ERS ITÄT Wintersemester 2006/2007 U M · C UR · SCIENDO DO CENDO · Helmholtzstr. 20, Raum E 03 Tel. 0731 50 24264 IV L Institut für Wirtschaftspolitik ANDO · U N Dipl.-WiWi Kai Kohler Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften Universität Ulm [email protected] Übung 2 Geldmarkt 1 Einführung Geld, Geldfunktionen, Geldmengenaggregate 2 Das Geldangebot Geldschöpfung, Geldmenge und Geldbasis Geldschöpfungsmultiplikator, Mindestreservepolitik endogen bestimmte Geldmenge, Offenmarktpolitik 3 Die Geldnachfrage Transaktionen und Einkommen Kosten der Geldhaltung 4 Der Geldmarkt Herleitung der LM-Kurve Literatur: Mankiw, N.G., Makroökonomik, Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart, 5. Auflage 2003, Kapitel 4, 10 und 18, 4. Auflage 2000, Kapitel 7, 10 und 18. 1 B.1 Einführung B.1.1 Was ist Geld? Geld: Vermögensbestand, der zur Durchführung von Transaktionen verwendet wird. Geldfunktionen: • Tauschmittel (6= Doppelkoinzidenz von Bedürfnissen) • Recheneinheit (Vergleichbarkeit) • Wertaufbewahrungsfunktion (unvollkommenes Mittel wegen Inflation) B.1.2 Geldmengen Was erfüllt die Funktionen des Geldes? Bargeld C = M0 = + Sichteinlagen D = M1 = + Einlagen mit vereinbarter Laufzeit (bis 2 J.) oder mit vereinbarter Kündigungsfrist (bis 3 M.) = M2 = + Repogeschäfte und Schuldverschreibungen (bis 2 J.) = M3 = 2 C C+D C+D+S C+D+S+T B.2 Das Geldangebot Die verfügbare Geldmenge wird als Geldangebot M bezeichnet. Dabei versteht man unter M/P die reale Geldmenge, die die Kaufkraft des vorhandenen Geldvolumens misst (M P = X∗P P ). Die von der Zentralbank (ZB) zur Verfügung gestellte Geldbasis B ist geringer als die verfügbare Geldmenge M. B.2.1 Wichtige Begriffe C c M B Z r Ü D T S W Ö F RV K Bargeld Bargeldquote Geldmenge Monetäre Basis Mindestreserve Mindestreservesatz (Achtung: kein Zinssatz!) Überschussreserve Sichteinlagen Termineinlagen Spareinlagen Nettoauslandsforderungen bzw. Währungsreserven Nettoverschuldung des öffentlichen Sektors Kredite an Geschäftsbanken Reinvermögen Kredite an Nichtbanken 3 B.2.2 Die Geldschöpfung Aktive Geldschöpfung und -vernichtung: Banken “produzieren”Geld durch die Monetarisierung von Aktiva, d.h. die Bank erwirbt ein Aktivum, das kein inländisches Geld M ist und bezahlt mit Geld M. Zentralbankgeld entsteht, wenn ZB Aktiva monetarisiert, Geschäftsbankengeld entsteht, wenn GB Aktiva monetarisiert (aktive Geldschöpfung). Aktive Geldvernichtung liegt im umgekehrten Falle vor (Verkauf von Aktiva gegen Geld). Bilanz der Zentralbank Aktiva Währungsreserven W Banknotenumlauf C Nettoverschuldung des öff. Sektors Ö Mindesreserveinlagen Z Kredite an GB F Reinvermögen RV Passiva Bilanz der Geschäftsbank Aktiva Mindestreserveeinlagen Z Kredite an Nichtbanken K Devisen W Passiva Sichteinlagen der Nichtbanken D Zentralbankverschuldung F Bilanz der Haushalte Aktiva Bargeld C Devisen W Passiva 4 Passive Geldschöpfung und -vernichtung: Dies liegt immer dann vor, wenn eine Umstrukturierung der Passivseite stattfindet. Ein Beispiel für die passive Geldvernichtung ist die Umbuchung von Sichteinlagen in Bankschuldverschreibungen. Keine Geldschöpfung oder -vernichtung: Liegt vor, wenn Geld in eine andere Form von Geld umgewandelt wird. (Bsp.: Bargeld an Girokonto) Fragen: - Wie entsteht Zentralbankgeld (=Geldbasis) durch aktive Geldschöpfung? - Ändert sich die Geldmenge, wenn ZB Devisen von einer GB kauft? - Ändert sich die Geldmenge, wenn ZB Devisen von einem Haushalt kauft? 5 B.2.3 Der Geldschöpfungsmultiplikator Der Geldschöpfungsmultiplikator erklärt den Zusammenhang zwischen Geldbasis B und Geldmenge M. Geldbasis B der ZB besteht aus Bargeld C und Barreserven Z+Ü. B = C + Z + Ü mit Ü = 0 Die GB müssen einen bestimmten Teil der vom Publikum bei ihnen gehaltenen Einlagen in Form von Zentralbankgeld bei der ZB als Mindestreserven Z hinterlegen. Halten die GB darüber hinaus noch freiwillig Zentralbankgeld, z.B. als zusätzliche Liquiditätsvorsorge, so spricht man von Überschussreserve Ü. Da Einlagen bei der ZB zinslos bzw. niedrig verzinst sind, tendieren die GB dazu, ihre Überschussreserve möglichst klein zu halten. Welche Faktoren bestimmen das Geldangebot im Geldschöpfungsmultiplikatormodell? Annahmen: • Das Publikum hält Bargeld C in Relation zur Geldmenge M (Bargeldquote c = C/M) • Die ZB verpflichtet GB einen bestimmten Prozentsatz der Einlagen D als Mindesreserve in Form von Zentralbankgeld zu halten (r = Mindestreservesatz) • GB können maximal Kredit in Höhe ihrer Überschussreserven vergeben und sich nicht bei der ZB verschulden. 6 Daraus ergibt sich folgende Beziehung zwischen Geldbasis und Geldmenge: •M=C+D • B = C + Z + Ü (mit Ü=0) • M/B = m bzw. M = m B •m= 1 1−(1−c)(1−r) Der Geldschöpfungsmultiplikator m ist abhängig von der Bargeldquote c und dem Mindestreservesatz r. m(r, c) > 1, d.h. die Geldmenge beträgt ein vielfaches der Geldbasis. T ∆ Kredite 1 2 80 ∆Bargeld ∆ Sichteinlagen ∆ Mindestreserven 11,11 100 20 8 72 14,4 ∞ P ∆M-∆B c∆M = (1-c) (1-r)m B = c m B ∆D = (1-c) m B r∆D = r (1-c)m B Bilanz der Zentralbank Aktiva W Ö F Passiva C Z RV Bilanz der Geschäftsbank Aktiva Z K Passiva D F 7 Geldpolitik Nach dem Geldschöpfungsmultiplikatormodell kann die ZB die Geldmenge über die Geldbasis B und den Mindestreservesatz r steuern. Die Geldmenge steigt, wenn die ZB die Geldbasis erhöht oder den Mindestreservesatz senkt. In der Realität hat die Mindestreserve keine so ausgeprägte Begrenzungsfunktion (Begrenzung der Geldschöpfung) wie es das Multiplikatormodell zugrunde legt. Die ZB verfolgt nicht das Ziel den Wirtschaftssubjekten eine Geldmenge “exogen”vorzugeben, vielmehr entwickelt sich die Geldmenge endogen aus dem Zusammenspiel der ZB, der GB und der NB. B.2.4 Die endogen bestimmte Geldmenge Geschäftsbanken können sich bei ZB freiwillig verschulden (Offenmarktpolitik). Das Zentralbankgeld können sie dann als Kredite an Nichtbanken weitergeben oder sie kaufen damit verzinsliche Aktiva. Somit ist das Kreditangebot von den verschiedenen Zinssätzen abhängig. Die Nachfrage nach Zentralbankgeld hängt ab von: • Refinanzierungskonditionen • Kreditzinsen für NB • Zinsen alternativer Anlageformen Die ZB kann durch Änderung der Zinsen, zu denen sie Zentralbankgeld zur Verfügung stellt, auf das Verhalten der GB Einfluss nehmen. 8 B.3 Die Geldnachfrage Geldnachfragefunktion: L = F(Y, r) B.3.1 Warum hängt L von Y ab? Je höher das Einkommen, umso mehr Transaktionen finden statt. Daraus ergibt sich ein positiver Zusammenhang zwischen Geldnachfrage und dem Einkommen Y. B.3.2 Warum hängt L von r ab? - Kosten der Geldhaltung Bargeld liefert keine Zinserträge. Opportunitätskosten der Geldhaltung ist der Zinssatz. Somit hängt die Geldnachfrage negativ vom Zinssatz r ab. Baumol-Tobin-Modell der Kassenhaltung. 9 Änderungen des Zinssatzes und des Kassenhaltungskoeffizienten .10 .05 .00 -.05 -.10 1960 1965 1970 1975 1980 DLOG(M3,0,4)-DLOG(BIP,0,4) 1985 D(Z3,0,4)/100 Zinssatz, Kassenhaltungskoeffizient, 1960 - 1989. .12 D(Z3,0,4)/100 .08 .04 .00 -.04 -.08 -.10 -.05 .00 .05 .10 DLOG(M3,0,4)-DLOG(BIP,0,4) Veränderungen des Zinssatzes und des Kassenhaltungskoeffizienten, 1960 - 1989. 10 .08 .06 .04 .02 .00 -.02 -.04 -.06 1996 1998 2000 2002 2004 DLOG(M3,0,4)-DLOG(BIP,0,4) 2006 D(Z3,0,4)/100 Zinssatz, Kassenhaltungskoeffizient, 1995 - 2006. .03 D(Z3,0,4)/100 .02 .01 .00 -.01 -.02 -.08 -.04 .00 .04 .08 DLOG(M3,0,4)-DLOG(BIP,0,4) Veränderungen des Zinssatzes und des Kassenhaltungskoeffizienten, 1995 - 2006. 11 B.4 Der Geldmarkt Abbildung 1: Angebot und Nachfrage nach Realkasse r 6 M 2 /P M 1 /P Eine Senkung des Geldangebots vermindert das Angebot an Realkasse. Der Zinssatz steigt. r2 6 r1 ¾ L(r) - M/P Abbildung 2: Herleitung der LM-Kurve r 6 r6 M /P LM r2 r1 L(r, Y2 ) L(r, Y1 ) M/P Y1 Y2 - Y Als LM-Kurve bezeichnet man eine Beziehung zwischen Zinssatz und Einkommen, die sich auf dem Geldmarkt ergibt. 12