Umnutzung - Top Agrar

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Recht
Umnutzung: Was Sie dürfen
Wer Gebäude
umnutzen will,
hat oft Probleme
mit den Genehmi­
gungsbehörden.
Das muss nicht
sein. Stephan
Sauer erklärt,
worauf Sie achten
müssen.
W
er ein landwirtschaftliches Gebäude umnutzen möchte, kann seiner Phantasie zunächst freien Lauf lassen.
Anstelle von Kühen oder
Schweinen können Sie im alten Stall z. B. eine Tischlerei,
ein Künstleratelier, ein Café,
ein Ladenlokal, aber auch
Büroräume oder Wohnungen unterbringen.
Soweit die Theorie. In der
Praxis ist es häufig sehr viel
schwieriger, die ersehnte
Baugenehmigung zu bekommen. Die Behörden mauern
oder verteilen undurchsichtige Ablehnungen. Diese beruhen jedoch oft auf reinen Vermutungen oder mangelnden
Absprachen einzelner Fachbehörden untereinander.
Typisches Beispiel: Ein
Landwirt will ein umgebautes Altgebäude an einen
Handwerksbetrieb vermieten. Die Baubehörde weist
den Antrag unter Hinweis
auf angebliche Emissionsprobleme ab, obwohl die
Umweltbehörde lediglich
ein Zusatzgutachten vom
Landwirt fordert. Wer dann
nicht aktiv auf Spurensuche
für die Ablehnung geht, vergibt vielleicht die letzte
Chance, doch noch grünes Licht für die
Ansiedlung des Handwerksbetriebes in
der Scheune zu bekommen.
Wichtig vorab: Jede Nutzungsänderung muss von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde genehmigt werden. Die
maßgeblichen Vorschriften sind im Bau-
36 top agrar 9/2009
Bevor Ihre Umnutzung starten
kann, müssen Sie viele rechtliche
Vorgaben beachten.
gesetzbuch festgelegt. Hinzu kommen die
jeweiligen Bauordnungen der Bundesländer. Außerdem können bei der Genehmigung der Denkmalschutz sowie die Straßen- und Wegegesetze der Länder eine
Rolle spielen.
Ob Sie für Ihre geplante Umnutzung
eine Baugenehmigung erhalten können,
hängt ganz wesentlich vom Standort Ihres Hofes ab. Drei Fälle sind zu unterscheiden:
Fall 1: Ihr Hof liegt in einem Gebiet mit
Bebauungsplan.
Fall 2: Ihr Hof liegt innerhalb eines Orts-
– und was nicht
teils ohne Bebauungsplan (sog. unbeplanter Innenbereich). Fall 3: Ihr Hof liegt im Außenbereich. Fall
1:
Bebauungsplan
schafft Klarheit
Liegt Ihr Betrieb in einem Ortsbereich, für den ein Bebauungsplan existiert, so bestimmt dieser, welche Umnutzung erlaubt ist und welche nicht. Im Bebauungsplan ist festgelegt, ob es sich – rechtlich gesehen – um ein Dorf-, Misch- oder Gewerbegebiet handelt. Oft liegen landwirtschaftliche Betriebe in Dorf- oder Mischgebieten. Die Umwandlung von landwirtschaftlichen Gebäuden in Wohnungen ist hier in der Regel kein Problem. Auch die Unterbringung kleinerer Gewerbe- oder Handwerksbetriebe, die zur Versorgung der Bewohner beitragen, ist erlaubt. Daneben spielt das Maß der baulichen Nutzung (u. a. Zahl der Vollgeschosse, Höhe des Gebäudes) eine Rolle. Die einfache Umnutzung z. B. einer Scheune in einen Lagerraum ist meist unproblematisch. Anders sieht es aus, wenn Sie ein vorhandenes Gebäude um ein zweites Vollgeschoss erweitern möchten und der Bebauungsplan dies nicht vorsieht. Die Bauaufsichtsbehörde kann Sie jedoch von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreien, wenn die Umnutzung keine Nachteile für das Allgemeinwohl oder die nähere Umgebung befürchten lässt. Fall
2:
Umnutzung muss
sich „einfügen“
Für viele innerörtliche Lagen existiert kein formeller Bebauungsplan. Dann gelten die Vorschriften des § 34 Baugesetzbuch für so genannte „unbeplante Innenbereiche“. Hier kommt es darauf an, welchen baulichen bzw. rechtlichen Charakter die Umgebung hat. Meist wird sie einem Dorf- oder Mischgebiet entsprechen. Dann bekommen Sie jede Nutzung genehmigt, die – wenn ein Bebauungsplan existieren würde – in einem Dorf- oder Mischgebiet zulässig ist. Kann der richtige Gebietstyp nicht zweifelsfrei bestimmt werden, prüft die Behörde, ob sich Ihre geplante Umnutzung in die nähere Umgebung einfügt. Ein Indiz dafür sind ähnliche, bereits ge-
Umnutzung war
der Schwerpunkt
in top agrar 8/2009
Die 7-Jahres-Frist entfällt
Früher galt: Eine Umnutzung ist nur bei Gebäuden zulässig, die im Laufe der letzten sieben Jahre noch (zeitweise) landwirtschaftlich genutzt wurden. Lag es länger als sieben Jahre zurück, dass in dem Gebäude Tiere aufgestallt oder Getreide eingelagert waren, hatten umnutzungswillige Landwirte Pech. Sie durften die Gebäude nicht für außerlandwirtschaftliche Zwecken umbauen. Von 2005 bis Ende 2008 hatte der Gesetzgeber diese Frist bereits ausgesetzt. Ab 2009 kann nun jedes Bundesland für sich entscheiden, ob es die 7-
nehmigte Projekte in der Nachbarschaft. Als wichtigstes Kriterium, um festzustellen, ob sich Ihr Vorhaben „einfügt“, gilt das Gebot der Rücksichtnahme. Dabei kommt es immer auf den Einzelfall an. Beispiel: Sie wollen in Ihrer Scheune eine Schlosserei unterbringen. Wenn zu erwarten ist, dass diese Ihre Wohnnachbarn mit erheblichem Lärm und ständigem Fahrzeugverkehr belästigen würde, sähe es mit der Baugenehmigung schlecht aus. Planen Sie dagegen ein kleines Blumengeschäft, das nur einmal in der Woche beliefert wird, haben Sie eine größere Chance auf Zustimmung durch das Bauamt. Unser Autor
Stephan Sauer, Fachanwalt für
Verwaltungsrecht beim WestfälischLippischen Landwirtschaftsverband
Jahres-Frist anwendet oder nicht. Von diesem Spielraum hat z.B. Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland Gebrauch gemacht und die Frist zunächst bis zum 31.12.2014 ausgesetzt. Andere Bundesländer, wie SchleswigHolstein, Niedersachsen, MecklenburgVorpommern, Brandenburg, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern wollen bzw. haben nachgezogen. Wenn Sie also ein Gebäude umnutzen möchten, das schon länger als sieben Jahre nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden ist, erkundigen Sie sich, welche Regelung derzeit in Ihrem Bundesland gilt. Fall
3:
Viele Hürden im
Außenbereich
Viele Umnutzungen, die in Ortslagen möglich sind, werden im so genannten Außenbereich nicht ohne weiteres genehmigt. Dafür sorgen die strengen Vorschriften des § 35 Baugesetzbuch. Danach dürfen nur Land- und Forstwirte (Voll- und Nebenerwerb) im Außenbereich privilegiert bauen, da ihre Vorhaben „dem Wesen nach“ in den Außenbereich gehören. Dazu zählen z. B. Stäl le, Lager- und Maschinenhallen, aber auch z. B. Gebäude für die gewerbliche Tierhaltung. Wenn ein Land- und Forstwirt ehemalige Wirtschaftsgebäude im Außenbereich umnutzen will, ist dies grundsätzlich möglich. Denn für die erstmalige Nutzungsänderung hin zu außerlandwirtschaftlicher Nutzung gilt eine Begünstigung für Landwirte. Der Vorteil liegt darin, dass einige Vorschriften, die sonst die Baugenehmigung im Außenbereich unmöglich machen, kein K.O.Kriterium mehr darstellen. So steht Ihrem begünstigten Umnutzungprojekt z. B. der Flächennutzungsplan nicht im Weg. Trotzdem gibt es noch viele rechtliche Hürden zwischen Ihnen und der begehrten Baugenehmigung. So darf die Umnutzung keine öffentlichen Belange beeinträchtigen, wie den Natur- oder Wasserschutz. Ebenso müssen Infrastruktur und Erschließung gesichert sein. Und auch für die umzunutzenden Gebäude selbst gibt es viele detaillierte Vorschriften. Lesen Sie auf den nächsten Seiten,
was im Außenbereich zu beachten ist.
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Recht
Außenbereich:
So meistern Sie die Hürden
Im Außenbereich sind die
Vorschriften für die Um­­
nutzung landwirtschaft­
licher Gebäude besonders
streng. Stephan Sauer
erläutert, wann und wie
Sie trotzdem zur begehr­
ten Baugenehmigung
kommen.
D
ie erste Voraussetzung für die Umnutzung ist: Das Gebäude, das Sie
umnutzen wollen, muss in einem
räumlich-funktionalen Zusammenhang
mit Ihrer Hofstelle stehen. Das heißt: Es
muss mit den übrigen Gebäuden eine Betriebseinheit bilden oder gebildet haben
und eine räumliche Nähe zur Hofstelle besitzen. Dies wäre z.B. bei einer Entfernung
von 300 m zur Hofstelle nicht der Fall.
Eine Hofstelle liegt im rechtlichen
Sinne nur dann vor, wenn neben Wirtschaftsgebäuden auch ein landwirtschaftliches Wohngebäude vorhanden ist.
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Für das Gebäude selbst gelten zwei
weitere Bedingungen:
n Es muss von der Substanz her erhaltenswert sein. Das heißt: Eine Umnutzung wird nicht mehr genehmigt, wenn
das Gebäude bereits verfallen oder gar
eine Ruine ist.
n Auf der anderen Seite darf das Gebäude auch nicht zu „jung“ sein. Seine Errichtung muss mindestens sieben Jahre
zurückliegen.
„Schwarzbau“ fliegt auf
Außerdem darf es sich nicht um einen
„Schwarzbau“ handeln, das Gebäude muss
also zulässigerweise errichtet worden sein.
Damit will der Gesetzgeber verhindern,
dass Nicht-Landwirte sich im Außenbereich eine Privilegierung „erschummeln“.
Zulässigerweise errichtet heißt: Entweder muss für das Gebäude eine formelle Baugenehmigung vorliegen. Oder
es muss „materiell rechtmäßig“ (konform zu den geltenden Bauvorschriften
in der Vergangenheit) errichtet und genutzt worden sein. Ein materiell rechtmäßig errichtetes Gebäude kann zum Bei-
spiel ein 200 Jahre alter Stall sein.
Wenn Sie ein Wirtschaftsgebäude umnutzen wollen, wird die Genehmigungsbehörde also immer prüfen, ob die bisherige Nutzung genehmigt bzw. rechtmäßig
war. Als Bauherr trifft Sie dafür die Beweispflicht. Problematisch kann es werden, wenn ein an sich genehmigtes Gebäude baulich so verändert wurde, dass
es rechtlich als „ein anderes Gebäude“
einzustufen ist. Dann ist der Bestandschutz durch die frühere Baugenehmigung möglicherweise erloschen.
Scheune als Stall genutzt
Hierzu ein Beispiel: Sie haben eine als
Lager genehmigte Scheune als Stall genutzt und dafür auch Um- oder Anbauten vorgenommen. Dann gilt die alte
Baugenehmigung nicht mehr. Strenge
Behördenvertreter kommen vielleicht sogar zu dem Schluss, dass Sie durch die
Einstallung der Tiere die alte Nutzung
dauerhaft aufgegeben haben. Dann dürfen Sie nicht darauf hoffen, ohne weiteres
auf den Stand der alten Baugenehmigung
zurückkehren zu können.
Solche Probleme tauchen häufig z.B.
bei Scheunen im Außenbereich auf.
Durch ungenehmigte Umbauten wurde
der Bestandschutz teilweise so weit ausgehöhlt, dass Sie das Gebäude am Ende
weder umnutzen noch weiter als Scheune
nutzen können. Im schlimmsten Fall kann
die Behörde dann nämlich die weitere
Nutzung komplett verbieten oder einen
Abriss fordern.
Doch so schlimm kommt es meistens
nicht. In vielen Fällen ist es möglich, ungenehmigte Um- oder Anbauten nachträglich zu legalisieren. Dies geschieht, in
dem Sie nachträglich eine Baugenehmigung beantragen. Das Problem dabei: Für
die Erteilung der Genehmigung gilt dann
heutiges Baurecht. Dies kann teure Nachbesserungen (z. B. Brandschutz, Statik)
zur Folge haben. Eine anschließende Umnutzung wird außerdem – wenn überhaupt – nur unter engeren Bedingungen
genehmigt. Denn für die geplante Umnutzung entfällt voraussichtlich Ihre Begünstigung als Landwirt. Das heißt Ihr
Umnutzungsantrag würde dann nach den
verschärften Regeln des Baurechts für
den Außenbereich bewertet. Diese bestimmen, dass Landwirte nur für die erstmalige Nutzungsänderung eines Gebäudes bevorzugt werden. Die Legalisierung
des Schwarzbaus zählt bereits als Nutzungsänderung.
In Fällen, in denen es Unklarheiten
mit der Baugenehmigung für das bestehende Gebäude und die bisherige Nutzung gibt, sollten Sie sich immer rechtlich
beraten lassen, bevor Sie eine Umnutzung beantragen.
Äußere Gestalt muss
erhalten bleiben
Aus baurechtlicher Sicht müssen Sie
bei einer Umnutzung noch zwei weitere
wichtige Punkte beachten:
n Die äußere Gestalt des Gebäudes
muss im wesentlichen erhalten bleiben.
Sie dürfen es also nicht abreißen und anschließend an gleicher Stelle neu bauen.
Es ist aber durchaus zulässig, ein ehemals
landwirtschaftlich genutztes Gebäude zu
entkernen und im Inneren völlig umzugestalten. Auch der Einbau von neuen Fenstern – und im geringeren Umfang auch
Anbauten – sind erlaubt.
n Und Sie müssen sich verpflichten, für
das alte Gebäude, dessen Nutzung geändert werden soll, keinen Neubau als Ersatz zu errichten. Dies soll verhindern,
dass ein Landwirt z. B. Wohnungen einrichtet, dann unter Hinweis auf die Privilegierung ein neues Gebäude für landwirtschaftliche Zwecke errichtet und so
den Baubestand im Außenbereich vergrößert. Die Sicherstellung erfolgt in der
Regel durch Eintragung einer Baulast.
Bis zu drei Wohnungen …
Spezielle Grenzen sind zu beachten,
wenn Sie bestehende Wirtschaftsgebäude
zu Wohnungen (für Vermietungszwecke)
umbauen wollen. Privilegiert sind auf einer Hofstelle die Wohnungen für die Betriebsleiter-Familie und die Altenteiler.
Daneben dürfen Sie durch Umnutzung
höchstens drei nicht-privilegierte Wohnungen schaffen.
Die Grenze von drei Wohnungen gilt
nur dann nicht, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das besonders erhaltenswert ist und das Bild der Kulturlandschaft
prägt. Ob dies der Fall ist, lässt sich zwar
nicht generell bestimmen. Meist gilt dies
jedoch für Gebäude, die weitgehend ursprünglich erhalten sind und durch ihren
typischen Baustil die Landschaft mitgestalten.
Dass das Gebäude, das Sie für Wohnungen umnutzen möchten, diese Voraussetzungen erfüllt, müssen Sie der Bau-
Wenn der Mieter abspringt …
Ein Fall, wie er in der Praxis immer
wieder vorkommt: Ein Landwirt hat ein
altes Stallgebäude umgenutzt und z. B.
an eine Schreinerei verpachtet. Die ersten Jahre läuft alles glatt, dann ist die
Schreinerei plötzlich pleite. Was nun?
Wenn der Landwirt Pech hat, darf in
das Gebäude dann nur noch ein anderer holzverarbeitender Betrieb einziehen, der es ähnlich nutzt wie der Vorgänger. Denn eine erneute Nutzungsänderung für nicht-landwirtschaftliche
Zwecke wird entweder gar nicht ge­
nehmigt oder nur mit großen Schwie-
rigkeiten bzw. Einschränkungen.
Deshalb ist es wichtig, die erstmalige
Nutzungsänderung gründlich und langfristig zu planen. Versuchen Sie, den
Genehmigungsantrag von Anfang an
möglichst weit zu fassen, um sich für die
Zukunft mehrere Nutzungsmöglichkeiten offen zu halten.
Etwas einfacher ist die Rechtslage,
wenn das umgenutzte Gebäude einen
„kulturlandschaftsprägenden“ Charakter hat. In diesen Fällen wird eine erneute Umnutzung eher bzw. leichter genehmigt.
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Recht
Der Status „kulturlandschaftsprägend“
erlaubt mehr als drei Wohnungen.
aufsichtsbehörde nachweisen bzw. glaubhaft machen. Hilfreich können dabei z. B.
alte Hofchroniken oder Dokumente aus
dem Gemeindearchiv sein, aus denen
hervorgeht, wie lange Ihr Hof und die
Gebäude schon bestehen. Reicht dies der
Behörde nicht aus, können Sie ein Gut-
achten durch sachkundige Stellen, wie
z. B. ein geographisches Institut, den
Landschaftsverband oder auch die Denkmalfachbehörde erstellen lassen.
Wenn fest steht, dass das Gebäude
„kulturlandschaftsprägend“ ist, dürfen Sie
darin unter Umständen mehr als drei
Wie hoch muss die Miete sein?
Wie Sie bei der Umnutzung kalkulieren sollten
L Wohnungen einbauen. Zudem ist der Umbau nicht mehr an Fristen gebunden und
jederzeit möglich, auch nach einer langjährigen Hofaufgabe.
Ähnliches gilt auch für denkmalgeschützte Gebäude. Zwar gibt es für deren
Umnutzung strenge Auflagen und oftmals heftige Diskussionen zwischen
Denkmalbehörde und Bauherrn, aber
auch hier ist die Zahl der Wohnungen zunächst nicht beschränkt!
Noch weitere Hürden
Selbst wenn Sie die bisher erläuterten
baurechtlichen Vorgaben erfüllen, haben
Sie damit noch nicht automatisch grünes
verzichtet er weiterhin auf eine Verzinsung des Gebäudewertes und des für die
Umnutzung eingesetzten Eigenkapitals.
Wenn er das Gebäude wirklich rentabel vermieten möchte, muss Schnieder
– wie in Übersicht 2 berechnet – eine
Mindestmiete vor Steuern von 1,83 €/m2
pro Monat erzielen. In dieser Rentabilitätsrechnung verstecken sich Zins (5 %)
und anfängliche Tilgung (3 %) für das
aufgenommene Fremdkapital in der
Abschreibung (AfA) und im Zinsanspruch. Diesen haben wir mit 3 % für
das ingesamt gebundene Kapital
(110 000 €) angesetzt. Alternativ rechnet
man mit 6 % auf die (durchschnittlich
gebundene) halbe Summe. Damit bekäme er auch sein Eigenkapital und die
Gebäudesubstanz verzinst.
Kann Landwirt Schnieder mehr als
1,83 €/m2 pro Monat an Mieteinnahmen
erzielen, erwirtschaftet er einen Gewinn.
eer stehende Gebäude kosten jedes Höhe von 4 800 €. Hinzu kämen jährliJahr bares Geld. Besser wäre es, das che Kosten in Höhe von kalkulierten
Gebäude würde wenigstens diese Kos- 2 200 € für die Unterhaltung des Gebäuten „selbst verdienen“. Hierzu ein Bei- des (Versicherung, Instandhaltung, Steuspiel: Landwirt Werner Schnieder ern) sowie für Kostenanteile, die nicht
(Name geändert) besitzt eine alte auf den Mieter umlagefähig sind. LandScheune, die 30 000 € wert ist. Diese wirt Schnieder müsste also mindestens
kostet ihn jährlich rund 4 % des Sub- diese Kosten von 7 000 €/Jahr durch die
stanzwertes an Versicherungen, In- Miete decken. Umgerechnet auf die Gröstandhaltung und Steuern. Jahr für Jahr ße der Halle entspricht das einem Mietverliert Schnieder so etwa 1 200 €.
betrag von 1,17 €/m2 im Monat.
Wir haben nachgerechnet, ob und
Doch wirklich lohnen würde sich die
wann es sich lohnt, in den Umbau der Umnutzung bei diesem Mietpreis noch
500 m2 großen Scheune zu investieren, nicht. Zwar erwirtschaftet der Landwirt
um sie anschließend an einen Hand- dann – neben dem Kapitaldienst für den
werksbetrieb zu vermieten. Die erfor- aufgenommenen Kredit – zumindest noch
derliche Investition soll 80 000 € betra- die Unterhaltskosten der Scheune. Jedoch
gen (20 000 € Eigen- und
60 000 € Fremdkapital).
Wie hoch müsste die
Übersicht 2: Ab dieser
Übersicht 1: Das ist die
Miete pro m2 mindestens
Miete wird’s rentabel
Miet-Untergrenze
sein, damit sich die Investition lohnt?
Rentabilität
Liquidität
Das Ergebnis zeigt
vorhandene Substanz
30 000 €
vorhandene Substanz
30 000 �€
Übersicht 1. Dabei geEigenkapital
20 000 €
Eigenkapital
20 000 �€
hen wir von den Mieteinnahmen vor Steuern
Fremdkapital
60 000 €
Fremdkapital
60 000 �€
und einer Kreditlaufzeit
Summe
110 000 €
Summe
110 000 �€
von 20 Jahren aus. Bei
Abschreibung (AfA), Jährl. Kapitaldienst für Annuitä­
5 %
5 500 €
einem Annuitätendarle20 Jahre
tendarlehen (Zinssatz 5 %/ 8 %
4 800 �€
hen über 60 000 € mit eiTilgung 3 %, Laufzeit 20 Jahre)
Zinsanspruch
3 %
3 300 €
nem jährlichen Zinssatz
Unterhaltung
und
nicht
Unterhaltung
sowie
nicht
von 5 % und einer an2 %
2 200 �€
2 %
2 200 €
umlagefähige Kosten
umlagefähige Kosten
fänglichen Tilgung von
gesamte Kosten
7 000 �€
gesamte Kosten
11 000 €
3 % ergäbe sich ein jährMindestmietpreis pro Monat
1,17 ���
€/m2
licher Kapitaldienst in
Mindestmietpreis ���������
pro Monat
1,83 ���
€/m2
40 top agrar 9/2009
Licht für die geplante Umnutzung. Weitere Hürden können sich beim Umweltrecht, im Bereich der Erschließung und
durch den Trinkwasser- sowie den Naturschutz ergeben.
Häufig argumentieren die Behörden,
die geplante Umnutzung würde zu negativen Umwelteinflüssen führen – und lehnen deshalb die Genehmigung ab. Darunter fallen z.B. Emissionen wie Gerüche
und Lärm, wenn ein Handwerksbetrieb
in einer früheren Scheune einquartiert
wird. Dann müssen Sie womöglich mit
Hilfe eines Gutachters nachweisen, dass
die Bedenken unbegründet sind.
An das Emissionsproblem sollten Sie
vor allem dann denken, wenn Sie ein bestehendes Wirtschaftsgebäude zu Wohnungen umbauen wollen. Zwar wird die
Umnutzung möglicherweise genehmigt.
Jedoch erhalten die Mietwohnungen dann
das objektive Schutzniveau einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung.
Das heißt: Die vermietete Wohnung
im ehemaligen Kuhstall kann später z. B.
beim Ausbau der Schweinemast Probleme bereiten. Plötzlich müssen Sie einen
teuren Abluftwäscher einbauen, der eigentlich nicht notwendig gewesen wäre.
Ein Verzicht des Mieters auf seinen
Schutzanspruch – sei es bereits im Mietvertrag oder durch ausdrückliche schriftliche Erklärung – hilft da auch nicht weiter. Denn die (Immissionsschutz-) Behörde muss in dieser Frage objektive
Maßstäbe anlegen. Besser wäre es, eine
Klausel in den Mietvertrag aufzunehmen,
die eine außerordentliche Kündigung zulässt, falls es künftig Ärger mit dem Immissionsschutz geben sollte.
Bei aktiv bewirtschafteten Betrieben
sollte man also immer gut überlegen, welche Form der Umnutzung am ehesten mit
der Landwirtschaft vereinbar ist. So könnte die Umnutzung eines leerstehenden
Gebäudes als Lagerraum oder für einen
Handwerksbetrieb
unproblematischer
sein, als gut situierte Mieter in die „Wohnung auf dem Land“ einzuquartieren.
Gemeinden mauern bei
hohen Erschließungskosten
Ein weiteres Problem in der Praxis:
Viele Gemeinden sehen Umnutzungsanträge von Landwirten sehr skeptisch,
wenn damit hohe Erschließungskosten
verbunden sein könnten, z. B. für die Zuwegung oder die Ver- und Entsorgung.
Denn für Vorhaben im Außenbereich
muss die Erschließung gesichert sein.
Dieses Problem kennen viele Betriebe, die in den letzten Jahren z. B. ein Hofcafé eröffnet haben. Dieses zieht viele
Besucher an. Wenn die Hofzufahrt dann
auch noch auf eine überörtliche Straße
führt, müssen Sie damit rechnen, dass sich
Erfordert die Umnutzung neue Erschließungsmaßnahmen, führt dies oft zu Ärger
mit den Gemeinden.
Fotos: Heil (2), Sippel, Telaar, Werkbild
tigstellung, sondern auch die Unterhaltungskosten von Straßen sowie Ver- und
Entsorgungsanlagen auf die betroffenen
Landwirte abzuwälzen.
Abschließend gibt es noch zwei weitere
Hürden, die Ihre geplante Umnutzung erschweren können:
n Die neue Nutzung des Gebäudes darf
nicht im Widerspruch zu den Zielen des
Naturschutzes oder der Landschaftspflege
stehen. Eventuell müssen Sie zusätzliche
Maßnahmen ergreifen, um Beeinträchtigungen zu vermeiden (z. B. Ziegel- statt
spiegelndem Kunststoffdach) oder auszugleichen, z. B. durch Begrünung. Dabei
kann ein Landschaftsarchitekt helfen, der
in einem Gestaltungsplan alle Maßnahmen detailliert erläutert.
n Die Umnutzung kann unzulässig sein,
wenn sie die Trinkwasserversorgung gefährden oder Gewässerverunreinigungen
verursachen könnte. So wäre ein Architekturbüro eher genehmigungsfähig als
eine Kfz-Werkstatt, in der Altöl anfällt.
das Straßenbauamt quer legt. Im
schlimmsten Fall kann dann sogar eine
Abbiegespur oder eine Ampelanlage erforderlich werden. Gerade die Straßenbehörden bremsen häufig von Landwirten geplante Nutzungsänderungen, da sie
nur den Verkehrsfluss auf der Landstraße
im Blick haben.
Probleme können sich auch bei der
Wasserversorgung, insbesondere aber bei
der Abwasserentsorgung ergeben, wenn
die vorhandene Kleinkläranlage nur auf
eine begrenzte Personenzahl ausgelegt ist.
Wenn größere Erschließungsmaßnahmen erforderlich werden, stehen die Gemeinden häufig auf der Bremse. Zwar gehört die Herstellung oder Übernahme
von Erschließungsanlagen eigentlich zu
den Pflichtaufgaben der Gemeinden. Diese lehnen aber Umnutzungsanträge von
Landwirten häufig unter Hinweis auf die
entstehenden Kosten ab – oder verlangen
alternativ, dass sich der Landwirt an den
Kosten beteiligt.
Die Gemeinde bietet dem Landwirt
dann den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages an. Wenn Sie diesen Weg
beschreiten wollen, kommt es darauf an,
dass der Vertrag juristisch sauber abgefasst wird. Halten Sie möglichst exakt
fest, welche Partei welche Kosten tragen
soll. So ersparen Sie sich teure Überraschungen. Viele Gemeinden versuchen
nämlich, nicht nur die Kosten für die Fer-
Wir halten fest
Auch im Außenbereich wird die
Umnutzung ehemaliger Wirtschaftsgebäude häufig genehmigt. Jedoch sind
die Hürden höher als bei Hofstellen in
Dorflage. Manchmal müssen Sie Kompromisse mit den Behörden machen,
um die Genehmigungschancen zu erhöhen. Vorsicht ist jedoch geboten,
wenn die Gemeinde z. B. verlangt, dass
Sie sich an Erschließungs- oder sonstigen Kosten beteiligen. Darauf sollten
Sie sich im Einzelfall nur dann einlassen, wenn Ihr Kostenanteil vertraglich
klar definiert und begrenzt ist.
Wenn Sie mehrere Wohnungen errichten wollen, sollten Sie prüfen, ob
Sie für das betreffende Gebäude geltend machen können, dass dieses das
Bild der Kulturlandschaft prägt. Dann
ist Ihr Spielraum deutlich größer.
Im Zweifelsfall sollten Sie zunächst
eine Bauvoranfrage an das Bauamt
stellen und sich kompetente Beratung
holen, z. B. durch einen Architekten
oder Juristen. Fällt der Vorbescheid
negativ aus, erfahren Sie im Gespräch
mit den Behördenvertretern in welchen Punkten Sie Ihren Umnutzungsantrag noch nachbessern müssen.
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