die kostenlose täglich aktuelle Bereitstellung
von BILD-Inhalten auf das Handy einen signifikanten Mehrwert darstellen. Die verlegerische
Perspektive zu BILDmobil formuliert BILD-Chefredakteur Kai Diekmann so: „Das ist die
immer aktuelle BILD für die Jackentasche“570. Die technische Innovation des BILDmobilDienstes besteht darin, dass die Software der gekauften BILDmobil-SIM-Karte die automatische Ansteuerung des WAP-Portals initiiert, dem Benutzer also die manuelle Konfiguration
seines Handys erspart bleibt. Vertrieben wird die SIM-Karte im Starterset über circa 11.000
Zeitungs- und Zeitschriftenhändler im gesamten Bundesgebiet.
Marketingstrategisch agiert der Axel-Springer-Verlag angesichts eines branchenweiten Diversifikationsprozesses eindeutig als Trendsetter: Die Ansprache neuer Kundengruppen basierte
auf dem Angebot einer unternehmens- und marktbezogenen Leistungsinnovation.
Werbestrategie:
Im Zentrum der Kampagne stand die Einführung des Mobil-Services BILDmobil mit den beiden Bestandteilen Prepaid-Karte und WAP-Portal zum 16. Oktober 2007.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Axel Springer Verlag AG
Medien
BILDmobil
Low involvement
Oktober bis Dezember 2007
3 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 21: Kampagnen-Steckbrief BILDmobil
Quelle: Eigene Darstellung
568
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 43
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18
570
AXEL SPRINGER VERLAG, Pressemitteilung vom 17. November 2007
569
145
Als Zielgruppe wurden laut Dömer und Brindöpke BILD-Markenaffine fokussiert. „Wir haben für unsere Zielgruppen-Berechnung im ersten Schritt alle Personen im weitesten Leserkreis der BILD-Produktfamilie (BILD, Sport BILD, BILD am Sonntag, BILD der Frau, AutoBILD) identifiziert“, so Brindöpke. Aus diesem Kreis wurden die wechselwilligen PrepaidTelefonierer identifiziert. „Dies ergab nach unserer Analyse für das Angebot eine potentielle
Zielgruppe von 3,5 Millionen Kunden“, so Brindöpke weiter. Die wichtigsten Wettbewerber
Aldi und Tchibo haben aktuell ein Kundenvolumen von knapp über einer Million Kunden erreicht. Angesichts der Zielgruppenstrukturdaten (sehr viele Personen unter 30 Jahren) ergab
sich mit BILDmobil laut Dömer die strategische Chance, „jüngere Zielgruppen, die wir mit
dem Printtitel nur noch zum Teil oder gar nicht mehr erreichen, an die Marke BILD heranzuführen und langfristig zu binden.“ Diese vorrangige Zielsetzung sollte komplettiert werden
durch ein Cross-Selling bei den bestehenden BILD-Lesern.
Als zentrales absatzpolitisches Ziel wurde ein bestimmtes Kundenvolumen in deutlich sechsstelliger Höhe für Ende 2008 fixiert.571 „Weitere kommunikative Ziele zum Kampagnenerfolg
hatten wir uns im Vorfeld nicht gesetzt“, so Brindöpke. Stattdessen werde man in der standardisierten Werbemessung zur BILD-Werbung insgesamt die Effizienz der Kampagne gegenüber der klassischen printbezogenen Werbung überprüfen. Später wurde dieses Ziel deutlich
präzisiert. So soll BILDmobil zur etablierten Marke im Prepaid-Segment werden und deutlich
gegenüber bereits etablierten Wettbewerbern (u.a. Fonic, Congster) wahrgenommen werden.
Außerdem soll sich BILDmobil zu einem reichweitenstarken redaktionellen Mobilportal entwickeln. Konkret soll das neue Angebot unter die Top 3 der redaktionellen Contentportale
aufsteigen, wofür circa 2 Millionen Pageimpressions erreicht werden müssten. Schließlich
soll die Kampagne zur neuen Submarke im Hinblick auf die Werbeerinnerung Spitzenwerte
unter allen BILD-Kampagnen erreichen.572
Die Positionierung des neuen Dienstes BILDmobil sollte zum einen eindeutig innovativ sein,
zum anderen aber auch traditionelle BILD-Werte (Nah bei den Menschen, plakativ-direkt) berücksichtigen. Grundlage für die Werbeaktivität zu BILDmobil war die klassische BILDWerbung unter dem Claim „Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht“. Nachdem vor wenigen Jahren noch die BILD-Kommunikation aktuelle Themen des Blattes (sogar
im Spots am Vorabend) ins Zentrum stellte, hat die heutige von aktuellen redaktionellen
Themen ungebundene Kommunikation vorrangig die Funktion der Aktualisierung der Markenbotschaft im Sinne des Modells von ESCH.573 „Die Kampagne zu BILD Print folgt gestalterisch einem klaren Raster, das auch Basis für die Mobil-Kampagne war“, so Andre Lascheit,
kampagnenverantwortlicher Planner auf Agenturseite (BBDO Campaign).
571
In der späteren Einreichung zum Werbepreis Effie wurde diese Wert mit 100.000 Stück in den ersten 3 Monaten präzisiert.
572
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 43f.
573
ESCH, 2007, S. 58
146
Aus Sicht des Kampagnenverantwortlichen Brindöpke bestand für die kommunikative Umsetzung eine doppelte Herausforderung:
1. Massenverständliche Kommunikation eines komplexen Produktpaketes und
2. BILD-konforme Markenkommunikation.
„Die Herausforderung für uns bestand darin, gleich zwei Produkte (Prepaid-Tarif, WAPPortal) einzuführen, die beide erklärungsbedürftig sind, gleichzeitig als Marke BILD aber zu
Klarheit und Einfachheit verpflichtet zu sein“, so Brindöpke. Gleichzeitig sollte die kreative
Umsetzung formell und in der Tonalität konform gehen zur bisherigen MarkenKommunikation von BILD.
Das Ergebnis war eine Kampagne unter dem in bester BILD-Manier plakativen Motto: „BILD
wird Handy“. In der kreativen Umsetzung wird dieses Motto wörtlich genommen. So sieht
man TV-Spot „Flughafen“ Menschen, die statt mit ihren Handys mit zusammengerollten
BILD-Zeitungen telefonieren, als sei dies die normalste Sache der Welt. Das kommt einem
Reisenden befremdlich vor. Auch er zieht irgendeine Zeitung hervor und meldet sich mit einem schüchternen „Hallo“, jedoch nichts passiert. Darauf folgt die Auflösung: „Das kann nur
BILD. Prepaid telefonieren in alle Netze. Plus BILD-Internet auf dem Handy für null Euro.“
Das Keyvisual „BILD am Ohr“ wurde zielgruppenspezifisch variiert. So zeigen die verschiedenen Kampagnenmotive beispielsweise den Fußballfan im Stadion, die Frau beim Shoppen
oder den Handwerker auf der Baustelle.
Lascheit zum Gestaltungskonzept der Kampagne: „Innerhalb des prägnanten und gelernten
BILD-Kampagnen-Layouts haben wir gezielt frischere und technischere Bildmotive eingesetzt, die den Innovationscharakter des Produktes unterstreichen sollten und gleichzeitig positiv auf die Marke BILD einzahlen.“
Das Dilemma der notwendigen Produkterklärungen und Zusatzhinweise, die klassischer Bestandteil aller Telekommunikationskampagnen sind, wurde laut Lascheit so gelöst, dass diese
Informationen komplett in Headlineform in ein exemplarisches BILD-Zeitungsformat als Bestandteil der Motive integriert wurden.
Im Media-Mix war Print mit einem Budget-Anteil von 55 % das am stärksten eingesetzte
Kampagnen-Medium. „Das ist natürlich atypisch für eine Einführungskampagne, aber als
Verlagshaus und in Verbindung mit der Absendermarke BILD war es für uns nur konsequent,
die preis-leistungsoptimale Medialeistung des eigenen Print-Objektes zu nutzen“, so Brindöpke. Im Hinblick auf die Adressierung markenaffiner, aber unregelmäßigerer BILD-Leser habe
deshalb der TV-Spot eine besondere strategische Rolle gespielt. Außerdem sei Bewegtbild
zum Transport der emotionalen Markenbotschaft zwingend gewesen. Der TV-Spot wurde als
28-Sekünder in der geschilderten sowie in einer weiteren Variante, in der eine Putzfrau mit
der BILD-Zeitung telefoniert, bei allen reichweitenstarken Sendern ausgestrahlt. Der Budgetanteil für TV betrug 30 %. Eine traditionell hohe Relevanz für BILD haben die Citylight-
147
Motive, für die 12 % des Budgets ausgegeben wurde. Der Etatrest von 3 % wurde in InternetWerbung investiert.
„Der crossmediale Charme“ der Kampagne entfaltet sich laut Dömer darin, dass das tagesaktuelle WAP-Portal ständig Anlass bietet, in der BILD-Zeitung redaktionell über neue Inhalte
zu berichten und damit gleichzeitig das Prepaid-Angebot zu platzieren. Analog zu den Wettbewerbern sind im nächsten Schritt redaktionell gestaltete Anzeigen geplant.
Kampagnenerfolg:
Die gesteckten Ziele wurden deutlich übertroffen:574
•
Im Hinblick auf das zentrale absatzpolitische Ziel sieht sich der Axel Springer Verlag mit
deutlich über 100.000 Prepaidkarten-Käufern über der angenommenen Absatzentwicklung.
•
Sechs Monate nach dem Launch konnte sich BILDmobil unter den führenden Marken im
Prepaid-Mobilfunk-Segment etablieren und erreichte nach Aldi Talk die zweithöchsten,
monatlichen Aktivierungen.
•
Mit großem Abstand wurde BILDmobil zur Nummer 1 unter den redaktionellen Mobilportalen mit der höchsten User-Reichweite nach Page-Impressions.
•
Die Werbeerinnerung der Launchkampagne lag durchschnittlich bei 56 Prozent, womit
der höchste Wert seit vier Jahren erreicht wurde.
Angesichts des Starterfolges auf der Absatzseite wird die Kampagne fortgesetzt. Im nächsten
Flight sollen verstärkt redaktionelle Anzeigen zum Einsatz kommen, wie sie auch die Wettbewerber Tchibo und Aldi erfolgreich für ihre Angebote nutzen.
Mit dem 10-Cent-Tarif hat BILD in den ohnehin wettbewerbsintensiven Mobilfunkmarkt zusätzlichen Preisdruck gebracht, so dass einige Wettbewerber bereits mit identischen Tarifangeboten reagiert haben. Für die Zukunft wird deshalb auch über eine Ausweitung des BILDmobil-Angebots auf weitere, umfangreichere und auch deckungsbeitragsstärkere Dienste
nachgedacht.
Die Launchkampagne wurde mit dem Effie 2009 in Bronze ausgezeichnet.
Fazit:
Die BILDmobil-Kampagne ist in vielerlei Hinsicht eine klassische Einführungskampagne:
Eine Low Involvement-Leistung (Prepaid-Karte), zu der Handy-Dienste mittlerweile geworden sind, wird in Verbindung mit einem innovativen Neuprodukt (WAP-Portal mit MarkenContent) unter dem Dach der profilierten Medienmarke BILD als Sub-Brand (line extension)
aufmerksamkeitsstark im Markt platziert. Dabei sollen vor allem Neukunden erreicht werden,
die der Absendermarke BILD zwar positiv gegenüberstehen, aber nicht zum Kreis der regelmäßigen Bestandskunden des Print-Kernproduktes gehören. Sie sollen Kunden einer mobilen
574
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 47f.
148
Leistungsvariante575 eines trägermediumunabhängigen, ganzheitlichen Inhalteprodukts BILD
werden. Die zugrundeliegende Markendehnung wird dabei gleich mit dem Claim „BILD wird
Handy“ plakativ kommuniziert. Als Low Involvement-Produkt wurde ein deutlicher Fokus
auf die ökonomischen Ziele (Anzahl der Neukunden) gelegt und keine spezifischen kommunikativen Ziele definiert. Angesichts eines erklärungsbedürftigen Produkt-Bundles ist die
kommunikative Positionierung geprägt durch eine Kombination aus Emotion und Information. Die Werbebotschaft ist plakativ informativ („BILD wird Handy“). Mediawerbung hat im
Kommunikations-Mix zur Produkteinführung einen sehr hohen Stellenwert. TV ist das strategische Leitmedium in der Kampagne, auch wenn budgetär Print dominiert, was durch die inhouse vorhandene Print-Medialeistung der Dachmarke BILD bedingt ist.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Budgethöhe
höchstes Budget
Kommunikative Werbeziele Awareness
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft/-stil
Eher informativ
Stellenwert Mediawerbung
Sehr hoch
Leitmedium
Print (budgetär), TV (inhaltlich)
Abbildung 22: Ausprägungen der BILDmobil-Kampagne als Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
575
BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff., HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.
149
6.1.2
Kampagnen-Fallstudie Audi Q7, Audi
Marketingstrategie:
Als Teil des Volkswagen-Konzerns liegt der Tätigkeitsschwerpunkt der Audi AG auf der
Entwicklung und Produktion sportlicher Limousinen im Hochpreis-Segment. Im Frühjahr
2006 erweiterte der Premium-Automobilhersteller576 mit dem Audi Q7 seine Modellpalette
unter der Dachmarke Audi erstmals um ein so genanntes Sports Utility Vehicle (SUV).577
Audi folgte damit der aktuellen Marktentwicklung: Die Akquisition neuer Kunden auf Basis
einer Leistungsinnovation. Gleichzeitig ging es nach Aussage der Interviewpartner aber auch
darum, den bestehenden AUDI-Kunden zu demonstrieren, dass AUDI seine innovative Technologieführerschaft fortsetzt und sie somit weiter an die Marke zu binden.
Bei der Einführung des Q7 war Audi mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:578
•
•
Der Markteintritt von Audi in dieses Marktsegment erfolgte deutlich verspätet.579 Eine
Reihe von Wettbewerbern (insbesondere BMW, Porsche, Range Rover) hatten SUVModelle bereits seit Ende der neunziger Jahre erfolgreich im Markt etabliert.
Der Markt zeigte bereits erste Übersättigungserscheinungen. So sank die Absatzentwicklung im Jahr 2005 im Premium-SUV-Segment um minus 6,8 % auf 58994 Einheiten (kumulierte Absatzwerte von BMW X5, Mercedes-Benz M-Klasse, Volvo XC90, Lexus RX,
Porsche Cayenne und VW Touareg).
•
Zum Kreis der Wettbewerber gehörte auch das VW-Produkt Touareg (siehe Fallstudie)
aus dem Mutterkonzern Volkswagen. Eine Kannibalisierung sollte vermieden werden.
Ein Markterfolg des Q7 sollte dennoch durch eine technologische Differenzierung im Sinne
des traditionellen Audi Markenversprechens „Vorsprung durch Technik“ erreicht werden.
Nach den SUVs der zweiten Generation mit eher geringen Offroad-Qualitäten, aber dafür
größtmöglicher Straßentauglichkeit wurde der Audi Q7 als erster SUV der dritten Generation
(Performance SUV) so konzipiert, dass er sowohl im Gelände als auch im normalen Straßenverkehr fahrtechnisch überzeugt. Somit war im Hinblick auf den Produktnutzen ein signifikantes Differenzierungspotential gegenüber den aktuellen Wettbewerbern gegeben. Dieses
sollte dann durch den Einsatz der hohen Reputation und des Imageprofils der Dachmarke Audi zusätzlich potenziert werden.
Werbestrategie:
576
ROSENGARTEN/STÜRMER, 2005, S. 115 ff., S. 187 ff.
PANDER, 2006, S. 19
578
GERBER, 2007b, S. 35
579
„Audis erster echter Geländewagen kommt spät, aber er kommt“, 27. Februar 2005
577
150
Gemäß dem Kernaufgabenprofil des Trendsetters waren die Marketingressourcen zur Einführung des Audi Q7 auf die Werbekommunikation fokussiert. Dementsprechend setzte Audi im
Einführungsjahr 2006 mit insgesamt 105,4 Mio. Euro 66,5% mehr für Mediawerbung ein als
im Vorjahr, was unter u.a. auch auf den Q7-Launch zurückzuführen ist.580
Die Einführungskampagne für den Audi Q7 zielt auf Neukunden, insbesondere aus dem Kreis
derer, die bislang einen Premium-SUV der Konkurrenz fahren und nun zum Upgrade auf den
aktuellsten Stand der Fahrtechnologie motiviert werden sollten. „Deshalb haben wir mit der
Einführungskommunikation auch so früh begonnen, um allen SUV-Fahrern für ihren geplanten Anschlusskauf frühzeitig das Signal zu geben ‚Da kommt bald der erste SUV von Audi’,
auf den ihr Euch upgraden solltet“, so Jagoda Low-Becic, Head of International Advertising
bei Audi.
Als Fahrer sportlicher Premium SUVs weisen sie folgende soziodemografischen und qualitativen Eigenschaften auf: überwiegend männlich, zwischen 45 und 50 Jahre alt und verheiratet.
Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen dieser „erfolgsorientierten Führungspersönlichkeiten“ liegt bei etwa 6500 Euro. Sie legen außer auf die im SUV erhöhte Sitzposition und das
große Raumangebot vor allem Wert auf dynamische Fahreigenschaften und die hohe Performance – egal ob auf der Straße oder im Gelände; für sie gilt: „Ich will keine Kompromisse.“581
„Audi kam mit dem Q7 klar als Nachzügler in einen bereits besetzten Markt“, beschreibt Nils
Wollny, Strategic Planner in der verantwortlichen Agentur kempertrautmann die kommunikative Herausforderung. Somit musste ein kommunikativer USP gefunden werden, der den Follower Q7 trotzdem begehrenswert macht.
Deshalb wurde der funktionale USP (hohe Performance auf allen Straßenlagen) kommunikativ aufgeladen mit dem Bezug zum populären quattro-Allradantrieb von Audi. Wollny: „Mit
einem visuellen Streifzug durch die Modellhistorie von Audi wollten wir dem Zuschauer verdeutlichen, dass Audi synonym für Allrad-Kompetenz ist.“
Dafür wurde die Audi Q7-Kommunikation eng mit der im Vorjahr gelaunchten und breit gestreuten Kampagne „25 Jahre quattro-Jubiläum“582 verknüpft und der Audi Q7 als SUV „vom
Erfinder des quattro“ positioniert, denn der quattro-Antrieb steht seit 25 Jahren für mehr Performance. Becic: „Wir wollten die Bekanntheit und Popularität von quattro für den Q7 nutzen. Gleichzeitig sollte die Bewerbung des Q7 in Verbindung mit quattro auch positive
Image- und Absatzeffekte für alle übrigen quattro-betriebenen Modelle von Audi haben.“
Becic dazu: „Wir wollten damit zeigen, dass der Audi Q7 nicht nur einen Meilenstein für die
Marke Audi darstellt, sondern als Performance-SUV gleichsam eine neue Automobilklasse
begründet.“ So lautete die zentrale Botschaft der Kampagne: „Mit dem Audi Q7 gibt es jetzt
einen Audi, der für noch mehr Sportlichkeit und quattro Performance steht.“ Die visuelle Idee
580
ZAW, 2007, S. 136
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 6
582
Ebd.
581
151
der Kampagne stellt diese Technologieführerschaft und Sportlichkeit von Audi deutlich in den
Vordergrund.
Für die Kampagne wurden folgende ökonomischen Ziele gesetzt:
•
Absatzerfolg:
o Abverkauf von mindestens 10.000 Einheiten im Einführungsjahr 2006;
o Höchstes Neuzulassungsvolumen im Bereich der SUVs gegenüber den Wettbewerbern;
o Erhöhung der Audi-Neuzulassungen mit quattro-Antrieb um mindestens 10 %.
Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
Awareness:
o Erreichung eines im internen Vergleich mit anderen Audi-Werbekampagnen überdurchschnittlichen Recall- und Recognition-Wertes.
•
Image-Verbesserung:
o Verbesserung der Q7-relevanten Imagedimensionen für die Marke Audi um mindestens 5 %.
•
Interessenten-Generierung:
o Erhöhung der monatlichen Besucher (Unique Visitors) auf audi.de auf über 1 Million
während des Kampagnenzeitraums;
o Generierung von 150000 Interessentenadressen im Vorfeld der Weltpremiere (März
bis September 2005).
Der kommunikative Zielfokus der Kampagne ging nach Wollny deutlich über die klassischen
Recall- und Recognition-Ziele hinaus, da es sich zum einen um ein High-InvolvementProdukt handelte und die Kampagne entsprechend breit und zeitlich umfassend angelegt war,
um ein breiteres Zielspektrum anzustreben.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Audi AG
Automobil
Audi Q7
High involvement
März 2005 bis März 2006
15 - 20 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 23: Kampagnen-Steckbrief Audi Q7
Quelle: Eigene Darstellung.
Für die Einführung des Q7 wurden drei unterschiedliche Phasen konzipiert, um den Spannungsbogen bis zur Markteinführung aufrechtzuerhalten:
152
1. Phase: Pre-Launch (März bis September 2005);
2. Phase: Weltpremiere (September 2005);
3. Phase: Verkaufsstart (März 2006).
In der Pre-Launch-Phase dominierten Direkt-Marketing-Maßnahmen. Auf Basis bestehender
Adressen wurden Mailings an zielgruppenkonforme potentielle Kunden verschickt, in denen
auf das Produktportal zum Q7 verwiesen wurde. In der Interaktion mit den Besuchern dieser
Site wurden dann die Daten von Q7-Interessenten generiert.
Erst mit der Weltpremiere des Q7 auf der Internationalen Automobilausstellung IAA im September 2005 wurde einem breiteren Umfang klassische Mediawerbung eingesetzt. Dabei wird
dem Betrachter in der kreativen Umsetzung als TV-Spot die Performance verschiedener quattro-Modelle aus einer völlig neuen und ungewöhnlichern Perspektive gezeigt. Er sieht die verschiedenen Autos auf ihrer Fahrt über eine Schotterpiste, nassen Asphalt und Eis. Dabei befindet er sich direkt unter dem Wagen oder unmittelbar über dem Untergrund. Von dieser
quattro Leistungsshow wird übergeleitet zum konkreten Neuobjekt mit der Botschaft: „Seit 25
Jahren bauen wir quattro für mehr Fahrspaß. Jetzt haben wir ein Auto für mehr quattro gebaut.
Der Audi Q7. Vom Erfinder des quattro.“ Erstmals wurden sowohl im TV-Spot wie auch in
den Print-Anzeigen zum Q7 eine modellspezifische URL (www.audi.de/q7globe) kommuniziert. Mit entsprechend prominenter Platzierung der URL wurde die Zahl der Besucher auf
der Audi Q7-Site weiter ausgebaut. Durch eine kontinuierliche Erweiterung der Inhalte auf
dieser Site (u.a. 3-D-Showroom mit 360-Grad-Ansichten) wurde aus der wachsenden Besucherzahl der Site auf Basis einer Registrierung nach dem On Demand-Prinzip583 Interessenten
generiert und durch weitere Direct-Mailing-Maßnahmen zu Vorbestellungen animiert.
Zum Verkaufsstart im März 2006 wurde der Media-Impuls auf Basis von TV und Print erneuert, um möglichst viele Interessenten zur Besichtigung der Produkt-Website oder jetzt zur Live-Besichtigung und Probefahrt in die Showrooms der Audi-Händler zu animieren.
90 % des Kampagnenbudgets wurde für Mediawerbung eingesetzt, wobei angesichts der emotionalen Kampagnen-Botschaft für ein High Involvement-Produkt wie den Q7 das Trägermedium Fernsehen mit einem Budgetanteil von 40 % deutliches Leitmedium der Kampagne war.
Komplementär mit einem hohen Budgetanteil von 30 % wurden Print-Anzeigen in Publikumszeitschriften und Tageszeitungen (jeweils 15 % Budgetanteil) eingesetzt. Die hohe Bedeutung von Online fand ihren Niederschlag in einem entsprechenden Budgetanteil von 20 %.
Kampagnenerfolg:
Im Rahmen der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erzielt:
•
583
Awareness:
Vgl. RAPPAPORT, 2007, KENNY, 2007
153
o Die ungestützte Kampagnenerinnerung lag in der Zielgruppe der Autofahrer insgesamt
bei 7 % und somit im Durchschnitt anderer Audi-Kampagnen;
o die gestützte Bekanntheit lag mit 37 % in der Zielgruppe der Autofahrer und mit 44 %
bei den SUV-Fahrern über dem für Audi-Kampagnen regulären Durchschnittswert.
•
Image-Verbesserung:
o Bei der Leserwahl des Leitmediums „auto motor sport“ wird der Q7 mit 19 % zum
besten SUV gewählt;
o die Audi Q7-Kampagne hat mit ihrem Fokus auf Performance und die historischen
Rennerfolge von Audi nachhaltig zur Verbesserung der sportlichen Wahrnehmung der
Gesamtmarke beigetragen. Die Zielwerte der Imagedimensionen „baut sportliche Autos“ und „ist im Motorsport erfolgreich“ konnten erfüllt beziehungsweise übererfüllt
werden, bei weiteren (dynamisch, attraktiver Fahrspaß, fortschrittliche Technik, innovativ, Likability der Kampagne) konnten zumindest hohe Zustimmungswerte generiert
werden.
•
Interessenten-Generierung:
o Die Zahl der monatlichen Besucher (Unique Visitors) auf audi.de stieg während des
Kampagnenzeitraums auf über 1 Million. Das entsprach einer Steigerung von + 14,2
% im ersten Pre-Launch-Monat, von +89,6 % im Monat der Weltpremiere und +38,5
% zur Markteinführung;
o im Vorfeld der Weltpremiere wurden über 200.000 Interessentenadressen generiert.
Dies waren 33,3 % mehr als ursprünglich geplant. Bis zur Markteinführung im März
2006 lagen bereits 5000 Vorbestellungen zum Q7 vor.
•
Absatzerfolg:
o Insgesamt wurden 11.603 Einheiten im Einführungsjahr 2006 (16 % mehr als geplant)
abverkauft;
o damit wurde das höchste Neuzulassungsvolumen im Bereich der SUVs gegenüber den
Wettbewerbern BMW mit dem Modell X5 (8723 Neuzulassungen) und Porsche Cayenne (3346 Neuzulassungen) erreicht;
o die Audi-Neuzulassungen mit quattro-Antrieb erhöhten sich von 57.120 in 2005 auf
74.844 in 2006 (Nettozuwachs ohne Q7 von 6121 Einheiten). Mit dieser Steigerung
von 30 % wurde die Zielmarke von 10 % deutlich übertroffen.
Der Einsatz des Internets als Erfolgsfaktor für die Lead-Generierung bestätigt die Untersuchungsergebnisse von YOON und KIM584, wonach Online-Maßnahmen insbesondere für die
Bewerbung von High Involvement-Produkten relevant sind.
Darüber hinaus war der Audi Q7 mit 13.202 Neuzulassungen 12 Monate nach Markteinführung der erfolgreichste Neuproduktstart im Segment der sportlichen Premium-SUVs gegen584
YOON/KIM, 2001, S. 55
154
über BMW X5, Porsche Cayenne und Range Rover Sport. Der Absatzerfolg setzte sich über
die Einführungsphase hinaus fort.585
Zudem zeichnete sich die Q7-Kampagne durch die höchste Werbeeffizienz im Wettbewerbsumfeld aus. So lagen die Spendings pro Recall-Prozentpunkt mit 0,9 Mio. Euro deutlich unter
dem Vergleichswert zur BMW X5-Kampagne (1,5 Mio. Euro).
Der Kampagnenerfolg ist aus Expertensicht insofern bemerkenswert, als dass Audi mit dem
Q7 als deutlicher Nachzügler in einen bereits stagnierenden Markt eingetreten ist. Wollny:
„Mit der Q7-Kampagne ist es gelungen, die natürliche Schwäche des Nachzüglers in eine
Stärke zu verwandeln, in dem wir konsequenter und umfassender die potentielle Zielgruppe
adressiert haben als die Wettbewerber.“
Begünstigt wurde der Kampagnen-Erfolg durch folgende Umstände:
• Gutes Timing: Der Launch des Q7 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem Wettbewerbsmodelle der sogenannten zweiten SUV-Generation wie z. B. der BMW X5 bereits einen hohen
Reifegrad erreicht hatten.
• Kommunikative Synergien: Mit der umfangreichen quattro-Kampagne im Vorjahr wurde
kommunikativ massive „Vorarbeit“ für die Q7-Einführungskampagne geleistet.
• Doppelter Imagetransfer: Durch den Einsatz der imagestarken Dachmarke Audi als Absender des Q7 sowie die kommunikative Verbindung mit der Antriebsmarke quattro wurden
gleich zwei relevante und etablierte Marken für die Werbekommunikation genutzt und damit Markenkompetenz kapitalisiert.586
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Audi als Marke insgesamt mit einem Jahreswerbevolumen von 105,4 Mio. Euro 2006 an sechster Stelle unter den Top-Werbetreibenden im
deutschen Automobilmarkt steht und damit deutlich vor anderen Wettbewerbern im SUVPremium-Segment (u.a. Porsche und Volvo).
Kommunikationsstrategisch hatte die Q7-Kampagne für Audi eine besondere Bedeutung, weil
die Kampagne anschaulich die Mobilisierungsqualität des Internets unter Beweis gestellt hat
und sich zudem mit diesem Kanal für Audi die Möglichkeit ergibt, in größerer Zahl und
zugleich sehr effizient mit ihren (potentiellen) Endkunden in Kontakt zu treten (vgl. dazu
auch die vorgestellte VW Golf-Kampagne).
Die Q7 Einführungskampagne wurde mit dem Euro Effie in Gold sowie dem deutschen Effie
in Bronze ausgezeichnet.
585
586
KATZENSTEINER, 2006, S. 11
ESCH, 2002, S. 203 ff.
155
Fazit:
Die Einführungskampagne zum Audi Q7 ist exemplarisch für die Einführungswerbung eines
High Involvement-Produktes. Das erste Modell des Ingolstädter Autobauers im bestehenden
Marktsegment der sogenannten Sports Utility Vehicle richtet sich vorrangig an Neukunden,
die häufig noch segmentgleiche Modelle der Wettbewerber fahren. Ungewöhnlich für die
kommunikative Zielsetzung ist die Ausblendung von Awareness-Zielen bei klarer Fokussierung auf hohe Relevanzwerte, die in diesem Fall festgemacht werden an den Besuchern (Unique Visitors) und Produktinteressenten, die online generiert werden konnten. Bei dieser Ergänzung des vorhandenen Modell-Portfolios setzt der Anbieter neben der Dachmarke Audi
auch auf eine kommunikativ-inhaltliche Line-Extension: Der Innovationscharakter des Q7
wird in Verbindung gebracht zum bekannten quattro-Antrieb von Audi. Als HighInvolvement-Produkt ist die kommunikative Positionierung durch eine Kombination aus
Emotion und Information bestimmt. In der Werbebotschaft dominiert die Information über
den Leistungsvorsprung auf Basis bewährter innovativer Antriebstechnologie („von den Machern/Erfindern des quattro). Mediawerbung hat im Kommunikationsmix zur Produkteinführung einen hohen Stellenwert. Allerdings spielen Instrumente wie Direkt-Marketing und Event-Marketing in der mehrstufigen Kampagne eine wichtige Rolle. Inhaltlich wie budgetär
ist Bewegtbild/TV das Leitmedium der Kampagne.
Der Erfolg der Audi Q7 ist exemplarisch für eine Follower-Strategie587: Audi eroberte die
Marktführerschaft in einem bereits bestehenden und sogar bei Markteintritt stagnierenden
Markt durch den kommunikativen Verweis auf traditionelle Technologie-Kompetenzen (Von
den Erfindern des quattro-Antriebs) in Verbindung mit einem – gegenüber den Wettbewerbern – deutlichen funktionalen Vorteil (höhere Geländeflexibilität) sowie unter Einsatz einer
für den anvisierten Markt idealen Absendermarke. Der Q7 ist auch ein Beispiel dafür, wie die
für das anvisierte Ziel-Segment ideal positionierte Marke – trotz deutlich verspäteten
Markteintritts – maßgeblich aufgrund ihrer Markenstärke in die Führungsposition kommt.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukt
Zielgruppenfokus
Fast ausschließlich Neukunden
Budgethöhe
höchstes Budget
Kommunikative Werbeziele Awareness, Image
Positionierung
Emotion und Information
Werbebotschaft/-stil
eher informativ
Stellenwert Mediawerbung
hoch (70%)
Leitmedium
TV
Abbildung 24: Ausprägungen der Audi Q7-Kampagne als Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
587
COVIN/SLEVIN/HEELEY, 2000, S. 178 ff.
156
6.1.3
Kampagnen-Fallstudie Paula, Dr. Oetker
Marketingstrategie
Der Lebensmittel-Produzent Dr. Oetker hat mit der Übernahme der Firma Onken 2004 sein
Portfolio um sogenannte milchbasierte Frische-Produkte vorrangig für Erwachsene erweitert.
Nach dem Transfer und der Integration des bestehenden Onken-Sortiments wurden neue
Wachstumsquellen zur Auslastung der erworbenen Produktionskapazitäten und zur Umsatzsteigerung des Sortimentsbereichs insgesamt gesucht.
Der Markt für Molkereiprodukte (MoPro) in Deutschland ist durch folgende Entwicklungen
geprägt:
• Absatz- und Umsatz sind bereits seit einigen Jahren kontinuierlich rückläufig;
• angesichts ausgeschöpfter Marktpotentiale hat ein intensiver Verdrängungswettbewerb eingesetzt;
• insbesondere europäische und internationale Wettbewerber nutzen ihre Innovationskraft
zur Differenzierung.
Auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten wurde der Markt für milchbasierte Kinderdesserts (Puddings) als relevant identifiziert. Gleichzeitig wurde die Chance gesehen, vor allem
den Wettbewerber Zott als Marktführer mit einem Anteil von 55 % in diesem Markt, erfolgreich zu verdrängen. Zott war bereits seit 2001 mit dem Puddingprodukt Monte in diesem
Markt vertreten und hatte bereits 2004 einen deutlichen Strategiewechsel von der vorrangigen
Ansprache der Gatekeeper Mütter zu den Kindern als Endkonsumenten des Produktes vollzogen.
Auf Grundlage der erweiterten Frische-Kompetenz führte Dr. Oetker zum 1. Juni 2006 einen
speziell für die Zielgruppe Kinder konzipierten Schoko-Vanille-Pudding unter dem SubBrand „Paula“ ein. Das Produkt wird im 125 Gramm-Becher jeweils in den Sorten Vanille mit
Schoko sowie Schoko mit Vanille angeboten, wobei der Pudding einmal weiß und einmal
braun gesprenkelt aussieht, fast so wie das Fell einer Kuh.
Somit agierte Dr. Oetker in der Systematisierung von TOMCZAK ET AL. als Multiplizierer588, indem das bestehende Pudding-Produktsortiment um eine zielgruppenspezifische Variation (Fokus Kinder) erweitert wurde, um das Marketingziel der Kundenakquisition zu erreichen.
Insofern handelt sich bei Paulas Pudding nicht um eine Leistungsinnovation im Sinne von
TOMCZAK ET AL.589 und HERRMANN590, sondern um eine Variation bestehender Leistung im Sinne einer Leistungspflege.591
588
589
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; S. 28
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18
157
Das strategische Ziel, durch die erfolgreiche Einführung von Paula Kinderpudding die Marktposition von Dr. Oetker im Markt der gekühlten Dessertprodukte insgesamt auszuweiten entspricht dem Kernaufgabenprofil des Multiplizierers.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Dr. August Oetker Nährmittel KG
Konsumgüter/Lebensmittel
Paulas Pudding
Low-Involvement
April bis November 2006
10-15 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 25: Kampagnen-Steckbrief Dr. Oetker Paula
Quelle: Eigene Darstellung
Werbestrategie:
Gemäß des Marketingziels der Kundenakquisition lag der Marketingfokus auf der Werbekommunikation. Die Bedeutung des Produktlaunches von Dr. Oetker Paula verdeutlicht sich
an der Tatsache, dass mit einem Kampagnenbudget von 10-15 Mio. Euro fast 10 % des Jahres-Gesamtwerbevolumens in 2006 von 75,6 Mio.592 investiert wurde.
„Das Produkt selber ist sicherlich eher banal, aber durch die hellen Vanille-Flecken im Schoko-Pudding in Verbindung mit der Marke Paula und der gleichnamigen Kuh als Key-Visual
ist es uns gelungen, ein für die Zielgruppe relevantes Differenzierungsmerkmal zu schaffen“,
so Dr. Oetker-Marketing-Manager Axel Kampmann. Als Neukunden standen für den Absatz
von Paula zwei Zielsegmente im Fokus:
1. Kinder; Jungen und Mädchen zwischen 5 und 10 Jahren, wobei die Kernzielgruppe im Alterskorridor 6 bis 9 Jahre liegt. Sie sollen „die Kuh Paula ‚KUHL’ finden und Spaß an der
lustigen Ausstrahlung der Kuh Paula haben und somit ihre Mütter zum Kauf animieren.“593
2. Mütter; haushaltsführende Frauen ab 30 Jahren in ihrer Funktion als Gatekeeper, die über
Kauf oder Nichtkauf von Produkten entscheiden. Für die Mütter soll die Kuh Paula „Natürlichkeit transportieren und als Lieferant der guten und frischen Zutaten stehen – als
Rückversicherung für das gute Gefühl, das Richtige für ihre Kinder zu tun.
Als marketingspezifische Ziele im Verdrängungswettbewerb wurden für die Einführung von
Paula gesetzt:594
590
HERRMANN, 1998, S. 510
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; HERRMANN, 1998, S. 510
592
ZAW, 2007, S. 136
593
JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 38
594
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 43
591
158
• Platzierung von Paulas Pudding unter den fünf erfolgreichsten Neueinführungen auf dem
Markt für Molkereiprodukte in 2006;
• Penetration von Paulas Pudding in Höhe von mindestens 5 % Marktanteil mit dem Benchmark Müller Doppeldecker als zweitgrößtem Anbieter nach Zott Monte mit 20 % Marktanteil;
• Erreichung eines Umsatzziels im ersten Jahr von 10 Mio. Euro (die in etwa einem Drittel
des Umsatzes von Hauptkonkurrent Zott Monte entsprechen).
Kommunikative Ziele der Paula-Kampagne waren:
• Erreichung einer Werbeawareness von 60 % in der Zielgruppe;
• Awareness-Steigerung bei den Müttern für die Dr. Oetker-Frischekompetenz im Kühlregal
generell;
• Erreichung von 60 % gestützter Markenbekanntheit in der Zielgruppe.
Effizienzziele der Paula-Kampagne waren:
• direkter Einfluss der Kampagne auf den Produktabsatz;
• effizienterer Einsatz der Werbespendings als bei vergleichbaren Produktneueinführungen
im MoPro-Markt in den vergangenen Jahren.
„Angesichts der traditionell hohen Floprate im Food-Sektor war es uns bei den absatzpolitischen Zielen vorrangig wichtig, zügig zu einer marktrelevanten Position zu kommen. Zentrale
Kenngröße ist dafür klassischerweise der Marktanteil“, so Kampmann.
Zum Ziel des direkten Einflusses der Kampagne auf den Produktabsatz merkt Christian Oetker, Leiter der Dr. Oetker-Marktforschung Folgendes an: „Anders als bei Investitionsgütern
gibt es bei den Low-Involvement-Produkten im Food-Sektor keine Time-gaps. Wenn sich
nicht innerhalb der ersten vier Kampagnenwochen signifikante Absatzeffekte bemerkbar machen, ist die Kampagne bzw. das Produkt gefloppt.“
Angesichts klassischer Low-Involvement-Werte im Hinblick auf Kognition und Emotion war
die Positionierung auf aktuelle Präsenz im Sinne von Awareness ausgerichtet.595 Schlüsselelement einer aufmerksamkeitsstarken Werbebotschaft war laut Kampmann „Paulas Rap“.596
Im TV-Spot wird dieser Rap („Die Paula ist ’ne Kuh, die macht nicht einfach ‚muh’“) von
Kindern gesungen, die dabei im TV-Spot genussvoll Paulas Pudding löffeln. Funktionelle
Aspekte des Low-Involvement-Produktes waren dabei nachrangig. Key-Visual des TV-Spots
war die animierte Comic-Kuh Paula, die mit ihrer Sonnenbrille von der Kinder-Zielgruppe als
„cool“ empfunden wird und die Mütter gleichzeitig an die natürliche Quelle des Rohstoffs
595
596
ESCH, 2007, S. 27 ff.
Vgl. zur Bedeutung von Musik in Werbung OAKES, 2007, S. 48
159
Milch erinnert. „Der Kuh kam in Verbindung mit dem Rap-Song eine besondere kommunikative Bedeutung als Identifikationsfigur zu, da sie für Jungen und Mädchen der Zielgruppe
hochattraktiv ist“, so Karin Ferber, als Group Account Director bei BBDO verantwortlich für
die Kampagne im Hinblick auf die Figur „Monti“ des Wettbewerberproduktes Monte.
„Für die erfolgreiche Positionierung des Produktes war es notwendig, mit Paula eine eigene
Sub-Brand unter der Marke Dr. Oetker zu schaffen, die all das verkörpert, was für die Zielgruppe der Kinder relevant ist, für das die Traditionsmarke Dr. Oetker jedoch nicht steht“, so
Kampmann. „Die Führung von Paula als Submarke ermöglicht es uns in der Kommunikation,
eine eigenständige Welt für das Produktangebot aufzubauen, die sich mit eigenen Werten/Facetten von der Marke Dr. Oetker absetzen kann: In diesem Fall eine attraktive kindgerechte Welt mit einer „Identifikationsfigur Paula als „coole Comic-Kuh Die Marke Dr. Oetker liefert als Absender die notwendige Qualitätsgarantie für die Mütter“, so Ferber.597
Positionierung und kreative Leitidee (Paulas Rap) bedingten die Wahl von Bewegtbild als
zentralem Werbemittel. Der 30sekündige TV-Spot wurde in zwei Varianten jeweils für die
Zielgruppe der Kinder und Mütter produziert, „wobei in der Kinderversion die Kuh Paula
noch etwas stärker in Szene gesetzt wurde“, so Ferber.
Dementsprechend dominierte im Media-Mix der Kampagne TV als Leitmedium mit einem
geschätzten Budgetanteil von 95 %. „Wir brauchten im Sinne maximaler Awareness einen
schnellen Reichweitenaufbau. Das ist nur mit TV möglich“, so Ferber. Dementsprechend
wurden alle reichweitenstarken TV-Sender sowie Kindersender (Super RTL) und Sender mit
hohem Anteils an Kids-Formaten belegt.
Das Sponsoring eines Kinder-Kinofilms sowie eine Kampagnen-Website hatten dagegen zum
Start nur flankierenden Charakter. Als überraschend äußerst erfolgreich erwies sich laut
Kampmann die Kooperation mit der Kinder-Online-Community toggo.de des Senders Super
RTL. Mit dem Ziel einer Vitalisierung der Leitfigur Paula wurden auf toggo.de parallel zu
den TV-Spots Online-Games mit dem Spielcharakter Paula angeboten sowie ein Gewinnspiel,
in dem es galt, Paulas Rap-Song mit einer eigenen Liedzeile fortzuschreiben.
Die Kampagne wurde in zwei großen Flights vom April 2006 bis zum November 2006 geschaltet.
Kampagnenerfolg:
Mit der Kampagne wurden die gesetzten absatzpolitischen Ziele übertroffen:
• Paulas Pudding gelangte nicht nur – wie angestrebt – unter die Top-5-Neueinführungen,
sondern war mit großem Abstand die erfolgreichste Neueinführung im wettbewerbsintensi-
597
Vgl. dazu die Überlegungen von ESCH, 2002, S. 203 ff. sowie ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 777 f. zu den
Erfolgsbedingungen der vertikalen Dachmarken-Dehnung in Form eines Sub-Brandings.
160
ven Markt für Molkereiprodukte, wobei die übrigen Neueinführungen auf deutlich größere
Zielgruppen (Erwachsene insgesamt) zielten;
• mit dem Start der TV-Kampagne im März wurde eine kontinuierliche Steigerung der Nachfrage generiert, wobei die Jahreszielmarke von 5 % bereits im 3. Quartal erreicht wurde
und der Marktanteil zum Jahresende 6,5 % betrug. Konsequenz: Der Marktanteil von Dr.
Oetker im Fertigdessert-Markt insgesamt stieg durch den Paula-Erfolg um 10 % von 24,6
% auf 27,0 %;
• das Umsatzziel von 10 Mio. Euro wurde um 44,3 % übertroffen (insgesamt 14,5 Mio. Euro), während der Hauptwettbewerber Zott Monte 1,3 Mio. Euro Umsatz einbüßte (minus
4,8 %). Gleichzeitig wuchs der gesamte Markt für Milchpudding-Kinderprodukte durch
Paulas Pudding von 45,9 Mio. Euro um 32,4 % auf insgesamt 60,9 Mio. Euro. Ohne den
Umsatzanteil von Paulas Pudding betrug das Marktwachstum nur 1 %;
• die höchsten Umsatzsteigerungen erzielte Paulas Pudding während der zwei TV-Flights im
Frühjahr und Herbst;
• Paulas Pudding erreichte im Startjahr einen Marktanteil von 24 %, 20 % über der anvisierten Zielmarke: Gleichzeitig büßte der Marktführer Zott Monte 18 % seines Marktanteils
ein;
• die gestützte Bekanntheit von Paulas Pudding in der Kinder-Zielgruppe lag bei 70 %, 74 %
erklärten, den TV-Spot Paulas Rap gesehen zu haben;
• Kaufanimation: Die qualitative Marktforschung ergibt, dass bei 32 % der Kinder bzw. 47
% der Mütter der TV-Spot eine direkte Wirkung auf die Kaufentscheidung hat. 48 % des
Absatzes von Paulas Pudding im Jahr 2006 sind nachweislich auf TV-Werbung zurückzuführen (OMD Modelling). Generell belegt dies jedoch auch die Notwendigkeit eines konstant hohen Werbedruck zur kontinuierlichen Absatzsteigerung bei Low-InvolvementProdukten (permanenter Aktualisierungsdruck, um im relevant set der Konsumenten zu
bleiben);
• im Zuge der Online-Maßnahmen wurden knapp 10 Millionen Page-Impressions generiert
und knapp 17000 Teilnehmer innerhalb der zwei Gewinnspiele rekrutiert;
• die Effizienz der eingesetzten Spendings lag mit 538200 Euro pro Prozentpunkt Marktanteil höher als die anderer Kampagnen (Vergleich Crema Joghurtschnee mit 769800 Euro
pro Prozentpunkt).
Im Zuge der Einführungskampagne ist es Dr. Oetker mit Paulas Pudding offensichtlich gelungen, einen Marktanteil von 24 % im Markt der Milchpudding-Kinderprodukte im ersten Jahr
sowohl aus einer deutlichen Nachfragesteigerung nach Milchpuddingprodukten für Kinder
wie auch aus einer erfolgreichen teilweisen Verdrängung des Sortiments-Marktführers Zott
Monte zu generieren.
161
Erfolgsfaktor für die Kampagne war nach Einschätzung von Ferber die in allen Dimensionen
„konsequente zielgruppenspezifische Kampagnenumsetzung.“ Damit bestätigt die Fallstudie
die Überlegungen von BRUHN zu den Erfolgsparametern integrierter KommunikationsKampagnen.598
Die Bedeutung der zielgruppenattraktiven Figur „Paula“ für den Kampagnen-Erfolg ist ein
weiterer Beleg für die Überlegungen von GARRETSON und BURTON zur Bedeutung der
übergreifenden Verwendung solcher Figuren in der Werbekommunikation und auf der Verpackung 599 ebenso wie die hohe positive Resonanz auf Paulas Rap die Überlegungen von
GORN600 zum Erfolgstreiber Musik in der Werbung unterstreicht.
Die gesetzten Ziele waren nach Einschätzung von Angela Wisken, Chefredakteurin der Lebensmittel Zeitung relevant und hinreichend ehrgeizig. „Die Einführung von Paulas Pudding
war im Gegensatz zu vielen ‚One-Shots’ ein echter und nachhaltiger Markterfolg“, so
Wisken.
„Tendenziell fehlen Dr. Oetker die Mittel, um gegenüber den internationalen Food-Multis und
ihren Werbeetats kommunikativ bestehen zu können“, so Wisken weiter. Im Falle von Paula
seien jedoch durch die Wahl einer engen Zielgruppe und einer einzigartigen (‚uniquen’) Kreatividee die Werbemittel ausreichend gewesen.
„Der Erfolg der Kampagne basiert maßgeblich darauf, dass Dr. Oetker die riesige Positionierungslücke neben Zott Monte richtig identifiziert und Paula konsequent in diesem Freiraum
platziert hat“, so Effie-Jury-Mitglied Peter Schütz.
Dementsprechend wurde die Kampagne 2006 mit einem silbernen Effie ausgezeichnet.
Fazit:
Die Paula-Kampagne von Dr. Oetker ist exemplarisch für die Einführungskampagne eines
Low-Involvement-Produktes. Zwar stehen bei dem ersten, spezifisch für die Zielgruppe der
Kinder entwickelten Milchprodukt des Lebensmittelproduzenten Dr. Oetker vorrangig Neukunden (Kinder) im Fokus der Kampagne, allerdings ergeben sich auch partielle CrossSelling-Effekte durch die Ansprache der Müttern in ihrer Gatekeeper-Funktion als finale Kaufentscheider. Als Einführungswerbung ist die Bekanntheit des Produktes das vorrangige
Kommunikationsziel der Kampagne gewesen. In der besonderen Ausprägung eines Neuproduktes, das sich vorrangig an einem bestehenden marktführenden Wettbewerbsprodukt orientiert, ist die Werbebotschaft vorrangig emotional und offeriert eine „Kids-Coolness“ als zielgruppenkonformen Erlebnischarakter, der deckungsgleich ist mit der klassischen Positionierung eines Low-Involvement-Produktes. Mediawerbung dominiert den Kommunikations-Mix
598
BRUHN, 2005a, S. 113 ff.
GARRETSON/BURTON, 2005, S. 120
600
GORN, 1982, S. 100
599
162
der Kampagne in hohem Maße. zum schnellen Reichweitenaufbau und als Werbemittel mit
der höchsten Emotionalität wurde beim Media-Mix ein starker Fokus auf TV gelegt.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukt
Zielgruppenfokus
überwiegend Neukunden
Budgethöhe
höchstes Budget
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit
Positionierung
Emotion
Werbebotschaft/-stil
emotional
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (90%)
Leitmedium
TV
Abbildung 26: Ausprägungen der Paula-Kampagne als Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.4
Kampagnen-Fallstudie Dove pro•age, Unilever
Marketingstrategie
Mit einem Jahresumsatz von 39,6 Mrd. Euro, von denen sechs Prozent in Deutschland erwirtschaftet werden, ist Unilever einer der größten Konsumgüterhersteller weltweit. Das Portfolio
reicht von Nahrungsmitteln und Getränken über Haushalts- und Textilpflege bis zu Körperund Haarpflegeprodukten.
Im Segment der Körperpflegeprodukte ist Unilever mit der Marke Dove (heute knapp 100 Artikel in neun Kategorien) seit 1991 im deutschen Markt präsent. Innerhalb der ersten zehn
Jahre konnte Dove in Deutschland für sich eine relevante Marktposition erobern, blieb jedoch
mit einem Gesamtmarktanteil von 5 % deutlich hinter dem nationalen Marktführer Beiersdorf
(37 % Marktanteil in 2003) zurück. In der Kommunikation präsentierte sich Dove bis 2003
mit dem Key-Visual des Tauben-Signets eher zurückhaltend. Die Ergebnisse der qualitativen
Marktforschung ergaben, dass Dove damals eine „passive Weiblichkeit“ für „Frauen von gestern“601 repräsentierte. Die Dove-Produkte standen hauptsächlich für „viel Feuchtigkeitspflege“.
Somit war für die Verantwortlichen bei Unilever klar, dass eine deutliche Ausweitung von
Absatz, Umsatz und Marktanteil von Dove – insbesondere in Deutschland – nur durch eine
kommunikative Repositionierung der Marke in Verbindung mit verbesserten Produkten zu erreichen wäre. Konsequenz: Unilever startete 2004 eine prägnante Relaunch-Kampagne602, in
der – als radikales Gegenstück zur klassischen Körperpflegewerbung mit Models – ‚echte’
Frauen in den Fokus gesetzt wurden. Diese Kampagne für die hautstraffende Pflegeserie von
Dove war im Hinblick auf Awareness, Image und konkrete Absatz- und Umsatzeffekte äu-
601
602
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 37
TELGHEDER, M., 2004, S. 14
163
ßerst erfolgreich und trug zu einer massiven Steigerung des Markenwertes bei.603 Beate Kindler, kampagnenverantwortliche Brand-Managerin für Dove: „Markenstrategisch war es konsequent, zunächst für Dove ein funktionales Markenversprechen zu etablieren, um dann die
Marke so massiv emotional aufzuladen.“
Mit der Repositionierung von Dove wurde kommunikativ eine deutliche Differenzierung zum
weiterhin klassisch werbenden Wettbewerber L’Oreal vorgenommen. Dagegen ist die Abgrenzung zum vor allem nationalen Wettbewerber Beiersdorf „die unschärfste“, weil Beiersdorf immer schon mit natürlicher Schönheit geworben hat. „Letztlich haben wir diese Natürlichkeitspositionierung nur noch konsequenter und radikaler besetzt“, so Kindler.
Auf Grundlage der erfolgreichen Repositionierung der Marke Dove wurde im nächsten Schritt
die weitere Marktpenetration auf Basis einer Line-Extension zur gezielten Ansprache einer bis
dato eher vernachlässigten Zielgruppe beschlossen, den Frauen im Altersbereich über 40 Jahre. „Mit der repositionierten Marke Dove hatten wir die notwendige Power und Glaubwürdigkeit sowie mit der Kampagnenplattform der ‚echten Frauen’ eine adäquate Kommunikationsplattform, um dieses Kundensegment erfolgreich anzugehen“, so Kindler. Gleichzeitig trat
Dive damit aber aber auch in den seit Jahren boomenden, wettbewerbsintensiven Anti-AgingMarkt ein.604
Dementsprechend wurde unter dem Subbrand pro•age im Februar 2007 ein neues Sortiment
von 12 Pflegeprodukten aus neun Warenkategorien speziell für ältere Frauen im deutschen
Markt eingeführt.
Mit dieser vertikalen Dehnung der erfolgreich repositionierten Absendermarke Dove agierte
Unilever auch markenstrategisch konsequent als Multiplizierer: Durch eine zielgruppenspezifische, leistungspflegende Variation des bestehenden Sortiments an Pflegeprodukten sollte
das Marketingziel der erfolgreichen Kundenakquisition erreicht werden.605
Werbestrategie:
Als Einführungswerbung zielte die Kampagne vor allem auf Neukundinnen in der Altersgruppe 50 Jahre und älter. Kindler erläutert dazu: „Wir waren uns der Problematik bewusst,
dass mit dem neuen zielgruppenspezifischeren Sortiment bestehende Dove-Kundinnen der
Pflegeserie möglicherweise kannibalisieren. Wir haben für uns dennoch diesen Schritt als
notwendig und sinnvoll zur langfristigen Expansion der Marke Dove bewertet.“
603
BERGMANN, 2007, S. 21 f.; JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 38
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 247
605
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19
604
164
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Unilever Deutschland Holding GmbH
Konsumgüter/Pflegeprodukte
Dove pro•age-Pflegeserie
Low-Involvement
Februar bis Dezember 2007
Keine Angaben
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 27: Kampagnen-Steckbrief Dove pro age
Quelle: Eigene Darstellung
Als zentrale Herausfoederungen für die Kommunikation wurden folgende gesehen:606
•
Ein Umdenken in der Gesellschaft zu forcieren,
•
Frauen zu ermutigen statt Anti-Age „Pro Age“ zu sein,
•
und die Produkte ohne übertriebene Versprechen und der Altersgruppe entsprechend anzubieten.
Als zentrales kommunikatives Kampagnenziel wurde vor Kampagnenstart fixiert:
• Gestützte Bekanntheit von mindestens 20 % in der Zielgruppe.
• Aufbau starker Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft in einem Umfeld von eher übertriebenen Versprechen.
Als zentrales absatzpolitisches Kampagnenziel wurde vor Kampagnenstart fixiert:
• Erreichung der Marktführerschaft im Marktsegment der Pflegeprodukte für Frauen ab 40
Jahren.
• Ausbau der Käuferreichweite durch den Dove pro•age-Launch.
„Traditionell stehen auch für mich als Kommunikationsverantwortliche die Absatzziele im
Fokus“, so Kindler. Gerade angesichts der Imageerfolge der Vorläufer-Kampagne von 2004
waren für pro•age das schnelle Erreichen der Absatzziele maßgeblich.
Kindler erläutert Motivkonzept wie folgt: „Im Sinne eines deutlichen Aberverkaufs-Fokus
präsentieren wir in den einzelnen Werbemitteln immer einen konkreten Artikel. Angesichts
der Komplexität des Gesamt-Portfolios von Dove liegt unserer Kommunikation eine klare
Plattform-Strategie zugrunde.“
Die Grundphilosophie zur pro•age-Kampagne lautete: ‚Keine Frau sollte das Gefühl haben,
dass älter werden etwas Negatives ist, das um jeden Preis verhindert werden muss. Im Gegenteil: Wir möchten Frauen, die an der Schwelle zum vielleicht spannendsten Abschnitt ihres
Lebens stehen, inspirieren, ihr Potential zu erkennen und auszuschöpfen.’
606
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 247
165
Daraus resultierte der Kampagnen-Claim „Dove pro•age, denn Schönheit kennt kein Alter“.
Die Kampagne machte die Schönheit von Frauen 50+ für alle sichtbar. Um ihre Schönheit zu
zeigen, entblößten sie stolz ihren Körper: mit Altersflecken, Falten und grauen Haaren.607
„Strategisch ist die pro•age-Kampagne als markanter Widerspruch gängiger Schönheitsideale
eine konsequente, zielgruppenspezifische Fortsetzung der Relaunch-Kampagne von 2004“, so
Kindler. Dementsprechend wurde für die kreative Umsetzung das Kampagnen-Format adaptiert. „Key-Visual der Kampagne sind ‚echte’ Frauen im Alter zwischen 40 und mehr Jahren,
die in großer Natürlichkeit ihre Schönheit nackt präsentieren“, so Kindler.608
Analog der Relaunch-Kampagne und konform mit dem FMCG-Markt war TV-Werbung mit
einem Budgetanteil von circa 60 % das Leitmedium im Media-Mix für pro•age. Flankiert
wurde dies durch Print-Werbung (circa 30 %). Eine ebenfalls traditionell besondere Rolle
spielten – ebenfalls analog der Einführungskampagne – Riesenplakate. Kindler: „Bei der
Kampagne 2004 haben wir die enorme Bedeutung von PR als Instrument zur effizienten Awareness-Generierung gelernt und dieses Wissen bei der pro•age-Kampagne entsprechend eingesetzt.“ Darüber hinaus spielten für die pro•age-Kampagne der Einsatz vielfältiger belowthe-line-Maßnahmen eine wichtige Rolle. So wurde im September eine Online-Community
unter der URL-Adresse http://www.proage-netzwerk.de/ von Unilever gelauncht. „Wir haben
festgestellt, dass wir mit dem neuen Image von Dove viel eher in der Lage sind, in eine direkte Kommunikation mit den Konsumentinnen zu treten und dass dieses Angebot, obwohl es
um klassische Low-Involvement-Artikel geht, angenommen wird“, so Kindler zur Dialogstrategie von Dove. Insgesamt konnten bereits über 4 Millionen Endkunden-Kontakte über die
verschiedenen Interaktionskanäle generiert werden.
Kampagnenerfolg:
• Gestützte Bekanntheit von 25 % (25 % über dem Zielwert);
• Im Vergleich zur übrigen Werbung erzielte die Kampagne in den Dimensionen und Identifikation überdurchschnittliche Werte;
• Die umfassende Berichterstattung in den Medien verdeutlicht, welche gesellschaftliche Relevanz die Kampagne erhalten hat. So wurden über 1 Milliarde Kontakte durch TVBerichte, Print- und Onlineberichte generiert;
• Neukundenakquisition: Mit Dove pro•age generierte Unilever bis Ende des Kampagnenjahres 2007 über drei Million neuer Kundinnen;
• Zielgruppen-Penetration: Dove pro•age erreichte in den anvisierten Kern-Alterssegmenten
(40-69 Jahre) durchschnittlich mehr als ein Viertel der Frauen als Erstkäufer der pro•ageProdukte;
607
608
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 250
Dies entspricht nach MEFFERT/BURMANN/KOERS, 2005 S. 715 f. der Variante von Testimonial-Werbung
mit „typischen“ Verwendern.
166
• Marktführerschaft: Dove pro•age ist im Markt der Pflegeprodukte speziell für ältere Frauen
mit 60 % Marktführer, deutlich vor dem wichtigsten Wettbewerber Beiersdorf mit 35 %.
• Der Erfolg der Dove pro•age-Pflegeserie beeinflusste signifikant den gesamten DoveBody-Care-Umsatz . Innerhalb eines Jahres stieg dieser um 72 Prozent.
• Durch die erfolgreiche pro•age-Kampagne konnte die Käuferreichweite von Dove um 36
Prozent gesteigert werden.
Grundlage für den schnellen Erfolg von Dove pro•age als zielgruppenspezifischer Produktrange ist nach Aussage von Kindler maßgeblich die konsequente Nutzung der renovierten
Dachmarke Dove in Verbindung mit dem prägnanten Gestaltungsformat („natürliche“ Frauen
als Key-Visuals). Diese hohe kommunikative Nähe auf Basis eines entsprechenden SubBrandings entspricht im Hinblick auf den leistungspflegenden Charakter der neuen Produkte
den Empfehlungen, die u.a. ANDRESEN und NICKEL609 geben. Gleichzeitig warnen sie aber
wie ESCH auch 610vor Kannibalisierungseffekten, die mit solchen Produktvariationen einhergehen können. Dementsprechend besteht nach Meinung von Marktexperten für Dove perspektivisch auch die Gefahr der Markenüberdehnung.611 Neben der Kannibalisierungsproblematik
ist zur abschließenden Kampagnenbeurteilung auch die Nachhaltigkeit des absatzpolitischen
Erfolges relevant.
Die Dove pro•age-Kampagne wurde mit dem Effie 2008 in Gold ausgezeichnet.
Fazit:
Die Dove pro•age-Kampagne ist eine Einführungskampagne für ein Low-InvolvementProduktes. Mit der Line-Extension, die sich explizit an ältere Konsumentinnen richtet, stehen
zwar überwiegend Neukundinnen im Fokus, jedoch bestehen auch Überschneidungen mit der
bestehenden Kunden-Klientel, die bislang die altersunspezifischen Körperpflege-Produkte
gekauft hat. Vorrangige Kommunikationsziele sind die Bekanntheit, gefolgt von Präferenz.
Die Positionierung des Produktes zielt gemäß eines Low-Involvement-Produktes auf Emotion.
Dementsprechend ist die Kampagnen-Botschaft in Verbindung mit „echten“ Frauen als KeyVisuals hochemotional. Mediawerbung einen hohen, aber keinen absolut dominierenden Anteil am Kommunikations-Mix, wobei TV als Leitmedium fungierte.
609
ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 776
ESCH, 2002, S. 203 ff.;siehe auch ESCH./FUCHS/BRÄUTIGAM ET AL:, 2005, S. 29
611
Vgl. dazu auch BERGMANN, 2007, S. 111
610
167
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Budgethöhe
hohes Budget
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Präferenz
Positionierung
Emotion
Werbebotschaft/-stil
emotional
Stellenwert Mediawerbung
hoch (70%)
Leitmedium
TV
Abbildung 28: Ausprägungen der Dove pro•age-Kampagne als Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.5
Kampagnen-Fallstudie Eucerin, Beiersdorf
Marketing-Situation
Eucerin gehört zu den Kernmarken612 des Konsumgüterherstellers Beiersdorf (5,1 Milliarde
Euro Jahresumsatz in 2006, 17.000 Mitarbeiter weltweit). Unter der Marke Eucerin vertreibt
Beiersdorf in Abgrenzung zum allgemeinen Körperpflegeangebot unter der Marke Nivea und
weiterer Marken seit mehr als 100 Jahren ein „medizinisches Hautpflegeprogramm“. Historischer Ursprung einer breiten Endverbrauchervermarktung war das neutrale WaschlotionProdukt ph5, das bis heute zu den Produkt-Bestsellern von Eucerin gehört. Auf Grundlage des
„pH5“ Produktes wurde das Produkt-Portfolio vor etwa 10 Jahren (beginnend Ende 1996)
konsequent um Gesichtspflege-Produkte erweitert, deren jeweilige Zuordnung – genauso wie
die der übrigen Produkte des Eucerin-Sortimentes – in der Weise erfolgt, wie ein Hautarzt eine Indikation feststellt (gegen Altersfalten, gegen trockene Haut, gegen unreine Haut, für
(sonnen-)empfindliche Haut). Heute werden unter der Marke Eucerin insgesamt 92 Artikel
(35 Gesichtspflege- und Reinigungscremes, 29 Körperpflegeprodukte, 15 Körperreinigungsprodukte, 12 Sonnenschutzprodukte sowie drei Deos) exklusiv über den Vertriebskanal Apotheke vertrieben. Eucerin verfügt bei der anvisierten Kern-Nutzerschaft mit regelmäßigen
oder gelegentlichen Hautproblemen, aber auch Problemhaut angesichts der funktionalen Benefits der Produkte und einer langen Markentradition über eine hohe Loyalität und ausgeprägtes Vertrauen in die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Produkte.
In dieser Ausgangssituation war der Markt durch folgende Entwicklungen geprägt:
• Der Gesamtmarkt für Gesichtspflege-Produkte in der Apotheke (394 Mio. Euro zum vom
Hersteller vorgeschlagenen Verkaufspreis (EVP) Volumen im Jahr 2006 bei einem Gesamtvolumen des Körperpflege- und Kosmetikmarktes im exklusiven Verkauf in der Apotheke von ca. 830 Mio. Euro) stagnierte leicht. Ein Grund dafür ist, dass die traditionelle
Trennung zwischen den Absatzkanälen Apotheke und klassischer Handel zunehmend aufweicht und Marken, die aus dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Droge-
612
BEIERSDORF AG, 2007
168
riemarkt vertrieben werden, ebenfalls verstärkt medizinisch positionierte Konzepte und
Wirkversprechen anbieten.
• Gleichzeitig wuchs auf Verbraucherseite die Nachfrage nach wirkungsintensiveren AntiAging-Produkten als Präventiv- oder Komplementäranwendung zu operativen Maßnahmen
deutlich.
• Andere Marken wie der Marktführer Vichy (vormals 40 % Marktanteil in der Gesichtspflege aus der Apotheke), La Roche Posay und Avène hatten gegenüber Eucerin bereits eine
lange Markentradition in der Gesichtspflege bzw. sind mit ihrem Kernsortiment aus der
Gesichtspflege hervorgegangen, während Eucerin seinen Ursprung in der Körperpflege und
-reinigung hat. Zudem war der Marktführer Vichy bereits mit Anti-Aging-Produkten erfolgreich im Markt vertreten.
Im Teilmarkt der Anti-Aging-Gesichtspflege-Produkte war Eucerin bereits mit dem Produkt
Empfindliche Gesichtshaut Q10 Anti-Falten-Pflege sowie im Teilmarkt der FeuchtigkeitsAufbaupflege mit sieben weiteren Artikeln vertreten, die jedoch aufgrund ihrer Auslobung für
empfindliche Gesichtshaut von bestimmten Verbraucher-Zielgruppen im Bezug auf die AntiAging-Leistung als weniger intensiv wirkend wahrgenommen wurden. Dadurch bedingt lag in
den Jahren bis etwa Ende 2004 der Marktanteil unter 10 % und Eucerin bis zu diesem Zeitpunkt damit deutlich hinter den Wettbewerbern Vichy (40%) und Celyoung (9%). Dabei gelang es Eucerin, seine Marktposition im Gesichtspflegemarkt kontinuierlich auszubauen, die
Marke stieß aber zunehmend an Potentialgrenzen.
Auf dieser Grundlage beschloss das Beiersdorf-Management, das bestehende Portfolio von
Eucerin im Bereich der Anti-Aging Gesichtspflege zu erweitern und damit die Gesamtposition im Apothekenmarkt der Gesichtspflege-Produkte zu stärken. Grundlage für die Einführung
eines neuen Produktes war die Weiterentwicklung von Hyaluronsäure in Verbindung mit Saponin als wirkungsvolles Anti-Faltenmittel. Dieser Wirkstoff war die Grundlage für die Entwicklung der Eucerin Hyaluron-Filler-Creme, die 2006 sowohl in einer Tages- wie einer
Nachtpflegevariante eingeführt wurde. Mit einem Verkaufspreis von 19,95 Euro (für 50 ml
der Nachtpflegevariante) handelt es sich bei der Hyaluron-Filler-Creme neben der Anwendungsrelevanz auch preislich um ein Produkt mit mittlerem bis hohem Involvement.
Werbestrategie:
Für die Einführungskampagne des Anti-Aging-Neuproduktes Eucerin Hyaluron-Filler wurden
dementsprechend Neukundinnen anvisiert. „Aufgrund des dezidierten AntifaltenWirkungsbezugs gibt es keine Überschneidung zu den Verwenderinnen bestehender EucerinProdukte, deren jeweilige Wirk-/ Leistungsprofile deutlich andere sind“, so Georg Lutter,
Marketingleiter Eucerin. Lutter weiter: „Die große Herausforderung bestand für uns darin, die
Markenkompetenz von Eucerin im Bereich ‚medizinische Gesichtspflege’ um eine kosmetische Kompetenz zu erweitern, da die anvisierte Zielgruppe der ‚Anti-Age-Fighter’ ganz
169
überwiegend von kosmetisch geprägten Leistungsversprechen getrieben ist“. Voraussetzung
für den Erfolg war also ein Zusammenspiel von bestehender medizinischer Leistungsfähigkeit
und zu kreierender kosmetischer Begehrlichkeit.
Als absatzbezogene Kampagnenziele wurde folgende fixiert:613
• Erreichung eines Umsatzziels von 8 Mio. Euro zu EVP für Hyaluron-Filler im Jahr 2006;
• Umsatzwachstum im Gesamtsortiment Eucerin Anti-Age von 18 % (und somit deutlich über dem Marktdurchschnitt von 9 %), davon mindestens 50 % durch Hyaluron-Filler;
• Wachstum im Bereich Anti-Aging deutlich über dem Marktdurchschnitt von 9 %.
Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
Bekanntheit: 15 % gestützte Produkterinnerung Ende 2006;
•
Image-Erweiterung: signifikante Steigerung der Imagewerte kosmetisch, innovativ, modern und anspruchsvoll, Level halten in den Bereichen medizinisch, kompetent, problemlösend und verantwortungsbewusst.
•
Likability:
o
Persuasionswert des TV-Spots über der Massenmarkt-Norm von 16 %;
o
signifikante Steigerung von Relevant Set und First Choice der Marke Eucerin.
Lutter erklärt zur Zielgruppenspezifizierung: „Aus unserer Marktforschung haben wir gelernt,
im Bezug auf die Phänomene der Hautalterung und das damit einhergehende Verhalten von
Verbrauchern zwischen Acceptern und Fightern zu unterscheiden. Mit Eucerin HyaluronFiller zielen wir auf die Gruppe der Anti-Age Fighter. Darunter verstehen wir Frauen, deren
wesentliches Problem darin besteht, dass sie sich noch lange nicht so alt fühlen, wie sie sind,
und sie wollen auch dementsprechend jünger aussehen. Altern ist für sie kein zu akzeptierendes Übel, sondern da, um bekämpft zu werden. Und das tun sie intensiv.“ Dies geschieht auf
alle erdenklichen und im Markt angebotenen Weisen wie z. B. durch die Injektion von die
Hautfalten aufpolsternder Mittel (ärztliche oder dermatologische Behandlung) oder durch die
Behandlung von Hautfalten durch das Auftragen von Kosmetikprodukten mit entsprechender
Wirkauslobung (kosmetische Behandlung).
Während der Einsatz von Injektionen von vielen Frauen der Zielgruppe noch gescheut wird,
gehört der regelmäßige Gebrauch von Kosmetik- und Pflegeprodukten zum Standard. Dabei
wurden bislang eher Marken mit von Verbrauchern eher als kosmetisch wahrgenommenem
Profil präferiert. Produkte, deren Positionierung aber stark von der Eignung für sensible Haut
und dementsprechend als besonders verträglich geprägt sind, werden hingegen in Bezug auf
die Anti-Aging Leistung als zu schwach und medizinische Produkte als nicht kosmetisch genug empfunden. „Dementsprechend stand die Zielgruppe den existierenden Anti-AgingProdukten der medizinischen Hautpflege-Marke Eucerin mit dem vorwiegend als besonders
613
GWA-Jahrbuch, 2007, S. 191
170
verträglich und der damit vermuteten geringeren Anti-Aging-Leistung als eher kritisch gegenüber“, so Lutter, „weil sie für die Faltenbekämpfung bislang nur mit der medizinischen
und kosmetischen Behandlung in der traditionellen Ausprägung vertraut waren.“
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Beiersdorf AG
Konsumgüter/Körperpflege
Eucerin Hyaluron-Filler
mittleres bis hohes Involvement
Mai bis Dezember 2006 (sowie Fortsetzung in 2007)
ca. 6,2 Mio. Euro (Jahresvolumen 2006)
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 29: Kampagnen-Steckbrief Eucerin
Quelle: Eigene Darstellung
In der Kommunikation wollte man die medizinisch-dermatologische Herkunft von Eucerin
bewusst nutzen. „Deshalb lautete die Kernbotschaft, dass Eucerin Hyaluron Filler aufbauend
auf dem Prinzip wie die Hyaluronsäure-Behandlung beim Dermatologen funktioniert und die
Kundin quasi in Eigenbehandlung tiefe Falten dadurch bekämpft, dass die Creme zur Aufpolsterung des Bindegewebes von innen führt“ , so Lutter. Das Neuprodukt sollte bewusst als
Ergänzung zur Injektionsbehandlung beziehungsweise als Alternative für alle Frauen, die einen Eingriff scheuen, positioniert werden. Lutter: „Wichtig war uns dabei, Eucerin Hyaluron
Filler nicht als Ersatz zur medizinischen Behandlung zu positionieren und damit den Dermatologen ihr Geschäft streitig zu machen, sondern das Produkt als die medizinische Behandlung ergänzende Pflege zu kommunizieren.“ Um die Alternativ- bzw. Komplementärfunktion
von Eucerin Hyaluron Filler zu verdeutlichen, wurde nach längerer interner Diskussion, in
den Print-Motiven (siehe Anlage) die Creme in Verbindung mit einer Injektionsnadel gezeigt.
Lutter: „Wir wollten damit die Alternativüberlegungen in den Köpfen derjenigen in der Zielgruppe ansprechen, die eine Injektion beim Arzt (noch) scheuen“.
In der kreativen Umsetzung mussten dementsprechend die medizinische Leistungskraft von
Eucerin Hyaluron-Filler verdeutlicht werden als auch der Anti-Aging-Effekt als deren Ergebnis. Lutter: „Bereits zu Anfang stand fest, dass die Kampagne über sehr viele Kanäle für unterschiedliche Zielgruppen zum Einsatz kommen sollte. Wir brauchten somit ein impactstarkes Key-Visual als Kernelement einer starken visuellen und inhaltlichen Klammer, die einen integrierten Kampagnenauftritt garantiert.“ In Assoziation zur Gesichtsmarkierung bei der
klassischen Faltenbehandlung per Injektion wurde als Key-Visual ein Frauengesicht gewählt,
das an den entsprechenden kritischen Hautstellen mit Eucerin Hyaluron Filler „markiert“ ist
(siehe Anzeigenmotive in der Anlage). Mit dem Copy-Hinweis „Zum Patent angemeldet“,
sollte nach Lutter ein weiterer Hinweis auf die unternehmenseigene Forschungs- und Entwicklungskompetenz gegeben werden.
171
Für den TV-Spot wurde gezielt das klare und saubere Sujet einer Dermatologen-Praxis gewählt, um auch hier den medizinischen Bezug plakativ herauszustellen, gleichzeitig durch die
futuristischen Elemente aber auch den Innovationscharakter des Produktes herauszustellen.
Zur erfolgreichen Markteinführung des Produktes wurden neben den Konsumenten auch Apotheker und Dermatologen als wichtige Absatzmittler mit jeweils spezifischen Kommunikationszielen und unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten (Infobroschüren, GiveAways) angesprochen. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Apotheken als Vertriebspartner wurde etwa die Hälfte des Kampagnenbudgets in nichtmediale Kommunikationsinstrumente (Verkaufsförderung, Point of Sale) investiert. Innerhalb der medialen Instrumente war
TV mit einem Budgetanteil von 60 % eindeutig Leitmedium. Die übrigen 40 % wurden auf
Print verwandt.
Zielgruppen
Konsumenten
Kommunikationsziel
Awareness und Relevant Set
Apotheker
Information und Sales-Support
Dermatologen
Information (klinische Studien)
Instrumente
TV, Anzeigen in Publikumszeitschriften (z. T. mit eingeklebten Proben), PR
Info-Flyer, Schulungsunterlagen, VKF-Material (Thekenaufsteller, Sales-Folder ( u.a.m.)
Werblich aufbereitete Studienergebnisse zur Wirkungsweise
in Verbindung mit Mailings
Abbildung 30: Zielgruppendifferenzierte Ansprache
Quelle: Eigene Darstellung
Kampagnenerfolg:
In Verbindung mit der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erreicht:
•
Bekanntheit: 25 % gestützte Produkterinnerung Ende 2006. Damit lag die Bekanntheit 67
% über dem Zielwert von 15 % und fast auf dem Niveau der seit Jahren eingeführte pH5Pflegeserie von Eucerin (32 % gestützte Produkterinnerung). Parallel stieg die Kompetenzzuweisung im Bereich „Faltenminderung“ für die Marke Eucerin von 2 % vor Start
der Kampagne auf 18 % zum Jahresende 2006.
•
Image-Erweiterung: Alle relevanten Imagedimensionen konnten bei den Werbeerinnerern
um mindestens 30 % gesteigert werden. Dies entsprach dem Ziel einer signifikanten Steigerung.
•
Likability: Im Pretest erreichte der TV-Spot einen fast doppelt so hohen Persuasionswert
(dieser setzt sich aus einer Reihe von Einzelfragen zusammen, die kumuliert Aussagen zu
Produktakzeptanz/-glaubwürdigkeit und Kaufabsicht wiedergeben) wie die Referenz aus
dem Massenmarkt. Die Post-Messung bestätigte dieses Ergebnis: Konsumenten, die sich
an die Werbung erinnerten, zogen Eucerin mehr als doppelt so häufig in Betracht (Rele-
172
vant Set) beziehungsweise bevorzugten die Marke beim Kauf (siehe Abbildung). Das Ziel
einer signifikanten Steigerung in diesen Dimensionen wurde somit erreicht.
•
Umsatzwachstum produkt- und segmentbezogen: Im Teilmarkt Anti-AgingGesichtspflege realisierte Eucerin im Jahr 2006 ein deutlich marktüberdurchschnittliches
Wachstum. Während der Markt der Anti-Age-Produkte aus der Apotheke um 7,7 %
wuchs, wuchs Eucerin um 39,9 %. Damit wurde das Ziel von +18 % deutlich übertroffen.
Gleichzeitig resultierte das Wachstum zu 100 % aus der Neueinführung von HyaluronFiller. Konsequenz: Sowohl das Tages- als auch das Nachtpflegeprodukt sind Ende des
Jahres 2006 die beiden erfolgreichsten Neueinführungen im Körperpflege- und Kosmetikmarkt aus der Apotheke.
•
Eucerin konnte auf Grundlage des Neuproduktes seinen Marktanteil im Anti-AgeProduktsegment der Apotheken von 12,5 auf 16,3 % ausbauen, während die restlichen
Wettbewerber signifikant Anteile verloren und an Eucerin abgeben mussten. Die Konsequenz daraus war: Eucerin rückte im Marktranking dieses Marktsegmentes von der dritten
auf die Position des Marktzweiten hinter dem Hauptwettbewerber vor.
Aufgrund dieser Erfolgswerte wurde die Kampagne mit dem Silber-Effie 2007 ausgezeichnet.
Der im Einführungsjahr 2006 erzielte Markterfolg wurde auch im Folgejahr auf Basis entsprechender, deutlicher Umsatz- und Marktanteilssteigerungen fortgesetzt.
Generell ist bei der Bewertung des Kampagnen-Erfolges zu berücksichtigen, dass mit dem
beworbenen Produkt eine echte „New-to-the World-Produkt“ 614 vorlag, deren fundamentaler
Innovationscharakter an den vielen nachfolgenden, bis hin zu fast namensgleichen bzw. ähnlichen Imitationsprodukte der Wettbewerber abzulesen ist.
Fazit:
Bei der Kampagne zu Eucerin Hyaluron-Filler handelt es sich um eine Einführungswerbung
für ein „New-to-the World-Produkt“: Ein neues Produkt, basierend auf einer innovativen
Wirkstoff-Kombination, wird vom Hersteller Beiersdorf an einen Kundenkreis adressiert, den
man mit dieser Marke bislang kaum erreicht hat. Vorrangiges Kommunikationsziel ist die Bekanntheit, vor Image und Präferenz. Die Positionierung des Produktes zielt gemäß eines Produktes mit tendenziellem hohem Involvementcharakter auf eine Kombination aus Emotion
und Information. Dementsprechend ist die Kampagnen-Botschaft geprägt durch emotionale
und informative Inhalte. Mediawerbung hat im Fall der Eucerin Hyaluron-Filler-Kampagne
einen hohen, aber keinen absolut dominierenden Anteil am Kommunikations-Mix. Dies ist
insbesondere bedingt durch die spezifische Absatzstruktur (Vertrieb ausschließlich über Apotheken), wobei TV Leitmedium der Kampagne war.
614
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17
173
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukt
Zielgruppenfokus
Fast ausschließlich Neukunden
Budgethöhe
höchstes Budget
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Image, Präferenz
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft/-stil
Emotional und informativ
Stellenwert Mediawerbung
mittel (50%)
Leitmedium
TV
Abbildung 31: Ausprägungen der Eucerin-Kampagne als Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.6
Kampagnen-Fallstudie Touareg, Volkswagen
Marketingstrategie
Der Automobilhersteller Volkswagen verfügt über ein breites Portfolio an Marken und Modellen. Ende der neunziger Jahre wurden geländefähige Automobile, sogenannte SUVs
(Sports Utility Vehicles) bei den Autofahrern immer beliebter, so dass Volkswagen beschloss,
in diesem neuen, stark wachsenden Segment ein Premium-Modell zu platzieren.
Dabei war Volkswagen mit folgender Marktsituation konfrontiert:
•
Intensiver Wettbewerb: Außer Audi (vergleiche Fallstudie zur Einführung des Q7) waren
alle klassischen deutschen Premium-Hersteller615 wie Mercedes-Benz (M-Klasse), BMW
(X5) bereits mit SUV-Modellen im Markt vertreten.
•
Diskonformes Markenprofil: In dem neuen Automobil-Segment, dass von Marken wie
Mercedes-Benz und BMW geprägt worden war, musste die Traditionsmarke Volkswagen
als Marken-Absender für ein sportliches, geländefähiges Fahrzeug nach Aussage der
Kampagnen-betreuenden Agentur Grabarz & Partner „eher als ein Fremdkörper erscheinen“.616
Trotz dieser herausfordernden Ausgangssituation setzte sich Volkswagen zum Ziel, die
Marktführerschaft in diesem noch jungen Segment zu erreichen. Im November 2002 wurde
der Touareg als erster SUV von Volkswagen in Deutschland eingeführt. Die Unique Selling
Proposition (USP) des Automobils, die in der Einführungs-Kampagne kommuniziert wurde,
war nach Aussage von Grabarz & Partner der „drei Automobile in-einem“-Mehrwert. So verbindet der Touareg nach Aussage von Volkswagen „den Luxus einer Oberklassen-Limousine
mit Leistungswerten auf Sportwagen-Niveau sowie mit authentischen Offroadfähigkeiten eines puren Geländewagens.“
615
616
ROSENGARTEN, STÜRMER, 2005, S. 19 ff.
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 39
174
Analog zu Audi (siehe Fallstudie zum Audi Q7) agiert Volkswagen bei der Einführung des
Touareg marketingstrategisch nach der Systematisierung von TOMCZAK ET AL.617 als
Trendsetter: Mit dem Eintritt in ein neues Marktsegment ist das zentrale Ziel der NeukundenAkquisition verbunden.
Werbestrategie:
Nach der erfolgreichen Markteinführung des Touareg wurde eine Folge-Kampagne initiiert,
die nach Aussage von Volkswagen vor allem darauf zielte, den enormen Starterfolg des HighInvolvement-Produktes auf Basis weiterer Neukunden konsequent auszubauen. Gewünschter
Nebeneffekt war gleichzeitig die kommunikative Loyalisierung der bereits gewonnenen Touareg-Fahrer.
Werbetreibender
Volkswagen AG
Branche
Automobilhersteller
Werbeobjekt
Touareg
Objektcharakter
High-Involvement
Kampagnenzeitraum
August bis Dezember 2004
Kampagnenvolumen
keine Angaben
Abbildung 32: Kampagnen-Steckbrief Touareg
Quelle: Eigene Darstellung
Für diese „Follow-up-Kampagne“618 im Sinne einer weiteren Marktpenetration setzte sich
Volkswagen laut folgende absatzpolitische Ziele:
•
Ausbau der bestehenden Marktposition auf Basis des Marktanteils;
•
signifikant höhere Absatz-Steigerung des Wettbewerbs als beim Kernwettbewerb;
•
Fernziel: Marktführerschaft .
Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
Deutlich überdurchschnittliche Leistungswerte (mehr als 20 %) bei KampagnenBekanntheit sowie –erinnerung,
•
Spitzenposition bei der Modellbekanntheit,
•
Verbesserung des Gesamtimages im Vergleich zum gesamten Wettbewerb.
Mit dem Touareg spricht Volkswagen laut Grabarz & Partner eine für die Marke VW noch
neue Zielgruppe an: „Unternehmer und Freiberufler, die selbstbewusst ihren eigenen Fähigkeiten vertrauen. Sie gehören einer neuen Unternehmergeneration an, sind erfolgreich, modern, visionär, technisch interessiert und aufgeschlossen. Sie sind viel unterwegs – beruflich
wie auch privat. Das bewußte Ausleben ihrer Persönlichkeit und Überlegenheit, beziehungsweise die Möglichkeit es zu tun, steht für sie im Vordergrund. Sie stellen bewusst exklusive
617
618
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2005, S. 28
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 40
175
Ansprüche, um auch ihre Persönlichkeit und Überlegenheit gegenüber anderen zu betonen.“619 In soziodemografischen Merkmalen klassifiziert ist die Zielgruppe für den Touareg
zu 88 % männlich, im Durchschnitt 45 Jahre alt, in großer Mehrheit (90 %) verheiratet mit
Kindern, verfügt über eine hohe Bildung, ein überdurchschnittlich hohes Haushalts-NettoEinkommen (monatlich 7000 Euro) und lebt in einem Mehrwagenhaushalt (85 %).
Grundlage für die Kreativstrategie war – analog zur Einführungswerbung – die „DreiAutomobile-in-einem“-Positionierung: Alle Kommunikationsmittel und -maßnahmen inszenierten die einzigartigen (‚uniquen’) Onroad-, Offroad- und Luxusqualitäten des Touareg.
Damit knüpft die Kreation der Follow-up-Kampagne an die der Einführungskampagne an.
Die Komplexität des Touareg und die entsprechenden Kommunikationsinhalte werden im
Print durch die Darstellung als mathematische Summen-Formel wiedererkennbar geklammert.
Ergebnis der Formel bleibt stets der Volkswagen Touareg selbst, beziehungsweise ein Angebot, das nur er bieten kann.
Gegenüber der Einführungskommunikation erfolgte laut Grabarz & Partner in der Follow-upPhase folgende Modifikation: „Es wird weniger erklärt und bewiesen. Der Touareg kann
selbstbewußter als bisher kommunizieren und deutlich mehr Charakter und Persönlichkeit
zeigen. Er ist als Ausnahme-Automobil positioniert und hat seine technische Überlegenheit in
fast jedem Automobiltest bewiesen, zu dem er angetreten ist. Nun gilt es, sein Image zu schärfen und seine Marken-Gene zu betonen, um ihn so vom Wettbewerb zu differenzieren.“620
Dementsprechend basiert die kommunikative Positionierung auf eine Kombination aus Emotion und Information. Die Werbebotschaft gewinnt gegenüber der Einführungswerbung deutlich an Emotionalität: Die neuen Motive sind emotionaler und humorvoller, um den Touareg
„anfassbarer und authentischer“ erscheinen zu lassen. Die Tonalität der Follow-upKommunikation sei somit insgesamt menschlich und sympathisch, „ohne die Hochwertigkeit
und Souveränität zu vernachlässigen“, so Grabarz und Partner. Kreative Leitidee war dementsprechend: In jeder Situation überlegen“. Das übergreifende und verbindende Element der
Überlegenheit des Touareg wurde so zum Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Aktivität.
Leitmedium im Media-Mix vor allem für die Vertiefung der Werbebotschaft war Print. Dafür
wurden ganz- bzw. doppelseitige Anzeigen in ausgewählten Publikumszeitschriften der Automobil- und Nachrichtenpresse geschaltet. Zusätzlich wurden Sondermotive platziert (z. B.
Kommunikation von Leserwahl- und Testsieg-Ergebnissen) und Schaltungen in den überregionalen Tageszeitungen sowie Special-Interest-Titeln. Parallel dazu wurde zum emotionalen
Ausbau und Stärkung des Images als „Ausnahme-Automobil“ TV-Spots geschaltet. Als weitere Media-Maßnahmen wurden Plakate in Sonderformaten an Flughäfen und Bergbahnen geschaltet. Konkrete Angaben zur Verteilung des Kampagnen-Budgets auf die einzelnen Kommunikationsinstrumente wurden von Volkswagen nicht gemacht.
619
620
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 27
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 29
176
Kampagnenerfolg:
Die angestrebten Ziele wurden im Zuge der Kampagne erreicht:
• Signifikant höhere Zulassungszahlen als der Wettbewerb: Während die Zulassungszahlen
für den Touareg in 2004 gegenüber dem Vorjahr um 210 % stiegen, entwickelte sich der
Kernwettbewerb deutlich schwächer (BMW X5 plus 15 %, Mercedes M-Klasse minus
•
16,3 %).
Signifikant höheres Marktanteilswachstum als der Wettbewerb: Der Marktanteil des Touareg wächst in 2004 um 4,8 % auf 10,2 % Marktanteil insgesamt. Das ist eine Steigerung
von über 82 % und entspricht fast einer Verdoppelung des 2003er Wertes. Der KernWettbewerb verliert dagegen Marktanteile (BMW X5 minus 0,1 %, Mercedes M-Klasse
minus 3,1 %).
•
•
•
•
•
•
Fernziel Marktführerschaft: Mit einem Marktanteil von 10,2 % liegt der Touareg nach
weniger als drei Jahren Marktpräsenz zusammen mit dem BMW X5 auf Platz 1 in seinem
Automobilsegment.
Mit einem Bekanntheitswert von 47 % liegt die Touareg-Kampagne im Dezember 2004
deutlich vor den Werten der Wettbewerber. Zudem konnte die Bekanntheit gegenüber
dem Startwert im August (33 %) um 42 % gesteigert werden.
Auch die Erinnerungswerte liegen über den Zielvorgaben: Mit zielgruppenspezifischen
Werten von 58, 66 bzw. 70 % (zu unterschiedlichen Meßzeitpunkten) liegt sie deutlich
über dem jeweiligen Wettbewerbsdurchschnitt (zwischen 48 und 51 %).
Bei den sogenannten Main-Impressions (z. B. „Easy to understand“) aus dem ATPTracking des Marktforschungsinstituts Millward Brown übertraf die Touareg-Kampagne
ebenfalls den Wettbewerb.
Bei Abfrage der ungestützten Bekanntheit bestätigte der Touareg mit einem Wert von 26
% seine Spitzenposition als bekanntestes Modell im Gesamtmarkt der Geländewagen (inklusive SUVs und Premium SUVs).
Eine Verbesserung des Gesamtimages wird laut Volkswagen bestätigt durch den 1. Platz
bei der Leserwahl der Fachzeitschrift „Auto Motor Sport“ für „Die besten Autos“. Während der Touareg gegenüber den Vorjahren den Grad der Zustimmung kontinuierlich erhöhen konnte, sank er bei den Kern-Wettbewerbern Mercedes M-Klasse und BMW X5
deutlich.
Bei der Bewertung dieser Erfolgswerte sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
•
Aufgrund seiner deutlich späteren Markteinführung konnte sich der Touareg gegenüber
den Wettbewerbern mit reiferen SUV-Modellen durch einen höheren TechnologieStandard profilieren.
•
Die Vertriebsmacht des Marktführers Volkswagen ermöglicht eine generell höhere
Marktpenetration.
177
Fazit:
In der Grundstrategie ist die Touareg-Kampagne eine Expansionswerbung. Aufbauend auf
den Erfolg der Einführungskampagne fokussiert die Kampagne vorrangig auf den Zugewinn
weiterer Neukunden, ergänzt durch das Ziel, bestehende Kunden an die Marke und das Produkt zu binden. Die kommunikative Positionierung ist konsistent mit der Einführungskampagne, wobei der strategische Fokus auf der weiteren Imageprofilierung des neuen Sportwagen-Modells von Volkswagen liegt. Print hat im Media-Mix eindeutig LeitmediumsFunktion.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Bestandsprodukt
Zielgruppenfokus
überwiegend Neukunden
Werbebudget
Keine Angaben
Kommunikative Werbeziele Image, Präferenz
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
informativ
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch
Leitmedium
Print
Abbildung 33: Ausprägungen der Touareg-Kampagne als Expansionswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.7
Kampagnen-Fallstudie Balisto, Mars
Marketingstrategie
Der Konsumgüterhersteller Mars (1,3 Mrd. Euro Jahresumsatz in Deutschland, ca. 1.900 Mitarbeiter) ist mit einem Marktanteil von 30 % knapper Marktführer im deutschen Schokoriegelmarkt vor Ferrero (28,3 %), Nestlé (7,8 %) und Kraft Jacobs Suchard (3,5 %). Zum Schokoriegel-Portfolio von Mars gehört neben Klassikern wie u.a. Mars, Twix, Snickers und
Bounty auch Balisto. Der Getreideriegel mit Schokoladenüberzug wurde 1981 in Deutschland
eingeführt. Aktuell ist Balisto erhältlich in den Varianten Müsli-Mix (grüne Verpackung),
Korn-Mix (orange Verpackung) und Joghurt-Beeren-Mix (lila Verpackung), Wichtigster
Wettbewerber zu Balisto ist das 1989 eingeführte Produkt Kinder-Country des italienischen
Süßwaren-Produzenten Ferrero.
Die Marktsituation im deutschen Schokoriegel-Markt ist geprägt durch folgende Entwicklungen:
•
Absatz und Umsatz der klassischen 50 bis 60-Gramm Schokoriegel gehen dramatisch zurück (Minus 3 % in 2005). Der Grund dafür: Sie stecken in einer „Sandwich-Position“
zwischen den 100-Gramm Tafeln (insbesondere Premium-Produkte von Lindt), die vom
Verbraucher als vollwertiger Schokoladengenuß wahrgenommen werden und den als
178
leichter und gesünder wahrgenommenen Schokosnacks (weniger als 30 Gramm mit als
gesund ausgelobten Inhaltsstoffen wie Milch und Cerealien);
•
die Nachfrage der Verbraucher nach nachgewiesen vollwertigen und gesunden Süßwaren
ohne Genusseinbuße wächst;
•
Mars-Wettbewerber wie insbesondere Ferrero führen in kurzer Frequenz neue innovative
Schoko-Snack-Produkte mit hohen Werbevolumina in den Markt ein. So war das Werbevolumen des Hauptwettbewerbers Ferreo in 2005 mit 245,4 Mio. Euro gegenüber dem
von Mars (101,5 Mio.) um das 2,4fache größer.
Von dieser Entwicklung ist insbesondere das Mars-Produkt Balisto betroffen. Das Produkt
war „in die Jahre gekommen und wird als verstaubtes Produkt der Achtziger wahrgenommen“621. Die Werbebilder früherer Kampagnen (Leitmotive Kornfeld und Heuwagen) prägen
das Öko-Image des Produktes. In der Vorstellung der Nichtverwender schmeckt Balisto „staubig und trocken“622. Dementsprechend gingen Absatz und Umsatz (12,2 % Rückgang im ersten Halbjahr 2005 gegenüber dem gleichen Vorjahres-Zeitraum) des „verstaubten ÖkoRiegels“623 innerhalb der letzten Jahre deutlich zurück. Vor der Kampagne fanden bereits seit
einiger Zeit keine nennenswerten werblichen Aktivitäten mehr statt.
Mars beschließt in dieser Situation einen Relaunch von Balisto, ohne das jedoch dass Produkt
in seinen funktionalen Eigenschaften (Gewicht, Form, Geschmack, Inhaltsstoffe, Verpackung) verändert werden soll. Somit ist ein rein kommunikativer Relaunch geplant. Das
schränkte den Spielraum für die kreative Umsetzung zwangsläufig ein. „Wir hatten auch ansonsten im Marketing-Mix außer der Kommunikation keine entscheidenden Stellschrauben,
an denen wir hätten drehen können“, so Malte Dammann, kampagnenverantwortlicher Marketing Director Snackfood bei Mars.
Mit dieser Strategie der kommunikativen Leistungspflege zur Akquise von Neukunden des
Low Involvement-Produktes agiert Mars marketingstrategisch als Multiplizierer.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Mars Deutschland GmbH
Lebensmittel
Balisto
Low-Involvement
Mai 2005 bis heute
5 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 34: Kampagnen-Steckbrief Balisto
Quelle: Eigene Darstellung
Werbestrategie:
621
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 32
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 108
623
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 109
622
179
Balisto soll als bestehendes, seit fast 25 Jahren im Markt etabliertes Produkt, kommunikativ
repositioniert werden, um neben den massiv zurückgegangenen loyalen Stamm-Nutzern Neukunden, von denen einige in der Vergangenheit bereits Nutzer waren, (zurück) zu gewinnen.
Gleichzeitig soll die Loyalität der bestehenden Verwender nachhaltig gestärkt und ihre Nutzungsfrequenz erhöht werden. Der Zielgruppen-Fokus der Kampagne liegt zunächst auf der
ehemaligen Stammkunden-Klientel. „Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass bei unseren
Low-Involvement-Artikeln maximal ein Drittel der aktuellen Konsumenten loyale Stammkunden sind. Die übrigen zwei Drittel müssen durch einen hohen Werbedruck permanent neu
gewonnen werden“, so Dammann. Dementsprechend lag der Kampagnenfokus auf der Neukunden-Ansprache im Sinne einer „Reaktivierung von Alt-Verwendern (lapsed user)“, wobei
jedoch ein komplementäres Ziel die Ausschöpfung der bestehenden Kunden im Sinne einer
höheren Kauffrequenz war.
Als übergeordnetes Absatzziel für den Turnaround von Balisto wurde vorgegeben:
•
Umsatzsteigerung bis Ende 2005 von 20 %, wofür eine Steigerung des Marktanteils um
10 % Prozent notwendig war.
•
Daraus leiteten sich als entsprechende kommunikative Kampagnen-Ziele folgende ab:
•
Awareness-Steigerung: Mindestens Verdoppelung der ungestützten Werbeerinnerung von
3 % vor Kampagnenbeginn.
•
Imageoptimierung: Verbesserung um durchschnittlich 20 % (Grad der Zustimmung) in
den relevanten Imagedimensionen (Qualität und Wertigkeit des Produktes sowie Loyalität
und Identifikation mit der Marke).
•
Rückkehr ins Relevant Set: Steigerung der Kaufrelevanz um mindestens 20 % und Verdoppelung der Probierrate („Balisto gekauft innerhalb der letzten vier Wochen?“) von aktuell 1 % in der Gesamtbevölkerung und 2 % in der Kernzielgruppe.
Die Balisto-Kernzielgruppe wurde als generell jünger (zwischen 15 und 30 Jahren), ernährungsbewusster und primär weiblich identifiziert. „Unsere Marktforschung hat ergeben, dass
es weniger klassische soziodemografische Merkmale sind, die den Balisto-Konsumenten charakterisieren, sondern ein spezifischer Lebensstil“, so Dammann.
So zeichnet sich die Zielgruppe durch einen aktiven und optimistischen, aber auch entspannten („alles in Balance“) und natürlich-authentischen Lebensstil aus. „Die qualitative Marktforschung hat ergeben, dass es bei den Verwendern eine ausgesprochene Identifikation mit
und Leidenschaft für ihre jeweilige Balisto-Lieblingsvariante gibt“, so die verantwortliche
Plannerin Maren Jens bei der betreuenden Agentur Scholz & Friends. Dementsprechend waren Aussagen wie „Ich bin Grün“, „Ich bin Orange“ bzw. „Ich bin Lila“ zentrale VerbraucherStatements in den Fokusgruppen. „Diese Erkenntnis bildete für unsere werbestrategische Planung das maßgebliche Kern-Insight für eine Kampagne, die der Zielgruppe eine hohe Identifikationskraft bieten sollte“, so Jens weiter.
180
„Ziel der Kampagne war es, die Marke Balisto zu entstauben und idealerweise darüber hinaus
den Grundstein für ein langfristig tragfähiges Markenfundament als Plattform für alle Folgekampagnen zu legen“, so Dammann. Balisto sollte (wieder) für einen bewussten, genussvollen, modernen Snacking-Stil stehen, mit dem sich die Zielgruppe wirklich identifizieren kann.
Dazu musste ein aufmerksamkeitsstarker Weg gefunden werden, der die kommunikative Positionierung „Natürlichkeit“ eher implizit, spielerisch, aber nicht belehrend inszeniert.
Maren Jens zur Kampagnenidee: „Unsere Kreativ-Idee zu dieser Kampagne war eben einfach
wie effizient: Natürliche, junge Menschen, nur mit einem Balisto in der Hand, bekennen in
einem sehr reduzierten Umfeld (Hintergrund in den Kernfarben der Balisto-Sorten): ’Natürlich nasch’ ich.’“ Somit waren das Bekenntnis in Claim-Form und der Balisto-Farbcode die
zwei zentralen Säulen des Kreativ-Ansatzes:
1. Der Claim „Natürlich nasch’ ich“: Durch den Claim wird die Markenbotschaft auf den
Punkt gebracht: Die Testimonials der Kampagne bekennen sich zum natürlichen Naschen
und gleichzeitig zu Balisto. Der Claim bringt fokussiert die Botschaft der Kampagne auf
den Punkt und zeichnet sich dabei laut Jens durch eine „charmante Doppeldeutigkeit aus,
die ihm das Potential verschafft zum geflügelten Wort zu werden: Das Bekennertum zum
Naschen generell und die Art und Weise, wie Naschen heute sein muss und von Balisto
angeboten wird – eben natürlich.“
2. Der Farbcode: Der neue Werbeauftritt von Balisto zeichnet sich durch eine dominante
konsequente Einheitlichkeit der Farbgebung vom jeweiligen Testimonial, Umfeld und
Produkt aus. „So wurde in stringenter Weise der identifizierte Insight ‚Ich bin Grün’ umgesetzt und gleichzeitig eine unique und differenzierende Markensprache für Balisto entwickelt“, so Jens weiter.
Das Kampagnenkonzept beinhaltete laut Jens folgende strategische Überlegung: „Die Kampagne hebt sich für den Verbraucher sichtbar von den klassischen Genuss-Szenen traditioneller Food-Werbung ab. Das garantiert ihr bereits eine höhere Aufmerksamkeit.“ Aus der Kreativstrategie resultierte bereits eine Präferenz für Print als idealem Trägermedium. Neben der
Kreation war Differenzierung auch das Leitmotiv für die Media-Auswahl. „Wir haben uns,
was ungewöhnlich ist für Schokoriegel-Werbung, dafür entschieden, einen deutlichen MediaSchwerpunkt auf Print zu legen“, so Dammann. So wurde 50 % des Media-Budgets in Print
investiert. Daneben spielte Plakatwerbung (10% Budgetanteil) eine Rolle. Grundlage dieser
Strategie war jedoch auch eine budgetäre Restriktion: Angesichts des in der Ausgangssituation niedrigen und gleichzeitig stagnierenden Umsatzvolumens von Balisto stand mit einem
Umsatzanteil von 10-15 % ein zunächst mit fünf Mio. Euro Brutto-Werbevolumen niedriges
Budget (weniger als 1,5 % des Gesamt-Werbevolumens im deutschen Schokoriegel-Markt)
zur Verfügung. „Das schloss zunächst den umfangreichen Einsatz von TV-Werbung
schlichtweg aus“, so Dammann.
Ein inhaltliches Argument für Print neben Differenzierung und Budgetrestriktionen war, dass
die vorrangig weibliche Zielgruppe durch ein ausgewähltes Printumfeld rund um das Thema
181
„Frauen/Wohlfühlen/Wellness“ gezielt angesprochen werden konnte. TV war zwar als flankierendes Medium in der Kampagnenplanung angedacht, bekam aber nach dem deutlichen
Anfangserfolg budgetär noch eine größere Bedeutung, so dass es bezogen auf das erste Kampagnenjahr einen Budgetanteil von 40 %, in den Folgejahren von 60 % hatte. Dammann: „Wir
sahen nach den guten Zwischenergebnissen von Print die Chance, mit der hohen Reichweite
und Aufmerksamkeitsstärke von TV die erzielten Effekte noch deutlicher zu multiplizieren.“
Auch für die Umsetzung von TV galt die Grundbedingung Budgetrestriktion in Verbindung
mit dem Ziel Differenzierung. So wurden statt eines klassischen 30-Sekunden-Spots 7Sekunden-Kurzformate ausgestrahlt, die ob ihrer Kürze und Gestaltung in der Konsumentenwahrnehmung analog zum Print-Auftritt auftraten und dessen Botschaft somit zusätzlich verstärkte. Durch die Verwendung von drei Einzelspots (jeweils in Balisto-grün, -orange und lila), die innerhalb eines Werbeblocks geschaltet wurden, wurde die gesamte Produkt-Range
und der Kampagnen-Insight zusätzlich penetriert.
Kampagnenerfolg:
Die Kampagne erfüllte die gesetzten Ziele in folgender Weise:
•
Schneller und hoher Awareness-Aufbau:
o Die ungestützte Bekanntheit stieg im Vergleich zum Vorjahr von 3 % auf 9 %
(+200%) und lag damit deutlich über dem Ziel der Verdoppelung (6 %).
o Die gestützte Werbeerinnerung lag mit 83 % deutlich über dem Durchschnitt anderer
Kampagnen mit 63 % (+31,7 %). Ebenfalls überdurchschnittlich war die Bewertung
der Originalität der Kampagne: 70 % gegenüber durchschnittlich 50 % bestätigten die
Aussage „Die Idee ist originell“.
•
Deutliche Verbesserung des Markenimage: Das Balisto-Image konnte in den entscheidenden Dimensionen der Markenbindung (Loyalität und Identifikation mit der Marke) und
der Kategorietreiber (wahrgenommene Qualität und Wertigkeit/Preiswürdigkeit) um 27
bis 83 % verbessert werden. Angestrebt war ein durchschnittlicher Zuwachs von 20 %.
•
Anstieg der Kaufabsicht: Dank der aufmerksamkeits- und imagestarken Kampagne stieg
die Kaufabsicht bei den Konsumenten gegenüber dem Vorjahr insgesamt um 50 % (von
12 % auf 17 %) bzw. um 35 % in der Kernzielgruppe (von 17 % auf 23 %).
•
Steigerung der Probierrate: Die tatsächliche Probierrate („Balisto gekauft innerhalb der
letzten vier Wochen?“) stieg in der Gesamtbevölkerung von 1 % auf 4 % (+ 300%), in der
Kernzielgruppe von 2 % auf 5 % (+150 %).
•
Deutlicher Absatzeffekt: Der Balisto-Absatz stieg um 57,9 % im 2. Halbjahr 2005 gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
•
Deutlicher Umsatzeffekt: Der Balisto-Umsatz stieg während der Kampagne um 65 %,
wobei das angestrebte Umsatzwachstum um plus 20 % bereits während des ersten reinen
Print-Flights erzielt wurde, der nachfolgende Einsatz der TV-Mini-Spots dann jedoch für
182
einen zusätzlichen Steigerungseffekt gesorgt hat: „Die nervten die Leute offensichtlich
nicht, sondern sorgte für eine positive Awareness“, so Jens.
•
Steigerung des Marktanteils: In Konsequenz der deutlichen Absatz- und Umsatzeffekte
stieg der Balisto-Marktanteil im Schokoriegel-Markt von 3,2 % vor Kampagnenstart um
über 26 % auf 4,0 % nach den ersten sechs Kampagnen-Monaten und lag somit deutlich
über dem Jahresziel von 3,5 %.
„Der überdurchschnittliche Turnaround-Erfolg der Balisto-Relaunch-Kampagne hat uns gezeigt, dass wir mit Balisto einen Juwel im Portfolio hatten, der nur aufpoliert werden musste“,
so Dammann.
Aus strategischer Sicht sieht er für den Erfolg zwei wichtige Faktoren:
•
Der allgemeine Bio-/Wellness-Trend;
•
Die im Produkt vorhandenen Inhaltsstoffe (Getreide) zur Adressierung dieses Trends.
„Uns kam beim Start des kommunikativen Relaunches von Balisto die allgemeine Orientierung in Richtung gesunder, aber genussreicher Ernährung sehr entgegen“, erklärt Dammann.
Gleichzeitig hatten wir glücklicherweise mit Balisto das richtige Ausgangsprodukt für diesen
Trend im Portfolio.“ Konsumententests hätten gezeigt, dass gerade der deutlich identifizierbare Geschmack von Keks und Früchten dem neuen Bedürfnis nach Natürlichkeit in idealer
Weise entsprochen hätten.
Aus kommunikativer Sicht besteht die zentrale Erfolgsformel der Balisto-Kampagne nach
Meinung von Plannerin Jens in der konsequenten Umsetzung des Meta-Ziels „Differenzierung“ auf drei Ebenen:
1. Strategie: Offensiv-konsequente Bekennerkampagne („Natürlich nasch’ ich“);
2. Kreation: Konsequente Reduktion bzw. Prägnanz (Testimonials, Produkt, SortenFarbcode);
3. Media: branchen-nonkonformer Media-Mix (Fokus auf Print statt TV).
„In der Entwicklungsphase der Kampagne hatten wir sehr intensive Diskussionen darüber, ob
die Fokussierung auf den Produktfarbcode in Verbindung mit der nur verbal kommunizierten
rationalen Botschaft ausreichend ist“, so Jens. Letztlich sei man jedoch mutig genug gewesen,
die Kampagne „ungetestet und unverwässert“ mit der Konzentration „auf eine prägnante
Kernbotschaft“ zu schalten.
Neben den deutlichen übertroffenen Performance-Kennzahlen wertet man es auch als Erfolg,
dass die für den deutschen Markt konzipierte Kampagne für andere europäische Märkte adaptiert wurde. Als Bestätigung für die Richtigkeit und den Erfolg der Kreativstrategie wird außerdem gewertet, dass der Wettbewerber Ritter Sport zentrale Kampagnenprinzipien in seiner
aktuellen „Ritter Sport-Freunde“-Kampagne adaptiert hat und Marktführer Ferrero sich in ei-
183
ner neuen Kampagne zu „Kinder bueno“ explizit an die Balisto-Kernzielgruppe junger erwachsener Frauen wendet.
In der aktuellen Fortsetzung der Kampagne wird auf Basis der kreativen Plattform (Farbcodierung, Modelle, Claim) die Relaunch-Botschaft in Richtung der gesunden Inhaltsstoffe evolutionär spezifiziert.
Mit einer Nominierung für den Effie 2006 wurde der Kampagnenerfolg auch von externer
Expertenseite gewürdigt. Dr. Jörg Goll, Unternehmensberater, Effie-Jury-Mitglied und früher
selbst Werbeverantwortlicher für Balisto bestätigt den Relaunch-Erfolg: „Die Konsequenz der
Verantwortlichen war die Voraussetzung für die Deutlichkeit der erzielten Zielwerte.“
Fazit:
Die Balisto-Kampagne ist zu überwiegenden Teilen eine Expansionswerbung, da mit einem in
seiner kommunikativen Leistung (Image) gepflegten Produkt – angesichts eines fortgeschrittenen Stagnationsprozesses – überwiegend Neukunden gewonnen werden sollten. Gleichzeitig
ist mit der Kampagne auch eine Ansprache der Bestandskunden verbunden, die loyalisiert
werden sollen, indem ihre Kauffrequenz gesteigert wird. Damit verdeutlicht die BalistoKampagne exemplarisch für jede Form der Expansionswerbung den Umstand, dass allein
aufgrund des Reifegrades der Produkte die Bestandskunden-Ansprache – qua bestehender
Kundenbasis – automatisch immer eine Rolle spielt. Gleichzeitig verdeutlicht dies aber auch
eine generelle Abgrenzungsproblematik: Wann ist ein Kunde noch ein Bestandskunde? Wann
nicht mehr?
Bei den Kampagnen-Zielen haben Imagekorrektur und -verbesserung einen deutlich höheren
Stellenwert gegenüber der Bekanntheit. Analog zu anderen Low-Involvement-Produkten
flankieren sie kurzfristige signifikante Absatzerfolge.
Generell wird an der Balisto-Kampagne folgender signifikanter Unterschied zu anderen expansiven Werbestrategien deutlich: Grundlage der Kampagne ist eine kommunikative Leistungspflege (Relaunch), um Kunden- und daraus resultierende Absatz- und Umsatzverluste
expansiv zu kompensieren. Die Balisto-Kampagne unterscheidet sich somit fundamental von
einer Expansionswerbung, die auf eine erfolgreiche Einführungskampagne folgt (siehe Fallstudie Rama Cremefine) und das Ziel hat, den bereits erzielten Erfolg konsequent zu verlängern. Als kommunikative Relaunchkampagne weist der Balisto-Case folgende Spezifika auf:
•
deutlich veränderte kommunikative Positionierung (Balisto – der natürliche Schokoriegel)
bei Beibehaltung des bestehenden Produktes;
•
deutlich veränderte Art der Konsumenten-Ansprache (rationale Werbebotschaft statt vormals emotionale);
•
Einführung einer neuen, auffälligen Formsprache (Sorten-Farben als Key-Colours) als
Kampagnen-Klammer;
184
•
Mediawerbung hat im Fall der Balisto-Kampagne im Vergleich zu den anderen expansiven Kampagnen einen sehr hohen Anteil am Kommunikations-Mix, wobei Print als Leitmedium fungiert. Der Grund für den hohen Mediaeinsatz liegt zu einen darin, dass es sich
um ein Low-Involvement-Produkt handelt, für dessen Bewerbung andere Kommunikationsinstrumente deutlich weniger relevant und wirkungsvoll sind und zum anderen das
Produkt vor der Kampagne für einen längeren Zeitraum keine werbliche Präsenz hatte,
was die Notwendigkeit eines reichweitenintensiven Auftritts sicherlich verstärkte.
Diese besonderen Spezifika im Vergleich zu den anderen untersuchten expansiven Kampagnen legen eine Differenzierung von Expansionswerbung als möglicher WerbestrategieArchetyp nahe.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Bestandsprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Kommunikative Werbeziele Image, Präferenz
Positionierung
Emotion
Werbebotschaft
informativ
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (100%)
Leitmedium
Print
Abbildung 35: Ausprägungen der Balisto-Kampagne als Expansionswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.8
Kampagnen-Fallstudie Rama Cremefine, Unilever
Marketingstrategie
Der internationale Konsumgüterhersteller Unilever verfügt über ein breites Portfolio von Lebensmittelmarken, zu denen u.a. auch der Margarine-Klassiker Rama gehört. Rama ist mit einem Marktanteil von 23 % immer noch mit deutlichem Abstand Marktführer.
Jedoch war Unilever im Bezug auf Rama in den vergangenen Jahren mit folgender Marktentwicklung konfrontiert:
•
Die Nachfrage der Konsumenten nach Margarine sinkt deutlich und seit Jahren,
•
Preisgünstigere Handelswaren gewinnen bei den Konsumenten zunehmend in der Kaufpräferenz.
Konsequenz für Rama: Absatz und Umsatz gingen in den letzten Jahren deutlich zurück (Zahlen?). Das Rama-Image wirkte „verstaubt“624. In dieser Ausgangssituation entschloss sich Unilever zu einer Markendehnung von Rama in Richtung eines neuen Sortimentsfeldes. Im Ap624
JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 78
185
ril 2004 wurde der Subbrand „Rama Cremefine“ als ist die leichte Alternative zu Sahne,
Crème fraîche und Co. gelauncht. Rama Cremefine wird in vier Produkt- bzw. Anwendungsvarianten (zum Schlagen, zum Kochen, zum Verfeinern sowie als Vanille-Version zum Versüßen) angeboten. „Neu an dem Produktkonzept ist, dass Produkt- und Anwendungsvariante
identisch sind. Der Konsument weiß bei der Auswahl explizit, welche Cremefine für welches
Gericht ideal ist“, so Rama Brand-Managerin Anke Fydrich. Funktionaler Benefit des innovativen Produktes ist die Zusammensetzung aus pflanzlichen Fetten und Milch, die mit 15 %
einen deutlich niedrigeren Fettgehalt als herkömmliche Schlagsahne oder Crème fraîche (bis
zu 50 %) ergeben. „Der Konsumenten-USP besteht darin, den Geschmack von Sahne genießen zu können ohne sich mit den damit normalerweise verbundenen hohen Fettwerten zu belasten“, so Fydrich.
Mit dieser Marketingstrategie, dem Trend fettreduzierter Markenprodukte mit einer entsprechenden Leistungsinnovation zu begegnen, um Neukunden zu akquirieren, profiliert sich Unilever nach TOMCZAK ET AL. als Trendsetter.625
Rama Cremefine wird zudem in einer auffällig gestalteten 250-Milliliter-Flasche verkauft, auf
der neben dem traditionellen Rama-Logo vor allem die Key-Colour Lila – ebenfalls neu im
Frischeregal – dominiert.
Bis zum Markteintritt von Rama Cremefine war der Markt für Sahne-, Creme fraîche- und
Schmandprodukte mit 95 % Marktanteil dominiert von ungebrandeten Produkten regionaler
Molkereiproduzenten. Die einzigen vergleichbaren Markenartikel stammten von Dr. Oetker
mit den 2003 eingeführten Produkten Crème Balance und Crème Légère. Rama Cremefine
wurde mit einem Verkaufspreis von 1,28 Euro (+ 27 % gegenüber markenlosen Produkten)
ganz deutlich als hochwertiges Markenprodukt positioniert. Gegenüber dem Hauptwettbewerber Dr. Oetker differenzierte sich Cremefine in der Positionierung deutlich als Familienprodukt.
Mit einer auffälligen Einführungskampagne, in der der Schlagersänger Udo Jürgens als prominentes Testimonial seinen Hit „Aber bitte mit Sahne“ produktadäquat in „Aber bitte mit
Rama“ modifizierte, wurde Rama Cremefine sehr erfolgreich eingeführt und erreichte bis Ende 2005 einen Marktanteil von knapp 3 %. „Der Clou der Einführungskampagne bestand darin, dass wir aus rechtlichen Gründen Cremefine nicht als Sahne-Produkt deklarieren durften,
der Udo Jürgens-Song aber beim Konsumenten den Sahne-Benefit nachhaltig verankerte“, erläutert Anke Fydrich die damalige Kampagnen-Strategie. Der Erfolg der Einführungskampagne bestand laut Fydrich darin, ein Markenprodukt in einem von markenlosen Produkten
dominierten Markt langfristig etabliert zu haben. Auf die Einführungskampagne folgten zwei
saisonale Aktions-Spots, die die saisonalen Anwendungsmöglichkeiten (Cremefine für die
Verfeinerung von Erdbeer- und Pilzgerichten) in Verbindung mit der traditionellen Rama-
625
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28
186
Familienwelt kommunizierten und den Probierimpuls der Einführungskampagne aktualisieren
sollten.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Unilever Deutschland Holding GmbH
Konsumgüter/Lebensmittel
Rama Cremefine
Low-Involvement
Februar bis Dezember 2007
8 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 36: Kampagnen-Steckbrief Rama Cremefine
Quelle: Eigene Darstellung
Werbestrategie:
Nach der erfolgreichen Markteinführung von Rama Cremefine bestand der Schwerpunkt der
nachfolgenden Kampagne nun darin, den Markterfolg des Low-Involvement-Produktes konsequent auszuweiten und den einzigen Marken-Wettbewerber Dr. Oetker als Marktführer zu
verdrängen. Nachdem die Einführungswerbung erfolgreich für die Bekanntheit des Produktes
gesorgt hatte, galt es nun, die Profilierung von Rama Cremefine zu intensivieren.
„Neben diesem klar absatzpolitischen Ziel ging es uns aber auch darum, Rama Cremefine auf
eine neue, langfristige kommunikative Plattform zu stellen“, so Fydrich. Als Zielgruppe wurden analog der Einführungskampagne „moderne Mütter, die selbstbewusst den Haushalt managen“626, adressiert.
„Angesichts des hohen Substitutionspotentials im Bereich der markenlosen Produkte lag der
Fokus der Kampagne vor allem bei den Neukundinnen. Daneben ging es uns aber auch darum, die Loyalität der Bestandskundinnen durch eine Frequenzsteigerung in der Nutzung und
die Nutzungsausweitung auf weitere Cremefine-Varianten zu stärken“, so Fydrich zur Zielgruppen-Strategie.
Als ökonomische Kampagnenziele wurde folgende fixiert:
•
Massive Abverkaufssteigerung: Erhöhung der Käuferreichweite um mindestens 25 % und
Erreichung eines Absatzvolumens von 10000 Tonnen zum Ende des Kampagnenjahres
2006;
Marktführerschaft: Ablösung von Dr. Oetker als Marktführer im Bereich der MarkenArtikel.
Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
•
626
Erhöhung der Aufmerksamkeit: Steigerung der gestützten Werbeerinnerung von Rama
Cremefine um mindestens 20 %;
JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 79
187
•
Imageprofilierung: Deutliche Profilierung des Produktvorteils „Sorgenfreier Sahnegenuss“ durch Penetration der Kernbotschaft „hat halb so viel Fett wie Sahne“. Konkret:
Steigerung der Zustimmungswerte in der Imagedimension „verbindet guten Geschmack
und gute Ernährung“ um mindestens 50 %.
Zur Ziel-Gewichtung merkt Fydrich an: „Letztlich haben auch für uns Kommunikationsverantwortliche die ökonomischen Ziele höchste Priorität, die kommunikativen sind dagegen eher flankierend.“ Neben dem kurzfristigen Absatzfokus wäre jedoch mit Cremefine auch eine
markenstrategisch längerfristige Zielsetzung verbunden. „Nach der erfolgreichen Einführung
des Produktes sehen wir für Cremefine deutliches Potential, die Dachmarke Rama zeitgemäßer erscheinen zu lassen“, so Fydrich. Somit werden die Vitalisierungseffekte angestrebt, die
sich nach ESCH sowie ANDRESEN und NICKEL627 im Idealfall durch die richtige Positionierung und Präsentation einer Sub-Brands für die Dachmarke ergeben.
„Der aus unserer Sicht relevante Consumer Insight war, dass die Zielgruppe der modernen
Mütter die Familie gesund ernähren will. Das meiste, was gesund ist, schmeckt nicht; das was
lecker schmeckt, ist nicht unbedingt gesund, so wie Sahne“, erklärt Achim Rietze, Strategic
Planner bei der kampagnenverantwortlichen Agentur Jung von Matt. Rama Cremefine löse
dieses psychologische Dilemma der Mütter, denn aufgrund des reduzierten Fettgehalts
braucht man sich mit der Verwendung nicht zurückzuhalten und hat sorgenfreien Sahnegenuß. Rietze: „Daraus ergab sich für unsere Arbeit als klare strategische Stoßrichtung der
Kommunikation: ‚Mit Rama Cremefine braucht man nicht zimperlich und zurückhaltend zu
sein, denn das ist sorgenfreier Sahnegenuß.’ Insofern sei Rama Cremefine als klassischer
Konsumartikel kategorisch ein Low-Involvement-Produkt, „jedoch hat das Versprechen weniger Fett hoch-involvierenden Charakter“, merkt Rietze an.
In der kreativen Umsetzung wurde dieses Versprechen auf die Spitze getrieben. „Im TV-Spot
zeigen wir bewußt kein idyllisches Werbefamilieklischee, wie es Rama noch vor Jahren zelebriert hat, sondern den realen Alltag in einer Familie, wo Kinder nicht nur quengeln, sondern richtig schreien“, so Rietze. Das strategische Ziel sei somit gewesen, in Zusammenhang
mit der Marke Rama ein authentisches, zeitgemäßes Familienbild zu etablieren, mit dem sich
die Mütter von heute identifizieren können.
In der Media-Strategie dominiert – klassisch für FMCG-Kampagnen – TV als emotionalisierendes und reichweitenstarkes Leitmedium mit einem Budgetanteil von 80 %. Innerhalb der
Gesamtkampagne gibt es zu dem Basis-TV-Spot gab es saisonale Varianten, wobei im Frühjahr passend zum frischen Obst Cremefine Vanilla und im Winter Cremefine zum Kochen
627
ESCH, 2002, S. 203 ff.; ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 777 f.
188
beworben wurde. Unterstützend zu TV kamen Printanzeigen in frauenaffinen Medien zum
Einsatz. Durch Print sollten schnell und effizient neue Verwendungsanlässe für Cremefine im
Bewusstsein der Zielgruppe verankert werden.
Werbestrategisch betrachtet ist die Rama Cremefine-Kampagne laut Rietze im Hinblick auf
drei Aspekte eine konsequente evolutionäre Fortsetzung zur äußerst erfolgreichen Einführungswerbung:
1. Nach der Launch-Botschaft „Rama macht jetzt auch etwas mit Sahne“ zur AwarenessGenerierung für das Produkt standen jetzt eine stärkere Produktprofilierung (sorgenfreier
Sahnegenuss) und Erläuterung der funktionalen Vorteile des Produktes („halb soviel Fett“,
„pflanzlich“) im Fokus;
2. Der in der Einführungskampagne mit Udo Jürgens per Lied massiv penetrierte Claim
„Aber bitte mit Rama“ wird im Abbinder aufgegriffen, somit ist der Sub-Marken-Claim
von Cremefine zum Claim der Dachmarke Rama avanciert;
3. Die gesamte Spot-Tonalität entspricht ebenso wie die Launch-Kampagne nicht dem klassischen Rama-Markenbild.
Die kreative Fortschreibung der Produkt-Marketingstrategie bedinge nach Rietze nicht
zwangsläufig ein „Weiter so“ in der Verwendung zentraler Key-Visuals (vgl. Fallstudie Touareg-Kampagne). Rietze weiter: „Die gestellte kommunikative Aufgabe der weiteren Markenprofilierung bedingte eine spezifische Herangehensweise, bei der eine Kontinuität gegenüber
der Einführungswerbung – zumal es sich um ein schnelllebiges Konsumgut handelt – nicht
maßgeblich war.“
Kampagnenerfolg:
Mit der Kampagne waren folgende kommunikative und absatzpolitische Ergebnisse verbunden:
•
Steigerung der Awareness: Die Rama Cremefine-Kampagne erreicht während der Flights
eine gestützte Werbeerinnerung von bis 42 % gegenüber einem Normalniveau von 25 %.
Das entspricht einer Steigerung von bis zu 68 % und liegt somit deutlich über der angestrebten Zielmarke von 30 %. Deutlich wird daran jedoch auch, wie notwendig ein permanent hoher Werbedruck ist, um in der Awareness der Konsumenten zu bleiben.
•
Deutliche Imageprofilierung:
o
Die Kampagnen-Botschaften „Hat halb soviel Fett wie Sahne“ und „Hat wenig Fett“
o
•
werden gestützt von 50 % der Befragten genannt;
Die Kampagnen-Botschaft „Verbindet guten Geschmack und gute Ernährung“ wurde gestützt von 18 % der Befragten bestätigt. Das entspricht gegenüber dem Vorjahreswert einer Steigerung von 90 % und liegt deutlich über der Zielmarke von 15 %.
Absatzsteigerung:
189
o
o
Steigerung Käuferreichweite: Das Ziel, weitere Neukunden für das Produkt zu gewinnen wurde deutlich erreicht. 20 % der deutschen Haushalte kauften das Produkt
im Dezember 2006. Das entsprach einer Steigerung von 36 % gegenüber dem VorKampagnen-Monat März 2006, in dem die Haushaltsreichweite nur 15 % betrug;
Absatzsteigerung: Steigerung des Jahres-Absatzes von 7.000 Tonnen in 2005 auf
fast 12.000 Tonnen (+60 %) in 2006. Die Zielmarke von 10.000 wurde damit deutlich überschritten;
o
Marktführerschaft: Der Marktanteil wuchs von 3,2 % vor Kampagnenstart auf 4,8 %
zum Jahresende. Damit wurde Dr. Oetker mit fast kontinuierlich 4,4 % Marktanteil
als Marktführer durch Rama Cremefine abgelöst.
Bei der Bewertung dieser Erfolgswerte sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
•
Durch die Einlistung des Produktes bei einem großen Discounter ergab sich in der Distributionspolitik ein massiver Effekt, der den Einfluss der Kommunikation auf die enormen
Absatzsteigerungen relativiert.
•
Das Substitutionspotential der unbeworbenen Handelswaren ist mit einem Gesamtmarktvolumen von über 90 % immer noch enorm;
•
Der einzige Markenwettbewerber Dr. Oetker agiert traditionell mit marktunterdurchschnittlichen Werbebudgets.
Als Erfolgsfaktoren aus kreativer Perspektive hebt Rietze die „Originalität“ und „Auffälligkeit“ der Kampagne hervor. So sei der TV-Spot in der ausgestrahlten Variante nicht getestet
worden, „was sicherlich zu einer deutlichen Normalisierung der kreativen Umsetzung geführt
hätte.“
Gleichzeitig war der Kampagnenerfolg von Rama Cremefine für den Markenartikler Unilever
laut Fydrich auch gesamtstrategisch wichtig, weil mit dem nachhaltigen Erfolg eines Markenproduktes wie Rama Cremefine in einem ansonsten fast markenlosen Markt vor dem Hintergrund der stark gewachsenen Bedeutung und heutigen Dominanz von Handelsmarken628, plakativer Beweis für die anhaltende Bedeutung von Marke geliefert wurde.
Fazit:
In der strategischen Grundstruktur erscheint die Rama Cremefine-Kampagne exemplarisch für
Expansionswerbung. Aufbauend auf den Erfolg der Einführungskampagne fokussiert die
Kampagne vorrangig auf den Zugewinn weiterer Neukunden, adressiert aber auch Bestandskunden, deren Penetration durch eine höhere Kauffrequenz gesteigert werden soll. Dementsprechend unterscheiden die Kampagnenverantwortlichen in ihren Kampagnenzielen nicht
628
ESCH, 2007, S. 504 ff.
190
explizit zwischen Neu- und Bestandskunden. Bei den kommunikativen Zielen liegt der Fokus
auf der Verbesserung der Imagewerte. Die kommunikative Positionierung wurde gegenüber
der Einführungswerbung beibehalten, wobei eine stärkere Fokussierung auf die Produktprofilierung in Verbindung mit einer sehr funktionalen Botschaft („Rama Cremefine hat halb soviel Fett wie Sahne“) erfolgte. Auffällig ist jedoch gegenüber der Einführungswerbung ein
deutlicher Bruch in der kreativen Umsetzung.
Mediawerbung hat einen sehr hohen Anteil am Kommunikations-Mix mit einer starken Dominanz von TV. Grund dafür könnte sein, dass es sich um ein Low-Involvement-Produkt
handelt, für das generell der Einsatz reichweitenstarker Mediawerbung (insbesondere TV)
charakteristisch ist.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Bestandsprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele
Image, Präferenz
Positionierung
Emotion
Werbebotschaft
informativ
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (95%)
Leitmedium
TV
Abbildung 37:Ausprägungen der Rama Cremefine-Kampagne als Expansionswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.9
Kampagnen-Fallstudie Golf Schlämmer Blog, Volkswagen
Marketingstrategie
Der Produktklassiker des Automobilherstellers Volkswagen (104,8 Mrd. Euro Umsatz, 324,9
Tsd. Mitarbeiter) ist der Golf. Seit der Einführung des Erstlings 1974 wurde das Schlüsselprodukt sechsmal in grundlegend überarbeiteter Form wieder neu auflegt. Zuletzt 2008. Mit
25 Mio. Exemplaren ist der Golf das meistverkaufte Auto in Deutschland und Europa.629 Auf
die breit angelegte Einführungskampagne folgten „taktische Abverkaufs-Kampagnen“ mit
dem Ziel, den Markterfolg konsequent zu verbreitern. Im Fokus dieser seit zwei Jahren im
Quartalswechsel stattfindenden Promotionen stehen „All-Inclusive“-Paketlösungen, bei denen
in der Regel ein Sondermodell des Golf (z. B.Golf Plus Tour Edition) in Verbindung mit Zusatzleistungen (z. B. Versicherung) und auf Basis eines attraktiven Finanzierungangebots
platziert werden. Diese abverkaufsdominanten Kampagnenformate mit TV als Leitmedium
weisen jedoch zunehmend Schwächen auf:
629
VOLKSWAGEN AG, 2007
191
•
niedrige Prägnanz (Preis-Pakete werden nur bedingt wahrgenommen und erinnert);
•
geringer Imagegewinn: Starke Preis-Dominanz in der Kommunikation zahlt wenig auf das
Markenprofil ein;
•
keine nachhaltige Differenzierung (Preismodelle werden von Verbrauchern nur bedingt
antizipiert und zudem vom Wettbewerb schnell kopiert);
•
geringes Involvement (Preisargumente haben keinen emotionalen Mehrwert).
Die Konsequenz dieser Entwicklung ist: Das Kosten-Nutzenverhältnis verschlechtert sich zunehmend. In dieser Situation begann man bei Volkswagen über neue Werbestrategien für Bestandsprodukte nachzudenken, bei denen sowohl in den Zieldimensionen Abverkaufssteigerung als auch Imagezuwachs signifikante Erfolge erzielt werden. Ein zusätzlicher aktueller
Anlass war die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Ralf Maltzen, Leiter Internetmarketing bei Volkswagen: „Uns war klar, dass in dieser Situation alle Wettbewerber ihre
klassischen Werbemaßnahmen noch einmal zusätzlich erhöhen würden. Daraus hat sich für
uns die Frage ergeben, ob wir Sichtbarkeit durch exponentiell noch mehr Mediaspendings erreichen wollen, oder im Sinne einer Differenzierung einen völlig anderen Weg gehen.“
Somit agierte Volkswagen in dieser Phase des fortgeschrittenen Lebenszykluses des MarkenKernproduktes nach TOMCZAK ET AL.630 als Multiplizierer: Auf Basis einer kommunikativen Leistungspflege sollte die Voraussetzung für die Akquise weiterer Neukunden erreicht
werden.
Gleichzeitig wurde konstatiert, dass ausgerechnet der Golf von vielen Menschen als unerreichbar empfunden wurde. Dementsprechend lautete das Ziel, eine Kampagne zu kreieren,
die den Golf wieder zum „Auto für Menschen wie uns“ macht.631
Werbestrategie:
Die Schlämmer-Blog-Kampagne, die Ende 2006 begann, stellte den Produktklassiker Golf in
den Fokus. Mit der Kampagne wurden vor allem Neukunden, die bislang Fahrzeuge des
Wettbewerbs nutzen, aber auch bestehende Golf-Fahrer mit dem Ziel eines Upselling bzw.
Reassurance adressiert. Zum einen sollten die Defizite bisheriger klassischer Follow-upWerbung gelöst werden, zum anderen sollte aber – gerade angesichts der intensivierten Werbeaktivität des Wettbewerbs – ein hohes Maß an Differenzierung erreicht werden. Dies sollte
durch drei Maßnahmen gewährleistet werden:
1. Einsatz der Kultfigur „Horst Schlämmer“ als Testimonial;
2. Video-Blog als zentrales Kampagnenmedium;
3. Hintergründige Verkaufsargumente statt plakativer Preisbotschaften.
630
631
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 29
192
Dazu erklärt Niklas Feuerle, kampagnenverantwortlicher Account-Manager der Agentur
DBB: „Wir haben bewusst mit dem Prinzip gebrochen, dass bei Volkswagen Testimonials nur
bei Neueinführungen eingesetzt werden.“ Die von Komiker Harpe Kerkeling gespielte Kultfigur des Horst Schlämmer, Lokalredakteur beim Grevenbroicher Tageblatt, erschien Agentur
und Kunden als „Volksvertreter“ ideal für den Volkswagen Golf. „Mit seiner originellen Art,
als Lokalredakteur des Grevenbroicher Tagblatts den Dingen des Lebens auf den Grund zu
gehen, ist er einer breiten Zielgruppe grundsympathisch und passte hervorragend als StoryTeller, der die Vorzüge des Golf plastisch schildert“, so Feuerle weiter. Neuland betrat
Volkswagen auch mit der Entscheidung einer viralen Kampagne632 auf Basis eines VideoBlogs. Maltzen: „Uns war klar, dass wir die anvisierte Zielgruppe auch mit den klassischen
Media-Instrumenten, insbesondere TV erreichen. Für uns bestand der Reiz eines Video-Blogs
jedoch in der besonders hohen Affinität und Involvementgrad der jüngeren Konsumenten.“
Für die Verbreitung der Videobotschaften setzten die Kampagnenverantwortlichen auf das
„Seeding“, das Aussäen der Video-Blog-Inhalte auf andere Blogs und Video-Portale, woraus
sich eine zügige Reichweitensteigerung ergibt.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Volkswagen AG
Automobil
Golf
High-Involvement
Dezember 2006 bis Februar 2007
Ca. 7 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 38: Kampagnen-Steckbrief VW Golf
Quelle: Eigene Darstellung
Drittes Differenzierungselement war ein radikaler Wechsel von plakativen Preisbotschaften
zu eher hintergründigen Verkaufsargumenten ohne offensive Penetrierung der Marke Volkswagen. Maltzen: „Wir wollten prüfen, ob man gerade mit dieser tendenziell jüngeren, internet-affinen Zielgruppe als Volkswagen nicht anders kommunizieren muss und kann.“
Aus dieser spezifischen Kampagnenstrategie resultierten in der Planung besondere Zielwerte:633
•
Awareness und Involvement: mindestens 1 Million Videoviews in den ersten sechs Kampagnenwochen;
•
Likability: Mindestens 3 von 5 Punkten bei der Bewertung der Videos.
•
Positive Veränderung des Items „Golf ist ein Auto für Menschen wie mich.
632
633
LANGNER, 2005, S. 55 ff.
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 29
193
Darüber hinaus sollten mehr als 15.000 qualifizierte Interessenten für deutlich weniger als 190
Euro (der bisherige Volkswagen Richtwert für Online-Kommunikation) gewonnen werden.
Maltzen: „Klassischerweise setzen wir uns natürlich auch ökonomische Ziele. Dies ist jedoch
bei einem bestehenden Massenprodukt wie dem Golf deutlich schwerer zu plausibilisieren.
Dort kurzfristige Absatzeffekte auf eine kleinere Kampagne zurückzuführen, erschien uns
nicht opportun, weshalb wir in diesem Fall bewusst auf ökonomische Ziele verzichtet haben.“
Kreative Kernidee der Kampagne war, dass Horst Schlämmer alias Harpe Kerkeling den Führerschein macht und sich sein erstes Auto kauft. Über seine Erlebnisse dabei berichtet er per
Video-Tagebuch im Internet.
Die Umsetzung der viralen „Schlämmer-Golf“-Kampagne erfolgte in drei Phasen:
1. Mystery,
2. Sponsoring,
3. Vermarktung.
In der Mystery-Phase wurde der Video-Blog von Horst Schlämmer unter der Internet-Adresse
www.schlaemmerblog.tv gestartet. Auf dieser ungebrandeten Site wurden im Abstand von
einigen Tagen neue Videosequenzen veröffentlicht, die Horst Schlämmer während seiner
Fahrstunden in einem VW Golf zeigen. Kampagnenverantwortlicher Feuerle dazu: „Es war
eine bewusste und sicherlich auch riskante Entscheidung, Volkswagen nicht als den eigentlichen Urheber des Videoblogs von Anfang an zu kommunizieren. Wir wollten jedoch bewusst
die Spekulation über die Urheberschaft dafür nutzen, die Awareness zu steigern und sukzessive Reichweite aufzubauen.“
Nachdem bereits im deutschen Internet umfangreich über Volkswagen als Urheber spekuliert
wurde, erfolgte nach weniger als vier Wochen mit der zweiten Phase Sponsoring das Outing:
„Volkswagen übernimmt faktisch meinen Führerschein“, bekannte Horst Schlämmer auf seiner Website. Während der gesamte Blog weiterhin neutral, also ungebranded blieb, wurde nur
bei den Videofilmen im Abbinder das Volkswagen-Logo integriert. Auch in der Handlung der
Videosequenzen bekam der VW Golf mehr Bedeutung, auch wenn auf offensive Verkaufsbzw. Preisargumente weiterhin verzichtet wurde.
Die dritte Phase der Vermarktung begann nach weiteren vier Wochen mit dem erfolgreichen
Abschluss der Führerscheinprüfung und dem Kauf eines Golfs als Erstwagen durch Horst
Schlämmer. Beides bildete die Grundlage für den Launch der Website
www.schlaemmerhatgolf.de. Diese Seite (Headline: „Euer Horst hat Führerschein“) war nun –
im Gegensatz zu den Vorgängerseiten – deutlich gebrandet (VW Golf als Key-Visual, VWLogo). Der Video-Blog mit insgesamt 14 Kurzfilmen blieb über diese Vermarktungssite als
Dokumentation bestehen. Gleichzeitig wurden die Horst Schlämmer-Inhalte in ein Webspecial auf der Konzern-Website www.volkswagen.de integriert.
194
Im nächsten Schritt hätte die virale Kampagne in eine klassische Kampagne münden sollen, in
der Horst Schlämmer als Testimonial auch in TV-Spots aufgetreten wäre.
Kampagnenerfolg:634
Im Zuge der der viralen Kampagne wurden folgende Ergebnisse erreicht:
•
Awareness und Involvement:
o Über 1,1 Million Unique User besuchten die drei kampagnenbezogenen Seiten;
o über 3,2 Millionen Mal wurden die insgesamt 14 Videoclips (der längste mit fast 5
Minuten Spieldauer) angesehen, d.h. jeder Besucher hat im Durchschnitt fast drei Videos angesehen;
o Durch das Seeding auf andere Video-Portale und insbesondere BILD.de wurden fast
vier Millionen weitere Video-Views generiert;
o Insgesamt wurden die Video-Clips zu Horst Schlämmer und dem Golf über 7 Millionen Mal angesehen. Damit wurde der Zielwert von 1 Million um ein Vielfaches übertroffen;
o Aus über 1300 Blogs wurde auf den Schlämmer-Blog verlinkt.
•
Likability: Die Videoclips erhielten in der User-Bewertung im Schnitt 4,45 Sterne von 5
maximal möglichen. Diese überdurchschnittliche Bewertung nahm auch nach dem „Outing“ von Volkswagen als Sponsor nicht ab und bewegte sich auf den externen SeedingSites in ähnlicher Höhe.
•
Das Item „Der Golf ist ein Auto für Menschen wie mich“ wird durch die Kampagne um
12 Prozent von 51 Prozent Zustimmung auf 57 Prozent Zustimmung gesteigert.
•
Ebenso wird das Item „Qualitativ hochwertiges, zuverlässiges Auto“ um 17 Prozent von
54 Prozent Zustimmung auf 63 Prozent Zustimmung gesteigert.
•
Die Kampagne generierte 90.000 qualifizierte Kontakte. Dabei mussten nur 16,63 Euro
pro Kontakt investiert werden.
Der kommunikative Erfolg der Schlämmer-Blog-Kampagne bestätigt die Überlegungen von
HERR, KARDES und KIM635 zu den Erfolgsfaktoren von Word of Mouth-Effekten ebenso
wie die Feststellung von PHELPS, LEWIS, MOBILIO, PERRY und RAMAN636, dass vor allem Inhalte mit hochemotionalisierenden Charakter (wie u.a. auch Humor) Erfolgstreiber für
virales Marketing sind.
Trotz dieser belegten Erfolge ist eine Erfolgsanalyse dieser viralen im Vergleich zu klassischen Kampagnen problematisch. Feuerle erläutert folgendermaßen: „Wir haben zwar versucht, die vorliegenden Daten in klassischen Media-Währungen wie z. B. Reichweite umzurechnen, nur gibt es dafür noch keine gültigen Regeln, und sie kommen im ersten Schritt eher
634
GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 32ff.
HERR/KARDES/KIM, 1991, S. 460 ff.
636
PHELPS/LEWIS/MOBILIO/PERRY/RAMAN, 2004, S. 345 ff.
635
195
zu unbefriedigenden Werten, weil die Kosten einer viralen der einer klassischen Kampagne
vergleichbar sind, die erfassbaren Reichweiten jedoch deutlich niedriger ausfallen.“ Unberücksichtigt blieben zwangsläufig die vielfältigen Domino- und Kaskadeneffekte durch die
Fortsetzung des Seeding- und Verlinkungprozesses. „Außerdem haben Sie es mit dramatisch
unterschiedlichen Involvement-Qualitäten zu tun: Das im Zweifelsfall beiläufige Ansehen eines 30sekündigen TV-Spots nach dem Push-Prinzip hat eine völlig andere Qualität als das
bewusste Downloaden eines über 4 Minuten langen Spots im Web nach dem Pull-Prinzip“, so
Feuerle. So kommt bei der VW Schlämmer-Blog-Kampagne die u.a. auch von RAPPAPORT
und KENNY diskutierte On demand-Qualität des Werbemediums Internet zum Tragen.637
Dennoch ließe es sich nicht vermeiden, dass sich einem mit dem Medium Internet weniger
Vertrauter als erster Eindruck aufdrängt: Soviel Kosten und wir sind noch nicht einmal im
Fernsehen.“
Aus Sicht von Feuerle unterstreicht die Kampagne neben der Reichweitenqualität des Internets die Bedeutung von „Branded Entertainment“. „Das Schlämmer-Beispiel zeigt, dass ich
mit unterhaltsamen Inhalten, in denen eine Marke bzw. ein Produkt sehr subtil und hintergründig eingebunden ist, zu einem hohen Reichweiten und Imageerfolg kommen kann. Aus
Sicht von Feuerle zeigt sich hier eine intelligente Fortschreibung des klassischen TestimonialEinsatzes ebenso wie eine effizientere Alternative zum Entertainment-Licensing, bei dem insbesondere Filmfiguren in Verbindung mit Marken gebraucht werden, und dem weit verbreiteten Product Placement. „Im Schlämmer-Blog ist uns die Einbindung des Golfs auf eine intelligente und symbiotische Weise gelungen.“
Die Kampagne zeigt außerdem, wie sich die Kommunikations- und im Ansatz auch die Vertriebsstrategie eines Unternehmens verändern kann. Maltzen: „Blogs leben vom Dialog. So
waren wir während der insgesamt nur zehnwöchigen Kampagne mit über 2000 Kommentaren
und Fragen konfrontiert, die wir z. T. dann auch zügig beantworten mussten.“ Der Reiz eines
solchen Dialogs bestände darin, als Automobilhersteller erstmals in größerem Umfang direkt
mit den (potentiellen) Endkunden in Kommunikation treten zu können, wobei die Kundenansprache und -betreuung traditionell bei den überwiegend unabhängigen Händlern liegt. Maltzen: „Für die Organisation dieses Dialogprozesses müssen Sie jedoch auch inhaltlich und
strukturell gerüstet sein.“
Die VW Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ wurde mit dem Effie 2008
in Gold ausgezeichnet.
Fazit:
Die „Horst Schlämmer“-Kampagne zum Golf ist in ihrer Grundstrategie der Expansionswerbung zuzurechnen: Ein seit mehreren Jahren im Markt befindlicher Produkt-Klassiker wird
vorrangig an Neukunden adressiert. Unterstrichen wird dies durch die Kampagnen-Story, in
637
RAPPAPORT, 2007; KENNY, 2007
196
der der Protagonist seinen Führerschein macht, um den VW Golf als Erstwagen zu erwerben.
Dementsprechend erfolgt die Ansprache von Bestandskunden im Sinne einer Loyalisierung
bzw. eines Cross-Selling (der Golf als Zweitwagen) eher flankierend und implizit, d.h. ohne
konzeptionelle oder kreative Berücksichtigung.
Das vorrangige Kampagnen-Ziel bestand in einer Image-Erweiterung. Die Positionierung des
High-Involvement-Produktes basiert auf der Kombination von Emotion und Information.
Dementsprechend sind in der viralen Kampagne viele funktionale Argumente (als Teil der
„Recherchen“ des Protagonisten) integriert. Im Kommunikations-Mix der ersten Kampagnenphase hat Mediawerbung in Form des Internets einen absolut dominanten Stellenwert. In den
nächsten (nicht mehr realisierten) Kampagnenphasen hätten andere Kommunikationsinstrumente (insbesondere Verkaufsförderungsmaßnahmen bei den Händlern) deutlich an Bedeutung gewonnen. Mit dem Internet als einzigem und somit Leitmedium der Kampagne ist die
„Horst Schlämmer“-Kampagne auch mediamix-bezogen ungewöhnlich.
So weist die Kampagne in ihrer Umsetzung viele Charakteristika einer Einführungswerbung
mit den Besonderheiten einer viralen Prelaunch-Kampagne (analog der Audi Q7-Kampagne)
auf. Vielleicht liegt in diesem Gegensatz zwischen Strategie und Umsetzung auch ein Grund
für den unvollständigen Roll-Out der Kampagne: Als Awareness-orientierte Einführungswerbung wäre die Kampagne mit höherer Wahrscheinlichkeit fortgesetzt worden denn als stärker
absatzorientierte Expansionswerbung.
Das explizite Ziel einer Imagekorrektur steht im Widerspruch zur Zielsetzung anderer Expansionswerbungs-Kampagnen.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Bestandsprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Image
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
informativ
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (100%)
Leitmedium
Internet
Abbildung 39: Ausprägungen der VW Golf-Kampagne als Expansionswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
197
6.1.10 Kampagnen-Fallstudie Drei Wetter Taft, Henkel
Marketingstrategie
Innerhalb des Unternehmensbereichs Kosmetik und Körperpflege der Henkel AG & Co.
KGaA (22 % Umsatzanteil von insgesamt 12,7 Milliarden Umsatz im Geschäftsjahr 2006,
51.716 Mitarbeiter weltweit) ist die Marke Drei Wetter Taft als Top-Marke die älteste und renommierteste Marke für Haarstyling-Produkte.
Drei Wetter Taft ist mit langer Tradition und deutlichem Abstand Marktführer im deutschen
Markt für Hairstyling-Produkte (23,8% Marktanteil in 2006) sowie in Europa (12,2%). Diese
Position wurde seit der Einführung des ersten Taft-Produktes 1955 durch eine konsequente
Produkt-Diversifikation ausgebaut. Heute werden unter der Dachmarke Schwarzkopf insgesamt 60 Taft-Produkte in acht Linien angeboten. Jede Linie fokussiert einen spezifischen
funktionalen Hairstyling-Benefit (Mehr Volumen, mehr Glanz etc.) und hat eine entsprechend
spezifische Stammnutzerschaft, die sich nur geringfügig überlappt.
Der Gesamtmarkt für Hairstyling-Produkte ist durch folgende Entwicklungen geprägt:
•
Nach einer Boom-Phase in den achtziger Jahren ausgelöst durch die starke Nachfrage
nach Gel- und Wachsprodukten hat der Markt heute insgesamt einen hohen Sättigungsgrad erreicht;
•
Der Markt wird dominiert von wenigen großen Markenartiklern mit Schwarzkopf & Henkel als klarem Marktführer (29,0%) vor P&G/Wella (20,3%) bzw. L’Oréal (13,9%);
Handelsmarken spielen keine relevante Rolle;
•
Die Konsequenz daraus ist: Weiteres Wachstum ist nur durch Verdrängung möglich,
dementsprechend ist der Spielraum für positive Marktanteilsveränderungen gering.
Diese allgemeine Marktsituation hat auch die Entwicklung von Taft geprägt: In den letzten
Jahren war die Absatz- und Umsatzentwicklung der Taft-Produktfamilie durch eine deutlich
stagnative Entwicklung geprägt. „Wir mussten feststellen, dass sich trotz deutlicher werblicher Anstrengungen unsere marktführende Position nicht weiter ausbauen ließ“, so Wolfram
Gollin, Marketing Director International Styling. Die interne Marktforschung ergab dafür eine
deutliche Erklärung: „Drei Wetter Taft wurde für seine funktionalen Produktqualitäten geschätzt, aber als Marke nicht wirklich gemocht.“ Insbesondere in der jüngeren Zielgruppe
wurden deutliche „Berührungsängste“ festgestellt. Diese waren begründet in der Wahrnehmung von Taft als „kühle Leistungsmarke“. Dieses Image war nachhaltig geprägt worden
durch den Drei Wetter-Taft-TV-Spot Klassiker aus den achtziger Jahren, in dem das Drei
Wetter Taft Modell als Geschäftsfrau um die Welt jettete (Claim "Perfekter Halt bei jedem
Wetter"). Gollin: „Wir mussten feststellen, dass unser einseitig funktionales Markenprofil die
maßgebliche Barriere für weiteres Wachstum war.“
In dieser Situation beschloss das Management von Schwarzkopf Henkel zwei Maßnahmen:
198
1. Die produktbezogene Optimierung und artikelbezogene Ausweitung der bestehenden
„grünen“ Linie (Benefit: „100% mehr Volumen“);
2. die demonstrative Repositionierung der Traditionsmarke „Drei Wetter Taft“ mit dem Produktlinien-Relaunch als Aufhänger.
„Uns war klar, dass nur die Kombination aus funktionaler und kommunikativer Optimierung
eine ausreichende Grundlage für eine nachhaltige Marken-Expansion bilden würde“, so Gollin.
Diese Leistungspflege als Grundlage für die Akquise neuer Kundinnen bildet die marketingstrategische Grundlage für Schwarzkopf Henkels Profil als Multiplizierer.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Henkel AG & Co. KGaA
Körperpflege/Hairstyling
Drei Wetter Taft grüne Linie (Volume-Push-Up-Line)
Low – medium Involvement
Seit April 2007
Ca. 20 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 40: Kampagnen-Steckbrief Drei Wetter Taft
Quelle: Eigene Darstellung
Werbestrategie:
Die aktuelle Drei Wetter Taft-Kampagne hat dementsprechend eine leistungsoptimierte Produktrange zur Grundlage. Das Produktversprechen der grünen Volume-Push-Up-Line lautet
„Für perfekten Halt und bis zu 100% mehr Volumen - bei jedem Wetter, den ganzen Tag“.
Dieses Produktversprechen sollte auf Basis eines modernisierten Markenimages vor allem in
Richtung jüngerer Neukundinnen platziert werden.
Daraus ergab sich für die Kampagne laut Gollin eine doppelte Herausforderung:
1. Die Taft-Stammkundinnen durften nicht „vergrault“ werden;
2. potentielle Neukundinnen mussten mit einem glaubwürdigen, selbstbewussten Auftritt
gewonnen werden.
Der Fokus der Kampagne lag deutlich auf den Neukundinnen, wobei sich diese laut Gollin in
zwei Teil-Zielgruppen unterscheiden lassen:
1. Kundinnen, die bereits Hairstyling-Produkte der Wettbewerber benutzen;
2. junge Erstverwenderinnen.
Angesichts des deutlich größeren Kundinnenpotentials sollten mit der Kampagne vor allem
die Benutzerinnen von Wettbewerbsprodukten zum Ausprobieren der neuen TaftPflegeprodukte animiert werden, um mittelfristig die Stammklientel signifikant zu erweitern.
199
Da es sich bei den Taft-Hairstyling-Produkten weitestgehend eher um Low-InvolvementProdukte handelt (zwei Spezialprodukte aus der Produktlinie weisen aufgrund ihrer PreisLeistungsstruktur potentiell höheren Involvementcharakter auf), die als Massenprodukt vertrieben werden, ist die Zielgruppenbeschreibung sehr generell gehalten: „Wir adressieren mit
der Kampagne Frauen zwischen 20 und 59 Jahren, die ihrem Haar sichtbar mehr Volumen
geben wollen“, so Gollin.
„Angesichts dieser Herausforderung und des Klassiker-Status der Marke Taft musste die werbestrategische Weiterentwicklung evolutionär sein“, so Gollin.
Als absatzpolitische Ziele wurden für die Kampagne folgende fixiert:
•
Steigerung des Marktanteils im Haarfestiger-Segment um mindestens einen %-Punkt;
•
zweistelliges Umsatzwachstum der Volumen-Linie;
•
Dynamisierung des Markenumsatzes.
Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
Deutliche Absenkung der gefühlten Zugangsbarrieren durch eine Imagekorrektur in den
relevanten Dimensionen „Sympathie“ und „Modernität;
•
nachweisbare Verbesserung des Modernitätsimage von Taft.
In der kreativen Übersetzung dieses Spagats bedeutete das die zeitgemäße Neuinszenierung
des Drei Wetter-Tafts Klassiker aus den achtziger Jahren. „Mit dem expliziten Verweis auf
diesen Klassiker wollten wir Selbstbewusstsein und Konstanz demonstrieren“, so Gollin.
Statt des namenlosen Modells hatte man sich diesmal für Heidi Klum als Testimonial entschieden. „Unsere Marktforschung zeigte deutlich, dass sie bei den Frauen generationenübergreifenden Vorbildcharakter hat, weil sie es schafft, Erfolg im Job und ein harmonisches Familienleben miteinander zu verbinden“, begründet Gollin die Auswahl. Im Gegensatz zur
kühlen Powerfrau der Klassikkampagne sei Klum „facettenreich und sympathisch.“
Die Storyline des TV-Spots ist identisch zur historischen Vorlage: Heidi Klum bewältigt ihr
Tagespensum als Top-Modell an verschiedenen Orten der Welt. Jedoch werden die die Klischee des Ur-Spots „ironisch gebrochen“: So kommt der Wind z. B. aus einer Windmaschine
beim Fotoshooting und den Regen stammt aus dem Gartenschlauch des Gärtners. Die Kampagnen-Vorlage bedingte den Einsatz von Bewegtbild als Werbemittel. Produziert wurde der
Spot in zwei Varianten, als 20- und als 30-Sekünder.
Leitmedium und gleichzeitig einziges Medium der Kampagne ist TV. Gollin zur Medienauswahl: „Generell wird im Hairstyling-Markt produktbedingt sehr TV-lastig, d.h. mit einem
200
Budgetanteil von 95 % und mehr geworben. Da unser vorrangiges Ziel schnelle ReichweitenGewinnung und eine breite Penetration der vitalisierten Markenbotschaft war, erschien uns
die Fokussierung auf TV konsequent.“ Flankiert wurde die TV-Kampagne durch eine europaweite PoS-Kampagne, bei der ein Fotoshooting mit Heid Klum zu gewinnen war.
Kampagnenerfolg:
•
Umsatzerfolg: Die angestrebte zweistellige Umsatzsteigerung für die Volumenlinie konnte mit tatsächlich erreichten 36% signifikant übertroffen werden;
•
der Marktanteil im Festigermarkt wurde um 2%-Punkte auf aktuell 15,8 % nachhaltig gesteigert und die Marktführerschaft in diesem Segment zurückerobert;
•
in einer repräsentativen Befragung wurden für die relevante Dimension „Modernität“ Zustimmungswerte von 64% (Frauen 20 bis 30 J.) bzw. 73% (35-45 J.) ermittelt, die um 28
% bzw. 56 % Punkte höher gegenüber der Vergleichsgruppe lagen, der die bisherige Taft
TV-Kampagne gezeigt wurde.
Gollin zum Kampagnenerfolg: „Der zentrale Erfolg der Kampagne bestand für uns darin, dass
wir zu einem ausbalancierten Produktprofil von Taft gekommen sind, das für unsere Zielgruppe sowohl funktionale wie auch emotionale Benefits beinhaltet.“
Aufgrund des deutlichen Kampagnenerfolges in Deutschland ist die Kampagne für die weiteren europäischen Märkte von Schwarzkopf & Henkel adaptiert worden.
Fazit:
In ihrer Grundstrategie entspricht die Drei-Wetter-Taft-Kampagne dem aus der Theorie abgeleiteten Archetyp der Expansionswerbung: Ein optimiertes Produkt bzw. Produktrange wird
im Rahmen einer ebenfalls überarbeiteten Werbekommunikation vorrangig an Neukundinnen
adressiert, wobei angesichts der Ausgangssituation als marktführender Anbieter die Loyalisierung der Bestandskundinnen eine wichtige Rolle spielt.
Das vorrangige Kampagnenziel bestand in einer Imageerweiterung sowie einer deutlichen
Steigerung der Präferenzwerte (First Choice). Die Positionierung des Low-InvolvementProduktes basiert auf einer Kombination aus Emotion und Information. Der funktionalen
Aussage zur Leistungsverbesserung der überarbeiteten Produktrange kommt ein hoher Stellenwert zu. Gleichzeitig wurde angesichts des Reifegrades der Absendermarke eine Überarbeitung mit dem Ziel einer Aktualisierung der Marke für notwendig erachtet. So weist der
Spot in der kreativen Umsetzung eine gewisse Kontinuität zur fast 20 Jahre alten Einführungswerbung auf, jedoch wird die Geschichte der um die Welt jettenden Business-Lady in
der Neuauflage mit Heidi Klum bewußt ironisch gebrochen. Im Kommunikations-Mix hat
Media einen absolut dominanten Stellenwert. Die Gründe dafür sind vor allem branchenspezifisch. Als Leitmedium der Kampagne wurde TV-Werbung eingesetzt.
201
Das explizite Ziel einer deutlichen Aktualisierung der Markenbotschaft verbunden mit einer
neuen – auf der Verbesserung des Produktes basierenden - Werbebotschaft legt eine Differenzierung des Archetyps Expansionswerbung im Hinblick auf die Imagekorrektur-Aktivität nahe. Diese wird in den Schlussfolgerungen des Kapitels 7 entsprechend diskutiert.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Bestandsprodukt
Zielgruppenfokus
Überwiegend Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Imagekorrektur; Präferenz
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
informativ
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (80%)
Leitmedium
TV
Abbildung 41: Ausprägungen der Drei-Wetter-Taft-Kampagne als Expansionswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.11 Kampagnen-Fallstudie 1 Euro-Menü, McDonald’s
Marketingstrategie:
Das amerikanische Schnellrestaurantbetreiber McDonald’s ist mit einem Jahresumsatz von
2,57 Milliarden Euro in 2006, 891 Millionen Gästen in insgesamt 1276 Restaurants sowie
52000 Mitarbeitern der größte Systemgastronom Deutschland. In 2006 investierte das Unternehmen 127,1 Mio. Euro in Werbung (+ 6,4 % gegenüber dem Vorjahr), was einem Umsatzanteil von 4,9 % entspricht.
Nach langem Expansionserfolg im US-Heimatmarkt sowie in Übersee war McDonald’s Anfang der Neunziger erstmals in eine Wachstumskrise geraten, die 2002 im ersten Quartalsverlust seit Börsennotierung des Unternehmens gipfelte.638
In der Kampagnen-Ausgangssituation 2004 war McDonald’s mit stagnierenden Ab- und Umsätzen in Deutschland konfrontiert. Die Gründe dafür waren vielfältig:
•
generell rückläufiger Konsum der Privathaushalte aufgrund schlechter konjunktureller und
volkswirtschaftlicher Rahmenbedingungen;
•
nachhaltige Irritation der Konsumenten nach deutlichen Preiserhöhungen im Gastronomie-Bereich im Zuge der Euro-Einführung Anfang 2002;
•
preisaggressive Expansionspolitik bestehender und neuer Wettbewerber;
•
wachsendes Gesundheitsbewusstsein bei der Ernährung im deutlichen Widerspruch zur
traditionellen Fastfood-Positionierung von McDonald’s;
•
höhere Flexibilität bestehender und neuer Wettbewerber bei der Erweiterung ihres Angebots um abwechslungsreichere und gesündere Snacks.
638
BUCKLEY, 2003
202
Die Konsequenz aus dieser Entwicklung war: Insbesondere die Kernzielgruppe der jungen
Erwachsenen hatte das Gefühl, sich immer seltener einen Besuch der Fastfood-Kette leisten
zu können. Die daraus resultierende rückläufige Besuchsfrequenz hatte entsprechende Absatzund Umsatzeffekte. Ziel war es, diese Entwicklung kurzfristig zu stoppen. Wichtigster Ansatzpunkt war dafür eine deutliche Flexibilisierung des bestehenden Preissystems.
Somit agiert McDonald’s marketingstrategisch nach TOMCZAK ET AL. im deutschen Markt
als Potentialausschöpfer: Die Bindung bestehender Kunden erfolgt auf Basis einer Leistungspflege mit dem Schwerpunkt auf die Marketing-Mix-Dimension Preis.
Werbestrategie:
Im Fokus der Kampagne standen dementsprechend die Bestandsprodukte. Angesichts der gewachsenen Preissensibilität wurde auf Basis dieser bestehenden Produkte das McDonald’s
Ein-Mal-Eins-Angebot kreiert: elf Produkte für je 1 Euro jeden Tag.
Laut Susan Schmidt, Department Head Marketing wurden mit diesem Preis-Programm zwei
Strategien verfolgt:
1. Ein günstiges und zugleich niedrigschwelliges Angebot nach dem Baukastenprinzip zur
kurzfristigen Besuchs- und Umsatzfrequenzerhöhung bei den Bestandskunden;
2. Eine günstige zusätzliche Ergänzungsoption zum Menü-Produkt im Sinne eines Upselling.
Zielgruppe dieses Preisprogramms waren vor allem die Bestandskunden, die durch einen Frequenzerhalt bzw. -steigerung ihrer Filialbesuche loyalisiert werden sollten. Diese Kernzielgruppe von McDonald’s besteht aus Fast-Food-affinen Teenagern und jungen Erwachsenen
zwischen 16 und 25 Jahren. Ergänzend dazu sollte die „Ein-Mal-Eins“-Aktion auch ein attraktives Einstiegsangebot für Neukunden (wie z. B. junge Mütter), die in dem 1 Euro-Angebot
eine attraktive Preis-Alternative zu den gewohnten Snack-Points sehen.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
McDonald’s Promotions GmbH & Co. KG, München
Dienstleistung/Systemgastronomie
Gesamtangebot
Low-Involvement
Januar bis Dezember 2005
Keine Angaben
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 42: Kampagnen-Steckbrief McDonald's
Quelle: Eigene Darstellung
Dementsprechend lagen der Werbekampagne folgende absatzpolitische Ziele zugrunde:
203
•
signifikante Steigerung der Besuchsfrequenz bestehender Kunden als Grundlage für eine
Absatz- und Umsatzsteigerung;
• Adressierung neuer Kundenschichten (z. B. junge Mütter).
Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Unterziele ab:
•
Imagekorrektur bzw. Verbesserung in der Dimension Preis-Leistungsverhältnis;
•
kurzfristiger Aufbau hoher Bekanntheit der neuen Preis-Werbung (ungestützte Bekanntheit);
•
Erreichung hoher Likeability in der Zielgruppe.
Für die kreative Kommunikation des neuen Preisprogramms von McDonald’s waren laut Carina Eickmann, Senior Account Director bei der verantwortlichen Agentur Heye & Partner
drei Kernelemente zentral: Angebotsvielfalt und -relevanz (elf Produkte), günstiger Preis (1
Euro) sowie Kontinuität (Dauerangebot statt befristetes Aktionsangebot). Kernbotschaft der
Kampagne war dementsprechend „Für alle viel Auswahl für wenig Geld“.
Leitmedien im Media-Mix waren nach Aussage Schmidts TV und Radio mit dem Ziel einer
schnellen Bekanntheit. Entsprechend wurden drei TV- und sieben Radio-Motive eingesetzt.
Ergänzend wurden Plakatmotive geschaltet. Die ganzjährige Kampagne wurde in zwei Phasen
organisiert: Während in der ersten Phase die Bekanntmachung der Preisaktion im Vordergrund stand, wurde in der zweiten Phase der direkte Kaufaufruf mit der Auslobung eines konkreten Produktes verbunden. Flankiert wurde diese Werbeaktivität durch weitere Werbemaßnahmen am Point of Purchase.
In der gestalterischen Umsetzung blieb die Kampagne im Rahmen des bestehenden prägnanten Werbeformats von McDonald’s. Während der TV-Spot das 1 Euro-Angebot – wie in den
Kampagnen vorher bereits – in Verbindung mit einer Kundensituation am McDonald’sFilialtresen thematisierte, wurden in der Printwerbung plakativ die elf Produkte des Angebots
präsentiert.
Anders als bei vielen McDonald’s-Kampagnen wurde auf den Einsatz prominenter Testimonials verzichtet.
Kampagnenerfolg:
Folgende Ergebnisse wurden im Zuge der Kampagne erreicht:
•
In einem mit knapp 2 % nur schwach wachsenden Außer-Haus-Konsum-Markt stiegen die
McDonald’s-Besucherzahlen in 2005 gegenüber dem Vorjahr um 12,8 %, während die
Zahl der bundesweiten Restaurants von 2004 auf 2005 nur um 0,1 % auf insgesamt 1264
gestiegen war.
•
Der Besucherzuwachs schlug sich in höheren Umsätzen nieder, so wurden die Umsätze
pro Filiale im Durchschnitt um 5,1 % gesteigert, während er in den Filialen der Wettwerber im gleichen Zeitraum um 2,7 % sank.
204
•
In den Imagedimensionen „Niedrige Preise“ und „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“ wurden Steigerungen gegenüber dem Vorjahr von 30 bzw. 25 % erzielt. Damit wurde der
Zielwert von +15 % deutlich übertroffen.
•
Die Likeability wuchs gegenüber dem Vorjahr um 16 % bei der Zielgruppe der 1417jährigen und um 12 % bei der Zielgruppe der 18-19jährigen ohne Kinder.
Für die Bewertung diese Kampagnen-Ergebnisse sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
•
McDonald’s steigerte seine Werbespendings 2005 gegenüber dem Vorjahr um 7,3 % auf
119,4 Mio. Euro.
•
Parallel zum „Ein-mal-Eins-Programm“ wurde als weiteres Element der Preisflexibilisierungs- und Loyalisierungsstrategie eine umfangreiche, zeitlich befristete Rabatt-CouponAktion gestartet, bei der auf bestimmte Produktbundles und Menüvarianten Preisrabatte
von bis zu 50 % auf den Normalpreis gewährt wurden. Die Produktauswahl dieser Couponing-Aktion war komplementär zur Auswahl der Ein-Mal-Eins-Aktion. Die Coupons
wurden sowohl als Einhefter in Publikumszeitschriften, als Hauswurfsendung wie auch als
frei downloadbares pdf-File im Internet vertrieben.
Trotz einiger Loyalisierungserfolge im Zuge der „Ein-Mal-Eins-Kampagne“ konnte der Stagnationsprozess bei McDonald’s nicht in einen deutlichen Wachstumspfad gewendet werden.
Als Konsequenz aus dieser Entwicklung wurde die bereits 2003 unter dem Arbeitsmotto "Rolling Energy" gestartete Kampagne zur weltweiten Stärkung und Revitalisierung der Marke
McDonald's mit dem neuen Claim „Ich liebe es“ 2005 um eine deutliche angebotsseitige Veränderung als Grundlage für eine grundsätzliche Umpositionierung639 ergänzt: Das traditionelle Fast-Food-Sortiment wurde um gesunde und regionale Produkte erweitert und passend zur
neuen Positionierung das Top-Modell Heidi Klum als Testimonial für die Werbung in
Deutschland verpflichtet. Mit dem Aufbau der sogenannten Mc Cafés wurde zudem dem
Wettbewerber Starbucks offensiv Konkurrenz gemacht.640
Somit wechselte McDonald’s marketingstrategisch seinen Fokus von der Rolle des Potentialausschöpfers zurück zur traditionellen Positionierung als Multiplizierer.641 Aktuell hat sich
der Schnell-Imbiss-Anbieter jedoch zum Marketing-Virtuosen weiterentwickelt: Komplementär zur den Leistungs-Innovationen zur Ansprache neuer Kundenschichten wird das „Einmaleins-Programm“ – mit einer Reduzierung auf neun Angebotsprodukte – nach Aussage von
Schmidt als „nachhaltig erfolgreiche Loyalisierungsmaßnahme“ fortgesetzt.
639
ZOBAY, 2005, S. 11 ff.
EBERLE, 2007, S. 16
641
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 29
640
205
Fazit:
Die „Ein-Mal-Eins“-Kampagne von McDonald’s weist deutliche Charakteristika einer Loyalitätswerbung auf: Bestehende Produkte werden schwerpunktmäßig an die Bestandskunden adressiert. Zentraler USP ist dabei eine Flexibilisierung der Preissysteme, die zu einer KundenPenetration im Sinne eines höheren Umsatzes pro Kunde auf Basis einer höheren Besuchsfrequenz bzw. eines Cross-Sellings (Aktions-Produkte werden mit anderen Produkten kombiniert) führen soll. Die Ansprache von Neukunden ist demgegenüber deutlich nachrangig.
Im Fokus steht die Schaffung von Awareness für das spezifische Loyalisierungsangebot verbunden mit einer entsprechenden Imagekorrektur. Kommunikative Positionierung und Werbebotschaft wurden gegenüber der bisherigen Werbekommunikation beibehalten.
Media hat im Kommunikations-Mix eine hohe strategische Bedeutung. Dies ist im Falle von
McDonald’s strukturell bedingt: Die Filialen sind über Franchiser organisiert, McDonald’s
verfügt somit nicht über den unmittelbaren Kundenkontakt, hat also auch nicht die Möglichkeit, Kundendaten direkt am Point of Purchase zu generieren. Zudem sind DirektMarketingmaßnahmen in Verbindung mit Low-Involvement-Produkten generell kritisch zu
bewerten, weshalb der Schwerpunkt-Einsatz von Massenmedien im Fall eines Massenanbieters wie McDonald’s plausibel erscheint.
Auffällig an der Loyalitätskampagne von McDonald’s ist die Parallelität zu Kampagnenbeispielen für neukundenorientierte Expansionswerbung, in denen stagnativen Entwicklungen
mit einer fokussierten Leistungsoptimierung des Produktes in Verbindung mit einem überarbeiteten Markenauftritt (Drei-Wetter-Taft, VW Golf) entgegengewirkt wurde. Dennoch ist als
deutlicher Unterschied in der strategischen Ausrichtung der jeweilige Zielgruppenfokus entscheidend: Während McDonald’s den Schwerpunkt seiner Werbestrategie ausdrücklich auf
die Penetration der Stammkundschaft legte, stand bei den Kampagnen für Drei-Wetter-Taft,
und den VW Golf die Adressierung von Neukunden stärker im Fokus.
Kriterien
Leistungscharakter
Zielgruppenfokus
Werbebudget
Kommunikative Werbeziele
Positionierung
Werbebotschaft
Stellenwert Mediawerbung
Leitmedium
Ausprägung
Bestandsprodukt
Überwiegend Bestandskunden
k.A.
Bekanntheit, Präferenz
Information (synchron)
Informativ (synchron)
sehr hoch (80%)
TV
Abbildung 43: Ausprägungen der McDonald’s-Kampagne als Loyalitätswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
206
6.1.12 Kampagnen-Fallstudie Flatrate XXL local, T-Com
Marketingstrategie:
Mit einem Umsatz von 61,3 Mrd. Euro in 2006 und 111.267 Mitarbeitern im Geschäftsjahr
2006642 ist die Deutsche Telekom AG absoluter Marktführer im deutschen Telekommunikationsmarkt sowie ein führender Telekommunikationsanbieter in Europa. Das Angebotsportfolio
reicht von Festnetz-Telefonie über Mobilfunk, Online-Zugangsgeschäft bis zu IT- und Telekommunikations-Dienstleistungen im Business-Bereich. Nach der Privatisierung des ehemaligen Staatsmonopolisten im Jahr 1999 wurde 2003 das Unternehmen in verschiedenen Geschäftssparten organisiert, die abgeleitet vom „T“ als Dachsignet unter einem entsprechend
Subbrand positioniert wurden. So firmierte der Festnetzbereich, das ursprüngliche Kerngeschäft des Unternehmens, ab 2003 unter der Marke T-Com. Der Geschäftsbereich Festnetz/Breitband erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2006 mit 103786 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 24,7 Milliarden Euro, was 40 % des Konzernumsatzes entspricht. T-Com investierte 2006 in Deutschland insgesamt 169,7 Mio. Euro in Mediawerbung und war damit mit
großem Abstand größter Werbetreibender im Telekommunikationsmarkt insgesamt sowie im
Markt der Anbieter für Festanschlüsse.
Als Betreiber des Festnetzes haftete T-Com im Denkgefühl der Kunden „das negative Image
des schwerfälligen Monopolisten an, der sich nicht wirklich um seine Kunden kümmert“.643
Gleichzeitig war T-Com im Rahmen der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes mit einem intensiven Wettbewerb konfrontiert. Konsequenz dieser Entwicklung
waren „Geringe Markenloyalität und dramatische Kundenabwanderungen.“644 Dies traf TCom doppelt hart: Zum einen verzeichnete T-Com eklatante Umsatzeinbrüche im essentiellen
Kerngeschäftsfeld Festnetzanschluss durch Kundenabwanderungen zu preisagressiven nationalen Anbietern wie z. B. Arcor und regionalen Festnetzbetreibern wie Hansenet (“Alice“)
oder an Mobilfunkbetreiber wie Vodafone und E-Plus. Zum anderen war mit jedem verlorenen klassischen Festnetz-Kunden der Verlust eines potentiellen Breitband- bzw. FlatrateKunden verbunden. Kommunikativ war zum Start von T-Com die Assoziation mit der Muttergesellschaft immer noch sehr hoch, wohingegen die ungestützte Bekanntheit der Marke TCom erst bei knapp 30 % lag.
Parallel zu dieser Entwicklung wurde die Deutsche Telekom AG 2002 einer der vierzehn internationalen Hauptsponsoren der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2006, die in Deutschland
stattfand. Dieses WM-Sponsorship wurde verknüpft mit der Vermarktung des Flatrate-Tarifs
XXL local. Somit verfolgte T-Com marketingstrategisch eindeutig das Ziel der Bestandskundenbindung auf Grundlage einer vor allem kommunikationsfokussierten Leistungspflege und
642
DEUTSCHE TELEKOM AG, 2006, U2
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 29
644
JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 30
643
207
agierte somit in der Definition von TOMZAK, REINECKE und MÜHLMEIER als Potentialsausschöpfer.645
Werbestrategie:
„Anfang 2005 war innerhalb der Deutschen Telekom die Verwertung der enormen Vermarktungsmöglichkeiten als Hauptsponsor der FIFA-Fußballweltmeisterschaft noch ein crossdivisionales Projekt ohne Fokus auf eine Marke oder ein Produkt“, beschreibt Sven Grümer, damals Leiter des FIFA WM 2006-Projektes bei T-Com die Ausgangssituation. Erst im laufenden Entwicklungsprozess hätten sich eine Reihe von Argumenten für die Verknüpfung TCom und FIFA WM 2006 ergäben:
•
Die Bekanntheit der Marke war immer noch unterproportional zur Kundenreichweite, das
Image zudem negativ;
•
die Intensivierung des Wettbewerbs im deutschen Telekommunikationsmarkt verschärfte
insbesondere auf die Festnetzsparte den Absatz- und Ergebnisdruck. Es bestand hoher Bedarf für eine deutliche nachhaltige kommunikative Differenzierung angesichts einer täglichen veränderten Wettbewerbssituation die leistungsbezogene Differenzierung immer unschärfer erschienen ließ;
•
als Sponsor des Bundesligavereins FC Bayern München war T-Com bereits im Sportbereich engagiert.
Daraus entstand eine Fußballweltmeisterschafts-Kampagne, die die Vermarktung der Deutschen Telekom mit der regulären Produktwerbung von T-Com verband. „Uns war klar, das
wir mit der Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen nicht nachhaltig erfolgreich werden sein können, wenn die Absender-Adresse T-Com pauschal negativ bewertet wird“, so
Grümer zu der Verbindung. Im Fokus der Kampagne stand die Bewerbung des neuen Flatrate-Tarifs XXL local. Um für diesen Tarif angesichts täglich neuer und attraktiver Wettbewerbsangebote einen einzigartigen und nachhaltigen Mehrwert zu generieren, wurde ein eigenes T-Com FIFA-WM-T-Shirt entworfen, das jeder neue Vertragskunde als zusätzliches und
anfassbares Goodie zum Tarifvertrag erhielt. „Dieses T-Shirt war der greifbare Ausdruck des
emotionalen Mehrwerts, der mit unserer Kampagne transportiert wurde“, so Hans Albers,
damals verantwortlicher Geschäftsführer bei der ausführenden Agentur Economia. Die Herausforderung habe schon damals darin bestanden, dass im intensiven Preis-Wettbewerb das
beworbene Tarif-Angebot innerhalb kürzester Zeit von Wettbewerbern unterboten worden sei.
„Angesichts eines fluiden funktionalen Mehrwerts waren wir somit gezwungen, den Vertragskunden einen Mehrwert zu bieten, den sie von keinem der Telekom-Wettbewerber in
gleicher Weise erhalten konnten“, so Albers weiter.
645
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28
208
Zielgruppe der Kampagne waren alle privaten Nutzer von Telefonie, darunter insbesondere
die circa 40 Millionen T-Com-Bestandskunden. Diese hatten sich nicht bewusst für die die
Leistung von T-Com entschieden, sondern blieben als Kunden des ehemaligen Monopolisten,
standen aber 2005 angesichts der preisagressiven Wettbewerbsangebote täglich vor der Frage
zu wechseln. Dementsprechend war der Schwerpunkt der Kampagne eine Loyalisierung dieser Kunden aus zwei Gründen:
1. Erhalt der bestehenden Umsatz- und Ergebnisbasis;
2. Upselling in breitbandigere und gleichzeitig umsatz- und ergebnisstärkere Dienste.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Deutsche Telekom AG
Telekommunikation
City-Flatrate XXL local
Low-Involvement
Oktober 2005 bis August 2006
20 Mio. Euro
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 44: Kampagnen-Steckbrief T-Com
Quelle: Eigene Darstellung
Grümer: „Der Flatrate-Tarif war für uns deshalb ein wichtiges Loyalisierungsinstrument, weil
er die bisherigen klassischen Festnetz-Nutzer von einem Vertragsverhältnis mit drei Monaten
Kündigungsfrist in ein auf 12 Monate fixiertes Vertragsverhältnis konvertierte.“
Daraus ergaben sich laut Grümer folgende zwei Anforderungen an die T-Com-Kampagne646:
1. T-Com als Marke differenziert und relevant ins Bewusstsein zu bringen und so die bisher
überwiegend leidenschaftslosen Kunden nachhaltig für T-Com zu begeistern;
2. die involvierten Kunden zielgerichtet zu den Vertriebskanälen (T-Punkt-Filialen, TelefonHotlines, Online-Plattform) zu führen, um sie dort durch den beworbenen Flatrate-Tarif
oder andere Dienstleistungen zu loyalisieren.
Entsprechend wurden folgende Kampagnenziele fixiert:
•
Awareness: Steigerung der ungestützten Werbebekanntheit von T-Com um mindestens
20 % auf 40 %;
•
Image-Korrektur: Signifikante Steigerung der Markenstärke in den entsprechenden Dimensionen um mindestens 10 %;
•
Kundenkontakt: Deutliche Frequenzerhöhung am Point-of-Sale über dem Zielwert von
10 %, nämlich um 24 % in den T-Punkten und um 12 % in den Callcentern
•
Absatz: Verkauf von mindestens 1 Million Flatrate-Tarifen mit dem Kampagnen-T-Shirt
als zusätzlichem Leistungsbestandteil.
646
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 31
209
In der kreativen Umsetzung war laut Albers eine doppelte Herausforderung zu bewältigen,
„weil es galt, sowohl eine Kampagne zu entwickeln, die so emotional-einprägsam ist, dass sie
sowohl der Marke T-Com ein relevantes und attraktives Image verleiht, als auch mit einer klaren funktionalen Botschaft Kunden loyalisiert, indem sie zum Produktkauf animiert.“
Grundlage der Kreativ-Strategie war die FIFA WM 2006 in Deutschland. Grümer: „Kaum ein
anderes Thema verbindet so viele Menschen so intensiv und emotional miteinander. Dieses
Volks-Event war damit wie geschaffen für unser Volksprodukt.“ Albers: „Deshalb wollten
wir T-Com als einen der Hauptsponsoren der WM als eine volksnahe Marke inszenieren.“
Um ein Maximum an Verbraucherbindung zu erreichen, bildeten für die kreative Umsetzung
zwei Motivationsquellen laut Grümer das strategische Fundament:647
1. Das intensive kollektive Streben vieler Deutschen nach einer positiven Darstellung ihres
Landes im Ausland (analog dem offiziellen Claim: „Die Welt zu Gast bei Freunden“);
2. das stark verbreitete Bedürfnis des Individuums nach Wahrnehmung und Geltung in einer
zunehmend medialisierten Gesellschaft (analog TV-Formaten wie Big Brother und
Deutschland sucht den Superstar).
Die Idee war, beide Motivationsquellen zu einer lückenlos vernetzten Kommunikations- und
Vertriebskampagne zu verbinden. Zentrale Botschaft dieser Kampagne war: „Machen Sie mit
im größten Nationalteam aller Zeiten und heißen sie die Fußballfans aus aller Welt in
Deutschland willkommen.“ Unter der Marke T-Com sollten die Fußballbegeisterten Deutschlands zu einer Community vernetzt werden. Dies erfolgte in zwei Stufen:
1. Dem Erwerb des T-Com WM-Welcome-Trikots als kostenlose Zugabe zum neuen Flatrate-Tarif;
2. die Teilnahme als neuer T-Com-Flatrate-Kunde an der WM-Kampagne.
Grümer: „Mit dem Kauf des neuen Tarifs war das Versprechen an den Kunden verbunden:
‚Du wirst ein Teil unserer WM-Kampagne’“. Dementsprechend konnten sich die Kunden auf
einer eigenen Online-Plattform registrieren und mit ihrem Foto präsentieren. Aus diesem
Community-Pool wurde dann hunderte von Kunden ausgewählt und zu Foto-Shootings und
TV-Aufnahme eingeladen. „Als schier endlose Menschenkette getreu dem Kampagnen-Motto
‚Das größte Nationalteam aller Zeiten’ haben wir dann die Kunden zusammen mit der deutscher Fußball-Nationalmannschaft gezeigt“, so Albers.
Deshalb hatte die Kampagne im kreativen Ergebnis viele Elemente einer klassischen Unternehmens- und Imagewerbung, die komplettiert wurde um den konkreten Hinweis auf den Aktionstarif.
647
JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 32
210
Leitmedium im Media-Mix war angesichts des emotionalen Themas WM und der benötigten
hohen Reichweite TV mit einem Budgetanteil von knapp 40 %. Flankiert wurden die vielen
Menschenketten-Varianten-TV-Spots um Print-Anzeigen in Publikumszeitschriften und Tageszeitungen (Budgetanteil circa 10 %). Eine wichtige Bedeutung hatten zudem Plakatwerbung, weil hier ungewöhnliche Formate (Super-Poster) und Buchungen (mehrere Plakatflächen nebeneinander) die Kampagnenbotschaft prägnant unterstrichen.
Besonders hohe Kampagnenrelevanz hatte angesichts der Einbeziehung der Kunden in die
Kampagnengestaltung PR. So wurde verschiedene „Welcome-Events“ inszeniert (u.a. der
„Welcome-Day“ in Leipzig im Dezember 2005), zu denen die Bevölkerung eingeladen wurde
und über die die Presse – ebenso wie zu den lokalen Menschenketten-Drehterminen – breit
berichtete. 40 % des Kampagnenbudgets wurden dagegen in Below-the-Line-Maßnahmen investiert. Dazu gehörten vor allem Bestandskunden-Mailings sowie umfangreiche Point-ofSale-Massnahmen.
Kampagnenerfolg:
Folgende Ergebnisse erzielte die Kampagne:
1. Awareness: Steigerung der ungestützten Werbebekanntheit von T-Com auf 43 %;
2. Image-Korrektur: Signifikante Steigerung der Markenstärke in den entsprechenden Dimensionen um 17 %;
3. Kundenkontakt: Frequenzerhöhung am Point-of-Sale (T-Punkt, Call-Center) um 10 %;
4. Absatz: Verkauf von mindestens 1,6 Million Flatrate-Tarifen mit dem Kampagnen-T-Shirt
als zusätzlichem Kaufanreiz, 60 % mehr als geplant.
Für den enormen Awareness-Erfolg gibt es zwei Erklärungen:
1. Das im Vergleich zu allen Wettbewerbern überproportional hohe Werbebudget von TCom mit 169,7 Mio. in 2006;
2. der hohe Multiplikator-Faktor durch die allgemeine WM-Berichterstattung.
Kampagnenverantwortlicher Grümer dazu: „Durch die Welcome-T-Shirts, welche die Kunden
die ganze WM über trugen und die vielen Events waren wir permanent in der WMBerichterstattung präsent und konnten wir eine gigantische Multiplizierung der klassischen
Media-Reichweite erreichen.“
Aus Sicht der Kampagnenverantwortlichen gab es für den Erfolg drei Treiber:
1. Exposition,
2. First Mover,
3. Bekenntnismut.
Die Exposition bestand nach Grümer in der anhaltenden Konsequenz der Deutschen Telekom,
die Kampagne der Bedeutung des Ereignisses angemessen budgetär und inhaltlich-komplex
211
„groß zu fahren“ und sich auch den mit dem Kampagnen-Konzept verbundenen hohen logistischen Herausforderungen zu stellen. Ein weiterer Erfolgsfaktor war nach Albers außerdem
das Timing der Kampagne, die deutlich vor allen Werbekampagnen mit WM-Bezug bereits
im Winter des Vorjahres gestartet wurde. „Mit dem Auftakt-Event in Leipzig haben wir als
erste realisiert und mitinitiiert, dass die WM letztlich zu einem Volksfest wurde“, so Albers.
Dritter maßgeblicher Erfolgsfaktor war nach Grümer das öffentliche Kampagnen-Bekenntnis
zur deutschen Nationalmannschaft zu einem Zeitpunkt, als diese angesichts ihrer Leistung in
der Presse noch massiv kritisiert wurde. Grümer dazu: „Angesichts dieses frühen Bekenntnismuts haben wir auch überproportional von der später einsetzenden Zustimmung und Euphorie profitiert.“
Ein zusätzlicher, ungeplanter Überraschungserfolg der Kunden-Kampagne war die Mobilisierung der Telekom-Mitarbeiter intern: So haben insgesamt 50000 Mitarbeiter, also mehr als ein
Drittel der damaligen Belegschaft, das Welcome-T-Shirt nachgefragt. Aufgrund dieser enormen internen Resonanz wurde die gesamte Mitarbeiterkommunikation kurzfristig auf das
WM-Thema umgestellt. Grümer: „Das Menschenketten-Prinzip der Konsumentenkampagne
wurde auf die T-Com-Mitarbeiter übertragen und standortweit entsprechende Shootings organisiert.“ Was eigentlich zur Kundenbindung gedacht gewesen sei, hätte angesichts der fortlaufenden Stellenabbau-Maßnahmen den gleichen loyalisierenden Effekt nach innen gehabt.
Grümer: „Mit dem Welcome-T-Shirt fand durch die Mitarbeiter ein öffentliches Bekenntnis
zu ihrem Arbeitgeber statt, der in dieser Phase massiver öffentlicher Kritik ausgesetzt war“, so
Grümer weiter. Für die Mitarbeiter habe sich mit der Kampagne „Stolz“ und „Erhabenheit“
im Bezug auf den eigenen Arbeitgeber entfaltet.
„Der eigentliche Erfolg der Kampagne bestand darin, die fast zwangsläufige Abwanderung
der Kunden vom ehemaligen Monopolisten T-Com mit Hilfe des emotionalisierenden Großereignisses Fußball-Weltmeisterschaft temporär abgebremst werden konnte“, so Albers.
Der in der Kampagnen erzielte Sympathiegewinn für die Marke T-Com blieb jedoch nur von
begrenzter Nachhaltigkeit: Mit dem Wechsel des Vorstandvorsitzenden Klaus Ricke zu René
Obermann wurde die bestehende Sparten- und Markenorganisation wieder verändert: Nach
drei Jahren Lebenszeit verschwand die Marke T-Com zum Mai 2007 aus der Öffentlichkeit
und wurde durch die Marke T-Home ersetzt.648
Fazit:
Die T-Com WM-2006-Kampagne ist in den Kerndimensionen eine exemplarische Form der
Loyalitätswerbung: Der große Kreis der Bestandskunden soll von der Aufrechterhaltung der
648
DEUTSCHE TELEKOM, 2007
212
bestehenden Kundenbeziehung durch eine Produktvariation649 überzeugt werden. Angesichts
des Status als Ex-Monopolist war zum Kampagnenzeitpunkt die Zahl der Nicht(-mehr)Kunden immer noch verhältnismäßig gering, weshalb die Ansprache von Neukunden (im
Sinne zurückgewonnener Altkunden) automatisch gar keine strategische Relevanz hatte. Die
leistungspflegende Produktvariation bestand in der Platzierung eines City-Flatrate-Tarifs, der
den Festnetz-Anschluss der Bestandskunden als ein für viele Kunden günstigeres längerfristiges Angebot (24 Monate Laufzeit) im Sinne eines Upselling ersetzen sollte.
Ungewöhnlich war die absolute Priorisierung auf eine Imagekorrektur der Absendermarke.
Die Bekanntheit des Loyalisierungsangebotes XXL-Tarif spielte dagegen keine vorrangige
Bedeutung.
Auffällig im Vergleich zu anderen Loyalitätskampagnen ist die Veränderung der kommunikativen Positionierung und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Kommunikation.
Analog ist dagegen die reduzierte strategische Bedeutung von Mediawerbung im Kommunikations-Mix. Die Fallstudie belegt anschaulich die hohe Bedeutung von Maßnahmen am PoS,
PR und Event-Marketing. Der Einsatz von TV als Leitmedium entspricht der bisherigen Priorisierung im Media-Mix von T-Com.
Auffällig an der Loyalitätskampagne von T-Com ist die hohe strategische Bedeutung einer
massiven Imagekorrektur der Absendermarke als Voraussetzung für eine erfolgreiche generelle Loyalisierung der Bestandskunden. Demgegenüber erschien die Bedeutung der konkret
beworbenen Leistung eher nachrangig. Das erklärt, warum die Kampagne in Teilen (insbesondere bezogen auf die TV-Spots) eher den Charakter einer Unternehmensimage-Werbung
denn einer absatzorientierten Produktwerbung hatte.
Kriterien
Leistungscharakter
Zielgruppenfokus
Werbebudget
Kommunikative Werbeziele
Positionierung
Werbebotschaft
Stellenwert Mediawerbung
Leitmedium
Ausprägung
Verbesserte Bestandsleistung
Fast ausschließlich Bestandskunden
hoch
Imagekorrektur
Emotion
Emotion
mittel (50%)
TV
Abbildung 45: Ausprägungen der T-Com-Kampagne als Loyalitätswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
649
BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff.; HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.
213
6.1.13 Kampagnen-Fallstudie Gillette Fusion, Procter & Gamble
Marketingstrategie
Gillette, seit 2005 Teil des US-amerikanischen Konsumgüterherstellers Procter & Gamble, ist
die marktführende Marke im weltweiten Nassrasur-Markt. Auch im deutschen Markt ist Gillette seit vielen Jahren stabiler Marktführer mit einem Gesamtmarktanteil von 29 % (48 % unter den Markenartiklern) vor dem traditionellen Konkurrenten Wilkinson mit knapp 9 % bzw.
mit 14 % unter den Markenartiklern (AC Nielsen, September 2005). Beide Unternehmen stehen in einem intensiven Wettbewerb, wobei jede Produkt-Neueinführung des einen, einen
Produktlaunch des anderen zur Folge hat, wobei über den tatsächlichen Innovationscharakter
der jeweiligen Produkte massiv gestritten wird.650 1998 wurde von Gillette das äußerst erfolgreiche 3-Klingen-System Mach3 in Deutschland eingeführt und später im Sinne einer leistungsverbessernden Variation651 durch das Produkt Mach3 Turbo ersetzt.
Der Nassrasurmarkt ist aktuell durch drei Entwicklungen geprägt:
• Innovationsdruck des wichtigsten Marken-Wettbewerbers: Im Herbst 2003 hat der größte
Marken-Wettbewerber Wilkinson ein 4-Klingen-System in Konkurrenz zu Gillettes aktuellem 3-Klingen-System Mach3Turbo eingeführt.
• Substitutionsgefahr durch Handelsmarken: Die Eigenmarken des Handels stellen für viele
Konsumenten eine Alternative zu den bewährten Marktprodukten dar. Ihr Marktanteil lag
im September 2005 bei knapp 39 %.
• Preissensibilität als Wachstumsbarriere. Die Bereitschaft der Kunden, hohe Abgabepreise
für Rasierapparate und -klingen zu akzeptieren, stagniert deutlich und liegt mit dem Mach3
Turbo bei einem Abgabepreis von 8,62 Euro deutlich unter der „magischen 10 EuroSchwelle“.
Die Konsequenz aus dieser Entwicklung ist: Günstige Handelsprodukte einerseits und ein innovatives Marken-Wettbewerbsprodukt andererseits führen zur Abwanderung bestehender
Gillette-Kunden, was den Verlust von Marktanteilen zur Folge hat. Diese Entwicklung soll
durch ein signifikantes Produkt-Upgrade – das letzte erfolgte vor acht Jahren – gestoppt werden. Gleichzeitig sollte die deutliche Leistungsverbesserung zur Durchsetzung eines höheren
Abverkaufspreises genutzt werden bzw. mit ihr einhergehen. Das Ergebnis war die Einführung des Gillette Fusion als 5-Klingen-System in Verbindung mit einem Präzisionstrimmer
für schwer erreichbare Stellen. Aus der Verbindung dieser Leistungskomponenten rührt der
Produktname Fusion her. Der Verkaufspreis für das Produkt Fusion lag bei 11,99 Euro und
somit deutlich sowohl über der 10-Euro-Schwelle als auch 39 % über dem Verkaufspreis des
Vorgängermodells Mach3 Turbo (8,62 Euro). Angesichts dieses hohen Preises in Verbindung
650
651
SIEGLOCH, 2005
BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff.; HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.
214
mit einer starken Emotionalisierung des Alltagsproduktes Rasierklinge ist der Gillette Fusion
aufgrund seiner Lifestyle-Qualitäten als High-Involvement-Produkt einzuordnen.
Trotz der Einführung des Gillette Fusion wurde der Mach 3 als 3-Klingen-Modell weiterhin
angeboten.
Angesichts dieses konsequenten Substitutionsprozesses durch die Einführung eines ProduktUpgrades als leistungspflegende Maßnahme zum Erhalt der bestehenden Kundenbasis lässt
sich Gillette marketingstrategisch als Potentialausschöpfer charakterisieren.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Procter & Gamble Deutschland GmbH
Konsumgüter/Pflegeprodukte
Gillette Fusion
mittel-high-Involvement
September 2006-Dezember 2007
Keine Angaben
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 46: Kampagnen-Steckbrief Gillette
Quelle: Eigene Darstellung
Werbestrategie:
Im Fokus der Kampagne stand die Einführung des Gillette Fusion als Produkt-Upgrade (Leistungspflegende Variation) zum bisherigen Mach3 Turbo. Der Adressatenfokus lag dabei sowohl auf der Stammkundschaft, die durch den Wechsel auf das deutlich verbesserte Produkt
nachhaltig loyalisiert werden sollte wie auch auf Neukunden, die bislang Verwender des leistungsschwächeren Produktes des Hauptwettbewerbers Wilkinson waren.
Maßstab für die konkreten Kampagnenziele waren die Ergebnisse der vorangegangenen sehr
erfolgreichen Mach3 Einführungskampagne.
Dementsprechend wurden absatzpolitischen Ziele fixiert:
• Abverkaufszahlen der ersten Wochen sollten den Mach3-Benchmark noch übertreffen;
• Steigerung der Preisakzeptanz durch zusätzlichen Produktnutzen;
• Marktanteile zurückerobern.
Daraus leiteten sich folgenden kommunikativen Ziele ab:
• Awareness: Bekanntheit von mindestens 60 %.
Laura Posler, kampagnenverantwortliche Produktmanagerin für Gillette bei Procter &
Gamble Deutschland erklärt zum Kampagnenziel: „Um die Marktführerschaft Gillettes zu sichern und die Voraussetzung für Preissteigerungsspielräume zu schaffen, musste der absolute
Premiumanspruch der Marke in der Kommunikation deutlich werden.“ Zu diesem Zweck
wurde „Innovationskraft“ als die Kernkompetenz von Gillette zum zentralen Thema der
Kampagne. Nach Posler bestand die Relevanz dieses Kundenbenefits auf Basis der neuen 5-
215
Klingen-Technologie in seinem hohen Differenzierungscharakter sowohl gegenüber dem
Marken- wie auch den Handelswettbewerbern.
In Assoziation zum Produktnamen wurde kreativ das Thema Kernfusion visualisiert, wobei –
in Anspielung auf die zwei Leistungskomponenten – ein hohes Maß an Energie freigesetzt
wird. Sandra Vent, kampagnenverantwortliche Account Director bei der Werbeagentur
BBDO: „Durch eine dynamisch-futuristische Bildwelt wollten wir das Thema Innovation in
den Köpfen der Konsumenten in Verbindung mit Gillette verankern.“
In der Kampagnenumsetzung wurde zweistufig vorgegangen: In einer Pre-Launch-Phase ging
es vor allem darum, Aufmerksamkeit zu generieren. Dafür kamen vor allem nicht-mediale Instrumente wie PR, Roadshows für den Handel und die Konsumenten zum Einsatz. In der
zweiten Stufe der Launch- und After-Launch-Phase wurden dann die konkreten Eigenschaften
und Benefits des Neuprodukts kommuniziert. Dabei kam vor allem TV als KampagnenLeitmedium zum Einsatz. Flankiert wurden die TV-Spots durch Print-Anzeigen in zielgruppenadäquaten Publikumszeitschriften. Diese wurden immer am Tag nach einer umfangreicheren TV-Spot-Präsenz geschaltet.
Kampagnenerfolg:
Im Zuge der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erzielt:
• Bekanntheit: Gillette Fusion erreichte bereits einen Monat nach Produkteinführung eine
Bekanntheit von 65 %.
• Der Rasierapparate-Absatz verdoppelte sich fast von 224.000 Stück (Mach3) auf 432.000
(Nachfolgemodell Fusion). Damit lagen die Umsatzwerte deutlich über denen des Wettbewerbers bei dessen letztem Produktlaunch.
• Der Gesamtmarktanteil von Gillette am deutschen Rasierapparatemarkt stieg im Zuge der
Einführung des neuen Produktes von 29 % um 92 % auf 56 %. Dagegen verloren alle übrigen Wettbewerber deutlich: Wilkinson um minus 35 %, die Eigenmarken des Handels um
43 % und die anderen Markenartikler um minus 31 %. Somit wurde der Abstand zum
wichtigsten Marken-Wettbewerber Wilkinson (von 20 auf 50 %) deutlich ausgebaut.
• Mit der Einführung Gillette Fusion ging der Absatz der übrigen Gillette-Rasierapparate
deutlich zurück (bis zu minus 15 %), dieser Rückgang wurde jedoch durch den entsprechenden Marktanteilsgewinn von Fusion überkompensiert.
• Während der Launch-Kampagne stieg der Umsatz im Rasierapparate-Markt um zeitweise
131 %, was auf eine hohe Probierquote insbesondere in der Gruppe der Nicht-Nassrasierer
zurückzuführen ist.
• Mit dem Neuprodukt Fusion konnte die „magische 10-Euro-Schwelle“ für einen Rasierapparat überschritten werden. Preissteigerungen von 39 bis 44 % für Apparat bzw. verschiedene Klingensets wurden von den Konsumenten akzeptiert.
216
Für die Bewertung der Erfolgszahlen sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
• Hohe Verfügbarkeit des Produktes im Handel bereits in der Launchphase (96 % gewichtete
Distribution);
• kein in den beworbenen Leistungsmerkmalen vergleichbares Produkt des Wettbewerbs.
Darüber hinaus ist bei dieser Fallstudie die Dominanz absatzpolitischer Zielgrößen auffällig.
Generell sind die Zielwerte sehr generalistisch formuliert652, so dass eine präzise Zielerfüllung
nur bedingt gewährleistet ist.
Fazit:
Die Gillette Fusion-Kampagne von Procter & Gamble ist eine Einführungswerbung insofern
als das unter einer neuen Marke als leistungspflegende Variation eines bestehenden Produktes
(Mach 3) etabliert werden sollte. Mit der Einführungswerbung sollten sowohl Bestandskunden adressiert und somit ein Upselling-Prozess erfolgreich initiiert werden, als auch Neukunden als Verwender von Wettbewerbsprodukten gewonnen werden.
Im kommunikativen Fokus stand die Bekanntmachung des neuen Produktes sowie der neuen
Marke. Die kommunikative Positionierung und Werbebotschaft der bisherigen Kommunikation wurde in der Kampagne beibehalten bzw. akzentuiert.
Media hatte eine hohe strategische Bedeutung im Kommunikations-Mix für das beworbene
High-Involvement-Produkt. TV war deckungsgleich zur Vorgängerwerbung Leitmedium der
Kampagne.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Verbesserte Bestandsleistung
Zielgruppenfokus
Überwiegend Bestandskunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Präferenz
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
emotional
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (80%)
Leitmedium
TV
Abbildung 47: Ausprägungen der Gillette-Fusion-Kampagne als Loyalitätswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
652
STEFFENHAGEN/FUNKE, 1986, S. 549 ff.
217
6.1.14 Kampagnen-Fallstudie Bertolli, Unilever
Marketingstrategie:
Zu den internationalen Foodmarken des Konsumgüterproduzenten Unilever gehört u.a. die
Marke Bertolli. Im historischen Ursprung war Bertolli ein italienisches Olivenöl, das weltweit
exportiert wurde. So ist das Bertolli Olivenöl bis heute weltweit Marktführer unter den Markenprodukten dieses Segments. Unilever baute unter der Marke Bertolli zunächst eine Range
von Olivenöl- und Margarine-Produkten auf. Diese wurden in Verbindung mit der Marke
Bertolli erstmals im Jahr 2000 im deutschen Markt eingeführt und konnten innerhalb von
zwei Jahren erfolgreich bei den deutschen Konsumenten etabliert werden. So erreichte das Olivenöl einen Marktanteil von durchschnittlich 10 %, im Segment der Brotaufstriche mit Olivenöl wurde Bertolli Marktführer. Bertolli wurde dabei als Marke positioniert, die „für mediterranes Lebensgefühl steht, die Liebe zu Italien und die Erfahrung und Begeisterung für gutes Essen in der Gemeinschaft.“653 Zu dieser Positionierung gehörte der Verzicht auf Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe bei der Herstellung der Bertolli-Produkte.
Angesichts dieser starken Marktposition und eines gleichzeitig stagnierenden MargarineMarktes (vgl. Fallstudie Rama Cremefine) beschloss Unilever zur Realisierung zusätzlicher
Wachstumspotentiale die Ausweitung der Marke auf folgende Produktgruppen: Pastasaucen
(Launch im Juli 2002), Pesti (Launch 2003), Vinaigrettes und Aceti (Launch Mai 2003/2004)
sowie Antipasti und La Brusschetteria (Launch im Juli 2005). Die Konsequenz daraus war,
dass die Marke Bertolli von einer produktspezifischen zu einer produktübergreifenden italienischen Food-Marke wurde. Dabei sieht sich jedes Teilprodukt bzw. Teilsparte mit spezifischen Markt- und Wettbewerbs-Bedingungen konfrontiert, z. B. im Bereich der Pastasaucen,
in denen Barilla und Buitoni seit 15 Jahren etablierte Marktführer sind und gleichzeitig lokale
Massenmarken wie Miracoli und Raguletto den Preis-Wettbewerb bestimmen. Aufgrund von
Budgetrestriktionen (das Medienbudget erhöhte sich 2004 lediglich um 4 % gegenüber dem
Vorjahr) war es Unilever jedoch nicht möglich, jedes Teilprodukt- bzw. -sortiment im Rahmen einer eigenen Einführungskampagne zu penetrieren. Gleichzeitig mussten der Werbedruck im bestehenden Kerngeschäft, insbesondere der Margarine, die gegenüber dem Olivenöl immer noch den größten Anteil des Markenumsatzes ausmachte, aufrechterhalten werden.
Dieser Ausbau der Leistungspotentiale der Marke Bertolli durch die Erweiterung des Sortiments um komplementäre Produkte in Verbindung mit der angestrebten Ausschöpfung bestehender Kundenpotentiale charakterisiert Unilever in diesem Fall als Potentialausschöpfer.
Werbestrategie:
Auf Grundlage der Marktstärke der Bestandsprodukte und angesichts deutlicher Budgetrestriktionen fiel die Entscheidung nach Aussage von Christina Müller, European Brand Development Manager für eine „Huckepack-Strategie“: Mit der Bewerbung der etablierten
653
UNILEVER, 2007
218
Stammprodukte sollten gleichzeitig die neuen Produkte und Sortimente bei den bestehenden
Kunden und Zielgruppen im Sinne eines Cross-Selling gepusht werden.
Christina Müller dazu: „Dieses Vorgehen erschien uns strategisch sinnvoll, da die neu einzuführenden Produkte alle klassisch italienische Produkte waren und wir davon ausgingen, dass
ein bestehender Kunde, der bereits die Qualität des Bertolli-Olivenöls zu schätzen weiß, in
hohem Maß positiv prädisponiert für weitere typische Bertolli-Produkte ist.“ Flankierend sollten auch neue – insbesondere jüngere Bertolli-Kunden – gewonnen werden.
Dementsprechend standen im Fokus der Kampagne neben den Produktklassikern Olivenöl
und Margarine die Neuprodukte Pastasaucen, Vinaigrette sowie La Bruschetteria (Kombination aus Mozzarella, Tomaten und Olivenöl). Angesichts des Marktvolumens waren dabei die
Pastasaucen ein wichtiger potentieller Wachstumsträger.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Unilever Deutschland Holding GmbH
Konsumgüter/Food
Bertolli Teilsortimente
Low-Involvement
Oktober 2004-Oktober 2005
Keine Angaben
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 48: Kampagnen-Steckbrief Bertolli
Quelle: Eigene Darstellung
Dementsprechend lagen der Werbekampagne folgende absatzpolitische Ziele zugrunde:
•
Jährliche Steigerung des Umsatzes aller Produkte unter der Marke Bertolli um 10 %;
•
Beibehaltung des Marktanteils von Margarine und Olivenöl;
•
Anstieg des Umsatzes von Pastasaucen um 20 %.
Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:
•
Imageprofilierung von Bertolli als authentische italienische Food-Marke;
•
Erhöhung des Bekanntheitsgrades des gesamten Portfolios, insbesondere der Pastasaucen.
Bertollis bestehende Kernzielgruppe für die etablierten Startprodukte Margarine und Olivenöl
sind laut Müller Erwachsene über 40 Jahren – bei den meisten sind die Kinder bereits erwachsen und ausgezogen – mit Fokus auf den weiblichen haushaltsführenden Teil. Diese Kernzielgruppe bildet die bisherige Erfolgsgrundlage der Marke Bertolli, und laut Müller bestand das
Ziel darin, diese Bestandskunden im Sinne eines Cross-Sellings zum Kauf der Produkte zu
Bertolli-Gesamtportfolios zu motivieren. Zusätzlich zu den bestehenden Käufergruppen sollten neue – insbesondere jüngere – gewonnen werden. Dies liegt laut Müller in den Ergebnissen der internen Marktforschung begründet. Sowohl die ältere Zielgruppe, die das Leben bis
ins hohe Alter genießen will, als auch die jüngere Zielgruppe habe das Bestreben, den „italienischen Traum“ zu leben und somit Arbeit und Leben miteinander in Einklang zu bringen,
wobei gutes Essen erfülltes Leben bedeute.
219
Daraus leitete sich für die kreative Umsetzung die Anforderung ab, die neuen BertolliProdukte (insbesondere die Pastasaucen) in der – den Bestandskunden bereits vertrauten Markenwelt – zu präsentieren. Müller: „Dementsprechend haben wir in den TV-Spots und Printmotiven an das Sujet des vergnüglichen italienischen Familienlebens in ländlicher Idylle aus
der Einführungskampagne angeknüpft.“
Für jede Produktgruppe bestand eine spezifische Botschaft (siehe Tabelle), die in ihrer Gesamtheit durch eine gemeinsame Idee zusammengehalten werden sollten.
Produktgruppe
Pastasauce
Botschaft
Mit Hingabe und Leidenschaft authentisch in
Italien zubereitet
Vinaigrette
Flasche schütteln, um
die beiden Phasen zu
vermischen:
Einfach
schütteln und fertig.
La Bruschette- Italienisch
genießen
ria
ohne zu kochen
Kampagnen-Motiv
„Grannies“
Schaltung
Feb. 04 bis Apr. 04
„Postman“
Mai 04 bis Aug. 04
„Book“
Aug. 05 bis Okt. 05
Abbildung 49: Produktspezifische Kampagnen-Segmentierung
Quelle: JUNG/VON VIEREGGE 2006, S. 38
Während in der Einführungskampagne noch die Idee eines langen vergnüglichen Lebens unter
italienischer Sonne die Leitidee war, wurde diese für die neue Kampagne erweitert um die alterunabhängige Idylle vom „italienischen Traum“. Diese Müller: „Die Kampagne zeigt dementsprechend eine freundliche Welt, in der die Menschen mit Humor leben, Kinder in ländlicher Umgebung spielen, alle Generationen vereint sind und die Sonne immer scheint. Kurzum
eine Welt, in der die Familien stets gemeinsam essen und die Mutter kocht – mit frischen Zutaten aus dem Garten. Diese Welt erscheint durchgehend in allen Bertolli-TV-Spots und PrintMotiven.“
Die kreative Grundidee (italienischer Traum) bedingt bereits Bewegtbild als Werbemittel. TV
wurde dementsprechend als Leitmedium der Kampagne gewählt (90 % Budgetanteil), um für
die neuen Low-Involvement-Produkte zu schneller Reichweite und Awareness zu kommen.
Flankierend wurden Print (10 Budgetanteil eingesetzt). Angesichts der besonderen Relevanz
des Produktes Pastasaucen wurde der entsprechende TV-Spot in beiden Kampagnenjahren intensiv geschaltet.
Kampagnenerfolg:
Die angestrebten Ziele wurden im Zuge der Kampagne erreicht:
• Der Umsatz der Bertolli-Markengruppe stieg in 2005 gegenüber dem Vorjahr um 16,5 %,
damit wurde der Zielwert von 10 % deutlich überschritten;
220
• Wachstumsmotor waren neben dem nicht beworbenen Kernprodukt Olivenöl (+43 %) vor
allem die neuen, beworbenen Produktgruppen Pastasauce (+28 %), Antipasti (+6 %), La
Bruschetteria (+18 %);
• der Umsatz mit Pastasaucen wuchs um 40 % in 2004 und 30 % in 2005 und erhöhte damit
den Marktanteil um 50 % von 3 % auf 4,5 %;
• diese Umsatzsteigerung war überproportional zum Share of Voice, der lediglich um 4 %
stieg;
• Marktanteil und Umsatz von Margarine blieben konstant, der Marktanteil für Olivenöl stieg
um 2 %;
• die spontane, ungestützte Bekanntheit der Gesamtmarke wurde verdoppelt, von 10 % Anfang 2004 auf 22 % Ende 2005;
• der Bekanntheitsgrad für Pastasaucen stieg von 28 % auf 51 %, während der Bekanntheitsgrad der Kernprodukte konstant blieb;
• die Markenwahrnehmung verlagert sich von einer Gesundheitsmarke (gesundes Öl im Alter) hin zu einer authentischen italienischen Foodmarke: Nach dem Millward BrownTracking (Messung von 11 Image-Items) fielen gesundheitsorientierte Aussagen wie zu
Beispiel „Für vitale und aktive Leute“ von Platz 9 auf 17, beim Item „Ideal für eine gesunde Ernährung von Platz 7 auf Platz 12. Diese Aussagen wurden ersetzt durch Aussagen, die
Bertolli als authentisch italienische Foodmarke darstellen: Bei dem Grad der Zustimmung
zur Aussage „Ist Experte in der Zubereitung italienischer Gerichte“ gelang Bertolli im
Wettbewerbsvergleich unter die ersten 5, bei der Aussage „Verbreitet mediterrane Atmosphäre“ stieg Bertolli auf Platz 1 der Zustimmung und bei der Aussage „Hat Familienwerte“ stieg Bertolli von Platz 13 auf 10. Die Marke wird als zunehmend bekannt angesehen:
Das Item „Wird immer bekannter“ steigt um 4 Plätze von 10 auf 6. Das Kernimage der
Marke bleibt beständig – so bleibt das Item „Verbreitet italienischen Gusto des Lebens“
durchgehend hoch. Bis September 2004 sank der Umsatz mit dem Margarine-Umsatz kontinuierlich (-10 % zum Jahresanfang) und erhielt erst durch die Werbekampagne wieder
deutliche Wachstumsimpulse (+12 %);
• während der Werbeschaltung für die Pastasaucen („Grannies“) erhöhte sich der monatliche
Pastasaucen-Umsatz um 40 Tonnen;
• der Absatz von „La Bruschetteria“ stieg während der Kampagne um 127 % auf über 10
Tonnen. Bei diesem enormen Wachstum ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Range bestehend aus zwei Produkten erst einen Monat vor Kampagnenstart eingeführt wurde;
• der monatliche Vinaigrette-Umsatz stieg während der Postman-Werbung um 100 %. Ein
Vergleich mit den Absatzwerten des werbefreien Folgejahres zeigt einen deutlichen Unterschied im Absatzerfolg;
• während der Kampagne zu den Pastasaucen steigt die Zustimmung bei den Imageaussagen
zum Markenimage von Bertolli wie „Ist eine echte italienische Marke“ und „Ist eine Mar-
221
ke für Food-Liebhaber wesentlich steiler nach oben als während der Zeiträume ohne Werbung;
• die Kaufbereitschaft für Pastasaucen nahm während des Werbezeitraums zu, woraus sich
ableiten lässt, dass die Kampagne einen echten Kaufanstoß für das Produkt gegeben hat
und nicht nur den Aufbau der Marke förderte.
Während der Kampagne gab es keine gravierenden Veränderungen im Marketing-Mix, d.h.
die Preise blieben konstant, die Vertriebsreichweite wurde nicht durch neue Listungen (z. B.
bei Discountern gravierend verändert).
Fazit:
Die Bertolli-Kampagne weist in den Kerndimensionen Züge einer Cross-Selling-Werbung mit
deutlichen Cross-Selling-Aspekten auf: Als Line-Extension der bereits bestehenden italienischen Lebensmittelprodukte werden unter der Dachmarke Bertolli wurden Produkte eingeführt, die sich auch an die Bestandskunden richtet. Auffällig ist, dass in der Wahrnehmung der
Kampagnenverantwortlichen die Unterscheidung zwischen Bestands- und Neukunden keine
Relevanz hat und deshalb auch in der Erfolgsmessung zur Kampagne nicht zwischen beiden
Gruppen differenziert wurde.
Zentrales Kommunikationsziel war die Awareness für die neuen Low-Involvement-Produkte
als Voraussetzung für einen kurzfristigen Absatzerfolg.
Kommunikativen Positionierung und zentrale Werbebotschaft waren mit der bisherigen
Kommunikation konform.
Media hatte eine hohe strategische Bedeutung im Kommunikations-Mix für das LowInvolvement-Produkt. TV war übereinstimmend zur Vorgängerwerbung Leitmedium der
Kampagne. Der Grund dafür dürfte in der spezifischen Distributionsstruktur liegen: Der Produzent Unilever verfügt für diesen Massenmarkt über keine ausreichenden und relevanten
Endkundendaten, kann also auch seine Bestandskunden nur massenmedial erreichen.
Im Hinblick auf die Modell-Relevanz der Kontinuität bei Werbebotschaft und Positionierung
fällt eine deutliche Parallele zur Eucerin- sowie Dove pro•age-Kampagne als Beispiele für
Einführungswerbung auf. In beiden Fällen handelte es sich ebenfalls um Neuprodukte als Ergebnis einer Line-Extension unter Verwendung des bestehenden Markendachs.
Im Hinblick auf die dokumentierte planerische Irrelevanz des Segments Bestandskunden analog der Bertolli-Kampagne erscheint die Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps CrossSelling-Werbung prüfenswert.
222
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukte (als Ergebnis einer Line-Extension)
Zielgruppenfokus
Bestands- und Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
emotional
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (90%)
Leitmedium
TV
Abbildung 50: Ausprägungen der Bertolli-Kampagne als Cross-Selling-Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
6.1.15 Kampagnen-Fallstudie Allfinanz, Dt. Sparkassen- und Giroverband
Marketingstrategie:
Die Sparkassen-Finanzgruppe (nachfolgend die Sparkasse) ist mit 650 Unternehmen (457
Sparkassen, 11 Landesbanken, 11 Landesbausparkassen, 12 öffentlichen regionalen Erstversicherergruppen, der DekaBank sowie zahlreichen Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Spezialkreditinstituten) und einem kumulierten Geschäftsvolumen von rund 3.300 Milliarden Euro die größte Kreditinstitutgruppe weltweit. Mit einem Filialnetz von über 16.000 mitarbeiterbesetzten Sparkassenstellen verfügt die Sparkassen-Finanzgruppe über eine flächendeckende
Präsenz. Angesichts dieser organisatorischen Reichweite ist rund jeder zweite Bundesbürger
Kunde (45 Mio.) der Sparkassen-Finanzgruppe. Als Dachverband der SparkassenFinanzgruppe organisiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) die Willensbildung innerhalb der Gruppe und legt die strategische Ausrichtung fest. Zu den Aufgaben des
DSGV gehört auch die übergreifende Werbekommunikation unter der Dachmarke „Sparkassen-Finanzgruppe“. Das Werbevolumen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes betrug 2005 insgesamt 126,8 Mio. Euro, 8,3 % weniger als im Vorjahr.654
Als traditionsreiche Finanzinstitution ist die Sparkasse in den vergangenen Jahren mit folgenden Entwicklungen konfrontiert:655
• Die Loyalität der Kunden sinkt dramatisch. Es entwickelt sich eine hohe Bereitschaft, Finanzdienstleistungen verschiedener Anbieter in Anspruch zu nehmen und dabei vor allem
auf kurzfristig attraktive Zins-Konditionen zu achten (Boom des Finanzproduktes Tagesgeldkonto seit 2000).
• Auf den bislang geschlossenen Markt deutscher Banken und Finanz-Dienstleister drängen
verstärkt europäische Anbieter (u.a. ING-DiBa, Bank Santander, Royal Bank of Scotland)
mit preisagressiven Einsteiger-Angeboten auf den Markt, und vermarkten diese in der gleichen Weise, in der Markenartikler ihre Produkte vermarkten.
654
655
ZAW, 2007, S. 144
McKINSEY, 2007
223
Die drohende Kundenabwanderung ist für die Sparkasse in doppelter Hinsicht bedrohlich,
denn neben dem unmittelbaren Umsatz- und Ertragsverlust verliert sie auch die Beziehungsgrundlage für ein Cross- und Upselling.656 Denn das größte Problem der Sparkasse ist, dass
sie von ihren Kunden traditionell für die alltäglichen Geldgeschäfte auf Basis eines Girokontos oder Sparbuchs genutzt wird, während für größere oder komplexere Finanzierungs- und
Vermögensfragen häufig Großbanken und Spezialisten wie Baufinanzierer, Fonds- oder Versicherungsgesellschaften präferiert werden. „Unsere Marktforschung zeigte, dass unsere
Kompetenz für‚großes Geld’ eher schwächer eingeschätzt wird“, so Dr. Lothar Weissenberger, Leitung Werbung beim DSGV. Pointierter formuliert es Michael von Bach, kampagnenverantwortlicher Planner auf Agenturseite: „Die Kunden sahen in der Sparkasse eher den
sympathischen Allgemeinmediziner Dr. Brockmann aus der Praxis Bülowbogen als den Herzspezialisten Christiaan Barnard.“
Grundsätzlich besteht dabei im Bereich der Finanzkommunikation die Herausforderung, dass
es selten einfache und zugleich standardisierte Produkte sind, die vertrieben werden, sondern
individuelle, auf Beratung basierende Finanz-Dienstleistungen.
„Diese grundsätzliche Herausforderung der Finanzkommunikation wird im Fall der Sparkasse
noch verschärft, weil wir aufgrund unserer spezifischen föderalen Struktur nicht in der Lage
sind, gruppenübergreifend bestimmte Finanzprodukte wie z. B. ein Tagesgeldkonto mit bundesweit einheitlichen Konditionen anzubieten“, so Weissenberger. Deshalb bestünde der
Schwerpunkt der Sparkassen-Werbekommunikation darin, Themen- und Kompetenzfelder zu
adressieren.
Angesichts der verschärften Situation im deutschen Privatkundengeschäft agiert der Deutsche
Sparkassen- und Giroverband marketingstrategisch als Potentialausschöpfer: Durch eine vor
allem kommunikative Markenpflege des bestehenden Leistungsangebots soll die Kundenbindung auf Grundlage eines Cross- bzw. Upselling intensiviert werden.
Werbestrategie:
Im Fokus der „Allfinanz“-Kampagne stand dementsprechend die Kommunikation der Allfinanz-Kompetenz der Sparkassen-Finanzgruppe. „Die Kernbotschaft der Kampagne lautete
dementsprechend: ‚Die Sparkasse verfügt über mehr Kompetenzen, als man denkt.’“, so Michael von Bach, Kampagnenverantwortlicher Planner bei der Agentur Jung von Matt. „Die
Kampagne sollte plakativ vermitteln, dass der Sparkassen-Verbund von Deka Investmentfonds bis zur LBS-Bausparkasse über ein breites Portfolio an Finanz-Dienstleistungen verfügt, die für den Kunden in jeder Sparkassen-Filiale erhältlich ist“, ergänzt Weissenberger.
Um volumenstärkere und damit deckungsbeitragsstärkere Finanzgeschäfte für die Sparkasse
zu erschliessen und gleichzeitig stärkere Synergien zwischen den Partnern des Finanzverbundes zu generieren, sei es notwendig gewesen, kommunikativ die Brücke zwischen dem fernen
656
Vgl. RITTER, 1988
224
„Big Business“ der internationalen Finanzwelt und der vertrauten Sparkassen-Filiale vor Ort
zu steigern. Weissenberger: „Die bestehende Positionierung ‚geografische Allgegenwärtigkeit’ der Sparkasse sollte um die Dimensionen ‚Internationalität’ (im Sinne von Weltläufigkeit), ‚Professionalität’ und ‚universelle Finanz-Kompetenz’ erweitert werden.“ Die Kommunikationsaufgabe bestand also darin, die Größe und Kompetenz der Sparkasse eindrucksvoll
zu vermitteln und damit die Nachfrage nach volumenstärkeren und komplexeren Finanzprodukten nachhaltig zu steigern.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV)
Finanzen/Banken
Finanzdienstleistungen
Mittleres Involvement
Januar 2005 bis Mai 2005; Mai bis August 2006; Mai bis August 2007
bundesweit ca. 7-8 Mio. pro Jahr
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 51: Kampagnen-Steckbrief Sparkasse
Quelle: Eigene Darstellung
Dementsprechend sollten mit der „Allfinanz“-Kampagne insbesondere die einkommensstärkeren und vermögenden Privatkunden zwischen 30 und 60 Jahren unter den insgesamt 45
Millionen Bestandskunden adressiert werden. „Unsere Kundenanalysen zeigten bei den Bestandskunden ein gigantisches Cross-Selling-Potential, dass wir ausschöpfen wollten“, so
Weissenberger. Flankierend sei es auch um eine generelle Loyalisierung der Bestandskunden
gegangen. „Ihnen wollten wir das gute Gefühl geben, mit der Sparkasse bei der richtigen Finanzadresse zu sein“, so Weissenberger. Eine positive Differenzierung im Hinblick auf das
Thema Finanzkompetenz sollte vor allem gegenüber den Volks- und Raiffeisenbanken sowie
den traditionellen Großbanken erreicht werden, dagegen standen „Preis-Fighter“ wie INGDiBa und Postbank nicht im Wettbewerbsfokus der Kommunikation.
Daraus leiteten sich folgende Kampagnen-Ziele ab:
• Awareness-Lead: Es soll maximale Kampagnen-Erinnerung gegenüber den wichtigsten
Wettbewerbern auf Basis der ungestützten Bekanntheit (spontane Erinnerung) erreicht
werden.
• Imageprofilierung: Die zentrale Botschaft „Die Sparkasse ist der kompetente Allfinanzdienstleister“ soll verankert werden und eine signifikante Steigerung der entsprechenden
Imagedimensionen um mindestens +10 % dokumentiert werden.
• Nachfrage-Generierung: Die potentielle Abschlussbereitschaft in definierten Geschäftsfeldern soll um +20 % im Vergleich zum besten Wettbewerber gesteigert werden.
225
Für die kreative Umsetzung sollte die informativ-sachliche Botschaft „Gut, wenn sich Kompetenzen ergänzen“ laut von Bach „mit emotionaler Größe und Modernität transportiert werden“. Kernelement dafür war der Sparkassen-Mitarbeiter im Helikopter. Im TV-Spot unternimmt er mit einem exemplarischen Kunden einen Rundflug durch die Sparkassen-Welt und
zeigt ihm aus dem Helikopter voller Stolz und Begeisterung die gesamte Bandbreite der Partner im Sparkassen-Verbund. Der Rundflug endet dort, wo für den Kunden alle präsentierten
Kompetenzen abrufbar sind – in einer der 16000 Sparkassen-Filialen.
Das Key-Visual Helikopter-Flug und das Volumen der Zielgruppe bedingten den Einsatz von
TV als Leitmedium der Allfinanz-Kampagne im Media-Mix. Dementsprechend wurden bundesweit ca. 80 % des Budgets in TV investiert. Flankierend wurde Print eingesetzt. Belowthe-line-Maßnahmen wie Direkt-Marketing und PoS-Maßnahmen in den Filialen vor Ort hatten nach Aussage von Weissenberger im Hinblick auf Cross-Selling und Loyalisierung eine
große Bedeutung in der Kampagne, sind aber aufgrund der föderalen Struktur des SparkassenVerbundes budgetär nur grob schätzbar.
Kampagnenerfolg:
• Awareness-Lead: Die Allfinanz-Kampagne war im Kampagnen-Zeitraum Januar bis Mai
2005 die mit Abstand durchsetzungsstärkste Kampagne im Finanzdienstleistungsmarkt: So
stieg der Wert der spontanen Werbeerinnerung von 28 % in der Gesamtbevölkerung um 45
% auf 35 % im Monat Mai. Die Wettbewerber Dresdner Bank, Volksbanken/Raiffeisenbanken und Deutsche Bank lagen mit Ausgangswerten von weniger als 15 %
deutlich darunter. Nur der Deutschen Bank gelang im gleichen Zeitraum eine deutliche
Steigerung um 17 %. Damit war nach der ICON-Kampagnen-Datenbank die Kampagne die
durchsetzungsstärkste Finanzdienstleistungs-Kampagne der letzten sieben Jahre.
• Image-Generierung: Bei den Spot-Kennern stieg die Bewertung der Sparkasse in allen relevanten Image-Dimensionen um 14 bis 28 %. Besonders deutlich stieg die Zustimmung
zur Aussage „Man erhält alle Finanzdienstleistungen aus einer Hand“.
• Nachfrage-Generierung: Die Abschlussbereitschaft („Welche Geldinstitute kämen für folgende Geschäftsfelder für Sie in Frage?“) konnten in den verschiedenen strategischen Geschäftsfeldern gegenüber den relevanten Wettbewerbern um +33 % (Baufinanzierung) bis
zu +71 % (Sparvertrag) gesteigert werden. Damit lag diese Steigerung deutlich über dem
Zielwert von +20 %.
• Bei der Selektion dieses Abschluss-Goodwill nach Personen, die sich an die HelikopterKampagne erinnerten, zeigt sich die Wirkung der Kampagne: Die Abschlussbereitschaft
liegt um bis zu 25 % höher als bei den Nichtkennern. Dabei ergibt sich aus der Kampagne
insbesondere in den strategischen Geschäftsfeldern eine marktüberdurchschnittliche Performance.
226
Der besondere Erfolg der Kampagne besteht laut von Bach darin, „dass das traditionelle
Image der Sparkasse deutlich zügiger als von uns erwartet in Richtung Modernität und Allfinanzkompetenz geshiftet werde konnte und sich die implizierten Absatzeffekte dementsprechend signifikanter abgezeichnet haben.“
Weissenberger verweist für den Konvertierungserfolg auf die notwendige Ganzheitlichkeit
des Ansatzes: „Zeitgleich bzw. im Vorfeld der Kampagne sind in der Vertriebsorganisation
der Sparkassen weitere intensive Anstrengungen unternommen worden, um die durch den
Auftritt positiv gestimmten Kunden in eine adäquate Beratungssituation zu transferieren.“ Die
markenstrategische Positionierung der Sparkasse als flächendeckender Qualitätsanbieter müsse dabei in jedem Kundenkontakt erlebbar gemacht werden.
Das erfolgreiche Key-Visual des Helikopters wurde nachfolgend als Intro- und Extrosequenz
für themenspezifische Werbemotive (z. B. Altersvorsorge) verwandt.
Bei der Bewertung des Kampagnenerfolges ist zu berücksichtigen, dass der Deutsche Sparkassen- und Giroverband im Kampagnenjahr 2005 sowie in den Jahren vorher der Finanzdienstleister mit dem mit Abstand größten Media-Werbevolumen war. Allerdings ist dabei auf
Grund der föderalen Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe ein Bruchteil in die beschriebene
Allfinanz-Kampagne geflossen. „Wir müssen in der Gruppe daran arbeiten, unsere Gesamtausgaben noch mehr auf bestimmte Kampagnen zu konzentrieren“, fordert Weissenberger.
Unter den 50 größten werbetreibenden Firmen befanden sich nur noch die Volks- und Raiffeisenbanken mit 65,7 Mio. Euro. Die übrigen Wettbewerber lagen mit ihren Budgets entsprechend niedriger. Erst 2006 schlug sich das verstärkte Engagement der Großbanken sowie von
Postbank und ING-DiBa in einer entsprechenden Ausweitung der Media-Werbebudgets nieder.657
Fazit:
Der Allfinanz-Kampagne der Sparkasse lag nach ihrer strategischen Zielsetzung (Neue Produkte für Bestandskunden) teilweise eine Cross-Selling-Werbestrategie zugrunde. Gleichzeitig sollten jedoch mit dem Verweis auf das breite Leistungsportfolio der Finanzgruppe die ca.
45 Millionen Bestandskunden im Sinne einer Retention loyalisiert werden. Bei der Kampagnenplanung und -erfolgskontrolle wurde nicht explizit zwischen Neu- und Bestandskunde unterschieden.
Die Kampagne ist außerdem im Bezug auf die Branche (Finanz-Dienstleistung) und das werbetreibende Unternehmen (Sparkasse) speziell: Zum einen sind generell nur wenige Finanzdienstleistungen als konfektionierte Standardprodukte vermarktbar (z. B. Tagesgeld-Konto).
657
ZAW, 2007, S. 136 f.
227
Zum anderen ist gerade die Sparkasse aufgrund ihrer föderalen Struktur nicht in der Lage,
diese wenigen möglichen Standardprodukte organisationsübergreifend anzubieten.
Zentrales Kommunikationsziel war die Awareness für weitere Produkte der SparkassenFinanzgruppe, gefolgt von dem Bestreben eines deutlichen Imageshifts in der GesamtWahrnehmung der Sparkasse.
Kommunikative Positionierung und Werbebotschaft wurden gegenüber der bisherigen Kommunikation beibehalten.
Mediawerbung hatte im Kommunikations-Mix gegenüber anderen Instrumenten wie insbesondere Direkt-Marketing und Verkaufsförderungsmaßnahmen in den einzelnen Filialen vor
Ort eine geringere Bedeutung. TV war übereinstimmend zur Vorgängerwerbung Leitmedium
der Kampagne.
Auffällig an der Sparkassen-Kampagne ist eine in mehrfacher Hinsicht deutliche Analogie zur
T-Com-Kampagne. Beide Kampagnen
Ausgangssituation folgendes gemeinsam:
haben
im
Hinblick
auf
die
Marketing-
• Historisch bedingt großer Bestandskundenstamm (45 bis 50 Millionen Kunden);
• intensive, sich kontinuierlich verschärfende Wettbewerbssituation;
• Imageprofil mit deutlichen Defiziten;
• in der Konsequenz hohe Relevanz von Loyalisierungs-Maßnahmen.
Im Hinblick auf die dokumentierte planerische Irrelevanz des Segments Bestandskunden analog der Bertolli-Kampagne erscheint die Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps CrossSelling-Werbung prüfenswert.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukte (als Ergebnis einer Line-Extension)
Zielgruppenfokus
Bestands- und Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit
Positionierung
Kombination aus Emotion und Information
Werbebotschaft
emotional
Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch (90%)
Leitmedium
TV
Abbildung 52: Ausprägungen der Sparkassen-Kampagne als Cross-Selling-Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
228
6.1.16 Kampagnen-Fallstudie Mehrprodukte-Vermarktung, ING-DiBa
Marketingstrategie
Die heutige Direktbank ING-DiBa (Claim: „Die neue Generation Bank“) entstand 2003 aus
der Übernahme der deutschen Direktanlagen-Bank durch die niederländische Bank ING.
ING-DiBa ist mit über sechs Millionen Kunden aktuell das siebgrößte Finanzinstitut insgesamt und die drittgrößte Privatbank in Deutschland. Die dynamische Wachstumsgeschichte
des Unternehmens begann mit der aggressiven Vermarktung des Extra-Kontos als TagesgeldKonto mit attraktiven Zinskonditionen als zentralem USP im Jahr 2000. Die DiBa war damals
das erste Unternehmen, das eine Finanz-Dienstleistung in der Art eines Konsumartikels standardisierte und – ähnlich einem Waschmittel- ebenso konsequent vermarktete. Ergebnis: Innerhalb von sechs Jahren erhöhte sich durch das „Hero-Produkt“ Extra-Konto die Privatkundenzahl der Bank von 1 Million auf über 5 Million. Dementsprechend sind Extra-Konto und
die Absendermarke ING-DiBa in der Verbraucherwahrnehmung bis heute weitestgehend synonym. Im Herbst 2007 wurde das bereits bestehende Girokonto-Angebot der ING-DiBa standardisiert, modifiziert und damit für ein Massenpublikum vermarktbar gemacht. Zentraler
neuer USP dieses Finanzproduktes: Neben der mittlerweile obligatorischen Null-EuroKontoführungsgebühr sind weltweit Geldabhebungen am Automaten möglich, ohne dass zusätzliche Gebühren anfallen. Eine 50 Euro-Gutschrift zum Kontostart soll den Transferaufwand von einem bestehenden Konto (Ummeldung Daueraufträge) kompensieren. Strategische
Relevanz hat das Giro-Konto, weil es im Gegensatz zum Tagesgeld-Konto nahezu täglich genutzt wird und damit die Wechselbarrieren bzw. der Loyalitätsgrad signifikant höher ist.
Damit verfolgt die ING-DiBa im Marketing nach Aussage von Waltraud Niemann, Ressortleiterin Werbung bei der ING-DiBa, heute folgende Doppelstrategie:
• Mit den beiden niedrigschwelligen Massenprodukten Tagesgeld- und Girokonto wird die
Gewinnung von Neukunden weiter vorangetrieben und als Standalone-Vermarktung organisiert;
• auf Basis der bereits gewonnenen sechs Millionen Privatkunden (überwiegend ExtraKonto-Kunden) werden Mehrproduktvermarktungs-Maßnahmen mit dem Ziel des Crossbzw. Upselling organisiert.
„Loyalitäts-Marketing ist dagegen für uns – im Gegensatz zu den traditionellen Finanzinstituten – schwierig. Denn wir haben unsere Extra-Konto-Kunden mit dem zentralen Benefit eines
marktüberdurchschnittlichen Zinssatzes gewonnen. Wenn nun andere Institute kurzfristig bessere Konditionen bieten, verlieren wir einige dieser Smart Shopper genauso schnell wie sie zu
uns gekommen sind“, so Niemann.
Somit agiert die ING-DiBa marketingstrategisch in einer Doppelrolle: Als Multiplizierer setzt
sie die Adressierung von Neukunden auf Basis optimierter Bestandsleistungen (z. B. Giro-
229
Konto mit neuen Vorteilen) fort, während sie sich mit der Mehrproduktevermarktung eindeutig als Potentialausschöpfer profiliert.
Werbestrategie:
Mit der Bewerbung des Extra-Kontos wurde von der ING-DiBa die Sportkampagne initiiert,
die seitdem im Hinblick auf das Spektrum der beworbenen Produkte zwar evolutionär erweitert wurde, im konzeptionellen und kreativen Kern jedoch identisch geblieben ist. „So gesehen ist die ING-DiBa mit der Kampagne seit sieben Jahren on-air“, erklärt Katharina Wiehrdt,
kampagnenverantwortliche Beraterin bei der betreuenden Agentur Wünsche Rohwer Baier.
Das Themenfeld Sport wurde damals gewählt, weil es in der Finanzwelt unbesetzt war und
„die Leistungsbereitschaft und -stärke von Spitzensportlern passend zur Kernkompetenz der
ING-DiBa ist“, so Niemann.658 Dementsprechend setzt die ING-DiBa neben einer prägnanten
visuellen Klammer (blau und orange als dominierende Key-Colours) und dem signifikanten
Jingle „DiBa, DiBa du“ seit 2000 Motive aus der Sportwelt in Verbindung mit dem Claim
„einfach, schnell und günstig“ ein. 2003 wurde diese Symbolwelt dann personalisiert, indem
der Top-Basketballer Dirk Nowitzki als Testimonial verpflichtet wurde. Seitdem ist Nowitzki
fester Bestandteil aller Werbemaßnahmen der ING-DiBa, was sowohl die massenmedial orientierte Produkt-Einzelwerbung für das Extra- und das Giro-Konto betrifft wie auch für alle
Below-the-Line-Maßnahmen.
Mit der Mehrproduktvermarktung wurde 2002 begonnen. Grundlage waren zunächst die drei
Finanzprodukte Baufinanzierung, Extra-Tagesgeld-Konto sowie das Aktien-Depot-Konto.
Diese Form des Loyalitätsmarketing gewinnt angesichts verlangsamter Erstkundenzuwächse
für die Umsatz- und insbesondere Deckungsbeitragssituation der Bank massiv an Bedeutung.
Nach dem Kommunikations- und Vertriebserfolg der Top-Produkte-Kampagne auf Basis von
zuletzt vier Produkten wurde das Portfolio im aktuellen Top-Produkte Kampagnen-Zyklus,
der im Oktober 2007 gestartet wurde, auf sechs erweitert. Beworben wurden neben den Massenprodukten Extra-Konto und Girokonto, Festgeld, Direkt-Depot, Privatkredit und DirektBaufinanzierung. Niemann zu diesem erweiterten Kommunikationskonzept: „Wie tragen damit unser Cross- bzw. Upselling-Strategie Rechnung. Ziel war es, aufzuzeigen, wie breit unser Portfolio ist.“ Gleichzeitig sei diese Kampagnenmaßnahme aber auch der Versuch, Effizienzpotentiale auszuschöpfen, indem statt vier gleich sechs Produkte penetriert werden. Im
Fokus der Kampagnenmaßnahme standen vor allem die bereits bestehenden Kunden. Niemann: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mehrheitlich die Kunden über unsere beiden Einstiegsprodukte an die übrigen Produkte heranführen.“
Dementsprechend wurden als zentrale Ziele der Kampagne fixiert:
658
Vgl. dazu die Überlegungen von ADJOURI und STSTNY (2006, S. 17) zum Sport-Sponsoring.
230
• Leistungs-Awareness: Bei der Zielgruppe sollte eine um 15 % höhere Wahrnehmung des
Allfinanz-Angebots der ING-DiBa erreicht werden.
• Kontakt-Generierung: Es sollten mindestens 100.000 Interessenten generiert werden in
Verbindung mit einem im Vergleich zur Vorgänger-Kampagne 5 % niedrigeren Cost-perInterest-Wert (CpI).
• Abschlussbereitschaft: Die Bereitschaft, eine der beworbenen Finanz-Produkte zu erwerben
sollte um 10 % steigen.
• Kundenakquisition: Es sollten mindestens 10.000 Neukunden auf Basis eines Cost-perOrder-Wertes (CpO) gewonnen werden, der um 5 % niedriger liegt als der der VorgängerKampagne.
• Deckungsbeitrags-Optimierung: Erreicht werden sollte ein insgesamt und auf die Einzelprodukte bezogen niedrigerer Cost-per-Value-Wert (CpV).
Dagegen waren allgemeine Awareness- und Imagewerte laut Niemann „nachrangig, da wir ja
bereits wussten, auf was für einem guten Bekanntheits- und Imageniveau wir mit der Kampagne starten.“
„Kernfrage dieses einmonatigen Test-Flights war für uns, ob wir mit der Präsentation von
sechs Produkten möglicherweise das Fassungsvermögen der potentiellen Kunden überfordern“, so Niemann. Trotz des Fokus auf Bestandskunden hat man sich nicht auf reine DirectMailing-Maßnahmen beschränkt, sondern reichweitenstarken Titeln einen Top-ProdukteFolder als Supplement beigelegt bzw. als Einhefter in der Zeitschriften-Heftmitte platziert.
„Mit über sechs Millionen Kunden haben wir eine ausreichend große Basis, um diese auch
über klassische Massenmedien anzusprechen“, so Niemann zur Begründung des MediaMixes.
Werbetreibender
Branche
Werbeobjekt
Objektcharakter
Kampagnenzeitraum
Kampagnenvolumen*
ING-DiBa
Finanzen/Banken
Finanzdienstleistungen
Mittleres Involvement
Oktober 2007 bis heute
Keine Angaben
* Brutto-Werbevolumen
Abbildung 53: Kampagnen-Steckbrief ING-DiBa
Quelle: Eigene Darstellung
Die kreative Umsetzung der Kampagne erfolgte auf Basis der bestehenden Kommunikationsplattform der Sport-Motive in Verbindung mit dem Testimonial Dirk Nowitzki und in Verbindung mit der starken visuellen Klammer aus Farben und Typo.
Die kampagnenbezogenen Maßnahmen zur Mehrprodukte-Vermarktung werden überwiegend
im Bereich nicht-medialer Kommunikationsinstrumente (insbesondere Direkt-Marketing)
231
eingesetzt. Bei den medialen, die nur 30 % des Kampagnen-Budgets in der MehrprodukteVermarktung ausmachen, wird ausschließlich Print in Form von Beilegern und Einheftern
eingesetzt. TV ist dagegen der breiten Bewerbung der Einstiegsprodukte Extra-Tagesgeldund Giro-Konto vorbehalten.
Kampagnen-Erfolg:
Folgende Kampagnen-Ergebnisse wurden erzielt:
•
Leistungs-Awareness: Die Wahrnehmung des Allfinanz-Angebots der ING-DiBa stieg um
20 % (5 % höher als geplant).
•
Kontaktgenerierung: Es wurde deutlich mehr als die geplanten 100.000 Interessenten generiert. Der Cost-per-Interest-Wert (CpI) lag gegenüber der Vorgängerkampagne dementsprechend um 7 % niedriger.
•
Abschlussbereitschaft: Die Bereitschaft eine der beworbenen Finanz-Produkte zu erwerben stieg um 12 %.
•
Kundenakquisition: Es wurden circa 10.000 Neukunden gewonnen auf Basis eines Costper-Order-Wertes (CpO), der um 8 % niedriger lag als in der Vorgänger-Kampagne.
•
Deckungsbeitrags-Optimierung: Es wurde ein insgesamt und auf die Einzelprodukte bezogen niedrigerer Cost-per-Value (CpV) erreicht (keine spezifische Angabe).
„Gemäß ihrer gesamten Geschäftsaktivität ist die ING-DiBa auch in der Werbekommunikation äußerst effizienz-orientiert“, lobt Dr. von Vieregge, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA e.V. Zur kreativen Umsetzung der Cross-SellingWerbung merkt er aber auch an, dass „die ING-DiBa mit der bestehenden kommunikativen
Plattform strategisch und gestalterisch am Scheideweg steht: Sie profitiert zwar von den Synergien einer integrierten Kommunikation, schafft es aber in dieser Umklammerung nicht mehr
ausreichend, die Aufmerksamkeit auf neue Botschaften zu lenken. Der Leser sieht nur noch
Basketball, Nowitzki und Blau-orange und blättert weiter.“ Angesichts der wachsenden strategischen Bedeutung der loyalisierenden Mehrprodukte-Vermarktung ergäbe sich für die
ING-DiBa das klassische Problem aller Werbetreibenden, die mit prominenten Testimonials
arbeiten: „Ein prominentes Testimonial verschafft einer Marke Aufmerksamkeit, taugt aber
selten, differenzierte Aussagen zu Produktvorteilen zu transportieren“, so von Vieregge. Auf
Gefahren und Risiken, die mit dem Einsatz von Prominenten in Werbung verbunden sind
weisen auch KAIKATI659 sowie GAIL ET AL. hin.660
Fazit:
Die Mehrprodukte-Vermarktung ist ein Element in der Gesamtkampagne der ING-DiBa, die
diese seit 2000 mit nur geringfügigen Modifikationen kontinuierlich schaltet. Gegenüber den
659
660
KAIKATI, 1987, S. 97 f.
GAIL/CLARK/ELMER/GRECH/MASETTI/SANDHAR, 1992, S. 47
232
Kampagnen-Maßnahmen, die auf die Bewerbung der Einzelprodukte (Tagesgeld- und Girokonto) als Einstiegsprodukte für Neukunden zielen, haben die werblichen Maßnahmen zur
Mehrprodukte-Vermarktung hauptsächlich die Bestandskunden im Fokus.
Zentrales Kommunikationsziel ist die Generierung von Bekanntheit für das erweiterte Leistungsangebot der Bank. Im Kontrast zur Sparkasse (siehe entsprechende Fallstudie) profiliert
sich die ING-DiBa erfolgreich damit, Standardprodukte mit attraktiven Konditionen zu entwickeln und diese bundesweit anzubieten.
Charakteristisch für die Kampagne ist die Beibehaltung der kommunikativen Positionierung
und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Kommunikation zur MehrprodukteVermarktung sowie zur Gesamtkampagne.
Auffällig ist für den Kampagnenteil der Mehrprodukte-Vermarktung auch die geringere Bedeutung von Mediawerbung im Kommunikations-Mix gegenüber anderen Instrumenten wie
insbesondere Direkt-Marketing-Maßnahmen. Print ist analog zur Vorgängerwerbung Leitmedium der Kampagne.
Der Umstand, dass die untersuchten Cross-Selling-Maßnahmen nur Teil einer Gesamtkampagne sind, die gleichermaßen auf die Akquise von Neukunden zielt, lassen eine kritische
Prüfung der Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps Cross-Selling-Werbung sinnvoll erscheinen.
Kriterien
Ausprägung
Leistungscharakter
Neuprodukte
Zielgruppenfokus
Bestands- und Neukunden
Werbebudget
hoch
Kommunikative Werbeziele Bekanntheit
Positionierung
Information (synchron)
Werbebotschaft
Informativ (synchron)
Stellenwert Mediawerbung
mittel (50%)
Leitmedium
Print (synchron)
Abbildung 54: Ausprägungen der ING-DiBa-Kampagne als Cross-Selling-Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
233
6.2 Ergebnisse zu notwendigen Rahmenbedingungen und Kompetenzen
Wie in der Einleitung zum Forschungsziel dieser Arbeit dargelegt soll neben der Entwicklung
eines Modells aufgabenorientierter Werbestrategien im Sinne eines knowledge-based view
auch geklärt werden, welchen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen im Werbeplanungsprozess als Teil eines integrierten Kommunikationsmanagement-Prozesses idealerweise
gegeben sein müssen, um die praktische Anwendung aufgabenorientierter Werbestrategien zu
gewährleisten.
Insofern beziehen sich die nachfolgend dargestellten Kompetenzen vorrangig auf den Prozess
der Entwicklung einer Werbestrategie, auf wenn einige der identifizierten Kompetenzen sicherlich auch Relevanz für den nachfolgenden konzeptionellen und operativen Umsetzungsprozess haben.
Die Experten-Einzelinterviews und sowie die beiden Experten-Workshops haben ergeben,
dass es keine – analog dem Modell von TOMCZAK und REINECKE - spezifischen Kompetenzen pro Werbestrategie-Archetyp gibt. Vielmehr gibt es bestimmte Voraussetzungen, die
einen erfolgreichen stringenten Transferprozess von Marketing- in aufgabenorientierte Werbestrategien und deren konsistente Umsetzung in Kreation insgesamt bedingen. Dennoch sind
einige der identifizierten Kompetenzen identisch mit den ihnen in den MarketingKernaufgaben661 vorangestellten und werden ihrem Operationalisierungsgrad entsprechend interpretiert.
MarketingMarketingStrategie
Strategie
WerbeWerbeStrategie
Strategie
WerbeWerbeKonzept
Konzept
Kreation
&&Kreation
KommunikationsErfolg
Potentielle Bruch-Stellen
Abbildung 55: Potentielle Bruchstellen im Ableitungsprozess
Quelle: Eigene Darstellung.
Im Idealfall erfolgt dieser Transferprozess nicht nur konsistent, sondern ist generell getragen
von einer langfristig angelegten Marketing- und Werbestrategie, die weniger auf kurzfristige
Absatz-, sondern vielmehr auf nachhaltige Markenerfolge zielt. Oder wie es ein Befragter
661
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff.
234
formulierte: „Der größte Feind der langfristig angelegten und nachhaltig erfolgreichen Werbestrategie ist die kurzfristige Vertriebstaktik.“
Die notwendigen Kompetenzen für die Entwicklung aufgabenorientierter Werbestrategien als
Teil eines konsistenten Werbeplanungsprozesses lassen sich auf zwei Ebenen unterscheiden:
1. Unternehmensebene: Struktur, Organisation und Prozesse in den beteiligten Unternehmen;
2. Mitarbeiterebene: fachliche und soziale Fähigkeiten der verantwortlich Handelnden.
Im Hinblick auf diese beiden Ebenen wurden sowohl die Kampagnenexperten zu den Fallstudien wie auch die Teilnehmer der Workshops zu den notwendigen Kompetenzen in Form einer offenen Fragestellung (siehe Interview-Leitfaden in der Anlage) befragt. Die Auswertung
der Experten-Interviews erfolgte auf Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (vergleiche Kapitel 5.5).
In der Regel wurden von den Befragten mehrere erfolgskritische Kompetenzen genannt, die
aus ihrer Sicht die Entwicklung von Werbestrategien als Kernelement eines WerbeplanungsProzesses generell sowie deren Inter- und Intrakonsistenz beeinflussen.
Nachfolgend sind die entsprechenden Kompetenzen beschrieben. Viele davon sind deckungsgleich zu den Ergebnissen verschiedener Aufsätze und Untersuchungen, insbesondere zu den
Akteuren im Werbekommunikationsprozess in den USA und England. Dementsprechend wird
jeweils auf die entsprechenden Quellen verwiesen.
6.2.1 Strukturell-organisatorische Rahmenbedingungen und Kompetenzen
Folgende strukturell-organisatorische Kompetenzen wurden von den Befragten als notwendig
für die Planung, Umsetzung und Kontrolle von Werbestrategien als Teil eines Werbeplanungsprozesses beschrieben:
•
662
Institutionalisierter Planungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozess: Viele der befragten Akteure berichteten darüber, dass oftmals sowohl Entscheidungsprozesse innerhalb der eigenen Organisation, aber insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen werbetreibenden Unternehmen und Dienstleister(-n) bzw. insbesondere zwischen den
Dienstleistern untereinander unklar seien. Institutionalisierte und formelle Abstimmungsund Entscheidungsregeln fehlen häufig.662 Dies geht in der Regel einher mit undefinierten
Jobprofilen (s.u.) sowie mit einer intransparenten Aufbau- und Ablauforganisation. Häufig
wird dadurch die Gefahr des „Aneinander-vorbei-Arbeitens“ provoziert, was Zeit- und
Ressourcenverluste zur Folge hat.663 Eine notwendige Voraussetzung ist deshalb auch eine
Standardisierungskompetenz664, mit der die Prozesseffizienz kontinuierlich verbessert
Vgl. PECHMANN, 2004, S. 8 ff.; BRUHN, 2005a, S. 118 ff.
Vgl. BRUHN, 2005a, S. 118 f.
664
Vgl. TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 21; auch DAY, 2000
663
235
wird. Eine besondere Herausforderung für die Organisation ergibt sich bei multinational
agierenden Unternehmen mit einer stark divisionalen Organisationsstruktur im länderübergreifenden Planungs- und Kontrollprozess von Marketing- und Werbemaßnahmen.
Hier besteht oft auf Seiten der Firmenzentrale der Wunsch nach einer Standardisierung
bzw. Adaption mit dem Ziel der Kostensenkung sowie Ausschöpfung von Synergien.665
Der Grad des Standardisierungsprozesses wird dabei maßgeblich von der Entscheidungsautonomie der jeweiligen Landesgesellschaft in Verbindungen den vorhandenen Fähigkeiten, der Vertrautheit der Zentrale mit den Marktspezifika sowie kulturellen Ähnlichkeiten
der Märkte und dem generellen Entwicklungsgrad des Landes bestimmt.666 Oftmals liegt
die Entscheidungshoheit einseitig bei der Zentrale. Häufige Konsequenz: Werbestrategien,
die zwar den Anforderungen des nationalen Marktes, aber nicht der internationalen Werbestrategie entsprechen, durchlaufen nach Aussage eines befragten Experten einen „Kastrationsprozess“, wodurch ihre ursprünglich „pointierte Aussage massiv verwässert“ wird
und sie zwangsläufig an kommunikativer Schlagkraft verliert. Idealerweise würde der
Planungs- und Entscheidungsprozess deshalb in einer Interaktion aus Top-down und Bottom-Up-Initiativen erfolgen.667
•
Umfassende, strategiegeleitete, konsistente, iterative mehrstufige Vorgehensweise: Angesichts eines häufig als „unstrukturiert“ geschilderten Arbeitsprozesses erscheint es zwingend notwendig, dass alle Kampagnenverantwortlichen auf Basis eines fixierten und
kommunizierten Ablaufmodells arbeiten, das sowohl klare Verantwortlichen in den Teilschritten als auch Meilensteine im Sinne von Zwischenschritten auf Dokumentenbasis
umfasst. Solche Ablaufmodelle liegen zwar in der Werbetheorie (siehe Kapitel 2.3) sowie
bei einigen Unternehmen (Werbetreibenden wie Dienstleistern) zum Teil vor, kommen jedoch oft nicht zur Anwendung oder werden aus Mangel an Zeit und Ressourcen nur unzureichend verfolgt. Am häufigsten wird dabei aus Sicht vieler Werbepraktiker die Analysephase vernachlässigt, d.h. es wird zu wenig Zeit und Aufwand darauf verwandt, Daten
zum Markt, den Wettbewerbern und der Zielgruppe zu generieren, analysieren und kritisch zu bewerten. Eine häufige Konsequenz daraus ist: Werbestrategien bauen auf unvollständigen oder falschen Annahmen auf und erzielen einen nur unterdurchschnittlichen
kommunikativen Erfolg. Auffällig wird dieses Analysedefizit z. T. auch in den präsentierten Fallstudien, wo die Zielgruppenbeschreibungen sehr generell gehalten sind. Diese
notwendige Kompetenz korrespondiert mit der von TOMCZAK ET AL. diskutierten Fähigkeit, aktuelle Kundeninformationen umfassend zu erfassen und zu verarbeiten.668 So
durchlaufen viele Kampagnen eine extrem verkürzte und unvollständige Planungsphase,
665
Vgl. MELEWAR/VEMMERVIK, 2004, S. 863 ff.
Zur Standardisierung von International Advertising gab es in den lerzten Jahren zahlreiche Publikationen und
Untersuchungen, u.a. von HARVEY, 1993; GREG, 1994; LAROCHE/KIRPALANI/PONS/ZHOU, 2001, S.
262; TAI/WONG, 1998, S. 335. Im Hinblick auf die Qualität der Ergebnisse vieler Studien mahnt TAYLOR,
C. R. (2002) für die weitere Forschung einen deutlich höheren Praxisbezug an.
667
Vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER, 2003, S. 79 ff.; GLASL/DE LA HOUSSAYE, 1975, S. 29; BRUHN,
2005a, S. 120
668
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 21; auch DAY, 2000
666
236
weil alle Beteiligten zügig auf den Umsetzungsteil fokussieren („Ein erster Entwurf ist
immer schnell gemacht und für den Kunden ein dankbar greifbarer Output“, so ein befragter Verantwortlicher in einer Werbeagentur). Dementsprechend hat die präzise Definition
von Werbezielen häufig nur einen geringen Stellenwert.669 Eine mögliche Konsequenz
daraus ist: Aufgrund fehlender Ziele wird in der Kontrollphase nicht zielgeleitet erhoben
und bewertet.670 Voraussetzung für die mehrstufige Entwicklung einer erfolgreichen Werbestrategie ist Konsistenz mit der ihr zugrundeliegenden Marketingstrategie. Der erfolgreiche Transferprozess setzt voraus, dass den Kampagnenverantwortlichen im Sinne eines
Strategic Alignments nicht nur über die Eckpunkte der Marketingstrategie informiert sind,
sondern idealerweise diese mit ihren eigenen Erfahrungswerten mitgestalten bzw. spezifizieren können.671 Häufig sind solche Rückkopplungsprozesse, allein schon im Hinblick
auf eine oftmals organisatorische Trennung der Bereiche Marketing und Vertrieb, nur erschwert umzusetzen bzw. auch gar nicht gewollt. So werden viele Werbeplanungsprozesse linear exekutiert und iterative Schleifen innerhalb der Prozesskette bzw. darüber hinaus
in Richtung der Werbestrategie sind nicht vorgesehen.
•
Integrierte Kommunikationsorganisation: Die wachsende Bedeutung integrierter Kommunikation erhöht die Aufgabenkomplexität und den damit verbundenen Bedarf nach
Planung und Kontrolle erheblich. Daraus resultieren ebenfalls spezifische Anforderungen
an die Organisations- und Prozessstruktur.672 Die bewusste organisatorische Trennung der
mit Werbekommunikation befassten Personen sowohl auf Seiten der werbetreibenden Unternehmen wie auch der Dienstleister erschwert dabei deutlich den Arbeitsprozess integrierter Kommunikation.673
•
Strategiegeleitete Budgetplanung: Eine maßgebliche Hürde für die Entwicklung und den
Roll-out einer nachhaltigen Werbestrategie ist ein stabiles Budget. In der Praxis kommt
jedoch häufig eine taktisch dominierte Ad-Hoc-Budgetplanung zum Einsatz, bei der in der
Regel zum Ende des ersten Halbjahres die verbleibenden Mittel radikal gekürzt werden. In
der Konsequenz werden langfristig angelegte Kampagnen kurzfristig abgebrochen bzw.
ausgesetzt, die Kampagnenverantwortlichen gehen zu einer taktischen Planung über.
Durch die Fixierung eindeutiger Keyperformanceindicators und adäquater Zielwerte in
Verbindung mit einem kontinuierlichen Erfolgstracking könnten die Voraussetzungen für
eine längerfristig angelegte, strategische Budgetplanung gelegt werden. Zusätzlich könnte
die Einbeziehung von Agenturen in den Budgetierungsprozess einer umfassenderen Planungsweise förderlich sein, wobei finanzielle Eigeninteressen immer auszubalancieren
sind.674
669
Vgl. STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48
Vgl. REINECKE /TOMCZAK, 2001, S. 79
671
Vgl. WADE/RECARDO, 2001; LUFTMAN, 1996; CAMPBELL/KAY/AVISON, 2005, S. 30
672
Vgl. SCHULTZ, 2000, S. 14; KITCHEN/BRIGNELL/LI, 2004, S. 20; BRUHN, 2005a, S. 118
673
Vgl. GOULD/LERMAN/GREIN, 1999, S. 41 ff.
674
Vgl. HARRIS/TAYLOR, 2003, S. 350
670
237
•
Planning-Ressourcen und multidisziplinäre Experten-Teams: Die Erarbeitung von Werbestrategien setzt auf Agenturseite die entsprechenden Ressourcen im Bereich Planning voraus sowie Kompetenzen, die dieser Arbeit den notwendigen Stellenwert geben. Gleichzeitig erfordern die komplexe Organisation von integrierten Kommunikationskampagnen
entsprechende Organisationsmodelle (Matrix-Organisation), in denen die durchgängige
und konsequente Einbindung der jeweiligen Experten für einzelne Kommunikationsinstrumente gewährleistet ist.675 Die Befragten berichteten, dass in der Praxis oft Kampagnen isoliert für den Kanal TV geplant und umgesetzt werden und nachträglich die Experten der übrigen Instrumente mit einer bloßen Adaptionsarbeit beauftragt werden.
•
Personelle Kontinuität und fixierte Arbeitsprofile: Die Konsistenz von Werbestrategien
und ihre Umsetzung hängen maßgeblich von einer Kontinuität der involvierten Personen
in Verbindung mit fixierten Arbeitsprofilen ab. Jedoch beklagen viele der befragten Kampagnenmacher auf Agenturseite „Halbwertszeiten“ von Produkt- bzw. Brand-Managern
auf Kundenseite von 24 Monaten und weniger. Ein personeller Wechsel ist dann häufig
automatisch mit einer radikalen Korrektur der Werbestrategie verbunden, ohne dass sich
die Notwendigkeit dazu aus dem Kampagnen-Evolutionsprozess ableitet. Andererseits agieren insbesondere Agenturmitarbeiter zwar unter gängigen Job-Labels (u.a. Planner,
Kontakter, Creative Director), jedoch nicht in Verbindung mit fixierten Arbeitsprofilen,
die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung eindeutig regeln.676
•
Langfristige Partnerschaft zwischen Unternehmen und Dienstleistern: Die gewachsene
Komplexität von integrierter Werbekommunikation in Verbindung mit der Fokussierung
langfristiger nachhaltiger Erfolge bedingt eine langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem werbetreibenden Unternehmen und seinen Dienstleistern.677 Ein Bestandteil dessen wäre auch die Beteiligung der Agenturen am Budgetierungsprozess.678
Dennoch wird in der Praxis – unterstützt durch entsprechende Wechsel und Brüche in den
Berufsbiografien der Beteiligten (s.o.) mit dem Fokus auf Einzelkampagnen nur kurzfristig geplant und dementsprechend häufig ein (neues) partnerschaftliches Verhältnis etabliert.
•
Leistungsgerechte Vergütung: In der Werbepraxis dominieren weiterhin pauschale Vergütungsmodelle auf fester Honorarbasis pro Projekt bzw. in Kombination mit anteiligen
Provisionen am eingesetzten Mediavolumen. Flexible Vergütungsmodelle wie erfolgsabhängige Honorare oder Service-Fee-Systeme sind dagegen die Ausnahme.679 Damit bleiben jedoch zeit- und Know-how intensive Leistungen insbesondere im strategischen Bereich unberücksichtigt bzw. haben gegenüber allen umsetzungsorientierten Maßnahmen
einen deutlich geringeren Stellenwert. Eine explizite Vergütung von Strategiearbeit auf
675
Vgl. SASSER/KOSLOW/RIORDAN, 2007, S. 254; BRUHN 2005a, S. 118
Vgl. HIRSCHMAN, 1989, S. 44
677
Vgl. SCHULTZ, 2001, S. 11 ff.
678
Vgl. HARRIS/TAYLOR, 2003, S. 352
679
Vgl. GWA, 2000
676
238
Stundenbasis oder nach sogenannten Tagewerken, wie sie bei den klassischen Beratungen
gängig ist, lässt sich Kunden von ihren Werbedienstleistern nur bedingt vermitteln.680
•
Kommunikationssynchrone Vertriebsarbeit: Da alle werblichen Maßnahmen nur Kaufabsichten des Kunden initiieren können, ist ein schlagkräftiger Vertrieb die Voraussetzung
dafür, hohe Präferenz in Absatz zu konvertieren. Maßgeblich dabei ist vor allem, ob das in
der Werbekommunikation vermittelte Bild mit dem Eindruck, den der Kunde in der Filiale
oder in der Service-Hotline gewinnt, möglichst deckungsgleich übereinstimmt. Entsprechende Fallbeispiele dazu sind T-Com und Sparkasse, in denen jeweils ein bestehendes
Image korrigiert werden sollte, dieses Ziel jedoch nur erreicht werden konnte, wenn sich
das vermittelte Bild in der Praxis bestätigte. Voraussetzung dafür sind entsprechende
Schulungs- und Trainingsmaßnahmen.
Zu den strukturellen Voraussetzungen, die in dieser Untersuchung nicht genannt wurden, gehört auch der Stellenwert von Werbekommunikation im Marketing-Mix des jeweiligen Unternehmens im Hinblick auf die Budget- und Personalausstattung in Verbindung mit dem
Grad der vor allem intern kommunizierten Relevanz.
Die strukturellen und prozessbezogenen Voraussetzungen stehen in einem engen Interaktionsprozess mit den Fähigkeiten der verantwortlich Handelnden, indem sie die Ausbildung
dieser Fähigkeit fördern oder erschweren bzw. verhindern.
6.2.2 Personell-kulturelle Kompetenzen
Folgende personell-kulturellen Kompetenzen wurden von den Befragten als notwendig für die
Planung, Umsetzung und Kontrolle von Werbestrategien als Teil eines Werbeplanungsprozesses beschrieben:
• Kreativität: Die Kernkompetenz aller Werbeverantwortlicher liegt sicherlich in der Generierung neuer, ungewöhnlicher Ansätze, Produkte und Leistungen auf eine prägnante und
nachhaltige Art zu kommunizieren.681 Dies beschränkt sich nicht nur allein auf die visuelle
und textuelle Umsetzung, sondern beginnt bereits im strategischen Bereich, beispielsweise
bei der Auswahl und Gewichtung des Media-Mixes (siehe dazu die Fallstudien zur VWGolf und Balisto-Kampagne), der durchaus kreativ sein kann.
• Analysefähigkeit und Strategiekompetenz: Viele der befragten Experten beklagen eine vorschnelle Umsetzungsorientierung im Kampagnenprozess, die neben einem fehlenden strukturellen Rahmen (s.o.) auch in einem Mangel an Analysefähigkeit und StrategieKompetenz begründet ist. Oftmals sind die Kampagnenverantwortlichen sowohl auf Seiten
des werbetreibenden Unternehmens wie auch auf Seiten der Dienstleister nicht in der Lage
680
681
Vgl. BRUHN, 2005a, S. 316 ff.
Vgl. RUST, 2006, S. 112 ff.; MORIARTY/VANDEN, 1984, S. 164; WEST, 1994, S. 212
239
oder willens, entsprechende Daten zu Märkten, Zielgruppen und Wettbewerbern zu analysieren und daraus entsprechende werbewirkungsmodellbasierte Zieldefinitionen und Werbestrategien abzuleiten.682 Gründe dafür können in einem unzureichenden Ausbildungsgrad
liegen.683 Vielfach – so wird von einigen Befragten ebenfalls selbstkritisch eingeräumt,
mangelt es aufgrund von „Arroganz“ auch schlichtweg an der Bereitschaft, die beworbene
Leistung, die Marke und den Markt intensiver zu analysieren.684 Dieses Kompetenzdefizit
wird durch die strukturellen Rahmenbedingungen (Zeit- und Budgetmangel, beschränkte
Befugnisse) zusätzlich begünstigt. Zum Teil wird dieses Defizit auf Kundenseite kompensiert durch entsprechende Strategic-Planning-Kompetenzen auf Agenturseite (siehe Kapitel
2.3), oftmals fokussieren jedoch beide Seiten vorschnell auf eine kreative Idee, die nicht
ausreichend strategisch fundiert ist. Ursache dafür ist neben einer fehlenden strukturierten
Vorgehensweise in Verbindung mit einem effizienten Projekt-Management auch der empfundene Widerspruch zwischen Kreativität und Effektivität.685 Von vielen wird deshalb das
produktive Zusammengehen von Kreativität und Struktur schlichtweg negiert.
• Beherrschung von Projektmanagement-Techniken: Für die erfolgreiche Organisation des
Werbeplanungsprozesses ist neben kreativen, analytischen und kommunikativen Fähigkeiten auch die Beherrschung von klassischen Projektmanagement-Techniken maßgeblich.686
Das gilt vor allem für ein effizientes Zeit-Management, bei dem insbesondere der Analysephase ausreichendes Volumen eingeräumt wird. Dies korrespondiert mit den strukturellen
Voraussetzungen einer konsistenten, iterativen mehrstufigen Vorgehensweise sowie eines
interaktiven Planungs- und Entscheidungsprozesses. Projektmanagemement-Techniken
schliessen auch den Willen und die Fähigkeit zur Struktur- und Prozessoptimierung mit
dem Ziel eines angemessen Standardisierungsgrades ein. Die Konsequenz daraus darf nach
Aussage der Experten nicht eine Normierung auf Checklisten-Basis sein, vielmehr geht es
darum, handlungsleitende Prinzipien (sogenannte guiding principles) zu fixieren und insbesondere Schlüsseldokumente wie z. B. den Creative Brief konsequent weiterzuentwickeln.
• Kommunikations-, Kooperations- und Integrationsfähigkeit und -bereitschaft: Die Übersetzung von Marketing- in Werbestrategien und wiederum in Kreation erfordert sowohl auf
Seiten des werbetreibenden Unternehmens wie auch auf Seiten der Dienstleister ein hohes
Maß an Kommunikationsfähigkeit, um die unterschiedlichen Welten zu „übereinzubringen“.687 Das schließt das Bewusstsein für die Besonderheiten der Bereiche Marketing,
Kommunikation, Kreation ein. Oder wie ein Experte es formulierte: „Aus Sicht der Kommunikationsplanung ist es kein Problem, wenn der werbetreibende Kunde in Absatzzielen
denkt. Problematisch ist, wenn er nur in Absatzzielen denkt.“ Somit entscheidet der persön682
Vgl. BRIGGS, 2006; KOVER, 1995 , S. 599; GABRIEL/KOTTASZ/BENNETT, 2006, S. 79
Vgl. STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 50
684
Vgl. KOVER, 1995, S. 608
685
Vgl. KOVER/GOLDBERG/JAMES, 1995, S. 39
686
Vgl. BOHINC, 2006, S. 19 ff.; LITKE, 2007, S. 54 ff.; KRAUS/WESTERMANN, 1998, S. 12 ff.; KESSLER/WINKELHOFER, 2007, S. 20 ff.
687
Vgl. GAYLORD, 1994; CORNER/KINICKI/KEATS, 1994, S. 300; KIRCHNER, 2001, S. 257
683
240
liche „Fit“ insbesondere zwischen den zentralen Ansprechpartnern auf Kunden- und Agenturseite maßgeblich über die partnerschaftliche Qualität der Zusammenarbeit (s.o.).688 Neben der Überwindung dieser traditionellen Differenzen zwischen den Leistungsdisziplinen
(z. B. zwischen Copy-Writern und Art-Direktoren)689 macht die wachsende Relevanz von
integrierter Kommunikation es notwendig, die nach Aussage eines Experten „SiloMentalität“ der unterschiedlichen Disziplinen im Hinblick auf das Planen und Umsetzen
auf Basis eines Kommunikationsinstrumentes statt mehrerer zu durchbrechen, und Experten für die Ausgestaltung aller relevanten Kanäle einzubeziehen. Dem steht jedoch häufig
die Angst vor Kompetenzverlust entgegen.690 Dementsprechend gibt es in der Praxis häufig
zwischen den Dienstleistern verschiedener Disziplinen (insbesondere zwischen klassischer
Kreation und Online sowie PR) Konflikte, um den jeweiligen Rang im Werbeplanungsprozess und die entsprechende Lead-Position.691
• Fähigkeit zur Risikoreduktion: Dies meint die Wahrnehmung und Analyse der Risiken, die
sich aus dem Evolutionsprozess der beworbenen Leistung bzw. der Marke ergeben. Notwendige Veränderungen in der Markenkommunikation müssen rechtzeitig erkannt und der
Situation angemessen umgesetzt werden. Bei der Einführungswerbung kann der Einsatz einer bewährten Absendermarke ebenso zur Risikoreduktion beitragen wie die bereits auf der
Marketingstrategie-Ebene getroffene Entscheidung für die einzuführende Leistung.692
• Risikobereitschaft: Erfolgreiche Werbung zeichnet sich nach Meinung aller Befragten immer dadurch aus, dass sie anders ist. Die Quelle dafür findet sich natürlicherweise nicht in
der Bestätigung des Status Quo. Risikobereitschaft ist somit die Fähigkeit zu einem missionarischen, entschlossenem Verhalten, gleichzeitig verbunden mit der Bereitschaft, für das
Ergebnis die Verantwortung zu übernehmen.693 Dieses Verantwortungsbewusstsein wiederum geht jedoch nicht immer konform mit den strukturellen Rahmenbedingungen. Die
Notwendigkeit zur Risikobereitschaft sahen mehrere Befragte im Prozess der Bewertung
einer kontroversen Kampagnenidee. Oftmals würde in dieser Situation versucht, durch den
„inflationären Einsatz“ von Pretests zu einer verbindlichen Gewissheit über den zu erwartenden Kommunikationserfolg zu kommen. Dies sei jedoch gerade bei Regelbrüchen in
Verbindung mit ungewöhnlichen und neuen Ideen schwierig und somit letztlich nicht effektiv. Gründe für dieses Vorgehen seien neben dem Wunsch nach Sicherheit auch die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit, die strategische Konsistenz der Werbebotschaft in Eigenanalyse zu bewerten.694 So seien erfolgreiche Kampagnen oftmals diejenigen, die vorher explizit nicht getestet wurden oder bei denen sich der Kampagnenverantwortliche auf
688
Vgl. CRUTCHFIELD, T.N./SPAKE, D.F./D’SOUZA, G./MORGAN, R.M., 2003
Vgl. YOUNG, C.E. , 2000
690
Vgl. SASSER/KOSLOW/RIORDAN, 2007, S. 254; CALDER/MALTHOUSE, 2005;
GOULD/GREIN/LERMAN, 1999; GRONSTEDT, 1996; GRONSTEDT/THORSON, 1996; BRUHN,
2005a, S. 119, S. 122
691
Vgl. EAGLE/KITCHEN, 2000; KIM/HAN/SCHULTZ, 2004
692
Vgl. TOMCZAK, REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20
693
Vgl. EL-MURAD/WEST, 2003
694
Vgl. TAUBER, 1984, S. 39
689
241
Kundenseite über ein negatives Pretestergebnis hinweggesetzt hatte. Grundlage dafür ist
neben einer ausreichend Entscheidungskompetenz auch die entsprechende Erfahrung auf
Basis einer ausreichend langen Berufspraxis (s.o.).695
• Fähigkeit zur Fokussierung: Erfolgreiche Werbekommunikation zeichnet sich nach Ansicht der Experten auch dadurch aus, dass sie sich auf den Transport einer zentraler Botschaft beschränkt und dementsprechend alle konzeptionellen und kreativen Elemente auf
die Botschaft fokussiert. Diese Bereitschaft und Fähigkeit zur Fokussierung geht somit oft
einher mit der Fähigkeit zur Risikobereitschaft, einzelne Zielgruppen bewusst auszuschließen, nur einen funktionalen und kommunikativen Mehrwert zu penetrieren. Denn oftmals
bedingen Unsicherheit und die Berücksichtigung möglichst vieler Interessen eine massive
Verwässerung der Werbebotschaft, worunter wiederum die Originalität zwangsläufig leidet
(s.o.).
Diese für den deutschen Werbemarkt explorativ ermittelten Erfolgstreiber im Werbeplanungsprozess sind sinnvollerweise in weiteren Untersuchungsschritten zu detaillieren.
695
Vgl. WEST, 1999, S. 59 f.
242
7. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
7.1 Generelle Schlussfolgerungen
Nachfolgend wird zunächst auf die generellen Schlussfolgerungen für das Gesamtmodell
(Kapitel 7.1.1) und die Modellindikatoren (Kapitel 7.1.2) eingegangen, bevor in Kapitel 7.2
die Schlussfolgerungen für die einzelnen Archetypen diskutiert werden.
7.1.1 Schlussfolgerungen für das Grundmodell
Zentrale Forschungsfrage: Welche Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien lassen sich unterscheiden?
•
Welche Merkmale charakterisieren die unterschiedlichen Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien?
•
Wie lassen sich diese unterschiedlichen Archetypen auf Basis der Produkt-MarktMatrix von ANSOFF systematisieren?
Die Kern-Dimensionen des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien wurden von der
Mehrheit der Befragten als relevant und ihre Werbekommunikationsarbeit prägend beschrieben. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Kerndimension Leistung (bestehend/neu)
zu. Sie bestimmt insbesondere in der Ausprägung „Marke“ (bestehend/neu) maßgeblich den
werbestrategischen Planungsprozess.
Dagegen hatte die Unterscheidung zwischen Neu- und Bestandskunden nach Aussage vieler
Befragter für ihre werbestrategischen Überlegungen einen deutlich geringeren Stellenwert.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
•
Fehlende Datenbasis: Bei vielen Kampagnen fehlt zur anvisierten Zielgruppe eine umfassende Datenbasis mit soziodemografischen und qualitativen Beschreibungen (vergleiche
dazu die fehlenden bzw. Nur allgemeinen Angaben in den jeweiligen FallstudienBeschreibungen). Teilweise sind diese Daten auf Unternehmensseite vorhanden, werden
aber aus Gründen der Vertraulichkeit nicht der planenden und ausführenden Agentur zur
Verfügung gestellt. In anderen Fällen wird schlichtweg nicht die Notwendigkeit gesehen
bzw. zeitliche und budgetäre Restriktionen verhindern, fehlende Zielgruppendaten zu generieren.
•
Unzureichendes analytisches Know-how: Oftmals fehlt das notwendige Know-How zur
Ermittlung der Daten bzw. der Auswertung vorhandener (Roh-)Daten sowohl auf Seiten
des werbetreibenden Unternehmens wie auch der ausführenden Dienstleister.
•
Elastizität der Erfolgskontrolle: Ein maßgeblicher Grund ist taktischer Natur: Durch die
bewusste Nicht-Differenzierung zwischen Neu- und Bestandskunden entfällt die Notwen-
243
digkeit einer teilgruppenspezifischen Zielplanung und Erfolgskontrolle. Den Werbetreibenden steht schlichtweg mehr „Kundenmasse“ zur Verfügung, um seine übergreifenden
Kampagnenziele zu erreichen. Oft wird dann im Prozess der Post-Rationalisierung aus der
dann erreichten Kundenstruktur ein adäquates Konvertierungs- oder Expansionsziel für
die einzelnen Kundensegmente abgeleitet.696
Als Konsequenz daraus dominiert in der praktischen Kampagnenplanung und -darstellung
insbesondere bei der kommunikativen Einführung von Produkten und Leistungen die TeilDimension „Neukunden“.
7.1.2 Bewertung der Modellindikatoren
Anhaltende Defizite bei der Werbezielformulierung
Die Fallstudien-Ergebnisse bestätigen die bereits von STEFFENHAGEN und SIEMER697 und
in einer eigenen Erhebung mit ähnlichem Untersuchungsdesign (siehe Kapitel 3.2.2), zu den
einige Fallstudien eine Schnittmenge bilden, empirisch belegten Defizite. Zwar betonte die
Mehrheit der Befragten die hohe Relevanz von Werbezielen im Werbestrategie-Prozess, allerdings wurden in der Umsetzung sehr häufig die von STEFFENHAGEN und SIEMER definierten Gütekriterien698 verletzt.
Einflusscharakter des Involvementgrads
Die theoriebasierten Vorüberlegungen zur Unterscheidung von Werbestrategien beinhalten
die Annahme, dass der Involvementgrad der jeweils beworbenen Leistung die Ausprägung
der die Archetypen determinierenden Indikatoren beeinflusst. Die Ergebnisse der Fallstudien
bestätigen zwar die generelle Bedeutung des Involvementgrades auf den Charakter der Werbekommunikation. Allerdings konnte kein archetypen-spezifischer Einfluss festgestellt werden, sondern vielmehr ein genereller. So bedingt beispielsweise der Involvementgrad deutlich
erkennbar den Umfang des Budgets für Mediawerbung massiv (exemplarisch das Kampagnen-Budget von über 15 Mio. Euro für das High-Involvement-Produkt Audi Q7 gegenüber
dem Kampagnen-Budget von 5 Mio. Euro für das Low-Involvement-Produkt Balisto von
Mars), während der Einfluss des jeweiligen Archetypen eher nur noch eine graduelle Variation bedingt. Das gleiche gilt für die Art der Positionierung und die daraus abgeleitete Werbebotschaft. Wie bereits von KROEBER-RIEL und ESCH dargestellt, wird gerade bei der Bewerbung von Low-Involvement-Produkten eine Positionierung durch Emotion in Verbindung
696
Beleg dafür sind entsprechende ausdrückliche Hinweise von einigen Interviewpartnern (insbesondere auf Seiten der Agenturen) sowie Widersprüche zwischen den Zielangaben der verantwortlichen Akteure, die auf
Post-Rationalisierungseffekte schliessen lassen.
697
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48
698
STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f.
244
mit einer emotionalen Ansprache der Konsumenten bevorzugt.699 Dagegen wird der Aspekt
der Konsistenz von Positionierung und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Werbekommunikation maßgeblich durch den jeweiligen Archetypen geprägt. Dies ist entsprechend
für die Spezifizierung des Modells zu berücksichtigen.
Während also die Modell-Indikatoren Budget, Positionierung und Werbebotschaft (beide in
der Ausprägung Art und Inhalt) maßgeblich durch den Involvementcharakter geprägt zu sein
scheinen, weisen Media-Mix, Copy und vor allem die Werbeziele deutlich archetypenspezifischen Erklärungswert auf.
Eine präzisere Bestimmung des jeweiligen Einflussgrades muss Bestandteil der weiteren empirischen Vertiefung sein (siehe Kapitel 7.2 Limitation und weiterer Forschungsbedarf).
Wie in Kapitel 6.1 dargelegt, weisen die untersuchten Kampagnen im Hinblick auf den Involvementgrad des beworbenen Produktes bzw. der beworbenen Leistung deutliche Unterschiede
auf, wobei diese Unterscheidung eine grundsätzliche übergreifende und keine Archetypenspezifische ist.
Folgende vom Involvement abhängigen Besonderheiten lassen sich deshalb archetypenübergreifend übergreifend feststellen:
•
Kommunikative Werbeziele: Zwar wurden zu den entsprechenden Low-InvolvementKampagnen jeweils auch kommunikative Ziele genannt, jedoch wurde das Primat der
ökonomischen Ziele (Umsatz, Absatz, Marktanteil) betont, gegenüber denen Awareness
und Image nur flankierenden Charakter hatten. Somit lag der Fokus der Werbeverantwortlichen deutlich auf kurzfristigen Absatzerfolgen und Marktanteilsgewinnen. Zum Teil erschienen die genannten kommunikativen Zielwerte im Sinne einer Post-Rationalisierung
nachträglich zum ökonomischen Erfolg ergänzt. Dagegen war der Fokus bei den Kampagnen zu High-Involvement-Produkten (Audi Q 7, VW Golf) deutlich auf das kommunikative Ziel Präferenz gerichtet. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür ist: Eine kurzfristige
Generierung von Kunden für teure Investitionsgüter vorrangig durch werbliche Ansprache
ist gegenüber Low-Involvement-Produkten eher unwahrscheinlich.
•
Positionierung: Low-Involvement-Produkte weisen eine deutlich stärkere Positionierung
durch Emotion auf, da Informationen zu ihnen dem Rezipienten eher „trivial“700 erscheinen. Im Gegensatz dazu weisen High-Involvement-Produkte eher eine Positionierung
durch eine gleichmäßige Mischung von Emotion und Information701 (Beispiel Audi Q7)
auf.
•
Werbebotschaft: Resultierend aus der emotional dominierten Positionierung ist bei LowInvolvement-Produkten auch die Botschaft an den Rezipienten emotional dominiert. Dagegen hat in der Werbung für High-Involvement-Produkte Information einen deutlich
699
KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 74; WEINBERG, 1999, S. 113 ff.
KROEBER-RIEL, 1993, S. 43
701
ESCH, 2005, S. 140
700
245
stärkeren Stellenwert (Beispiel: funktionale Vorteile des VW Golfs als Story-Element des
Schlämmer-Blogs).
•
Stellenwert Mediawerbung: Bei Low-Involvement-Produkten dominiert Mediawerbung
deutlich den Kommunikations-Mix, gegenüber High-Involvement-Werbung (Audi Q7,
VW Golf-Kampagne in der geplanten Fortsetzung), wo bedingt durch die höhere Bedeutung von Information in Positionierung und Werbebotschaft nicht-mediale Kommunikationsinstrumente (insbesondere am Point of Sale) zum Einsatz kommen.
•
Leitmedium: Bei Werbung für Low-Involvement-Produkte ist die Dominanz von TV als
Leitmedium gegenüber High-Involvement-Produkten noch deutlicher. Dementsprechend
haben bei High-Involvement-Produkten wie dem VW Golf oder Audi Q 7 solche Medien,
die sich eher zum Transport von Informationen eignen (Print, Internet) einen strategisch
und in der Regel somit auch budgetär höheren Stellenwert.
Kriterien
Low-Involvement
High-Involvement
Media-Mix: Stellenwert Mediawerbung
sehr hoch
Hoch
Media-Mix: Leitmedium
TV mit sehr hohem Stellenwert)
TV mit hohem Stellenwert
Kommunikative Werbeziele
Eher flankierend zu den als Zentral
maßgeblich betrachteten
ökonomischen Zielen
Positionierung
Meist Emotion und Aktualisierung
Mischung von Emotion und
Information
Werbebotschaft
emotional
Emotional mit informativem
Anteil
Abbildung 56: Unterschiede im Hinblick auf den Involvementcharakter der Produkte/Leistungen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an KROEBER-RIEL, 2000, S.45.
246
7.2 Schlussfolgerungen für die Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien
Die Einzelanalyse sowie der Vergleich der insgesamt 16 auf Basis von Fallstudien untersuchten Kampagnen (siehe Kapitel 6.1) zeigen deutlich, dass sich drei Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien in der Werbepraxis wiederfinden lassen:
1. Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung);
2. Expansionswerbung (Follow-up-, Rebrush-, Relaunch-Werbung);
3. Loyalitätswerbung.
Neukunden
Bestandskunden
Loyalitätswerbung
Bestehende
Leistung/Produkt
Expansionswerbung
Follow-up, Rebrush, Relaunch
Neue
Leistung/Produkt
Einführungswerbung
Neumarke, Line-extension
Abbildung 57: Erweitertes Modell aufgabenorientierter Werbestrategien
Quelle: Eigene Darstellung
Leistung/Marke
Audi Q7
Balisto
Bertolli
BILDmobil
Dove pro•age
Drei Wetter Taft
Eucerin
Gillette Fusion
ING-DiBa
McDonalds
Dr. Oetker Paula
Sparkasse
T-Com
Rama Cremefine
Werbestrategie-Typ
Einführungswerbung (Line-Extension)
Expansionswerbung (Relaunch)
Einführungswerbung (Line-Extension)
Einführungswerbung (Line-Extension)
Einführungswerbung (Line-Extension)
Expansionswerbung (Rebrush)
Einführungswerbung (Line-Extension)
Einführungswerbung (Line-Extension)
Loyalitätswerbung
Loyalitätswerbung
Einführungswerbung (Line-Extension)
Loyalitätswerbung
Loyalitätswerbung
Expansionswerbung (Follow-up)
247
Touareg
Expansionswerbung (Follow-up)
VW Golf
Expansionswerbung (Rebrush)
Abbildung 58: Fallstudien im Hinblick auf den jeweiligen Werbestrategie-Archetyp
Quelle: Eigene Darstellung
Diese Archetypen unterscheiden sich deutlich im Hinblick auf folgende Indikatoren:
•
Werbebudget (Kommunikation insgesamt, nur für Mediawerbung);
•
Media-Mix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums);
•
Kommunikative Werbeziele und Zielgrößen;
•
Konsistenz der Positionierung;
•
Konsistenz der Werbebotschaft
•
Copy (u.a. Einsatz von Testimonials).
Copy als zusätzliches Strategieelement und Indikator
Zu den bereits aus der Theorie abgeleiteten Elementen einer Werbestrategie (siehe Kapitel 3)
wurde von mehreren Befragten der Einsatz von kreativen Kernelementen als weiterer Archetypen-Indikator ergänzt. Das bestätigt die Untersuchungen zur Bedeutung Gestaltungselemente von PIETERS und WEDEL zur Differenzierung von Werbestrategien.702
Darüber hinaus impliziert der gängige Begriff Copy-Strategie bereits den Bezug zum Werbestrategie-Prozess. Teil der Copy sind insbesondere die Key-Visuals. Sie ergeben sich aus den
wichtigsten konstituierenden Markenelementen (Markenassets), die die Markenwahrnehmung
der Konsumenten dominieren und im Sinne der Selbstähnlichkeit strategisch wichtig sind.703
Das kann am Beispiel der Marke Jacobs neben der Key-Colour grün die Krone als Bestandteil
des Logos, der Claim „mit dem Verwöhnaroma“, aber auch ein festlicher Anlass (Hochzeit,
Geburtstag) als klassisches Marken-Sujet sein.
Bei einer Produktlinienerweiterung ist jedoch für die kreativen Kernelemente eine Differenzierung notwendig, um eine Verwechslung zwischen den Produkten zu vermeiden. Somit ist
eine Balance zu finden zwischen der Wahrung der kreativen Elemente der zentralen Dachmarken-Signale und der Einbringung neuer anderer konzeptioneller und kreativer Elemente.704 Ein anschauliches Beispiel ist das Zusammenspiel von Rama als Dachmarke und Rama
Cremefine als Sub-Brand.
Mit kreativen Kernelementen sind dabei folgende gemeint:
•
Claim (Kampagnen- oder Marken-Claim, z. B. „Aber bitte mit Rama“);
•
Key-Visual;
•
Testimonial (z. B. Heidi Klum, Horst Schlämmer);
•
Key-Colour (-s) (z. B. Sortenfarben bei Balisto);
702
PIETERS/WEDEL, 2004, S. 38 ff.
ESCH, 2007, S. 335
704
ESCH, 2007, S. 337
703
248
•
Sprachliche Gestaltung (typischer Tonfall bzw. Ausdrucksweise);
•
Typografische Gestaltung (z. B. Nivea-Typo);
•
Sujet/Setting (z. B. italienische Familienidylle bei Bertolli, Dermatologen-Praxis bei Eucerin).
Als ein wichtiges Gestaltungselement wurde dem Einsatz von Testimonials eine Archetypenabhängige Verwendungsintensität zugesprochen. So sind nach Aussage der Experten Testimonials ein beliebtes und bewährtes Gestaltungselement insbesondere bei Einführungswerbung. Bei Follow-up-Werbung werden sie – abhängig vom Erfolg ihres Einsatzes bei der Einführungswerbung – oftmals weiterhin eingesetzt. Seltener mit einem strategischen Bedeutungsgehalt aufgeladen finden sich Testimonials hingegen in Rebrush- oder RelaunchWerbung. Die analysierte Golf Schlämmer Blog-Kampagne ist so eine Ausnahme. Sehr selten
werden sie dagegen in der Loyalitätswerbung eingesetzt. Die Begründung dafür lautet, dass
eine intensivere Beziehung zur beworbenen Leistung als Grundlage für loyalisierende Werbebotschaften gerade bei prominenten Testimonials nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird.
Die Bedeutung der Copy als Element der einer Kampagne zugrundeliegenden Werbestrategie
bezieht sich auf deren Kontinuität bzw. Modifikation im Werbeevolutionsprozess. So wird
beispielsweise die für eine erfolgreiche Follow-up-Kommunikation notwendige Kontinuität
nicht nur an der Konstanz von Positionierung und Werbebotschaft festgemacht, sondern auch
an der Weiterverwendung von in der Einführungswerbung etablierten kreativen Kernelementen wie z. B. Key-Visuals und Claim. Dementsprechend wird Copy im Bereich der Werbestrategie vorrangig im Hinblick auf folgende Aspekte diskutiert:
•
Welche kreativen Kernelemente sind durch die bisherigen Werbe-Maßnahmen bzw. die
Markenstrategie insgesamt (bei Einführungswerbung für Line-Extensions) vorgegeben?
•
In welchem Umfang und Grad sollen diese beibehalten oder modifiziert werden?
Der Einfluss des Involvementgrades der Konsumenten auf die beworbene Leistung wurde generell bestätigt, jedoch ist er nicht archetypen-spezifisch, sondern prägt die Werbekommunikation zu den jeweiligen Leistungen grundsätzlich (s.u.).
Dementsprechend bilden die untersuchten und als relevant belegten Indikatoren generell die
Kernelemente einer Werbestrategie (siehe Abbildung).
249
We
m?
s?
Wa
Womit?
Budget
Werbestrategie
Media-Mix
Wo
du
rch
?
Zielgruppen
(neu/alt)
Ziele
Wozu?
Objekt
(neu/alt)
Positionierung,
Botschaft &
Copy
e?
Wi
Abbildung 59: Kernelemente der Werbestrategie
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BRUHN 2005a, S. 376
7.2.1 Schlussfolgerungen für den Archetyp Einführungswerbung
Der Begriff der Einführungswerbung als Werbestrategie, mit der ein neues Produkt bzw. einen neue Leistung einem Neukundenkreis vorgestellt wird, ist der bereits im täglichen
Sprachgebrauch der Werbeverantwortlichen gängigste Werbestrategie-Archetyp. Zu diesem
Archetyp wurden in der Untersuchung die meisten Charakterisierungen mit dem höchsten
Grad an Übereinstimmung gegeben. Somit ist die Einführungswerbung auch die Strategieform, der Kampagnen immer eindeutig zugeordnet wurden. Einführungswerbung ist auch in
der Wahrnehmung der Werbeverantwortlichen der Strategietyp, dem am eindeutigsten die
notwendigen konzeptionellen und operativen Maßnahmen zur Umsetzung zugeordnet werden
konnte.
Aus der bestehenden oder nicht bestehenden Ansprache von Bestandskunden ergibt sich für
den Archetyp Einführungswerbung die Unterscheidung von zwei Untervarianten:
1. Neumarken-Werbung;
2. Line-Extension-Werbung.
250
Die Neumarken-Werbung bezieht sich auf Einführungskampagnen, bei denen eine neue Leistung bzw. ein neues Produkt unter einer neuen Marke eingeführt wird. Die Entscheidung für
eine neue Marke versus die Dehnung einer vorhandenen Marke kann in der mangelnden
Übereinstimmung oder Relevanz des bestehenden Markenimages mit der neuen Produktkategorie begründet liegen.705 In der Regel geht dies einher mit der Adressierung von neuen Kundengruppen, für deren erfolgreiche Ansprache der Einsatz der bestehenden Marke kontraproduktiv oder ohne Relevanz ist. Insofern beginnt die Neumarken-Werbung werbekommunikationsstrategisch bei „null“, was sie fundamental von der Einführungswerbung unterscheidet.
Neumarken-Werbung ist zudem gegenüber dem Einsatz bestehender Marken mit einem erheblichen Mehraufwand an Investitionen706 verbunden: So wird in einer Managerbefragung
von SATTLER das Kosteneinsparungspotential abhängig von der Produktkategorie auf 50 %
und mehr geschätzt.707
Die Dehnung (brand stretching) bzw. Expansion einer Marke (brand expansion) zur Produktlinienerweiterung in gleiche oder verwandte Produktkategorien wird als line extension definiert.708 Dementsprechend handelt es sich im Fall der Line-Extension-Werbung um Einführungswerbung, die ein erweitertes Leistungs- bzw. Produktportfolio mit einer bereits bekannten Marke als Absender bewirbt. Die Entscheidung für den Einsatz einer bestehenden Marke
geht häufig einher mit dem Ziel, neben Neukunden auch Bestandskunden (der zugrundeliegenden Familienmarke) zu adressieren und den bei ihnen bestehenden Bekanntheits- und Vertrauensvorsprung im Sinne eines Image- bzw. Goodwill-Transfers zu nutzen.709
Angesichts des generell hohen Kostenaufwands für eine Neueinführung verbunden mit dem
hohen Risiko eines Flops710 sind Markenerweiterungen nach ESCH711 sowie KELLER712 und
MURPHY713 die zurzeit am häufigsten genutzte Strategie zur Einführung einer neuen Leistung bzw. eines neuen Produktes und haben insbesondere im Bereich der Konsumgüter in ihrer Bedeutung enorm zugenommen.714 In einer empirischen Untersuchung zum amerikanischen Konsumgütermarkt belegen zudem SMITH und PARK die höhere Wirksamkeit von
Markendehnungsstrategien gegenüber Neumarkenstrategien.715
Bei der Umsetzung der Line-Extension-Werbung ist zu berücksichtigen, ob es sich um eine
direkte oder eine indirekte Markenerweiterung handelt und ob sie vertikal oder horizontal
705
ESCH, 2007, S. 321 ff.
SATTLER, 1997, S. 88; TAUBER, 1988; S. 27
707
SATTLER, 1997, S. 88
708
BURMANN/MEFFERT/BLINDA, 2005, S. 196; ESCH, 2007, S. 319; AAKER, 1990, S. 54 f.;
PARK/MILBERG/LAWSON, 1991, S. 190
709
MEFFERT, 1994, S. 189 ff.; SATTLER, 2004, S. 828 ff.
710
Die Flopquote im Konsumgüterbereich wird von der Gesellschaft für Konsumforschung GfK mit 70 % beziffert, siehe SAAL, 2006, S. 17; auch ROHWETTER, 2004, S. 20
711
ESCH, 2007, S. 323
712
KELLER, 2003, S. 581
713
MURPHY, 1997, S. 53
714
RANGASWAMY/BURKE/OLIVA, 1993, 71 ff.
715
PARK/MILBERG/LAWSON, 1991, S. 190 f.
706
251
ausgeprägt ist.716 Eine in der Werbepraxis häufige Variante (siehe Fallstudien zu Rama Cremefine, Dove pro•age, Dr. Oetker Paula, Gillette Fusion) ist die vertikale Markenerweiterung
nach unten in Form eines Sub-Brandings: Die Master-Marke wird um eine Submarke ergänzt.
Im besten Fall kann diese Sub-Brand zur Vitalisierung und Stärkung der Master-Marke beitragen (siehe Fallstudie Rama Cremefine), er birgt jedoch auch das Risiko der Kannibalisierung (siehe Fallstudie Dove pro•age), die als gesteuerter Substitutionsprozess jedoch auch
strategisch gewollt sein kann.717 Auch reduziert eine Subbranding-Strategie negative Rückwirkungen auf die etablierte Marke bei Markenerweiterungen, die sich durch zur Stammmarke inkonsistente Eigenschaften auszeichnen.
In jedem Fall gilt: Je größer die Nähe zur Bestandsmarke ist, desto stärker sind die Werbestrategie-Elemente (insbesondere Positionierung und Botschaft) in ihren Ausprägungen prädisponiert.718 Umgekehrt ist einer größeren Produkt-Marken-Distanz in der Werbestrategie ebenfalls Rechnung zu tragen.719
Line-Extension-Werbung schließt auch Kampagnen ein, bei denen im Zuge einer indirekten
horizontalen Markenerweiterung zwei bestehende Marken auf Grundlage einer Markenkooperation bzw. -allianz mit unternehmensinternen oder -externen Marken in Form von CoBranding, Composite-Branding, Cross- bzw. Co-Promotion, Ingredient Branding oder MegaBranding kombiniert werden.720
Während die Begriffe der Neumarken- bzw. Launchwerbung sich auf Kampagnen beziehen,
bei denen ausschließlich Neukunden adressiert werden, spielt bei der Line-ExtensionWerbung die Ansprache von Bestandskunden in unterschiedlichem Umfang eine strategische
Rolle.
Allen sechs in Fallstudien vorgestellten Praxisbeispielen Audi Q7, BILDmobil, Dove pro age,
Eucerin, Dr. Oetker Paula, Gillette Fusion) zu Einführungswerbung sind in unterschiedlicher
Deutlichkeit folgende Charakteristika gemeinsam:
•
Ein besonderer strategischer Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen insgesamt (resultierend aus dem in der Regel hohen und kapitalintensiven Entwicklungsaufwand) sowie im Marketing-Mix zum jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen
Leistung;
•
Daraus resultiert ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und den übrigen Kampagnen überproportional hohes Kommunikations- wie auch Mediawerbungsbudget;
•
Der hohe Stellenwert (strategisch und budgetär) von Mediawerbung im Werbekommunikationsbudget insgesamt;
716
ESCH, 2007, S. 327
ESCH, 2007, S. 351 ff.; CRAVENS/PIERCY/PRENTICE, 2000, S. 383
718
vgl. ESCH, 2007, S. 377, S. 381
719
vgl. ESCH, 2007, S. 377
720
ESCH, 2007, S. 328, S. 401 ff.; FRETER/BAUMGARTH, 2005, S. 478; BAUMGARTH, 2004, S. 240 ff.
717
252
•
Der Einsatz von TV als Kampagnen-Leitmedium strategisch und damit in der Regel auch
budgetär dominant (Sonderfall BILDmobil);
•
Die Schaffung von Aufmerksamkeit (gemessen meist auf Basis der gestützten bzw. ungestützten Bekanntheit) ist das zentrale Kommunikationsziel;
•
Eine grundsätzlich durch Emotion dominierte Positionierung, aus der sich entsprechend
eine überwiegend emotionale Form der Ansprache (Werbebotschaft) ableitet. Diese Positionierung wird jedoch – abhängig vom Innovationsgrad des beworbenen Produktes –
deutlich um eine informative Komponente ergänzt, die ihren entsprechenden Niederschlag
in der Konsumenteninformation über einzigartige Produkteigenschaften findet (Beispiel
BILDmobil, Audi Q7);
•
Copy: Der Einsatz von Prominenten als Testimonials zur Awareness-Generierung.
Indikatoren
Budget
Ausprägung
Proportional gegenüber allen anderen Archetypen das
höchste
Media-Mix
Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV
Kommunikative Ziele
Aufmerksamkeit
Positionierung u. Botschaft
Überwiegend emotionale Positionierung und emotionale
Werbebotschaft
Copy
Häufiger Einsatz von Prominenten als Testimonials
Abbildung 60: Charakteristika des Archetypus Einführungswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
Diese Charakteristika bedingen einander. So leitet sich aus dem Kommunikationsziel Awareness der massive Einsatz des reichweitenstarken Mediums TV ab, dessen Bewegtbild als
Werbemittel gleichzeitig das ideale Instrument ist für den Transport emotional geprägter
Werbebotschaften ist.
Abweichungen von diesen Grundprinzipien der Einführungswerbung sind erkennbar situativ
bzw. strukturell geprägt. So dominiert beispielsweise im Media-Mix zur BILDmobilKampagne Print gegenüber TV, weil das beworbene Produkt markentechnisch eine line extension des bestehenden Print-Objektes ist und es von daher nur konsequent und wirtschaftlicher ist, in diesem massiv Werbung für das neue Produkt zu schalten.
Die ergänzende Analyse von Einführungswerbung für Neumarken wie die exemplarischen
Kampagnen für „Alice“ und „Base“721 bestätigt die ermittelten Grundcharakteristika von Einführungswerbung mit drei Abweichungen:
•
721
Das eingesetzte Werbevolumen liegt proportional deutlich über dem von Einführungswerbung auf der Basis von Line-Extension-Werbung;
JUNG/VON VIEREGGE, 2006; S. 73
253
•
Der Zielfokus liegt noch deutlicher auf der Bekanntmachung der Marke, imageprofilierende Ziele sind dem nachgelagert, da nur auf Basis von Bekanntheit eine Imagebildung
stattfinden kann;
•
Copy: Bestehende Kreativ-Elemente als Bezugsgrößen bestehen nicht. Der kreative Auftritt ist dementsprechend betont eigenständig (siehe Beispiel BASE).
Einführungswerbung in der Untervariante der Line-Extension-Werbung unterscheidet sich
gegenüber der Neumarken-Werbung fundamental insofern, als dass sie auf eine Produkt- und
Markenhistorie aufbaut. Dementsprechend besteht ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieser Werbestrategie darin, inwiefern diese Historie konzeptionell und kreativ in sinnvoller Weise Berücksichtigung findet. Parameter dafür sind die eingesetzte Markentechnik (Eigenmarke mit
Hinweis auf die Dachmarke, Sub-Brand) sowie der Grad der Nähe zur Ausgangsmarke.
Anschauliche Beispiele für eine hohe Ausschöpfung des Markenkapitals sind insbesondere
die Kampagnen zu Audi Q7, Bertolli sowie der Mehrprodukte-Vermarktung der ING-DiBa.
Angesichts der grundsätzlich hohen Übereinstimmung zwischen Neumarken- bzw. Launchwerbung und Line-Extension-Werbung erscheint die Verwendung von „Einführungswerbung“
als übergreifender Archetyp weiterhin sinnvoll.
Zwar ist in drei untersuchten Kampagnenbeispielen die Adressierung von Neuprodukten an
Bestandskunden ein explizites oder implizites Teilziel, jedoch steht entweder die Gewinnung
von Neukunden (Bertolli, ING-DiBa) bzw. die Loyalisierung der Bestandskunden (Sparkasse)
im Fokus der Aktivität. So sollte beispielsweise die Vorstellung des breiten Leistungsspektrums der Sparkasse-Finanzgruppe neben der konkreten breiteren Ausschöpfung der Kundenbasis die bestehenden Kunden auch in der Aufrechterhaltung ihres bestehenden Kundenverhältnisses bestärken. Somit legen die untersuchten Kampagnenbeispiele nahe, dass in der
Werbepraxis Cross-Selling-Werbeaktivitäten keinen eigenständigen Archetyp begründen,
sondern die den entsprechenden Kampagnen zugrundeliegenden strategischen Zielsetzungen
komplementäre Teilziele der Einführungs- oder Loyalitätswerbung sind.
Cross-Selling kein eigenständiger Archetyp
Auch wenn für die parallele Ansprache von Bestandskunden bei der Einführung neuer Produkte und Leistungen im Sinne einer Cross-Selling-Werbung ein eigenständiger Werbestrategie-Archetyp für Massenkommunikation empirisch nicht belegt werden konnte, lässt sich
feststellen, dass diese Form der Werbung grundsätzlich an Bedeutung gewinnt. Die Gründe
dafür sind:
•
Diversifikationsstrategien sind eine maßgebliche Wachstumsstrategie vieler Unternehmen;
254
•
Line-Extensions dominieren heute bereits den Bereich der Produktneueinführungen und
werden weiter an Bedeutung gewinnen722;
•
Im Rahmen entsprechender CRM-Maßnahmen entstehen entsprechende Kundendatenbanken, die z. B. auch Konsumgüterproduzenten in die Lage versetzen, ihre traditionelle
massenmedial dominierte Kommunikation durch eine Direktansprache ihrer Bestandskunden (z. B. per Mail) zu ergänzen.
7.2.2 Schlussfolgerungen für den Archetyp Expansionswerbung
Die analysierten Kampagnenbeispiele zeigen deutlich, dass der Archetyp „Expansionswerbung“ als Beschreibung für Kampagnen, in denen eine bestehende Leistung bzw. Produkt
Neukunden kommuniziert wird, zu undifferenziert ist.
Die entsprechenden Fallstudien zu den Kampagnen von VW Golf, Drei Wetter Taft, Rama
Cremefine und Balisto zeigen deutlich die Relevanz der entwicklungshistorischen Position
des beworbenen Produktes bzw. der Kampagne im Sinne des Modells vom Produktlebenszyklus.723 Während beispielsweise die Rama Cremefine-Kampagne das Ziel verfolgt, den Erfolg
der Einführungswerbung mit einer fokussierten Kommunikation fortzusetzen und weitere
Kunden zu gewinnen, geht es bei der Balisto-Kampagne darum, die in die Jahre gekommene
Marke kommunikativ grundlegend zu repositionieren, um den Absatzrückgang zu stoppen
und Neukunden zu gewinnen bzw. verlorene Kunden zurückzugewinnen. Bei der Drei Wetter
Taft-Kampagne wird eine Stabilisierung der Marktführerschaft auf Basis einer Modifikation
der bestehenden Produktlinie sowie einer entsprechenden Anpassung in der Kommunikation
angestrebt.
Diese unterschiedliche strategische Ausgangssituation bedingt eine Differenzierung des Archetyps Expansions-Werbung nach dem Grad der Veränderung bzw. Kontinuität. Dabei lassen sich folgende drei Varianten unterscheiden:
1. Follow-up-Werbung;
2. Rebrush-Werbung;
3. Relaunch-Werbung.
Im Gegensatz zur Binnendifferenzierung von Einführungswerbung in Launch- und LineExtension-Werbung als Unter-Varianten ersetzen die drei Varianten expansiver Werbestrategien den zu „groben“ Archetypbegriff Expansionswerbung, da ihr Erklärungsgehalt präziser
und prägnanter ist. Insofern fungiert der Begriff Expansions-Werbung im erweiterten Modell
als Oberbegriff für drei Varianten dieses Archetyps.
Archetyp-Variante Follow-up-Werbung
722
723
KELLER, 2003, S. 581
HOOGLEY, 1995, S. 24
255
Follow-up-Werbung wird in der Werbepraxis häufig verwendet, um die der Einführungswerbung zeitlich und inhaltlich nachfolgenden Werbemaßnahmen zu beschreiben.724
In diesem Sinne wird Follow-up-Werbung als Werbestrategie definiert, die nicht nur zeitlich,
sondern auch inhaltlich auf die Einführungswerbung folgt725 und zum Ziel hat, den in der
Markteinführungsphase erreichten Markterfolg expansiv fortzusetzen. der Kundenbasis zum
Ziel haben. Von einigen Interviewten wurde sie deshalb auch als „Eroberungswerbung“ bezeichnet. Damit hat die Follow-up-Werbung automatisch loyalisierende Elemente im Bezug
auf die bereits gewonnenen Bestandskunden. Dabei steht neben einer weiteren Steigerung der
Bekanntheit vor allem die verstärkte Profilierung der beworbenen Leistung bzw. des Produktes im Fokus. Grundlage dafür ist ein unverändertes Produkt- bzw. Leistungsangebot.
In der Regel geschieht dies dadurch, dass – bei entsprechendem Erfolg der Einführungswerbung – die strukturellen und kreativen Kernelemente der Einführungs-Kampagne beibehalten
werden.
Im Extremfall besteht die Follow-up-Werbung aus einer Schaltung der identischen Motive der
Einführungswerbung lediglich mit einem modifizierten Mediaplan. Häufig werden jedoch auf
Grundlage entsprechender Kampagnenanalysen Aussage und Elemente der LaunchKampagne in der Follow-up-Werbung fokussiert bzw. akzentuiert, um einzelne Leistungswerte zu optimieren. Exemplarisch dafür ist die als Fallstudie vorgestellte Touareg-Kampagne.
Dennoch ist Follow-up-Werbung nicht im Sinne eines bloßen „Weiter so“ zu verstehen.
Vielmehr zeigt das Kampagnenbeispiel zu Rama Cremefine, dass eine erfolgreiche Followup-Werbung auch die Notwendigkeit bedingen kann, neue konzeptionelle und kreative Elemente einzusetzen, um die weitere Durchsetzung der Produkt- bzw. Markenstrategie zu gewährleisten.
Von Follow-up-Werbung als Untervariante der Expansionswerbung wird gesprochen, wenn
auf eine erfolgreiche Einführungswerbung weitere Werbemaßnahmen folgen, die dem Ausbau
der erreichten Marktposition dienen.
In der Grundstrategie baut die Follow-up-Werbung auf die Einführungswerbung auf mit dem
Ziel, den Auftakterfolg fortzusetzen. Häufig bedingt dies eine Übernahme zentraler konzeptioneller und kreativer Elemente. Dies ist jedoch – wie das vorgestellte Kampagnenbeispiel zu
Rama Cremefine zeigt - keine zwingende Notwendigkeit.
Follow-up-Werbung weist folgende Charakteristika auf:
•
724
725
Einen gegenüber der Einführungswerbung deutlich geringeren strategischen Stellenwert in
der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen insgesamt bzw. im jeweiligen MarkeVgl. Agenturdarstellung zur Touareg Follow-Up-Kampagne in JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 39 ff.
BEHRENS (1963, S. 22) gebraucht den Begriff „Fortführungswerbung“ vorrangig zeitbezogen, betont aber
auch die den Kontinuitätscharakter zwischen Fortführungs- und Einführungswerbung im Hinblick auf die
Zielgruppen-Identität.
256
ting-Mix. Der Hintergrund dafür ist: Oftmals werden andere „Stellhebel“ (insbesondere
Preis und Distribution) als wirkungsvoller zum Ausbau der erreichten Marktposition erachtet.
•
Daraus resultierend ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und den übrigen Kampagnen
(insbesondere Einführungswerbung) eher durchschnittliches Kommunikations- wie auch
Mediawerbungs-Budget.
•
Bei Follow-up-Werbung hat Mediawerbung einen hohen, aber im Verhältnis zur Einführungswerbung tendenziell geringeren Stellenwert (strategisch und budgetär) im Werbekommunikationsbudget insgesamt.
•
Follow-up-Werbung weist den gleichen Media-Mix wie die Einführungswerbung auf mit
TV als Kampagnen-Leitmedium, aber einer gegenüber der Einführungswerbung strategisch und budgetär proportional gewachsenen Bedeutung anderer Mediakanäle (insbesondere Print) sowie generell aller nicht-medialen Kommunikationsinstrumente (insbesondere
Verkaufsförderung).
•
Der Aus- bzw. Aufbau von Relevanz und Präferenz auf Basis einer deutlicheren Imageprofilierung als zentrale Kommunikationsziele (während in der Einführungswerbung die
generelle Bekanntmachung und Verankerung eines zentralen Benefits im Kommunikationsfokus steht).
•
Die Positionierung von Einführungswerbung ist zu der von Follow-up-Werbung nahezu
identisch. Daraus resultiert in der Regel eine hohe Wiederverwendungsrate bei Rezipienten bereits etablierter Kampagnenelemente (z. B. Claim, Key-Visual, Key-Colour) in unterschiedlich starken Umfang.
Indikatoren
Ausprägung
Budget
Gegenüber allen anderen Archetypen eher durchschnittlich
Media-Mix
Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV
Kommunikative Ziele
Relevanz, Präferenz
Positionierung u. Botschaft
In hoher Übereinstimmung zur Einführungswerbung
Copy
Wiederverwendung etablierter Gestaltungselemente
Abbildung 61: Charakteristika des Archetypus Follow-up Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
Häufig ist bei Follow-up-Werbung ein hohes Maß an konzeptioneller und kreativer Kontinuität gegenüber der Einführungswerbung festzustellen. Plakative Beispiele dafür sind neben der
vorgestellten Touareg-Kampagne von Volkswagen u.a. die Folge-Kampagnen der PaulanerBrauerei726 und den Telekommunikationsanbieter Hansenet mit der Marke Alice727. Insbesondere die Follow-up-Kampagnen für Konsumgüter mit geringem Involvementcharakter basieren auf einer Positionierung durch Aktualität728 und funktionieren mit einer hohen Konsistenz
726
JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 150 ff.
JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 60 ff.
728
ESCH, 2005, S. 141
727
257
im kommunikativen Auftritt im Sinne von GUTENBERG729, SEYFFERT730 und BRUHN731
als Erinnerungswerbung. Dass dies jedoch kein Muss ist, illustriert plakativ das vorgestellte
Kampagnenbeispiel Rama Cremefine. Mit dem Ziel einer stärkeren Markenprofilierung wurden gegenüber der Einführungswerbung neue konzeptionelle und kreative Elemente eingesetzt, die besser geeignet erschienen, die bestehende Markenbotschaft zu verbreiten.
Archetypen-Variante Rebrush-Werbung
KOPPELMANN weist auf das Kontinuum zwischen jeder Form der Veränderung eines bestehenden Produktes im Sinne eines Relaunches bis zur Entwicklung eines Neuproduktes
hin.732 Angesichts der in den Fallstudien dokumentierten hohen Bandbreite von (Marken-)
Kommunikations-Modifikationen – häufig in Verbindung mit dem Reifegrad der beworbenen
Leistung bzw. des Produktes – erscheint es jedoch notwendig, neben der Kategorie RelaunchWerbung eine weitere Kategorie zu definieren, die geringfügigere Veränderungen im Sinne
einer Aktualisierung der Werbebotschaft bei hohem Kontinuitätsgehalt abdeckt.
Im Medienbereich ist der Begriff Rebrush – äquivalent zum Begriff facelift im Automobildesign733- eine gängige Bezeichnung, um die Überarbeitung eines Produktes im Sinne einer Aktualisierung zu beschreiben.734
Dementsprechend wird der Begriff Rebrush in dieser Arbeit verwendet, um eine Veränderung
der Werbekommunikation im Sinne einer Aktualisierung zu beschreiben, wobei der Grad der
Veränderung deutlich unter dem liegt, was üblicherweise als Relaunch bezeichnet wird.
Die Rebrush-Werbung folgt im Anschluss an die Follow-up-Werbung, wenn das beworbene
Produkt/Leistung bzw. die Marke bereits einen gewissen Reifegrad erreicht haben und Gefahr
laufen, nicht mehr hundertprozentig aktuell und zeitgemäß zu sein. Diesem Reifeprozess kann
durch Veränderungen auf zwei Ebenen begegnet werden:
1. Produktebene und
2. Markenkommunikations-Ebene.
Ein Rebrush auf Produktebene bedingt geringfügige Veränderungen in den Leistungsmerkmalen (insbesondere Design, Verpackung, Ergänzung oder Intensivierung einzelner Leistungskomponenten), ohne dass das Produkt grundsätzlich verändert wird. Ein Rebrush oder „Facelift“ auf der Ebene der Markenkommunikation geht entweder einher mit der Veränderung des
beworbenen Produktes oder als Stand-alone-Maßnahme. Ein kommunikativer Rebrush hat
zum Ziel, die Markenbotschaft zu aktualisieren bzw. zu vitalisieren, sie jedoch nicht in ihrer
729
GUTENBERG, 1955, S. 440
SEYFFERT, 1963, S. 44
731
BRUHN, 2005a, S. 115
732
KOPPELMANN; 1993, S. 70
733
HUCHO, W.-H., 2007, S. 219
734
GRUNER+JAHR 2007; MOTORPRESSE STUTTGART, 2003
730
258
Grundaussage gravierend zu verändern. Ein plastisches Beispiel dafür ist die vorgestellte Drei
Wetter-Taft-Kampagne, in der die Storyline des Vorläufers aus den achtziger Jahren beibehalten wird, jedoch ironisch gebrochen wird und das typische achtziger Jahre-Modell ersetzt wird
durch das aktuelle Topmodel Heidi Klum.
Die Rebrush-Werbung folgt im Anschluss an die Follow-up-Werbung, wenn das beworbene
Produkt/Leistung bzw. die Marke bereits einen gewissen Reifegrad erreicht haben und Gefahr
laufen, nicht mehr hundertprozentig aktuell und zeitgemäß zu sein. Diesem Reifeprozess begegnet das werbetreibende Unternehmen durch eine geringfügige Modifizierung des Produktes (z. B. durch Anpassung des Designs, Erhöhung der Leistungswerte) in Verbindung mit einer entsprechenden Korrektur der Kommunikation. Exemplarisch dafür ist die vorgestellte
Drei-Wetter-Taft-Kampagne sowie die Werbung für den VW Golf. Angesichts der Tatsache,
dass die Rebrush-Werbung im Lebenszyklus zwischen der Follow-up- und der RelaunchWerbung steht, weist sie konsequenterweise Eigenschaften beider Werbestrategien auf. So
lassen sich folgende Charakteristika für Rebrush-Werbung ableiten:
•
Rebrush-Werbung zeichnet sich gegenüber der Einführungswerbung durch einen deutlich
geringeren strategischen Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen insgesamt bzw. im jeweiligen Marketing-Mix aus.
•
Daraus resultierend wird für Rebrush-Werbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und
den übrigen Kampagnen (insbesondere Einführungswerbung) eher geringeres Kommunikations- wie auch Mediawerbungs-Budget eingesetzt.
•
Mediawerbung hat im Werbekommunikationsbudget insgesamt einen hohen, aber im
Verhältnis zur Einführungswerbung tendenziell geringeren Stellenwert (strategisch und
budgetär).
•
Rebrush-Werbung hat einen im Verhältnis zur Einführungs- und Follow-up-Werbung
gleichen Media-Mix (weiterhin mit TV als Kampagnen-Leitmedium). Jedoch haben –
analog zur Follow-up-Werbung – andere Media-Kanäle (insbesondere Print) sowie generell alle nicht-medialen Kommunikationsinstrumente (insbesondere Verkaufsförderung)
eine proportional höhere Bedeutung.
•
Zentrale Kommunikationsziele sind die Stabilisierung bzw. der Ausbau von Relevanz und
Präferenz-Werten auf Basis einer deutlicheren Imageprofilierung in den bislang als unterdurchschnittlich bzw. schwach bewerteten Leistungskategorien.
•
Rebrush-Werbung zeichnet sich durch eine zur jeweiligen Einführungswerbung im Kern
nahezu identische Positionierung aus – mit jedoch zum Teil neuer bzw. veränderter Akzentuierung bzw. der gezielten Ergänzung von Image-Dimensionen. Das hat zur Konsequenz, dass im Sinne einer Widererkennbarkeit bereits erfolgreich etablierte und bewährte
Elemente (Formsprache, Claim, Key-Colours) beibehalten, jedoch bei anderen (z. B. KeyVisual, Testimonial-Einsatz) deutliche Korrekturen vorgenommen werden, um dem strategischen Ziel der Aktualisierung gerecht zu werden.
259
•
Die Aktualisierung des bisherigen Markenauftritts wird vor allem durch eine Veränderung
einzelner Gestaltungselemente initiiert. Auffällig ist außerdem der Einsatz von Prominenten als Testimonial zur Verdeutlichung der angestrebten Aktualisierung (Heidi Klum bei
Drei-Wetter-Taft, Horst Schlämmer beim VW Golf).
Indikatoren
Budget
Media-Mix
Kommunikative Ziele
Positionierung u. Botschaft
Ausprägung
Gegenüber allen anderen Archetypen eher niedriger
Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV
Aktualisierung, Relevanz, Präferenz, Imageprofilierung
Grundsätzliche Übereinstimmung zur Einführungswerbung
mit jedoch zum Teil neuer bzw. veränderter Akzentuierung
Copy
z. T. Einsatz von Prominenten als Testimonial zur Verdeutlichung der angestrebten Aktualisierung
Abbildung 62: Charakteristika des Archetypus Rebrush-Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
Berücksichtigt man für diesen Archetypus zusätzlich den Aspekt des Involvementcharakters
des jeweils beworbenen Produktes (Low- versus High-Involvement), fallen folgende Besonderheiten auf:
•
Bei Einführungswerbung für Low-Involvement-Produkte (Beispiel Paula-Kampagne) ist
die Dominanz von TV als Leitmedium gegenüber High-Involvement-Produkten noch
deutlicher. Dementsprechend haben bei High-Involvement-Produkten (Beispiel Audi Q7)
Medien, die sich eher zum Transport von Informationen eignen (Print, Internet), einen
strategisch und budgetär höheren Stellenwert.
•
Low-Involvement-Produkte weisen eine deutlich stärkere Positionierung durch Emotion
auf, was dadurch bedingt ist, dass Informationen zu ihnen dem Rezipienten eher „trivial“735 erscheinen. Im Gegensatz dazu weisen High-Involvement-Produkte eher eine Positionierung durch Emotion mit einem höheren Anteil an Informationselementen736 auf.
Archetypen-Variante Relaunch-Werbung
Der Begriff Relaunch wird sowohl im Bereich der Produkt- wie auch der Kommunikationsund Markenpolitik verwandt. Für die Veränderung eines Produktes in Form einer Produktvariation oder Produktdifferenzierung737 wird häufig der Begriff (Produkt-) Relaunch verwandt.
Mit einem Relaunch wird dabei zumeist die Wiederbelebung einer stagnierenden oder rückläufigen Umsatz- oder Gewinnentwicklung bezweckt. Durch entsprechende Modifikationsmaßnahmen kann die Lebensdauer eines Produktes verlängert werden.738 Dementsprechend
735
KROEBER-RIEL, 1993, S. 43
ESCH, 2005, S. 140
737
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 456 f.
738
HAEDRICH/TOMCZAK, 1996, S. 236 f.
736
260
wird ein Relaunch in der Regel in der Sättigungs- bzw. Rückgangsphase des Produktlebenszyklus durchgeführt.739
Für den Begriff (Produkt-)Relaunch existiert in Wissenschaft und Praxis eine Bandbreite unterschiedlicher Bedeutungen.740 So versteht BIRKIGT unter einem Relaunch die „Wiedereinführung eines alten Produktes, welches in den wesentlichen Parametern – Produkt, Verpackung, Packungsgestaltung, Werbung – geändert wurde.“741 Laut BROCKHOFF ist der Relaunch eine Kombination absatzpolitischer Instrumente zur Repositionierung eines etablierten
Produkts.742 Eine Konkretisierung zu Art und Anzahl der bei einem Relaunch einzusetzenden
absatzpolitischen Instrumente liefert er nicht.743 Nach HÖFER ist das Ziel eines Produktrelaunchs die Wiederbelebung eines existierenden Produktes, wobei er die untrennbare Verbindung von Produkt- und Kommunikationsmodifikation plädiert.744 Im Gegensatz dazu fokussieren MEFFERT, BURMANN und KIRCHGEORG bei ihrer Definition eines Produktrelaunches auf die „umfassende Veränderung einer oder mehrerer Produkteigenschaften“, die
„in vielen Fällen (…) durch Veränderungen bei anderen Marketinginstrumenten (z. B. (…)
neue Werbebotschaft) unterstützt werden.“745
TENNAGEN plädiert mit ihrer Definition eines Produktrelaunchs für die Integration von Modifikationen, die sich auf die funktionalen Eigenschaften des Produktes sowie seiner Markenkommunikation auswirken: Sie definiert einen Produktrelaunch als „zeitablaufbezogene Veränderung eines am Markt etablierten Produkts (…). Das Ziel eines Relaunchs ist die Umpositionierung eines bereits existierenden Produkts unter Beibehaltung des Namens (der Wortmarke). Die Veränderung muss dabei mindestens eine der folgenden Marketing-Variablen
umfassen:
•
Produktsubstanz/-gestalt;
•
Verpackung;
•
Kommunikation bzw.
•
Markensymbol/Logo.
Zusätzlich können auch andere Marketing-Instrumente wie z. B. die Preisforderung oder Serviceleistung in die Umgestaltung einbezogen werden.746 Das Ergebnis ihrer Untersuchung,
wonach nachlassende Markenaktualität aus Sicht der Unternehmen ein zentraler Einflussfaktor für die Relaunchentscheidung ist747, stützt TENNAGENs integrierten Ansatz.
739
TENNAGEN, 1993, S. 306 f.
TENNAGEN, 1993, S. 5
741
BIRKIGT, 1971, S. 286
742
BROCKHOFF, 1988, S. 26
743
BROCKHOFF, 1988, S. 26. f.
744
HÖFER, 1983, S. 109
745
MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 457 f. ; ähnlich auch ZANGER, 2002, S. 111
746
TENNAGEN, 1993, S. 10 f.
747
TENNAGEN, 1993, S. 309 f.
740
261
Die Begriffe für entsprechende Veränderungen der Markenkommunikation sind in der Regel
Umpositionierung, Repositionierung bzw. Revitalisierung oder Rebranding und Neupositionierung748. Der Begriff Relaunch als Begriffsklammer für alle diese Formen kommunikativer
Korrekturen wird von TROMMSDORF749 verwandt, ist jedoch im Gegensatz zum Bereich
Produktpolitik weniger gängig.
Für die vorliegende Untersuchung unterschiedlicher Werbestrategien erscheint der Begriff
Relaunch-Werbung im Sinne des integrierten Ansatzes von TENNAGEN sinnvoll als Bezeichnung aller Kampagnen, die eine deutliche Veränderung der bisherigen Markenkommunikation auf Grundlage einer Um-, Re- oder sogar Neupositionierung beinhalten, wobei diese
häufig mit einer Veränderung des Produktes (Substanz, Gestalt) bzw. seiner Verpackung einhergeht.
Die Relaunch-Werbung zielt zwar ebenfalls auf Expansion im Sinne einer positiven Steigerung der ökonomischen und kommunikativen Leistungswerte, jedoch kommt sie zu einem
deutlich späteren Zeitpunkt im Produkt-/Leistungs-Lebenszyklus zum Einsatz, nämlich dann,
wenn eine beworbene Leistung/Produkt bereits eine hohe Marktreife erreicht hat und in den
Leistungswerten deutlich stagniert. Die Verantwortlichen stehen dann vor der Frage, ob sie
die entsprechende Leistung/Produkt vom Markt nehmen und durch ein Neuprodukt ersetzen
( Einführungswerbung) oder aktive Leistungspflege betreiben, um den Leistungs- bzw.
Produktlebenszyklus zu verlängern.
Im Gegensatz zur Rebrush-Werbung ist bei der Relaunch-Werbung die Veränderung des Produktes bzw. der Kommunikation grundlegend. D.h. der Reifegrad von Produkt/Leistung und
Marke ist weit fortgeschritten und notwendige Rebrushs wurden seit dem Launch unterlassen,
sodass das Produkt radikal auf einen veränderten Markt bzw. Konsumentenbedürfnisse ausgerichtet werden muss.
Die Ergebnisse der Experten-Interviews verdeutlichen, dass sowohl die Rebrush- wie auch die
Relaunch-Werbung zwar auf Neukunden zielt, sich darunter aber auch zahlreiche ehemalige
Kunden befinden, für die das Produkt in der Vergangenheit einmal eine größere Relevanz hatte bzw. die es in der Vergangenheit regelmäßig verwendet haben. Ihnen soll die bereits geläufige Leistung bzw. Produkt oder Marke in neuer Form präsentiert werden, um einmal vorhandene Begehrlichkeit zu reaktivieren.
Grundsätzlich ist bei der Unterscheidung zwischen Follow-up-, Rebrush- und RelaunchWerbung als Untervarianten der Expansionswerbung zu berücksichtigen, dass die Übergänge
fließend sind und die jeweiligen Phasen abhängig von der Art des Produktes, der Markt- bzw.
Branchenentwicklung zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzen und andauern können.
748
ESCH, 2005, S. 145 f. ; HAEDRICH/TOMCZAK, 1990; TROMMSDORFF, 2002, S. 357 ff.; TOMCZAK/REINECKE/KAETZKE, 2002, S. 479
749
TROMMSDORFF, 2002, S. 362 f.
262
Oftmals ist es nach Aussage einiger befragter Experten auch so, dass statt eines notwendigen
Relaunchs des Kernproduktes diverse line extensions (z. B. neue Geschmacks- oder Größenvarianten eines Produktes) auf Produktebene initiiert werden, um die Marktposition in Summe
zu stabilisieren. Damit werde der Stagnationsprozess von Leistung und Marke jedoch nur verschleiert und im schlimmsten Fall ein ungesteuerter Kannibalisierungsprozess in Gang gesetzt.
Neben der bereits diskutierten Abgrenzungsproblematik zwischen „Leistungspflege“ und
„Leistungsinnovation“ verdeutlicht die notwendige Ausdifferenzierung des Archetyps Expansionswerbung eine weitere Unschärfe in der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF, nämlich
die fehlende Differenzierung zwischen Neukunden, die erstmalig eine Produkt bzw. eine Leistung beziehen und Neukunden, die eine Leistung bzw. ein Produkt in der Vergangenheit bereits einmal oder mehrfach erworben haben, dies jedoch seit längerem nicht mehr tun und
deshalb als „alte Neukunden“ gezielt zurückgewonnen werden sollen.
Zur Relaunch-Werbung als Untervariante der Expansionswerbung zählen Kampagnen, bei
denen die kommunikative bzw. funktionale Leistungspflege dazu dient, in der Vergangenheit
verloren gegangene Kunden (als Neukunden) zurückzugewinnen und damit einen in den Erfolgskennzahlen deutlichen Stagnationsprozess in einen nachhaltigen Wachstumsprozess zu
drehen. Die Relaunch-Werbung gehört analog zur Launch-Werbung zu den im Sprachgebrauch der Werbepraxis gängigen Werbestrategien.
Den zwei vorgestellten Kampagnenbeispielen zur Relaunch-Werbung (Balisto, Drei Wetter
Taft) sind folgende Charakteristika gemeinsam:
•
Relaunch-Werbung hat einen besonderen, nahezu an die Einführungswerbung heranreichenden, strategischen Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen.
Dies resultiert aus dem in der Regel hohen und kapitalintensiven Entwicklungsaufwand
sowie einer absolut prioritären Bedeutung im Marketing-Mix des jeweiligen Produktes
bzw. der jeweiligen Leistung.
•
Daraus resultierend wird für Relaunch-Werbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget
und den übrigen Kampagnen überproportional hohes Kommunikations- wie auch Mediawerbungs-Budget eingesetzt, das jedoch tendenziell unter dem für Einführungswerbung
liegt.
•
Mediawerbung hat - analog der Einführungswerbung - zur breiten Penetration der Relaunch-Botschaft eine sehr große Bedeutung.
•
TV wird als strategisches Kampagnen-Leitmedium eingesetzt und dominiert in der Regel
auch den Budgeteinsatz (Ausnahme Balisto).
•
Die Rückgewinnung von Relevanz und Präferenz auf Basis eines deutlichen Imageshifts
sind die zentralen Kommunikationsziele der Relaunch-Werbung.
263
•
Die Positionierung ist substantiell verändert. Daraus resultiert eine neue Werbebotschaft.
•
Es findet eine deutliche Abkehr von den bisherigen Copy-Elementen statt mit Ausnahme
der Corporate Identity (Markenlogo, Claim).
Indikatoren
Ausprägung
Budget
Überdurchschnittliches Budget
Media-Mix
Sehr hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV
Kommunikative Ziele
Imagekorektur, Awareness
Positionierung u. Botschaft
Deutliche Modifikation gegenüber der Einführungswerbung
Copy
Deutlicher Bruch mit traditionellen Gestaltungselementen
Abbildung 63: Charakteristika des Archetypus Relaunch-Werbung
Quelle: Eigene Darstellung
7.2.3 Schlussfolgerungen für den Archetyp Loyalitätswerbung
Zwar konnten vier Kampagnenbeispiele für Loyalitätswerbung identifiziert und analysiert
werden (T-Com, McDonald’s, Sparkasse), jedoch fällt auf, dass dieser Archetyp im Vergleich
zur Einführungs- oder Expansionswerbung bzw. deren Varianten Follow-up-, Rebrush- und
Relaunch-Werbung deutlich seltener zum Einsatz kommt und dementsprechend vielen Befragten als Begrifflichkeit plausibel, aber nicht gängig erschien. Dies ist sicherlich – trotz aller
gegenteiligen Behauptungen – im in der Unternehmenspraxis immer noch disproportionalen
Stellenwert der Bindung bestehender Kunden gegenüber der Akquisition von Neukunden begründet.750 So wird das Ziel der Kunden-Loyalisierung häufig verwässert durch die geplante
Parallelansprache von Neukunden. Die Konsequenz daraus ist: Zwischen den beschriebenen
expansiven Werbestrategien Follow-up-, Rebrush-, und Relaunch-Werbung mit unterschiedlich stark ausgeprägten loyalisierenden Teilzielen und der Loyalitätswerbung mit einer anteiligen Neukundenansprache bestehen zwangsläufig Überlappungen. Ein maßgeblicher Grund
dafür liegt jedoch sicherlich im Untersuchungsfokus auf massenmediale Kommunikation, die
per se nicht zielgruppenpräzise (im Hinblick auf Bestands- vs. Neukunden) sein kann.
Ein weiterer Grund für die fehlende Resonanz bei den Praktikern ist jedoch auch, dass Loyalisierungsmaßnahmen sich häufig auf punktuelle taktische Maßnahmen beschränken, die vorrangig direkt im Vertrieb, der Verkaufsförderung (z. B. durch Couponing) oder des DirektMarketing stattfinden und nur selten auch werblich in Form einer breit angelegten MediaKampagne begleitet werden.751 Wenn dies geschieht, dann weil der Adressatenkreis entsprechend groß ist und es zudem – aus Gründen der Marktstruktur - keine direkten Endkundenkontakte auf Basis entsprechender Kontaktdaten gibt. Dies trifft auf die vorgestellten Kampagnen zu Bertolli, McDonald’s als Franchise-Unternehmen und den Sparkassen-Verbund als
Dachorganisation sowie auf die Mehrheit der Automobil-Hersteller (Volkswagen, Ford,
Toyota) zu.
750
751
UEBEL/HELMKE/DANGELMAIER, 2004, S. 11 ff.
HIPPNER/WILDE, 2006, S. 5 ff.
264
Auffällig ist, dass darüber hinaus größere mediale Loyalisierungskampagnen vor allem dann
initiiert werden, wenn Monopol- bzw. Quasi-Monopolpositionen beendet werden bzw. ihre
Beendigung droht. Dazu gehört die vorgestellte Fallstudie T-Com des Ex-Monopolisten Deutsche Telekom. Weitere Beispiele finden sich auch unter den im Zuge der StrommarktLiberalisierung erstmalig entstandenen zahlreichen Endkundenkampagnen der Energieversorger. Ein Beispiel für eine quasi präventive Loyalisierungskampagne ist die PostbotenKampagne von Deutsche Post WorldNet, in der die traditionelle Qualität und Zuverlässigkeit
des Postzustelldienstes des Noch-Monopolisten – in Abgrenzung zu den sich formierenden
privaten Wettbewerbern beworben wird.752
Die vorgestellten Kampagnenbeispiele zur Loyalitätswerbung (T-Com, McDonald’s, Sparkasse) weisen folgende Charakteristika auf:
•
Loyalitätswerbung hat einen der Einführungswerbung vergleichbar hohen Stellenwert in
der Marketingstrategie des jeweiligen Unternehmens bzw. im jeweiligen Marketing-Mix.
Die Erklärung dafür könnte sein: Wenn generell eher taktisch motivierte flankierende
Loyalisierungsmaßnahmen einen eigenen Kampagnenstatus erreichen, ist eine hohe strategische Relevanz die Voraussetzung dafür.
•
Daraus resultierend wird für Loyalitätswerbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und
den übrigen Kampagnen eher überproportionales Kommunikations- wie auch Mediawerbungsbudget eingesetzt.
•
Mediawerbung hat gegenüber anderen Kommunikationsinstrumenten einen unterproportional strategischen und budgetären Stellenwert.
•
Für Loyalitätswerbung wird TV zwar als strategisches Kampagnenleitmedium eingesetzt,
wobei dieses Instrument aber nicht (immer) den höchsten Anteil am Budget haben muss.
Dagegen haben nicht-mediale Kommunikationsinstrumente wie Direkt-Marketing oder
Verkaufsförderungs-Maßnahmen eine deutlich strategische und budgetäre Relevanz.
•
Als zentrale Kommunikationsziele stehen bei der Loyalitätswerbung die Stabilisierung
bzw. Rückgewinnung von Relevanz- und Präferenzwerten im Fokus.
•
Im Hinblick auf die Positionierung und die daraus abgeleitete Werbebotschaft besteht bei
der Loyalitätswerbung eine hohe Varianz. Loyalisierungsmaßnahmen in Verbindung mit
einer Repositionierung (Kampagnenbeispiele Sparkasse, T-Com) –vergleichbar der
Rebrush-Werbung – weisen entsprechend deutlicher Konsistenz zur bisherigen Werbekommunikation auf als Loyalisierungswerbung, die bewusst auf das bestehende, starke
Markenprofil setzt (Kampagnenbeispiele McDonald’s).
•
Überwiegend werden etablierte Gestaltungselemente im Sinne einer hohen Wiedererkennbarkeit eingesetzt, wobei der Umfang vom Reifegrad der beworbenen Leistung und
dem daraus resultierenden Veränderungsbedarf (analog der Rebrush-Werbung) abhängt.
Testimonials haben für Loyalitätswerbung keine bzw. nur geringe Relevanz.
752
DEUTSCHE POST WORLD NET, 2007
265
Indikatoren
Budget
Media-Mix
Kommunikative Ziele
Positionierung u. Botschaft
Ausprägung
Gegenüber allen anderen Archetypen eher durchschnittlich
Geringerer Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV
Relevanz, Präferenz
Sehr unterschiedliche Konsistenzgrade abhängig von der
Marketingsituation und dem Reifegrad der beworbenen
Leistung
Copy
Wiederverwendung etablierter Gestaltungselemente, geringe
Relevanz von Testimonials
Abbildung 64: Charakteristika des Archetypus Loyalitätswerbung
Quelle: Eigene Darstellung
Die im Gegensatz zur Einführungs- und Expansionswerbung fehlende Relevanz von Testimonials wurden von den befragten Experten in folgender Weise begründet:
•
Testimonials können in der Regel ein Produkt erfolgreich bekannt machen oder zu einer
aktualisierten Wahrnehmung beitragen, jedoch vertreten sie (gerade wenn es sich um
Prominenten handelt) selten glaubhaft eine enge und lange Beziehung zu einem Produkt
bzw. einer Werbung.
•
Testimonials werden, gerade wenn sie bereits sehr erfolgreich für ein Produkt geworben
haben, sehr teuer. Der kommunikative Zugewinn resultierend aus ihrer weiteren Verpflichtung steht dann häufig in keinem effizienten Verhältnis zum Kostenaufwand.
Diese Aussagen stehen allerdings z. T. im Widerspruch zur Kampagnenpraxis, in der beispielsweise der TV-Moderator Thomas Gottschalk bereits seit 14 Jahren für den Süßwarenhersteller Haribo wirbt und damit einen Guiness-Rekord für das „längste Werbeverhältnis
zwischen einem Testimonial und einem werbetreibenden Unternehmen“ aufgestellt hat.753
Die Überlappung von Loyalitätswerbung mit den drei expansiven Archetypen zeigt sich auch
konzeptionell-kreativ. So ist die McDonald’s-Kampagne in ihrer konzeptionellen sowie formell-kreativen Stringenz der Follow-up-Werbung sehr ähnlich. Der Image-Shift der Sparkassen-Kampagne kommt den Charakteristika einer Rebrush-Werbung nahe. Die T-ComKampagne hat dagegen in ihrer radikalen Umsetzung fast die Qualität einer RelaunchWerbung.
Dennoch erscheint die Loyalitätswerbung als eigenständiger Archetyp sinnvoll, da die ihr
zugrundeliegenden Zielsetzungen sich deutlich von denen der übrigen Archetypen unterscheiden. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das unklarer erscheinende Profil des Archetypus
Loyalitätswerbung maßgeblich dem Untersuchungsfokus auf massenmediale Werbung geschuldet ist. So wurden häufig von den befragten Kampagnenverantwortlichen Loyalisie753
NETZEITUNG , 2006, Ausgabe vom 12. Januar
266
rungseffekte als erweitertes Kampagnenziel genannt, ohne dass diese jedoch in der Zielplanung spezifiziert wurden. Eine Ausweitung der empirischen Prüfung auf weitere Kommunikationsinstrumente (insbesondere Verkaufsförderung und Point-of-Sale-Maßnahmen) würde
wahrscheinlich ein prägnanteres Bild dieses Archetyps ergeben.
7.3 Kompetenzen – Voraussetzungen für den Konsistenz-Fit
Abgeleitete Forschungsfrage: „Welche Kompetenzen beeinflussen die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien?“
Die Untersuchungsergebnisse (siehe dazu ausführlich Kapitel 6.2) zeigen eine Reihe von Faktoren auf, die sowohl als Kompetenzen auf der Unternehmens- wie auf der Mitarbeiterebene
die Entwicklung erfolgreicher Werbestrategien maßgeblich beeinflussen (siehe Abbildung).
Unternehmensebene:
Strukturell-organisatorische Kompetenzen
• Institutionalisierter Planungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozess
• Umfassende, strategiegeleitete, konsistente, iterative, mehrstufige Vorgehensweise
• Integrierte Kommunikationsorganisation
• Strategiegeleitete Budgetplanung
• Planning-Ressourcen und multidisziplinäre Experten-Teams
• Personelle Kontinuität und fixierte Arbeitsprofile
• Langfristige Partnerschaft zwischen Unternehmen und Dienstleistern
• Leistungsgerechte Vergütung
• Kommunikationssynchrone Vertriebsarbeit
Mitarbeiterebene:
Personell-kulturelle Kompetenzen
•
•
•
•
•
•
•
Kreativität
Analysefähigkeit und StrategieKompetenz
Beherrschung von ProjektmanagementTechniken
Kommunikations-, Kooperations- und
Integrationsfähigkeit und -bereitschaft:
Fähigkeit zur Risikoreduktion
Risikobereitschaft
Fähigkeit zur Fokussierung
Abbildung 65: Notwendige Kompetenzen
Quelle: Eigene Darstellung
Eine Reihe der skizzierten Grundprobleme in Verbindung mit den dazu komplementären Lösungsansätzen gleichen grundsätzlich denen komplexer, interdisziplinärer Projekte in anderen
Branchen und Bereichen754, wobei jedoch bestimmte Ausprägungen spezifisch sind. Dazu ge-
754
Vgl. BOHINC, 2006; LITKE, 2007; KRAUS/WESTERMANN, 1998; KESSLER/WINKELHOFER, 2007
267
hört auf Unternehmensebene insbesondere der institutionelle Integrationsgrad der unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen und ihrer entsprechenden Leistungsträger sowie auf
Mitarbeiterebene die Bedeutung von Kreativität in Verbindung mit einer entsprechenden Risikobereitschaft.
Damit ergibt sich aus der Untersuchung ein erstes Grundgerüst, das in der Folgeforschung –
insbesondere im Hinblick auf die Interdependenzen zwischen einzelnen Kompetenzen – analysiert werden muss.
7.4 Zwischenfazit: Erkenntnisgewinn
Insgesamt wurde mit der vorliegenden Untersuchung folgender Erkenntnisfortschritt gegenüber dem bisherigen Forschungsstand erreicht:
•
Eine Konsolidierung und Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Systematisierung
von Werbestrategien (insbesondere die von BIDLINGMAIER, KROEBER-RIEL und
ESCH sowie BRUHN) auf Basis der ANSOFFSCHEN Produkt-Markt-Matrix als Ordnungsrahmen sowie unter Berücksichtigung bekannter Begriffe und Konzepte im Markenund Produktmanagement755 zu einem Modell aufgabenorientierter Werbestrategien;
•
Eine erste explorative Detaillierung der Modellskizze auf Basis von 16 KampagnenFallstudien mit entsprechenden Implikationen für die Werbestrategie-Archetypen;
•
Eine Identifizierung modellrelevanter Indikatoren (Budget, Media-Mix, Positionierung,
Werbebotschaft, Ziele, Copy) als Kernelemente einer Werbestrategie, die Analyse ihrer in
Bezug auf die jeweiligen Archetypen charakteristischen Ausprägungen sowie eine erste
Bewertung ihres Erklärungswertes und Berücksichtigung des Involvementcharakters der
beworbenen Produkte.
Im nachfolgenden Kapitel 8.1 werden auf dieser Grundlage die grundsätzlichen Einschränkungen zu den jeweiligen Erkenntnissen diskutiert und der entsprechende weitere Forschungsbedarf (Kapitel 8.2) aufgezeigt.
In Kapitel 8.3 wird dann gemäß der festgestellten Defizite in den Kapiteln 2.4 und 3.4 abschließend ein Entwurf für ein ideales Werbeplanungs-Prozessmodell skizziert, in das die
aufgabenorientierten Werbestrategien als Kernelement integriert sind.
755
Stellvertretend vor allem BECKER, 2007; BURMANN/MEFFERT, 2007, ESCH, 2007
268
8. Fazit
8.1 Limitationen
Grundsätzlich ist an der vorliegenden Untersuchung ihr explorativer Charakter mit den entsprechenden möglichen Defiziten im Hinblick auf Repräsentativität und Validität kritisch zu
bewerten.756 Wie jedoch in Kapitel 5 umfassend dargestellt wird, bedingt die theoretische
Ausgangslage ein qualitatives Vorgehen, um zunächst zu einem tauglichen Modell aufgabenorientierter Werbestrategien zu gelangen, das dann nachfolgend auch quantitativ überprüft
werden kann.
Limitationen im Hinblick auf die Aussagekraft und Gültigkeit der Untersuchungsergebnisse
bestehen konkret in vierfacher Hinsicht:
1. Ausreichende Repräsentativität im Hinblick auf das Auswahlprinzip;
2. Vollständigkeit und Objektivität der erfassten Daten;
3. Kausalität des kommunikativen Erfolges im Hinblick auf den Mediafokus;
4. die Intra- und Interkonsistenz von Werbestrategien.
Ausreichende Repräsentativität im Hinblick auf das Auswahlprinzip
Wie in der Erörterung der Forschungsmethodik (siehe Kapitel 4) dokumentiert, erfolgte die
Kampagnenauswahl auf Basis der Top 50 der deutschen Unternehmen mit den höchsten Werbeausgaben im Geschäftsjahr 2006 (siehe Anlage) in Verbindung mit einem best practiceapproach. Die Begründung dafür ist die Annahme, dass ein – proportional und absolut betrachtet – maximaler Kapitaleinsatz für Werbemaßnahmen positiv mit dem Know-How, der
Relevanz und Professionalität zum Thema Werbekommunikation in den entsprechenden Unternehmen korreliert. Der Best Practice-Approach korreliert mit dieser Annahme in der Weise, dass nach dem Prinzip „Von den Besten lernen“ vorrangig Beispiele erfolgreicher Kommunikation analysiert werden, um die ihnen gemeinsamen – nicht situativ und strukturbedingten – Erfolgsprinzipien zu identifizieren.
Kritisch an diesem Auswahlprinzip ist folgendes zu bewerten:
•
Die Top 50 der Werbetreibenden in Deutschland wird dominiert von Konsumgüterherstellern (32 %). Anbieter von Dienstleistungen (insbesondere im Bereich Finanzen und Versicherungen) sind eher unterrepräsentiert, weil sie einen proportional kleineren Teil ihrer
Marketing- bzw. Kommunikationsbudgets für/in Mediawerbung investieren. Gleichzeitig
sind im Bereich der Werbetreibenden für High-Involvement-Produkte ausschließlich Au-
756
Vgl. dazu MAYRING, 2002, S. 9
269
tomobilproduzenten vertreten. Durch eine möglichst ausgewogene Auswahl von Fallstudien zu Kampagnen aus unterschiedlichen Branchen (siehe Kapitel 6.1) wurde versucht,
diesem Rechnung zu tragen.
•
Das Auswahlprinzip lässt kleine und mittelständische Unternehmen unberücksichtigt.
Damit wird ihren – möglicherweise spezifischen - Werbemaßnahmen gerade unter dem
Einfluss kleinerer Werbebudgets nicht Rechnung getragen.
•
Der Best Practice-Approach fördert potentiell eine Erfolgsdarstellung der entsprechenden
Kampagnen im Sinne einer Post-Rationalisierung: Unter der „Überschrift“ Best Practice
wird jeder Kampagnenaspekt gegebenenfalls in Richtung Erfolg umgedeutet.
Vollständigkeit und Objektivität der erfassten Daten
Ebenso ist die Vollständigkeit und Objektivität der Befragungsergebnisse grundsätzlich kritisch zu hinterfragen. Durch die Wahl von leitfadenbasierten Face-to-Face-Interviews als Forschungsmethodik, die Gestaltung des Leitfadens (die Integration von Kontrollfragen) sowie
die Befragung mehrerer Verantwortlicher und Experten (Fachjournalisten, Wettbewerber) zu
einer Kampagne wurde zwar eine möglichst umfassende und kritisch-differenzierte Analyse
und Bewertung angestrebt. Letztlich bleibt jedoch im Hinblick auf den Forschungsgegenstand
und das Thema die Problematik bestehen, dass der kommunikative Werbeerfolg im Hinblick
auf gängige Erfolgsgrößen wie gestützte/ungestützte Bekanntheit und Präferenz zwar grundsätzlich objektiv erfassbar ist, die kampagnenbezogene Operationalisierung (Auswahl der für
die Kampagne relevanten Erfolgsgrößen, Bestimmung angemessener Zielwerte) aber subjektiv bleibt.
Diese subjektive Zielvorgabe ist allerdings durch interne und externe Plausbilitätsprüfungen
(Vergleich mit anderen Kampagnen des Unternehmens, Vergleich mit der Werbeaktivität der
Wettbewerber) z. T. zumindest validier- und entsprechend differenzierbar. Maßgeblich erschwert wird dieser Prozess allerdings durch die offensichtlich gängige Praxis der PostRationalisierung, d.h. von den Werbeverantwortlichen werden zu den erzielten Erfolgen einer
Kampagne nachträglich die passenden Zielarten und -größen definiert.757 Diese gängige Praxis ist nach Aussage von Dr. Henning von Vieregge, Geschäftsführer des Gesamtverbandes
Kommunikationsagenturen, die permanente und größte Herausforderung der Experten-Jury
zur Verleihung des Effie. Deshalb wurden bei den untersuchten Kampagnenbeispielen immer
mehrere Experten befragt, um solche Mechanismen „aufzudecken“ und die realen Ursprungsdaten zu generieren.
757
Konkret wurde diese Praxis auch bei drei der untersuchten Kampagnen festgestellt, wo die Fallstudie zur Effie-Einreichung signfikant mehr Ziele und Erfolgskriterien enthielt, als zuvor in den verschiedenen Interviews
dokumentiert worden waren.
270
Da insbesondere die Zielwerte stark von der Markt-, Wettbewerbs- sowie der Ausgangssituation des jeweiligen Unternehmens abhängig sind, fällt eine Bewertung von außen über angemessen ambitionierte Ziele und deren Erreichung deutlich schwerer. Dennoch wurde versucht, ein Maximum an Objektivität bei der Analyse der einzelnen Kampagnen durch die
Einbeziehung externer Expertenmeinungen (Journalisten, Verbandsmitglieder, Marktforscher)
sowie durch den Gesamtvergleich bzw. den spezifischen Wettbewerbsvergleich zu gewährleisten.
Drei der untersuchten Kampagnen wiesen absatzpolitisch deutliche Cross-Selling-Ansätze auf
(Bertolli, ING-DiBa und Sparkasse). Dennoch wurde die Idee von Cross-Selling-Werbung als
eigenständigem Werbestrategie-Archetyp für absatzbezogene Mediawerbung, die sich an
Endkonsumenten richtet (B-to-C), aufgrund der analysierten Fallbeispiele verworfen. Bei einer Ausweitung des Bezugsrahmens (insbesondere auf B-to-B-Werbung) wäre zu prüfen, ob
diese Entscheidung ebenso Gültigkeit hat.
Kausalität des kommunikativen Erfolges im Hinblick auf den Media-Fokus
Wie im Methodenteil beschrieben lag der Fokus der Untersuchung auf Mediawerbung bzw.
Media-dominierten Kampagnen. Dies ist insofern konsequent, weil Media bei den führenden
Werbetreibenden die Mehrheit des Kommunikationsbudgets ausmacht. Dennoch ist kritisch
zu hinterfragen, ob der in den Fallstudien dokumentierte kommunikative Erfolg ausschließlich
bzw. mehrheitlich der Einsatz von Media-Instrumenten zur Werbekommunikation zuzuschreiben ist oder inwiefern auch andere Kommunikationsinstrumente wie zum Beispiel Verkaufsförderungsmaßnahmen oder Event-Marketing einen Einfluss hatten. Außerdem zeigt
sich im Hinblick auf den Archetypus Loyalitätswerbung die besondere Relevanz von nichtmassenmedialen Kommunikationsinstrumenten.
8.2 Weiterer Forschungsbedarf
Aus den skizzierten Limitationen leitet sich weiterer Forschungsbedarf auf zwei Ebenen in
insgesamt vierfacher Weise ab:
Horizontal:
•
Ausweitung der empirischen Untersuchungsbasis;
•
Ausweitung des inhaltlichen Spektrums.
Vertikal:
•
Vertiefung auf Basis konkreter Anwendungsbeispiele;
271
•
Vertiefung im Hinblick auf die benötigten Kompetenzen.
Ausweitung der empirischen Untersuchungsbasis
Nachdem in der vorliegenden Untersuchung quasi explorativ Kerntypen aufgabenorientierter
Werbestrategien identifiziert wurden, müssten im nächsten Schritt diese Kerntypen auf breiterer Datenbasis auf Basis eines quantitativen Methodenansatzes (z. B. Befragung) validiert
werden. Zentrales Ziel wäre dabei, die Gültigkeit der identifizierten Archetypen zu überprüfen. Dabei wäre insbesondere der bereits belegte Einflusscharakter des Involvementgrades
gegenüber den Indikatoren zu präzisieren und der Erklärungswert der einzelnen Indikatoren
im Hinblick auf die Archetypen zu detaillieren.
Die Intra- und Interkonsistenz von Werbestrategien
Zur weiteren Forschungsperspektive gehört auch die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen
dem kommunikativen Erfolg einer Kampagne und dem Grad ihrer Übereinstimmung mit einem der vier Werbestrategie-Archetypen besteht. Voraussetzung dafür ist eine breitere empirische Basis, die auch Kampagnenbeispiele einschließt, die aufgrund einer objektiven Bewertung die gesetzten Ziele nicht erreicht haben, somit als wenig oder gar nicht erfolgreich waren.
Daran schließt auch die Frage der Interkonsistenz zwischen Werbe- und Marketingstrategie
an. Eine entsprechende forschungsleitende Fragestellung könnte lauten: „Besteht ein Zusammenhang zwischen dem kommunikativen Erfolg einer Kampagne und dem Grad ihrer Übereinstimmung mit der zugrunde liegenden Marketingstrategie.“ Theoretische Basis zur Typologisierung der Marketingstrategien könnte der beschriebene aufgabenorientierte Ansatz von
TOMCZAK ET AL.758 sein. In der nachfolgenden Abbildung sind den jeweiligen Kampagnen
die entsprechenden Kernaufgabentypen zugeordnet. Diese Marketing-Kernaufgabentypen wären nachfolgend in Bezug zu den jeweiligen Werbestrategie-Archetypen zu setzen.
Natürlich ist es in der Praxis denkbar, dass die Werbekommunikation eines Unternehmens –
analog zu seinen Marketing-Kernaufgaben – mehrere Aufgaben zu erfüllen hat. Dies wäre bei
der von REINECKE und TOMCZAK beschriebenen Typologie des „Mehrkämpfers“ zwangsläufig der Fall. So sind theoretisch 16 verschiedene Profil-Kombinationen denkbar. Im Hinblick auf die konkrete Umsetzung ergibt sich angesichts mehrerer Kombinationen zwangsläufig der Bedarf nach mehreren Kampagnen pro Aufgabe oder die Anforderungen an eine Kampagne, die mehrere Aufgaben zu erfüllen hat, wachsen deutlich. Dennoch ist davon auszugehen, dass es im Hinblick auf das Untersuchungsobjekt „Werbekampagne“ eine SchwerpunktAufgabe gibt, die diese Kampagne für eine bestimmte Leistung erbringen soll. Dementsprechend ist die Ableitungsgröße der aufgabenorientierten Werbestrategien nicht die Marketing758
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 f.
272
strategie des Unternehmens bzw. der selbständigen Geschäftseinheit insgesamt, sondern die
einzelne Produkt- bzw. Dienstleistungs-Marketingstrategie.
Leistung/Marke
Audi Q7
Balisto
Bertolli
BILDmobil
Dove pro•age
Drei Wetter Taft
Eucerin
Gillette Fusion
ING-DiBa
Mc Donalds
Dr. Oetker Paula
Sparkasse
T-Com
Rama Cremefine
Touareg
VW Golf
Kunden-Fokus
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Kundenbindung
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Kundenbindung
Kundenbindung
Kundenbindung
Kundenakquisition
Kundenbindung
Kundenbindung
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Kundenakquisition
Leistungs-Fokus
Leistungsinnovation
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungsinnovation
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungsinnovation
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungspflege
Leistungsinnovation
Leistungsinnovation
Leistungspflege
MarketingKernaufgaben-Typ
Trendsetter
Multiplizierer
Potentialausschöpfer
Trendsetter
Multiplizierer
Multiplizierer
Trendsetter
Potentialausschöpfer
Potentialausschöpfer
Potentialausschöpfer
Multiplizierer
Potentialausschöpfer
Potentialausschöpfer
Trendsetter
Trendsetter
Multiplizierer
Abbildung 66: Übersicht Fallstudien nach Marketingaufgaben-Typologien
Quelle: Eigene Darstellung
Auch hierfür wird neben einer entsprechenden Fallzahl eine ausreichende Zahl von weniger
erfolgreichen beziehungsweise erfolgslosen Werbekampagnen benötigt, um zu einer ausreichenden Plausibilität zu kommen.
Darüber hinaus sollte die weitere Forschung – analog zu den Typen von Kernaufgabenprofilen von TOMCZAK und REINECKE759 – zu Aussagen über ihre Häufigkeit und Relevanz zu
kommen. Ebenso ist der bereits festgestellte Zusammenhang zwischen kommunikativen Erfolg und einer Inter- bzw. Intrakonsistenz im Detail weiter zu prüfen. Durch die Ausweitung
der Untersuchungsbasis könnte auch die Gegenprobe zum gewählten Best-Practice-Ansatz
gemacht werden, denn mit der Zahl der nach einem Zufallsprinzip ausgewählten Fälle würde
die Wahrscheinlichkeit steigen, auch Kampagnen zu erfassen, deren kommunikativer Erfolg
deutlich von den gesteckten Zielen abgewichen ist. Damit würde die Datenvarianz und somit
der Erklärungswert des Modells signifikant steigen.
Neben der Repräsentativität und Validität ist auch die Universalität des explorierten Modells
kritisch zu bewerten. Die Datenbasis wurde ausschließlich im deutschen Werbemarkt generiert. Über gültige Ableitungen für andere Märkte kann nur spekuliert werden. Dementsprechend wäre eine weitere Forschungsperspektive die geografische Ausweitung der Untersuchung. Denkbar wäre z. B., im nächsten Schritt Kampagnen aus mehreren europäischen Län759
TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 ff.
273
dern zu untersuchen, um somit kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Alternativ könnten in einer Untersuchung die deutschen bzw. europäischen Kampagnen US-amerikanischen
gegenübergestellt werden.
Ausweitung des inhaltlichen Spektrums
Die untersuchten Kampagnenbeispiele illustrieren anschaulich die sinkende Bedeutung einer
Mono-Media-Strategie (mit Fokus auf TV-Werbung) in der deutschen Werbekommunikation
und die wachsende Bedeutung weiterer Werbeinstrumente wie insbesondere der Onlineinstrumente (siehe insbesondere die Fallstudie zum VW Golf) sowie nicht-medialer Kommunikationsinstrumente (siehe insbesondere Eucerin, ING-DiBa). Dieser wachsenden Bedeutung
ist in der Beschreibung der Fälle Rechnung getragen worden, indem fallbezogen auf besondere Aktivität u.a. in den Bereichen PR und Verkaufsförderung eingegangen wurde. Insbesondere die untersuchten Fallstudien zum Archetypus Loyalitätswerbung zeigen die strategische
Bedeutung von Nicht-Media-Werbekommunikation auf. Dementsprechend erscheint es sinnvoll, in einem nächsten Forschungsschritt das vorliegende Modell aufgabenorientierter Werbestrategien auch im Hinblick auf seine Gültigkeit für die übrigen Kommunikationsinstrumente systematisch zu überprüfen und insofern das Untersuchungsspektrum horizontal zu erweitern.
Vertiefung auf Basis konkreter Anwendungsbeispiele
Der vorliegenden Arbeit lag der Anspruch hoher Praxis-Relevanz zugrunde, weshalb auch im
Sinne eines maximalen Transferpotentials ein Best Practice-Approach gewählt wurde. Auf
Grundlage des Konzeptes der Aktionsforschung760 und nach dem Primat der Gestaltungsaufgabe nach ULRICH761 könnte in einem nächsten Forschungsschritt anhand eines vollständigen Kampagnen-Planungsprozesses für mehrere Unternehmen die Praxistauglichkeit des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien weiter falsifiziert werden. Eine solche praktische
Übung würde noch deutlicher und differenzierter aufzeigen, welche Voraussetzungen auf Seiten des Unterernehmens sowie der beteiligten Mitarbeiter notwendig sind.
Vertiefung im Hinblick auf die benötigten Kompetenzen
Ein zentrales Element im Theorem, das dem Modell aufgabenorientierter Werbestrategien von
TOMCZAK und REINECKE zugrunde liegt, sind die spezifischen Kompetenzen, die für die
erfolgreiche Bearbeitung der vier Kernaufgaben im Marketing notwendig sind. Die Frage der
benötigten Kompetenzen bei der Entwicklung und Umsetzung aufgabenorientierter Werbestrategien war in der vorliegenden Untersuchung nur ein Teilaspekt. Die generierten Erkennt760
761
KÜHN/GRÜNIG, 1986, S. 22; KROMREY, 2000, S. 515 ff.
ULRICH, 1981, S.14
274
nisse liefern die Basis für eine empirische Vertiefung. Besonderer Forschungsbedarf besteht
im Bereich der strukturellen Voraussetzungen (u.a. Ausbildungshintergrund, Jobprofile, Organisationsmodelle im Werbeplanungs-Management der Unternehmen und ihrer
Dienstleister) und Rahmenbedingungen (Arbeitsprozess mit dem Kunden, Vergütungsmodelle etc.). Während es für die USA und England bereits zahlreiche Publikationen und insbesondere empirische Untersuchungen762 zu diesem Themenbereich gibt – vor allem zum Aufgabenfeld und Stellenwert des für die Werbestrategie verantwortlichen Account-Plannings auf
Agenturseite – bestehen für den deutschen und europäischen Werbemarkt über die allgemeine
Darstellung von Berufsbildern und Ausbildungswegen763 hinausgehend noch erhebliche Forschungslücken.
8.3 Idealtypisches Werbeplanungsmodell für die Werbepraxis
Die Ergebnisse der Experten-Interviews zu den notwendigen Kompetenzen als Voraussetzung
für den erfolgreichen Einsatz des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien (siehe Kapitel
6.2) haben u.a. ergeben:
•
Es gibt in der Werbepraxis immer noch deutliche Effizienz- und Effektivitätsdefizite, insbesondere im strategischen Planungsbereich;
•
Die Ursache dafür liegt dafür u.a. in unzureichend definierten Ablauf- und Prozessstrukturen in Verbindung mit einer unklaren Verteilung von Ressourcen und Kompetenzen.
Damit wird der in Kapitel 2.3 angenommene Bedarf eines praxistauglichen Werbeplanungsmodells bestätigt. Wie in Kapitel 2.3 skizziert, weisen die bislang veröffentlichten Prozessmodelle zur Werbeplanung deutliche Defizite auf. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist dabei die
fehlende Stringenz der Modelle in Verbindung mit einer z. T. hohen phasenbezogenen Kleinteiligkeit.
Um zu einem besseren Ablaufmodell zu kommen, bietet sich der Transfer aus anderen Theoriekontexten an. Hier bieten sich konkret das Projektmanagement und insbesondere das EDVProjektmanagement an. Denn bei der Einführung einer neuen Software geht es analog zur
Werbekampagne um ein Projekt mit analytischen, konzeptionellen und gestalterischen Elementen. So gliedert sich ein exemplarischer Projektstrukturplan für ein Software-Projekt in
folgende Phasen: Ist-Analyse, Soll-Konzept, Design und Realisierung, Test, Implementierung
und Schulung.764
762
MORRISON/HALEY, 2006, S. 129; BARRY/PETERSON/TODD, 1987, S. 17; HACKLEY, 2003a, S. 239;
STEEL, 1998, S. 89; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 432
763
WEESER-KRELL, 1987; KAMMERER, 2005
764
PATZAK/RATTAY, 2004, S. 154
275
Analog dazu erfolgt die Einteilung des Werbeplanungsprozesses in vier Phasen:
1. Analyse;
2. Strategie;
3. Konzeption;
4. Kontrolle.
Budgetplan
Werbestrategie
Analyse
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxx
xxx
Strategie
xxxxxx
xxxxxx
Mediaplan
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
Gestaltungsplan
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxx xxxxxx
xxxxxx
xxx xxxxxx
xxx xxxxxx
xxx xxxxxx
xxx
xxx
Konzept
Umsetzung
Kontrolle
Abbildung 67: Idealtypisches Ablaufmodell zur Werbeplanung
Quelle: Eigene Darstellung
Die Analysephase umfasst die in der einschlägigen Literatur empfohlenen Maßnahmen zur
Situationsanalyse.765 Die Strategiephase (siehe Kapitel 3.2 Kernelemente der Werbestrategie) thematisiert zwar grundsätzlich bereits Themen der Konzeptphase, fixiert jedoch nur
Eckpunkte, um eine generelle „Stoßrichtung“ vorzugeben. Dementsprechend werden auf
Grundlage entsprechender Kernaussagen zu Budgetvolumen, Media-Mix und Copy-Strategie
in der Konzeptphase, Detailkonzepte (Budgetplan, Mediaplan, Copy-Konzept) abgeleitet, die
dann in der Umsetzungsphase (Werbemittelproduktion, -schaltung) operationalisiert werden.
Die Kontrollphase ein durchgängiger Parallelprozess, wobei sich in jeder Arbeitsphase aus
der Zwischenprüfung Erkenntnisse ergeben können, die quasi als iterative Schleifen zu einer
Modifizierung der Vorstufen führen.
Auf Basis dieses Phasenmodells wurden die identifizierten Kernelemente des Werbeplanungsprozesses (vgl. Kapitel 2.3) den jeweiligen Phasen zugeordnet und entsprechend spezifiziert. Aus den Einzelinterviews ergaben sich dabei zusätzliche Anregungen und Hinweise
zur Bedeutung einzelner Elemente und ihrer notwendigen Ausgestaltung.
Das entsprechend spezifizierte Phasenmodell wurde in den Expertenworkshops den Teilnehmern vorgestellt und insbesondere im Hinblick auf Vollständigkeit, Stringenz und Praxistaug-
765
BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.
276
lichkeit diskutiert. Entsprechende Hinweise und Anregungen wurden in das Modell eingearbeitet.
Die spezifische Qualität des Prozessmodells besteht darin, dass bereits in der ersten Phase der
Analyse strategiegeleitet vorgegangen wird. Somit wird vermieden, dass unsystematisch Daten um der Daten willen generiert werden und die Entwicklung einer konsistenten Werbestrategie bereits an der ineffizienten Bearbeitung dieser Daten scheitert.
Die Umsetzung der Analyse-Phase erfolgt in zwei Stufen:
1. Stufe Grobanalyse: Bestimmung des zugrundeliegenden Werbestrategie-Archetypen;
2. Stufe Feinanalyse: Spezifizierung der Werbestrategie.
Die Grobanalyse erfolgt auf Basis eines Entscheidungsbaums (siehe Abbildung). Die zentralen Filterfragen sind dabei folgende:
1. Welchen Innovationsgrad hat die beworbene Leistung bzw. das Produkt (neu/bestehend)?
2. An welche Kundengruppe soll die beworbene Leistung bzw. das Produkt vorrangig adressiert werden (Bestands-/Neukunden)?
3. Marken-/ Sortiments-/ Produktbezug bzw. Produkt-/ Leistungslebenszyklus:
a. Bei der Einführung einer neuen Leistung/ Produkt: Wie groß ist die Nähe zum bestehenden Sortiment bzw. den Produkten und den Marken (Dachmarke, Sortimentsmarke/-n,
Produktmarke-/n) des werbenden Unternehmens? Handelt es sich leistungs- bzw. markenbezogen um eine line extension oder eine Standalone-Einführung?
b. Bei der Pflege von bestehenden Leistungen/ Produkten: Wo steht die Leistung/ das
Produkt aktuell im Lebenszyklus? Welchen Reifegrad hat es? Ist die werbliche Kommunikation mit einer Veränderung der funktionalen Eigenschaften des Produktes verbunden? Wird
eine kommunikative Veränderung angestrebt?
4. Welchen Involvementcharakter (hoch, niedrig) hat die beworbene Leistung bzw. das Produkt?
Aus dieser Grobanalyse ergibt sich eine Zuordnung der geplanten Werbekommunikation zu
einem der drei Werbestrategie-Archetypen bzw. deren Untervarianten. Die Aussage über den
Involvementcharakter des beworbenen Produktes gibt zusätzliche Hinweise auf die Ausprägung der jeweiligen Kernelemente (z. B. Media-Mix). Zusätzlich zu diesen Kernelementen
sind situative Elemente zu berücksichtigen wie beispielsweise das einmalige Ereignis einer
Fußballweltmeisterschaft in Deutschland als zentraler Bestandteil der T-Com-Kampagne.
277
Analyse-Perspektiven
Kernelemente der Werbestrategie
Unternehmen
Stellenwert der Mediawerbung
Produkt/Leistung
Wahl des Leitmediums
Zielgruppe
Kommunikative Werbeziele
Markt
Positionierung, Werbebotschaft und Copy
Wettbewerb
Abbildung 68: Analyseebenen zur Werbestrategie-Entwicklung
Quelle: Eigene Darstellung
Davon ausgehend sind die allgemeinen Fragen der Werbeanalyse zu Markt, Kunden/ Zielgruppe, Produkt/ Leistung, dem Unternehmen sowie dem Wettbewerb766 z. T. entsprechend
zu spezifizieren: Während die Fragen zu den Analyseperspektiven „Unternehmen“, „Markt“
und „Wettbewerb“ über alle Archetypen hinweg gleich sind, variieren sie zu den Bereichen
„Produkt/ Leistung“ und „Zielgruppe“ deutlich. In der Anlage dieser Arbeit findet sich dazu
eine entsprechende Handlungsanleitung, mit deren Hilfe für die einzelnen Archetypen und ihre Varianten anhand von Schlüsselfragen die Kampagnen-Strategie auf Grundlage des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien ausgestaltet werden kann.
Die Antworten auf diese spezifischen Leitfragen bilden die Grundlage für die Prüfung, Bestätigung oder ggf. Modifikation der sich aus der Archetypen-Zuordnung abgeleiteten Ausprägung der Werbestrategie-Kernelemente. So kann z. B. die Information über die besonderen
Medien-Nutzungsgewohnheiten der anvisierten Zielgruppe dazu führen, dass Print statt TV
das Leitmedium in einer Einführungswerbung ist.
Diese Werbestrategie wird dann im gestaltenden Teil der nachfolgenden Werbekonzeptionsphase in den Bereichen Werbegestaltung und Mediaplanung detailliert.
766
BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.
278
8.4 Fazit und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit wurde auf Basis bestehender Ansätze zur Systematisierung von
Werbestrategien ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien entwickelt, validiert und
praxisbezogen dargestellt. Kernbestandteil dieses Modells aufgabenorientierter Werbestrategien sind drei Archetypen von Werbestrategien mit entsprechenden Untervarianten:
1. Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung),
2. Expansionswerbung (Follow-up-, Rebrush- und Relaunch-Werbung),
3. Loyalitätswerbung.
Diese drei Archetypen unterscheiden sich signifikant im Hinblick auf den Charakter der beworbenen Leistung (Leistungspflege vs. Leistungsinnovation), den Zielgruppenfokus (Neuvs. Bestandskunden), die Höhe des Budgets, die kommunikativen Werbeziele, Positionierung
und Werbebotschaft, den Stellenwert der Mediawerbung im Kommunikationsmix sowie die
Wahl des Leitmediums.
Das Modell aufgabenorientierter Werbestrategien soll sicherstellen, dass auf Basis der identifizierten Archetypen die definierten Marketing-Kernaufgaben eines Unternehmens konsistent
und stringent in eine adäquate Werbekommunikation übersetzt werden.
Auf Basis von 16 Fallstudien zu unterschiedlichen Media-dominierten Werbekampagnen
deutscher Unternehmen verschiedener Branchen wurden die drei unterschiedlichen Archetypen in ihrer systematischen Zuordnung und ihren spezifischen Charakteristika definiert.
Grundlage dafür waren Interviews mit unmittelbaren Kampagnenverantwortlichen auf Kunden- und Agenturseite sowie mit Wettbewerbern und unabhängigen Experten aus den Bereichen der Verbände sowie Fachpublizistik. Deren kampagnenspezifische Aussagen wurden im
Rahmen von Experten-Workshops aus einer übergreifenden Perspektive kreuzvalidiert. Darüber hinaus wurde in der explorativen Untersuchung festgestellt, welche strukturellorganisatorischen und personell kulturellen Kompetenzen die Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung aufgabenorientierter Werbestrategien als Teil eines integrierten Kommunikationsmanagementprozesses bilden.
Anhand der Kampagnenbeispiele wurde verdeutlicht, dass die verschiedenen Werbestrategiemodelle eher den Charakter von Denkprinzipien haben, in denen kreative Ausnahmen die
Regel bestätigen, und sich der kommunikative Werberfolg einer Kampagne nicht in der Art
vom Checklisten erarbeiten lässt. Im Fokus steht dagegen die Einheit von Marketingstrategie
und Werbekommunikation. Die Untersuchungsergebnisse legen die Bedeutung dieser InterKonsistenz auf Basis einer hohen Übereinstimmung von Marketing-Kernaufgaben- und Werbestrategie-Typen nahe.
Somit stellt das in dieser Arbeit entwickelte Modell aufgabenorientierter Werbestrategien sicher, dass die leistungs- bzw. produktbezogene Marketingstrategie analog zur Werbestrategie
279
entwickelt wird und damit die Grundlage für eine maximale Effektivität der eingesetzten
Maßnahmen gewährleistet ist.
Die Voraussetzung für die Relevanz und Wirksamkeit aller EffizienzOptimierungsmaßnahmen insbesondere im Mediabereich bildet die Entscheidung für die richtige Werbestrategie als Effektivitätsfrage. Das Modell aufgabenorientierter Werbestrategien
bietet dafür den entsprechenden praxistauglichen Begriffs- und Definitionsrahmen. Angesichts des wachsenden Kapitaleinsatzes sowie der hohen Komplexität in Verbindung mit einer
immer stärker globalen und multimedialen Werbekommunikation wird die Bedeutung von
Werbestrategien als Teil eines systematischen Werbeplanungsprozesses steigen. Das hat entsprechende Konsequenzen für die notwendige Qualität der Arbeitsprozesse und insbesondere
den Professionalitätsgrad der verantwortlichen Akteure.
280
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302
Anhang
•
Prozessmodelle zur Werbeplanung
•
Übersicht der Interviewpartner und Workshop-Teilnehmer
•
Übersicht Top 50 Werbetreibende Unternehmen
•
Interview-Leitfäden in den Varianten A,B,C
•
Handlungsanleitung Werbestrategie-Definition
•
Kampagnenelemente aus den untersuchten Fallstudien
303
Prozessmodelle zur Werbeplanung
Werbeplanungsprozess nach NYLEN, 1980, S. 72
304
Werbeplanungsprozess nach ROTH, 1981, S. 624
305
Werbeplanungsprozess nach ASSAEL, 1985, S. 390
306
Werbeplanungsprozess nach ROGGE, 1988, S. 35
307
Werbeplanungsprozess nach BEREKOVEN, 1995, S. 17
308
Werbeplanungsprozess nach BEHRENS, 1996, S. 142
309
Werbeplanungsprozess nach BRUHN, 2005a, S. 299
310
Übersicht der Interviewpartner und Workshop-Teilnehmer
Interview-Partner zu den Fallstudien:
Leistung/Marke
Interviewpartner
Audi Q7
Fr. Jagoda Low-Becic, Head of Internat. Advertising Audi AG**
Nils Wollny, Strategic Planner kempertrautmann**
Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA*
Malte Dammann, Marketing Director Mars**
Maren Jens, Strategic Planner Scholz & Friends Hamburg*
Dr. Jörg Goll, JGM Unternehmensberatung u. Effie Jury-Mitglied*
Christina Müller, Brand Manager Bertolli**
Volker Schütz, Chefredaktion Horizont**
Thomas Brindöpke, Projektleiter Werbung & Marketing BILD*
Dr. Markus Dömer, Leiter BILD Merchandising*
André Lascheit, Strategic Planner BBDO Berlin**
Tanja Kindler, Brand Manager Dove*
Illona Elspass, Accoutant Ogilvy Düsseldorf**
Georg Lutter, Marketingleiter Eucerin*
Wolfram Gollin, Werbeleiter Styling Henkel Schwarzkopf**
Kristina Debiel, Beratung TBWA Düsseldorf**
Georg Lutter, Marketingleiter Eucerin*
Heike Brünjes, Beratung FCB**
Dr. Jörg Goll, JGM Unternehmensberatung u. Effie Jury-Mitglied*
Laura Posler, Brand Manager Gillette**
Sandra Vent, Accountant BBDO Düsseldorf**
Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA*
Waltraud Niemann, Werbung/Kommunikation ING*
Katharina Wiehrdt, Beratung Wüschner • Rohwer • Baier**
Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA*
Susan Schmidt, Department Head Marketing**
Carina Eickmann, Beratung Heye & Partner**
Stefan Krüger, Chefredaktion Werben & Verkaufen**
Axel Kampmann. Marketing Manager Dr. Oetker**
Karin Ferber, Group Accountant Director BBDO**
Angela Wisken, Chefredaktion Lebensmittel Zeitung**
Dr. Lothar Weissenberger, Leitung Werbung DSGV*
Michael von Bach, Chef Planner Jung von Matt Hamburg*
Sven Grümer, Marketing T-Com*
Hans Albers, Geschäftsführung Tribal DDB**
Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA*
Anke Fydrich, Produktmanager Rama*
Achim Rietze, Planner Jung von Matt Hamburg*
Axel Kampmann. Marketing Manager Dr. Oetker**
Veronika Ziegaus, Produktmarketing Volkswagen**
Peter Stroeh Group Head Beratung Grabarz und Partner**
Ralf Maltzen, Leiter Internetmarketing Volkswagen**
Niklas Feuerle, Accountant DDB*
Balisto
Bertolli
BILDmobil
Dove pro•age
Drei Wetter Taft
Eucerin
Gillette Mach5
ING-Diba
Mc Donalds
Dr. Oetker Paula
Sparkasse
T-Com
Rama Cremefine
Touareg
VW Golf
* Persönliches Interview, **telefonisches Interview
Interviewdatum
19.11.07
20.11.07
21.11.07
26.10.07
12.11.07
20.11.07
4.05.07
3.05.07
19.11.07
19.11.07
20.11.07
5.11.07
7.11.07
6.12.07
17.12.07
21.12.07
6.12.07
6.12.07
20.11.07
18.12.07
19.12.07
21.11.07
23.11.07
27.11.07
21.11.07
2.06.07
3.6.07
9.7.07
14.11.07
16.11.07
17.10.07
29.10.07
1.11.07
9.11.07
12.11.07
21.11.07
12.11.07
19.11.07
14.11.07
2.4.07
1.11.07
5.12.07
6.12.07
Interviewdauer in
Min.
60
75
180
120
90
180
80
70
100
100
45
80
50
90
140
60
90
40
180
50
110
180
135
70
180
55
45
40
100
70
50
140
130
140
70
180
80
190
100
35
55
110
125
311
Übersicht Top 50 Werbetreibende Unternehmen in Deutschland
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
Werbevolumen in Mio. €
Unternehmen
2005,0
2006 Entw.
Media-Markt/Saturn
454,4
396,8 -12,7%
Lidl
359,1
346,2
-3,6%
Unilever
325,6 2341,2 619,0%
Procter & Gamble
304,1
293,5
-3,5%
Aldi
275,7
263,8
-4,3%
L'Oreal
275,4
222,5 -19,2%
Axel Springer Verlag
242,8
275,7 13,6%
Ferrero
242,4
245,4
1,2%
Gruner+Jahr
184,2
158 -14,2%
T-COM
169,7
99,6 -41,3%
VW
168,6
188,5 11,8%
Danone
168,0
143,1 -14,8%
Beiersdorf
163,7
140,4 -14,2%
C&A
152,6
173,5 13,7%
DSGV
145,5
126,9 -12,8%
Opel
15,3
153,8 905,2%
Toyota
139,5
144,8
3,8%
Reckitt Benckiser
137,8
162,5 17,9%
DaimlerChrysler
133,0
107,7 -19,0%
Mc Donalds
127,1
119,4
-6,1%
T-Mobile
125,2
93,9 -25,0%
Schlecker
122,1
90,7 -25,7%
E-Plus
120,8
65,2 -46,0%
Renault-Nissan
117,5
122,6
4,3%
Mars
109,2
101,5
-7,1%
Audi
105,4
63,3 -39,9%
Ford
103,4
99,6
-3,7%
Peugeot
98,8
93,5
-5,4%
Gillette
95,8
58,4 -39,0%
Coca-Cola
94,7
95,8
1,2%
O2
93,7
82,3 -12,2%
Citroen
88,8
90,3
1,7%
Jamba
87,8
136,8 55,8%
Kraft Foods
87,6
73,1 -16,6%
WAZ
84,9
54,6 -35,7%
Henkel
84,7
98,3 16,1%
Tchibo
79,2
71,5
-9,7%
Schwarzkopf & Henkell 79,1
68,1 -13,9%
Vodafone
76,9
96,9 26,0%
BMW
76,5
56,1 -26,7%
Dr. Oetker
75,6
63,6 -15,9%
Edeka
73,4
80,3
9,4%
Karstadt
72,0
69,2
-3,9%
Volksbanken Raiffeisen 71,8
65,7
-8,5%
Heinrich Bauer Verlag
70,6
77,5
9,8%
Müller Molkerei
70,1
77,5 10,6%
Penny
69,8
113,3 62,3%
Glaxo Smith Kline
69,7
51,7 -25,8%
Rewe
68,2
34,3 -49,7%
ING-DIBA
66,6
62,2
-6,6%
Segmente
Handel
Konsumgüter
Dienstleistungen
Investitionsgüter
Insgesamt
Firmen
9
21
10
10
50
%
Budget
18,0% 1466,1
42,0% 4975,9
20,0%
948,9
20,0% 1120,2
100,0% 8511,1
Branche
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Medien
Konsumgüter
Medien
Dienstleistung
Automobil
Konsumgüter
Konsumgüter
Konsumgüter
Dienstleistung
Automobil
Automobil
Konsumgüter
Automobil
Dienstleistung
Dienstleistung
Dienstleistung
Automobil
Konsumgüter
Automobil
Automobil
Automobil
Konsumgüter
Konsumgüter
Dienstleistung
Automobil
Dienstleistung
Konsumgüter
Medien
Konsumgüter
Konsumgüter
Dienstleistung
Automobil
Konsumgüter
Dienstleistung
Medien
Konsumgüter
Konsumgüter
Dienstleistung
%
17,2%
58,5%
11,1%
13,2%
100,0%
312
Interview-Leitfäden
Interview-Leitfaden, Variante A „Werbetreibende Unternehmen“
Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,
herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt
möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten
Kampagnenbeispiels aus Ihrem Unternehmen sprechen.
Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so
dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu ergänzen.
Das Interview hat drei Teile. Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu ihrem
Unternehmen und ihrer Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über
das konkrete Kampagnenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich
dann gerne mit Ihnen über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen sprechen und Ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Prozess.
I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person
1. Für welchen Bereich innerhalb Ihres Unternehmens sind Sie werbeverantwortlich? (Bitte
nur eine Nennung)
Gesamtunternehmen
Regionale Vertriebsgesellschaft
Geschäftseinheit für folgende (s) Produkt (e) /Sortiment (e)/Marke (n)
Geschäftseinheit für folgende Kundengruppe (n)
1. Der gewählte Bereich erzielte 2006 einen Gesamtumsatz in Höhe von
______ Mio. € mit
______ Mitarbeitern
2. Wie hoch waren in 2006 die Ausgaben für Kommunikation insgesamt bzw. für MediaWerbung?
______ Mio. € für Kommunikation insgesamt
313
______ Mio. € für Mediawerbung insgesamt
4. Welcher Branche ist Ihr Unternehmen zuzuordnen?
Konsumgüter
Industriegüter
Dienstleistung
5. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?
__________________________________________________________________
6. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)
____________________________________________________________________
I1. Marketing- und Werbestrategie für das Produkt/ die Leistung XY
7. Welche Marketing-Kernaufgaben standen in der Ausgangssituation zur Werbekampagne
für das Produkt/die Leistung XY im Fokus? Welche der nachfolgenden waren in den vergangenen drei Jahren aus Ihrer Sicht besonders wichtig, welcher weniger bzw. gar nicht?
Wie schätzen Sie die Wichtigkeit in den kommenden Jahren ein?
Marketing-Kernaufgaben
Im Hinblick auf die Kam- Heute und in der der weipagne …
teren Zukunft …
Gar nicht
Sehr
Gar nicht
Sehr
wichtig
wichtig
wichtig
wichtig
Neue Kunden gewinnen
Bestehende Kunden binden/ durchdrin- gen
Neue Leistungen/Produkte entwickeln/ einführen
Bestehende
verbessern
Leistungen
pflegen/ 8. Bitte beschreiben Sie in wenigen Sätzen die weitere Markt- und Wettbewerbssituation für
das Produkt/die Leistung XY zum Ausgangspunkt der Kampagne? Mit welchen Herausforderungen war das Produkt konfrontiert? Welche Anforderungen ergaben sich daraus
für die Werbekommunikation?
314
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
9. Wann (Monat/Jahr) ist die Kampagne gestartet worden? Wann ist Sie beendet worden?
Start: ______ Ende: ______
10. Mit dem Produkt/ der Leistung XY stand im Zentrum der Kampagne:
Ein neues Produkt/Leistung mit folgender Markentechnik (Neumarke, Line-Extension)
Ein bestehendes Produkt/Leistung
Sonstiges: ________________________
11. Diese Kampagne richtete sich vor allem an:
Neukunden
Bestehende Kunden
Neukunden UND bestehende Kunden gleichermaßen
Sonstiges: ________________________
12. Wie hoch schätzen Sie den Involvement-Charakter von Produkt/Leistung XY bei Ihrer
Kernzielgruppe ein?
Sehr geringes Involvement
Sehr hohes Involvement
13. Welches Positionierung lag für das Produkt/die Leistung XY bzw. die Marke XY der
Kampagne zugrunde? War diese Positionierung identisch mit der bisherigen Positionierung
_________________________________________________________________________
14. Wie würden Sie den Charakter der Werbebotschaft Ihrer Kampagne bewerten? Eher informativ oder eher emotional?
Sehr ausgeprägt emotional
sehr ausgeprägt informativ
315
15. Bitte beschreiben Sie mir in wenigen Sätzen das Kernziel, den Inhalt der Kampagne sowie
deren Kernbotschaft an den Konsumenten?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
16. Wenn Sie auf Grundlage der beschriebenen Zielsetzung die Kampagne für das Produkt/
die Leistung XY in folgendes Grundmodell aufgabenorientiertes Werbestrategien einordnen müssten, welchem der vier Kerntypen entspricht Ihre Kampagne am ehesten?
Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien
Neukunden
„Kunden-Akquisition“
Bestandskunden
„Kundenbindung“
Bestehende Leistung/Produkt
„Leistungspflege“
Expansionswerbung
Loyalitätswerbung
Neue Leistung/Produkt
„Leistungsinnovation“
Einführungswerbung
Cross-Selling-Werbung
17. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherweise dagegen?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
18. Wie hoch war das Kommunikations-Budget für die Kampagne insgesamt?
______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________
19. Wie hoch war das Media-Werbebudget für die Umsetzung der Kampagne?
______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________
20. Wie verteilte sich dieses Mediawerbungs-Budget ungefähr auf die eingesetzten Kommunikationskanäle?
316
Kanal
Budgetanteil
in %
TV
Print
Internet
Radio
Kino
Insgesamt
100 %
21. Was der Kommunikationskanal mit dem höchsten Budgetanteil zugleich Leitmedium in
der Kampagne?
Ja
Nein
Sonstiges: ________________________
22. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar
nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)?
gar nicht erfolgreich
sehr erfolgreich
23. Was sind die Gründe für diese Bewertung?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
24. Welche ökonomischen und kommunikativen Erfolgskennzahlen wurden in der Planungsphase/bzw. im Agenturbriefing festgelegt? Für welche geschah dies in Verbindung mit
absoluten, für welche mit einem eher groben Richtungswert? Welche Kennzahlen (Top 3)
waren Ihnen im Hinblick auf die Erfolgsbewertung besonders wichtig?
25. In welchem Umfang wurden diese Erfolgskennzahlen erreicht?
Ökonomische
Kennzahlen
Fixiert wurde diese Kennzahl …
mit
einem
Besonders
wichtig
festen mit einem groben Rich(Top 3)
Erreichungsgrad
Wert (absolut oder
prozentual)
tungswert (z.B. deutlich
höher)
1.
Top
%
2.
Top
%
3.
Top
%
317
4.
Top
%
5.
Top
%
Fixiert wurde diese Kennzahl …
Besonders
wichtig
Erreichungsgrad
mit
(Top 3)
Kommunikative
Kennzahlen
einem
Wert (absolut oder
mit einem groben Richtungswert (z.B. deutlich
prozentual)
höher)
festen
1.
Top
%
2.
Top
%
3.
Top
%
4.
Top
%
5.
Top
%
26. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den erzielten Erreichungsgrad? Was waren Erfolgstreiber der Kampagne und welche Aspekte haben es deutlich erschwert, bzw. unmöglich gemacht die gesetzten Zielwerte zu erreichen?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
27. Gab es weitere Erfolgs-Kennzahlen, die in der Planung noch keine Rolle gespielt hatten,
aber aus Ihrer heutigen Sicht bei der Erfolgsbewertung der Kampagne berücksichtigt werden müssten?
Kennzahl
Relevanz-Gründe
28. Gab es neben dem Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen
sowie der Werbebotschaft noch weitere aus Ihrer Sicht wichtige Charakteristika der Kampagne? Wenn ja, welche sind das?
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
318
29. Wenn Sie Ihrer Kampagne die zeitnahe Kampagne Ihres wichtigsten Wettbewerbers für
ein Konkurrenzprodukt/-leistung gegenüberstellen, zu welchem Werbestrategie-Grundtyp
würden Sie dessen Kampagne zuordnen?
30. Welche Stärken und welche Schwächen sehen Sie in der Kampagne Ihres Wettbewerbers?
Stärken ☺
-
Schwächen -
31. Wurde/wird die Kampagne zum Produkt/Leistung XY fortgesetzt?
Ja
Nein
Sonstiges: ________________________
32. Wenn Antwort „Ja“: In welcher Werbestrategie-Variante (bestehende, neue) wird die
Kampagne fortgesetzt? Welche Besonderheiten weist sie im Vergleich zur VorläuferKampagne im Hinblick auf Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen sowie der Werbebotschaft auf?
Wenn Antwort „Nein“: Was sind die Gründe für die Nicht-Fortsetzung?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
33. Wenn Sie sich über die diskutierte Kampagne hinaus alle Kampagnen Ihres Unternehmens
in den letzten Jahren vergegenwärtigen, erscheint Ihnen eine Einordnung dieser unterschiedlichen Kampagnen in das vorgestellte Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien möglich und sinnvoll? Gibt es Aspekte die die Zuordnung erschweren? Wenn ja,
welche sind das?
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
319
III. Werbeplanungsprozess
34. Können Sie bitte den bei Ihnen im Unternehmen üblichen Werbeplanungsprozess ausgehend von der Marketingstrategie- bis zur Umsetzung für eine Werbekampagne skizzieren.
Welches sind die zentralen Arbeitsschritte in diesem Prozess? Welche Personen sind
wann und in welcher Weise in diesen Prozess involviert? Welche Dokumente bilden die
Grundlage für das gemeinsame Arbeiten?
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
35. Wenn Sie sich den Planungsprozess vieler Kampagnen in Ihrem Unternehmen vergegenwärtigen, was sind maßgebliche Hürden für die Realisierung erfolgreicher Werbekommunikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die notwendigen Kompetenzen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompetenzen sind strukturellorganisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen, welche personellkultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteiligten?
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
Herzlichen Dank für das Gespräch!
320
Interview-Leitfaden, Variante B „Dienstleister“
Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,
herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt
möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten
Kampagnenbeispiels eines Ihrer Kunden sprechen.
Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so
dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu ergänzen.
Das Interview hat drei Teile: Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu Ihrer
Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über das konkrete Kampagnenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich dann gerne mit Ihnen
über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen sprechen und Ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Prozess.
I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person
1. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?
__________________________________________________________________
2. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)
____________________________________________________________________
3. In welcher Weise waren Sie an der Kampagne zum Produkt/Leistung XY beteiligt? Was
waren Ihre Aufgaben und Kompetenzen?
____________________________________________________________________
I1. Die Marketing- und Werbestrategie für das Produkt/ die Leistung XY
4. Welche Marketing-Kernaufgaben standen in der Ausgangssituation zur Werbekampagne
für das Produkt/die Leistung XY im Fokus? Welche der nachfolgenden waren in den ver-
321
gangenen drei Jahren aus Ihrer Sicht besonders wichtig, welcher weniger bzw. gar nicht?
Wie schätzen Sie die Wichtigkeit in den kommenden Jahren ein?
Im Hinblick auf die Kam- Heute und in der der weipagne …
teren Zukunft …
Marketing-Kernaufgaben
Gar nicht
Sehr
Gar nicht
Sehr
wichtig
wichtig
wichtig
wichtig
Neue Kunden gewinnen
Bestehende Kunden binden/ durchdrin- gen
Neue Leistungen/Produkte entwickeln/ einführen
Bestehende
verbessern
Leistungen
pflegen/ 5. Bitte beschreiben Sie in wenigen Sätzen die weitere Markt- und Wettbewerbssituation für
das Produkt/die Leistung XY zum Ausgangspunkt der Kampagne? Mit welchen Herausforderungen war das Produkt konfrontiert? Welche Anforderungen ergaben sich daraus
für die Werbekommunikation?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
6. Wann (Monat/Jahr) ist die Kampagne gestartet worden? Wann ist Sie beendet worden?
Start: ______ Ende: ______
7. Mit dem Produkt/ der Leistung XY stand im Zentrum der Kampagne:
Ein neues Produkt/Leistung mit folgender Markentechnik (Neumarke, Line-Extension)
Ein bestehendes Produkt/Leistung
Sonstiges: ________________________
8. Diese Kampagne richtete sich vor allem an:
Neukunden
Bestehende Kunden
Neukunden UND bestehende Kunden gleichermaßen
Sonstiges: ________________________
322
9. Wie hoch schätzen Sie den Involvement-Charakter von Produkt/Leistung XY bei Ihrer
Kernzielgruppe ein?
Sehr geringes Involvement
Sehr hohes Involvement
10. Welches Positionierung lag für das Produkt/die Leistung XY bzw. die Marke XY der
Kampagne zugrunde? War diese Positionierung identisch mit der bisherigen Positionierung
_________________________________________________________________________
11.
Wie würden Sie den Charakter der Werbebotschaft Ihrer Kampagne bewerten? Eher informativ oder eher emotional?
Sehr ausgeprägt emotional
sehr ausgeprägt informativ
12. Bitte beschreiben Sie mir in wenigen Sätzen das Kernziel, den Inhalt der Kampagne sowie
deren Kernbotschaft an den Konsumenten?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
13. Wenn Sie auf Grundlage der beschriebenen Zielsetzung die Kampagne für das Produkt/
die Leistung XY in folgendes Grundmodell aufgabenorientiertes Werbestrategien einordnen müssten, welchem der vier Kerntypen entspricht Ihre Kampagne am ehesten?
Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien
Neukunden
„Kunden-Akquisition“
Bestandskunden
„Kundenbindung“
Bestehende Leistung/Produkt
„Leistungspflege“
Expansionswerbung
Loyalitätswerbung
Neue Leistung/Produkt
„Leistungsinnovation“
Einführungswerbung
Cross-Selling-Werbung
323
14. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherweise dagegen?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
15. Wie hoch war das Kommunikations-Budget für die Kampagne insgesamt?
______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________
16. Wie hoch war das Media-Werbebudget für die Umsetzung der Kampagne?
______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________
17. Wie verteilte sich dieses Mediawerbungs-Budget ungefähr auf die eingesetzten Kommunikationskanäle?
Kanal
Budgetanteil
in %
TV
Print
Internet
Radio
Kino
Insgesamt
100 %
18. Was der Kommunikationskanal mit dem höchsten Budgetanteil zugleich Leitmedium in
der Kampagne?
Ja
Nein
Sonstiges: ________________________
19. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar
nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)?
gar nicht erfolgreich
sehr erfolgreich
20. Was sind die Gründe für diese Bewertung?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
324
_________________________________________________________________________
21. Welche ökonomischen und kommunikativen Erfolgskennzahlen wurden in der Planungsphase/bzw. im Agenturbriefing festgelegt? Für welche geschah dies in Verbindung mit
absoluten, für welche mit einem eher groben Richtungswert? Welche Kennzahlen (Top 3)
waren Ihnen im Hinblick auf die Erfolgsbewertung besonders wichtig?
22. In welchem Umfang wurden diese Erfolgskennzahlen erreicht?
Ökonomische
Kennzahlen
Fixiert wurde diese Kennzahl …
mit
einem
Besonders
wichtig
festen mit einem groben Rich(Top 3)
Wert (absolut oder
tungswert (z.B. deutlich
prozentual)
höher)
Erreichungsgrad
1.
Top
%
2.
Top
%
3.
Top
%
4.
Top
%
5.
Top
%
Kommunikative
Kennzahlen
Fixiert wurde diese Kennzahl …
mit
einem
Besonders
wichtig
festen mit einem groben Rich(Top 3)
Wert (absolut oder
tungswert (z.B. deutlich
prozentual)
höher)
Erreichungsgrad
1.
Top
%
2.
Top
%
3.
Top
%
4.
Top
%
5.
Top
%
23. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den erzielten Erreichungsgrad? Was waren Erfolgstreiber der Kampagne und welche Aspekte haben es deutlich erschwert, bzw. unmöglich gemacht die gesetzten Zielwerte zu erreichen?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
325
24. Gab es weitere Erfolgs-Kennzahlen, die in der Planung noch keine Rolle gespielt hatten,
aber aus Ihrer heutigen Sicht bei der Erfolgsbewertung der Kampagne berücksichtigt werden müssten?
Kennzahl
Relevanz-Gründe
25. Gab es neben dem Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen
sowie der Werbebotschaft noch weitere aus Ihrer Sicht wichtige Charakteristika der Kampagne? Wenn ja, welche sind das?
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
26. Wenn Sie Ihrer Kampagne die zeitnahe Kampagne Ihres wichtigsten Wettbewerbers für
ein Konkurrenzprodukt/-leistung gegenüberstellen, zu welchem Werbestrategie-Grundtyp
würden Sie dessen Kampagne zuordnen?
27. Welche Stärken und welche Schwächen sehen Sie in der Kampagne Ihres Wettbewerbers?
Stärken ☺
-
Schwächen -
28. Wurde/wird die Kampagne zum Produkt/Leistung XY fortgesetzt?
Ja
Nein
Sonstiges: ________________________
29. Wenn Antwort „Ja“: In welcher Werbestrategie-Variante (bestehende, neue) wird die
Kampagne fortgesetzt? Welche Besonderheiten weist sie im Vergleich zur Vorläufer-
326
Kampagne im Hinblick auf Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen sowie der Werbebotschaft auf?
Wenn Antwort „Nein“: Was sind die Gründe für die Nicht-Fortsetzung?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
30. Wenn Sie sich über die diskutierte Kampagne hinaus alle Kampagnen Ihres Unternehmens
in den letzten Jahren vergegenwärtigen, erscheint Ihnen eine Einordnung dieser unterschiedlichen Kampagnen in das vorgestellte Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien möglich und sinnvoll? Gibt es Aspekte die die Zuordnung erschweren? Wenn ja,
welche sind das?
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________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
III. Werbeplanungsprozess
31. Können Sie bitte den bei Ihnen im Unternehmen üblichen Werbeplanungsprozess ausgehend von der Marketingstrategie- bis zur Umsetzung für eine Werbekampagne skizzieren.
Welches sind die zentralen Arbeitsschritte in diesem Prozess? Welche Personen sind
wann und in welcher Weise in diesen Prozess involviert? Welche Dokumente bilden die
Grundlage für das gemeinsame Arbeiten?
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________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
32. Wenn Sie sich den Planungsprozess vieler Kampagnen in Ihrem Unternehmen vergegenwärtigen, was sind maßgebliche Hürden für die Realisierung erfolgreicher Werbekommunikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die notwendigen Kompetenzen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompetenzen sind strukturellorganisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen, welche personellkultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteiligten?
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________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
Herzlichen Dank für das Gespräch!
327
Interview-Leitfaden, Variante C „Externer Experte“
Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,
herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt
möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten
Kampagnenbeispiels sprechen.
Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so
dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu ergänzen.
Das Interview hat drei Teile. Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu ihrem
Unternehmen und ihrer Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über
das konkrete Kampagnenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich
dann gerne mit Ihnen über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen sprechen und Ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Prozess.
I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person
1. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?
__________________________________________________________________
2. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)
____________________________________________________________________
4. In welcher Weise sind Sie mit der Kampagne für das Produkt/Leistung XY vertraut? Was
ist Bezug zur Kampagne?
____________________________________________________________________
II. Zur Werbestrategie für das Produkt/Leistung XY
5. Wenn Sie die Kampagne für das Produkt/ die Leistung XY in folgendes Grundmodell aufgabenorientiertes Werbestrategien einordnen müssten, welchem der vier Kerntypen entspricht Ihre Kampagne am ehesten?
328
Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien
Neukunden
„Kunden-Akquisition“
Bestandskunden
„Kundenbindung“
„Leistungspflege“
Expansionswerbung
Loyalitätswerbung
Neue Leistung/Produkt
„Leistungsinnovation“
Einführungswerbung
Cross-Selling-Werbung
Bestehende Leistung/Produkt
6. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherweise
dagegen?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
7. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar
nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)?
gar nicht erfolgreich
sehr erfolgreich
8. Was sind die Gründe für diese Bewertung?
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
9. Wenn Sie sich den Planungsprozess zu verschiedenen Werbekampagnen vergegenwärtigen
vergegenwärtigen, was sind aus Ihrer Sicht maßgebliche Hürden für die Realisierung erfolgreicher Werbekommunikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die
notwendigen Kompetenzen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompetenzen sind strukturell-organisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen,
welche personell-kultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteiligten?
________________________________________________________________________
______________________________________________________________________
Herzlichen Dank für das Gespräch!
329
Handlungsanleitung Werbestrategie-Definition
Einführungswerbung für eine neue Leistung/Produkt ohne oder mit geringen Bezug
zum bestehenden Sortiment oder der bestehenden Marke (Launch-Werbung)
Produkt/Leistung:
•
Handelt es sich bei der beworbenen Leistung/dem Produkt um eine New-to-the-WorldInnovation oder ein Me-too-Produkt/Leistung?
•
Worin besteht die Leistung/Produkt konkret? Worin bestehen seine einzelnen Komponenten (Produkt-/Leistungskern, Verpackung, Preis, Distributionsform)?
•
Welches Bedürfnis auf Verbraucherseite wird durch das Produkt befriedigt? Welcher
funktional-rationale und welcher emotionale Nutzen sind mit dem Gebrauch der Leistung/des Produktes verbunden?
•
Warum soll man die Leistung/das Produkt kaufen? Welches Leistungsversprechen ist mit
dem Kauf verbunden?
Zielgruppe:
•
Wie groß ist die Zielgruppe der anzusprechenden Neukunden?
•
Handelt es sich um eine homogene Zielgruppe oder eine heterogene mit mehreren einzelnen Zielgruppen? Welche Bedeutung haben in diesem Fall die einzelnen Zielgruppen?
•
Wie ist die sozioökonomische Struktur dieser Zielgruppe/-n (Alter, Geschlecht, Familienstand, Milieu, Bildung, Beruf, Einkommen, Kaufkraft)? Wie ist ihre soziogeografische
Struktur (Wohn-, Arbeits-, Freizeitorte)? Welche soziopsychologische Struktur (Erfahrungen, Einstellungen, Meinungen, Selbstbilder, Wertebilder, Konsummentalität, MedienNutzungsverhalten) charakterisiert sie?
Einführungswerbung für eine neue Leistung/Produkt mit hohem Bezug zum bestehenden Sortiment oder der bestehenden Marke (Line-Extension-Werbung)
Produkt/Leistung:
•
Wie groß ist die Gemeinsamkeit bzw. inhaltliche Nähe der beworbenen Leistung/Produkt
zum bestehenden Angebot des Unternehmens und worin besteht diese (z.B. gleiche Leistung-/Produktkategorie, gleiche Anwendungsweise, gleicher Verwenderkreis, gleiche
Rohstoffe)?
•
In welcher Weise drückt sich diese Nähe kommunikativ aus? Soll die Leistung/das Produkt vollständig unter der Dach- oder Familien-/Sortimentsmarke des Produktes verkauft
werden? Ist die Einführung als Sub-Brand geplant?
330
•
Was sind die charakteristischen Merkmale der Dach- oder Familien-/Sortimentsmarke des
bestehenden Angebots?
•
Welche identischen und welche differierenden Bedürfnisse befriedigt die DiversifikationsLeistung/Produkt gegenüber dem bestehenden Angebot?
Zielgruppe:
•
Wie groß ist die Zielgruppe der anzusprechenden Neukunden?
•
Handelt es sich um eine homogene Zielgruppe oder eine heterogene mit mehreren einzelnen Zielgruppen? Welche Bedeutung haben in diesem Fall die einzelnen Zielgruppen?
•
In welcher Weise besteht aufgrund der Nähe zum bestehenden Angebot eine Leistungs/Produktrelevanz für die Bestandskunden? Sollen diese Kunden ebenfalls angesprochen
werden? Inwiefern bedingt ihre Adressierung eine von den Neukunden abweichende
Kommunikation?
•
Wie ist die sozioökonomische Struktur dieser Zielgruppe/-n (Alter, Geschlecht, Familienstand, Milieu, Bildung, Beruf, Einkommen, Kaufkraft)? Wie ist ihre soziogeografische
Struktur (Wohn-, Arbeits-, Freizeitorte)? Welche soziopsychologische Struktur (Erfahrungen, Einstellungen, Meinungen, Selbstbilder, Wertebilder, Konsummentalität, MedienNutzungsverhalten) charakterisiert sie?
Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem frühen Stadium des Lebens-Zyklus (Follow-Up-Werbung)
Produkt/Leistung:
•
Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungswerbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher
Weise ist die Leistung/das Produkt in der Einführungswerbung markentechnisch positioniert worden?
•
Gelten die in der Einführungswerbung kommunizierten Kaufgründe bzw. funktionalen
und emotionalen Mehrwerte weiterhin oder haben sie durch Veränderungen im Markt oder auf Wettbewerberseite an Bedeutung verloren oder sind gar obsolet geworden?
Zielgruppe:
•
Wie hoch ist die bereits erreichte Reichweite in der in der Einführungswerbung anvisierten Zielgruppe?
•
Gelten für die adressierten, aber bislang nicht erreichten Mitglieder der Zielgruppe besondere sozioökonomische, soziografische oder soziopsychologische Struktur-Merkmale?
Sind sie deshalb anders anzusprechen oder ist ihre erfolgreiche Akquise nur eine Frage der
Zeit?
331
•
Welche Botschaften der Einführungswerbung sind von der Zielgruppe in geplantem Maße
antizipiert worden? Welche nicht?
•
Welchen Stellenwert haben die Bestandskunden? Zielt die Follow-up-Werbung auch auf
ihre Loyalisierung? Wenn ja, steht dabei eine Stärkung der Bindung oder eine stärkere
Durchdringung im Fokus? Wenn ja, welche Botschaften sind dabei maßgeblich? Sind diese Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?
Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem fortgeschritten Stadium des Lebens-Zyklus (Rebrush-Werbung)
Produkt/Leistung:
•
Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungswerbung bzw. Follow-up-Werbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das Produkt in der Einführungswerbung markentechnisch positioniert worden?
•
Wodurch ist der fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leistung/Produkt
und die Marke gekennzeichnet? Geht der geplante kommunikative Rebrush auch mit einer
Veränderung der Leistung/des Produktes einher? Wenn ja, worin besteht diese Veränderung? Welche Implikationen haben solche Veränderungen an der beworbenen Leistung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und emotionalen Mehrwerte?
Zielgruppe:
•
Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter ausgeweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben
sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche
der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgruppe empfunden und beschrieben?
•
Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind
für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyalisierenden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?
Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem deutlich
fortgeschritten Stadium des Lebens-Zyklus (Relaunch-Werbung)
Produkt/Leistung:
•
Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungswerbung bzw. Follow-up-Werbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das Produkt bislang markentechnisch
positioniert worden?
332
•
Wodurch ist der deutlich fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leistung/Produkt und die Marke gekennzeichnet? Ist die Grundlage für den geplanten kommunikativen Relaunch auch eine signifikante Veränderung der Leistung/des Produktes?
Wenn ja, worin besteht diese Veränderung? Welche Implikationen hat diese Veränderung
an der beworbenen Leistung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und
emotionalen Mehrwerte?
Zielgruppe:
•
Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter ausgeweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben
sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche
der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgruppe empfunden und beschrieben?
•
Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind
für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyaliserenden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?
Loyalitätswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt mit einem höheren
Reifegrad
Produkt/Leistung:
•
Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind bislang (auf Basis einer Einführungs-, Follow-up-, Rebrush und/oder Relaunch-Werbung) kommuniziert worden? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das
Produkt bislang markentechnisch positioniert worden?
•
Wodurch ist der fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leistung/Produkt
und die Marke gekennzeichnet? Ist die angestrebte Loyalisierung verbunden mit einer
Veränderung der Leistung/des Produktes? Wenn ja, worin besteht diese Veränderung und
wie gravierend (Rebrush/Relaunch) ist sie? Welche Implikationen hat diese Veränderung
an der beworbenen Leistung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und
emotionalen Mehrwerte?
Zielgruppe:
•
Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter ausgeweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben
sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche
der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgruppe empfunden und beschrieben?
333
•
Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind
für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyaliserenden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?
334
Kampagnenelemente aus den untersuchten Fallstudien
Kampagnenelemente Audi Q7
335
336
Kampagnenelemente Balisto
337
338
Kampagnenelemente Bertolli
339
340
Kampagnenelemente BILDmobil
341
Kampagnenelemente Dove pro•age
342
Kampagnenelemente Drei Wetter Taft
343
Kampagnenelemente Eucerin
344
Kampagnenelemente Gillette Fusion
345
Kampagnenelemente ING-Diba
346
Kampagnenelemente McDonald’s
347
Kampagnenelemente Dr. Oetker Paula
348
Kampagnenelemente Sparkasse
349
350
Kampagnenelemente T-Com
351
352
Kampagnenelemente Rama Cremefine
353
Kampagnenelemente VW Touareg
354
Kampagnenelemente VW Golf
355
Curriculum Vitae
Philipp Stradtmann
Persönliche Daten
Geburtsdatum
Geburtsort
Nationalität
6. Juni 1973
Bocholt (Nordrhein-Westfalen)
deutsch
Ausbildung und Qualifikation
1983 - 1992
Besuch der Montessori Grundschule Düsseldorf
Abitur am Görres-Gymnasium Düsseldorf
1992 - 1994
Zivildienst in der Neurologischen Reha-Klinik Godeshöhe Bonn
1994 - 1998
Studium mit Abschluss als Diplom-Medienwissenschaftler an der Hochschule für Musik und Theater Hannover
2004 - 2005
Studium mit Abschluss als Diplom-Betriebswirt an der Business School
St. Gallen mit Schwerpunkt Controlling & strategische Unternehmensführung
2005 -2009
Promotionsstudium mit Abschluss als Dr. oec. an der Universität
St. Gallen (HSG)
Berufserfahrung
1998 - 2000
Project Manager und Senior Consultant bei iXL Germany Hamburg
2000- 2003
Berater bei der Pixelpark AG (Bertelsmann Group) in Berlin und Hamburg, zuletzt als Managing Director für den Standort Hamburg
2003-2004
Director eBusiness bei Foote Cone Belding (Interpublic Group of Companies) in Hamburg, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung FCBi
2004-2008
Leiter Unternehmensentwicklung der Martin-Braun-Gruppe (OetkerGruppe), Geschäftsführer Martin Braun Polen, Geschäftsführer Martin
Braun Ungarn und Leiter Sales international in Hannover
seit 2008
Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing der Wolf ButterBack KG
(Oetker-Gruppe) in Nürnberg
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