Infoblatt Amphibien - Neues

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Information der Unteren Naturschutzbehörde
Amphibien – Lebenskünstler in Gefahr
Kaum eine andere Tiergruppe leidet so sehr unter Vorurteilen wie Amphibien. Gründe dafür
liegen vor allem in ihrer heimlichen und mit vielen Irrtümern behafteten Lebensweise. Trotz
umfangreicher Schutzbemühungen sind sie diejenige Wirbeltiergruppe, die in den vergangenen 50 Jahren zahlenmäßig die stärksten Verluste hinnehmen musste. Doch wofür brauchen
wir überhaupt Amphibien? Lassen uns doch virtuelle Welten per Mausklick in jedes Naturparadies dieser Erde entfliehen. Für alle „Tierliebhaber“ hält außerdem der Zoohandel eine
breite Palette niedlicher, kuschliger und sogar exotischer Tiere bereit. In unserem Kurzporträt
möchten wir wieder das Interesse für diese faszinierende Artengruppe wecken, die außer zur
„Krötenwanderzeit“ eher nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht.
Amphibien gibt es bereits seit vielen Millionen Jahren. Als entwicklungsgeschichtlich erste Wirbeltiere vermögen sie sowohl im Wasser als auch an Land zu leben.
Diese Besonderheit drückt bereits
der wissenschaftliche Name „Amphibia“ treffend aus, der aus dem
Altgriechischen stammt und „doppellebig“ bedeutet. Unsere heimischen Amphibien unterteilt man
nach ihrer Gestalt und Entwicklung
in Froschlurche, zu denen Kröten,
Frösche und Unken gehören, sowie Schwanzlurche, die Molche
und Salamander umfassen.
Wenn zum Ende des Winters die
Tage wieder länger und wärmer
werden, beginnt ihre „Hoch-Zeit“.
Grasfrösche sind die ersten, die
sich aus der Winterruhe auf ihren Weg zum Laichgewässer begeben. Dies kann bei feuchten
und milden Nächten um 5 ° C bereits Ende Februar der Fall sein. Ab Mitte März folgen dann
Erdkröten, Teich-, Berg- und Kammmolche und im April Laub- und Teichfrösche als die am
meisten bekannten Arten.
Der Laubfrosch gehört aufgrund seiner Gefährdung zu den streng
geschützten Lurcharten. Foto: Andrea Geithner
Amphibien sind wechselwarme Lebewesen, deren Körpertemperatur maßgeblich von der
Umgebungstemperatur abhängt. Die Tiere überdauern die kalte Jahreszeit in Bodenlöchern,
Stein-, Laub-, Stroh- und Komposthaufen, dichter Vegetation sowie in Gewässern oder graben sich aktiv in den Boden ein. Als Überlebensstrategie verfallen sie dort in eine sogenannte Winterstarre. Dabei sind noch viele Fragen, z. B. ihr Überleben bei anhaltenden Minusgraden, bis heute ungeklärt.
Für ihre Fortpflanzung brauchen Amphibien naturnahe und saubere Gewässer ohne künstlichen Fischbesatz. Aus dem befruchteten Ei entwickelt sich zunächst eine Larve mit Kiemen,
die sich im Verlauf einer Metamorphose zu einem lungenatmenden Landtier verwandelt. Außer den Laichgewässern benötigen Frosch- und Schwanzlurche deshalb auch geeignete
Sommer- und Winterlebensräume.
„Ganz nebenbei“ und vielerorts kaum bemerkt wurden in den vergangenen Jahrzehnten unzählige wertvolle Amphibienlebensräume drastisch verändert oder verschwanden völlig aus
dem Landschaftsbild. Insbesondere Nährstoffanreicherung und Verschmutzung, hoher
Fischbesatz oder gar das Zuschütten und Trockenlegen von Kleingewässern sowie der Verlust von Feuchtwiesen, Hecken und Feldgehölzen gefährden das langfristige Überleben unserer Lurche. Die zunehmende Zerschneidung traditioneller Amphibienwanderrouten durch
Verkehrswege verschärft die Situation. Gegenwärtig führt vermehrt der Befall mit einem
Hautpilz zu weiteren erheblichen Tierverlusten. Und nicht zuletzt haben vielfältige Belastungen unserer Landschaft mit Umweltgiften katastrophale Folgen für diese besonders sensibel
reagierende Tiergruppe. So besitzen bereits geringe Konzentrationen chemischer Pflanzenschutzmittel eine tödliche Wirkung auf Lurche und ihre Larven. Amphibien gelten daher als
sogenannte Bioindikatoren für eine gesunde, intakte Umwelt. Spätestens an dieser Stelle
sollte uns klar werden, dass auch wir Menschen nur ein Bestandteil unserer Umwelt sind und
grundsätzlich den gleichen negativen Einflüssen unterliegen!
Amphibien haben eine starke Bindung zu ihrem „Geburts“-Gewässer, das sie alljährlich zur
eigenen Fortpflanzung wieder aufsuchen. Die Tiere wandern meist nachts, um Fressfeinden
zu entgehen und ihre empfindliche Haut vor dem Austrocknen zu schützen. Die Wege zwischen Winterquartier und Laichgewässer enden an Straßen nicht selten tödlich. Besonders
in milden und niederschlagsreichen Nächten fallen bei Massenwanderungen dort unzählige
Tiere dem Verkehr zum Opfer. Auch nach der Laichzeit, wenn zunächst die erwachsenen
und später die Jungtiere das Gewässer wieder verlassen und ihre Landlebensräume aufsuchen, müssen erneut Straßen überquert werden. Diese „Rückwanderung“ verteilt sich über
einen größeren Zeitraum und geschieht deshalb weitaus unbemerkter, birgt aber die gleichen tödlichen Gefahren in sich.
Mobile „Krötenzäune“ werden oft nur auf einer Straßenseite gestellt, um den tödlichen Hinweg zum Laichgewässer zu unterbrechen. Die Ortsauswahl dafür wird meist anhand auffälliger Wanderungen der Erdkröte getroffen. Glücklicherweise profitieren davon auch andere
zur gleichen Zeit wandernde Arten. Für bereits zurückkehrende Tiere, insbesondere Weibchen, sind die Zäune wirkungslos. Sie können sogar tödliche Barrieren darstellen. Auch die
im Verlaufe des Sommers vom Laichgewässer abwandernden Jungtiere erfahren keinen
Schutz mehr. Die verantwortungsvolle Betreuung eines „Krötenzaunes“ erfordert einen hohen Zeitaufwand für Auf- und Abbau, regelmäßige Kontrollen und das Absammeln der Tiere
über mehrere Wochen durch fachkundiges Personal. Dagegen ermöglichen in Straßen integrierte, kompetent geplante und gebaute stationäre Durchlässe mit entsprechenden Leiteinrichtungen den Amphibien und anderen Tieren ganzjährig das gefahrenlose Unterqueren.
Eine kontinuierliche Wartung und Kontrolle der Funktionstüchtigkeit ist allerdings Voraussetzung. Obwohl die Straßenverkehrsordnung auch die Möglichkeit der Straßensperrung aus
Gründen des Artenschutzes regelt, bleibt die Umsetzung in den meisten Fällen eher unrealistisch.
Auch für den Amphibienschutz gilt, wer etwas tun möchte, fängt am besten vor der eigenen
Haustür und im Garten an! Monotoner Scherrasen, exotische Gehölze, sterile Sauberkeit
und „Chemische Keule“ sind lebensfeindlich für alle Tierarten! Dagegen bieten eine naturnahe Gartengestaltung und –pflege mit Mut für ein wenig Wildnis gepaart mit Trockenmauern,
Gebüschen, Stein-, Holz- und Laubhaufen geeignete Lebensbedingungen für Lurch & Co.
Diese helfen dann auch gern bei der Dezimierung der „Gartenschädlinge“. Tödliche Fallen
für Kleintiere wie Gullys, Licht- und Kellerschächte, Abflüsse und Gruben sollten wirksam
abgedeckt werden. Falls Sie einen Teich anlegen oder amphibienfreundlich umbauen möchten, empfiehlt sich ein besonnter Platz, die Gestaltung mit heimischen Wasserpflanzen, flachen Uferbereichen und der Verzicht auf Fischbesatz. Das Entnehmen von Laich und Kaulquappen aus der Natur für den eigenen Gartenteich ist allerdings naturschutzrechtlich verboten, da alle heimischen Lurche unter gesetzlichem Schutz stehen!
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