ber den Bau der Atomkerne. II

Werbung
156
Ober den Bau der Atomkerne.
II.
Von W. Heisenberg, zurzeit Ann Arbor, Michigan.
Mit 3 Abbfldungen. (Eingegangen am 30. Juli 1932.)
w1. Stabi]it~t der Kerne gerader und ungerader Neutronenzahl. w2. Streuung
yon ~,-Strahlen am Atomkern. w3. Die Eigenschaften des Neutrons.
Der Zweek der vorliegenden Untersuchungen ist, festzustellen, inwieweit
man die fundamentalen Sehwierigkeiten in der Theorie des Atomkerns
reduzieren kann auf die Frage nach der Existenz und nach den Eigenschaften
des Neutrons. Im ersten Tell dieser Arbeit wurde insbeson4ere die Stabiliti~t
der Kerne gegentiber dem Zerfall dutch 0r und fl-Strahlen under diesem
Gesiehtspunkt diskutiert. Die Oesetzmiil~igkeiten, die sich dort als mal3gebend ftir die Struktur der radioaktiven Zerfallsreihen erwiesen, sollen
im folgenden auch auf die leichteren, nicht radioaktiven Atomkerne angewendet werden and ermSgliehen bier die I)eutung einiger bekannter
empiriseher l~egeln fiber die Sys~emat.ik der Atomkerne, die zuerst von
B e c k 1) angegeben wurden.
w 1. StabilitSt der Kerne. Naeh den Untersuchungen yon Teil I S) kann
ein Kern dann unter Aussendung yon fl-Strahlen zerfallen, wenn dutch
*) G. Beck, ZS. f. Phys. ~7, 407, 1928; 50, 548, 1928.
~) In Teil I sind ]eider die Atomgewichte der Actiniumreihe nach Gamows
Buch (Der Bau des Atomkerns und die Radioaktivitiit. Leipzig 1932) um vier
Eintmiten zu hoch angegeben worden. Die betreffende Tabelle lautet nach
R u t h e r f o r d , Chadwick und Ellis (Radiations from Radioactive Substances,
Cambridge 1930) richtig :
Element
nt]~12
Pa
140
1,539
~e
138
1,551
Ra Ac
137
1,522
AcX
135
1,535
133
1,547
131
1~560
hcB
129
1,574
Ac C
P
Ac C'
128
1,542
127
1,512
125
1,524
[z
Ac Em
a
AcA
(z
a
AcD
W. Heisenberg, Uber den Bau dot Atomkerne. [I.
157
Zufiigung eines Protons zum Kern mehr Energie gewonnen wird, als zum
Entfernen eines Neutrons aus dem so entstehenden Kern aufgewendet
werden mul~. Um die Stabilit~t der Kerne gegeniiber fl-Zeffall leieht zu
flbersehen, ist es daher am zweckm~Bigsten, bei gegebener ~esamtmasse
des Kerns (n ~ n 1 -~ n2, nl Neutronenanzahl, n~ Protonenanzahl) die
Energie des tiefsten Zustandes als Funktion etwa yon n 1 alffzutragen.
Wenn durch einen Schritt yon n I nach n I - - 1 die Energie erniedrigt werden
kann, so ist der betreffende Kern fl-labil, sonst ist er gegeniiber fl-Zerfall
stabil. Wird das Verh~tnis n l / n ~ zu klein, so wird der Kern durch
Aussenden yon c~-Strahlen zerfallen.
I n erster N~herung wird die Kurve, welche bei gegebener Masse n die
Energie E als Funktion von n 1 darstellt, folgendes Aussehen haben (Fig. 1) :
Fiir n 1 ~ 0 versehwindet E, da die
Protonen sich gegenseitig abstoBen, und
da eine Bindung deswegen nicht zustande
:. 2z1
kommt. Die Energie Ankt dann mit
zunehmendem n 1 zu einem Minimum,
das
etwas reehts
yon - - =
1 liegen
wird, und steigt wieder, bis sie bei
n 1 ~ n einen immer noch negativenWert
erreicht, der der Bindung eines nur ~us
Neutronen bestehenden Kerns entspricht.
Wenn der NIinimalwert der Kurve bei
Fig. 1.
- - ~ a erreicht wird, so wiirden in dieser Naherung alle Kerne, ffir
~2
die ~ ~ a ist, fl-labil sein, dagegen alle anderen gegeniiber fl-Zeffall
n~
s~abil. (In der Figur sind die ]abi]en Kerne durch ein Kreuz, die_ atabilen
dureh einen Kreis markier~.) Dieses Bild bedarf jedoeh naeh den
l~esultaten yon Tell I, w 5 einer Veffeinerung.
Betrachten wir zun~chst die Atomkerne, bei denen n eine gerade Zahl
ist. Wegen der besonderen Stabilit~ des Heliumkerns werden dort die zu
geradzahligen Werten yon n 1 und n~ gehSrigen Energien erheblich tiefer
liegen, als die Energien der Zust~nde mit ungeradem n x und n 2 bei ungef~hr
gleichen Werten yon n l / n ~. Zur Darstellung der Energie als Funktion
yon ~t1 werden wir also nicht eine, sondern ~wei Kurven vom Typus der
Fig. 1 zeiehnen miissen, die eine fiir gerade n l, n 2, die andere flit ungerade
nl, n~. Die zweite Kurve wird um ein ungef~J~r konstantes, d . h . von n 1
Zeitschrlft fiir Physik. Bd. 78.
11
158
W. Heisenberg,
und n in erster Ngherung unabhiingiges Stlick hSher liegen als die erste
Kurve (Fig. 2). Die Fig. 2 lehr~ uns nun, dab auf der unteren Kurve berei~s
Punkte rechts yore Minimum zu stabilen Kernen gehSren kSnnen, wi~hrend
auf der oberen Xurve auch noch Punkte links yore Minimum einen tiefer
liegenden linken Nachbarpunkt besitzen, d.h. Kernen entsprechen, die
durch Aussendung yon fl-Strahlen zerfallen kSnnen. Auf der oberen Kurve
werden bei grol~er CJesamtmasse n die Xerne eventuell ersr bei so kleinen
nx/n2-Wertenfl-stabil, dab bereiis vorher die ~-Labilitiit einsetzt; in diesem
Fall existieren t~berhaupt keine stabflen
At omkerne mit unger adzahligen n xund n~.
Formelmg~ig wird man die Energie
~n 1
in der l~ghe des Minimums etwa so darstellen kSnnen:
9
=
F i g . 2.
/n,
r
o]. (1)
+ d' _ I
Die Xonstante b ist je n ~ h dem
Wer~ yon ~ gleich oder etwas grSi~er
Ms 89 e ist ni~herungsweise unabhiingig yon n x und n. Die Grenze zwischen
~-labilen und ~-stabilen Xernen wird also far gerade n 1 gegeben duroh
(2)
Ego,~a. (n,) = Eu~o,~a, (n, - - 1),
d.h.
2
\n
~
b
+c
und
~'=b+n
-
c-t-
-
~b-t-
_
2
_
.
(8}
Far ungerade n x ergibt sich diese Grenze aus der ~leichung
E~S~,d. (nl)
=
E~d.
(~x - - 1),
d.h.
und
nl=b+
1(1
g ~--~
)
~.b
c
2
(51
W~chst ~ fiber einen bestimmten Weft, so wird die Grenze der :r
C
.
fiber b -- -~ hmausriicken, dann gib~ es keine s~abilen Kerne mit ungeraden
Uber den Bau der Atomkerne. II.
159
n 1 und n 2 mehr. W~chst n welter, so wird schlieglich die (~renze der
c
0~-Labilit&t auch fiber b Jr ~- hinausriicken, d~nn gibt es iiberhaupt keine
stabilen Kerne mehr. ]~mpirisch sind nur die Kerne H 2, Li 6, B 10, N 14 mit
ungeraden n 1 und n2 als stabil bekarmt. In den radioaktiven Zerfallsreihen
gibt es noch einige ]~lemente mit ungeraden n 1 und n~, die alle entspreehend
der eben diskutierten CfesetzmiiBigkeit dutch Aussendung yon ~-Strahlen
zerfallen 1).
Bei den Kernen mit ungerader Gesamtanzahl n wird kein erheblicher
energetischer Unterschied zwischen den Kernen mit geradem oder ungeradem
n I bestehen; denn da das Paulische AusschlieBungsprinzip ebenso far
Protonen wie far Neutronen gelten soll, wird es arch energetiseh ungeffihr
gleich giknstig sein, die 1)rotonen oder die ~eutronen zu abgeschlossenen
Schalen zu vereinigen. Wegen der besonderen Stabilit/~ des He-Kerns
wird man allerdings annehmen kOnnen, dab eine gerade Anzahl yon Protonen
energetisch etwas giinstiger ist, als eine gerade Anzahl yon i~eutronen,
wie dies j a auch aus dem Zerfallsschema der Actiniumreihe hervorzugehen
scheint; aber die Unterschiede sind nicht so ausgepr/igt, wie bei den
]~lementen mit geradem n. Dem en~spricht es, dab ffir ungerade n stabile
Elemente gerader wie ungerader Ordnungszahl bis herauf zu den radioaktiven Stoffen vorkommen. Dabei sollten die maximalen Verh/~ltniszahlen n l / n ~ im allgemeinen bei gerader Ordnungszahl etwas hSher liegen,
als bei ungerader. Eine l~egelm~Bigkeit dieser Art l/iSt sich allerdings
aus dem Erfahrungsmaterial, soweit es bisher bekannt ist, nicht ablesen.
Da$ das 1)aulische Prinzip sowohl far die Neutronen wie far die Protonen
im Kern eine wesenfliche l~olle spielS, kann man am unmittelbaxsten aus
folgender Gesetzm/iBigkeit entnehmen: Bei vorgegebener Ordnungszahl
ist der 1Vfaximalwert und der 1Vfinimalwert Yon nl, der beobaehtet ist, im
allgemeinen gerade. Ebenso sind bei vorgegebener ~eutronenzahl d i e
beobaehteten Extremwerte Yon n2 gerade. Ausnahmen yon dieser l~egel
finden sich bei den leichten ;Elementen, da dort die Wegnahme oder t-/inzuftigung eines Teilchens schon eine groBe Anderung des Kerns mit sich bringt.
Ferner sind einige wenige Ausnahmen arch bei schwereren Kernen be1) Die an ,,Verzwei~mgsstellen" liegenden Elemente Th C und Ra C zerfallen allerdings aueh dureh Aussendung yon ~-Strahlen, doch kommt auch
hier die besonders groBe fl-Labilits der schweren E]emente mit ungeradem ~1
und ~2 in dem Umstand zum Ausdruek, dal3 sie vorzugsweise unter ;if-Emission
zeffallen -- der ~-Zeffall kommt bier nur selten dem fl-Zeffall zuvor --, w~hrend
Ac C mit gerader Neutronenzahl vorzugsweise unter Emission yon cr
zerf~llt.
11"
160
W. Heisenberg,
obaohtet, die vielleicht durch die Unvollst~ndigkeit unserer Kenntnis des
Isotopensehemas ihre Erkl~rung linden.
w 2. Streuung yon y-Strahlen am Atomkern. Im folgenden Abschnitt
soll die Streuung yon ~,-Strahlen an Atomkernen 1) vom Standpunkt des
hier diskutierten Kernmodells untersueht werden.
Eine solehe Streuung kann dureh zwei versehiedene Ursaehen hervorgertffen werden: Es kann erstens dureh die Wirkung der ~ul~eren Strahlung
die Bewegtmg der Protonen und Neutronen so ver~indert werden, dab der
Kern sekund~re Kugelwellen yon der Frequenz der einfallenden S~rahlung
aussendet oder yon einer Frequenz, die sichvon dieser um eine Eigenfrequenz
des Kerns unterscheidet (t~amanstreuung). Zweitens kann das einzelne
Neutron, d. h. die in ibm gebundene negative Ladung dutch die einfallende
Strahlung zur Aussendung einer R a y l e i g h s c h e n oder l~amansehen
Streustrahlung angereg~ werden. Betrachtet man das Neutron als zusammengesetzt aus Proton und Elektron, so wird man diese zweite Art
yon Streustrahlung in Parallele setzen zur Streuung yon sichtbarem Licht
an Atomen, und wird daher vermuten, dal~ sie wegen der kleinen Elektronenmasse erheblich intensiver ist, als die Streustrahlung der erstgenannten Art.
Eine spi~ter durchzufiihrende l~echnung wird auch zeigen, dai3 diese
Streustrahlung der ersten Art hSehstens an den Resonanzstellen einen
beobachtbaren Beitrag zur Gesamtstreuung des Kerns liefern kann. Zur
Deutung des M e i t n e r - t t u p f e l d e f f e k t s wird in erster N~herung die reine
Neutronenstreuung genfigen. Da die Eigensehaften des Neutrons bisher
zum grSt~ten Teil unbekannt sind, li~13t sich theoretisch eine Vorhersage
fiber die Streuung yon ~-Strahlung an Neutronen nicht maehen. Wohl
aber kann man die Intensit~t der vom ganzen K~rn ~estreuten Strahlung
als Funk~ion der Zahlen n 1 and n~ his auf einen unbekannten konstanten
Faktor bereehnen, wenn ~nan, wie dies hier gesehieht, nur Neutronen und
Pro~onen als Elementarbausteine des Kerns betrachtet. Wenn die gestreute
Strahlung im wesentliehen kohiirente l~ayleighstrahlung ist, d. h. die gleiehe
Frequenz hat, wie die einfallende Btrahlung, so muI~ die Intensitiit der
Streustrahlung proportional zu nl 2 sein, solange die Wellenliinge der
Strahlung grol] gegen den Kerndurehmesser ist; ist sie im wesentliehen
Eamanstrahlung, so wird ihre Intensit~t proportional zu n 1 sein. Bezeichnet man den Wirkungsquerschnitt des Neutrons, der ffir die Intensit~t
1) Die Klarung der im folgenden Abschnitt diskutierten Fragen verdanke
ich im wesentliehen der Osterkonferenz in Kopenhagen und insbesondere den
Diskussionen, die ieh dort mit Herrn Prof. N. Bohr fiber diesen Gegenstand
fiihren durfte.
~ber den Bau der Atomkerne. II.
161
der Streustrahlung maBgebend ist, mit a~, so wird also der Wirkungsquersehnit~ des Atomkerns a~ im Falle tier Rayleighstreuung:
(YK = ~.V" n l 2,
(6)
% = ~.v" nl"
(7)
im Falle der l~amanstreuung
Die Experimente lassen sich durch die Gleichung (6) einigermal]en
befriedigend darstellen und sprechen daher zugunsten der yon M e i t n e r
und t t u p f e l d 1) vertretenen These, dab die gestreute Strahlung die gleiche
Frequenz hat, wie die einfallende. Aus den Experimenten folgt bei
einer Wellenl~nge 2 = 4,7 X-E.
der einfallenden Strahlung e~wa
~
~ //1
a:v -~ 1,5- 10-2s cm2.
Fig. 3
~Me#neP-//u~ld
<1
enth~l~ die theoretische Kurve
oJakab~en
I~
I
/
"" t
ffir a~/n2, berechne~ f ~ ~
.T~rr,nt
~ l
(~v = 1,50- 10-2s cm2 und die ~
"
~'
vOnjacobsen~),MeitnerundChao
~)Hupfe ld2)'und l
~
/
T a r r a n t 5) gemessenen Werte.
Dabei ist yon den experimentellen Werten fiir die Abweichung der Gesamtstreuung
v zo ~o ~.___~ ~o z ~
pro Elektron yon der KleinFig. S.
Nishina-F0rmel noch der Antell abgezogen worden, der nach den Formeln yon S auter e) auf den Photoeffekt an den Atomelektronen geschoben werden mul]. EntsPrechend den
experimentellen Ergebnissen von Me i t n e r and t I u p f eld 1) wurden dabei
die Sauterschen Werte bei den schweren Atomen Pb und Hg, bei denen
die Sautersche Ann~herungsmethodo nich~ mehr zuverl~ssig ist, um etwa
20% reduziert; die Jacobsensche Messung bei Uran wurde weggelassen,
da bei Uran eine Abseh~tzung des Photoeffek~s nicht mehr mSglich ist.
1) L. Meitner u. t{. Hupfeld, ZS. f. Phys. 75, 705, 1932; vgl. jedoch die
gegen die obige Annahme sprechende Arbeit yon L. Gray u. G. Tarrant,
Proc. Roy. Soc. London (A) 136, 662, 1932.
2) L. Meitner u. It. t{upfeld, ZS. f. Phys. 67, 147, 1931.
3) j. Jakobsen, ebenda 70, 145, 1931.
4) C. Chao, Pro0. Nat. Acad. Amer. 16, 431, 1930.
~) G. Tarrant, Proc. Roy. Soc. London (A) 135, 223, 1932.
~) F. Sauter, Ann. d. Phys. 11, 454, 1931.
162
W. Heisenberg,
Es soll nun die Berechnung der Streustrahlang der ersten Art, die
auf eine Anderung der Protonen- und Neutronenbewegung znrtiekgeht,
nachgeholt werden. Ms Variablen des Systems betrachten wir, wie in Teil I,
die Ortskoordinaten v~ der Teilehen, ih~en Spin ak and die Gr5Be 9~, die
angibt, ob das Teilehen ein Proton (e~ = -- 1) oder ein Neutron (e~ ---- -4- 1)
ist. Die Wechselwirknngsenergie des Kerns mit einem i~uBeren elektrisehen
Feld ~ hat dann die Form
H 1 ---- e . e ~ ~k89(1 -- e~).
e
(8)
,
,
,
Der erste Teil dieser StSrungsenergie ~ . ~- ~ ~kentsprmht emer elektnsehen
Kraft, die am Kernschwerpunkt angreift und die daher zu einer Streustrahlung hnlaB gibt, wie pie yon einem Elementarteilchen der Ladang ne/2
und der Masse nM ausgesandt w~de. Diese Streustrahlung gehorcht
also der Thomsonschen ~ormel und kommt fttr die Deutung der Experimente yon M e i t n e r und H u p f e l d wegen ihrer geringen Intensifier nieht
in Betra~ht. Anders ist es mit der Streuung, die dem zweiten Gliede yon (8)
-
r
e
:~r~ek
entspricht, denn diese kann intensiv werden, wenn die Frequenz der einfallenden Strahlung nahe bei einer Eigenfrequenz des Atomkerns liegt.
Far die Amplitude des dutch die iiuBere Strahlung erzeugten sekundiixen
Dipolmoments erh~.It man dann, wie in der Dispersionstheorie der Atome,
die Formel (~ wird parallel zur Z-Achse angenommen):
[(-~~ z~d h ~ I~. 2 ( E . - - S~)
~ (,~) = ~ ~ . :~,~
~
(E,, - - E , . ) ~ - - (h
(9)
~,)~
Hierin bedeatet E n die Energie des Zustandes n, und (89~
zk P~),m das
k
zum lJbergang yon n nach m gehSrige Matrixelement der Summe 89~
zk el.
k
Die gestreute Strahlung wird also an den Resonanzstellen h~ ~ IE,~ -- E~]
seht intensiv, wenn nieht zufallig das za dem betreffenden Ubergang gehSrige Matrixelement verschwindet. Eine eingehendere Diskussion der
Oleiehang (9) ist nar mSglieh fttr einen speziellen Atomkern. Wit betrachten
etwa das in Teil I ausfiihrlieh behandelte H-Isotop vom Gewieht 2. Dort
ist alas Matrixelement ( ~ zx d- Q[ z~).,~ nat dann yon Null versehieden,
wean der eine der beiden Zust~nde zu dem in den pt symmetrischen Termsystem gehSrt, der andere zum antisymmetrisehen. Da der Grundzustand
zum symmetrischen System gehSrt, spielen far die Streutmg am ~rand-
Uber den Bau der Atomkerne. IL
163
zustand nur angeregte Zust~nde eine Rolle, deren W~llenfunktion antisymmetriseh in ~o~ und ~ ist. Bei den Zustiinden der letztgenannten Art
gibt das Platzweehselintegral J (r) zu einer Abstol3ung zwisehen Neutron
und Proton Anlal~; die betreffenden angeregten Zust~nde gehSren also
alle zum kontinuierlichen Spektram positiver Gesamtenergie. Eine seharfe
Resonanzstelle im iiblichen Sinn gibt es flit das H 2-Isotop daher nicht.
~ 3. Die Eigenschaften des Neutrons1). Den Uberlegungen der vorliegenden Arbeit wurde stets die Annahme zugrunde gelegt, dal~ das Neutron
als fester Elementarbaustein des Kerns aufgefal~t werden kann; der Urnstand, dal~ sieh das Neutron auch in mancher Beziehung so verh~ilt, als
sei es aus Proton und Elektron zusammengesetzt, kam nur in der Beriicksichtigung des Platzwechsels und beim fl-Zeffall zum Ausdruck, Obwohl nun zwar die experimentelle Tatsache, da~ bei der Zertriimmerung
leiehter Kerne Neutronen frei werden kSnnen, zugunsten der oben genannten Annahmen spricht, so bedarf es doch einer ausfiihrlichen theoretischen ~echtfertigun~, werm man das :Neutron mit seinem kleinen
Massendefekt ( ~ 1 !VIillionEl.-Volt) als festen Elementarbaustein auffal3t
in einem Kern, in dem die Weehselwirkungsenergien der Teilchen sehr
viel grSBer sind als 1 Million El.-Volt.
Zur Verteidigung dieser ttypothese kann man zuniiehst anfiihren,
dal~ sehon die Existenz des Neutrons den Gesetzen der Quantenmechanik
in ihrer bisherigen Form widersprieht. Sowohl die allerdings hypothetische
Gtiltigkeit der Fermistatistik ffir Neutronen, wie das Versagen des Energiesatzes beim fi-Zerfall beweist die Unanwendbarkeit der bisherigen Quantenmeehanik auf die Struktur des Neutrons. Aber selbst wenn man yon diesen
Eigenschaften des Neutrons absieht, so bedeutet bereits der Umstand,
6~
dal~ das Neutron ein Oebilde der ungef~hren Ausdelmung /Iq~.w~-~ is~,
einen Widerspruch zur Quantenmechanik, wenu man das Neutron als
zusammengesetzt alms Elektron und Proton auffaSt. Dem Or~sbereieh
62
A q ~ - ~ - ~ entspraehe ni~mlieh naeh den Unbestimmtheitsrelationen der
mittlere Impuls
h
Ap
2~dq
hmv 2
O,~e 2
ho
2~e~
me.
1) Auf der Konferenz Ostern 1932 in Kopenhagen lernte ieh eine Arbeit
yon Herrn Prof. N. B o h r ,,~ber die Eigensehaften des Neutrons beim ZusammenstoB mit Protonen und Elek~onen" kennen, die demn~ehst erseheinen wird
und aus der ieh viel gelernt babe. Ftir die Miiglichkeit, die Arbeit vor der
Publikation dislmtieren zu kiinnen, mfehte ieh Herrn Bohr herzlieh danken.
164
W. Heisenberg, t~ber den Bau der Atomkerne. II.
Man miii~te also flit den Massendefekt des Neutrons eine Energie der
Ordnung:
he
E ---- c. A p ---- ~ . m c
~ ~.187me ~
erwarten, wEhrend der beobaehtete Massendefekt etwa hundertmal kleiner ist.
Wenn man also die Bindungsenergie des Elektrons im Neutron zu
berechnen sueht, so bekommt man aus dem Massende/ekt Werte der
Ordnung me~, aus der GrOfle des Neutrons Werte der Ordnung 137 mc ~.
Man kann auch die 8treuung yon Licht durch die Neutronen zur Bereehnung der Bindungsenergie heranziehen und die Frage stellen: Wie
groB ist die Frequenz eines klassisehen Oszillators, der y-Strahlen etw'a der
Wellenl~nge ~ -----4,7 X-E. genau so stark streut, wie ein Neutron. Der
Wirkungsquerschnitt eines Oszillators der Frequenz vo ist
(
a = --~ \ ~ - ~ i / " ~ , ~ ) "
(10)
Aus dem empirischen Wert (vgl. S. 161) a = 1,5.10-2Scm 2 for
hv = 5,15 me~ folgt hvo = 42,6 mc~.
Aus der Streuung worde man also auf eine Bindungsenergie sehlieBen,
wie sie ungefiihr der Gr5fle des Neutrons entsprieht, im Gegensatz zum
empirisehen Massendefela des Neutrons.
Zusammenfassend kann man also feststellen: Eine eindeutige Definition
des Begriffs ,,Bindungsenergie" ist for das Elektron im Neutron wegen des
Versagens des t~nergiesatzes beim fl-Zerfatl unmSglich. Da ferner die
Anwendung der Quantenmechanik auf das Neutron zu Widerspriiehen
fflbr~, bekommt man for die Bindungsenergie des ]~lektrons im Neutron
ganz versehiedene Werte, je nach den ]~xperimen~en, die man zu ihrer
Bestimmung verwendet. In maneher Hinsieht verh~lt sieh das Neutron
wie ein quantenmeehanisehes System sehr grol3er Bindungsenergie, dagegen
ist sein Massendefekt sehr klein.
Die dieser Arbeit zugrunde gelegte Annahme, dab das Neutron im
Kern als fester Elementarbaustein betraehtet werden kann, widerspricht
also nieht yon vornherein den sonst bekaImten Eigensehaften des Neutrons,
dessen Verhalten jedenfalls nieht naeh den ~egeln der Quantenmeehanik
besehrieben werden kann.
Herunterladen