Presseinformation 95/2010 - Badisches Landesmuseum Karlsruhe

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Presseinformation 95/2010
Sonderausstellung im Schloss: „Jungsteinzeit im Umbruch.
Die ‚Michelsberger Kultur’ und Mitteleuropa vor 6.000 Jahren“
Karlsruhe, 19. November 2010 (BLM) – Seit Archäologen begannen, in
Südwestdeutschland nach prähistorischen Spuren zu suchen, wurden immer wieder
bedeutende Funde zu ur- und frühgeschichtlichen Perioden gemacht. Der Michaelsberg bei
Bruchsal wurde als Ort einer jungsteinzeitlichen Besiedlung Namen gebend für die
‚Michelsberger Kultur’ (4300 bis 3500 v. Chr.): Charakteristisch für diese Kultur sind die so
genannten „Erdwerke“ – mit Wall und Graben eingefasste Anlagen von einem halben bis zu
100 Hektar Innenfläche. Bis heute geben diese „Erdwerke“ der Forschung Rätsel auf:
Handelte es sich um befestigte Siedlungen, Viehkrale, Fluchtburgen oder Kultplätze?
„Jungsteinzeit im Umbruch. Die ‚Michelsberger Kultur’ und Mitteleuropa vor 6.000 Jahren“
heißt die neue große Sonderausstellung, mit der das Badische Landesmuseum seine
Besucher nicht nur in rätselhafte Erdwerke, sondern auch in eine spannende Zeit voller
Neuerungen entführt. Technische Innovationen wie die Erfindung von Rad, Wagen und Pflug
sowie das Aufkommen der Metallurgie bedingten im 4. Jahrtausend v. Chr. einen Wandel der
Gesellschaft und ihrer geistigen Vorstellungswelt, der sich in neuen Kultpraktiken und einem
veränderten Bestattungswesen niederschlug.
In Europa setzte um 4200 v. Chr. ein zweiter Landnahmeprozess ein. Die bäuerliche
Lebensweise drang in neue Räume vor, erstmals wurden die Ufer der Voralpenseen
besiedelt. In den neuen Landschaften veränderten sich die Arbeits- und Lebensweisen der
Menschen. Es wurden modernere Anbaumethoden eingesetzt, Haustiere als Milch- oder
Wolllieferanten entdeckt und regelrechte Dorfanlagen gebaut. Die intensive Nutzung der
Umwelt lässt sich auch an der Suche nach Rohstoffen ablesen, die zu ersten größeren
Abbaustellen von Silex (Feuerstein) in Europa führte. Der Abbau mineralischer Rohstoffe
sowie die einsetzende Produktion von Kupfer setzten zugleich eine Gesellschaft voraus, die
in der Landwirtschaft so viel erwirtschaftete, dass sie auch jene Mitglieder ernähren konnte,
die im Metallsektor tätig waren. Es entstanden verschiedene Berufsgruppen mit
Spezialwissen und unterschiedlich reiche Gesellschaftsschichten. Zugleich verstärkte sich
die Mobilität der Menschen und ihre überregionale Kommunikation.
Badisches Landesmuseum Karlsruhe – Pressestelle – Schloss – 76131 Karlsruhe
Tel. 0721 / 926 6389 – Fax: 0721 / 926 6801 – E-Mail: [email protected]
Presseservice im Internet: www.landesmuseum.de/presseservice
Die Karlsruher Ausstellung schildert in drei klar gegliederten Bereichen – „Michelsberger
Kultur“, „Nachbarkulturen“ sowie „Kulturgeschichte“ – und anhand von 400 erstklassigen
Exponaten aus Frankreich, Dänemark, Deutschland, der Schweiz, Tschechien, Ungarn,
Rumänien, Polen und Österreich, wie sich die Welt vor 6.000 Jahren in Mitteleuropa darbot.
Im ersten Teil zeigt sie neben charakteristischer Keramik, Gehörnen vom Urrind und
menschlichen Überresten aus Siedlungsgruben die eindrucksvolle Inszenierung der
Eingangssituation eines „Erdwerks“. Ein anschauliches Modell vermittelt einen Eindruck von
seiner Größe und erläutert die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten einer solchen Anlage.
Im zweiten Teil stellt sie das phänomenale Fundgut aus Feuchtbodensiedlungen des
Alpenvorlandes vor. Gezeigt werden Textilien, Holzgefäße, Schuhe und sogar eine Holztür
aus der Schweiz. Da organisches Material in der prähistorischen Archäologie normalerweise
nicht überliefert wird, gibt die Ausstellung hier einzigartige Einblicke in den
jungsteinzeitlichen Alltag.
Nicht nur kostbar, sondern auch sehr kunstvoll sind die Metallarbeiten, die im dritten Teil der
Ausstellung in einer Art „Schatzkammer“ präsentiert werden: Fein gearbeitete Scheiben aus
Gold und Silber sowie aus Kupfer, glattgeschliffene Jadeitbeile und Goldschmuck illustrieren
die hohe Kunstfertigkeit in der Jungsteinzeit sowie ein offensichtlich stark ausdifferenziertes
Sozial- und Prestigedenken.
Abgerundet wird die Ausstellung durch einen Exkurs zur Rezeption der Jungsteinzeit im
späten 19. Jahrhundert (Foyer). Prägend für die Vorstellung von Urgeschichte war hier das
Genre der „Pfahlbauromantik“, das in der Malerei des 19. Jahrhunderts beliebt war.
Kuratiert wurde die große Karlsruher Sonderausstellung von Dr. Clemens Lichter unter
Mitarbeit von Kathrin Weber M.A., gestaltet vom Büro Raumeinsichten (Karlsruhe/
Oberstenfeld). Begleitet wird sie von einem umfangreichen Programm für Erwachsene,
Jugendliche und Kinder (nachzulesen im Flyer oder unter www.jungsteinzeit2010.de;
www.landesmuseum.de). Ein gleichnamiger Katalog erscheint im Primus Verlag.
In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und dem
Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg.
Badisches Landesmuseum Karlsruhe – Pressestelle – Schloss – 76131 Karlsruhe
Tel. 0721 / 926 6389 – Fax: 0721 / 926 6801 – E-Mail: [email protected]
Presseservice im Internet: www.landesmuseum.de/presseservice
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