Durchwuchs: So lassen sich die Knollen bändigen

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Ackerbau
Durchwuchs: So lassen sich
die Knollen bändigen
Trockenheit und Hitze bringen den Hormonhaushalt der Kartoffel durcheinander. Lässt sich mit dem Wachstumsregler
Itcan gegensteuern? Erste Erfahrungen liegen vor.
D
roht in diesem Sommer eine ähnliche Situation wie in 2010? Im letzten Sommer spielten Durch- und
Zwiewuchsprobleme bei Kartoffeln eine
besondere Rolle. Die hohen Temperaturen
lösten Stress aus, der den Hormonhaushalt
der Pflanzen durcheinanderbrachte. Das
führte in vielen Beständen dazu, dass die
Keimruhe der Knollen bereits im Feld gebrochen wurde. Extreme Durch- und
Zwiewuchsjahre treten in unregelmäßigen
Abständen von ca. 3 bis 5 Jahren auf. Wie
kommt es dazu?
Temperaturen von über 27 °C im
Damm deaktivieren nach mehreren Ta-
Unsere Autoren:
Dr. Marianne Benker, Peter Lövenich
und Josef Hamm, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
52 top agrar 7/2011
gen die knolleneigenen Keimhemmstoffe.
Eine vergleichbare, abgeschwächte Reaktion kann in den Knollen ablaufen,
wenn der Blattapparat über eine längere
Zeit Temperaturen von über 32 °C ausgesetzt ist. Als Folge davon wird das teilungsfähige Gewebe im Bereich der Augen und des Kronenendes aktiviert. Es
kommt zu unterschiedlichen Formen von Hohe Temperaturen
stressen die Kartoffelpflanzen und brechen
die Keimruhe der Knollen. Die Folge: Durchoder Zwiewuchs.
Durch- und Zwiewuchs (siehe Bildreihe).
Im Rheinland trat dieses Zweitwachstum bereits Anfang/Mitte Juli 2010 massiv
auf. Es führte sortenabhängig in zahlreichen Beständen zu Symptomen an den Augen in Form von Knollen-, Kindel-, Kettenoder Sprossbildung und zum Zwiewuchs
(Hantelbildung oder Puppigkeit). Diese
Probleme mindern die Qualität deutlich.
Verbräunte Keimspitzen sind die mögliche Folge eines Einsatzes des neuen Wachstumsreglers Itcan.
Neues Verfahren
gegen Durchwuchs
Wie lässt sich Durchwuchs
verhindern und die Qualität sichern? Sie haben 3 Möglichkeiten, auf Durch-/Zwiewuchs zu
reagieren:
■■ Sie lassen den Bestand wachsen, damit sich Kindel, Ketten
und Zweitansatz voll entwickeln
können. Glasige Knollen lassen
sich unter Umständen über Salzbad aussortieren. Dies ist die Ertragsmaximierung-Variante:
„Masse statt Klasse“.
■■ Sie mindern das Kraut bei
ausreichender Sortierung sofort.
Den Durchwuchs stoppen Sie
dadurch nicht.
■■ Sie setzen sofort den Wachstumsregler Itcan im Bestand (5 kg/ha in 500 l/ha Wasser) ein.
Dies ist die Qualitäts-Variante
„Klasse statt Masse“.
Mit dem Mittel Itcan (Maleinsäurehydrazid) stand 2010 erstmalig ein neues Verfahren zur
Keimhemmung, Begrenzung von
Durch- und Zwiewuchs sowie
Bekämpfung von Durchwuchskartoffeln im Folgejahr zur Verfügung. Es wird als Wachstumsregler 3 bis 4 Wochen vor der
Ernte in die Kartoffelbestände
gespritzt.
Damit Itcan wirken kann,
muss die Kartoffelpflanze den
Wirkstoff über ihre Blätter aufnehmen und ihn mit dem Saftstrom in die Knollen transportieren. Dafür müssen die Pflanzen
noch mindestens 8 bis 10 Tage
lang grünes Laub aufweisen.
Wenn Sie die Aufwandmenge
splitten, sollte es mindestens
noch 16 bis 20 Tage grün sein.
Diese Zeit benötigt der Wirkstoff, um über den Saftstrom in
die Knollen zu gelangen. Ist der
Saftstrom aber behindert, weil
z. B. durch hohe Temperaturen
die Bestände „stehen“ oder diese schon stark liegen, kann das
Mittel seine volle Wirkung nicht
entfalten.
Mehrertrag und
weniger Zwiewuchs
Die Durch- und Zwiewuchssymptome Anfang bis Mitte Juli
2010 veranlassten die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Versuche mit Itcan durchzuführen, um Durch-/Zwiewuchs
und Keimung zu verhindern. Am
Formenreicher Durch- und Zwiewuchs
Beginnender Durchwuchs an den Augen
Durchwuchs mit Knollen- oder Sprossbildung
Durchwuchs mit Kindelbildung
Durchwuchs mit Kettenbildung
Durchwuchs mit Sprossbildung
Zwiewuchs am Kronenende (= Puppigkeit)
Hohe Temperaturen von 27 °C bringen
den Hormonhaushalt der Kartoffelknollen
durcheinander. Nach mehreren Tagen deaktivieren sie die knolleneigenen Keimhemmstoffe. Es kann zu unterschiedlichen Formen von Durch- und Zwiewuchs kommen.
Zwiewuchs: Verlagerung der Stärke vom Nabel- zum Kronenende führt zu Glasigkeit am
Nabelende der Knolle. Fotos: Benker
top agrar 7/2011 53
Ackerbau
Übersicht 1: Erträge bei verschiedenen
Mengen und Splitting-Varianten
Die Auswertung
der Erträge zeigt,
dass die Knollengröße beim
Itcan-Einsatz
ausreichend war.
Grafiken:
Breithaupt
Ertrag (%) 60
70
80
90
100 110
Ertrag (%) 60
70
80
90
100 110
Kontrolle
Ertrag
(%) 60
70
80
90
100 110
Kontrolle
2,5 kg/ha
Ertrag
(%)
60
70
80
90
100
110
Kontrolle
2,5
kg/ha
3,5
kg/ha
2,5
kg/ha
Kontrolle
3,5
kg/ha
5,0
kg/ha
3,5kg/ha
kg/ha
2,5
5,0
5,0 kg/ha + Netzmittel
5,0
kg/ha
3,5 kg/ha
kg/ha
5,0 kg/ha0++Netzmittel
5,0
5,0 kg/ha
+
Netzmittel
5,0
kg/ha
0
+
5,0
kg/ha
2,5 + 2.5 kg/ha
5,0kg/ha
kg/ha
5,0 kg/ha
Netzmittel
2,5
3,50+++2.5
1,5
kg/ha
2,5
+1,5
2.5kg/ha
kg/ha
0++
5,0
kg/ha
3,5
ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
3,5
+
1,5
kg/ha
2,5 2.5
ITCAN-Versuch
Erkelenz
2010 30.7.2010
Applikationstermine:
24.7.2010,
3,5 + 1,5 kg/ha Applikationstermine:
ITCAN-Versuch Erkelenz
2010 30.7.2010
24.7.2010,
120
120
120
120
Applikationstermine:
24.7.2010,
ITCAN-Versuch
Erkelenz
2010 30.7.2010
Applikationstermine: 24.7.2010, 30.7.2010
Übersicht 2: So wirkte der Wachtumsregler auf Zwie- und
Durchwuchs
5
10
15
20
25
Durch-/Zwiewuchs (%) 0
Die Variante
„5 kg Itcan am
ersten Termin
ausgebracht“
erzielte an allen
3 Bonitur-Terminen die beste
Wirkung.
5
10
15
20
25
Durch-/Zwiewuchs (%) 0
Kontrolle
5
10
15
20
25
Durch-/Zwiewuchs
(%) 0
Kontrolle
2,5 kg/ha
0
5
10
15
20
25
Durch-/Zwiewuchs
(%)
Kontrolle
2,5
kg/ha
3,5
kg/ha
2,5
kg/ha
Kontrolle
3,5
kg/ha
5,0 kg/ha
3,5
kg/ha
2,5kg/ha
5,0
5,0 kg/ha + Netzmittel
5,0 kg/ha
kg/ha
3,5
kg/ha
5,0 kg/ha0++Netzmittel
5,0
5.8.2010
5,0 kg/ha
+
Netzmittel
5,0
kg/ha
0
+
5,0
kg/ha
5.8.2010
2,5 + 2.5 kg/ha
11.8.2010
5,0kg/ha
kg/ha
5.8.2010
5,0 kg/ha
Netzmittel
2,5
11.8.2010
16.9.2010
3,50+++2.5
1,5
kg/ha
2,5
+1,5
2.5kg/ha
kg/ha
11.8.2010
16.9.2010
0++
5,0
kg/ha
3,5
5.8.2010
16.9.2010
3,5 + 2.5
1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
2,5
11.8.2010
ITCAN-Versuch
Erkelenz
2010 30.7.2010
Applikationstermine:
24.7.2010,
16.9.2010
3,5 + 1,5 kg/ha Applikationstermine:
ITCAN-Versuch Erkelenz
2010 30.7.2010
24.7.2010,
Applikationstermine:
24.7.2010,
ITCAN-Versuch
Erkelenz
2010 30.7.2010
Applikationstermine: 24.7.2010, 30.7.2010
Übersicht 3: Das Mittel hemmt auch
Keimgewicht (g) 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
dieKeimgewicht
Keimung
(g) 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Kontrolle
Auch bei der
Keimhemmung
zeigt Itcan gute
Wirkungsgrade.
Die Bonitur des
Keimverhaltens
der eingelagerten
Knollen erfolgte
im Februar 2011.
Keimgewicht (g) 0
0,2
0,4
0,6
Kontrolle
2,5 kg/ha
Keimgewicht
(g) 0
0,2
0,4
0,6
Kontrolle
2,5
3,5 kg/ha
kg/ha
2,5
kg/ha
Kontrolle
3,5
kg/ha
5,0 kg/ha
3,5kg/ha
2,5
kg/ha
5,0
5,0 kg/ha + Netzmittel
5,0 kg/ha
kg/ha
3,5
kg/ha
5,0 kg/ha0++Netzmittel
5,0
5,0 kg/ha
+
Netzmittel
5,0kg/ha
kg/ha
0 ++ 5,0
2,5
2.5
kg/ha
5,0kg/ha
kg/ha
5,0 kg/ha
Netzmittel
2,5
3,50+++2.5
1,5
kg/ha
2,5
+1,5
2.5kg/ha
kg/ha
0++
5,0
kg/ha
3,5
ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
3,5 + 2.5
1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
2,5
3,5 + 1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
0,8
0,8
1,0
1,0
ITCAN-Versuch Erkelenz 2010
Maleinsäure-Gehalt
Maleinsäure-Gehalt
1
2
3
4
5
6
(mg/kg) 0
Maleinsäure-Gehalt
1
2
3
4
5
6
(mg/kg) 0
unter 28 0
1
2
3
4
5
6
(mg/kg)
Maleinsäure-Gehalt
unter
28
bis 28
35
0
1
2
3
4
5
6
(mg/kg)
unter
28
28
35 bis
bis 35
45
28
bis45
35
unter
28
35
bis
45
bis
55
35
45
28
bis
35
45
bis
55
über 55
45
bis55
55
35
bis
45
über
Applikation: ITCAN 5 kg/ha
55Applikation: ITCAN 5 kg/ha
45über
bis 55
*)in Kartoffelknollen in Abhängigkeit von der
über 55 *Knollengröße
Applikation:
ITCAN
5inkg/ha
)
(Erkelenz
2010)
in Kartoffelknollen
Abhängigkeit
von der
54 top agrar 7/2011
Knollenfraktion
Knollenfraktion
Knollenfraktion
Knollenfraktion
2 2
2 (mm
) )
(mm(mm
) 2)(mm
Die Rückstandshöchstmenge
des Wirkstoffs
­MaleinsäureHydrazid beträgt 50 mg/kg
Knollengewicht.
Größere Knollen
weisen tendenziell einen höheren
Gehalt auf.
Übersicht 4: Rückstandsgehalte in
den Knollen
*)in Kartoffelknollen
Abhängigkeit von der
Knollengröße
(Erkelenz
2010)
Applikation:
ITCAN
5 inkg/ha
Knollengröße (Erkelenz 2010)
*)in Kartoffelknollen in Abhängigkeit von der
Knollengröße (Erkelenz 2010)
7
7
7
7
Itcan eignet sich nicht
nur zur Durch- und
Zwiewuchs­bekämpfung. In
Versuchen zeigte es auch bei
der Keimhemmung eine
gute Wirkung (links Kontrolle,
rechts 5 kg/ha Itcan).
Standort
Erkelenz/Rheinland haben wir einen Durchwuchsversuch mit verschiedenen Aufwandmengen und
Splitting-Varianten angelegt.
Zu den Einsatzterminen Folgendes:
■■ Hauptspritztermin
war
der 24. Juli. Dieser Termin
war jedoch suboptimal, da
der Bestand wegen der trockenen Bedingungen bereits relativ weit
in der Abreife war und sich zudem schon
etwas gelegt hatte.
■■ Am 30. Juli erfolgte die zweite Spritzung der Splitting-Varianten.
Bei der Auswertung der Ertragsergebnisse zeigte sich, dass die Knollen beim
Einsatz von Itcan groß genug waren. Das
heißt: Die Zellteilung war bereits abgeschlossen. Daher traten keine Ertragsverluste auf. Die früh behandelten Varianten
erzielten sogar einen etwas höheren Ertrag (siehe Übersicht 1).
Die Wirkung der einzelnen Versuchsglieder auf mögliches Zweitwachstum an
den Knollen haben wir an 2 Boniturterminen und zur Ernte untersucht. Hier die
Ergebnisse:
■■ Die Variante „5 kg/ha am ersten Termin ausgebracht“ erzielte an allen 3 Bonitur-Terminen mit einem Wirkungsgrad
von ca. 50 % die beste Wirkung (siehe
Übersicht 2).
■■ Das Splitten der 5 kg/ha auf 2 Behandlungstermine führte zu einer etwas verminderten Wirkung.
■■ Das Zufügen eines Netzmittels und
das Ausbringen der 5 kg/ha an dem späteren Termin reduzierten ebenfalls die Wirkung. Dies liegt vermutlich daran, dass
sich zum zweiten Applikationstermin der
Bestand noch weiter in der Abreife befand und somit nicht ausreichend Wirkstoff aufnehmen konnte.
■■ Die Reduzierung der Aufwandmenge
auf 2,5 bzw. 3,5 kg/ha führten zu einem
nicht ausreichenden Wirkungsgrad.
Reduzierte Menge
reicht nicht aus
Aus der marktfähigen Ware des Versuchs haben wir Versuchsknollen eingelagert und im Februar 2011 auf ihr Keimverhalten bonitiert. Das Ergebnis: Itcan eignet
sich nicht nur zur Durch- und Zwiewuchsbekämpfung, son­dern erzielt auch bei der
Keimhemmung gute Wir­
kungsgrade (siehe dazu Übersicht 3).
Alle 5 kg/ha-Varianten
(einmalig oder gesplittet behandelt) bewirkten eine sehr
gute Keimhemmung bei den
eingelagerten Knollen, das
Keimgewicht war deutlich reduziert. Lediglich die Variante
“5 kg/ha am späten Termin
ausgebracht“
wies
eine
schlechtere Wirkung als die
anderen Varianten auf.
Diese recht gute keimhemmende Wirkung von Itcan bestätigten auch zwei weite­- re Versuche. Die reduzierte Aufwandmenge von 2,5 oder 3,5 kg/ha reicht für eine gu- te keimhemmende Wir­kung
nicht aus.
Rückstände in den
Knollen?
Die Wirkung des Wachstumsreglers Itcan beruht darauf, dass der Wirkstoff über
den Blattapparat in die Knollen transportiert und dort die
Zellteilung des meristematischen Gewebes an den Augen
oder am Kronenende verhindert. Die Rückstandshöchstmenge des Wirkstoffs Maleinsäurehydrazid beträgt 50 mg
je kg Knollengewicht.
Nach Angaben des Herstellers müssen mindestens 6, besser 12 bis 18 mg/kg
Wirkstoff in den Knollen enthalten sein, um eine ausreichend gute Wirkung erzielen
zu können. Aus der Literatur
ist bekannt, dass große Knollen stoffwechselaktiver sind
und deswegen mehr Wirkstoff
einlagern können als kleine.
Deshalb weisen größere
Knollen bessere Wirkungsgrade auf.
Aus der Versuchsvariante
mit dem besten Wirkungsgrad
(5 kg/ha am ersten Behandlungstermin appliziert) haben
wir fünf unterschiedliche
Knollenfraktionen auf ihren
Gehalt an Maleinsäure-Hydrazid analysieren lassen. Dabei
bestätigte sich diese Aussage:
Die größeren Knollen wiesen
die höchsten Gehalte auf, während in den kleineren Fraktionen niedrigere Gehalte gemessen wurden (Übersicht 4).
Aber gerade diese ganz
kleinen Knollen, die bei der
Ernte oft im Feld verbleiben,
können im Folgejahr Probleme bereiten. Wie gut Itcan gegen diese Durchwuchskartoffeln wirkt, ist daher weiterführend zu prüfen.
Insgesamt lagerten die
Versuchsknollen relativ wenig
Wirkstoff ein. Zu wenig, wenn
von den genannten Herstellerangaben ausgegangen wird.
Dies ist aber angesichts der
schwierigen Witterungsverhältnisse und des Zustandes,
in dem sich der Bestand bei
Applikation befand, nicht verwunderlich.
Zum Zeitpunkt der Behandlungen war der Kartoffelbestand relativ weit in der
Abreife, und die Pflanzen lagen teilweise schon. Bedingt
durch die Witterung „stand“
der Bestand. Das heißt: Der
Transport des Wirkstoffs in
die Knollen war erschwert. j
top agrar 7/2011 55
Ackerbau
Erfolgt die Applikation unter optimalen Witterungsbedingungen und befi ndet sich der Kartoffelbestand in einem guten Zustand, werden sicherlich bessere Wirkungsgrade erzielt.
Problem: Zu früher oder
zu später Einsatz
Häufi g traten Probleme beim Erkennen des optimalen Einsatzzeitpunktes (siehe auch Checkliste zum richtigen Einsatz, rechts) auf. Die Folge: Zu frühe oder zu späte Behandlung. Die oft weit abgereiften, liegenden Bestände konnten zum Teil nicht genügend Wirkstoff in die Knollen einlagern. Unter den extremen Witterungsbedingungen reichten die empfohlenen 8 Tage grüner Blattapparat für einen guten Wirkstofftransport in die Knollen oft nicht aus. Erste Erfahrungen aus
der Praxis
Obwohl Itcan ein neues Produkt mit neuer Wirkungsweise ist und dazu bei uns bislang keine Erfahrungen vorlagen, hat die Praxis das Mittel wegen der dramatischen Durch- und Zwiewuchs-Situation im Rheinland in 2010 verstärkt eingesetzt. Von den insgesamt 44 t gingen ca. 30 t ins Rheinland. Um die Erfahrungen der Landwirte mit diesem neuen Verfahren zu sammeln und zu analysieren, haben wir in der Beratungsregion Rheinland Nord eine Fragebogenaktion zum Einsatz von Itcan durchgeführt. An der Umfrage beteiligten sich 27 Betriebe mit 45 Schlägen (gesamt 425 ha), von denen 8 beregnet wurden. Die Betriebe behandelten Speise- (Allians, Cilena, Laura, Marabel, Melody, Milva, Princess, Toscana) und Pommes-Sorten (Agria, Bintje, Challenger, Fontane, Markies, Victoria). Das Ergebnis lässt sich wie folgt zusammenfassen: In dieser Region wäre im Jahr 2010 ohne Itcan keine ordnungsgemäße Vermarktung möglich gewesen. Nach dem Einsatz des Mittels traten weniger glasige Knollen auf. Allerdings wurden auch einige Bestände zu spät und mit nicht ausreichendem Erfolg behandelt. Wobei die Kartoffel sortenabhängig auf das Mittel zu reagieren scheint. Wenn Mindererträge auftraten, lag dies häufi g am zu frühen Einsatz des Mittels. Nach der Behandlung beobachteten die Anbauer manchmal eine geringere Blattneubildung bzw. weniger Wiederaustrieb im Bestand. Die keimhemmende Wirkung im Lager reichte aber offenbar häufi g nicht aus. Vor allem die kleinen Knollen keimten.
56 top agrar 7/2011
Einsatz-Checkliste für den
neuen Wachstumregler
1. Vermarktung: Klären Sie vor der
Anwendung unbedingt mit der abnehmenden Hand, ob ein Einsatz vo
n Itcan erwünscht ist oder nicht!
2. Aufwandmenge: 5 kg/ha einmal
ig in 500 l/ha Wasser oder im Splittin
gVerfahren mit 2 x 2,5 kg/ha im Absta
nd von 10 Tagen. Kosten: Ca. 110 €/h
a.
Um Filterverstopfungen vorzubeugen,
sollten Sie beim Ansetzen der Spritz
brühe die Beutel öffnen, obwohl diese
wasserlöslich sind, und nur das Pul
ver verwenden.
3. Einsatzzeitpunkt: Kleinfallende
Sorten (hoher Ansatz): 80 % der Knollen sollten eine Größe von 25 bi
s 30 mm erreicht haben.
Großfallende Sorten (niedriger An
satz): 80 % der Knollen sollten eine Größe von mindestens 35 mm erreicht
haben. Ab dieser Größe ist die Zellteilung
in den Knollen abgeschlossen. Danach
erfolgt nur noch die Zellstreckung. E
rst ab diesem Zeitpunkt sind keine Ertragseinbußen durch Itcan zu erwa
rten.
4. Entwicklungsstadium der Kar
toffelpflanze: Ab Ende Blüte (EC
69) bis sich erste Blätter gelblich verfärbe
n, ca. 14 Tage vor der Krautabtötung. Sind die Bestände schon sehr weit in
der Abreife, sollten Sie Itcan mit 5 kg/ha einmalig einsetzen. Nur in inta
kten, grünen Beständen ist ein Splitting mit 2 x 2,5 kg/ha im Absta
nd von 10 Tagen sinnvoll. 5. Optimaler Einsatzzeitpunkt bei
Durch-/Zwiewuchs: 80 % des Bestandes sollten eine Keimlänge von ge
rade gespitzt bis 5 mm aufweisen. G
ute Wirkung noch bis 10 mm Keimlänge,
ab 20 mm keine ausreichende Wirkung mehr. Wirkungsgrade nach
Angaben des Herstellers unter optimalen Bedingungen: 50 bis 70 %.
6. Witterung: Anwendung nur bis 25 °C! Bei heißem, trockenem Wetter sind Spritzungen in die frühe
n Morgenstunden zu verlegen.
7. Niederschläge/Bewässerung: Nach dem Einsatz sollte keine Bewäs
serung innerhalb der nächsten 12 bis 24
Stunden erfolgen. Berücksichtigen S
ie auch die Regenprognosen. Fallen inne
rhalb der 12 Stunden nach Applikati
on Niederschläge, sollten Sie die Hälfte
der zuvor ausgebrachten Menge nach
legen. Beachten Sie aber: Die Aufwan
dmenge ist auf 5 kg/ha begrenzt!
8. Mischbarkeit: Im Allgemeinen em
pfi ehlt der Hersteller die Soloapplikation. Es zeigte sich aber in der Prax
is, dass Itcan mit Kartoffelfungiziden mischbar ist (nicht mit Ranman, da es
zu sehr schäumt). Geben Sie jedoch nicht mehr als einen Mischpartner zu
. Mischen Sie nicht Blattdünger und
Additive zu! 9. Keimhemmung: Da die keimh
emmende Wirkung von Itcan über die
gesamte Lagerzeit unter Umstände
n nicht ausreicht, sollten Sie bei Bed
arf, voraussichtlich bei Jahreswechsel, ein
e Behandlung mit CIPC durchführen. Beobachten Sie regelmäßig
das Keimverhalten! 10. Wartezeit: 21 Tage
11. Pflanzkartoffeln: Das Mittel
ist nicht in Pfl anzkartoffeln zugelassen! ✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
Fazit
Mit Itcan ließen sich im letzten Jahr gute Ergebnisse gegen Durch- und Zwiewuchs erzielen. Wichtig ist aber, dass Sie vorab die Bedingungen, wie z. B. die Knollengröße, den Zustand des Bestandes und die Witterung, prüfen. Erst dann sollten Sie entscheiden, ob der Einsatz sinnvoll ist. Das Mittel als reine Versicherungsmaßnahme gegen Durch- und Zwiewuchs einzusetzen, ist kostspielig und nicht sinnvoll. Vom Anwenderschutz und Handling her ist eine Keimhemmung mit Itcan im Vergleich zur Anwendung von CIPC eine Verbesserung. Ob sich das Mittel zur Keim hemmung etablieren wird, hängt davon ab, ob die Wirkung ausreichen wird. Erste Ergebnisse sprechen dafür. Sie müssen aber in weiteren Versuchen bestätigt werden. Bekannt ist, dass die Wirkung von Itcan gerade in „unruhigen“ Sorten nicht bis zum Auslagern reicht. Voraussichtlich muss dann mindestens einmal mit CIPC nachbehandelt werden. Die Ergebnisse stammen aus einem Versuchsjahr. Weitere Versuche sind notwendig. Wenn Sie Itcan selbst prüfen wollen, lassen Sie unbedingt ein unbehandeltes Spritzfenster frei! Nur so können Sie den Wirkungsgrad und mögliche Mehr- oder Mindererträge ermitteln. 
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