Ackerbau Durchwuchs: So lassen sich die Knollen bändigen Trockenheit und Hitze bringen den Hormonhaushalt der Kartoffel durcheinander. Lässt sich mit dem Wachstumsregler Itcan gegensteuern? Erste Erfahrungen liegen vor. D roht in diesem Sommer eine ähnliche Situation wie in 2010? Im letzten Sommer spielten Durch- und Zwiewuchsprobleme bei Kartoffeln eine besondere Rolle. Die hohen Temperaturen lösten Stress aus, der den Hormonhaushalt der Pflanzen durcheinanderbrachte. Das führte in vielen Beständen dazu, dass die Keimruhe der Knollen bereits im Feld gebrochen wurde. Extreme Durch- und Zwiewuchsjahre treten in unregelmäßigen Abständen von ca. 3 bis 5 Jahren auf. Wie kommt es dazu? Temperaturen von über 27 °C im Damm deaktivieren nach mehreren Ta- Unsere Autoren: Dr. Marianne Benker, Peter Lövenich und Josef Hamm, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen 52 top agrar 7/2011 gen die knolleneigenen Keimhemmstoffe. Eine vergleichbare, abgeschwächte Reaktion kann in den Knollen ablaufen, wenn der Blattapparat über eine längere Zeit Temperaturen von über 32 °C ausgesetzt ist. Als Folge davon wird das teilungsfähige Gewebe im Bereich der Augen und des Kronenendes aktiviert. Es kommt zu unterschiedlichen Formen von Hohe Temperaturen stressen die Kartoffelpflanzen und brechen die Keimruhe der Knollen. Die Folge: Durchoder Zwiewuchs. Durch- und Zwiewuchs (siehe Bildreihe). Im Rheinland trat dieses Zweitwachstum bereits Anfang/Mitte Juli 2010 massiv auf. Es führte sortenabhängig in zahlreichen Beständen zu Symptomen an den Augen in Form von Knollen-, Kindel-, Kettenoder Sprossbildung und zum Zwiewuchs (Hantelbildung oder Puppigkeit). Diese Probleme mindern die Qualität deutlich. Verbräunte Keimspitzen sind die mögliche Folge eines Einsatzes des neuen Wachstumsreglers Itcan. Neues Verfahren gegen Durchwuchs Wie lässt sich Durchwuchs verhindern und die Qualität sichern? Sie haben 3 Möglichkeiten, auf Durch-/Zwiewuchs zu reagieren: ■■ Sie lassen den Bestand wachsen, damit sich Kindel, Ketten und Zweitansatz voll entwickeln können. Glasige Knollen lassen sich unter Umständen über Salzbad aussortieren. Dies ist die Ertragsmaximierung-Variante: „Masse statt Klasse“. ■■ Sie mindern das Kraut bei ausreichender Sortierung sofort. Den Durchwuchs stoppen Sie dadurch nicht. ■■ Sie setzen sofort den Wachstumsregler Itcan im Bestand (5 kg/ha in 500 l/ha Wasser) ein. Dies ist die Qualitäts-Variante „Klasse statt Masse“. Mit dem Mittel Itcan (Maleinsäurehydrazid) stand 2010 erstmalig ein neues Verfahren zur Keimhemmung, Begrenzung von Durch- und Zwiewuchs sowie Bekämpfung von Durchwuchskartoffeln im Folgejahr zur Verfügung. Es wird als Wachstumsregler 3 bis 4 Wochen vor der Ernte in die Kartoffelbestände gespritzt. Damit Itcan wirken kann, muss die Kartoffelpflanze den Wirkstoff über ihre Blätter aufnehmen und ihn mit dem Saftstrom in die Knollen transportieren. Dafür müssen die Pflanzen noch mindestens 8 bis 10 Tage lang grünes Laub aufweisen. Wenn Sie die Aufwandmenge splitten, sollte es mindestens noch 16 bis 20 Tage grün sein. Diese Zeit benötigt der Wirkstoff, um über den Saftstrom in die Knollen zu gelangen. Ist der Saftstrom aber behindert, weil z. B. durch hohe Temperaturen die Bestände „stehen“ oder diese schon stark liegen, kann das Mittel seine volle Wirkung nicht entfalten. Mehrertrag und weniger Zwiewuchs Die Durch- und Zwiewuchssymptome Anfang bis Mitte Juli 2010 veranlassten die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Versuche mit Itcan durchzuführen, um Durch-/Zwiewuchs und Keimung zu verhindern. Am Formenreicher Durch- und Zwiewuchs Beginnender Durchwuchs an den Augen Durchwuchs mit Knollen- oder Sprossbildung Durchwuchs mit Kindelbildung Durchwuchs mit Kettenbildung Durchwuchs mit Sprossbildung Zwiewuchs am Kronenende (= Puppigkeit) Hohe Temperaturen von 27 °C bringen den Hormonhaushalt der Kartoffelknollen durcheinander. Nach mehreren Tagen deaktivieren sie die knolleneigenen Keimhemmstoffe. Es kann zu unterschiedlichen Formen von Durch- und Zwiewuchs kommen. Zwiewuchs: Verlagerung der Stärke vom Nabel- zum Kronenende führt zu Glasigkeit am Nabelende der Knolle. Fotos: Benker top agrar 7/2011 53 Ackerbau Übersicht 1: Erträge bei verschiedenen Mengen und Splitting-Varianten Die Auswertung der Erträge zeigt, dass die Knollengröße beim Itcan-Einsatz ausreichend war. Grafiken: Breithaupt Ertrag (%) 60 70 80 90 100 110 Ertrag (%) 60 70 80 90 100 110 Kontrolle Ertrag (%) 60 70 80 90 100 110 Kontrolle 2,5 kg/ha Ertrag (%) 60 70 80 90 100 110 Kontrolle 2,5 kg/ha 3,5 kg/ha 2,5 kg/ha Kontrolle 3,5 kg/ha 5,0 kg/ha 3,5kg/ha kg/ha 2,5 5,0 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0 kg/ha 3,5 kg/ha kg/ha 5,0 kg/ha0++Netzmittel 5,0 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0 kg/ha 0 + 5,0 kg/ha 2,5 + 2.5 kg/ha 5,0kg/ha kg/ha 5,0 kg/ha Netzmittel 2,5 3,50+++2.5 1,5 kg/ha 2,5 +1,5 2.5kg/ha kg/ha 0++ 5,0 kg/ha 3,5 ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 3,5 + 1,5 kg/ha 2,5 2.5 ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 Applikationstermine: 24.7.2010, 3,5 + 1,5 kg/ha Applikationstermine: ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 24.7.2010, 120 120 120 120 Applikationstermine: 24.7.2010, ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 Applikationstermine: 24.7.2010, 30.7.2010 Übersicht 2: So wirkte der Wachtumsregler auf Zwie- und Durchwuchs 5 10 15 20 25 Durch-/Zwiewuchs (%) 0 Die Variante „5 kg Itcan am ersten Termin ausgebracht“ erzielte an allen 3 Bonitur-Terminen die beste Wirkung. 5 10 15 20 25 Durch-/Zwiewuchs (%) 0 Kontrolle 5 10 15 20 25 Durch-/Zwiewuchs (%) 0 Kontrolle 2,5 kg/ha 0 5 10 15 20 25 Durch-/Zwiewuchs (%) Kontrolle 2,5 kg/ha 3,5 kg/ha 2,5 kg/ha Kontrolle 3,5 kg/ha 5,0 kg/ha 3,5 kg/ha 2,5kg/ha 5,0 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0 kg/ha kg/ha 3,5 kg/ha 5,0 kg/ha0++Netzmittel 5,0 5.8.2010 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0 kg/ha 0 + 5,0 kg/ha 5.8.2010 2,5 + 2.5 kg/ha 11.8.2010 5,0kg/ha kg/ha 5.8.2010 5,0 kg/ha Netzmittel 2,5 11.8.2010 16.9.2010 3,50+++2.5 1,5 kg/ha 2,5 +1,5 2.5kg/ha kg/ha 11.8.2010 16.9.2010 0++ 5,0 kg/ha 3,5 5.8.2010 16.9.2010 3,5 + 2.5 1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 2,5 11.8.2010 ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 Applikationstermine: 24.7.2010, 16.9.2010 3,5 + 1,5 kg/ha Applikationstermine: ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 24.7.2010, Applikationstermine: 24.7.2010, ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 30.7.2010 Applikationstermine: 24.7.2010, 30.7.2010 Übersicht 3: Das Mittel hemmt auch Keimgewicht (g) 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 dieKeimgewicht Keimung (g) 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Kontrolle Auch bei der Keimhemmung zeigt Itcan gute Wirkungsgrade. Die Bonitur des Keimverhaltens der eingelagerten Knollen erfolgte im Februar 2011. Keimgewicht (g) 0 0,2 0,4 0,6 Kontrolle 2,5 kg/ha Keimgewicht (g) 0 0,2 0,4 0,6 Kontrolle 2,5 3,5 kg/ha kg/ha 2,5 kg/ha Kontrolle 3,5 kg/ha 5,0 kg/ha 3,5kg/ha 2,5 kg/ha 5,0 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0 kg/ha kg/ha 3,5 kg/ha 5,0 kg/ha0++Netzmittel 5,0 5,0 kg/ha + Netzmittel 5,0kg/ha kg/ha 0 ++ 5,0 2,5 2.5 kg/ha 5,0kg/ha kg/ha 5,0 kg/ha Netzmittel 2,5 3,50+++2.5 1,5 kg/ha 2,5 +1,5 2.5kg/ha kg/ha 0++ 5,0 kg/ha 3,5 ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 3,5 + 2.5 1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 2,5 3,5 + 1,5 kg/ha ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 0,8 0,8 1,0 1,0 ITCAN-Versuch Erkelenz 2010 Maleinsäure-Gehalt Maleinsäure-Gehalt 1 2 3 4 5 6 (mg/kg) 0 Maleinsäure-Gehalt 1 2 3 4 5 6 (mg/kg) 0 unter 28 0 1 2 3 4 5 6 (mg/kg) Maleinsäure-Gehalt unter 28 bis 28 35 0 1 2 3 4 5 6 (mg/kg) unter 28 28 35 bis bis 35 45 28 bis45 35 unter 28 35 bis 45 bis 55 35 45 28 bis 35 45 bis 55 über 55 45 bis55 55 35 bis 45 über Applikation: ITCAN 5 kg/ha 55Applikation: ITCAN 5 kg/ha 45über bis 55 *)in Kartoffelknollen in Abhängigkeit von der über 55 *Knollengröße Applikation: ITCAN 5inkg/ha ) (Erkelenz 2010) in Kartoffelknollen Abhängigkeit von der 54 top agrar 7/2011 Knollenfraktion Knollenfraktion Knollenfraktion Knollenfraktion 2 2 2 (mm ) ) (mm(mm ) 2)(mm Die Rückstandshöchstmenge des Wirkstoffs ­MaleinsäureHydrazid beträgt 50 mg/kg Knollengewicht. Größere Knollen weisen tendenziell einen höheren Gehalt auf. Übersicht 4: Rückstandsgehalte in den Knollen *)in Kartoffelknollen Abhängigkeit von der Knollengröße (Erkelenz 2010) Applikation: ITCAN 5 inkg/ha Knollengröße (Erkelenz 2010) *)in Kartoffelknollen in Abhängigkeit von der Knollengröße (Erkelenz 2010) 7 7 7 7 Itcan eignet sich nicht nur zur Durch- und Zwiewuchs­bekämpfung. In Versuchen zeigte es auch bei der Keimhemmung eine gute Wirkung (links Kontrolle, rechts 5 kg/ha Itcan). Standort Erkelenz/Rheinland haben wir einen Durchwuchsversuch mit verschiedenen Aufwandmengen und Splitting-Varianten angelegt. Zu den Einsatzterminen Folgendes: ■■ Hauptspritztermin war der 24. Juli. Dieser Termin war jedoch suboptimal, da der Bestand wegen der trockenen Bedingungen bereits relativ weit in der Abreife war und sich zudem schon etwas gelegt hatte. ■■ Am 30. Juli erfolgte die zweite Spritzung der Splitting-Varianten. Bei der Auswertung der Ertragsergebnisse zeigte sich, dass die Knollen beim Einsatz von Itcan groß genug waren. Das heißt: Die Zellteilung war bereits abgeschlossen. Daher traten keine Ertragsverluste auf. Die früh behandelten Varianten erzielten sogar einen etwas höheren Ertrag (siehe Übersicht 1). Die Wirkung der einzelnen Versuchsglieder auf mögliches Zweitwachstum an den Knollen haben wir an 2 Boniturterminen und zur Ernte untersucht. Hier die Ergebnisse: ■■ Die Variante „5 kg/ha am ersten Termin ausgebracht“ erzielte an allen 3 Bonitur-Terminen mit einem Wirkungsgrad von ca. 50 % die beste Wirkung (siehe Übersicht 2). ■■ Das Splitten der 5 kg/ha auf 2 Behandlungstermine führte zu einer etwas verminderten Wirkung. ■■ Das Zufügen eines Netzmittels und das Ausbringen der 5 kg/ha an dem späteren Termin reduzierten ebenfalls die Wirkung. Dies liegt vermutlich daran, dass sich zum zweiten Applikationstermin der Bestand noch weiter in der Abreife befand und somit nicht ausreichend Wirkstoff aufnehmen konnte. ■■ Die Reduzierung der Aufwandmenge auf 2,5 bzw. 3,5 kg/ha führten zu einem nicht ausreichenden Wirkungsgrad. Reduzierte Menge reicht nicht aus Aus der marktfähigen Ware des Versuchs haben wir Versuchsknollen eingelagert und im Februar 2011 auf ihr Keimverhalten bonitiert. Das Ergebnis: Itcan eignet sich nicht nur zur Durch- und Zwiewuchsbekämpfung, son­dern erzielt auch bei der Keimhemmung gute Wir­ kungsgrade (siehe dazu Übersicht 3). Alle 5 kg/ha-Varianten (einmalig oder gesplittet behandelt) bewirkten eine sehr gute Keimhemmung bei den eingelagerten Knollen, das Keimgewicht war deutlich reduziert. Lediglich die Variante “5 kg/ha am späten Termin ausgebracht“ wies eine schlechtere Wirkung als die anderen Varianten auf. Diese recht gute keimhemmende Wirkung von Itcan bestätigten auch zwei weite­- re Versuche. Die reduzierte Aufwandmenge von 2,5 oder 3,5 kg/ha reicht für eine gu- te keimhemmende Wir­kung nicht aus. Rückstände in den Knollen? Die Wirkung des Wachstumsreglers Itcan beruht darauf, dass der Wirkstoff über den Blattapparat in die Knollen transportiert und dort die Zellteilung des meristematischen Gewebes an den Augen oder am Kronenende verhindert. Die Rückstandshöchstmenge des Wirkstoffs Maleinsäurehydrazid beträgt 50 mg je kg Knollengewicht. Nach Angaben des Herstellers müssen mindestens 6, besser 12 bis 18 mg/kg Wirkstoff in den Knollen enthalten sein, um eine ausreichend gute Wirkung erzielen zu können. Aus der Literatur ist bekannt, dass große Knollen stoffwechselaktiver sind und deswegen mehr Wirkstoff einlagern können als kleine. Deshalb weisen größere Knollen bessere Wirkungsgrade auf. Aus der Versuchsvariante mit dem besten Wirkungsgrad (5 kg/ha am ersten Behandlungstermin appliziert) haben wir fünf unterschiedliche Knollenfraktionen auf ihren Gehalt an Maleinsäure-Hydrazid analysieren lassen. Dabei bestätigte sich diese Aussage: Die größeren Knollen wiesen die höchsten Gehalte auf, während in den kleineren Fraktionen niedrigere Gehalte gemessen wurden (Übersicht 4). Aber gerade diese ganz kleinen Knollen, die bei der Ernte oft im Feld verbleiben, können im Folgejahr Probleme bereiten. Wie gut Itcan gegen diese Durchwuchskartoffeln wirkt, ist daher weiterführend zu prüfen. Insgesamt lagerten die Versuchsknollen relativ wenig Wirkstoff ein. Zu wenig, wenn von den genannten Herstellerangaben ausgegangen wird. Dies ist aber angesichts der schwierigen Witterungsverhältnisse und des Zustandes, in dem sich der Bestand bei Applikation befand, nicht verwunderlich. Zum Zeitpunkt der Behandlungen war der Kartoffelbestand relativ weit in der Abreife, und die Pflanzen lagen teilweise schon. Bedingt durch die Witterung „stand“ der Bestand. Das heißt: Der Transport des Wirkstoffs in die Knollen war erschwert. j top agrar 7/2011 55 Ackerbau Erfolgt die Applikation unter optimalen Witterungsbedingungen und befi ndet sich der Kartoffelbestand in einem guten Zustand, werden sicherlich bessere Wirkungsgrade erzielt. Problem: Zu früher oder zu später Einsatz Häufi g traten Probleme beim Erkennen des optimalen Einsatzzeitpunktes (siehe auch Checkliste zum richtigen Einsatz, rechts) auf. Die Folge: Zu frühe oder zu späte Behandlung. Die oft weit abgereiften, liegenden Bestände konnten zum Teil nicht genügend Wirkstoff in die Knollen einlagern. Unter den extremen Witterungsbedingungen reichten die empfohlenen 8 Tage grüner Blattapparat für einen guten Wirkstofftransport in die Knollen oft nicht aus. Erste Erfahrungen aus der Praxis Obwohl Itcan ein neues Produkt mit neuer Wirkungsweise ist und dazu bei uns bislang keine Erfahrungen vorlagen, hat die Praxis das Mittel wegen der dramatischen Durch- und Zwiewuchs-Situation im Rheinland in 2010 verstärkt eingesetzt. Von den insgesamt 44 t gingen ca. 30 t ins Rheinland. Um die Erfahrungen der Landwirte mit diesem neuen Verfahren zu sammeln und zu analysieren, haben wir in der Beratungsregion Rheinland Nord eine Fragebogenaktion zum Einsatz von Itcan durchgeführt. An der Umfrage beteiligten sich 27 Betriebe mit 45 Schlägen (gesamt 425 ha), von denen 8 beregnet wurden. Die Betriebe behandelten Speise- (Allians, Cilena, Laura, Marabel, Melody, Milva, Princess, Toscana) und Pommes-Sorten (Agria, Bintje, Challenger, Fontane, Markies, Victoria). Das Ergebnis lässt sich wie folgt zusammenfassen: In dieser Region wäre im Jahr 2010 ohne Itcan keine ordnungsgemäße Vermarktung möglich gewesen. Nach dem Einsatz des Mittels traten weniger glasige Knollen auf. Allerdings wurden auch einige Bestände zu spät und mit nicht ausreichendem Erfolg behandelt. Wobei die Kartoffel sortenabhängig auf das Mittel zu reagieren scheint. Wenn Mindererträge auftraten, lag dies häufi g am zu frühen Einsatz des Mittels. Nach der Behandlung beobachteten die Anbauer manchmal eine geringere Blattneubildung bzw. weniger Wiederaustrieb im Bestand. Die keimhemmende Wirkung im Lager reichte aber offenbar häufi g nicht aus. Vor allem die kleinen Knollen keimten. 56 top agrar 7/2011 Einsatz-Checkliste für den neuen Wachstumregler 1. Vermarktung: Klären Sie vor der Anwendung unbedingt mit der abnehmenden Hand, ob ein Einsatz vo n Itcan erwünscht ist oder nicht! 2. Aufwandmenge: 5 kg/ha einmal ig in 500 l/ha Wasser oder im Splittin gVerfahren mit 2 x 2,5 kg/ha im Absta nd von 10 Tagen. Kosten: Ca. 110 €/h a. Um Filterverstopfungen vorzubeugen, sollten Sie beim Ansetzen der Spritz brühe die Beutel öffnen, obwohl diese wasserlöslich sind, und nur das Pul ver verwenden. 3. Einsatzzeitpunkt: Kleinfallende Sorten (hoher Ansatz): 80 % der Knollen sollten eine Größe von 25 bi s 30 mm erreicht haben. Großfallende Sorten (niedriger An satz): 80 % der Knollen sollten eine Größe von mindestens 35 mm erreicht haben. Ab dieser Größe ist die Zellteilung in den Knollen abgeschlossen. Danach erfolgt nur noch die Zellstreckung. E rst ab diesem Zeitpunkt sind keine Ertragseinbußen durch Itcan zu erwa rten. 4. Entwicklungsstadium der Kar toffelpflanze: Ab Ende Blüte (EC 69) bis sich erste Blätter gelblich verfärbe n, ca. 14 Tage vor der Krautabtötung. Sind die Bestände schon sehr weit in der Abreife, sollten Sie Itcan mit 5 kg/ha einmalig einsetzen. Nur in inta kten, grünen Beständen ist ein Splitting mit 2 x 2,5 kg/ha im Absta nd von 10 Tagen sinnvoll. 5. Optimaler Einsatzzeitpunkt bei Durch-/Zwiewuchs: 80 % des Bestandes sollten eine Keimlänge von ge rade gespitzt bis 5 mm aufweisen. G ute Wirkung noch bis 10 mm Keimlänge, ab 20 mm keine ausreichende Wirkung mehr. Wirkungsgrade nach Angaben des Herstellers unter optimalen Bedingungen: 50 bis 70 %. 6. Witterung: Anwendung nur bis 25 °C! Bei heißem, trockenem Wetter sind Spritzungen in die frühe n Morgenstunden zu verlegen. 7. Niederschläge/Bewässerung: Nach dem Einsatz sollte keine Bewäs serung innerhalb der nächsten 12 bis 24 Stunden erfolgen. Berücksichtigen S ie auch die Regenprognosen. Fallen inne rhalb der 12 Stunden nach Applikati on Niederschläge, sollten Sie die Hälfte der zuvor ausgebrachten Menge nach legen. Beachten Sie aber: Die Aufwan dmenge ist auf 5 kg/ha begrenzt! 8. Mischbarkeit: Im Allgemeinen em pfi ehlt der Hersteller die Soloapplikation. Es zeigte sich aber in der Prax is, dass Itcan mit Kartoffelfungiziden mischbar ist (nicht mit Ranman, da es zu sehr schäumt). Geben Sie jedoch nicht mehr als einen Mischpartner zu . Mischen Sie nicht Blattdünger und Additive zu! 9. Keimhemmung: Da die keimh emmende Wirkung von Itcan über die gesamte Lagerzeit unter Umstände n nicht ausreicht, sollten Sie bei Bed arf, voraussichtlich bei Jahreswechsel, ein e Behandlung mit CIPC durchführen. Beobachten Sie regelmäßig das Keimverhalten! 10. Wartezeit: 21 Tage 11. Pflanzkartoffeln: Das Mittel ist nicht in Pfl anzkartoffeln zugelassen! ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ Fazit Mit Itcan ließen sich im letzten Jahr gute Ergebnisse gegen Durch- und Zwiewuchs erzielen. Wichtig ist aber, dass Sie vorab die Bedingungen, wie z. B. die Knollengröße, den Zustand des Bestandes und die Witterung, prüfen. Erst dann sollten Sie entscheiden, ob der Einsatz sinnvoll ist. Das Mittel als reine Versicherungsmaßnahme gegen Durch- und Zwiewuchs einzusetzen, ist kostspielig und nicht sinnvoll. Vom Anwenderschutz und Handling her ist eine Keimhemmung mit Itcan im Vergleich zur Anwendung von CIPC eine Verbesserung. Ob sich das Mittel zur Keim hemmung etablieren wird, hängt davon ab, ob die Wirkung ausreichen wird. Erste Ergebnisse sprechen dafür. Sie müssen aber in weiteren Versuchen bestätigt werden. Bekannt ist, dass die Wirkung von Itcan gerade in „unruhigen“ Sorten nicht bis zum Auslagern reicht. Voraussichtlich muss dann mindestens einmal mit CIPC nachbehandelt werden. Die Ergebnisse stammen aus einem Versuchsjahr. Weitere Versuche sind notwendig. Wenn Sie Itcan selbst prüfen wollen, lassen Sie unbedingt ein unbehandeltes Spritzfenster frei! Nur so können Sie den Wirkungsgrad und mögliche Mehr- oder Mindererträge ermitteln.