Adam und Evclten in der Falle

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Adam und Evclten in der Falle
Meilen: Premiere des Atelier-Theaters Meilen mit *Der zerbrochene Krug, in der Heubühne
Das Atelier-Theater Meilen ist inzwi-
schen bekannt für seine qualitativ
hoch stehönden Aufführungen. Die
neuste Produktion, Kleists Komödie
nDer zelbrochene Krugn, feierte am
Donnerstag Premiere und übezeugte
unter andelem durch die sorgfältig
herausgearbeiteten Gharaktere der
Hauptdarsteller.
MARGRET BECKER
Die Anregung zu seinem einzigen
Lustspiel <Der zerbrochene Krug>
erhielt Heinrich von Kleist
1802
während eines Aufenthalts in Bern.
Er pflegte dort freundschaftlichen
Umgang mit Ludwig Wieland und
Heinrich Zschokke. Letzterer hatte
in seinem Zimmer eineir französischen Kupferstich <La cruche cass6e> hängen, was die drei Herren da-
zu inspirierte, zu diesem Thema einen Text zu verfassen. Wieland sollte
eine Satire, Zschokke eine Erzählung und Kleist eine Komödie schrei-
Klassisches Theater in der Heubühne mit Kleists oDer zerbrochene Krug (von links): Dortrichter Adam (Helmuth Stanisch),
Schreiber Licht (tea*Rudolf Stoll) und Gerichtsrat Walbr (Udo von Ooyen), Atetierrheater Meiten
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Während
nigsberg sein Manuskript.
er im Jahr darauf als angeblicher
Spion in französische Kriegsgefangenschaft geriet, bemühte sich ein
gewisser Adam Müller um die Publikation. Er schickte die Komödie unter anderem auch an Goethe, und auf
dessen Initiative kam es 1808 in Weimar zur Uraufführung, welche zum
Misserfolg geriet. Kleist war darüber
so wütend, dass er vor hatte, Goethe
zum Duell zu fordern.
Virtuose Dialoge
Rund zweihundert Jahre nach seiner Entstehung vermag das Stück in
dreizehn Auftritten das Publikum
blendend zu unterhalten, wie sich am
Donnerstag in der Heubühne zeigte.
Ahnlich wie sein klassisches Vorbild
Ödipus weiss der Richter Adam lange nicht, dass er am Gericht seinen
eigenen Fall verhandelt. <Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt
den leid'gen Stein zum Anstoss in
sict selhsb, sagt er am Anfang zu
seinem Schreiber Licht, nach der Ursache seinörg, schauerlich-realistisch
,]
Schicksal, dem er in der Folge durch
ein unglaubliches Lügengewirr zu
entgehen versucht. Den Schreiber
zusammen mit dem ehrgeizigen und
schlauen Schreiber die Uberftihrung
des Richters vor. Lilo Rieder hält als
Frau Marthe Rull ein flammendes
Plädoyer für ihren zerbrochenen
hinters Licht zu führen, gelingt ihm
von Auftritt zu Auftritt weniger, und
diesöm geht zunehmend ein Licht
auf. Köstlich das Mienenspiel von
Jean-Rudolf Stoll als Schreiber und
umwerfend die auch in Körpersprache umgesetzten Kapriolen des Dorf-
mehr zu überbieten.
KeinWundeE dass ihreTochter Eve,
einfühlsam gespielt vonVera Stirling,
zuerst fast ihren Bräutigam ans Messer liefert. Sie kommt zusehends unter Druck, besonders vom Dorfrich-
geschminkten, Verletzungen gefragt.
Damit beschreibt er sein eigenes
richters Adam, von Helmuth Stanisch glaubwürdig verkörpert.
Psychologische Finten
Nach einem kurzen lntermezzomit
den Mägden Liese und Margrete,
welche um die Gunst des Richters
buhlen, tritt das Unheil in Person des
Gerichtsrats Walter auf die Bühne.
Udo van Ooyen stellt ihn als eleganten, gebildeten und vornehm über die
Krug, an Leidenschaft fast nicht
ter, aber auch durch die Aufrichtigkeit ihres Verlobten Ruprecht, der
sich redlich wehrt gegen den ungerechtfertigten Verdacht, er habe den
Krlug zerbrochen. Bewundernswert,
wieTilman Eberle diesen jungen Burschen zwischen tölpelhafter Naivität
und mutigem Einstehen fi.ir das Richtige schwanken lässt.
Grandioses Finale
ländlichen Gebräuche hinwegsehenden Städter dar. Ruhig übernimmt er
immer stärker das Zepter und führt
nicht mehr, wo ihm der Kopf steht,
Paul Luternauer, aucir kurz als Be-
den Krug sozusagen zum Brunnen
bis er bricht, das heisst, er bereitet
dienter zu sehen, gibt seinemWutanfall diq nötige Würze. Annette
Frommherz als Margrete schmachtet
den Richter beim Auftragen von
Wurst und Wein nochmals an, und
Marlene Schadegg als
Liese
schmollt, bevor dann Frau Brigitte
mit der Perücke von Adam in der
Hand die letzten Beweise für die Ent-
larvung des Schuldigen einbringt.
Annegret Trachsel ist wohl dem Teufel schon in seiner Leibhaftigkeit begegnet, möchte man nach ihrem Auftritt als Brigitte meinen.
Nicht zu vergessen die sorgfältige
Leistung von Thomas Tlachsel als
Büttel Hanfriede. Das Ensemble unter der Regie von Paul Lohr beschert
seinem Publikum einen unbeschwerten, anregenden und geistreichen
Theaterabend. Bühnenbild, Kostüme,
Lichtführyng, Maske und die Eingangsmubik von Schumann schaffen
eine Atmosphäre, die man so leicht
nicht mehr vergisst.
Sein Vater Veit Tümpel weiss auch
l,
Weitere Aufführungen bis am 15. Februar
Karten erhältli(h in der Buchhandlung zu
Kreisel, Tel. Oii 261 08 47, über ateli
[email protected] oder an der Abe
kasse.
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