PRESSEMAPPE ANKOMMEN MITTEN IN MÜNCHEN – DAS „YOUNG REFUGEE CENTER“ München, 5. April 2016 – Das Architektur- und Planungsteam von Modal M übernahm für die Landeshauptstadt München in Zusammenarbeit mit dem Sozialreferat/ Stadtjugendamt die Umgestaltung eines ehemaligen Bürogebäudes zu einem neuen Ankunftszentrum für minderjährige Flüchtlinge, die ohne Begleitung nach München kommen. Eröffnung des „Young Refugee Centers“ in der Maxvorstadt ist am 7. April 2016. Das Konzept wird auf der 15. Biennale für Architektur in Venedig vorgestellt. MODAL M GMBH, MÜNCHEN Hopfenstraße 6 Rgb 80335 München, Deutschland Tel +49 (0)89 59989088-0 Fax +49 (0)89 5998908899 www.modal-m.com [email protected] Volksbank Raiffeisenbank Dachau GENODEF1DCA DE30 7009 1500 0000 0479 88 Ust.-IDNr.: DE261402611 AG München, HRB 175481 Geschäftsführer: Timo Brehme, Reiner Nowak, Malte Tschörtner BÜRO BERLIN Tuteur Haus Charlottenstraße 24 10117 Berlin, Deutschland Tel +49 (0)30 5557709-0 BÜRO DÜSSELDORF Fürstenwall 228 40215 Düsseldorf Tel +49 (0)211 96833055 BÜRO WIEN Teinfaltstraße 8 1010 Wien, Österreich Tel +43 (0)1 5339630427 Inhalt: Eckdaten und Pressemeldung Bauliches Interview mit Caroline Rapp, Stadtjugendamt LHM, und Markus Weinkopf Interview mit Reiner Nowak, Modal M Fotos Modal M und Team Exkurs: Wohnen statt Wohnheim Modal M GmbH in Zusammenarbeit mit dem Sozialreferat/ Stadtjugendamt der Landeshauptstadt München Tel.: +49 (0)89 599 890 88-0 E-Mail:[email protected] „YOUNG REFUGEE CENTER“ Eckdaten Auftraggeber: Landeshauptstadt München Ort:München Volumen: 5.665 qm Nutzfläche Fertigstellung: 2016 Mieterakquisition Ausbau Refurbishment Due Diligence Unsere Leistungen - Bauantrag Nutzungsänderung Bestandsanalyse und Ertüchtigung hinsichtlich Brandschutz und Sicherheit Aufwertung der Fassade Ausführungplanung Angebotseinholung und Vergabe Koordination der Umbaumaßnahmen Ein Alleskönner sollte das „Young Refugee Center“ (YRC) in München werden: Von der Registrierung über die erste Grundversorgung und medizinische Untersuchung bis hin zu Aufenthalts- und Schlafräumen – auf den sieben Stockwerken des ehemaligen Bürogebäudes werden künftig alle Abläufe der ersten Inobhutnahme für neuankommende minderjährige Flüchtlinge innerhalb von zwei bis drei Tagen abgewickelt, bevor sie nach dem Königssteiner Schlüssel bundesweit auf andere Inobhutnahmestellen verteilt werden. „Bei der Umsetzung der umfangreichen Umbaumaßnahmen drängte aufgrund der aktuellen Situation die Zeit“, erzählt Reiner Nowak, Architekt und Geschäftsführer von Modal M. „Es galt, eine Vielzahl an sicherheits- und brandschutztechnischen Bestimmungen zu berücksichtigen. In erster Linie war es uns aber wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem die jungen Menschen sich wohlfühlen und zurechtfinden.“ Da das „YRC“ die erste Unterkunft dieser Art ist, mussten hier schnelle, unkomplizierte und praktikable Lösungen geschaffen werden. Positiv und funktional Die Gebäudestruktur bot optimale Umsetzungsmöglichkeiten. Im Erdgeschoss finden sich künftig zwei Eingänge, die 24 Stunden besetzt sind, ein Registrierungs- sowie ein großer Ruhe- und Aufenthaltsbereich. Ärztliche Kontrolle, Alterseinschätzung und Erstberatung erfolgen im ersten Obergeschoss. In den oberen Stockwerken befinden sich die Gruppenzimmer mit neuen Sanitärbereichen, Küchen und Aufenthaltsräume sowie die Büroräume der Betreiber. Das Farb- und Lichtkonzept erleichtert die Orientierung im Gebäude. „Unser Augenmerk lag darauf, die Räume hell und positiv zu gestalten sowie Informationen nonverbal zu vermitteln“, erläutert Nowak. „Die leicht verständliche Ikonographie war eine schöne Herausforderung.” Experten für integrative Herausforderungen Modal M lag für das „YRC“ als kompetenter Partner auf der Hand: Die Experten hatten bereits 2014 für die Regierung von Oberbayern das Konzept „Zusammenleben – Wohnen statt Wohnheim“ in Haidhausen erfolgreich entwickelt und umgesetzt. Hier wurden 17 separate Zwei- bis Dreizimmerwohnungen für bis zu sechs Bewohner geschaffen. Integriert mitten in einem der attraktivsten Münchner Stadtteile, bietet es neben Wohnraum Platz für eine Beratungsstelle für Asylbewerber, die auch ehrenamtliches Engagement vor Ort vernetzt. Auch in der Stadtmitte war Modal M im Auftrag der Landeshauptstadt München bereits für die Sanierung von Wohnungen für Asylbewerber und einen Dachausbau für zusätzlichen Wohnraum verantwortlich. Zu Gast auf der Biennale für Architektur Die Projekte werden im Deutschen Pavillon auf der diesjährigen Biennale für Architektur in Venedig präsentiert. Unter dem Motto „Making Heimat. Germany, Arrival Country“ setzt sich das Team rund um Peter Cachola Schmal vom Deutschen Architekturmuseum mit integrativen Baukonzepten auseinander. Das Spektrum reicht von temporären Leichtbauhallen bis zu unterschiedlichsten Bauvorhaben des dauerhaften, günstigen Wohnungsbaus. Unter makingheimat.de wird künftig eine Datenbank sämtliche Projekte mit diesem Schwerpunkt versammeln. „YOUNG REFUGEE CENTER“ Bautechnik Die neue Nutzung des 1994 erbauten siebengeschossigen Bürogeäudes bedingt umfangreiche Umbaumaßnahmen, die in kürzester Zeit erfolgen mussten. Ein besonderer Wert wurde hierbei auf die sicherheits- und brandschutztechnische Ertüchtigung des Baus gelegt: Jeder Aufenthaltsraum verfügt über zwei bauliche Flucht- und Rettungswege. Es wurden eine annähernd flächendeckende Branmeldeanlage installiert, überholte Bauteile ausgetauscht und die Löschwasserversorgung optimiert. Farbkonzept Eine freundliche Außen- und Innengestaltung des Young Refugee Centers wurde trotz der knappen Zeit und des umfassenden Umbaus nicht außer Acht gelassen. Reduzierte, gezielt eingesetzte Maßnahmen erzielten wirkungsvolle Effekte. In den Gruppenetagen sind bestimmte Flurabschnitte farbig gestrichen, um die Orientierung im Gebäude zu erleichtern. Ein Farbverlauf von kräftigem Blau im untersten Geschoss bis zu einem hellen Sonnengelb im obersten windet sich so durch das Gebäude und symbolisiert zugleich Vielfalt und Zusammengehörigkeit, passend zur Bewohnerstruktur des Hauses. Besonderes Augenmerk gilt auch der nonverbalen Kommunikation über leicht verständliche Symbole, um entsprechend auf Alter und Sprachenvielfalt der Bewohner zu reagieren. Die Außenfassaden erhielten einen neuen Anstrich. Die Straßenseiten halten sich hierbei in einer stimmigen weiß-anthrazit Farbgebung zurück, während eine der Innenhoffassaden in einem frischen Grün leuchtet. Innenhof Im neu gestalteten Innenhof verleiten bunte Sitzmöbel und eine Tischtennisplatte zum Aufenthalt im Freien. Ein Kräuter- und ein Beerengarten sorgen für Ablenkung und Entspannung für die teilweise stark traumatisierten jungen Flüchtlinge. 7 6 5 4 3 2 1 EIN PILOTPROJEKT DER STADT MÜNCHEN: DAS „YOUNG REFUGEE CENTER“ Interview mit Caroline Rapp (Abteilungsleitung „unbegleitete Minderjährige“ im Stadtjugendamt) und Markus Weinkopf (Architekt und Stadtplaner) 2015 kamen 150.000 Flüchtlinge in München an, davon rund 5.000 unbegleitete Minderjährige. Eine Herausforderung für die Landeshauptstadt, der man schnell begegnen musste. Wir sprachen mit Caroline Rapp, Leiterin der Abteilung für unbegleitete Minderjährige im Stadtjugendamt, und Markus Weinkopf, dem begleitenden Architekten für die Planung des „Young Refugee Centers“. Bei einer Begehung der fast fertigen Räumlichkeiten erklärten sie die Idee dahinter. Wie kam es zu der Idee des „Young Refugee Centers“? Caroline Rapp: Sie entstand aus einer Situation, die das Stadtjugendamt vor neue Herausforderungen stellte. Für gewöhnlich entscheiden wir laut SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) über den Verbleib von Kindern/ Jugendlichen, deren Familien sich aus unterschiedlichsten Gründen nicht um sie kümmern können. Kinder/ Jugendliche, die teilweise vor ihren Familien geschützt werden müssen. Nun hatten wir aber um die 5000 Kinder/Jugendliche, die ohne Eltern bzw. einen Erziehungsberechtigten nach oft wochen- oder monatelanger Flucht bei uns ankamen und Hilfe brauchten. Sie alle wurden von uns bis zum 31.10.2015 nach § 42 SGB VIII und ab 01.11.2015 nach § 42 a SGB VIII vorläufig in Obhut genommen. Dafür gab es bisher keine speziellen Einrichtungen, sondern auf dem Gelände der Bayernkaserne einen Container, in dem die neu ankommenden unbegleiteten Minderjährigen in Obhut genommen wurden. Das „Young Refugee Center“ ist ein Ankommenszentrum ausschließlich für unbegeleitete Minderjährige; in dieser Form das erste deutschland-, wenn nicht europaweit. Beim „Young Refugee Center“ handelt sich es also nicht um eine langfristige Wohneinrichtung, sondern um eine vorläufige Inobhutnahmeeinrichtung nach § 42 aff, SGB VIII; es geht hier auch um die erste humanitäre Versorgung, bevor die Kinder/ Jugendlichen deutschlandweit weitervermittelt werden. Hier bündeln wir vor Ort alle Kompetenzen, die wir brauchen, um die Kinder/ Jugendlichen schnell zu versorgen, sie zu registrieren, ihr Alter einzuschätzen und ihre Gesundheit durch ein Screening zu prüfen. Wie sieht es mit ihren Sprachkenntnissen aus? Wie ist es um ihre mentale Verfassung bestellt? Ist womöglich eine Pflegefamilie oder eine stationäre Unterbringung schon das Richtige für sie? Die Höchstverweildauer hier vor Ort soll nicht mehr als drei bis vier Tage betragen. Markus Weinkopf: Das Sozialreferat hatte sämtliche Erfahrungen, die 2015 bei den Erstaufnahmen – beispielsweise in der Bayernkaserne – gesammelt wurden, zusammengestellt und daraus Bedarfe erstellt, die für die Planung des Objekts herangezogen wurden. Wie sind Sie bei der Suche nach einer geeigneten Immobilie vorgegangen? Caroline Rapp: Es gibt eine Task Force, in der nahezu alle Referate der Landeshauptstadt München vertreten sind und in der geeignete Objekte gesucht und dann geprüft werden. Dazu zählen unter anderem das Baureferat, das Referat für Gesundheit/ Umwelt, das Schulreferat, die Lokalbaukommission, die Regierung von Oberbayern und das Kommunalreferat. Zudem gibt es vom OB Dieter Reiter den Auftrag an alle Referate, auch nach geeigneten Gewerbeimmobilien zu suchen, da diese infrastrukturell schon einige Voraussetzungen mitbringen und sich ebenfalls zur Unterbringung von Flüchtlingen eignen. Für unbegleitete Minderjährige haben wir aktuell keinen Bedarf an neuen Unterbringungsmöglichkeiten, aber Münchner Bürger können gerne geeignete Objekte für die Unterbringung von Flüchtlingen unter [email protected] melden. Außerdem freuen wir uns, wenn freie Wohnungen oder WG-Zimmer für anerkannte Flüchtlinge mit Bleiberecht und Aufenthaltstitel unter [email protected] angeboten werden. Und auf welchem Weg stießen Sie auf das Gebäude für das „Young Refugee Center”? Caroline Rapp: Das Gebäude hat unsere Sozialreferentin Brigitte Meier entdeckt. Wir waren uns darüber einig, dass für eine Einrichtung wie diese die zentrale Lage ein wichtiges Kriterium darstellt. Die Nähe zum Hauptbahnhof und die „Etagenaufteilung“ hat uns bei dem Objekt in der Maxvorstadt sofort überzeugt. Das bedeutet nicht nur, dass die unbegleiteten minderjährigen Selbstmelder kurze Wege haben – also diejenigen, die von sich aus zu uns kommen, das sind etwa 90 Prozent –, sondern, dass wir auch mit unseren Teams am Hauptbahnhof oder ZOB die Jüngeren finden, die nicht genau wissen, wohin. Welche Voraussetzungen bringt das Gebäude sonst noch mit? Markus Weinkopf: Es war ein klassisches Verwaltungsgebäude, das ideale räumliche Voraussetzungen erfüllte. Eine davon ist beispielsweise, dass es zwei Eingänge gibt. So kann einer für Neuankommende genutzt werden, der andere für derzeitige Bewohner. Es ist vor allem aufgrund möglicher Ansteckungsgefahr wichtig, diese beiden Gruppen zu trennen. Daher sind auch zwei Treppen im Eingangsbereich, wie wir es hier vorfanden, eine ideale Voraussetzung. Was passiert an den Eingängen? Caroline Rapp: Beide Pforten am Eingangsbereich sind rund um die Uhr besetzt. Das Betreten des Gebäudes ist nur nach Registrierung bzw. mit einem Hausausweis möglich. Diese Vorsichtsmaßnahmen sind wichtig, um die Kinder/ Jugendlichen vor Schleusern zu schützen, die sich auch teilweise als Verwandte ausgeben. Wie geht es dann weiter, wenn jemand neu ankommt? Markus Weinkopf: Hier werden Kollegen vom Kreisverwaltungsreferat die Registrierung übernehmen. Davor möchten wir den Kindern/ Jugendlichen aber das Mindeste geben. Die meisten sind sehr erschöpft von der Reise, waren nächtelang unterwegs, haben keine trockene Kleidung usw. Deshalb sind hier Ruhe- und Aufenthaltsräume, auch Duschen und ein Waschraum mit Trocknern für die Kleidung der Neuankömmlinge. Caroline Rapp: Im Erdgeschoss gibt es ein Wäschelager, um die Kinder/ Jugendlichen schnell mit trockener, sauberer Kleidung auszustatten. Wir bekommen nach wie vor viele Spenden – von Münchnern, aber auch von Kleidungsherstellern. Zudem ist hier die Cafeteria, ein Treffpunkt für alle, die im Haus wohnen. Die Verpflegung erfolgt per Catering. Die Kinder/ Jugendlichen würden zwar gern selber kochen, aber erfahrungsgemäß birgt das Gefahren. Zudem ist die Verweildauer hier viel zu kurz. Wofür ist der erste Stock vorgesehen? Caroline Rapp: Im ersten Stock finden die Alterseinschätzung und Erstbehandlung statt, wie z.B. Impfungen gegen Masern und Windpocken, Behandlung von Krätze oder Läusen. Viele Bedingungen, die wir an die Einrichtung gestellt haben, beruhen auf Erfahrungen. Wenn ein Kind/Jugendlicher Windpocken mit reinbringt, ist sein Zimmer nicht weiter belegbar. Daher werden täglich Ärzte für die Erstuntersuchungen zur Verfügung stehen. Markus Weinkopf: Jede Gruppe hat eine eigene Küchenzeile mit einem Tisch, um zusammenzusitzen. Die meisten Zimmer werden mit zwei bis vier Personen belegt werden. Aber es gibt auch Einzelzimmer mit eigener Dusche und WC, falls mal jemand aus Krankheitsgründen isoliert werden muss – auch eine wichtige Maßnahme wegen Ansteckungsgefahr. Auf jedem Stockwerk gibt es zudem miteinander verbundene Räume für die Dolmetscher und Betreuer. Wie sind die oberen Stockwerke aufgeteilt? Caroline Rapp: Hier gibt es Gruppen-, Schlaf- und Duschräume, aber auch kleine Küchen, in denen sich die Kinder/ Jugendlichen mal einen Tee machen oder etwas aufwärmen können. In dem Gebäude ist Platz für neun Gruppen, die wir nach Geschlecht und Alter differenzieren. Die meisten, die ankommen, sind Jungen zwischen 14 und 17, aber es gibt eine getrennte Mädchen- und eine Kindergruppe. Markus Weinkopf: Jede Gruppe hat eine eigene Küchenzeile mit einem Tisch um zusammenzusitzen. Die meisten Zimmer werden mit zwei bis vier Personen belegt werden. Aber es gibt auch Einzelzimmer mit eigener Dusche und WC, falls mal jemand aus Krankheitsgründen isoliert werden muss – auch eine wichtige Maßnahme wegen Ansteckungsgefahr. Auf jedem Stockwerk gibt es zudem miteinander verbundene Räume für die Dolmetscher und Betreuer. Was gibt es bei den Themen Sicherheit und Brandschutz zu berücksichtigen? Markus Weinkopf: Neben den klassischen Brandschutzbestimmungen gibt es viele zusätzliche Maßnahmen, die zur Sicherheit aller Bewohner erheblich beitragen. Die Herdplatten sind mit Zeitschaltuhren versehen und schalten sich nach einer festgelegten Zeit automatisch aus. Nachträglich eingebaut wurde auch eine Löschleitung, auf die die Feuerwehr pro Geschoss zugreifen kann. Die Menschen, die hier sind, kommen aus Extremsituationen, sind teilweise desorientiert. Da kann es schon mal zu einem Fehlverhalten kommen. Es war also extrem wichtig, dass der Brandschutz in diesem Gebäude bis ins letzte Detail überlegt ist. Das hat Modal M vollverantwortlich geplant und mit den entsprechenden Brandschutzbeauftragten der Stadt München abgestimmt und umgesetzt. Leider sind auch Sicherheitsbestimmungen wegen der bestehenden Suizidgefahr nötig. Alle Fenster sind daher mit einer Drehsperre ausgestattet und nur kippbar. Aus diesem Grund ist auch das große Treppenauge in einem der beiden Treppenhäuser mit einem Gitter gesichert. Abschließend: Gibt es durch die neue Situation eine Veränderung bezüglich der architektonischen Entwicklung für Wohnraum? Markus Weinkopf: München ist eine Stadt mit 54 Prozent Singlehaushalten. Die Durchschnittsfläche pro Bewohner liegt bei etwa 40 Quadratmetern. Wir müssen heute neue Wohnformen finden – wie z.B. sogenannte Clusterwohnungen, wo jedes Zimmer eine eigene Sanitäreinrichtung und kleine Kochgelegenheit hat und an einen gemeinsamen Aufenthaltsraum angedockt ist. Wenn in einer Wohngruppe verschiedene Ethnien leben, steigt natürlich das Konfliktpotential. Daher wird die Kombination aus gemeinsamem Wohnen und Intimsphäre hier neu definiert. Es wird in Zukunft neue Formen des Zusammenlebens geben. Prinzipiell möchte ich noch eins sagen: In München ist ein hoher Anteil an Willkommenskultur erhalten geblieben. Ich bin viel auf Informationsveranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger und nehme das sehr positiv wahr. Weiterführende Informationen • • • Die kostenfreie App „Kinder auf der Flucht“ klärt über die Situation von Flüchtlingskindern/ Jugendlichen in Deutschland auf. Hier gibt es Antworten auf die zentralen Fragen zu Herkunft, Flucht, Asyl sowie Leben und Lernen in Deutschland. Die App „Ankommen“ in der Zusammenarbeit mit dem BAMF, Bayerischen Rundfunk, Goethe-Institut und der Bundesagentur für Arbeit beantwortet wichtige Fragen für Flüchtlinge zum Leben in Deutschland, bietet einen Sprachkurs zum Anhören und Erklärungen zum Thema Anträge und Verfahren. Caroline Rapp Markus Weinkopf Dipl. Kriminologin (Uni) Dipl. Sozialpädagogin (FH) Dipl.-Ing. M.A. (Mediation) Mediator Moderator Architekt Stadtplaner Landeshauptstadt München Sozialreferat, Stadtjugendamt unbegleitete Minderjährige Leitung S-II-UM ADRIBO GbR - München DAS „YOUNG REFUGEE CENTER“ IN DER UMGESTALTUNG Interview mit Reiner Nowak, Architekt und Geschäftsführer von Modal M Was waren die Schwerpunkte der Umbaumaßnahmen? Reiner Nowak: Ein ehemaliges Bürogebäude sollte in ein Wohnheim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge umgebaut werden. Das Thema Sicherheit war dabei der Stadt besonders wichtig. Es galt, eine Vielzahl an sicherheits- und brandschutztechnischen Bestimmungen zu berücksichtigen. Die Herausforderung lag darin, den Bestand so weit zu ertüchtigen, dass er nicht nur den gesetzlichen Bestimmungen für Wohnheime gerecht wurde, sondern weitaus höhere Brand- und Sicherheitsstandards erfüllt. Ein weiterer Punkt war die multifunktionale Nutzbarkeit: Die neu Ankommenden sollten von den Bewohnern zunächst getrennt bleiben, um beispielsweise Ansteckung zu vermeiden. Sie brauchen anfangs auch andere Sanitärräume. Zudem sollte es Arzträume ebenso geben wie Zimmer für die Registrierung durch das Kreisverwaltungsreferat. Das Gebäude muss einfach sehr viele Funktionen gleichzeitig erfüllen. Wie lang hatte Modal M Zeit, die Anforderungen der Landeshauptstadt München umzusetzen? Reiner Nowak: Aufgrund der aktuellen weltpolitischen Situation drängte bei den umfangreichen Umnutzungsmaßnahmen die Zeit. Wir hatten viereinhalb Monate, von September 2015 bis Januar 2016. Zum Glück haben wir ein zuverlässiges Netzwerk, alle Gewerke haben an einem Strang gezogen und die Umsetzung des sportlichen Zeitplans möglich gemacht. Die Stadt München war sehr zufrieden mit dem reibungslosen Ablauf. Welche Ideen hatten Sie, um ein Bürogebäude wohnlich zu machen? Reiner Nowak: In erster Linie war es uns wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem die jungen Menschen sich wohlfühlen und zurechtfinden. Die langen Korridore wurden mit Licht und Farbe freundlicher gestaltet. Es soll sowohl für die Bewohner als auch für die Betreuer eine positive Atmosphäre vermittelt werden. Das Konzept haben wir auch in den Innenhof übertragen. Neben einer Tischtennisplatte und Sitzgruppen haben wir uns gemeinsam mit dem Gärtner für Nutzpflanzen entschieden, z.B. einen Kräutergarten, Erdbeeren und Himbeeren, damit es was zu naschen gibt. Gibt es eine mehrsprachige Beschilderung im Gebäude? Reiner Nowak: Ja, die gibt es. Aber bei einigen Kindern und Jugendlichen muss man auch davon ausgehen, dass sie nicht lesen können. Die leicht verständliche Ikonographie war eine schöne Herausforderung. Wie findet man ein internationales Symbol für Küche? Ein Herd funktioniert nicht übergreifend. Also haben wir eigene Schilder erfunden, damit die Symbole für jeden Kulturkreis verständlich werden. Sie hatten ja bereits Erfahrung bei Projekten wie diesen, beispielsweise bei „Zusammenleben – Wohnen statt Wohnheim“. Hat das geholfen? Reiner Nowak: In München Haidhausen war es sehr viel einfacher, da es da lediglich um die Umgestaltung von Wohnraum ging. Beim „Young Refugee Center“ gab es eben kein vergleichbares Projekt, an dem man sich orientieren konnte. Es ist die erste Einrichtung dieser Art deutschlandweit. Reiner Nowak Der 42-jährige Architekt war in der Vergangenheit neben München und Berlin unter anderem in Glasgow, London, Rom sowie auf Sri Lanka tätig. Als aktives Mitglied in der DGNB – Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. – sitzt er in der Arbeitsgruppe „Büro- & Verwaltungsbau“ und kümmert sich auch bei Modal M um die Themen sustainable building und green office. YOUNG REFUGEE CENTER Straßenansicht, Modal M GmbH, Foto: Martin Mai Innenhof, Modal M GmbH, Foto: Martin Mai Innenhof, Modal M GmbH, Foto: Martin Mai „YOUNG REFUGEE CENTER“ Modal M GmbH, Foto: Martin Mai Modal M GmbH, Foto: Martin Mai Modal M GmbH, Foto: Martin Mai Modal M GmbH, Foto: Martin Mai MODAL M GMBH www.modal-m.com Kurzbeschreibung Modal M ist ein Planungs- und Beratungsbüro mit Fokus auf termingerechten Mieterausbau, vorausschauende Projektentwicklung und die innovative Revitalisierung von Bestandsgebäuden. Die Generalplaner konzeptionieren und implementieren Strategien sowie Ideen für die Profilierung von Mietflächen, Grundstücken und Immobilienfonds. In einem interdisziplinären und internationalen Team aus Architekten, kreativen Designern, Immobilienökonomen und Beratern erarbeitet Modal M nachhaltige Lösungen für Büros, Hotels und Retail. Dabei engagiert sich das Unternehmen auch in der Forschung und der DGNB; denn zukunftsförderndes Denken und Handeln gehören zu den Kernkompetenzen von Modal M. Modal M hat seinen Stammsitz in München und Büros in Berlin, Düsseldorf und Wien. Die Geschäfte leiten Timo Brehme, Reiner Nowak und Malte Tschörtner. Beschreibung Als Generalplaner steuert die Modal M GmbH seit 2008 in Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Spezialisten sämtliche kommunikativen und baulichen Prozesse, die für einen Um-, Aus- oder Neubau von Grundstücken und Bestandsimmobilien im Gewerbebereich erforderlich sind. Hierfür bündelt das interdisziplinär und international zusammengesetzte Team aus Architekten, Beratern, Marketingprofis, Immobilienökonomen und Designern sämtliche Leistungen entlang des Wertschöpfungsprozesses einer Immobilie. Der Fokus liegt dabei auf Büros, Hotels und Gastronomie. Modal M unterstützt Investoren, Entwickler, Vermieter und Mieter bei der Standortbewertung von Immobilien, entwickelt individuelle Strategien für die Platzierung der Projekte am Markt sowie zielgruppenspezifisches Material für den Vertrieb und übernimmt die architektonische Gesamtplanung der Projekte. Zudem definiert das Unternehmen geeignete Kommunikations- und Werbemaßnahmen und kümmert sich um deren Umsetzung. Modal M hat seinen Stammsitz in München und Büros in Berlin, Düsseldorf und Wien. Die Geschäftsführung obliegt Timo Brehme, Reiner Nowak und Malte Tschörtner. Neben namhaften deutschen Unternehmen berät Modal M auch Klienten aus ganz Europa und den USA. Referenzprojekte sind unter anderem die Hofstatt, das Palais an der Oper und die Bavaria Towers in München sowie das Alexander-Quartier, The Q und Galeries Lafayette in Berlin. Seit 2014 kooperiert das Unternehmen mit der Fakultät Architektur an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg. Darüber hinaus ist Modal M aktiv in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. – DGNB. DAS „YOUNG REFUGEE CENTER“-TEAM Reiner Nowak Sigrid Hauler Katharina Loewenberg Natalina Bordino MArch Architekt BA (Hons) | DipArch | | RIBA Dipl.-Ing. Architektin Dipl.-Ing. Architektur B. A. Innenarchitektur Modal M GmbH Geschäftsführer Modal M GmbH Senior Architect Modal M GmbH Designer Modal M GmbH Designer ZUSAMMENLEBEN – WOHNEN STATT WOHNHEIM Eckdaten Auftraggeber: Regierung von Oberbayern / Prälat-Zistl-Str. 4 GmbH & Co. KG Ort:München Volumen:1.800 qm Wohnfläche Fertigstellung: 2015 Mieterakquisition Ausbau Refurbishment Due Diligence Unsere Leistungen - Bestandsanalyse Belegungsplanung Bauantrag Umnutzung des Gebäudes als Wohnhaus zur Unterbringung von Flüchtlingen Baubegleitung bei der Sanierung Aufwertung der Fassade Die Architekten von Modal M konnten sich schon zuvor als Experten für integrative Herausforderunge qualifizieren. Bereits 2014 – 2015 hatten sie für die Regierung von Oberbayern das Konzept „Zusammenleben – Wohnen statt Wohnheim“ in Haidhausen erfolgreich entwickelt und umgesetzt. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) sollen Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Das Wohnhaus in München Haidhausen wurde bereits als solche Gemeinschaftsunterkunft für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen genutzt, als der Betreiber, die Regierung von Oberbayern, 2014 mit dem Wunsch an den Gebäudeeigentümer heran trat, die Anzahl der Bewohner zu erhöhen und in dem Haus zusätzliche Flächen zu erschließen. Das Wohnhaus liegt im Münchner Stadtteil Haidhausen am östlichen Isarhochufer. Das historische Stadtteilbild wurde hier im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört sondern blieb weitgehend erhalten. Etwa zwei Drittel aller Wohnhäuser stammen noch aus der Zeit vor 1914. Durch das vielfältige Kulturangebot, die abwechslungsreichen Freizeitmöglichkeiten und die Nähe zum Zentrum zählt Haidhausen zu einer der beliebtesten Wohngegenden Münchens. Hier wohnt die klassische Mittelschicht, die Wohnbevölkerung ist gemischt, die Atmosphäre tolerant. In dieser Nachbarschaft finden nun nach der Sanierung des um 1900 erbauten und denkmalgeschützten Eckgebäudes 102 Asylbewerber Unterkunft. Modal M GmbH, Foto: Christian Krinninger ZUSAMMENLEBEN – WOHNEN STATT WOHNHEIM Zur Erschließung neuer Flächen wurden in dem Gebäude ein bis dato im Erdgeschoss vorhandener Waschsalon in Wohnraum umgenutzt und umgebaut. Die Wohnungen in den oberen GeschossenUnterkunft wurdenistmit zum Teil neu strukturiert. Hierbei war das vonkleinen Familien Eingriffen und Einzelpersonen verschiedener Nationalität belegt. Konzept, die Bewohner in die bestehende Struktur des Wohnhauses zu integrieren. Darüber hinaus besteht für die Bewohner die Möglichkeit, im Wasch- und Trockenraum ihre Entstanden sind also keine wohnheimähnlichen Strukturen,Kleidung sondern 17 separate 2-3-Zimmer-Wohnungen entsprechend zu reinigen. Zum persönlichen Aus- mit Bad und eigener Küche, tausch ein Gemeinschaftsraum vorhanden, der auch beiin der die selbstständige Zubereitung von Speisen möglich spielsweise ist. ProistWohnung gibt es eine maximale Belegungszahl von sechs Personen, als Hausaufgabenraum, für Deutsch Unterricht für Bewohnerversammlungen genutzt werden kann.7 qm Wohn- und Schlaffläche unter Berücksichtigung der Leitlinie zur Unterbringung von oder Asylbewerbern, die pro Person mindestens vorgibt. Die Unterkunft ist von Familien und EinzelpersonenImverschiedener belegt. für die HeimErdgeschoss gibtNationalität es zudem Räumlichkeiten leitung und Asylsozialberatung. Für sämtliche Aufgaben ist vor Ort geschultes Verwaltungspersonal eingesetzt, das den Bewohnern und Behörden für im Waschund Trockenraum ihre Kleidung entsprechend Auskünfte zur Verfügung steht. Darüber hinaus besteht für die Bewohner die Möglichkeit, zu reinigen. Zum persönlichen Austausch ist ein Gemeinschaftsraum vorhanden, der auch beispielsweise als Hausaufgabenraum, für Deutschunterricht Schwerpunkt ist dabei die Bereitstellung von Orientierungsoder für Bewohnerversammlungen genutzt werden kann. hilfen, Beratung und Information, zur besseren Bewältigung von auftretenden Alltagsproblemen. Zudem übernimmt die Sozialbetreuung vor Ort die Vernetzung des ehrenamtlichen Im Erdgeschoss gibt es zudem Räumlichkeiten für die Heimleitung undinAsylsozialberatung. Engagements und um die Unterkunft. Für sämtliche ist vor Ort 03 Außenfassade vor undAufgaben nach der Sanierung geschultes Verwaltungspersonal eingesetzt, das den Bewohnern und Behörden für Auskünfte zur Verfügung steht. Schwerpunkt ist dabei die Bereitstellung von Orientierungshilfen, Beratung und Information zur besseren Bewältigung von auftretenden Alltagsproblemen. Zudem übernimmt die Sozialbetreuung vor Ort die Vernetzung des ehrenamtlichen Engagements in und um die Unterkunft. TEAM 5 Geschoss 4 Geschoss Reiner Nowak © Modal-M, 2015 3 Geschoss 2 Geschoss 1 Geschoss 0 Geschoss 5 Geschoss 4 Geschoss 3 Geschoss 2 Geschoss MArch Architekt BA (Hons) | DipArch | | RIBA Modal M GmbH Geschäftsführer Nele Bayer Dipl.-Ing. Architektin Modal M GmbH Senior Architect 1 Geschoss 0 Geschoss -1 Geschoss -2 Geschoss 04 Schnitte und Ansichten nach der Sanierung Schnitte und Ansichten nach der Sanierung, Modal M GmbH Flor Faini Modal M GmbH Designer