Staatsorganisationsrecht – Fall 2

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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
FB Grundkurs Öffentliches Recht I
Staatsorganisationsrecht – Fall 2
WS 2013/2014
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2

Allgemeines
I.
Allgemeinheit der Wahl
•
•
Wahlrechtsgrundsätze,
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
•

Unmittelbarkeit der Wahl
•
•

keine indirekte bzw. mittelbare Wahl (durch
dazwischengeschaltete Instanzen)
Wähler muss durch Wahlverfahren vor dem Wahlakt
erkennen können, welche Personen zur Wahl stehen
und wie sich Stimmabgabe auf (Miss-)Erfolg auswirkt
Freiheit der Wahl
•
•
12.11.2013
Wahlrecht steht grundsätzlich allen Staatsbürgern zu
kein unberechtigter Ausschluss der Staatsbürger von der
Teilnahme an der Wahl
Einschränkungen nur aus zwingenden Gründen
Ausübung des Wahlrechts ohne Zwang oder sonstige
unzulässige Beeinflussung von außen
Schutz durch strafrechtliche Vorschriften
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
1
12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2

Allgemeines
I.
Geheimheit der Wahl
•
Wahlrechtsgrundsätze,
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG

Gewährleistung, dass nur Wähler selbst von seiner
Wahlentscheidung Kenntnis hat
Gleichheit der Wahl
•
Zählwertgleichheit: jeder Wähler hat die gleiche Stimmen-
•
anzahl, jede abgegebene Stimme zählt als eine Stimme (one
man one vote)
Erfolgswertgleichheit: jede Stimme hat das gleiche Gewicht
bei der Zusammensetzung des Parlaments, also die gleiche
rechtliche Erfolgschance
 diese Fragen hat der Gesetzgeber (Art. 38 Abs. 3 GG)
zu regeln und Wahlrechtsgleichheit bedeutet für die
gesetzliche Ausgestaltung des Wahlsystems eine
unterschiedliche regulative Wirkung
3
12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2

Allgemeines
I.
II.
Art. 38 GG
•
Wahlrechtsgrundsätze,
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
Wahlsystem in Deutschland
•

über die Wahlrechtsgrundsätze hinaus keine Vorgaben
des Grundgesetzes zum Wahlsystem
Gesetzgeber zur näheren Ausgestaltung ermächtigt, Art.
38 Abs. 3 GG
Bundeswahlgesetz
Wahl des Bundestags „nach den Grundsätzen einer mit der
Personalwahl verbundenen Verhältniswahl“ (§6 Abs. 1 S. 2)
•
•
12.11.2013
relative Mehrheitswahl: mit Erststimme Wahl des Direktkandidats
(in 299 Stimmkreisen)
Verhältniswahl: mit Zweitstimme Wahl einer von mehreren durch
die politischen Parteien vorgeschlagenen Landeslisten
o wie viele Sitze eine Partei im Bundestag erhält, hängt alleine
vom Anteil der Zweitstimmen ab (§ 6 Abs. 2 BWG)
o von diesem Anteil wird die Zahl der für eine Partei anfallenden
Direktkandidaten abgezogen (§ 6 Abs. 4 BWG); der Rest wird
mit Listenkandidaten besetzt
 Bundestagswahlrecht: Grundcharakter der Verhältniswahl
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Allgemeines
I.
II.
Wahlrechtsgrundsätze,
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
Wahlsystem in Deutschland
12.11.2013
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/ba/Pers.Ver.Wahl.v4.svg
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Sicherstellung der Erfolgswertgleichheit
Allgemeines
I.
II.
Wahlrechtsgrundsätze,
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
Wahlsystem in Deutschland
 Abhängigkeit vom Wahlsystem
•
Mehrheitswahl: Stimmenmehrheit im Wahlkreis entscheidet über
gewählten Kandidaten; andere Stimmen bleiben ohne Auswirkung
auf die Zusammensetzung des Parlaments („erfolglos“)
 dafür gleich große Stimmkreise erforderlich
•
Verhältniswahl: jeder Wähler gleichen Einfluss auf Zusammensetzung des Parlaments, da die Anzahl der Stimmen verhältnismäßig auf die zu vergebenden Sitze umgerechnet werden
 exakte mathematische Umrechnung der Stimmen erforderlich

12.11.2013
Bundeswahlrecht hat Grundcharakter der Verhältniswahl und
daher muss Erfolgswertgleichheit durch möglichst exakte
mathematische Umrechnung des Wahlergebnisses erfolgen
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Aufbau der Normenkontrolle
Gutachten
Obersatz: Der Antrag hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig
(A.) und begründet (B.) ist.
A. Zulässigkeit
Obersatz: Es müssen alle Sachurteilsvoraussetzungen nach
Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m. § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG
vorliegen, damit das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht durchgeführt werden darf.
B. Begründetheit
Obersatz: Der Antrag ist begründet, wenn § 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1
BWG formell und/oder materiell verfassungswidrig ist.
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Zulässigkeit des Antrags
A. Zulässigkeit
Der Antrag der Landesregierung L auf abstrakte Normenkontrolle
ist zulässig, wenn die Sachurteilsvoraussetzunge nach Art. 93
Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m. § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG vorliegen.
12.11.2013
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Zuständigkeit des BVerfG
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
Die Zuständigkeit des BVerfG ergibt sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2
GG i.V.m. § 13 Nr. 6 BVerfGG.
12.11.2013
05.11.2013
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
Antragsberechtigung, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m.
§ 76 Abs. 1 BVerfGG
 Bundesregierung
 Landesregierung
 ¼ der Mitglieder des Bundestags
 hier: Landesregierung L (+)
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Antragsgegenstand, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m.
§ 76 Abs. 1 BVerfGG
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
III.Antragsgegenstand
 Bundesrecht oder Landesrecht
 jedoch nur geltende Normen
 hier: § 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BWG als Bundesgesetz (+)
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
III.Antragsgegenstand
IV.Antragsgrund
Antragsgrund, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m. § 76
Abs. 1 BVerfGG
 Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG: Meinungsverschiedenheiten/Zweifel
über die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz
 § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG: Antragsteller muss Norm für
nichtig halten
 (P) Antragsteller hat nur Zweifel an Verfassungsmäßigkeit
der Regelung und hält diese nicht auch für nichtig
12.11.2013
•
grds. nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG kein Antragsgrund
•
jedoch geht Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG als Norm des Grundgesetzes, das über dem einfachen Gesetzesrecht steht, vor
(Geltungsvorrang des Verfassungsrechts)
•
es genügen damit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines
Gesetzes, da einfaches Recht (§ 76 BVerfGG) Verfassungsrecht (Art. 93 GG) nicht verdrängen kann
•
hier: L hält 5 %-Klausel für verfassungswidrig und nach
beiden Regelungen liegt Antragsgrund vor
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Form, § 23 Abs. 1 BVerfGG
A. Zulässigkeit

I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
III.Antragsgegenstand
IV.Antragsgrund
V. Form und Frist
schriftlich und mit Begründung
Frist

eine Frist ist nicht einzuhalten
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Ergebnis
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
III.Antragsgegenstand
IV.Antragsgrund
V. Form und Frist
VI.Ergebnis
12.11.2013
Der Antrag der Landesregierung auf abstrakte Normenkontrolle
ist zulässig.
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Obersatz: Der Antrag ist begründet, wenn § 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1
BWG formell und/oder materiell verfassungswidrig ist.
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
II. Antragsberechtigung
III.Antragsgegenstand
IV.Antragsgrund
V. Form und Frist
VI.Ergebnis
I.
Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
a. Geschriebene Kompetenzen: Art. 70 ff. GG
b. Ungeschriebene Kompetenzen
B. Begründetheit
2. Gesetzgebungsverfahren, Art. 76 ff. GG
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
Gesetz darf inhaltlich nicht gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstoßen
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
Obersatz: Damit das Gesetz formell verfassungsmäßig ist,
müsste die Gesetzgebungskompetenz gegeben sein und das
Gesetzgebungsverfahren eingehalten worden sein.
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
12.11.2013
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Grundsatz des Art. 30, 70 I GG
A. Zulässigkeit
Länder haben das Recht zur Gesetzgebung, soweit das GG nicht
dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
1. Spezielle Kompetenzgrundlagen des Bundes
a) Art. 71-74 GG
 ausschließliche Gesetzgebung, Art. 71, 73 GG
 konkurrierende Gesetzgebung, Art. 72, 74 GG
b) Weitere wie Art. 4 Abs. 3, 21 Abs. 3, 38 Abs. 3 GG
2. Ungeschriebene Kompetenzen
 kraft Natur der Sache: Materie kann begriffsnotwendig nur
durch Bundesgesetz geregelt werden (bspw. Nationalfeiertag)
 kraft Sachzusammenhangs und Annexkompetenz: Materie
kann verständigerweise nicht geregelt werden, ohne dass
zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie
geregelt wird
12.11.2013
3. Hier: Art. 38 Abs. 3 GG
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
Von der Beachtung der Vorschriften des Gesetzgebungsverfahrens ist mangels entgegenstehender Angaben im
Sachverhalt auszugehen.
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Obersatz: Damit das Gesetz materiell verfassungsmäßig ist,
dürfte § 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BWG inhaltlich nicht gegen
Bestimmungen des Grundgesetzes verstoßen.
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
§ 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BWG könnte vorliegend verstoßen gegen
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit

den Grundsatz der Wahlgleichheit (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) und

den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien (Art. 23, Art. 3
Abs. 1 GG)
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
a)
Anwendungsbereich
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
Obersatz: Es müsste der Anwendungsbereich des Art. 38 Abs. 1
S. 1 GG eröffnet sein. Es ist zunächst zu klären, was unter der
„Gleichheit der Wahl“ zu verstehen ist.
 Zählwertgleichheit (s.o.)
 Erfolgswertgleichheit (s.o.)
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
b)
Eingriff in die Erfolgswertgleichheit (Verletzung)
A. Zulässigkeit
Obersatz: § 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BWG könnte in den Anwendungsbereich der Gleichheit der Wahl eingreifen.
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren

durch 5 %-Klausel bleiben alle Wählerstimmen, die auf die
Parteien entfallen, die weniger als 5 % der Stimmen für
sich gewinnen könnten, unberücksichtigt

es werden zahlreiche Wählerstimmen bei der Umrechnung
in Parlamentssitze nicht berücksichtigt

damit: Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit durch Verletzung
der Erfolgswertgleichheit

dies stellt eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den
Stimmen dar, die für Parteien abgegeben wurden, die bei
der Sitzverteilung berücksichtigt wurden.
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
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12.11.2013
Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
c)
Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
Obersatz: Der Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit könnte jedoch
gerechtfertigt sein. Dazu müsste eine Durchbrechung des Wahlrechtsgleichheitssatzes möglich sein.
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren

eine ausdrückliche Ausnahme ergibt sich weder aus
Art. 38 GG noch aus anderen Verfassungsbestimmungen

daher Ermittlung durch Auslegung
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Auslegung
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit

I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
Vergleich mit Mehrheitswahlrecht
•
dort viel größere Ungleichheiten, da im Extremfall bis zu 49,9 % der
Stimmen „erfolglos“ sein können
•
ein solcher „a maiore ad minus“-Schluss jedoch unzulässig, da
jedes Wahlsystem isoliert betrachtet werden muss
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
12.11.2013

Rechtfertigung aus personalisiertem Verhältniswahlrecht selbst
•
e.A.: streng formale Behandlung der Wahlrechtsgleichheit und
daher grds. keine Durchbrechung möglich
•
a.A.: Vergleich der Wahlrechtsgleichheit mit dem allgemeinen
Gleichheitssatz der Bürger (Art. 3 Abs. 1 GG) und Durchbrechung
möglich bei Vorliegen eines vernünftigen, sich aus der Natur der
Sache ergebender oder sonst irgendwie einleuchtenden Grunds
•
a.A.: kein Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 GG, da Strukturunterschiede
zum Wahlgleichheitsgrundsatz; jedoch folgt aus Art. 38 Abs. 1 S. 1
GG kein absolutes Differenzierungsverbot und Eingriffe sind aus
„zwingenden Gründen“ möglich
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Auslegung
A. Zulässigkeit

B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
Gründe, die für die dritte Ansicht sprechen
•
kein Vorrang eines einzelnen Verfassungsartikels und einzelne
Artikel sind im Licht aller übrigen Artikel auszulegen
•
zudem kein Vergleich mit Art. 3 Abs. 1 GG wegen Strukturunterschieden: Art. 3 Abs. 1 GG sieht selbst Ausnahmen vor
und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG ist stärker formalisiert
•
Ergebnis: Durchbrechung der Wahlrechtsgleichheit aus zwingenden
Gründen gerechtfertigt
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
bb) Durchbrechung aus zwingenden Gründen
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit

I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
bb) Durchbrechung aus
zwingenden Gründen
12.11.2013

Definition der „zwingenden Gründe“
•
„zwingende Gründe“ ergeben sich aus einer Gesamtschau des GG
•
in Art. 3 Abs. 2 und 3, Art. 21 Abs. 2 GG genannte Punkte keine
„zwingenden Gründe“ im Verständnis des Art. 38 GG
•
Wahrung der Funktionsfähigkeit des Parlaments als zwingender
Grund, um regierungsfähige Mehrheiten bilden zu können
Verhältnismäßigkeit der 5 %-Klausel als das zur Erreichung der
zwingenden Gründe eingesetzte Mittel
•
das zur Erreichung der zwingenden Gründe eingesetzte Mittel
muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.
•
legitimes Ziel: Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundestags
•
Geeignetheit (+)
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
•
Erforderlichkeit: es darf kein milderes, genauso wirksames Mittel
geben
o Mittel wie Unterschriftenquoren sind nicht genauso wirksam
o weitere Mittel greifen der Wählerentscheidung vor und sind
damit nicht milder
o Höhe der Zugangshürde liegt in der Einschätzungsprärogative
des Gesetzgebers (ein gerichtlicher Eingriff würde gegen das
Gewaltenteilungsprinzip verstoßen)
o hier: Erforderlichkeit (+)
•
Angemessenheit: Abwägung zwischen der vorgenommenen
Belastung (Eingriff in Erfolgswertgleichheit) und dem bezweckten
Erfolg (Funktionsfähigkeit des Parlaments)
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
bb) Durchbrechung aus
zwingenden Gründen
o überragende Bedeutung der Funktionsfähigkeit für
Zusammenleben in Gesellschaft
o damit keine völlig unangemessene Benachteiligung der
Wähler, die ihre Stimme einer Partei gegeben haben, die an
der 5 %-Hürde scheitert
12.11.2013
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
a)
Anwendungsbereich
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
Obersatz: Es müsste der Anwendungsbereich des Art. 21 Abs. 1
S. 2 GG eröffnet sein.
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren

Garantie der Freiheit der Parteigründung
•
daraus folgt die Anerkennung des Mehrparteiensystems und
damit die Freiheit der Betätigung als Partei, insb. auch die
Freiheit zur Mitwirkung an Wahlen
•
daraus folgt eine Chancengleichheit der Parteien (diese ergibt
sich auch aus der demokratischen Gleichheit)
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
bb) Durchbrechung aus
zwingenden Gründen
2. Art. 21, Art. 3 Abs. 1 GG
12.11.2013
b)
Eingriff
5 %-Klausel beeinträchtigt Chancengleichheit politischer Parteien.
c)
Rechtfertigung
Sperrklausel gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig zur Erreichung
des zwingenden Grundes der Funktionsfähigkeit des Parlaments
28
eingesetzt wurde (s.o.).
Wiss. Mit. Annika Schmidl
14
12.11.2013
AG Staatsorganisationsrecht – Fall 2
Endergebnis
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz
2. Gesetzgebungsverfahren
§ 6 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BWG ist formell und materiell verfassungsmäßig.
Die abstrakte Normenkontrolle wäre daher zulässig, jedoch
unbegründet.
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG
a) Anwendungsbereich
b) Eingriff
c) Rechtfertigung
aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Durchbrechung
der Wahlgleichheit
bb) Durchbrechung aus
zwingenden Gründen
2. Art. 21, Art. 3 Abs. 1 GG
C. Endergebnis
12.11.2013
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Wiss. Mit. Annika Schmidl
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