Kontaktpersonennachverfolgung im Flugzeug - XDR-TB

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Kontaktpersonennachverfolgung
im Flugzeug
- XDR-TB Fallbericht
Dr. Maria an der Heiden
Berlin, 20. März 2017
Juli 2013: Meldung an zuständige deutsche Gesundheitsbehörden
 Passagier verstarb nach Landung im
Flugzeug an Hämoptoe
 Reiseverlauf:
Toiletten
 Flug 1 (ca. 3 Stunden):
osteuropäisches Heimatland – Türkei
 Flug 2 (ca. 3 Stunden):
Türkei – Deutschland
Sitzplatz
Indexpatient
 Situationsberichte von Passagieren:
 Indexpatient im Flugzeug auf und ab
gegangen;
an mehreren Stellen Blut ausgehustet
 Patient leide an Tuberkulose (TB)
 Wenige Tage nach Ereignis:
 Obduktionsbefund: stützte Verdacht
auf offene Lungentuberkulose
 PCR-Nachweis von genomischen
Sequenzen des Mycobacterium
tuberculosis-Komplexes
20.03.2017
Toiletten
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Kontaktpersonennachverfolgung im Flugzeug (XDR-TB Fallbericht)
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To trace or not to trace? Risikobewertung
 Generell: Risiko für TB-Infektion
nach Exposition im Flugzeug
 sehr niedrig eingeschätzt
 Systematisches Review (2016)1:
21 Studien, 279 Flüge, 2.791
getestete Kontaktpersonen
 möglicherweise ca. 0,1 – 1,3%
der als Kontaktpersonen
definierten Personen auf > 8
Stunden Flügen bei infektiösem
TB-Fall infiziert
 RAGIDA2/WHO3 Empfehlungen
 KontaktpersonenNachverfolgung (KoNa) für Flüge
< 8 Std. nicht empfohlen
1Kotila
et al., 2016: Eurosurveillance Link
3WHO Empfehlung Link
Link
2RAGIDA:
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Rationale und Untersuchungsziele
Rationale
 In diesem Fall (3 Tage nach Ereignis): Entschluss für KoNa bei allen
Passagieren und Flugzeugbesatzung, aufgrund
 beschriebener Mobilität des Patienten im Flugzeug,
 Schwere der Symptomatik und
 erhöhtem Risiko für Vorliegen einer MDR-TB
 Wenige Wochen nach Ereignis:
 Bestätigung einer XDR-TB durch NRZ für Mykobakterien
Untersuchungsziele
 Beschreibung der Expositionssituation
 Identifizierung der möglicherweise exponierte Personen
 Information über Ereignis und Aufklärung über Infektionsrisiko
 Initiierung von Untersuchungen auf mögliche tuberkulöse Infektionen
 Verhinderung einer Weiterverbreitung
 Beisteuerung von Evidenz für Übertragung von TB im Flugzeug
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Methodisches Vorgehen
 Klärung Infektiosität des Indexpatienten über Kontaktaufnahme
mit Heimatland des Indexpatienten
 Klärung Expositionssituation im Flugzeug durch Befragung
Ersthelfer und Flugzeugbesatzungsmitglieder
 Identifizierung der Passagiere durch Anforderung der Passagierliste
bei involvierter Fluggesellschaft
2-zeitige
Testung
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IGRA
THT (> 10 mm)
(Konversion:
> 5 mm Zunahme)
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In TB-Kontaktpersonen-Nachverfolgung involvierte Länder weltweit
81
48
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Ergebnisse - Beurteilung der Infektiosität & Expositionssituation
 Infektiosität
 Wiederholt vom Heimatland des Indexpatienten angeforderte
Informationen blieben unbeantwortet
 Expositionssituation
 Übereinstimmende Ergebnisse von Ersthelfer und
Flugbesatzungsmitgliedern - entgegen initialer Informationen
 Indexpatient: bis halbe Stunde vor Landung auf Sitzplatz verblieben;
nicht im Flugzeug auf und ab gegangen
 Hämoptoe: ereignete sich ausschließlich in letzter halben Stunde vor
Ankunft in Deutschland im hinteren Teil des Flugzeuges, wo auch Erste
Hilfe geleistet wurde
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Ergebnisse - Durchführung der Kontaktpersonen-Nachverfolgung
 Passagierliste mit Kontaktinformationen
 Etwa 3 Wochen nach Ereignis verfügbar
 Flugbesatzung
 Über für Fluggesellschaft zuständige Gesundheitsbehörde erreichbar
 Insgesamt 162 Kontaktpersonen nachverfolgt
 155 Passagiere und 7 Flugbesatzungsmitglieder
 17 verschiedene Nationalitäten
 Medianes Alter:
 34 Jahre (1-71 Jahre)
 112 (69%) in der Altersgruppe der 15- bis 49-Jährigen
 96 (59%) männlich
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Ergebnisse – KoNa: Anzahl informierter und getesteter Kontaktpersonen
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Ergebnisse – KoNa: Anzahl informierter und getesteter Kontaktpersonen
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Ergebnisse – Infektionsdiagnostik bei 112 getesteten Kontaktpersonen
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Wahrscheinlicher LTBI-Fall




Türkische Person (Passagier)
BCG-geimpft
Saß in letzter Sitzreihe
THT:
 1. THT im August 2013, Indurationsdurchmesser = 2 mm
 2. THT im Februar 2014, Indurationsdurchmesser = 14 mm
 Keine andere TB Exposition (außer der im Flugzeug
stattgefundenen) erinnerbar
 Stand Juli 2016: Person nicht an TB erkrankt
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Zusammenfassung
 Ungewöhnliches Ereignis mit 1 wahrscheinlichen LTBI-Fall
 Limitationen dieser Untersuchung:
 Einschätzung der Infektiosität des Indexpatienten lückenhaft
 Expositionssituation: widersprüchliche Angaben
 Testergebnisse teils nicht interpretierbar – Beurteilung auf
Testkonversion nur bei 54% getesteter Kontaktpersonen möglich
 WHO: zweizeitige Testung, erste < 3 Wochen nach Exposition
 Stärken dieser Untersuchung:




Information über Ereignis am Tag des Ereignisses
Passagierliste enthielt nutzbare Kontaktinformationen
Gute Kommunikation und Kooperation mit involvierten Behörden
Mehrheit der Kontaktpersonen testbereit
 LTBI Prävalenz vergleichbar mit anderen Studien
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Schlussfolgerungen
 KoNa im Flugzeug bleibt herausfordernd
 Hoher Aufwand
 Testergebnisse zum Teil schwierig zu interpretieren
 Empfehlungen
 Expositionssituation: zeitnahe Ereignis-Dokumentation (z. B. Nutzung
des „Medical Incident Report“ der IATA)
 Entwicklung einer schnellen, verlässlichen Testmethode für Nachweis
einer neu erworbenen tuberkulösen Infektion
 To trace or not to trace?
 Bestehende Empfehlungen nutzen
 Bei ungewöhnlichen Ereignissen wie dem vorliegenden
Risikobewertung gemeinsam mit Expertenteam durchführen
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Mehr zur Untersuchung in Eurosurveillance
 Link:
http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=22749
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Untersuchungsteam
 Zentrum für tuberkulosekranke  Robert Koch-Institut, Berlin
und -gefährdete Menschen,
 Herr Dr. Christophe Bayer
Gesundheitsamt Lichtenberg
 Frau Gisela Glaser-Paschke
 Herr Dr. Horst Krauße
 Frau Daniela Zachow
 Gesundheitsamt Reinickendorf
 Herr Markus Stemmler
 Landesamt für Gesundheit und
Soziales, Berlin
 Herr Dr. Jörg BätzingFeigenbaum
 Frau Dr. Claudia Simon
 Nationales Referenzzentrum
für Mykobakterien, Borstel
 Frau Dr. Sabine Rüsch-Gerdes
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





Frau Dr. Lena Fiebig
Herr Dr. Andreas Gilsdorf
Herr Benedikt Greutélaers
Herr Prof. Dr. Walter Haas
Frau Dr. Barbara Hauer
Frau Dr. Maria an der Heiden
Die Institutszugehörigkeiten beziehen sich
auf den Beginn der Untersuchung.
Das Robert Koch-Institut bedankt sich bei
allen genannten Personen und Institutionen
ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit!
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