Authentische Aura bewahrt

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INNENAUSBAU Putze
Sanierung eines Jugendstilwohnhauses in Leipzig
Authentische Aura bewahrt
Bei der behutsamen Revitalisierung einer Leipziger
Jugendstilvilla kam Gipsputz als denkmalgerechtes
Innenraum-Material zum Einsatz. Mit glatten, weißen
Oberflächen gab der Putz dem Gebäude nicht nur seine
ursprüngliche elegante Ausstrahlung zurück. Auf den
teilweise sehr unebenen Mischuntergründen und bei den
fachgerechten Fensteranschlüssen konnte der Baustoff
auch technisch überzeugen.
Architekt:
(Sanierung) Helm und Künzel Gmbh, Leipzig
Denkmalpflege:
Stadt Leipzig, Amt f. Bauordnung und Denkmalpflege
Putzverarbeitung:
Allcon Neubau- und Sanierungsgesellschaft
mbH, Torgau
Der herrschaftliche Anspruch der Jugendstilvilla in der Leipziger Springerstraße drückt sich schon in der ursprünglichen Gebäudenutzung aus: Auf 530 m²
Grundfläche richtete der Bauherr Carl Noack im Jahre 1910 lediglich zwei Wohnungen ein. Als das prachtvolle und mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Gebäude rund neun Jahrzehnte später umfassend saniert und modernisiert werden
sollte, entschieden sich der jetzige Bauherr und sein Architekt für eine Revitalisierung zwischen Bewahren, Abbruch und
Neubau.
Das Projekt bot die Chance, den ursprünglichen Charakter des Gebäudes in
wesentlichen Teilen wieder erstehen zu
lassen und dabei gleichzeitig auch Neues
zuzulassen. Verloren Geglaubtes konnte
zurückgewonnen, historische Authentizität wieder erlebbar gemacht werden. Dabei ist es gelungen, den denkmalpflegerischen Zeugniswert zu bewahren und
gleichzeitig mit sensiblen Eingriffen in
den Grundriss-Bestand neue Nutzungsideen zu realisieren: Statt der ursprünglichen zwei werden künftig 29 Wohnungen und eine Gewerbeeinheit den Standort neu beleben.
Eckgebäude im dezenten Jugendstil nach denkmalgerechter Sanierung.
Bilder: Multigips
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Respekt vor der Substanz
Die Priorität der Jugendstilelemente aus
der Erbauungszeit wurde konsequent
überall dort durchgesetzt, wo sie noch erhalten waren. Der Eingangsbereich und
das Treppenhaus nahmen dabei eine herausragende Rolle ein. Prägen sie doch
Klare Linien und ästhetisch-glatte Flächen:
Gipsputz unterstützt wohnliche Atmosphäre durch warme Oberflächen
und feuchtigkeitsregulierende Wirkung.
neben der Außenfassade einen der ersten
Eindrücke beim Eintritt ins Gebäude.
Dementsprechend fiel der Entschluss, die
hier vorhandene Putzgestaltung aus den
1940/50er Jahren, die beinahe selbst
schon wieder historisch zu nennen ist, zu
entfernen und die Räume mit der Ausmalung des Jugendstils wiederherzustellen.
Abgerundet wird der vollständige Ensembleeindruck im Entree durch den historischen Aufzug, der technisch auf den neuesten Stand gebracht wurde.
Alle Sanierungsmaßnahmen und Materialentscheidungen wurden in Abstimmung mit der Denkmalbehörde der Stadt
Leipzig ausgeführt. Obwohl der Innenputz nur einen Teilaspekt der komplexen
Aufgabe darstellte, musste er doch der
Überputzte Fensteranschlussfolie auf Glattstrich.
Bild: Tremco Illbruck
kritischen Betrachtung unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten standhalten.
Dabei erwies es sich als Vorteil, dass
Gips ein seit Jahrhunderten genutzter und
bewährter Baustoff ist. Er erfüllt nicht nur
die denkmalpflegerischen Ansprüche
nach Übereinstimmung mit dem Bestand
und nach der Authentizität, sondern auch
alle Anforderungen an einen zeitgemäßen
Baustoff.
Anspruchsvolle Mischuntergründe
Um die denkmalgerechte Erhaltung mit
modernen Nutzungserfordernissen kombinieren zu können, wurden die Grundrisse bis auf den Rohbau zurückgebaut. Die
neuen Raumteilungen entstanden als re-
versible Wandkonstruktionen. Wo erforderlich, wurden alte Wände ergänzt oder
frühere Öffnungen zugemauert. Dadurch
ergaben sich für die Innenputzarbeiten eine Vielzahl verschiedener Untergrundsituationen. Hinzu kamen die geometrisch oft sehr unregelmäßigen Bauteilanschlüsse. Vor allem die historischen
Bauteile waren nicht immer eben bzw.
standen nicht in der Flucht.
Benötigt wurde ein Putzsystem, das
auch auf den häufig wechselnden Mischuntergründen mit größeren Schichtdicken einen Niveauausgleich und damit
ebene und lotrechte Oberflächen herstellen konnte. Der verwendete Maschinenputzgips MultiGips MP 100 leicht von
VG-Orth konnte genau diese Anforderun-
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Vor der Sanierung im Dachgeschoss...
gen erfüllen, weil er sich regelmäßig bis
25 mm Schichtdicke einlagig verarbeiten
lässt. In Ausnahmefällen sind sogar bis zu
50 mm Putzdicke in einer Lage möglich.
Dank des geringen Eigengewichts und
der hohen Verkrallungsfähigkeit des Gipsleichtputzes ist dabei auch auf Mischuntergründen eine sichere und dauerhafte Putzhaftung gewährleistet.
Erhöhte Qualität
ohne Nachspachteln
Auch bei exklusiven Bauwerken wie dem
Leipziger Wohnhaus muss natürlich der
ökonomische Aspekt sowie die Einhaltung eines strengen Ablaufregimes der
einzelnen Gewerke berücksichtigt werden. Durch seine hohe Mörtelausbeute ist
Gipsputz ein sehr wirtschaftliches Material, das außerdem rationell und mit hohen
Tagesleistungen maschinell aufgespritzt
werden kann. So ließ sich der enge Zeitrahmen – für alle Innenputzarbeiten standen nur zwei Monate zur Verfügung – sicher einhalten.
Einen Zeitvorteil bedeutete auch, dass
für normale Anforderungen an die Oberflächenqualität (Q2) bei Gipsputz kein
Nachspachteln erforderlich ist. Lediglich
auf den Flächen des Wohnhauses, für die
die besonders anspruchsvolle Qualitätsstufe Q3 vereinbart war, wurde der Putz in
einem zweiten Arbeitsgang nochmals gefilzt und geglättet. Auch dafür ist kein zusätzliches Spachtelmaterial erforderlich,
die homogene und glatte Textur entsteht
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...nach der Sanierung: Gips als Putz auf dem Mauerwerk und als
Spachtel auf Trockenbauplatten fasst die unterschiedlichen Untergründe
zur optischen Einheit zusammen.
allein aus dem Putz heraus.
Schon mit dem Rückbau waren alle
nachträglich eingebrachten abgehängten
Decken entfernt worden. Die aus der Erbauungszeit erhaltenen Stuckdecken
wurden gereinigt und in Teilbereichen rekonstruiert. Es konnte der gleiche Gipsputz wie an den Wänden verwendet werden, was die Logistik auf der Baustelle erheblich vereinfachte. Wo eine Wiederherstellung nicht mehr möglich war, wurden
als reversible Elemente Trockenbaudecken eingebaut.
Klassische Fenster mit
moderner Bauphysik
Besondere Aufmerksamkeit erforderte
die Sanierung der Fenster, spielen sie
doch im Jugendstil eine herausragende
Rolle als Gestaltungs- und Dekorationselement. Die als Kastenfenster konstruierten Holzfenster waren zum Teil stark beschädigt und wurden durch neue, dem
historischen Bestand angepasste Holzfenster mit Isolierverglasung ersetzt. Die
neuen Fenster wiederholen in der Form
die historische Teilung mit der alten Profilierung an Kämpfer und Stulp.
In der Funktion entsprechen sie modernen Vorstellungen an die Energieeinsparung und das heute zeitgemäße luftdichte Bauen. Um mit den neuen Fenstern den Niedrigenergiestandard zu erreichen, wurden sie mit Abdichtungsbändern und Fensteranschlussfolien verarbeitet. Dabei sichern Folienstreifen die
luftdichte Ausbildung der Fuge zwischen
Fenster und Mauerwerk. Die Folien werden auf dem Fensterrahmen und der Laibung verklebt und können in der Regel
nach entsprechender Vorbehandlung –
etwa mit einer Haftbrücke – problemlos
mit Gips verputzt werden. Zu beachten
sind die Verarbeitungsbedingungen nach
dem Merkblatt „Verputzen von Fensteranschlussfolien“ des Bundesverbandes
der Gipsindustrie.
Der Architekt des Gebäudes ist nicht
bekannt, doch erinnert die architektonische Handschrift an Otto Paul Burghardt (1873 – 1950), der bereits 1905 für
den gleichen Bauherrn, Carl Noack, in der
Hardenbergstraße eine ähnliche Eckbebauung realisiert hatte. Außerdem
zeichnete Burghardt für weitere villenartige Wohnhäuser in der Springerstraße verantwortlich. In Nr. 13 richtete der Architekt sein eigenes Atelier ein. Burghardt
gilt als Meister des Jugendstils, ohne dass
er jedoch die Zweckbestimmung eines
Gebäudes mit zu viel Schmuckbeiwerk
überfrachtete.
bba-Infoservice
Technisches Merkblatt „Verputzen
von Fensteranschlussfolien“
561
Fensteranschlussfolie
562
Broschüre Gipsputzsysteme
563
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