Drei für einen Liter

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E
stephan Hauri
in wichtiger Vertreter der
neu etablierten Dreizylinder-Motorengilde ist der 1.0
TSI des Volkswagenkonzerns. Der kleine Direkteinspritzer wurde vor kurzem
anlässlich des Wiener Motorensymposiums detailliert vorgestellt.
Mit dem neuen Aggregat erweitert
VW die Motorenfamilie EA211 um einen
weiteren turbogeladenen Direkteinspritzer. Diese Baureihe, die aus Drei- und
Vierzylindern mit Saugrohr- und Direkteinspritzung besteht, löste ab Ende 2011
schrittweise die Baureihe EA111 ab. Die
neuen Motoren wurden speziell auf die
Anforderungen des modularen Baukastens (MQB) von VW abgestimmt.
Im Wesentlichen unterscheidet sich
die Reihe EA211 von der Vorgängerreihe
durch den modularen Aufbau, das aus
Aluminium bestehende Kurbelgehäuse,
den in den Zylinderkopf integrierten Abgaskrümmer und den Nockenwellenantrieb mittels Zahnriemen. In allen Konternmodellen, die nach den Vorgaben des
MQB entworfen wurden, sind die Motoren vorne quer und um 12° nach hinten
geneigt eingebaut.
Downsizing Der 1.0 TSI ist nach dem 1.2
TSI und dem 1.4 TSI der dritte Direkteinspritzer und unter diesen der erste Dreizylinder. Wie der 1-L-Saugmotor weist er
eine Bohrung von 74,5 mm und einen
Hub von 76,4 mm auf, was zu einem Hubraum von 999 cm3 führt. Charakteristisch
für den 1.0 TSI sind die EA211-typischen
Merkmale: das Kurbelgehäuse aus Aluminium-Druckguss mit eingegossenen
Grauguss-Laufbuchsen, der einheitliche
Zylinderabstand von 82 mm, der gewichts- und reibungsreduzierte Kurbeltrieb, die separate Kühlung von Kurbelgehäuse und Zylinderkopf, das Einlassmodul mit integriertem Ladeluftkühler und
der Ventiltrieb für die Betätigung von vier
Ventilen pro Zylinder.
Das Open-deck-Kurbelgehäuse wiegt
nur 15 kg und bringt damit eine rund
10-prozentige Verbesserung gegenüber
einem Gehäuse eines leistungsgleichen
Vierzylinders. Da die geschmiedeten
Pleuel und die Aluminium-Kolben sehr
leicht sind und die inneren Kräfte in der
Kurbelwelle – damit auch die Hauptlagerbelastung – mit vier Gegengewichten auf
ein niedriges Niveau gesenkt werden
konnten, erübrigte sich der Einbau einer
Ausgleichswelle.
Die vier Ventile pro Zylinder, die in
Winkeln von einlassseitig 21° und auslassseitig 22,4° angeordnet sind, werden über
Rollenschlepphebel betätigt. Die Integration des Abgaskrümmers in den Zylinderkopf ermöglicht nach dem Kaltstart eine
schnellere Erwärmung des Kühlmittels.
Dadurch reduzieren sich die Reibungsverluste während der Warmlaufphase,
und aus­serdem ergibt sich eine bessere
Heizleistung.
Kompakter Ventiltrieb Die beiden
Nockenwellen bilden mit der aus Aluminium gegossenen Zylinderkopfhaube eine kompakte, steife Ventiltriebseinheit.
Einlass- und Auslassventile sind werden
von einem hydraulischen Flügelzellen-
Steife Einheit: Zylinderkopfhaube mit
integriertem Ventiltriebsmodul.
Nr. 21 | 21. Mai 2014 automobilrevue
Technik Drei für einen Liter
Als neue Variante der
Motorenfamilie EA211 lanciert
VW den 1-L-Dreizylinder-TSI.
Der kleine Turbomotor kommt
zuerst im Polo und im Golf
Bluemotion zum Einsatz.
R3 TSI
Dank Turbolader und Hochdruck-Direkt­
einspritzung ist der 1.0 TSI leistungstark
und verbrauchsgünstig. Fotos: Werk
das Wastegate zur Reduzierung der Ladungswechselverluste vollständig geöffnet werden.
Das Pumpen­
modul regelt die
zwei Kühlmittel­
kreisläufe für
Zylinderkopf und
Kurbelgehäuse.
Kurbeltrieb mit
Schwungrad
steller je nach Betriebszustand um 50 respektive 40 °Kw verstellt. Das begünstigt
einerseits den Dreh­moment­aufbau im
Drehzahlkeller und andererseits die Leistungsausbeute bei hohen Drehzahlen.
Der Antrieb der Nockenwellen ist geräuscharm und leichtgewichtig, weil von
einem Zahnriemen bewerkstelligt. Dessen Lebensdauer ist auf jene des Fahrzeugs abgestimmt.
Erstmals setzt VW eine stufenlos
kennfeldgeregelte Ölpumpe ein. Sie wird
direkt von der Kurbelwelle angetrieben.
Ein elektrisches Proportionalventil regelt
den Druck je nach Bedarf zwischen 1,4
Die Einlasskanalführung im 1.0 TSI ermöglicht
höhere Strömungsgeschwindigkeiten.
und 4,5 bar. Bei höheren Drücken werden
die Kolbenböden mit Spritzöl gekühlt. Die
ebenso leichte wie steife Ölwanne besteht
aus Aluminium-Druckguss.
Gut geKühlt Der Basismotor wird mit
einem auf Zylinderkopf und Kurbelgehäuse aufgeteilten Hochtemperaturkreislauf gekühlt; für den Antrieb der Pumpe
sorgt die Auslassnockenwelle. Daneben
übernimmt ein Niedertemperaturkreislauf mit Elektropumpe die geregelte Kühlung des Turboladers und der Ladeluft.
Der Turbolader kann also bei Bedarf nach
dem Ausschalten des Motors noch weiter
gekühlt werden.
Obwohl der kleine Lader mit SingleScroll-Turbine bestückt ist, spricht er laut
Angaben der Entwickler dank geringer
Massenträgheit des Laufzeugs schnell an.
Das Ladergehäuse besteht aus Stahlguss
und erträgt Abgastemperaturen von bis
zu 1050 °C.
Mit 1,4 bar Überdruck erreicht der
Lader des 1.0 TSI den bisher in dieser Motorenbaureihe höchsten Ladedruck. Die
Regelung erfolgt über einen elektrischen
Wastegate-Steller. Im Teillastbetrieb kann
Hochdruck Für die Motorenfamilie
ebenfalls erstmalig ist der hohe maximale Einspritzdruck von 250 bar. Eingespritzt wird durch 5-Loch-Magnetventilinjektoren. Im Teillastbetrieb kann die
Einspritzmenge pro Arbeitstakt auf bis zu
drei Einzelportionen verteilt werden.
Trotz der für einen Turbomotor hohen
Verdichtung von 10,5:1 kommt der 1.0 TSI
mit 95er-Benzin aus.
Für den Einsatz im Polo werden dem
neuen Motor 81 kW (110 PS) mitgegeben,
im Golf sind es 85 kW (115 PS). Diese Maximalleistungen sind jeweils zwischen
5000 und 5500/min verfügbar. Das maximale Drehmoment beläuft sich bei
beiden Motoren auf 200 Nm und bleibt
zwischen 2000 und 3500/min konstant.
Damit erreichen die Fahrzeuge im EUNormzyklus bemerkenswert niedrige
CO2-Emissionen: 99 g/km sind es im Falle
des Golf Bluemotion, gar nur 92 g/km
beim Polo Bluemotion.
Bei der Motorkonstruktion wurde
auch auf schnelle Weiterentwicklungsfähigkeit geachtet: So sollen mit kleinen
Modifikationen alternative Treibstoffe
wie Ethanol oder Erdgas verarbeitet werden können. Ausserdem dürften im kleinen Direkteisnpritzer dereinst neuartige
Aufladesysteme wie etwa der elektrische
Booster zum Einsatz kommen.
Der Single-Scroll-Turbolader sorgt
für hohe Ladedrücke.
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