Phänomenologische Soziologie

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Schütz kombinierte Husserls radikale
Phänomenologie mit Webers
Handlungstheorie und dem amerikanischen
Interaktionismus
Sinn (der Sinn einer Handlung bestimmt
sich durch die Interpretation einer
Handlung)
Weil-Motiv
Menschliches Handeln ist geleitet durch
Motiv e (Gründe des Handelns)
Um-zu-Motiv
Grund des Handelns, der sich aus dem
Vergangenheitsbezug ergibt
Grund des Handelns, der sich aus dem
Zukunf tsbezug ergibt
Kritik an Weber: Weber hat mit seiner
Methode des Verstehens nicht gezeigt, wie
die Akteure zu einem gemeinsamen
Sy stem v on Bedeutungen kommen. Wie
kommen die Akteure zu einer
gemeinsamen Weltsicht? Dieses Problem
der Intersubjektiv ität steht bei Schütz im
Mittelpunkt.
Was ist wirklich, was existiert?
Schütz übernimmt Husserls Konzeption der
Lebenswelt und der natürlichen Einstellung
und teilt auch die Auf f assung, daß die
Akteure eine gemeinsame Lebenswelt
erf ahren und in ihrem Handeln unterstellen,
als ob sie in einer gemeinsamen Welt der
Erf ahrung und Vorstellungen leben. Ebenso
wie Husserl geht Schütz dav on aus, daß die
Sozialwissenschaf tler die externe soziale
Welt nicht unabhängig v on der eigenen
Lebenswelt erf orschen können.
Husserls zentrale Fragen
Wie wissen wir, was existiert?
Unser Wissen über die Welt erhalten wir
durch Erf ahrung; die externe Welt ist über
die Sinne mediatisiert und kann nur durch
das mentale Bewußtsein gewußt werden;
die Existenz anderer Menschen sowie
Werte, Normen und phy sikalische Objekte
sind immer durch Erf ahrungen mediatisiert,
in die das Bewußtsein der Menschen
eingelagert ist. Wir haben keinen direkten
Kontakt mit der Realität, v ielmehr ist dieser
indirekt und durch Prozesse des
menschlichen Geistes mediatisiert.
Die Auf gabe der Philosophie besteht darin,
die Prozesse des menschlichen Geistes zu
v erstehen und wie Erf ahrung eine
Vorstellung der externen Realität schaf f t
hier liegt der Fokus der Soziologie
Vorwelt (Vergangenheitsbezug)
Schütz lehnt jedoch die radikale Abstraktion
Husserls ab. Er v erteidigt Webers Strategie,
daß die Prozesse eines Auf baus einer
gemeinsamen Welt nur durch die
Beobachtung v on Interaktionen der Akteure
erf orscht werden können. Damit bef reite er
die Soziologie v on der philosophischen
Konzeption und richtete das Augenmerk auf
die empirische Forschung: die konkrete
Schaf f ung und Erhaltung v on
Intersubjektiv ität, d.h. wie eine gemeinsame
subjektiv e Welt bei einer Vielzahl v on
interagierenden Indiv iduen zustande
kommt.
Das grundlegende philosophische Problem
Husserls Antwort
Merkmale der Lebenswelt: 1) wird als
selbstv erständlich genommen und kaum
Gegenstand der Ref lexion 2) strukturiert die
Art, wie Menschen denken und handeln 3)
Menschen handeln auf grund der Annahme,
also ob sie die gleiche gemeinsame Welt
erf ahren
Von den f rühen sy mbolischen
Interaktionisten wurde Schütz v or allem
durch G.H.Mead und W.I.Thomas inspiriert
-> "Def inition der Situation" (Thomas);
"Rollenübernahme" und "generalisierte
Andere" (Mead)
Wie konstituieren die Akteure eine
gemeinsame subjektiv e Welt?
Zentrale Fragen in der Theorie v on Schütz
Gegen die Auf f assung der positiv istischen
Wissenschaf t, daß wir ein direktes
objektiv es Wissen über die f aktische Welt
erlangen können, wandte Husserl ein, daß
wir etwas über die Welt nur v ermittelt über
unser Bewußtsein, das durch die
Lebenswelt strukturiert ist, wissen können.
Wie sollte Wissenschaf t die externe Welt
objektiv erf assen, wenn die einzige Welt,
die die Indiv iduen erf ahren, die Lebenswelt
ist?
Welche Implikationen ergeben sich daraus
f ür die Auf rechterhaltung v on sozialer
Ordnung?
Die Realität der Akteure ist das
Grundwissen, das als übergeordnete
Realität alle sozialen Ereignisse beeinf lusst.
Alfred Schütz (1899-1959)
die Eigenschaf ten des Bewußtseins
Das Grundwissen mit seinen impliziten
Annahmen wird als selbstv erständlich
genommen und ist nicht Gegenstand einer
Ref lexion.
Problem: wie können die Menschen aus der
Lebenswelt ausbrechen und sich
v ergewissern, was real ist? Und wenn die
Lebenswelt das Bewußtsein und Handeln
strukturiert, wie ist eine objektiv e
Wissenschaf t des menschlichen Verhaltens
möglich?
Auf der Basis des Grundwissens entwickeln
die Akteure eine Reziprozität der
Perspektiv en
indiv iduelle Komponenten des
Grundwissens, die auf grund der
partikularen Biographien der Akteure
zustande kommen, können in Interaktionen
v ernachläßigt werden
Die Annahme einer gemeinsamen Welt
erlaubt, daß die Akteure Ty pisierungen
entwickeln, um erf olgreich in der Welt zu
handeln.
Phänomenologische
Soziologie
Die Akteure handeln auf der
nicht-v erif izierten Annahme einer
gemeinsamen Welt, und diese Vorstellung
einer gemeinsamen Welt mit ihren
dazugehörigen sozialen Praktiken ist
wichtiger f ür die Auf rechterhaltung einer
sozialen Ordnung als der konkrete Inhalt
der gemeinsamen Welt. Mit anderen
Worten: soziale Ordnung wird nicht so sehr
durch ein Grundwissen, durch die
Reziprozität der Perspektiv en oder der
erf olgreichen Ty pisierung ermöglicht,
sondern durch die Annahme oder Illusion
der Akteure, daß sie eine intersubjektiv e
Welt teilen.
Edm und Husserl (1859-1938)
Die soziologische Phänomenologie v on Schütz
Wissenschaf t muß eine radikale Abstraktion
v ornehmen und die natürliche Einstellung
überwinden (-> eidetische Reduktion), um
die f undamentalen Prozesse des
Bewußtseins zu v erstehen. Nur durch die
Trennung v on der Substanz der Lebenswelt
(Einklammerung) können die
f undamentalen und abstrakten
Eigenschaf ten des Bewußtseins erf orscht
werden. Durch das Verstehen dieser
Eigenschaf ten ist die Einsicht über die
wahre Natur der Realität möglich.
Husserls Lösung
Dif f erenz zum Interaktionismus
Husserl v erteidigt damit nicht Webers
Methode des Verstehens oder eine
Introspektion in das Bewußtsein des
Forschers. Diese Methoden produzieren
nur Daten über die Inhalte der Lebenswelt
und unterscheiden sich nicht v on den
Meßinstrumenten des Positiv ismus.
Husserls Ziel lag darin, eine abstrakte
Theorie des Bewußtseins zu entwickeln, die
jegliche konkreten Annahmen einer
externen sozialen Welt ausblendete.
Kritik: Schütz geht nicht der Frage nach, wie
sich konkret aus sozialen Vereinigungen
und Kommunikationen die Intersubjektiv ität
konstituiert, die Strukturen der Lebenswelt
sind bei ihm immer etwas Gegebenes (Teil
einer objektiv en Struktur)
sie müssen hinsichtlich deren
Realitätskonstruktionen
adäquat sein
Soziologische Studien müssen
eine Relev anz f ür die
Lebenswelt der untersuchten
Akteure haben
Die Betonung auf abstrakte Prozesse des
Bewußtseins stimulierte die Forscher, die
grundlegenden mentalen Prozesse der
Indiv iduen zu untersuchen und wie diese
Prozesse die Lebenswelt f ormen. Statt zu
untersuchen, wie die Welt auf das
Bewußtsein wirkt, untersuchte man, wie die
Welt aus den subjektiv en Prozessen des
menschlichen Geistes geschaf f en wird.
sie müssen logisch konsistent sein
sie müssen mit dem
bestehenden Wissen
kompatibel sein oder dieses
ersetzen bzw. widerlegen
sie müssen f ür die
untersuchten Akteure subjektiv
sinnv oll sein
Weltof f enheit des Menschen f ührt zu Frustration
Weltof f enheit
Frustration wird reduziert durch:
1)Lernprozesse 2)soziale Ordnung
Im Anschluß daran f ragte man, wie
Menschen eine Vorstellung der Realität
schaf f en und wie diese Vorstellung der
Realität der Hauptbestandteil bei der
Lösung des sozialen Ordnungsproblems
sein kann.
Die Kritik an der positiv istischen
Wissenschaf t hat bei v ielen
Phänomenologen zu der Auf f assung
gef ührt, daß eine objektiv e
Verhaltenswissenschaf t unmöglich ist.
Ein Akteur unterstellt, daß andere Akteure
ebenf alls über das Grundwissen v erf ügen
Die Existenz des Grundwissens, seine
Aneignung durch den Sozialisationsprozeß
und die Annahme der Reziprozität der
Perspektiv en f ühren dazu, daß Akteure in
einer Situation annehmen, daß die Welt f ür
alle Akteure gleich ist. Was die Gesellschaf t
zusammenhält ist diese Annahme einer
gemeinsamen Welt.
Kritik am naturalistischen Empirismus (Positiv ismus)
Husserl suchte nach der Essenz des
Bewußtseins. Um soziale Ereignisse zu
v erstehen, muß der Prozeß, durch den die
Ereignisse mediatisiert sind, v erstanden
werden. Der konkrete Inhalt des
Bewußtseins bzw. der Lebenswelt ist nicht
v on Bedeutung, sondern der abstrakte
Prozeß des Bewußtseins.
Alles in der empirischen Welt,
was nicht zu den
Eigenschaf ten des reinen
Bewußtseins zählt, wird "in
Klammern gesetzt"
Mitwelt (mittelbare Beziehungen; Ty pisierung)
Folgewelt (Zukunf tsbezug)
Husserl bezog sich ursprünglich auf die
"Welt der natürlichen Einstellung", später
v erwendete er den Begrif f der "Lebenswelt".
Er war der Auf f assung, daß Menschen in
einer f ür selbstv erständlich gehaltenen
Welt, die ihr Bewußtsein durchdringt,
handeln. Die Lebenswelt besteht aus
Objekten, Menschen, Ideen etc., die die
Menschen als externe Welt wahrnehmen,
die Lebenswelt ist Realität f ür die
Menschen.
Transzendentales Ego als Ort
der Einheit des Bewußtseins
und Ursprung der ordnenden
Tätigkeit der
Realitätskonstruktion
Umwelt (unmittelbare Beziehungen)
Die Akteure leben in einer
bestimmt die natürliche Einstellung des
Menschen zur Welt (-> Routine)
erscheint uns als grundlegende Form, ist
uns v orgegeben (Programme)
ist räumlich/zeitlich strukturiert
Lebenswelt als Alltagswelt
(Betonung des subjektiv en Aspektes in der
Konstruktion der Lebenswelt)
wird nicht in Frage gestellt
Interaktion als Basis; Ty pisierungsschemata
Kritik: Husserl konzipiert die Lebenswelt
v om indiv iduellen Bewußtsein aus, er
reduziert ein kollektiv es Phänomen, die
gemeinsame Lebenswelt, auf das
Prozessieren des indiv iduellen Bewußtseins
Der Mißerf olg der Lösung Husserls scheint
die Phänomenologen überzeugt zu haben,
daß ein Verstehen des menschlichen
Bewußtseins und der sozialen Realität nur
über die Untersuchung v on Indiv iduen in
konkreten Interaktionen möglich ist (und
nicht über die Abstraktion)
ist zentriert im Hier und Jetzt
Intersubjektiv ität
Zusammenf assung der
phänomenologischen Grundideen:
Reduktion des Unv ertrauten auf Vertrautes
Sinnprov inzen (-> Spezialisten)
Sprache
Habitualisierung
Berger/Luckm ann
Sedimentierung
Tradition
Institutionalisierung
repräsentativ e soziale Rollen
Reif ikation
Gesellschaf t als objektiv e Realität
Integration v s. Segmentation
unmittelbare Erklärung
Abstützung der Alltagswelt
Legitimation
rudimentäre theoretische Erklärung
Theorien
sy mbolisches Univ ersum
Identif ikation als Hauptmechanismus der
Übertragung v on sozialer Realität in die
Persönlichkeit
Gesellschaf t als subjektiv e Realität
Sozialisation
Primärsozialisation
Familie
Sekundärsozialisation
Phänomenologische Soziologie .mmap - - - - Prof. Dr. Hans-Jürgen Aretz
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