BAKKALAUREATSSTUDIUM GESUNDHEITS- UND PFLEGEWISSENSCHAFT MEDIZINISCHEN UNIVERSITÄT GRAZ BAKKALAUREATSARBEIT SEMINAR: SOZIALWISSENSCHAFTLICHES ARBEITEN VERHALTENSAUFFÄLLIGKEITEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER FAMILIENSTRUKTUR VERFASSERIN: DORIS LICHTENBERGER 0533710 BETREUERIN: MAG.A DR.IN INGE ZELINKA - ROITNER 11. SEPTEMBER 2009 SOMMERSEMESTER 2009 EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebene Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntliche ge­ macht habe. Weiters erkläre ich, dass ich diese Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt habe. Graz, am 11. September 2009 Doris Lichtenberger Seite 2 Inhaltsverzeichnis Abstract 4 1 Allgemeiner Teil 5 1.1 Einleitung und Problemstellung.......................................................................................5 1.2 Fragestellung und Zielsetzung.........................................................................................6 1.3 Methoden.........................................................................................................................7 1.4 Definitionen- Was ist normal? Was ist verhaltensauffällig?............................................8 1.5 Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten?.....................................................................9 2 Familienstrukturen im Wandel 11 2.1 Der Begriff „Struktur“...................................................................................................12 2.2 Traditionelle Kernfamilie...............................................................................................12 2.3 Ein-Eltern-Familie.........................................................................................................12 2.4 Patchworkfamilie...........................................................................................................13 3 Familienstrukturen und sozialer Kontext 15 3.1 Funktionen der Familie..................................................................................................15 3.2 Die Rolle der Eltern ......................................................................................................17 4 Ausgewählte familiäre Prozesse in Bezug auf die Familienstruktur 19 4.1 Bedeutung ausgewählter familiärer Prozesse................................................................19 5 Verhaltensauffälligkeiten 23 5.1 Neurosen – Emotionale Störungen................................................................................25 5.2 Aggressiv-dissoziale Störungen.....................................................................................29 5.3 ADHS.............................................................................................................................31 6 Familie als Ressource 32 7 Diskussion - Schlussfolgerung 34 8 Literaturverzeichnis 37 Abbildungs- & Tabellenverzeichnis Abbildung 1 Familien nach dem Familientyp 2007, 2015, 2030, 2050 in Prozent Tabelle 1 Symptome und Häufigkeiten der wesentlichen psychischen 5 Krankheitsbilder im Kinder- und Jugendalter 24 Seite 3 Abstract In dieser Arbeit werden die drei häufigsten Familienstrukturen mit Kindern (traditionelle Kernfamilie, Ein-Eltern Familie, Patchworkfamilie) hinsichtlich ihres Einflusses auf die Ent­ stehung von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen beleuchtet. Auf jene Verhaltensauffälligkeiten wird eingegangen, welche am häufigsten bei Kindern und Jugendli­ chen auftreten. Es wird erläutert, inwieweit die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten auf das familiäre Umfeld zurückzuführen ist. Weiters wird das Potenzial der Familie als Ressour­ ce näher erläutert und es wird darauf eingegangen ob, und wenn ja, inwieweit das familiäre Umfeld einen Einfluss auf die Prävention von Verhaltensauffälligkeiten nehmen kann. Seite 4 1 Allgemeiner Teil Zu Beginn dieser Arbeit werden Daten und Fakten zur familiären Situation in Österreich an­ geführt. Weiters wird auf die voraussichtliche Entwicklung verschiedener Familienstrukturen eingegangen. Basierend auf diesen Informationen wurden vier Forschungsfragen formuliert auf die sich diese Arbeit konzentriert (Siehe Kapitel 1.2.). Am Ende dieses Kapitels werden allgemeine Aspekte zur Thematik „Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen“ und zur Entstehung dieser gegeben. 1.1 Einleitung und Problemstellung „Die Mikrozensus-Erhebung 2008 ergab 2,326 Mio. Familien in Österreich. In 1,425 Mio. Familien (61,3 %) leben Kinder.“1 Anhand der Abbildung der Statistik Austria geht hervor, dass 2007 etwa 16,3 % aller Familien aus Alleinerziehern bestand. Die Anzahl der darin ent­ haltenen alleinerziehenden Väter ist dabei sehr gering. Wie sich nun aus den genannten Daten ableiten lässt, stellen heutzutage Ehepaare mit Kindern noch immer den größten Anteil im Be­ reich der verschiedensten Familienformen dar. Hier darf allerdings keinesfalls außer Acht ge­ lassen werden, dass die so genannten „neuen“ Familienformen, wie beispielsweise Patchworkfamilien (2008 machten sie 9,6 % der Familien aus) und die bereits erwähnten Ein­ elternfamilien, an Bedeutung gewinnen.2 Abbildung 1 dient zur Veranschaulichung der Ent­ wicklung der Familien nach dem Familientyp für die Jahre 2007, 2015, 2030, 2050. Ein Rückgang an Ehepaaren mit Kindern zeichnet sich deutlich ab, ebenso die Zunahme von Al­ leinerzieherInnen. Die Anzahl der unehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern steigt. Abbildung 1 Familien nach dem Familientyp 2007, 2015, 2030, 2050 in Prozent3 1 2 Statistik Austria 2009b vgl. Statistik Austria 2009b Seite 5 Die Entstehung der neuen Familienformen ist stark mit der steigenden Anzahl an Eheschei­ dungen verbunden. Die Scheidungsrate lag 2007 mit 49,5 % bei einem historischen Rekord­ wert.4 Anhand dieser Ausgangslage stellt sich die Frage inwieweit sich die verschiedenen Fa­ milienstrukturen und Erfahrungen, die viele Kinder und Jugendlichen erlebt haben oder noch erleben werden, auf die Entwicklung der Persönlichkeit auswirken und ob dadurch die Entste­ hung von Verhaltensauffälligkeiten beeinflusst wird. Verhaltensauffälligkeiten werden in der wissenschaftlichen Forschung als Ausdruck multifak­ torieller Genese bezeichnet. Psychische, soziale und biologische Faktoren spielen bei der Ent­ stehung von Verhaltensauffälligkeiten eine besondere Rolle. Die Literatur zeigt, dass früh­ kindliche Beziehungserfahrungen und biologische Ausgangsbedingungen einen entscheiden­ den Einfluss in Bezug auf die Entwicklung der individuellen Selbststruktur haben. Dieser Pro­ zess ist sehr komplex und wird von Schutz- und Risikofaktoren ebenso geprägt wie auch pri­ mären Bezugspersonen eine spezielle soziale Bedeutung zukommt. 5 Schutzfaktoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen protektiven Effekt für das sich entwickelnde Kind darstellen. Genauer bedeutet das, dass die Widerstandskraft des Kindes gegenüber belastenden Situatio­ nen gestärkt werden und die Bewältigungsfähigkeit von Krisensituationen verbessert wird. Zu den Schutzfaktoren zählen beispielsweise mindestens eine stabile emotionale Beziehung, emotional warmes, offenes aber auch klar strukturiertes Erziehungsverhalten sowie soziale Unterstützung auch außerhalb der Familie. Zu den Risikofaktoren zählen z.B. seelisch stark belastete bzw. kranke Eltern. Die Risiko erhöhenden Faktoren tragen wesentlich dazu bei, dass das Kind Gefahr läuft Verhaltensauffälligkeiten zu entwickeln.6 1.2 Fragestellung und Zielsetzung Basierend auf dieser Ausgangsposition ist das Ziel dieser Arbeit aufzuzeigen, ob es einen spe­ zifischen Zusammenhang zwischen dem Auftreten einzelner Verhaltensauffälligkeiten und der Familienzusammensetzung bzw. -struktur gibt. Außerdem soll gezeigt werden, welche Fa­ milienstruktur bevorzugt welche Verhaltensauffälligkeit begünstigt und generell die Frage ab­ geklärt werden, ob die Familienstruktur überhaupt eine wichtige Rolle bei der Herausbildung von Verhaltensauffälligkeiten spielt. Dieses Thema ist insofern interessant, da durch die neu auftretenden Familienstrukturen ein Vergleich hergestellt werden kann, inwieweit sich die psycho-soziale Struktur der Familie auf die darin lebenden Kinder auswirkt. 3 Statistik Austria 2009c vgl. Statistik Austria 2009a 5 vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007, S. 33ff. 6 vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007, S.53ff. 4 Seite 6 Die Auswahl der Familien mit Kindern wurde auf Basis des Vorkommens in der Bevölkerung getroffen. Es wurden folglich jene Familienstrukturen ausgewählt, welche zahlenmäßig am häufigsten in der Bevölkerung vertreten sind. Dies sind Ehepaare mit Kindern, Alleinerziehe­ rInnen und Patchworkfamilien (Siehe dazu Kapitel 1.1). Meine Arbeit beschäftigt sich somit mit folgenden Fragen: Ist das soziale Netz „Familie“ ein bedeutender Einflussfaktor in Bezug auf die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten? Lässt sich von einer bestimmten Familienstruktur auf eine spezielle Verhaltensauffälligkeit schließen? Welche Verhaltensauffälligkeiten treten besonders häufig auf? Welche Rolle spielt die Fa­ milie? Welche familiären Maßnahmen können zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen er­ griffen werden um eventuellen Verhaltensauffälligkeiten vorzubeugen? An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass der Fokus dieser Arbeit auf den Aus­ wirkungen folgender Familienstrukturen basiert: Traditionelle Familien, Einelternfamilien und Patchworkfamilien. Weiters ist das Ziel der Arbeit, auf ausgewählte psychosoziale Ein­ flüsse, die im Laufe des Lebens eines Kindes auftreten können, einzugehen. 1.3 Methoden Um die formulierten Fragestellungen beantworten zu können wurde eine umfassende Litera­ turrecherche in unterschiedlichsten Büchern sowie im Internet durchgeführt. Die statistischen Daten stammen von der Statistik Austria. Weiters wurden verschiedene Studienergebnisse zur Untermauerung der angeführten Argumente verwendet. Diese Recherchen finden sich ent­ sprechend gekennzeichnet in dieser Arbeit. Seite 7 1.4 Definitionen- Was ist normal? Was ist verhaltensauffällig? „Sie sind laut- sie sind unaufmerksam - sie streiten- sie provozieren und sie demolieren, so sind sie, die Kinder und Jugendlichen, die man als verhaltensauffällig bezeichnet. Oft lassen sie sich schwer in ihren Strukturen halten, oft machen sie es den sie umgebenden Personen schwer, sie zu führen und auszuhalten. Schnell haben sie eine so genannte ‚Schwarze Schaf-Position’ inne.“7 Dieses Zitat zeigt die Vielfalt von möglichen Verhaltensauffälligkeiten auf und lässt die damit verbundenen Probleme für die betroffenen Familien und Kinder erahnen. Dennoch deckt es nicht den gesamten Rahmen von Verhaltensauffälligkeiten ab. Allgemein gibt es zwei großen Gruppen von Verhaltensauffälligkeiten. Dabei spricht man zum einen von externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten, wie beispielsweise hyperkineti­ sche Störungen und aggressives Verhalten der Kinder und zum anderen von internalisieren­ den Formen. Dazu zählen Trennungsängste, Kontaktvermeidung und auch ängstlich depressi­ ves Verhalten.8 Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Formen liegt darin, dass externatlisierende Verhaltensauffälligkeiten nach außen gerichtetes Verhalten bezeichnen. In­ ternatlisierende Verhaltensauffälligekeiten sind nach innen, auf die eigene Person gerichtet. Trotz dieser Unterscheidung muss festgehalten werden, dass es sich als keine einfache Aufga­ be darstellt eine Grenze zu ziehen, was denn nun genau als „verhaltensauffällig“ im Gegen­ satz zu „normal“ bezeichnet wird. Um es mit Lempps Worten auszudrücken: „Denn solche klare und in sich logische Einteilungen der Varianten menschlicher Psyche, deren es viele gibt, sind zwar hilfreich und nützlich, können aber den möglichen Ausdrucksformen menschli­ chen Seelenlebens nicht gerecht werden.“9 Dennoch wird die Bezeichnung „normal“ für Menschen beziehungsweise für Jugendliche oder Kinder verwendet, die eine Verhaltensweise aufweisen, welche sich als gesellschaftlich erwünscht offenbart. Dies geht mit dem so genannten gesellschaftlichen Konformismus ein­ her. Das bedeutet, dass diejenigen als „normal“ gelten, welche sich am besten der gesell­ schaftlichen Umwelt anpassen können und so funktionieren, wie die Mehrheit der Mitglieder einer sozialen Einheit.10 Der biologische Normalitätsbegriff lässt sich mit folgenden Worten treffend beschreiben: 7 Ettrich 2009: Verhaltensauffällig – Außenseiter? vgl. Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 9 Lempp 2003, S. 3. 10 vgl. Mattner 2003, S. 20. 8 Seite 8 „Der normal-hirngesunde Schüler ist demnach jeder Zeit in der Lage, die in ihm wirkenden Re­ gungen, die ihn am Interesse des Dargebotenen hindern könnten (aufkommende Müdigkeit, ab­ gleitende Gedanken etc.) zu bekämpfen. Er bleibt an seinem Platz, interessiert sich für das cur­ ricular, in Häppchen verabreichte Lernangebot und stört nicht durch davon abgleitende innere Regungen.“11 Im Gegensatz dazu steht die Abweichung von der definierten Norm, welche in diesem Zu­ sammenhang dann als „verhaltensauffällig“ bezeichnet wird.12 Für die Bearbeitung dieses Themas ist es auch wichtig, die so genannten „Entwicklungsstö­ rungen“ zu erwähnen. Darunter wird eine gewisse Abweichung der Norm verstanden. Diese Bezeichnung findet Anwendung, wenn festgestellt wird, dass gewisse Funktionen, die ca. 90 % - 95 % der gleichaltrigen Kinder bereits mit einem gewissen Alter beherrschen, vom betrof­ fenen Individuum nicht erreicht werden. Wenn solch eine Entwicklungsauffälligkeit bestehen bleibt, wird von einer „Entwicklungsstörung“ gesprochen. Das heißt, dass gewisse Funktio­ nen des Kindes nicht auf eine normale Entwicklung hinweisen und dass diese nicht erzielt werden kann, wenn keine Behandlung erfolgt. In vielen Fällen wird solch eine Entwicklungs­ störung durch das Auftreten von beispielsweise Verhaltensstörungen und grundsätzlich da­ durch, dass sich das Kind „anders“ als Gleichaltrige benimmt, erkannt.13 1.5 Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten? „Nach verschiedenen Untersuchungen werden heute zwischen 20 und 25 % aller Kindergar­ tenkinder als verhaltsauffällig oder psychisch gestört eingestuft; mindestens 5 % sind be­ handlungsbedürftig.“14 Der deutsche Pädagoge Textor weist mit dieser Aussage auf die kriti­ sche Situation der deutschen Kindergartenkinder hin. Aufgrund der kulturellen Ähnlichkeit zwischen Deutschland und Österreich kann davon ausgegangen werden, dass die Situation in Österreich maximal gering von jener in Deutschland abweicht. Da Kinder in einer ständigen Interaktion mit ihrer Umwelt stehen und in die verschiedensten Systeme eingebunden sind, wie z.B. Familie, Kindertageseinrichtungen und Peergruppen muss berücksichtigt werden, dass Verhaltensauffälligkeiten auf multikausale Ursachen zu­ rückzuführen sind.15 An dieser Stelle erwähne ich noch einmal die drei Wirkfaktoren, die die seelische Entwicklung eines Menschen beeinflussen, dies sind: die genetische Anlage, das or­ 11 Mattner 2003, S. 20. vgl. Mattner 2003, S. 20f. 13 vgl. Loh 2003, S. 24ff. 14 Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 15 vgl. Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 12 Seite 9 ganische Substrat der Gehirnfunktion und die Umwelt. Dabei kommt dem Einflussfaktor „Umwelt“ die Rolle des ausgleichenden Glieds zu, was wiederum bedeutet, dass mittels die­ ses Faktors die „Mängel“, welche im Bereich der genetischen Anlage und des organischen Substrats der Gehirnfunktion bestehen, dadurch teilweise ausgeglichen werden können.16 Im Gegensatz dazu weist Nissen darauf hin, dass nicht klar aufgezeigt werden kann, worauf die körperlichen und psychischen Differenzen genau zurückzuführen sind (Gene oder Umwelt), da es ethisch nicht korrekt sei, solche Experimente an Menschen durchzuführen. Lediglich in der so genannten Zwillingsforschung gibt es Ergebnisse zu der Entwicklung der Kinder in un­ terschiedlichen Familien und unterschiedlichem Umfeld. Schepank konnte 1996 belegen, dass eineiige Zwillinge, genetisch ident, sich unabhängig von der Umwelt weitgehend ähnlich ent­ wickeln. In Bezug auf zweieiige Zwillinge zeigte sich in seinen Untersuchungen, dass sie sich unabhängig von der Umgebung so unterschiedlich wie normale Geschwister entwickeln. Er untersuchte dazu 50 Zwillingspaare über dreißig Jahre, wobei es sich um 21 eineiige und 29 zweieiige Zwillingspaare handelte.17 Diese beiden Ansätze machen deutlich, dass es nach wie vor nicht eindeutig geklärt ist, ob denn nun Gene oder das Umfeld den größeren Anteil an der Entwicklung von Kindern haben. Die Frage um die Vormachtstellung der Gene bzw. des Umfeldes ist bei weitem noch nicht geklärt. Auch Baving betont, dass es schwer sei, eine klare Grenze zwischen biologischen und psychosozialen Einflussfaktoren zu ziehen, da diese ein durchwegs komplexes Geflecht ver­ schiedenster Wechselwirkungen darstellen.18 Jedoch zeigen verschiedenste Beiträge in der Entwicklungspathologie auf, dass es nachgewie­ sene Zusammenhänge zwischen Faktoren, welche die Familie betreffen, und dem Auftreten aggressiven Verhaltens bei Kindern gibt. Den „psycho-sozialen Aspekten“ kommt demzufol­ ge eine enorm hohe Bedeutung zu, im Gegensatz zu den biologischen Faktoren, welche in diesem Fall eine eher untergeordnete Position einnehmen. 19 Trotzdem muss an dieser Stelle auch betont werden, dass emotionale Schädigung im Kindesalter und Fehler der Eltern in Be­ zug auf die Erziehung nicht zwangsläufig zu irreversiblen Schäden führen. Dies bedeutet folg­ lich, dass auf keinen Fall ein monokausaler Schluss aus der biographischen Anamnese eines 16 vgl. Lempp 2003, S.9. vgl. Nissen 2002, S. 15f. 18 vgl Baving 2006, S. 18. 19 vgl. Mattner 2003, S. 26. 17 Seite 10 Kindes gezogen werden darf und somit prognostische Folgerungen mit Vorsicht zu genießen sind.20 Traumata, allgemein negative Erfahrungen sowie fehlender Kontakt zu Gleichaltrigen und auch plötzlich beginnende Betreuung durch eine unbekannte Person kann die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten begünstigen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Kinder die auffälli­ gen Verhaltensweisen in ihrer Familie unbewusst erlernen und diese nachahmen. Dies ist dann der Fall, wenn es zu einer positiven Verstärkung des negativen Verhaltens kommt, bei­ spielsweise durch einen Aufmerksamkeitsgewinn. Trotzdem gibt es auch Ursachen die im Kind selbst liegen und welche im Zusammenhang mit dem Auftreten von Verhaltensauffällig­ keiten eine bedeutende Rolle spielen.21 Beispiele dafür sind „[…] Erbanlagen, Dispositionen, Entwicklungsverzögerungen, (unerkannte) Behinderungen, Geburtsschäden, langwierige Überempfindlichkeit und geringe Frustrationstoleranz […].“22 Risikofaktoren (wie sozioökonomischer Status, Ausbildungsniveau, psychische Belastung) haben auf die Ausbildung von Verhaltensauffälligkeiten einen bedeutenden Einfluss. Hier ist wichtig zu betonen, dass mit zunehmender Anzahl an Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit für störendes, auffälliges Verhalten steigt. Die Hauptgruppen der Risikofaktoren sind geneti­ sche Faktoren und psychosoziale bzw. familiäre Faktoren.23 Für körperliche Symptome stehen beispielsweise Essstörungen und Nägelkauen; psychische Störungen umfassen z.B. Ängstlich­ keit, Depressivität und Konzentrationsstörungen. Soziale Störungen können sich als Aggressi­ vität oder auch Schüchternheit bemerkbar machen.24 2 Familienstrukturen im Wandel In diesem Teil der Arbeit werde ich auf die verschiedenen Familienformen eingehen. Dabei geht es vor allem darum, die verschiedenen Familienstrukturen mit ihren Besonderheiten zu begreifen. Hierzu ist es notwendig, den Begriff „Struktur“, von dem in dieser Arbeit durchaus oft die Rede ist, zunächst zu definieren. Im Folgenden werden dann verschiedene Formen des Zusammenlebens näher erläutert. So soll ein gewisses „Verstehen“ dieser Familienstrukturen ermöglicht werden und dazu beitragen die Vielfalt dieser aufzuzeigen. 20 vgl. Nissen 2002, S. 17. vgl. Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 22 Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 23 vgl. Baving 2006, S.18ff. 24 vgl. Textor 2009: Verhaltensauffällige Kinder. 21 Seite 11 2.1 Der Begriff „Struktur“ Struktur bedeutet allgemein, dass es sich um eine gewisse Ordnung oder Bauart handelt.25 Von der soziologischen Sichtweise aus gesehen, geht der Begriff noch weiter in die Tiefe und beschreibt „[…] ein Beziehungsnetz von relativer Stabilität und Konstanz zwischen ausge­ wählten Elementen.“26 Aus dieser Aussage wird ersichtlich, dass es einen Zusammenhang so­ wie eine Ordnung zwischen den Elementen gibt. Wenn man soziale Strukturen betrachtet kann festgestellt werden, dass diese oft nicht offensichtlich sind. Ihre Präsenz wird durch Handlungsweisen der Individuen, auf welche diese Strukturen einwirken, erkennbar.27 Wenn der Begriff „Struktur“ hinsichtlich der Familienzusammensetzung verwendet wird, ist folgen­ des Zitat treffend: „Auf den Familienbereich übertragen bedeutet hier eine Analyse der Struktur, dass das System ‚Familie’ im Hinblick auf die familialen Rollen, die Art und Weise, wie diese zueinander geord­ net sind und in welcher Beziehung die familialen Rollenträger stehen, zu beschreiben ist.“28 2.2 Traditionelle Kernfamilie Die traditionelle Kernfamilie beruht auf besonderen Merkmalen. Nave-Herz drückt dies mit dem Begriff der „biologisch-genetischen Eltern-Kind-Einheit“ aus. Dieser Familienbegriff lässt sich weiters in Familien mit formaler Eheschließung oder in Nichteheliche Lebensge­ meinschaften differenzieren.29 Bei dieser Familienform wird gemeinhin von der so genannten „Normalfamilie“ gesprochen.30 Daraus kann abgeleitet werden, dass es sich hier auch um eine Art „Idealfamilie“ handelt. 2.3 Ein-Eltern-Familie Die Ein-Eltern-Familie bezeichnet Familien, in welchen entweder Mutter oder Vater allein die tägliche Erziehung der Kinder übernehmen. Hier ist noch anzumerken, dass bei dieser Le­ bensform die Mutter oder der Vater gemeinsam mit dem Kind in einem Haushalt zusammen­ lebt. Diese Familienform ist keineswegs eine neuartige, wie angenommen werden könnte. Es handelt sich hier sogar um eine Form des Zusammenlebens, die nach dem zweiten Weltkrieg häufiger vertreten war als heutzutage.31 25 vgl. Nave-Herz 1994, S. 1. Nave-Herz 1994, S. 1. 27 vgl. Nave-Herz 1994, S. 1. 28 Nave-Herz 1994, S. 1. 29 vgl. Nave-Herz 1994, S.6f. 30 vgl. Nave-Herz 1994, S. 3. 31 vgl. Nave-Herz 1994, S. 91f. 26 Seite 12 Es gibt verschiedene Möglichkeiten die zur Bildung einer Ein-Eltern-Familie führen können. Es werden 4 Arten unterschieden: „Mutterfamilien aufgrund lediger Mutterschaft Mutterfamilien aufgrund von Scheidung und Trennung Vaterfamilien Alleinerziehende Eltern durch Verwitwung“32 Ein-Eltern-Familien waren lange mit einem negativen Image behaftet. Die Vorstellung, dass beispielsweise Verhaltensauffälligkeiten aufgrund einer solchen Familienstruktur häufiger in Erscheinung treten, wurde durchaus oft von diversen ForscherInnen vertreten. Jedoch konnte in den verschiedenen Untersuchungen die durchgeführt wurden, niemals ein eindeutiger mo­ nokausaler Schluss von dieser Familienform auf beispielsweise das Auftreten von Verhaltens­ auffälligkeiten bestätigt werden. Die Studien zeigten auf, dass es zu diversen Störungen (zum Beispiel Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen) kommen kann, jedoch keinesfalls muss. Es gibt somit keinen Hinweis darauf, dass solche Störungen aufgrund dieser Familien­ struktur häufiger auftreten.33 2.4 Patchworkfamilie Patchwork ist eigentlich eine Handarbeitskunst, die sich damit beschäftigt, verschiedenartige Stoffteile zu einem Gesamten zu verbinden. Dies spiegelt in etwa auch die Zusammensetzung einer Patchworkfamilie wider.34 Diese Familienform zeichnet sich dadurch aus, dass einer der beiden BeziehungspartnerInnen oder manchmal auch beide, Kinder aus der/den vorangegan­ genen Beziehung/en in die neue Partnerschaft mit hineinbringen. Außerdem kann das nun neu zusammengesetzte Paar auch biologisch gemeinsame Kinder haben.35 Die „Patchworkfamilie“, bzw. „Stieffamilie“ oder auch „Fortsetzungsfamilie“, wie sie mit ver­ schiedensten Ausdrücken genannt wird, nimmt mit der Anzahl der Scheidungen zu.36 Die Patchworkfamilien stellt eine herausfordernde Situation für jene Kinder dar, welche von der neuen Familienform betroffen sind: Sie kommen aus verschiedenen Ursprungsfamilien und haben demzufolge verschiedene Lebensgewohnheiten entwickelt. Was sie verbindet ist, 32 Nave-Herz 1994, S. 95ff. vgl. Nave-Herz 1994, S. 92f. 34 vgl. Kiel-Hinrichsen 2003, S. 11. 35 vgl. Dykstra 2002, S. 80. 36 vgl. Nave-Herz 1994, S. 108 f. 33 Seite 13 dass sie alle die Erfahrung gemacht haben, dass die Beziehung ihrer Eltern scheiterte. Diese Kinder tragen oftmals Wut und Trauer in sich. Diese führen häufig zu Spannungen und Kon­ flikten zwischen den Familienmitgliedern.37 An dieser Stelle wird vertiefend auf den Aspekt eingegangen, dass die Kinder die Trennung der Eltern miterlebt haben. Das Miterleben dieser Begebenheit heißt noch lange nicht, dass die Kinder die Hoffnung aufgegeben haben, die Eltern würden eventuell wieder zueinander finden. So stellt es oft ein für die Kinder schockierendes Erlebnis dar, wenn die Eltern bzw. ein Elternteil eine neue Beziehung eingehen. Oftmals findet erst dann das Ende eines Traumes statt. Ab diesem Zeitpunkt ändert sich dann die gesamte Familienstruktur erneut, das Kind, welches zuvor noch an zum Beispiel die alleinerziehende Mutter oder den alleinerziehenden Vater gewöhnt war, bekommt plötzlich neue Geschwister, eine neue Familie. Dabei wird oft­ mals außer Acht gelassen, dass das Kind eventuell solch eine Veränderung gar nicht will. 38 In vielen Fällen verspüren die Trennungskinder mit dem Eintritt in eine „neue“ Familie Angst. Diese Angst bezieht sich darauf, dass sie befürchten, die sehr enge Vater- oder Mutter-Bezie­ hung, die sich während der Zeit des Alleinerziehens entwickelte, zu verlieren. 39 Ein weiterer Aspekt der zur neuen Familie, der Patchworkfamilie, hinzu kommt ist, dass das Kind, wenn es sich um ein Scheidungs- bzw. Trennungskind handelt, meist auch noch Kon­ takt zum Ex-Partner der Mutter bzw. des Vaters hat und deren bzw. dessen Eltern. Damit soll betont werden, dass das System ein sehr offenes ist und es durchaus sein kann, dass das Kind nicht zwei Großelternpaare hat, wie das in der traditionellen Kernfamilie der Fall ist, sondern, dass es inklusive der „Stiefgroßeltern“ bis zu vier hat. Kinder gelangen außerdem oftmals in Loyalitätskonflikte mit dem leiblichen Elternteil.40 37 vgl. Kiel-Hinrichsen 2003, S. 17. vgl Nave-Herz 1994, S. 110. 39 vgl. Nave-Herz 1994, S. 110 f. 40 vgl. Nave-Herz 1994, S. 110 f. 38 Seite 14 3 Familienstrukturen und sozialer Kontext Wie bereits in Kapitel 1 ersichtlich wurde, stellen die familiären Strukturen oder Faktoren, wie sie auch bezeichnet werden können, einen bedeutenden Einflussfaktor dar. So geht bei­ spielsweise aus der Literatur eindeutig hervor, dass sich ein familiärer Wandel vollzogen hat, der sich auch auf die Entwicklung der Kinder auswirkt. Kinder wachsen unter verschiedensten Lebensumständen auf, welche auch zu einem gewissen Teil auf die neuen Lebensweisen der Eltern, privater oder beruflicher Natur, zurückzuführen sind. Dem Anschein nach kommt es dadurch zu einer Minderung der Qualität der Eltern-Kind-Beziehung, welche für einen An­ stieg an Verhaltensproblemen mitverantwortlich ist. Darüber hinaus gilt es einem weiteren Aspekt Beachtung zu schenken: Nach Mattner werden immer mehr Heranwachsende mit ho­ hen Erwartungen der Eltern konfrontiert. Dies kann zu einer Überforderung und dem Auftre­ ten von Versagensängsten beitragen. Doch das ist noch lange nicht alles, denn auch die Ge­ sellschaft trägt ihren Teil dazu bei, dass Kinder es schwer haben den an sie gestellten Anfor­ derungen gerecht zu werden. Kinder müssen in der heutigen Zeit einen enormen Anteil eige­ ner Gestaltungskompetenz mitbringen, um in einer Welt, die voll von Differenzierungen und Pluralisierungen ist, den verlangten Normalitätsstandard zu erreichen.41 Weitere Teilbereiche des sozialen Kontextes stellen das Ausbildungsniveau, das Einkommen, der sozioökonomische Status und der ethnische Hintergrund dar. So kann beispielsweise eine erhöhte familiäre Instabilität in Zusammenhang mit einem niedrigen sozioökonomischen Sta­ tus gebracht werden. Dadurch kommt es oft zu häufigeren Umzügen, welche auf dem schnel­ leren Zusammenziehen (aus finanziellen Gründen) mit neuen LebenspartnerInnen beruhen. Solche Veränderungen können zu den belastenden Lebensereignissen für Kinder und auch El­ tern zählen, was wiederum die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten begünstigt.42 3.1 Funktionen der Familie Um eine gute Basis zum Verständnis der folgenden Unterkapitel zu geben ist es zunächst wichtig, die Funktionen der Familie sowie ihre Aufgaben und Ziele näher zu erläutern. 41 42 vgl. Mattner 2003, S. 26f. vgl. Baving 2006, S. 27f. Seite 15 3.1.1 Definition - Familie Viele verschiedene TheoretikerInnen beschäftigen sich mit dem Begriff „Familie“. Allgemein verbindet man damit die Klein- oder Kernfamilie. Fest steht auch, dass Familie mit sozialen Beziehungen zwischen Menschen in Verbindung gebracht wird. Die Begriffe „Ehe“, „Eltern­ schaft“ und „Beziehung“ treten bei den verschiedensten Definitionen immer wieder in den Mittelpunkt. Hier muss festgehalten werden, dass die „Ehe“ lediglich für die rechtliche Kor­ rektheit einer Familie steht. Einelternfamilien oder AlleinerzieherInnen werden aus rechtli­ cher Sicht häufig als „unvollständige“ Familien bezeichnet. Aus sozialpsychologischer Sicht sind sie sehrwohl als Familien zu bezeichnen.43 Eine Erläuterung des Begriffs „Familie“ lie­ fern Hofer, Klein-Allermann und Noack: „Wir betrachten eine kleine Gruppe von zusammen­ lebenden Menschen dann als Familie, wenn sie durch nahe und dauerhafte Beziehungen mit­ einander verbunden sind und wenn sie sich auf eine nachfolgende Generation hin orientie­ ren.“44 3.1.2 Aufgaben einer Familie und die Bedeutung der Bindung Zu den offensichtlichen Funktionen einer Familie zählen die Fortpflanzung, die Pflege und die Erziehung der Kinder. Dass eine Familie mehr Aufgaben, als die soeben genannten erfüllt, ist unumstritten.45 Es wird von einer vermehrten Spaltung der biologischen und sozialen El­ ternrolle gesprochen und wie auch verschiedenste WissenschaftlerInnen festhalten, ist es nicht unbedingt notwendig, eine Familie auf einer rechtlichen oder biologischen Basis aufzubau­ en.46 Schneewind verwendet den Begriff „intime Beziehungssysteme“ als Synonym für die famili­ äre Lebensform und hebt dadurch die Bedeutung der Bindung zwischen den Familienmitglie­ dern hervor. Das „intime Beziehungssystem“ definiert er mit 4 Schlagworten: Abgrenzung, Privatheit, Dauerhaftigkeit und Nähe. Dabei bedeutet „Nähe“ in seinem Sinn Intimität auf körperlicher, geistiger und emotionaler Ebene.47 Auch Nissen weist auf die enorme Bedeutung einer engen emotionalen Bindung für die ungestörte Entwicklung des Kindes hin. Experimen­ te mit Neugeborenen wurden bereits unter der Herrschaft Kaiser Friedrichs dem II (1194-1250) durchgeführt. Demnach erhielten Ammen den Auftrag die Kinder nicht zu lieb­ kosen oder mit ihnen zu sprechen, weil der Kaiser herausfinden wollte, welche Sprache Kin­ 43 vgl. Hofer, Klein-Allermann, Noack 1992, S. 3f. Hofer, Klein-Allermann, Noack 1992, S. 6. 45 vgl. Claessens, Mayntz-Trier, Stammer 1979, S.21. 46 vgl. Hofer, Klein-Allermann, Noack 1992, S. 5. 47 vgl. Schneewind 1991, S. 16f. 44 Seite 16 der entwickeln, wenn niemand mit ihnen spricht. Durch die mangelnde Liebkosung und Zu­ wendung nahm diese Untersuchung für die betroffenen Kinder einen tödlichen Ausgang. An dieser Stelle ist es essentiell zu betonen, dass diese Aufgabe nicht allein von nur einer Be­ zugsperson, zum Beispiel der Mutter, wahrgenommen werden muss bzw. kann.48 In diesem Zusammenhang soll näher auf den Begriff „Plastizität“ eingegangen werden. Jener steht für die umweltabhängige Variabilität des Hirnwachstums. In einfachen Worten heißt das: Wenn wenig Stimuli auf das Hirn des Kindes einwirken gibt es in der Folge weniger Ver­ netzungen und die Hirnleistung kann sich nicht vollständig entfalten. Zu solch einer negativen Einwirkung oder Blockade der Neuronensprossung kommt es vor allem bei Kindern die ver­ nachlässigt werden, die keine Liebe erfahren und/oder die in psychosozialen Problemsituatio­ nen aufwachsen. Beispiele für solche sind anhaltende Disharmonie in der Familie oder auch Eltern, die sich in einer sozialen Notsituation (Arbeitslosigkeit, Armut etc.) befinden. In der Folge kann es zu körperlich-seelischen Schäden kommen.49 3.2 Die Rolle der Eltern Den Eltern soll nicht pauschal die Rolle der Verursacher für die Verhaltensauffälligkeiten ih­ res Kindes zugeschrieben werden.50 Amft dazu: „Der psychosoziale Stress im Arbeitsprozess – einschließlich Mobilität und Arbeitsunsicherheit – hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen, während die Realeinkommen gesunken sind.“51. Anhand dieses Zitats kann gut nachvollzogen werden, dass die Eltern auch enormen Belastungen ausgesetzt sind, sei es in Bezug auf die Beibehaltung des Arbeitsplatzes oder das Einkommen. Sie müssen eine große Anzahl alltäglicher Belastungen und Unsicherheiten aushalten und kompensieren. Dass dies nicht immer eine einfache Aufgabe darstellt bleibt ohne Zweifel. Auch Baving macht nicht allein das elterliche Erziehungsverhalten für die Entstehung und Beibehaltung von Verhaltensauffälligkeiten verantwortlich. Sie führt an, dass eine familiäre Disharmonie zwar dazu führen kann, jedoch auch das Verhalten des Kindes das Auftreten fa­ miliären Störungen begünstigen kann. Aus ihren Aussagen geht hervor, dass es sich also um ein Wechselspiel von Verhaltensweisen handle, die sich zu einem großen Teil gegenseitig be­ einflussen. Wenn jedoch ein offensichtlich elterliches Fehlverhalten vorliegt, wie zum Bei­ spiel eine körperliche oder sexuelle Misshandlung oder Vernachlässigung, kann das durchaus 48 vgl. Nissen 2002, S. 53f. und vgl. Zoeger 2009: Antike und Mittelalter. vgl. Loh 2003, S. 15ff. 50 vgl. Amft 2003, S. 43f. 51 Amft 2003, S. 43. 49 Seite 17 das Risiko für die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten erhöhen. Solche Einflüsse kön­ nen zu persistierenden Veränderungen im Gehirn führen welche wiederum zur Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens bzw. des Bestehens von aggressiven Verhaltensweisen bei­ tragen.52 Die Verantwortung der Eltern, die sie gegenüber ihren Kindern tragen, muss klar wahrgenom­ men werden. Kinder besitzen die Eigenschaft, ihren Eltern gerne helfen zu wollen, deren Ver­ antwortung und Gefühle mit zu tragen und sich dabei unbewusst selbst zu überfordern. Von Seiten des Kindes kann es dadurch sehrwohl zu einem Gefühl der Verbundenheit kommen. Aber auch Wut und Versagensängste, dem Druck nicht Stand zu halten, können das Ergebnis einer solchen Aktivität sein.53 Daraus kann geschlossen werden, dass aufgrund mangelnder Verantwortung seitens der Eltern, zum Beispiel aufgrund einer psychischen Störung oder ei­ nem abweichenden Verhalten eines Elternteils, die Genese einer Störung des Sozialverhaltens des Kindes ungemein begünstigt werden kann.54 Ob es sich nun um eine Krankheit am eigenen Leib handelt, Einkommensprobleme oder einen chronischen Konflikt zwischen den Eltern (um nur einige der unzähligen Beispiele zu nennen), kann das Verhalten der Erziehungsberechtigten jenes der Kinder entscheidend und vor allem ungünstig beeinflussen.55 Die Erziehung der Kinder ist eine der wesentlichen Funktionen der Eltern und hat zum Ziel, die heranwachsenden Individuen auf das Leben vorzubereiten. Kinder benötigen auf diesem doch sehr schwierigen Weg Menschen, Eltern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben ihnen Schutz zu bieten und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.56 52 vgl. Baving 2006, S. 23f. vgl. Blaser 2008, S 36ff. 54 vgl. Baving 2006, S. 24. 55 vgl. Baving 2006, S 25. 56 vgl. Nissen 2002, S. 13f. 53 Seite 18 4 Ausgewählte familiäre Prozesse in Bezug auf die Familienstruktur In diesem Kapitel wird näher auf Einflussfaktoren eingegangen, welche Verhaltensauffällig­ keiten im familiären Kontext begünstigen können. Dabei darf keinesfalls vergessen werden, dass der familiäre Einfluss lediglich ein Faktor der multikausal bedingten Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten ist. 4.1 Bedeutung ausgewählter familiärer Prozesse In diesem Unterkapitel wird die Bedeutung spezieller familiärer Prozesse näher erläutert. Die­ se Einteilung erfolgte aufgrund der Informationen aus der Literatur. Ein weiteres Kriterium dieser Auswahl war, dass jede in dieser Arbeit zu beleuchtende familiäre Struktur (Traditio­ nelle Kernfamilie, Ein-Eltern-Familie, Patchworkfamilie) ihre eigene Sichtweise auf die nun folgenden angeführten Prozesse hat. 4.1.1 Abwesenheit der Mutter oder des Vaters Die Sozialisation der Kinder wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Beispiele hierfür sind die häusliche Atmosphäre, der Lebensstil und auch die Einstellung der Eltern zu ihrer Lebens- und Erziehungsform. So stellt Nave-Herz fest, dass allein die Abwesenheit ei­ nes Elternteils keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der Richtung des Sozialisationsprozesses des Kindes hat.57 In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht die durch Erwerbstätigkeit bedingte Abwesenheit der/des Mutter/Vaters vergessen werden. Diese besondere Bindung an eine einzige Bezugs­ person, in diesem Fall an die/den Mutter/Vater, ist historisch betrachtet eine neuartige Er­ scheinung. In einigen Studien wird belegt, dass eine plötzliche und absolute Trennung des Kindes von der/dem Mutter/Vater zu psychischen Störungen beim Kind führen kann. Essenti­ ell dabei ist, dass eine temporäre Trennung aufgrund der Erwerbstätigkeit keinesfalls eine ab­ solute Trennung darstellt. Folglich dürfen solche Studienergebnisse nicht auf den „normalen“ Erwerbsalltag der/des Mutter/Vaters übertragen werden. Wichtige Aspekte, die einen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes nehmen, sind zB weshalb der Vater/die Mutter arbeiten geht, die allgemeine Einstellung bzgl. der Arbeit, ebenso wie die Bedingungen und Zeiten, unter welchen gearbeitet wird. Falls sich die Person in einer Paarbeziehung befindet, zählt auch die Einstellung des Partners gegenüber der Erwerbstätigkeit zu den Einflussfaktoren. Weiters ist es auch von Bedeutung, dass die Ersatzbetreuung möglichst konstant von ein und derselben 57 vgl. Nave-Herz 1994, S. 94. Seite 19 Person durchgeführt wird und natürlich sollte sie qualitativ hochwertig sein.58 Diese Argu­ mente werden seitens des Autors Nissen bestätigt. Zusätzlich führt er an, dass es für Kinder wichtig ist, dass die Mutter zufrieden und glücklich ist um eine angemessene Betreuung leis­ ten zu können. Wenn das durch die Berufstätigkeit der Mutter erreicht werden kann, ist diese durchaus zu begrüßen.59 4.1.2 Familiäre Konflikte Streit in einer Beziehung kann negativen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes nehmen.60 Bei einer durchgeführten Meta-Analyse, welche die Auswirkung von Trennung der Eltern bei Kindern und Jugendlichen herausfinden sollte, wurden folgende Ergebnisse bezüglich der Auswirkung zwischenelterlicher Konflikte bestätigt: Kindern die aus einer nach außen hin intakten Familie stammen, in welcher die Eltern allerdings viel streiten, kann eine niedrige Anpassung an die Umwelt nachgesagt werden. Kinder von getrennten Eltern haben im Ver­ gleich mit diesen eine etwas bessere Anpassungsfähigkeit. Kinder, die tatsächlich aus einer intakten Familie kommen, liegen weit über den beiden vorher genannten Gruppen.61 Auch Döpfner und Petermann betonen, dass ständig auftretende Konflikte zwischen den El­ tern, die nicht gelöst werden, die Entwicklung des Kindes enorm belasten können, vor allem in jenen Fällen in denen das Kind vielleicht sogar noch mit hineingezogen wird. Weiters wird berichtet, dass ein kontinuierlicher Streit zwischen den Eltern schlimmere Konsequenzen für die Entwicklung des Kindes haben kann als eine geregelte Trennung.62 4.1.3 Trennung der Eltern Sowohl die Trennung von einer geliebten Person, wie auch der Verlust durch beispielsweise das Ableben eines Elternteils stellen für Kinder einen bedeutenden Lebenseinschnitt dar. Die Reaktion auf den Verlust eines Elternteils durch den Tod kann durchaus unterschiedlich sein, da es auch mit der bereits ausgeprägten Trauerfähigkeit zusammenhängt, wie das Kind mit solch einer Situation umgeht. Die Trauer in Stärke und Dauer ist abhängig vom Alter des be­ troffenen Kindes, wie auch von der Qualität der vorher bestandenen Bindung zur nun verstor­ benen Person. Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt in dieser Hinsicht auch die Bindungsfä­ higkeit zu einer neuen Bezugsperson dar, da diese die Trauerreaktion beeinflussen kann. Es 58 vgl. Nave-Herz 1994, S. 37ff. vgl. Nissen 2002, S. 73. 60 vgl Nissen 2002, S. 73. 61 vgl. Amato et Keith zit. nach Hardt 2003, S. 50f. 62 vgl. Döpfner, Petermann 2008, S. 67. 59 Seite 20 gibt Störungen bzw. Symptome wie beispielsweise Bettnässen, Stottern und depressive Syn­ drome, die häufig nach dem Tod eines Elternteils auftreten. Auch wurde festgestellt, dass Er­ wachsene, die ihre Eltern früh verloren (durch Tod oder Trennung) in erhöhtem Maß unter de­ pressiven Störungen leiden.63 Eine Trennung oder Scheidung kann für ein Kind ein Trauma darstellen. Wenn das der Fall ist, reagiert das Kind aufgrund seiner Persönlichkeit entweder mit Depression, Aggression oder Regression. Solch ein Trauma ist meist kein Erlebnis welches plötzlich über das Kind hereinbricht. Hier handelt es sich um einen längern Zeitraum in dem die Familiendynamik ge­ stört ist, bereits vor der eigentlichen Trennung der Eltern. Die Kinder leiden unter großen Zu­ kunftsängsten. Auch nach einer Trennung ist das Kind lang andauernden Phasen der Spannun­ gen ausgesetzt. Es hat somit nicht die Möglichkeit ungestört zu trauern, da der konfrontative Kontakt zwischen den Eltern ein ständiger Begleiter des Lebens ist.64 Allgemein gibt es be­ stimmte Einflussfaktoren, welche die Trennung der Eltern für Kinder verschlimmern können: „Faktoren, die eine Trennung für Kinder dramatisch machen können: heftige, vorausgehende Spannungen und Streitereien zwischen den Eltern, die Eltern „benutzen“ das Kind, um ihren Streit fortzusetzen (sie ignorieren das Kind, weil dies den anderen Elternteil verletzt, oder sie unterbinden Besuche beim anderen Elternteil usw.), die Eltern setzten das Kind unter Druck, sich für die eigene Seite zu entscheiden, die Eltern reden schlecht von einander und haben kein Verständnis dafür, dass die Kinder beide Eltern lieben und brauchen, die Eltern benutzen das Kind als Druckmittel, um dem anderen Elternteil eins auszuwischen (der andere Elternteil darf das Kind nur sehen, wenn er bestimmte Ansprüche erfüllt), die Eltern benutzen Kinder als Liebesersatz (sie konzentrieren sich jetzt ganz auf das Kind, das für die zerstörte Liebesbeziehung entschädigen muss), die Scheidung ist mit einem Umzug verbunden, der für das Leben des Kindes eine vollständi­ ge Umorientierung erfordert, der Kontakt zu einem Elternteil reißt völlig ab, ein Elternteil wird durch die Trennung selbst aus der Bahn geworfen (leidet z.B. unter De­ pressionen), die finanzielle und soziale Situation des Elternteils, bei dem die Kinder bleiben, verschlech­ tert sich nach der Trennung dramatisch.“65 Mit einer Trennung bzw. Scheidung geht meist eine Abnahme des Kontaktes zum Vater ein­ her. Dies hat enorm negative Auswirkungen auf die kindliche Persönlichkeitsentwicklung. Vor allem bei Buben ist dies als durchaus ungünstig zu bewerten. 63 vgl. Nissen 2002, S. 72. vgl. Eckardt 2005, S. 116ff. 65 Eckardt 2005, S. 117f. 64 Seite 21 Es steigt die Wahrscheinlichkeit für straffälliges Verhalten und weiters bekommen sie da­ durch vermehrt Schwierigkeiten sich in die Gesellschaft einzufügen.66 Die vorangegangen Aspekte sind bereits ein Wink zu den durch Trennung auftretenden sozia­ len Veränderungen, die gezwungenermaßen durch solch eine neue Lebenssituation in Gang gesetzt werden. Die Mutter oder der Vater wird mit Job und Kind doppelt belastet, dadurch bleibt weniger Zeit für das Kind, welches dann oftmals in Säuglingskrippen und Kindergärten untergebracht wird. Hinzu kommen dann das private, persönliche „Liebesleid“ der Mutter/des Vaters mit dem/der neuen PartnerIn oder aufgrund des abwesenden Elternteils. Es ist somit gut nachvollziehbar, dass solch eine Situation für ein Kind eine enorme psychische Belastung bedeutet.67 4.1.4 Erziehung Um ein erfolgreiches Erziehen zu ermöglichen muss eine sichere Bindung als Basis gegeben sein. Das heißt, dass das Kind das Gefühl einer emotionalen Sicherheit haben muss. In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Erziehungsmöglichkeiten bzw. Erziehungsstile die durchaus einen Einfluss auf die kindliche Entwicklung nehmen. Dazu zählen der autoritative, der autoritäre, der vernachlässigende und der antiautoritäre Erziehungsstil. Der autoritäre und der vernachlässigende Erziehungsstil sind dabei als nicht vorteilhaft für die Entwicklung des Kindes zu bewerten.68 Emotionen finden im Bereich Erziehung auch ihren Platz. In diesem Zusammenhang soll be­ tont werden, dass Emotionen bewusst oder auch unbewusst während des erzieherischen Vor­ ganges mit einfließen.69 Aufgrund dieser Feststellung kann abgeleitet werden, dass eine nega­ tive Emotion, die beispielsweise aufgrund von Paarkonflikten zwischen den Eltern entsteht, auch während des Erziehungsprozesses im Hinblick auf das Kind, einfließt. Ein weiterer wichtiger Aspekt bezüglich der Erziehung ist, dass Kindern immer mehr freier Handlungsspielraum gewährt wird. Dies bezieht sich vor allem auf die zu treffenden Entschei­ dungen und zwar in einem noch jungen Alter.70 Hier kann die Frage aufgeworfen werden, wie groß der freie Handlungsspielraum für ein Kind sein soll um sich positiv auszuwirken und 66 vgl. Nissen 2002, S. 72f. vgl. Nissen 2002, S. 72f. 68 vgl. Wittmann 2008, S. 81. 69 vgl. Wittmann 2008, S. 60. 70 vgl. Nave-Herz 1994, S. 62. 67 Seite 22 nicht dazu führt, dass sich das Kind vernachlässigt fühlt oder dass es tatsächlich vernachläs­ sigt wird. 4.1.5 Vernachlässigung „Weltweit geht man davon aus, dass Vernachlässigung die häufigste Form von Missachtung der Kindesrechte darstellt.“71 Bezug nehmend auf diese Aussage kann festgehalten werden, dass es sich hier um ein nicht zu verachtendes Problem handelt, welches durchaus Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes nimmt. Die Vernachlässigung bezeichnet einen Zustand, in dem Kinder bzw. Jugendliche einer Man­ gelsituation, psychischer oder materieller Natur, ausgesetzt werden. Der Schweregrad dieses Prozesses wird nicht nur im sozialen Bereich ersichtlich, sondern beeinflusst sogar die körper­ liche Entwicklung des heranwachsenden Individuums negativ. Im Zusammenhang mit dieser Problematik werden vor allem Störungen des Sozialverhaltens (mit)begründet.72 Es lassen sich hier durchaus bestimmte Risikofaktoren ausfindig machen, die einen besonders negativen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder haben. Dabei handelt es sich um: […] Kinder, die schon vor der Geburt abgelehnt wurden, Kinder psychisch kranker Mütter, Kinder von Müttern mit ‚fehlenden mütterlichen Eigenschaften’ und von vernachlässigenden oder verwahrlosenden Eltern. Das gilt z.B. auch für Kinder, die einem ungeliebten Partner äh­ neln […]73 In dieser Aussage scheint die bedeutende Rolle der Eltern auf, welche eine Vernachlässigung begünstigen kann. 5 Verhaltensauffälligkeiten Es gibt unzählige Arten der Ausprägung und Einteilung von Verhaltensauffälligkeiten. In die­ sem Kapitel wird auf einige ausgewählte Verhaltensauffälligkeiten eingegangen, die in der Li­ teratur besonders oft genannt werden und deren Bearbeitung aufgrund ihrer Häufigkeit im Kindes- und Jugendalter eine besondere Aktualität für diese Arbeit besitzen. 71 Engfer 2000 zit. nach Hardt 2003, S. 48. vgl. Nissen 2002, S. 73ff. 73 Nissen 2002, S. 75. 72 Seite 23 Wie anhand der folgenden Tabelle ersichtlich, handelt es sich bei diesen Auffälligkeiten um Neurosen wie Angst- und Zwangsstörungen. Die Störungen der Sozialisation wozu die Ag­ gressiv-dissozialen Störungen zählen, werden auch näher beleuchtet, da sie durchaus eine hohe Präsenz verzeichnen. Auch das Krankheitsbild ADHS rückt aufgrund seiner Häufigkeit in den Blickpunkt des Interesses. Tabelle 1 Symptome und Häufigkeiten der wesentlichen psychischen Krankheitsbilder im Kinder- und Jugendalter74 74 Bundesministerium für Gesundheit Österreich 2009, S.3. Seite 24 5.1 Neurosen – Emotionale Störungen Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist durch ein emotionales Auf und Ab ge­ kennzeichnet. Solche Erscheinungen von temporären emotionalen Störungen sind durchaus normal und stellen auch keinen Grund zur Sorge dar. Wenn es sich um eine ausgeprägte Stö­ rungssymptomatik handelt, kann man auch von einer „akuten Belastungsreaktion“ spre­ chen. In solchen Fällen kann es erforderlich werden, einen Therapeuten/eine Therapeutin zu Rate zu ziehen. Auch eine posttraumatische Belastungsstörung gehört in das Gebiet der emotionalen Störungen und zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um eine zeitlich verspätete Reaktion auf ein traumatisches Ereignis handelt, wie auch eine längere Störungsdauer ein Zei­ chen für das Vorliegen dieser Erkrankung ist. Posttraumatische Belastungsstörungen grenzen an die so genannten Anpassungsstörungen, welche durch bedeutsame Veränderungen im Le­ ben der Kinder und Jugendlichen ausgelöst werden können. Solche emotionalen Störungen können im weiteren Verlauf eventuell erste Anzeichen einer sich entwickelnden Angststörung sein. Im Allgemeinen zählen Angst-, Zwangs-, Depressions- und histrionische Störungen zu den emotionalen Störungen.75 Die histrionische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch eine Dramatisierung in Bezug auf die eigene Person aus. Auch ein übertriebener Ausdruck von Gefühlen und theatralisches Verhalten sind für diese Erkrankung typisch.76 Die emotionalen Störungen zählen zum Krankheitsgebiet der Neurosen. Bislang herrscht noch keine Einigkeit über eine einheitliche Definition dieser.77 Schwidder beschreibt sie folgender­ maßen: „[…] eine krankhafte Störung der Erlebnisverarbeitung mit Symptomen abnormen Erlebens, Verhaltens und/oder gestörter somatischer Funktionsabläufe. Der Störung liegen eine Fehlent­ wicklung und konflikthafte Fehlhaltungen zugrunde, die dem Leidenden unzureichend einsichtig sind und deren ätio- und pathogenetische Bedingungen bis in die Kindheit zurückreichen. Die Störung ist primär psychogen, überwiegend umweltbedingt. Sie wird also nicht durch hirnorga­ nische Veränderungen oder überwiegend krankhafte Erbanlagen hervorgerufen.“78 In Bezug auf die Neurosen muss angemerkt werden, dass nicht ein einziges Symptom aus­ reicht um diese Störung zu diagnostizieren. Es geht um einen Symptomkomplex, der vorhan­ den sein muss. Dies führt zur Problematik der Diagnosestellung bei Kindern. Bei ihnen zeigt sich eine neurotische Störung selten durch einen spezifischen Leidensdruck oder eine typische Symptomatik. Mischstrukturen sind die Regel, man spricht beispielsweise selten von einer 75 vgl. Nissen 2002, S. 149f. vgl. Grunst, Sure 2006, S. 355. 77 vgl. Nissen 2002, S. 151ff. 78 Schwidder zit. nach Nissen 2002, S. 151. 76 Seite 25 reinen Angststörung. Wie bei allen psychischen Krankheiten gibt es keine unverwechselbaren Symptome die exakt auf dieses Störungsbild hinweisen.79 Es gibt spezifische Risikofaktoren, die das Auftreten einer neurotischen Störung stark begüns­ tigen. Sie alle deuten auf die enorme Bedeutung der Familie, der emotionalen Beziehung und Bindung zwischen den Mitgliedern sowie gesellschaftliche und ökonomische Rahmenbedin­ gungen hin, in die die gesamte Familie eingebettet ist. Hier handelt es sich um den sozialen, intellektuellen und kulturellen Status der Familie.80 5.1.1 Angststörungen Angst im Kindesalter ist als ein normales Phänomen zu sehen, welches darauf abzielt, mögli­ che Gefahren zu erkennen und eine Vermeidung dieser Gefahren ermöglichen zu können. Die Angstbereitschaft ist also als normal zu bewerten und kann bei gesunden Kindern sehr leicht erzeugt und wieder abgebaut werden. Wenn Kinder gar keine Ängste zeigen, deutet es eher auf eine psychische Störung hin als umgekehrt.81 Typische somatische Angstsymptome sind beispielsweise „[…] Nervosität, Zittern, Muskel­ spannungen, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen und Schwindelgefühle“ 82, (um nur eini­ ge beim Namen zu nennen). Allgemein kann festgehalten werden, dass sich eine krankhafte Form der Angst erst abzeich­ net, wenn es sich um eine ungewöhnliche Dauer und Intensität dieser handelt und, wenn das angstauslösende Phänomen bei weitem nicht so erschreckend ist, wie es vom Kind oder Ju­ gendlichen wahrgenommen wird. Wenn zusätzlich noch die Tendenz besteht, dass die Angst eine nicht kontrollierbare Übermacht darstellt ist sie als pathologisch zu bezeichnen.83 Zum Krankheitsbild der Angststörungen zählen die so genannten Phobischen Störungen so­ wie Panikstörungen und auch generalisierte Angststörungen. Bei näherer Betrachtung lassen sich diese drei Formen folgendermaßen charakterisieren: 79 vgl. Nissen 2002, S. 158f. vgl. Nissen 2002, S. 161f. 81 vgl. Nissen 2002, S. 163ff. 82 Antonu 2009: Neurotische Störungen (Neurosen). 83 vgl. Nissen 2002, S. 165. 80 Seite 26 Phobische Störungen richten sich vor allem auf spezielle Gegenstände oder Situationen. Diese Angst tritt auf, wenn solche Dinge oder Situationen vorhanden sind, zum Beispiel Platzangst oder Angst vor Spinnen. Panikstörungen sind im Gegensatz zur Phobischen Störung nicht auf gewisse Gegenstän­ de oder Situationen beschränkt, sondern können ganz plötzlich auftreten und dauern meist nur einige Minuten. Während einer Panikattacke hat die Person das Gefühl die Kontrolle zu verlieren, sofort sterben zu müssen oder psychotisch zu werden. Durch die Unvorher­ sehbarkeit kommt es bei den Betroffenen oft zu einer Angst vor der Angst. Generalisierte Angststörung ist ein Komplex verschiedener Angstsymptome, die eine längere Zeit anhalten und genau wie die Panikattacke auf keinen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Situation zu beschränken sind. Sie stehen oft im Zusammenhang mit weiteren emotionalen Störungen wie zum Beispiel Zwangsstörungen.84 Die Familie hat bei der Entwicklung dieser Störungen einen besonderen Stellenwert, da bei­ spielsweise die Angst des Kindes durch die Mutter „weggenommen“ werden kann. Die Angststörung steht weiters auch in einem engen Zusammenhang mit dem Vorhandensein ei­ ner konstanten Bindung zu einer nahe stehenden Bezugsperson. Es wurde festgestellt, dass wenn solch eine Bindung über eine längere Zeit nicht vorhanden ist, dies durchaus Angst- und Phobien fördernd sein kann. Auch eine defekte Ehe kann dazu führen, dass sich die Bezie­ hung zwischen beispielsweise Mutter und Kind verändert und es zu einer Angststörung för­ dernden Beziehung kommt. Diese entwickelt sich folgendermaßen: Die Mutter schreibt den Angstattacken des Kindes eine übergeordnete Bedeutung zu und das kann dazu führen, dass sie zum Kind ins Kinderzimmer zieht. Zwischen den beiden kommt es zu einer vorteilhaften Beziehung für die Mutter als auch für das Kind. Die Mutter kann das Ehebett verlassen, um das Kind zu beschützen und das Kind hat keine Angst, weil die Mutter da ist. Solche Symbio­ sen sind für die Krankheitsprognose als unvorteilhaft zu bewerten.85 5.1.2 Zwangsstörungen Zwangsstörungen lassen sich durch zweierlei Ausprägungen charakterisieren. Zum einen gibt es die so genannten Zwangsgedanken und zum anderen Zwangshandlungen. Unabhängig da­ von ob die Zwangsstörung von Zwangshandlungen oder Zwangsgedanken dominiert wird, 84 85 vgl. Antonu 2009: Neurotische Störungen (Neurosen). vgl. Nissen 2002, S. 167f. Seite 27 geht es darum gewisse Ängste zu kompensieren.86 Dazu kommt, dass das betroffene Individu­ um einen starken Leidensdruck verspürt bei gleichzeitig auftretender Unfähigkeit diese auftre­ tenden Zwänge zu unterbinden. Bei Kindern und Jugendlichen zeichnen sich krankhafte Zwangsstörungen dadurch aus, dass sie von den Betroffenen als abnormal erkannt werden und weiters dadurch, dass durch diese Zwänge der normale Denk- und Handlungsablauf gehemmt und gestört wird. Das heißt, sie treten ins Bewusstsein, wirken diktatorisch und können von der betroffenen Person nicht abgewiesen werden.87 Zwangsgedanken sind eng mit so genannten Zwangsbefürchtungen verbunden. Diese of­ fenbaren sich mit Gefühlen, sich beschmutzt, infiziert, andere verletzt oder sich selbst zu wenig geschützt zu haben. Weiters damit verbunden sind gewisse Handlungen wie bei­ spielsweise das Ausschalten eines Elektrogerätes vergessen zu haben. Ein wichtiger Punkt bei Zwangsgedanken ist auch das Bedürfnis eine gewisse Ordnung zu halten. 88 Zwangsge­ danken können allerdings auch als Grübelsucht, Denk- und Wiederholungszwänge, genau­ so wie Beziehungsideen und umschriebene Zwangsvorstellungen, zum Vorschein treten. Mit solchen Zwängen geht auch immer die Befürchtung einher, dass mit nicht Befolgung gewisser Handlungen oder nicht ordnungsgemäßer Ausführung solcher, ein Unglück ver­ bunden ist.89 Zwangshandlungen zeichnen sich durch das Wiederholen gewisser Handlungen aus. Die Intuition dafür liegt darin, dass der/die Betroffene dadurch das sonst auftretende Unwohl­ sein reduzieren kann. Er/Sie meint außerdem, dass dadurch negative Ereignisse verhindert werden können. Zu dieser Art von Zwängen zählen der Ordnungs-, der Kontroll- und der Wiederholungszwang. Daneben gibt es noch spezifische Formen wie Wasch-, Putz-, Sam­ mel- und Zählzwänge. Allgemein kann hier festgehalten werden, dass sich das Verhalten als sehr übertrieben darstellt und in keinem normalen Verhältnis zur tatsächlich realen Be­ drohung steht.90 Kinder und Jugendliche die beispielsweise an einem Ordnungszwang lei­ den, verzeichnen meist auch einen gewissen Kontrollzwang. Dieser geht oft soweit, dass das Kind den nächsten Tag genauestens plant und dieser Plan muss dann auch penibel ein­ gehalten werden. Weiters wird zum Beispiel auch die Kleidung mehrfach kontrolliert und korrigiert und/oder das Federpenal hat seinen exakten Platz auf dem Schultisch. Wird auch 86 vgl. Hartmann 2009: Zwangsstörungen. vgl. Nissen 2002, S. 115ff. 88 vgl Hartmann 2009: Zwangsstörungen. 89 vgl. Nissen 2002, S. 220. 90 vgl. Hartmann 2009: Zwangsstörungen. 87 Seite 28 nur eine Kleinigkeit verändert, beispielsweise durch MitschülerInnen, folgt eine Reaktion die sich durch Unruhe und Angst auszeichnet. An dieser Stelle ist auch noch festzuhalten, dass insbesondere bei Jugendlichen, solche Handlungen öfter zu beobachten sind als bei jüngern Kindern.91 Zur Ätiologie ist anzumerken, dass sie bis jetzt noch ungeklärt ist, es werden allerdings ver­ schiedene Ansätze diskutiert. Fest steht, dass aufgrund der klinischen Erfahrung auf eine mul­ tifaktorielle Genese geschlossen werden kann. Besonders betont wird heute die Rolle einer gestörten Sozialisation, dabei wird vor allem auf die Auswirkungen einer autoritären, harten, abstrakten Erziehung eingegangen. Bei einer derartigen Erziehungsform liegt das Augenmerk auf der Unterdrückung spontaner Impulse, dies kann in weiterer Folge dazu führen, dass das Kind nicht lernt, sich selbstbewusst und eigenständig zu entscheiden. 92 Um es mit Nissens Worten auszudrücken: „Wenn bedingungsloser Gehorsam das Erziehungsideal der Eltern war und vom Kind ange­ nommen wurde, kann man aus der Sicht der Eltern von einer gelungenen, für das Kind aber oft schädlichen Entwicklung sprechen. In solchen »Festungsfamilien« gibt es Denk- und Hand­ lungszwänge, die von allen Mitgliedern streng eingehalten werden müssen und die freie Ent­ wicklung des Kindes gefährden.“93 Für das Kind bildet sich eine Spannung zwischen den eigenen Wünschen und den Forderun­ gen und Geboten. Diese Spannung wird durch Abwehrmechanismen, Zwangsgedanken und – handlungen, gelöst.94 5.2 Aggressiv-dissoziale Störungen Aggressiv-dissoziale Störungen werden auch als Störungen des Sozialverhaltens bezeichnet. 95 Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Rechte anderer Menschen verletzt werden und Regeln nicht eingehalten werden. Weiters zählen dazu aggressives Verhalten gegenüber Menschen und auch Tieren sowie stehlen, offensichtliches Zerstören von fremdem Eigentum ebenso wie Schuleschwänzen und Weglaufen von Zuhause. Aggressives Verhalten betrifft eher Jungen als Mädchen und ist allgemein schwer zu beseitigen, denn aus der Sicht des Täters ist es oft von Vorteil, da damit meist ein gewisser Erfolg erzielt werden kann. Ein weiterer Grund für die Persistenz dieser Erkrankung ist, dass sie sich meist über eine längere Zeit entwickelt und 91 vgl. Nissen 2002, S. 221. vgl. Nissen 2002, S. 226. 93 Nissen 2002, S. 227. 94 vgl. Nissen 2002, S. 227. 95 vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007, S. 139. 92 Seite 29 nicht selten gingen andere Störungen, wie Hyperaktivität und aufsässiges (oppositionelles) Verhalten, bereits voraus.96 Aggressivität hat viele Gesichter, sie ist zum einen ein wesentlicher und dynamischer Be­ standteil einer normalen Entwicklung bei Kindern und zum anderen ist sie bei fast allen psy­ chischen Störungen ein fixer Bestandteil des Krankheitsbildes. Solange das Aggressionspo­ tential ausgewogen ist, trägt es zur Erhaltung der Selbstachtung bei und ist somit als positiv zu bewerten. Wenn die Aggressionskontrolle allerdings verloren geht, unabhängig ob es sich dabei um eine Schwächung oder eine Stärkung handelt, kann das Störungen verursachen und in weiterer Folge zu Gewaltakten führen.97 Es gibt einige Risikofaktoren, die die Entstehung einer aggressiv-dissozialen Störung begüns­ tigen können. Dazu zählen von Seiten des Kindes impulsives Verhalten sowie geringe sprach­ liche Ausdrucksmöglichkeit in jungem Alter. Auch die Familie spielt in diesem Zusammen­ hang eine bedeutende Rolle. So können beispielsweise frühe Eltern-Kind-Konflikte, ebenso wie gewisse Erziehungsmaßnahmen wie Inkonsequenz und körperliche Strafen oder einfach nur die Duldung des aggressiven Verhaltens seitens der Eltern, zur Entstehung und Beibehal­ tung dieser beitragen. An dieser Stelle darf auch der Einfluss der Peergruppe nicht unter­ schätzt werden, da diese oftmals eine bedeutsame Wirkung auf die Persistenz der Störung hat. 98 Auch Nissen beschreibt diese Risikofaktoren in ähnlicher Weise. Er führt an, dass eine ge­ spannte, feindselige Familienatmosphäre sowie eine erzieherische Toleranz ohne Maß und Ziel, vor allem in Verwöhnungssituationen, eine aggressionsfördernde Komponente besit­ zen.99 Bezug nehmend auf die Familienstruktur kann abgeleitet werden, dass die so eben ge­ nannten Risikofaktoren sowohl in der traditionellen Kernfamilie, bei AlleinerzieherInnen und Patchworkfamilien auftreten können. Ob z.B. eine Verwöhnungssituation vorliegt oder ein früherer Eltern-Kind Konflikt ist je nach Familie individuell zu beurteilen. 96 vgl. Döpfner, Petermann 2008, S. 45f. vgl. Nissen 2002, S. 103. 98 vgl. Döpfner, Petermann 2008, S. 46ff. 99 vgl. Nissen 2002, S. 108f. 97 Seite 30 5.3 ADHS Die Abkürzung ADS bedeutet Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Diese kann sowohl mit und ohne Hyperaktivität auftreten. Aufgrund der Häufigkeit der Störung inklusive der Hyperakti­ vitätskomponente wird von „ADHS“ gesprochen, wobei der Buchstabe „H“ für Hyperaktivität steht. Dieses Störungsbild wird in dieser Arbeit näher beleuchtet. 100 Die ICD-10 (Internationa­ le Klassifikation von Krankheiten) beschreibt ADHS als eine Krankheit mit folgenden Merk­ malen: „Wenn ein Kind o länger als 6 Monate o in verschiedenen Situationen (zu Hause und im Kindergarten/Schule) o beeinträchtigte Aufmerksamkeit, erhöhte Ablenkbarkeit o verminderte Konzentrationsspanne o Überaktivität (Hyperaktivität) i.S. von Ruhelosigkeit und Impulsivität […] zeigt.“101 Zur Charakteristik des Krankheitsbildes ist anzumerken, dass solche Kinder meist ungeschickt und tollpatschig sind. Sie können sich nicht steuern und besitzen keine eigene Handlungspla­ nung, sie haben sich sozusagen nicht unter Kontrolle. Schulisch gesehen kann festgestellt werden, dass diese Kinder meist Lernprobleme haben, da es ihnen schwer fällt Regeln, Kon­ zepte und Strategien zu begreifen. Leider fallen diese Kinder auch oftmals durch ihre sozialen Probleme in den Blickpunkt des sozialen Umfeldes. Kinder die an ADHS erkrankt sind, nei­ gen zu unpassenden Reaktionen, missverstehen oftmals Mimik, Gestik und Tonfall der ande­ ren und durch das nicht verstehen der sozialen Regeln ecken sie hier häufig an. Wutanfälle, Unordentlichkeit, Stimmungsschwankungen und die „Nicht-Erfassung“ der Gefährlichkeit be­ stimmter Situationen sind weitere Eigenschaften, die die Persönlichkeit solcher Kinder aus­ zeichnen. In der Folge führen solche Verhaltensweisen ohne Zweifel in vielen Fällen zu ei­ nem „Negativ-Echo“ des Umfeldes, das heißt diese Kinder bekommen oft weniger Zuwen­ dung und Unterstützung. Besonders bei einer geforderten sozialen Einordnung wie beispiels­ weise in der Schule fallen diese Kinder erst richtig auf. Die Reaktionen der Erwachsenen und der anderen Kinder sind als vorwiegend negativ zu bewerten. Von Seiten der Erwachsenen folgt oft ein Schimpfen und Strafen. Für die Peergruppe werden solche Kinder häufig als Sün­ denbock oder Anstifter missbraucht. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich nicht-konforme Kinder mit Aggression wehren, sich ängstlich, unsicher und unverstanden fühlen sowie Min­ derwertigkeitsgefühle, Leistungsversagen und Schuldgefühle entwickeln können. Dies kann wiederum zu verschiedensten emotionalen Störungen führen.102 100 vgl. Loh 2003, S. 354. Loh 2003, S. 359. 102 vgl. Loh 2003, S. 360f. 101 Seite 31 Die Ursache für die Entstehung von ADHS ist nicht eindeutig geklärt. Es wird davon ausge­ gangen, dass sowohl biologische-, psychische- sowie soziale- und Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Eine Theorie bezüglich der sozialen Komponente der Krankheitsentstehung ist aller­ dings, dass angenommen wird, Videospiele und Fernsehen würden dem Kind regelrecht ein­ üben, eine kurze Aufmerksamkeitsspanne zu haben. Hier könnte auch von einer Anpassung an die so genannte „Hochgeschwindigkeitskultur“ gesprochen werden.103 Im Gegensatz zu den emotionalen- und aggressiv-dissozialen Störungen stellt die Familie bei ADHS keinen so­ zialen Risikofaktor für die Entstehung der Krankheit, im eigentlichen Sinne, dar. Vielmehr werden sowohl die Eltern als auch die Geschwister durch das Auftreten dieser Erkrankung enorm strapaziert. Das heißt, dass das Kind oftmals ein Grund für Probleme in der Paarbezie­ hung beziehungsweise, bei Streitigkeiten mit seinen Geschwistern der Auslöser ist.104 Diese Krankheit ist in Bezug auf diese Arbeit insofern von Bedeutung, da durch die ADHS Erkran­ kung des Kindes, Probleme in der Paarbeziehung der Eltern begünstigt werden und somit auch die Geschwister stark von dieser Krankheit betroffen sind. Es kann folglich abgeleitet werden, dass ein an ADHS erkranktes Kind einen Risikofaktor für die Entstehung von Ver­ haltensauffälligkeiten bei seinen Geschwistern darstellt. 6 Familie als Ressource Aufgrund des Arbeitsthemas wird in diesem Kapitel die große Bedeutung der Familie als Res­ source von verschiedenen Seiten beleuchtet. Zusätzlich werden gewisse Tipps angeführt, wie mit Situationen umgegangen werden kann, die Verhaltensauffälligkeiten begünstigen. Familienstrukturen, ihre Entstehung und allgemein in der Familie ablaufende interne Prozesse können zu Verhaltensauffälligkeiten führen. Das „KANN“ dieser Aussage muss allerdings groß geschrieben werden. Nicht ein(e) AutorIn der verwendeten Literatur hat es gewagt, von einer speziellen Familienstruktur auf eine vermehrte Entstehung bestimmter Verhaltensauffäl­ ligkeiten zu schließen. In diesem Sinne ist es wichtig, das multifaktorielle Entstehungsbild von Verhaltensauffälligkeiten besonders zu berücksichtigen. Dies führt unweigerlich weiter zu den Ressourcen, die genützt werden können, um der Entstehung von sozial auffälligem Verhalten vorzubeugen. Dies sind vor allem: 103 104 vgl. Loh 2003, S. 355f. vgl. Loh 2003, S. 366. Seite 32 Familie Soziale Einrichtung (z.B. Schule, Kindergarten) Therapie (z.B. Verhaltenstherapie, Familientherapie, Medikamente) Psychosozialer Dienst Die Familie kann der Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten enorm vorbeugen. Besonders in Familien, die beispielsweise eine Trennung durchleben oder bereits durchlebt haben, ist es wichtig, dass mit dieser Situation möglichst „richtig“ umgegangen wird. Das heißt, es geht darum, dem Kind gegenüber ehrlich zu sein. Wichtig ist allerdings auch, dass das Kind aus der Paarbeziehung soweit wie möglich hinausgehalten wird. Es soll weder als „Bote“, zwi­ schen den Ex-Partnern, noch als „seelischer Mülleimer“ missbraucht werden. Die Eltern müs­ sen darauf achten, dass sie selbst die Verantwortung der Trennung tragen, denn Kinder neigen dazu, die Schuld bei sich zu suchen. Diese Tendenz nimmt mit Streitigkeiten zwischen den Ex-Partnern, die das Kind betreffen zu. Respekt zwischen den Eltern ist groß zu schreiben. Was eine eventuelle neue Beziehung betrifft, wie es beispielsweise bei Patchworkfamilien der Fall ist, ist es wichtig, dem Kind keinen Druck zu machen die neue Beziehung zu akzeptie­ ren105 Kontinuierliche Konflikte innerhalb der Paarbeziehungen sind noch unvorteilhafter für Kinder als eine gut organisierte Trennung (Siehe Kapitel 4) und zudem ein noch stark begünstigender Faktor für die Genese von Verhaltensauffälligkeiten. Wenn Eltern ihrem Kind vermitteln kön­ nen, dass es ganz normal ist, wenn man sich einmal streitet, kann es sich durchaus als hilf­ reich für die weitere Entwicklung des Kindes darstellen. In erster Linie ist darauf zu achten, dass die Eltern einen auftretenden Konflikt auch wieder lösen. Wenn dies nicht möglich ist und eine Trennung die Folge ist, geht es darum, klare Vereinbarungen zu treffen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, mit dem Kind zu sprechen, da manche Situationen von Kindern miss­ verstanden werden können und diese geklärt werden müssen. Wenn ein Konflikt nicht inner­ halb der Paarbeziehung gelöst werden kann, ist es durchaus ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.106 Es ist von großer Bedeutung, die negativen Emotionen, die aufgrund von Paarkonflikten entstehen nicht in die Erziehung und den Erziehungsstil einfließen zu las­ sen (Siehe Kapitel 4).107 105 vgl Eckardt 2005, S. 120ff. vgl. Döpfner, Petermann 2008, S. 67f. 107 vgl. Wittmann 2008, S. 60. 106 Seite 33 Wenn es darum geht, dass ein Kind an einer hyperkinetischen Störung oder gar ADHS leidet, ist es wichtig, dass die Eltern auf sich selbst achten, da Kinder mit solch einer Krankheit sehr anstrengend sein können. Zusätzlich ist es wichtig, dass ein eventuell gewünschter Perfektio­ nismus abgebaut wird, da es äußerst frustrierend ist, wenn es um Ziele geht die so gut wie nicht zu erreichen sind, sowohl für die Eltern als auch für das Kind. Bei diesem Krankheits­ bild ist außerdem darauf zu achten, dass das Kind eine positive Beziehung zu den Eltern auf­ baut, beziehungsweise erhalten bleibt, denn wie bereits in Kapitel 5 hervorging, ist es für Kin­ der mit ADHS durchaus schwer, eine positive soziale Resonanz zu erhalten. Ein großer Vor­ teil für die Förderung des Kindes stellt sich auch in einer guten Zusammenarbeit von Eltern, Lehrer- und ErzieherInnen dar.108 7 Diskussion - Schlussfolgerung Zu Beginn dieser Arbeit haben sich mir folgende Fragen gestellt: Ist das soziale Netz „Familie“ ein bedeutender Einflussfaktor in Bezug auf die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten? Lässt sich von einer bestimmten Familienstruktur auf eine spezielle Verhaltensauffälligkeit schließen? Welche Verhaltensauffälligkeiten treten besonders häufig auf? Welche Rolle spielt die Fa­ milie? Welche familiären Maßnahmen können zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen er­ griffen werden um eventuellen Verhaltensauffälligkeiten vorzubeugen? In dieser Arbeit zeigt sich, dass die Familie in Bezug auf die Entstehung von Verhaltensauf­ fälligkeiten von unterschiedlichen AutorInnen stark diskutiert wird. Es muss festgehalten wer­ den, dass nicht bewiesen werden konnte, dass die Struktur der Familie einen zentralen Stellen­ wert bei der Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten einnimmt. Dennoch ist anzumerken, dass Kinder meist in eine Familie eingebettet sind. Sie erleben die internen familiären Prozes­ se hautnah und müssen diese auch auf eine bestimmte Art und Weise kompensieren. Wenn in der Familie nicht ausreichend darauf geachtet wird, dass die familiäre Situation für alle Mit­ glieder annehmbar ist, stellt dies einen Risikofaktor in Bezug auf die Entstehung von Verhal­ tensauffälligkeiten dar. Allerdings ist hier anzumerken, dass es keine aussagekräftigen Daten 108 vgl. Döpfner, Petermann 2008, S. 40f. Seite 34 gibt, die diesen Zusammenhang dezidiert belegen. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass es über die Familie hinaus viele unterschiedliche Gründe und Fak­ toren gibt, welche dazu beitragen (können), dass Kinder Verhaltensauffälligkeiten entwickeln oder auch nicht. Ein Zusammenhang von einer bestimmten Familienstruktur mit einer speziellen Verhaltens­ auffälligkeit lässt sich, basierend auf den getätigten Recherchen, nicht nachweisen. Bislang gibt es keine aussagekräftigen Daten oder Studien, die solch eine Beziehung nahelegen. Hier kann lediglich auf die internen familiären Prozesse eingegangen werden, welche Verhaltens­ auffälligkeiten begünstigen und jede Familie muss dann gesondert betrachten werden inwie­ weit sie gewisse Risiken eines krankheitsfördernden Umfelds aufweist. An dieser Stelle soll betont werden, dass es fahrlässig ist von einer speziellen Familienform auf eine Krankheit zu schließen, denn absolut jede Familie ist einzigartig und kann nicht mit anderen Familien pau­ schal verglichen werden. Allerdings ist zu bemerken, dass ein niedriger soziökonomischer Status einer Familie in einen Zusammenhang mit der Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten gebracht werden kann, was anhand der Ergebnisse der BELLA-Studie deutlich wird. Bei den besonders häufig auftretenden Verhaltensauffälligkei­ ten handelt es sich um Ängste (10 %), Störungen des Sozialverhaltens (7,6 %) und Depressio­ nen (5,4 %). In dieser Studie wurden 2863 Familien mit Kindern (zwischen 7 und 17 Jahren) zu seelischen Wohlbefinden und Verhalten befragt. Aus den erhaltenen Daten ging hervor, dass ein ungünstiges Familienklima sowie ein niedriger soziökonomischer Status zu den be­ deutsamsten Risikofaktoren gehören.109 Ob zwischen diesen (Familienklima und soziökono­ mischer Status) auch ein Zusammenhang besteht wäre ein weiterer interessanter Aspekt, wel­ cher noch untersucht werden könnte. Es gilt also meinerseits als Anregung für Interessierte diesen eventuellen Zusammenhang vielleicht in einer weiteren Arbeit genauer zu erörtern.110 Die Maßnahmen beziehungsweise Ressourcen ergeben sich aus den Risikofaktoren und beste­ hen insbesondere darin, dass die Risikofaktoren entweder vermieden oder in den Griff bekom­ men werden. Die Bedeutung einer guten Beziehung zu den Eltern, einem so genannten Grundvertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit, klare Verhältnisse und Respekt sowohl innerhalb der Paarbeziehung als auch in Bezug auf die Eltern-Kind Beziehung scheinen enorm zu sein. Der 109 110 vgl. Ravens-Sieberer u.a. 2007, S. 871. vgl. Ravens-Sieberer u.a. 2007, S. 871. Seite 35 Erziehungsstil und der richtige Umgang mit Problemen sind bedeutende Ressourcen innerhalb der Familie. Dabei muss gesondert betont werden, dass es allgemein nicht um Schuldzu­ schreibungen, sondern um ein gemeinsames Miteinander und ein für alle Familienmitglieder förderliches Klima innerhalb der Familie geht, welches nur gemeinsam erarbeitet werden kann. Seite 36 8 Literaturverzeichnis AMFT H. (2003): ADS – Kritische Überlegungen aus sozialmedizinischer Sicht, in: Beson­ derheiten seelischer Entwicklung – Störung-Krankheit-Chance, hg. von Färber Hans-Peter u.a., Tübingen, S. 31-47. ANTONU H. (2009): Neurotische Störungen (Neurosen), Internet: URL http://www.psycho­ therapiewien.at/fachgebiete/neurosen.php Stand 03.05.2009 BAVING L. (2006): Störungen des Sozialverhaltens, Heidelberg. BLASER K. (2008): So bin ich – und du bist anders – Achtsam Grenzen setzen in der Part­ nerschaft, Freiburg. 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