Chancengleichheit in deutschen

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Parteien und
Chancengleichheit in
Deutschland
Der Gender- Faktor und
seine politische Wirkung
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Definition wesentlicher
Begriffe
• Parteien
• Gender als Platzanweiser
• Chancengleichheit
• Rechtliche Rahmenbedingungen
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Parteien als intermediäre
Organe
• Nehmen Stimmungen und
Forderungen aus der Gesellschaft auf
• Formulieren Programme
• Sammeln Stimmen bei Wahlen
• Streben nach Mehrheiten im
Parlament
• Spiegeln Stimmungen in der
Bevölkerung wieder
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Sex und Gender
• Sex = biologisches Geschlecht (angeboren)
• Gender = gesellschaftlich definiertes Geschlecht
• Menschen ordnen einander in der Gesellschaft zu
in Form von
– Rollen (Mann, Frau),
– Macht (Über-/Unterordnung),
– Aktionsräumen (Befugnisse, Verfügen über Ressourcen,
z.B. Geld),
– Tätigkeiten (Beruf, bezahlte oder unbezahlte Arbeit),
– Hierarchien (Politik, Betrieb, Familie), Selbst-/
Fremdbestimmung u. ä.
• Gender ist eine Art gesellschaftlicher
Platzanweiser
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Wer entscheidet über den
Platz in der Gesellschaft?
• In patriarchalen Gesellschaften die
(mächtigen) Männer
• Frauen und Kinder (Mädchen) hatten und
haben die untergeordnete Stellung inne
• Söhne als künftige Männer genießen
Sonderrechte
• Bilder, Traditionen und Konventionen
bestimmen das gesellschaftliche Leben
und die Politik
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Chancengleichheit bedeutet:
• Gleiche Chancen in Erziehung und Bildung
• Im Erwerbsleben
• In Politik, Recht und Öffentlichkeit (Repräsentanz,
Interessenvertretung, Rechtsgleichheit)
• Gleiche Zugangsmöglichkeit zu Ressourcen wie
Einkommen, sozialer Sicherheit, Besitz, Erbe
• Schutz vor Armut, Bevormundung und Gewalt
• Ausgleich von Nachteilen
• Verfügung über den eigenen Körper
(Selbstbestimmung).
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Der rechtliche Rahmen in der
BRD: Familienbild als
Bezugspunkt für die Stellung
der Frau
• Familienleitbild als Gruppe oder
Personenverband, der subsidiär und vom Staat
unabhängig für Versorgung und Erziehung der
Kinder zuständig ist.
• Art. 6 stellt Familie und Ehe unter den
besonderen staatlichen Schutz
• Zentrale Vorgaben für die Rolle der Frau in der
Gesellschaft, die nur mit einer Parlamentarischen
2/3 Mehrheit zu ändern sind.
• Parteipolitik und Rechtsprechung
(Bundesverfassungsgericht) sind diesen Vorgaben
unterworfen
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Erbe der ostdeutschen
Frauen aus der DDR
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Knapp 90% der Frauen waren erwerbstätig,
Sie verstanden dies als Emanzipation
Genderfrage stellte sich nicht
Flächendeckende Kinderbetreuung und öffentliche
Erziehung, besonders in den Betrieben
Liberalisiertes Abtreibungs- und Scheidungsrecht
Familien waren in der Regel auf zwei Einkommen
angewiesen
Ehekredit fördert Eheschließung und Kinder
Unterstützung von Müttern (nicht von Vätern!)
Geringe Altersversorgung
Betriebe garantieren soziale Wohlfahrt
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Frauen – Verliererinnen der
Wende
• Hohe Frauenarbeitslosigkeit
• Eingeschränkte Erlaubnis von Abtreibung
• Import des westlichen Familienbildes und des Art.6 GG
(Erziehungsgeld statt Arbeitsentgelt!)
• Wegfall von Ehekredit und Unterstützung der Mütter
• Privatisierung bringt Wegfall von sozialen Leistungen in der
Wirtschaft
• Keine neue Verfassung als gemeinsame rechtliche Basis
Versuch einer Kompensation
• 1994 Änderung des Art.3 GG: Förderung der
Chancengleichheit über positive Diskriminierung
• Gesetzliche Garantie eines Kindergartenplatzes ab 3 Jahre
• Erhöhte Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die
Rente (3 Jahre!)
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Die Cleavages der politischen
Parteien in Deutschland
• Cleavages sind Meinungsfelder in der politischgesellschaftlichen Öffentlichkeit.
• Wir unterscheiden zwischen:
• Bürgerlich- Konservativ: CDU =Christliche
demokratische Union /CSU = Christlich – Soziale
Union
• Sozial-liberal: SPD = Sozialdemokratische Partei
• Bürgerlich -liberal: FDP = Freie Demokratische
Partei
• Ökologisch – feministisch: Die Grünen
• Sozialistisch: Die Linke (PDS/WASG)
• Nationalistisch: NPD = Nationaldemokraten
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Familienleitbild der
deutschen Parteien
• CDU/CSU sehen die Frau (und Kinder) als Mitglied der
Familie, nicht als eigenständige Rechtsperson
• Die Linke sieht die Frau entsprechend der sozialistischen
Lehre als eigenständiges Mitglied der Erwerbsgesellschaft
und – gestützt vom Staat - damit als materiell unabhängig.
• Die SPD folgt noch lange dem überkommenen Familienbild,
sieht aber die Mutterrolle inzwischen als gleichwertig zur
Erwerbstätigkeit, Chancengleichheit für Frauen
• FDP sieht die Frau als Trägerin bürgerlicher Rechte, aus
denen sich ihre gesellschaftliche und politische Gleichheit
ergibt. Sie folgt aber in ihrer praktischen Politik der Union.
Verdrängung des Problems?
• Für die Grünen spielt die Familie die Rolle eines Relikts der
bürgerlichen Gesellschaft, deshalb ohne Bedeutung.
• NPD sieht die Frau unter rassistischem Vorzeichen als Teil
der „patriarchalen nationalen Gemeinschaft“, beschränkt
auf eine reaktionäre Rolle in der Familie (Mutter, zuständig
für reinrassigen Nachwuchs).
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Schlüsselfunktion der
Grünen
• Parteipolitischer Arm der Frauenbewegung aus den 70er
Jahren
• Gender- Aspekt: wichtiger Teil des Programms
• Führte als erste die Quotenregelung (50%) und doppelte
Parteispitze, bei Listenplätzen und Mandaten ein
• Basisdemokratisch organisiert mit enger Verbindung zur
neuen Frauenbewegung
• Neue Wege in der Familienpolitik: Das Private ist politisch
(staatlicher Schutz vor Gewalt in der Familie bes. für Frauen
und Kinder, Rechts- und Chancengleichheit für beide
Partner), Müttermanifest als Streitpunkt. Die Lösung der
Genderfrage in dem verfassungsrechtlichen Rahmen wird
nicht thematisiert.
• Emanzipation: Teilhabe an Macht und Entscheidungen,
Präsenz in der Öffentlichkeit, Chancengleichheit in der
Arbeitswelt
• Prostitution als Beruf mit sozialer Sicherung
• Setzte bei der Quotenregelung die SPD unter Druck
Prof. Dr. Regine Roemheld,
• Anerkennung gleichgeschlechtlicher
Partnerschaften
Dresden
SPD gerät unter Druck
• SPD – Frau gilt als Erwerbstätige und Mutter,
• formal, aber nicht faktisch - politisch gleichberechtigt,
Chancengleichheit muss hergestellt werden über
Chancengleichheit beim Zugang zu Beruf und Bildung
• Voraussetzung: Staat schafft Voraussetzungen (Schulen,
Universitäten, Gleichstellungsgesetze, Schutz vor Gewalt)
• Neue Familiengesetzgebung der 70er Jahre: Gleichstellung
in Ehe, Namensgebung, Berufsausübung, eigenständige
Rechte für Alleinerziehende, Gleichstellung unehelicher
Kinder, Rentenanwartschaften bei Scheidung
• Einführung von Gleichstellungsstellen in Behörden (90er)
• Führt Quotenregelung ein bei Mandaten und Listenplätzen
• Verbesserung der Kinderbetreuung und Kindergeld
• Elterngeld (statt Erziehungsgeld) für Erwerbstätige und
Erwerbslose, Väter ins Boot)
• SPD anerkennt Familie als Teil der Gesellschaft
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
CDU: Chancengleichheit als
formale Rechtsgleichheit
• Trotz der formalen Rechtsgleichheit in Art.3 GG bleibt die
CDU/CSU bei der herkömmlichen Mutterrolle, Schutz der
Ehe
• Prägt die konservative patriarchale Familienpolitik der 50er
und 60er Jahre (Ernährermodell)
• CDU/CSU – Hausfrau/Mutter/Ehefrau, Zuverdienerin,
politisch/formal gleichberechtigt, Gleichstellungspolitik
wurde lange als überflüssig betrachtet, später:
Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hoher Stellenwert der
Familie, Erziehung ist Elternsache (als Recht und Pflicht),
wobei der Frau allein die unbezahlte Pflege und Erziehung
der Kinder bleibt. Vater hat die Ernährerrolle.
• Gleichheit bleibt formal (Wahlrecht für Frauen)
• Wichtig: starker Einfluss der Kirche auf die Familie
• Unterstützung der Familie vorrangig durch Geldleistungen
(Kindergeld, Ehegattensplitting,
Bafög, Erziehungsgeld etc)
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
PDS bzw. Die Linke
• Frau als Erwerbstätige ist materiell unabhängig,
(Arbeit für alle)
• Chancengleichheit durch Bildung und
Erwerbstätigkeit
• Staat hat die Aufgabe, Chancengleichheit
herzustellen über öffentliche Betreuungsangebote
ab 1. Lebensjahr, Kindergarten, Hort, öffentliche
Erziehung und Betreuung, finanzielle
Unterstützung
• Familie hat keinen vorrangigen Stellenwert,
hingegen die Frau als Arbeitskraft
• In Sachsen lebhafte Debatte zum Thema Gender
• Für Erwerbseinkommen, gegen Erziehungsgeld
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Kleinere Parteien
• FDP – Erwerbstätigkeit vereinbar mit
Mutterschaft, Chancengleichheit ergibt sich aus
dem freien Wettbewerb um Plätze im
Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft, staatliche
Regulierungen sollen sich auf das Notwendigste
beschränken bzw. Voraussetzungen schaffen
• Frauen haben formal eigenständige Rechte, die
aber nicht besonders eingefordert werden
• NPD – Hausfrau/ Mutter rassereiner Kinder,
Chancengleichheit ist kein Ziel, Unterordnung
unter männlich definierte Rollen und Aufgaben,
Frau als Gebärende und Erhalterin der Rasse.
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Paradigmenwechsel unter
Rot-Grün
• Einführung des Elterngeldes (statt Erziehungsgeld, Väter
werden wichtig, Erziehungsgeld – Falle für die Frauen, gibt
es weiterhin in Sachsen)
• Einführung des Elternurlaubs mit Garantie des
Arbeitsplatzes
• Antigewaltgesetz: Gegen Gewalt in der Familie und in der
Erziehung
• Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
• Hintergrund: Richtlinien der EU
• Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften – Nicht
als Ehe zu sehen
• Prostitution legalisiert als anerkannter Beruf
• Fazit: Angestoßen von der EU rücken die Väter mehr in den
Blick
• Ebenso Randgruppen wie Prostituierte und Homosexuelle
Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Aktuell: Große Koalition
• Flächendeckender Ausbau der öffentlichen
Kinderbetreuung ab 2. Lebensjahr
• Zielt ab auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf
und Förderung von Kindern aus benachteiligten
Familien
• CSU fordert Betreuungsgeld („Herdprämie“) für
Betreuung zuhause
• Streitpunkt: öffentliche Kinderbetreuung,
Ganztagsschule und Sachleistung statt Geld für
Benachteiligte
• Fazit: Im Mittelpunkt stehen die Aufteilung
zwischen privater und öffentlicher Erziehung
sowie die Einbeziehung der Väter in die Pflege
und Erziehung. Prof. Dr. Regine Roemheld,
Dresden
Fazit für die BRD
• Aufgrund der Rechtslage (Art.6 GG: Schutz der
Ehe) ist eine reine Frauenpolitik nicht möglich
• Steuergesetzgebung bezieht sich nach wie vor
auf das Ernährermodell (Ehegattensplitting,
Kindergeld, Familienlastenausgleich)
• Das herkömmliche Familienbild beeinträchtigt
immer noch die Umsetzung von
Chancengleichheit, besonders in der Arbeitswelt
• Wirtschaft wehrt sich vehement gegen staatliche
Eingriffe in ihre Personalpolitik (z.B. über das
Gleichstellungsgesetz)
• Trotz Fachkräftemangel ist ihre Bereitschaft
gering, eigene Kinderbetreuung anzubieten
Regine Roemheld,
• Frauenanteil im Prof.
BT:Dr.31,5%
(Grüne, Linke, SPD)
Dresden
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