Queer und feministische Theorien

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Verkomplizierungen
De-Konstruktionen von
Geschlecht
Elisabeth Holzleithner
Universität Wien
Ges
chle
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tion
en
Körperliches
Geschlecht
Sexuelle
Orientierung
Genitalien,
Gonaden, Hormone
Chromosomen
GeschlechtsIdentifikation
Holzleithner
Soziales Geschlecht
Stereotypen, Prototypen
Darstellungsweisen
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2
Homosexuellenbewegungen:
wechselnde Radikalitäten
• Fünfziger Jahre: Krankheit und Anpassung
• Siebziger Jahre: Homosexualität als radikales
Potenzial in jeder Person:
„Für eine neue Liebesunordnung“
• Achtziger Jahre: AIDS-Krise, Suche
nach Respektabilität und Erfolgen
im politischen Mainstream
⇔ Kompromisse, Repräsentationspolitik
• Homosexuelle als „virtually normal“
(Andrew Sullivan)
Holzleithner
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Rechtlich institutionalisierte
Heterosexismen (achtziger Jahre)
• AIDS-Krise
• Kriminalisierung sexueller Handlungen;
Gerichtsurteile
• Gay Bashing
• Schutz vor Diskriminierung:
Desavouierung als „spezielle Rechte“
• Verlogenheit und homophobe Politik von
nicht geouteten homosexuellen Politikern
Holzleithner
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Wut & eine Antwort: Outing
• We will unmask the powerful homosexuals who
masquerade as heterosexuals. You will be shocked and
frightened when you find that your presidents and their
sons, your industrialists, your senators, your mayors,
your generals, your athletes, your film stars, your
television personalities, your civic leaders, your priests
are not the safe, familiar, bourgeois, heterosexual figures
you assumed them to be. We are everywhere; we have
infiltrated your ranks. … we are always among you; we
may be sitting across the desk from you ….
(Michael Swift 1987)
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
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Gay Pride? Queer Anger!
Queer Nation Manifesto (1990)
• [W]hen a lot of lesbians and gay men wake
up in the morning we feel angry and
disgusted, not gay.
• QUEER can be a rough word but it is also
a sly and ironic weapon we can steal from
the homophobe’s hand and use against
him.
Holzleithner
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Queer Nation:
We‘re Here.
We‘re Queer.
Get Used to It.
Holzleithner
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ACT UP (AIDS Coalition
to Unleash Power)
Holzleithner
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Queer Kritik
• Nach „außen“ am homophoben
heterosexistischen Mainstream
• Nach „innen“ an der etablierten
„Bewegung“
• Für eine neue Inklusivität ohne Anpassung
an hetero- & homonormative Vorgaben
Holzleithner
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Queer Anschuldigungen
• [Y]our generation of misogynist capitalist
swine clones and half-baked numbskull
granola feminists over 30 are directly
responsible for … sexism, racism, classism,
separatism, … and a complex network of
selfish, over-educated … rich people
overseeing a vast fake-democratic lesbian
and gay multinational bureaucracy that
dictates how we think, dress, act, and fuck.
(Johnny Noxzema, BIMBOX)
Holzleithner
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Von der Politik
zur Theorie
• Queer als „Ort kollektiver
Auseinandersetzung“ (Butler) über
– Politische Strategien
– Identität/en
• Queer Theories
Selbstreflexion ⇔ durch Identitätsbildung
hervorgerufene Ausschlüsse durch
„Verwerfung“ der „unpassenden Anderen“
Holzleithner
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Die Queer Frage
• „Wie kann man am besten die GenderKategorien stören, die die GenderHierarchie und die Zwangsheterosexualität stützen?“ (Butler 1991, 8)
• Butlers Antwort: Indem man auch die
körperliche Materialität als
fragwürdig, erklärungsbedürftig - als
kulturelles Konstrukt - rekonstruiert.
Holzleithner
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Geschlecht als Performativität
• Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexuelle
Orientierung:
• Eine Normen zitierende Praxis, in
deren Verlauf der Diskurs jene
Wirkungen erzeugt, die er benennt.
• „Macht als Diskurs“: Ein „dauernd
wiederholtes Handeln, das Macht in
ihrer Beständigkeit und Instabilität ist.“
• Es ist möglich, „falsch“ zu zitieren und
damit die Norm zu resignifzieren.
Holzleithner
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Das körperliche Geschlecht als
kulturelle Norm
• Forschung am biologischen Geschlecht:
gegendert (Fausto-Sterling 1992; 2000)
• Hormonelle, chirurgische, etc.
Geschlechtsanpassung in Fällen von
– Intergender
– Transgender
• Körperideale und deren kosmetischchirurgische Herstellung
Holzleithner
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Intersexuelle Syndrome
• Medizinisch gesehen: Störung/en der
Geschlechtsdifferenzierung:
• Nichtübereinstimmung der verschiedenen
biologischen Komponenten, die
zusammen zum „Vollbild“ Mann oder Frau
führen: Chromosomen, Keimdrüsen,
Hormone, äußere und innere Genitalien
prä- und postpubertär
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Geschlechtskästchen
Weiblich
Männlich
Chromosomen
XX
XY
Gonaden
Keimzellen
Hormone
Ovarien
Eizellen
Mehr Östrogen
Hoden
Samenzellen
Mehr Testosteron
Genitalien
Klitoris, Vagina,
Gebärmutter
Penis
Psyche
Weiblich
Männlich
Soziale Normen
Weiblich
Männlich
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Intersex Case Management
• „Die Geburt eines Kindes mit
intersexuellem Genitale ist ein
psychosozialer Notfall. Entscheidend für
die weitere Entwicklung des Kindes ist
eine rasche, richtige und sichere
Geschlechtszuweisung.“ (Sinnecker)
Holzleithner
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Phall-o-metrics
Graphik aus: Anne Fausto-Sterling, Sexing the Body. Gender Politics and the Construction of Sexuality (2000) 59
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Prämissen
• Psychosexuelle Neutralität bei der Geburt
• Offenes Fenster der Geschlechtsidentität:
– ca. 18 Monate (Money)
– ca. 9 Monate (Meyer-Bahlburg)
⇔ Geschlechtszuweisung „nach Wahl“
⇔ Stabile Geschlechtsidentität durch
eindeutige Genitalien (Chirurgie) und
entsprechende Sozialisation
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Der Fall John/Joan
• 22.08.1965 Geburt der Zwillinge
Bruce und Brian Reimer
• 27.04.1966 Phimoseoperation
• 02.1967 „This Hour Has Seven Days“ mit John
Money (Gender Identity Clinic)
• Frühjahr 1967: „Ich sehe keinen Grund,
weshalb das nicht funktionieren sollte“
(John Money)
Holzleithner
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Die Durchführung
• 03.07.1967 Operative Kastration
– Entfernung beider Hoden
– Formung einer rudimentären
äußeren Vagina
• „Sie sollte nicht erfahren, dass
sie kein Mädchen war.“
(Brian Reimer, Bruder)
• „Ich wollte, dass es funktioniert.“
(Janet Reimer, Mutter)
Holzleithner
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Die Veröffentlichung
• 28.12.1972 Präsentation von „Männlich –
weiblich. Die Entstehung der Geschlechtsunterschiede“ (Money & Ehrhardt)
• „Die zentrale Botschaft lautet, dass soziale
Faktoren wie die Geschlechtszuweisung und die
Erziehung eines Kindes biologisch begründete
Geschlechtsunterschiede in der Prädisposition
des Verhaltens grundsätzlich außer Kraft setzen
und aufheben können.“ (Sargent 1977)
Holzleithner
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Weitere Schritte
• Absenkung der Harnröhre (verweigert)
• Schaffung eines vollständigen
Vaginalkanals (verweigert)
• Östrogenbehandlung (ab 1977)
• Stimmbruch (!)
Holzleithner
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Money: Eine Erfolgsgeschichte
• „Jetzt in der Vorpubertät hat das Mädchen
... eine weibliche Geschlechtsidentität und
–rolle, durch die es sich deutlich von
seinem Bruder unterscheidet.“
• Schlüssige und endgültige Ergebnisse wird
man erst dann erhalten, wenn sich
romantische Interessen und erotische
Phantasien einstellen.“ (Money 1978)
Holzleithner
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Das Ende eines Experiments
• Showdown 1980
• „Willst du ein Mädchen sein
oder nicht?“ (Kinderpsychiater)
• „Nein“ (Brenda)
• „Ich war erleichtert. Plötzlich verstand ich,
warum ich mich so fühlte, wie ich mich fühlte.
... Ich war nicht verrückt.“ (David)
Holzleithner
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Ein Wissenschaftskrimi
• „Will whoever is treating the twins
please report.“ (Milton Diamond)
• Sex Reassignment at Birth: A Long
Term Review and Clinical Implications
(Diamond/Sigmundsson, Archives of Pediatrics and
Adolescent Medicine [March, 1997])
• „Wir müssen lernen, auf die Kinder selbst zu
hören.“ (Reiner)
Holzleithner
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Dennoch: Die weiterhin gültigen
Prämissen des ICM
• „Säuglinge, die als Mädchen aufgezogen
werden, bedürfen für gewöhnlich einer
Klitorisreduktion. Mit den gegenwärtigen
Methoden wird dies nicht nur zu einer
normal aussehenden Vulva führen. Auch
eine funktionierende Klitoris wird bewahrt
werden können.“
American Academy of Pediatrics
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Methoden chirurgischer
Modifikation
Graphik aus: Anne Fausto-Sterling, Sexing the Body. Gender Politics and the Construction of Sexuality (2000) 61
Holzleithner
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Chirurgische Modifikation
Graphik aus: Anne Fausto-Sterling, Sexing the Body. Gender Politics and the Construction of Sexuality (2000) 63
Holzleithner
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Arten medizinischer Praxis
• Medizinisches Experiment:
Ergebnisse der Behandlung nicht aufgrund
vorangegangener Ergebnisse vorhersagbar
• Innovative Therapie: ausschließlich
zum Wohl des Patienten oder der
Patientin; noch nicht hinreichend getestet,
um Erfolg erwarten zu können.
• State of the Art: bewährte Therapie
Holzleithner
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Informierter Konsens?
• Prinzipien: körperliche Integrität,
Selbstbestimmung;
Kinder: Kindeswohl, Recht auf offene Zukunft
• Voraussetzungen für informierten
Konsens (⇔ Bedingungen für Autonomie)
– Einsichtsfähigkeit
– Freiwilligkeit (Abwesenheit von Drohung oder List)
– Information (Zustand; Behandlungsplan;
Behandlungsalternativen; Risiken)
• Zustimmung: Entscheidung und Autorisierung
des Behandlungsplans
Holzleithner
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Vertretungsweise Einwilligung
zur Heilung wovon?
• Begriff der Heilbehandlung
– Welches Leiden wird gelindert?
– Welche Indikationen kommen in Betracht?
• „Andersartigkeit im Bereich der nach wie vor
tabuisierten Geschlechtlichkeit [birgt] ein hohes
Risiko, Leiden zu erzeugen. Der Arzt kann sich
deshalb nicht durch Nichtstun der
Verantwortung entziehen.“ (Sinnecker)
Ù „Normalität“: Richtschnur und Ziel
Holzleithner
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Das Amtsgericht München auf der
Suche nach dem Geschlecht
• „Beim Menschen werden ... das chromosomale,
das gonadale, das genitale, das psychische und
das soziale Geschlecht unterschieden. Diese …
Parameter weisen nicht bei jedem Menschen in
allen Qualitäten auf das gleiche Geschlecht hin.
• Vielmehr werden verschiedene Formen der
sogenannten Intersexualität beschrieben …
• eine körperliche Beschaffenheit ..., die sich
zwischen den typischen Merkmalen des
weiblichen und des männliches Geschlechts
bewegt oder eine Mischform darstellt.
Holzleithner
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Geschlechtskästchen
Weiblich
Männlich
Chromosomen
XX
XY
Gonaden
Keimzellen
Hormone
Ovarien
Eizellen
Mehr Östrogen
Hoden
Samenzellen
Mehr Testosteron
Genitalien
Klitoris, Vagina,
Gebärmutter
Penis
Psyche
Weiblich
Männlich
Soziale Normen
Weiblich
Männlich
Holzleithner
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Ergo …
• Daraus ergibt sich, dass die medizinische
Wissenschaft die Zweigeschlechtlichkeit
des Menschen als gegeben voraussetzt.
Nach dem chromosomalen Geschlecht
wird im Zweifelsfall entschieden, welchem
der beiden Geschlechter ein Mensch
angehört.
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
35
Weil das Recht es so gebietet
• “Wehrpflicht und Ehe sind [...] nur zwei
der wesentlichen Institute, die eine
Zuordnung des Menschen zu einem der
beiden Geschlechter voraussetzen.”
(Amtsgericht München)
• “The law enforces nature while it is
justified in the light of nature.”
(Zillah Eisenstein)
Holzleithner
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Kann es nur zwei geben?
• Was spricht für oder gegen einen
Personenstand „intersexuell“?
• Wer sollte befugt sein, darüber zu
entscheiden?
• Braucht es überhaupt einen
„Personenstand“?
Holzleithner
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37
Geschlechtsidentität
• Das Gefühl, männlich, weiblich oder
hermaphroditisch zu „sein“
• „Störungen der Geschlechtsidentität“ (ICD-10)
– Transsexualismus
– Transvestismus unter Beibehaltung beider
Geschlechtsrollen
– Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters
• Transgender: Nicht pathologische/pathologisierte
Varianten der (Nicht-)Identifikation mit dem
geschlechtlichen Körper
Holzleithner
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38
TransGender
Performance jenseits des
zugewiesenen Geschlechts
•
•
•
•
•
Bekleidung
Bemalung
Hormone
Körpermodifikation
(Schmuck, Chirurgie)
Holzleithner
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Der medizinische Weg zum
anderen Geschlecht
• Abklärung von Art und Ausmaß der
Geschlechtsidentitätsstörung –
psychiatrisch, psychologisch, somatisch
• Psychotherapie
• Hormontherapie
• „Alltagstest“
• Operationen
• Personenstandsänderung
Holzleithner
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40
Das Leben im neuen Geschlecht
• Recht auf uneingeschränkte Anerkennung
im angenommenen Geschlecht
– „Transsexuelle gehören nach erfolgreicher
geschlechtsumwandelnder Behandlung dem
Geschlecht ihres äußeren Erscheinungsbildes
an, dies auch hinsichtlich ihrer Ehefähigkeit.“
• Diskriminierung aufgrund der
Geschlechtsanpassung: Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts?
Holzleithner
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41
Diskriminierung bei Vergleichbarkeit
Holzleithner
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42
Vergleichbar? Sexuelle Orientierung und
das Geschlecht der Partnerin
Holzleithner
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43
EGMR: Ungleichbehandlung braucht
gute Gründe – Karner gegen Österreich
• Die Vorgeschichte, oder:
Geschlechterakrobatik als juristische
Grundkompetenz
• Eintrittsrecht „des Lebensgefährten“ in
den Mietvertrag nach dem Tod des
Hauptmieters (§ 14 Abs. 3 MRG), sofern
[er] ein dringendes Wohnbedürfnis [hat]
und schon bisher im gemeinsamen
Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung
gewohnt [hat].
Holzleithner
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44
„Der Lebensgefährte“ im
Mietrecht
• Lebensgefährte [...] ist, wer mit dem
bisherigen Mieter bis zu dessen Tod durch
mindestens drei Jahre hindurch in der Wohnung
in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich
einer Ehe eingerichteten
Haushaltsgemeinschaft gelebt hat; [...]. (§ 14
Abs. 3 MRG)
Holzleithner
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45
Gendering
• „Das Eintrittsrecht von Lebensgefährten wurde
durch das MRÄG 1967 … eingeführt …
• Unzweifelhaft [hatte] der historische
Gesetzgeber nur die heterosexuelle
Lebensgemeinschaft im Auge …,
war doch Unzucht mit Personen desselben
Geschlechtes damals ein Verbrechen nach
§ 129 Abs 1 lit b StG und nach § 130 Abs 1 leg cit
mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf
Jahren zu bestrafen.“ (OGH, 6 Ob 2325/96)
Holzleithner
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46
Interpretation vs.
Rechtsfortbildung
• „Mag auch die Gesetzgebung von den dadurch
Betroffenen als unbefriedigend empfunden
werden (...), ist es nicht Sache der
Rechtsprechung, diese zu korrigieren (...) oder
im Wege der Rechtsfortbildung oder einer allzu
weitherzigen Interpretation möglicher
Intentionen des Gesetzgebers Gedanken in ein
Gesetz hineinzutragen, die darin [...] nicht
enthalten sind (...).
Holzleithner
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47
EGMR: Karner gegen Österreich
• Der GH vermag grundsätzlich zu akzeptieren,
dass der Schutz der Familie im
traditionellen Sinn grundsätzlich einen
schwerwiegenden und legitimen Grund
darstellt, der einen Unterschied in der
Behandlung zu rechtfertigen vermag [...].
Es muss weiter geprüft werden, ob nach den
Umständen des Falles der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit gewahrt worden ist.
(Z 40)
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
48
Karner gegen Österreich
• Das Ziel des Schutzes der Familie im
traditionellen Sinn ist ziemlich abstrakt und
eine breite Palette konkreter Maßnahmen kann
eingesetzt werden, um ihm zum Durchbruch zu
verhelfen.
• In Fällen, in denen der den Vertragsstaaten
überlassene Ermessensspielraum eng ist,
wie dies in Fällen der unterschiedlichen
Behandlung aufgrund des Geschlechts oder der
sexuellen Orientierung der Fall ist, ...
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
49
Karner gegen Österreich
• ... muss auch dargetan werden, dass es
notwendig war, Personen, die in einer
homosexuellen Beziehung lebten, von der
Anwendung des § 14 Abs 3 MRG auszuschließen,
um dieses Ziel zu erreichen.
• Der GH vermag nicht zu erkennen, dass die
Regierung irgendwelche Argumente vorgebracht
hat, welche eine derartige Schlussfolgerung
erlauben würden. (Z 41)
• Es hat daher eine Verletzung des Art 14 MRK
iVm Art 8 stattgefunden. (EGMR, 24.07.2003)
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
50
Wer ist verheiratet?
D und Schweden gegen Rat der EU
• Haushaltszulage für einen nach
schwedischem Recht verpartnerten
gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten?
• Vorgabe: Haushaltszulage gibt es nur für
EhegattInnen
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
51
Worauf es ankommt
• EuGH: Es kommt nicht auf das Geschlecht des
Partners/der Partnerin an, sondern auf die
Rechtsnatur ihrer Verbindung.
• Befindet sich also ein Beamter, der eine
Lebenspartnerschaft von Personen des gleichen
Geschlechts, wie die von D vereinbarte
Lebenspartnerschaft schwedischen Rechts hat
eintragen lassen, in der gleichen Lage wie ein
verheirateter Beamter ?
⇔ die in der Gemeinschaft insgesamt
vorherrschenden Vorstellungen bzgl. Ehe
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
52
Eine Ehe ist eine Ehe ist eine Ehe.
(So nicht nur Andreas Khol)
• Es steht … fest, dass der Begriff Ehe
nach in allen Mitgliedstaaten geltender
Definition eine Lebensgemeinschaft
zweier Personen verschiedenen
Geschlechts bezeichnet.
• Unter solchen Umständen kann der
Gemeinschaftsrichter das Beamtenstatut
nicht so auslegen, dass rechtliche
Fallgestaltungen, die sich von der Ehe
unterscheiden, ihr gleichgestellt werden.
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
53
Die große queer-Frage:
Sollen „wir“ heiraten wollen?
• Zitat „der“ heterosexuellen Konvention
– Subversiv?
– Bestätigung der heterosexistische?
m
rassistischen Norm?
y
r
r
a
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Will you do ome
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of paradoxically
n
a
reinscribing
and
w
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destabilizing
hegemonic
o
y
o
discourse
for me?
D
Holzleithner
Queer =
und feministische Theorien
54
Queer Identitätskritik
• Gegen die Vorstellung von Identität als
Eigenschaft oder auffindbarer Wahrheit
• Konstitution über Ausschlüsse und
Verwerfungen (Melancholie)
• Vorläufigkeit: potenziell veränderlich
• Erzwungenen Veränderungen gegenüber
hochgradig resistent
– Bedeutungsstiftender Eigensinn des Körpers
(Haraway)
– Eigensinn der Seele: „Geworfenheit“
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Queer und feministische Theorien
55
Umgang mit Identität
• Doppelte Bewegung: Anführung und Öffnung
der Kategorie
– Als Selbstdefinition gegen feindselige,
pathologisierende Fremddefinitionen
– Ohne zur normativen Falle zu werden
(echte/unechte, gute/schlechte Lesbe)
• Queer Politik:
– Koalitionen
– Subversion durch Parodie/es gibt kein Original
⇔ Aufbrechen der Geschlechternormen
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
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Queer: postmoderne Spielerei?
• Abgehobene Sprache - Elitismus
• Beliebigkeit ⇔ „Freies Flottieren“ von
„Differenzen“
• Mainstreamkompatibilität =
Marktkompatibilität:
We‘re here, we‘re queer, we go shopping
• Mangelnde ethische „Robustheit“ (Fraser)
und fehlendes politisches Bewusstsein
Holzleithner
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Queer Chic
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
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Maskerade statt Ernst?
• „Nachdem die Unterdrückung der Frauen
lange als bitterer Ernst behandelt wurde,
versucht ein Teil der feministischen
Autorinnen sich jetzt auf dem Feld des
Spiels, der Maskerade.“ (Landweer 1994)
Holzleithner
Queer und feministische Theorien
59
Oder doch die Destabilisierung?
• Queer als „kritisches Versprechen“
(Butler)
• Wider die Zumutungen der
Gendernormen
• Das ist nicht neu, aber daran kann gern
immer wieder erinnert werden.
Holzleithner
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