040-043 Intersport.qxd

Werbung
SCHWEBENDE BOX AM STADTRAND
Rolf Mühlethaler: IIC Hauptsitz in Bern, 2007 Das Domizil der Einkaufsgenossenschaft Intersport International in Bern
dient als Messehalle, Bürohaus und Nähatelier zugleich. In ebenso verkehrsgünstiger wie landschaftlich geprägter
Umgebung ist ein funktionales Konzept für ein Gebäude realisiert worden, das gleichwohl auch auf die Qualitäten des
Standorts reagiert.
1
5621
2
40
archithese 6.2007
3
Text: Hubertus Adam
schaft, die auf dem Franchise-Prinzip beruht. 5000 Geschäfte
1 Situationsplan
Entsprechend den derzeit gültigen Planungsdoktrinen ent-
in 32 Ländern firmieren unter dem Label Intersport; in der
wickelt und verdichtet sich Bern an den Rändern. Besonders
Schweiz sind es allein 355 Läden. IIC fungiert an seinem Ber-
der Bereich um das Stadion Wankdorf, der als Entwicklungs-
ner Hauptstandort als die Einkaufs- und Managementgesell-
2 Ansicht Längsseite
(Fotos: Dominique
Uldry)
schwerpunkt ausgewiesen ist, weist eine starke Dynamik
schaft der gesamten Intersport-Gruppe. Die Räumlichkeiten
3 Ansicht Stirnseite
aus; nicht zuletzt der schnelle Anschluss an die Autobahn
des Gebäudes dienen also primär dazu, Sortiment und An-
macht die Lage attraktiv. Das Areal zwischen Schermenweg
gebotspalette von Intersport zu entwickeln. Zu einem ge-
und A6, nördlich der Allmend, ist schon bebaut; seit einigen
ringen Teil produziert Intersport unter dem Namen eines
Jahren hat die Besiedlung auf den ehemals landwirtschaft-
Eigenlabels selbst; im Grunde genommen aber besteht der
lich genutzten Flächen im Zwickel zwischen Bolligenstrasse
Zweck des Gebäudes darin, Raum für die Präsentation von
und der Psychiatrischen Universitätsklinik Waldau begon-
Produkten unterschiedlicher Hersteller zu bieten. Hier wer-
nen.
den zu bestimmten Zeiten Hersteller von Sportartikeln ein-
Der jüngste Neubau in diesem Gebiet findet sich an der
geladen, ihre Produktionspalette vorzustellen – und die Ein-
attraktivsten Lage, welche dieser Standort zu bieten hat, weil
käufer von Intersport entscheiden dann, was in den Vertrieb
er im Norden direkt an den Park der Klinik mit seinem alten
übernommen wird. Eigentlich ist der Hauptsitz von IIC mithin
Baumbestand anschliesst. Die alte Allee der Bolligenstrasse,
eine Messehalle, ergänzt um Büros, Nähateliers und Lager-
der barocken Ausfallstrasse, die bis zum Aaargauserstalden
räume. Ein flexibler Sales Room, in dem die Kollektionen prä-
und zum Bärengraben führte, begrenzt das Grundstück Rich-
sentiert werden, bildet daher den Nukleus des Gebäudes.
tung Osten. Diese naturräumlichen Qualitäten bewogen die
ursprünglich in Ostermundigen ansässige Firma Intersport,
Funktionalität und Kontextualität
den Hauptsitz von Intersport International Corp. (IIC ) an den
Rolf Mühlethaler hat die verschiedenen Funktionsbereiche
Rand der Bundeshauptstadt zu verlegen. In einem Studien-
des Gebäudes im höchsten Masse logisch angeordnet. Der
auftrag des Jahres 2005 konnte sich Rolf Mühlethaler mit sei-
Sales Room, gegliedert einzig durch den Stützenraster des
nem Konzept durchsetzen.
Bauwerks und beliebig unterteilbar, dominiert das Erdgeschoss. Von Norden aus ist er über eine Glasfront natürlich
Messehalle im Zentrum
belichtet. Je nach Bedarf kann die Weite der Halle beliebig
Intersport, 1968 gegründet und auf Sportartikel und -beklei-
unterteilt werden. Die Architekten haben ein aus Schlitz-
dung spezialisiert, ist eine internationale Einkaufsgenossen-
wänden und rollbaren Elementen bestehendes Displaysys-
41
4
5
6
42
archithese 6.2007
tem entwickelt, das je nach Präsentation neu konfiguriert
4 Sales Room im
Erdgeschoss
werden kann. Auf den anderen drei Seiten umgeben ihn die
5 Obergeschoss
nötigen Nutzungsbereiche: Café und Rezeption im Osten,
Büros und Nebenräume im Süden und Westen.
11
Drei vor der Glasfassade stehende Treppen verbinden den
6 Innenhof im
Obergeschoss
7–11 Grundrisse
Untergeschoss,
Parkebene, Erdsowie Obergeschoss
und Längsschnitt
1:1500
Sales Room über möglichst kurze Wege mit dem Obergeschoss, wo Mitarbeiter einzelne Produkte untersuchen und
testen können. Auch hier ist das Raumgefüge im Grunde genommen flexibel unterteilbar; eine räumliche Strukturierung
geben vor allem die zur Belichtung nötigen drei Innenhöfe
vor, an die sich kleinere Büro- und Besprechungsräume anschliessen. Die eingestellten Volumina der Höfe, Kleinbürokombinationen und Treppenhäuser gliedern die Weite des
10
Raums und lassen angenehme, überschaubare und doch offene Arbeitszonen entstehen; die Regal- und Tischelemente
sind so gestaltet, dass trotz der gewünschten Offenheit intime Zonen entstehen. Auf die in der Vergangenheit doktrinäre Opposition von Einzel- oder Grossraumbüro wird hier
mit einer gewissen Lässigkeit geantwortet. Offenheit und
Intimität sind unprätentiös ins Gleichgewicht gebracht. Weitere Treppen führen auf das begehbare Dach, das auch für
Modeshootings Verwendung finden kann.
So funktional und überzeugend das neue IIC-Hauptquartier auch sein mag: Seine eigentliche Qualität stellte die Integration in die Landschaft dar. Rolf Mühlethaler entwarf eine
klare orthogonale Box, die durch die vorspringenden Geschossscheiben aus Beton ebenso geprägt wird wie durch
den Rhythmus der umlaufenden, filigranen Glasfassade.
Nichts stört die Homogenität des Volumens – sogar der über
eine Rampe von Osten aus erreichbare Eingang wird lediglich durch einen leicht trichterförmigen Knick der Erdge-
9
schossfassade nach innen ausgezeichnet. Rolf Mühlethaler
wurzelt in der bernerischen Tradition der Moderne eines
Frank Geiser, der sich vor allem auf die Entwurfsprinzipien
Mies van der Rohes bezieht; er hat indes zu einer Formensprache gefunden, in der zum filigranen Raster die Kraft und
Wucht des Betons treten.
Das nicht unerhebliche Volumen schwebt – auf Stützen ruhend – über der Parkgarage, unter der sich noch ein spät in
das Bauprogramm eingefügtes Lagergeschoss befindet. Die
Landschaft scheint damit unter dem Gebäude hindurchzu-
8
fliessen; nach Norden hin können die Mitarbeiter ohnehin
aus dem Inneren heraustreten und die an den Waldaupark
anschliessenden Gartenbereiche betreten. Sollte es nötig
sein, lässt sich der Hauptsitz von IIC in der Längsachse nach
Westen hin erweitern.
Architektur: Rolf Mühlethaler, Bern; Tragwerksplanung: Tschopp & Kohler Ingenieure GmbH,
Bern; Freiraumgestaltung: W+S Landschaftsarchitekten, Solothurn; Generalunternehmer:
Marazzi Generalunternehmung AG, Muri;
Auftraggeber: IIC – Intersport International Corp.
GmbH, Bern
7
43
Herunterladen