ungekürzte Fassung - Advent

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Ergänzendes Material zum
ADVENTECHO 7/8-2007
Vom Genuss des Gesunden
Warum Genuss die beste Motivation ist
Jeder kennt es, das wundervolle Gefühl in einen frischen Apfel zu beißen, den Saft einer
Apfelsine im Mund zu spüren, die milde Süße einer reifen Banane zu kosten, insbesondere, wenn
man richtig Hunger hat, oder wenn eine längere Phase der „Völlerei“ hinter einem liegt. Jeder hat
es schon einmal gespürt, wie köstlich der erste Schluck klares Wasser sein kann nach einer
längeren Durstphase, einem anstrengenden Dauerlauf, einer mühsamen Wanderung. Welch ein
Genuss!
Doch wenn wir ehrlich sind, es sind die selteneren Gelegenheiten, an denen uns diese
Gefühle überkommen. Denn wir kennen auch die anderen Genüsse, der schön cross gegrillte
Hähnchenschenkel, das medium durchgebratene Steak, die zarte Nuss-Nougat-Schokolade, die
Mega-Portion Pommes frites und – nicht zu vergessen – das leckere Stück Torte mit der extra
Portion Sahne. Da darf es dann auch ruhig noch ein Nachschlag sein, auch wenn wir eigentlich
schon satt sind, es schmeckt einfach mal wieder allzu gut.
BEISPIEL DIABETES
Und so stecken wir in der Zwickmühle und essen uns buchstäblich krank. Das Beispiel des
Diabetes Typ II zeigt das ganze Dilemma. In den Mangeljahren der Nachkriegszeit war diese
Erkrankung nahezu unbekannt. Heute leiden darunter etwa 6,4 Mio Menschen der Bevölkerung in
Deutschland, und die Zahl der Neuerkrankungen steigt von Jahr zu Jahr. Zwar sind auch
genetische Effekte beteiligt, aber Hauptrisikofaktor des Typ II Diabetes ist die Fehl- und
Überernährung. Sie führt zunächst zu einer Überproduktion des Insulins, mit dessen Hilfe der
Körper den Zucker verarbeitet, schließlich aber zum Erschlaffen der Produktion.
Parallel dazu sinkt die Empfindlichkeit der Rezeptoren in den Zellen für die Wirkung des
Insulins. Folge ist ein erhöhter Blutzuckerspiegel, der unbehandelt schwerwiegende
Komplikationen, wie Herzinfarkt, Erblindung, Amputationen oder Nierenschäden nach sich ziehen
kann. Der Typ II Diabetes trat früher vorwiegend bei älteren Personen auf und wurde daher als
Alterdiabetes bezeichnet. Das erschreckende heute ist, dass immer mehr Kinder und Jugendliche
im Schulkindalter von dieser Erkrankung betroffen sind.
80 Prozent der Typ II Diabetiker sind übergewichtig. Bereits in vorangegangenen Studien
konnte nachgewiesen werden, dass in der Mehrzahl dieser Fälle eine Gewichtsreduktion allein
bereits zu einer Blutzuckernormalisierung führen kann. Eine Einnahme von Medikamenten könnte
so vermieden werden. Neuere Studien aus Finnland, den USA und Indien haben kürzlich wieder
gezeigt, wie wichtig die Lebensweise für diese – nicht umsonst als Zivilisationskrankheit
bezeichnete – Erkrankung, ist. Die Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung, Reduktion des
Übergewichts auf Normalgewicht sowie regelmäßige Bewegung und Entspannung könnten den
Ausbruch der Krankheit bei mehr als der Hälfte der Betroffenen verhindern. Wer beispielsweise
mehr als eine halbe Stunde mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr oder zu Fuß ging, konnte sein Risiko,
einen Diabetes zu entwickeln, um 36 Prozent verringern. Die Wirkung der
Lebensstilveränderungen übertraf die der Einnahme von Medikamenten deutlich.
Diabetes ist nicht die einzige, von der Lebensweise maßgeblich mitbestimmte
Zivilisationskrankheit. In einer aufsehenerregenden Studie konnten Dean Ornish (Universität von
Kalifornien, San Francisco) und seine Mitarbeiter zeigen, dass ein intensives Fitness-Programm
mit regelmäßiger Bewegung, Entspannung, Nikotinverzicht und fettarmer, rohkost- und
ballaststoffreicher Ernährung den Verkalkungsgrad von Herzkranzarterien wieder verringern kann.
ADVENTECHO 7/8/2007 – Vom Genuss des Gesunden
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In der Folge litten die Patienten weniger an Herzschmerzen, das Herzinfarktrisiko verringerte sich
und die Belastungsfähigkeit stieg deutlich an.
In gleicher Weise werden auch für die chronische Bronchitis, den Rheumatismus und einige
Krebserkrankungen Einflussfaktoren der Lebensweise genannt (s. dazu auch den folgenden
Beitrag).
SICH ÄNDERN – ABER WIE?
Eigentlich wissen wir das alles und trotzdem fällt es uns oftmals schwer die Konsequenzen
daraus in die Tat umzusetzen. Und so lautet auch eine der großen Fragen in den
Gesundheitswissenschaften, mit denen wir uns auch in Friedensau beschäftigen: Was hilft
Menschen, sich dauerhaft gesundheitsbewusst zu verhalten? Wie können wir die gesündere Wahl
auch zur einfacheren Wahl machen?
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, wie Verhaltensänderungen vom Einzelnen beurteilt werden.
Diäten müssen scheitern, weil sie immer als Verzicht definiert und negativ wahrgenommen werden
und von vornherein auf Zeit angelegt sind. Es geht also darum, den Genuss am Gesunden wieder
zu entdecken und zwar nicht auf Zeit, sondern als natürlichen Bestandteil einer bewusst gewählten
Lebensweise.
Es gibt in der Bibel eine Geschichte, die gut in diesen Zusammenhang passt (vgl. Dan 1,3-16).
Eine Gruppe von hebräischen Gefangenen, Söhne der israelitischen Oberschicht, sollte am Hof
des Königs der Besatzungsmacht Babylon umerzogen werden. Teil des Programms war auch die
Verköstigung mit den Speisen des Königs. Vier der jungen Männer sahen darin einen Verstoß
gegen die Empfehlungen ihres Schöpfers und baten um eine alternative Ernährungsform. Das was
erbeten wurde (Gemüse und frisches Wasser) würden wir heute wohl nur schwerlich unseren
Gästen am Sabbat- oder Sonntagmittag als Festmahl vorsetzen wollen – obwohl der Erfolg dieser
Ernährung bereits nach zehn Tagen deutlich wurde und damit unsere Zurückhaltung eigentlich
unverständlich erscheinen lässt. Selbst nach Abzug einer sicher nicht zu knappen
Segenskomponente bleibt es ein Effekt, der auch heute in wissenschaftlichen Arbeiten
nachzuweisenden Auswirkungen eines gesundheitsbewussten Lebensstils.
Es ist daher an der Zeit, den Genuss zu entdecken an dem köstlichen Geschmack von
frischem Obst oder Gemüse, an der angenehmen Ermattung nach einer Fahrradtour oder einem
gemütlichen Dauerlauf und an dem inneren Frieden nach einer in Ruhe erlebten Andacht.
Dr. med. Edgar Voltmer. Dozent für Gesundheitswissenschaften und Sozialmanagement an der
Theologischen Hochschule Friedensau. Verheiratet, zwei Kinder. Kontakt: [email protected]
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