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Zielgruppenkonzept „Stationäre Rehabilitation für Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch“
der AHG Kliniken Daun Am Rosenberg
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
1.1
Funktionaler und dysfunktionaler PC-/Internetgebrauch
1.2
Pathologischer PC-/Internetgebrauch
1.3
Häufigkeit der Problematik
1.4
Behandlungsnachfrage und – angebot
2.
Das Störungsbild
2.1
Psychopathologie
2.2
Komorbidität
2.3
Ätiologie
2.4
Pathogenese und Chronifizierung
2.5
Nosologie
2.6
Typologie und Pathoplastik
2.7
Diffentialdiagnostik
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12
3.
Diagnostik
13
4.
Allgemeine Therapie
4.1
Indikation und Behandlungsdauer
4.2
Therapeutisches Grundkonzept
4.3
Therapieorganisation
4.4
Therapiebausteine
4.5
Therapieziele
14
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14
15
15
5.
Störungsspezifische Therapie
5.1
Symptomorientierte Therapie
5.1.1 Entwicklung von Medienkompetenz
5.1.2 Nichtkonfrontative Motivierung
5.1.3 Rückfallprävention
5.2
Ursachenbezogene Behandlung
5.2.1 Klinische Erklärungsmodelle
5.3
Behandlungsstrategie und –ziele
5.4
Behandlungsbausteine
5.4.1 Einzeltherapie
5.4.2 Gruppentherapie
5.4.3 Sporttherapie
5.4.4 Ergotherapie
5.4.5 Soziotherapie
5.4.6 Angehörigenarbeit
5.4.7 Nachsorge
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28
6.
Dokumentation und Evaluation
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7.
Literatur
30
8.
Konzeptverantwortung
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9.
Anhang
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1.
Einleitung
In der Geschichte der Medien lassen sich Umbrüche erkennen, die unsere Realitätswahrnehmung mitbestimmen. Aktuell zeigt sich dies bei den sogenannten Neuen Medien, insbesondere der Kombination von PC und Internet, die dem Nutzer neue Möglichkeiten der Welterfahrung eröffnen. In diesem kulturellen Wandlungsprozess kann es
bei dafür anfälligen Personen jedoch auch zu dysfunktionalen und pathologischen Entwicklungsprozessen führen.
Das dargestellt Behandlungskonzept zum pathologischen PC-/Internetgebrauch bezieht
sich auf ein Modell, das den pathologischen PC-/Internetgebrauch als eine entwicklungspsychopathologische Störung des Sozialverhaltens versteht (Petry, 2010). Der
Rückzug in virtuelle Welten wird als Regressionsprozess begriffen, um die in der Realität nicht erfüllten menschlichen Grundbedürfnisse nach Kontrolle, Selbstwertsteigerung und Bindung zu kompensieren.
Die Behandlung orientiert sich symptomatisch an dem sogenannten Ampelmodell, wonach lediglich auf den Bereich des pathologischen PC-/Internetgebrauch verzichtet
werden muss, während die funktionalen Kompetenzen im Umgang mit dem PC/Internet
ausgebaut werden. Darüber hinaus ist die Bearbeitung der psychosozialen Vulnerabilität erforderlich, indem eine stufenweise Konfrontation mit der materiellen, psychischen
und sozialen Widerständigkeit der realen Welt erfolgt, um die psychische Autonomie
und Alltagskompetenzen zu entwickeln.
Die Rahmenbedingungen und die Struktur des vorliegenden Behandlungskonzeptes
entsprechen der aktuellen sozialmedizinischen Position der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund zu „Verhaltensstörungen durch intensiven Gebrauch von Computer
und Internet (Köhler, 2013).
1.1
Funktionaler und dysfunktionaler PC-/Internetgebrauch
Die empirische Forschung zu den Auswirkungen eines exzessiven Computerspielens
(Maass et al., 2011) auf die kognitiven und schulischen Kompetenzen verweist auf ein
komplexeres Bedingungsgefüge. In Abhängigkeit von der Quantität des Konsum und
der Art des Angebotes (Unterhaltung vs. Bildung oder hohe vs. niedrige Erregung) lassen sich in Verbindung mit sozialen Kontextmerkmalen (z. B. Schicht) sowohl positive
als auch negative Effekte von kurzfristiger (z. B. Informationsverarbeitungsprozessen)
und langfristigen (z. B. Schulleistungen) Art nachweisen. Es handelt sich bisher jedoch
um noch nicht zusammengeführte Einzelbefunde.
Hinsichtlich der Entwicklung emotionaler und sozialer Fähigkeiten der Persönlichkeit
wird im Gegensatz zu ursprünglich pessimistischen Annahmen einer sozialemotionalen Vereinsamung von einer Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenzen ausgegangen (Döring, 2003). Die Mehrheit der Jugendlichen geht in ihrer Me-
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dienwahl und in ihrem konkreten medialen Verhaltens flexibel und funktional mit den
Neuen Medien um. Dies gilt vor allem für Personen, die das Medium PC/Internet regelmäßig nutzen. Die Neuen Medien führen bei solch einem Alltagsverhalten zu vielfältigen positiven Effekten. Die Nutzer können ihr Wissen und ihre Kompetenzen steigern,
ihre sozialen Kontakte ausbauen und den PC-/Internetgebrauch kompensatorisch zur
Bewältigung alltäglicher Frustrationen und Belastungen einsetzen.
Die Nutzung des Mediums PC/Internet wird jedoch durch soziale und personale Faktoren vermittelt. So neigen sozial ängstliche Personen eher zum Gebrauch des
PC/Internets als Mittel zu einer Distanzierung von der Realität (Hertel et al., 2005) und
es finden sich vermehrt exzessive Nutzer in unteren, bildungsfernen Schichten (Pfeiffer
et al., 2007; Rehbein et al., 2009). Entsprechend finden sich unter exzessiven
PC/Internetnutzern erste Hinweise auf psychopathologische Auffälligkeiten (Hahn &
Jerusalem, 2001). Die Entstehung eines dysfunktionalen PC-/Internetgebrauchs ist vor
allem dann zu erwarten, wenn eine Person in einer konkreten Lebenssituation über zu
geringe persönliche und/oder soziale Ressourcen verfügt. Die Attraktivität der Medienangebote und das Fehlen von befriedigenden Alternativen im Alltagsleben bzw. die
mangelhafte Nutzung vorhandener Ressourcen bedingen einen exzessiv-dysfunktionalen Umgang mit den Neuen Medien.
1.2
Pathologischer PC-/Internetgebrauch
Der pathologische PC-/Internetgebrauch muss im Gegensatz dazu als eine dauerhafte
psychische Störung im Sinne des Vulnerabilitätskonzeptes angesehen werden. Eine
vulnerable Persönlichkeit und/oder depravierende Lebensbedingungen bilden das komplexe Bedingungsgefüge für die Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung dieses
klinischen Störungsbildes. Das Medium PC/Internet mit seinen besonderen Eigenschaften kann deshalb nicht isoliert als Verursacher eines problematischen oder pathologischen Prozesses angesehen werden (Petry, 2010).
1.3
Häufigkeit der Problematik
Einen Überblick über die internationalen Studien geben Festl und Mitarbeiter (2012).
Die erste auf den deutschen Sprachraum bezogene epidemiologische Studie von Hahn
und Jerusalem (2001) war eine Online-Studie (N = 7.091) mittels der Internetsuchtskala (ISS), die nach Korrektur (Alter und Geschlecht) für eine repräsentative deutsche
„Internetbevölkerung“ zu einer Prävalenzschätzung von 5,9 % „gefährdeten Personen“
und 2,7 % „Internetsüchtigen“ kam. Die erste für Deutschland repräsentative Bevölkerungsstudie von Rumpf und Mitarbeitern (2011) kam mittels der deutschsprachigen
Version der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) auf eine geschätzte 12-MonatsPrävalenz (N = 15.024) von 1,5 % „Internetabhängigkeit“ in der Bevölkerung. Aufgrund
einer Latent Class-Analyse wurde eine Gruppe von 1 % mit Extremwerten in dem
Screening-Fragebogen identifiziert. Die „Validierung“ der Ergebnisse mittels einer
Nachbefragung der als auffällig klassifizierten Personen mittels der Kriterien des
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DSM-5 (Bischof et al, 2013) ist als zirkulär zu betrachten, da es sich um ähnliche Items
wie bei dem ursprünglichen Screening-Instrument handelt. Eine neuere repräsentative
Studie (N = 4.500) mit deutschen PC/Internetspielern mittels der Game Addiction Scale
for Adolescents (GAS) kam zu einer wesentlich niedrigeren Prävalenzschätzung von 3,7
% „problematischen Nutzern“ und 0,2 % „Abhängigen“ (Festl et al., 2012).
Die bisherigen epidemiologischen Studien kommen aufgrund von Unterschieden der
eingesetzten Screening-Verfahren und der untersuchten Stichproben sowie verschiedener Kriterien bei der Klassifikation als „internetsüchtig“ zu sehr unterschiedlichen Prävalenzschätzungen (0,2 % bis 2,7 %). Sie teilen jedoch alle einen grundlegenden methodischen Mangel, da in allen Untersuchungen der gewählte Cut-off-Point des jeweils
eingesetzten Screening-Instrumentes klinisch nicht validiert war, da keine persönliche
Untersuchung der Verdachtsfälle erfolgt ist, um zu klären, ob das klinische Störungsbild
eines pathologischen PC-/Internetgebrauchs auch wirklich vorlag.
1.4
Behandlungsnachfrage und -angebot
Seit Ende der 1990er Jahre hat sich in Deutschland eine zunehmende, jedoch noch
geringe Behandlungsnachfrage in Bezug auf den pathologischen PC-/Internetgebrauch
entwickelt (Petersen & Thomasius, 2010). Aus den beiden AHG Kliniken Münchwies und
Schweriner See wurden erste Fallstudien (Petry, 2003; Keyserlingk, 2004), deskriptive
klinische Studien (Petry, 2010) und Verlaufsuntersuchungen (Schuhler et al., 2011) in
Bezug auf indikative Programme für pathologische PC-/Internetgebraucher (Sobottka,
2010; Schuhler & Vogelgesang, 2011) veröffentlicht.
Das im Folgenden dargestellte Behandlungskonzept der AHG Kliniken Daun Am Rosenberg orientiert sich an diesen Vorarbeiten.
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2.
Das Störungsbild
Das Störungsmodell wurde anhand von 100 klinischen Fällen entwickelt und an einer
klinischen Stichprobe psychometrisch evaluiert (Petry, 2010). Inzwischen liegen Vergleichsuntersuchungen mit unauffälligen PC/Internetnutzern (Kratzer, 2006; LampenImkamp & te Wildt, 2009) und klinischen Gruppen von Alkoholabhängigen und depressiven Störungen (Lampen-Imkamp & te Wildt, 2009) vor, die erste Hinweise auf die
Störungsspezifität des neuen Krankheitsbildes erbracht haben. Die von den AHG Kliniken Münchwies und Schweriner See im Auftrag der DRV-Bund durchgeführte größere
Vergleichsstudie von pathologischen PC-/Internetgebrauchern, pathologischen Glücksspielern, Alkoholabhängigen und psychosomatischen Patienten durch (Schuhler et al,
2013) konnte die Eigenständigkeit des neuen Störungsbildes belegen.
2.1
Psychopathologie
Die Exzessivität des Verhaltens ist das erste notwendige, jedoch nicht hinreichende
Merkmal. Klinisch auffällig ist neben der extrem hohen wöchentlichen PC/InternetAktivität, die außerschulisch oder außerberuflich erfolgt (im Extremfall bis zu 100
Stunden pro Woche), die Höchstdauer der ununterbrochenen PC/Internet-Aktivität bedeutsam. Es finden sich dazu Angaben von bis zu 30 oder gar bis 50 Stunden „am
Stück“, so dass auch der Konsum von aufputschenden Alltagsdrogen wie Kaffee und
Tabak, verschiedenen stimulierenden Medikamenten oder Rauschdrogen zum Störungsmuster gehören kann.
Das subjektive Erleben während der PC/Internet-Aktivität ist ein weiterer Aspekt der
Psychopathologie dieses Störungsbildes. Bei der zu beobachtenden Bewusstseinsveränderung steht besonders das Immersionserleben, d. h. die intensive Aufmerksamkeitsfokussierung auf die virtuelle Aktivität bei der die Wahrnehmung der Realität zurücktritt,
im Zentrum. Beim pathologischen PC-/Internetgebrauch handelt es sich nicht mehr nur
um eine „Zeitversunkenheit“, die allen Nutzern vertraut sein dürfte, sondern um eine
„vollständige Versunkenheit“. Dabei besteht eine anhaltende Bindung an die Gratifikationen der Online-Aktivität, nämlich die erlebten Kontroll- und Machtgefühle, die erfahrene Selbstwertsteigerung, das Erleben von Flow im Handlungsfluss, das Eingehen
besonders intimer (hyperpersonaler) Beziehungen und die soziale Anerkennung durch
virtuelle Partner und Gruppen. Auch durch die starke Identifikation des Nutzers mit
seinen virtuellen Darstellungen (z. B. einer beschönigenden Selbstrepräsentation), Repräsentanten (wie „coole Nicknames“), Stellvertretern (Avataren) etc. wird die Bindung
an dieses Medium verstärkt.
Weiterhin besteht beim pathologischen PC-/Internetgebrauch eine ausgeprägte Inkongruenz zwischen den Grundbedürfnissen nach Kontrolle, Selbstwerterhöhung, Bindung
und Lust-/Unlustregulation auf der einen Seite und der Wahrnehmung von Möglichkeiten zur Befriedigung dieser Bedürfnisse in der realen Welt auf der anderen Seite. Es ist
anzunehmen, dass diese „Störung der Konsistenzregulation“ die seelische Funktionsfä-
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higkeit entsprechend dem neuropsychologischen Modell von Grawe (2004) beeinträchtigt. Auf diesem Hintergrund entwickeln sich eine depressive Selbstwertstörung und
sozial-phobische Tendenzen. Für die Dauer der Online-Aktivität besteht jedoch das trügerische Gefühl, dass die frustrierten Grundbedürfnisse in der virtuellen Welt befriedigt
werden und dadurch ein sinnhafter Weltbezug hergestellt wird.
Als gravierendstes und auffälligstes Merkmal erscheint bei pathologischen PC-/
Internetgebrauchern die soziale Isolierung des Betroffenen von seiner Umwelt. Dieser
gestörte Bezug zur unmittelbaren Umgebung ist durch einen Rückzug in die häusliche,
ganz auf die Online-Aktivität ausgerichtete, unwirtliche Wohnsituation gekennzeichnet. Soziale Beziehungen werden abgebrochen oder extrem eingeschränkt, auch die zu
nahen Bezugspersonen. Der Betroffene „flüchtet“ sich in eine virtuelle Erlebnis- und
Beziehungswelt. Diese sozial-ängstliche Vermeidungstendenz kann durch frustrierende
bis traumatisierende Erfahrungen begründet worden sein. Aus der „Versunkenheit“ wird
eine als „Verlorenheit“ zu bezeichnende Abkehr von der Realität, in der der Betroffene
für Bezugspersonen nur noch schwer erreichbar erscheint. Es resultiert somit eine dauerhafte Präferenz des Betroffenen für den virtuellen Erlebnismodus unter Vernachlässigung realer Bindungen, Erfahrungen und Bezüge.
Eine klinische Besonderheit des Störungsbildes besteht in der bereits von Six und Mitarbeitern (2005) für den dysfunktionalen PC-/Internetgebrauch beschriebenen Reduzierung der Selbstkontroll- und Selbstregulationsfähigkeit. Die Online-Aktivität läuft
als unbewusste, automatisierte Handlungsroutine ab. Durch die besonderen Gratifikationen der Online-Aktivität mit einem überwertigen Immersionserleben etabliert sich
eine Gewohnheit, die zur Verdrängung alternativer Erfahrungen und Erlebnismöglichkeiten in der Realität führt. Die ohnehin eingeschränkte psychische Funktionsfähigkeit
wird weiter geschwächt, die Handlungsweise weniger kontrolliert und unreflektierter.
So entstehen Teufelskreise der reduzierten Selbstkontroll- und Selbstregulationsfähigkeit.
Als Folge des exzessiven Verhaltensmusters zeigen sich gravierende negative Beeinträchtigungen körperlicher Art, wie die Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus und eine
Vernachlässigung des äußeren Erscheinungsbildes. Psychische Folgen können hinzukommen, wie depressive Verstimmungen, soziale Ängste, gesundheitsschädigendes Essverhalten und süchtige Verhaltensmuster. Der Betroffene kann soziale Nachteile erfahren, wie den Abbruch von schulischen und beruflichen Ausbildungen oder einen Verlust
der Arbeitsstelle.
2.2
Komorbidität
Die mit dem Störungsbild verbundenen Beeinträchtigungen der seelischen Gesundheit
spiegeln sich in hohen Komorbiditätsraten wieder. Es finden sich vorwiegend depressive
Störungen und (soziale) Angststörungen, ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörungen, Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen sowie Essstörungen mit Adipositas.
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Daneben sind Suchterkrankungen, insbesondere die Tabak-, Alkohol- und Cannabisabhängigkeit sowie seltener das pathologische Glücksspielen, vorherrschend. Durch die
mit der exzessiven Online-Aktivität verbundenen einseitig aktivierten neuronalen Bahnungsmuster, die zu Einschränkungen der Erlebnisfähigkeit führen (Spitzer, 2005;
Bergmann & Hüther, 2006), können die depressiven Verstimmungen, sozialen Ängste
und das Ausweichen in süchtige Entlastungsreaktionen noch verstärkt werden. Zur
Klärung der komplexen Wechselwirkung von ursächlich bestehenden und aus der exzessiven Online-Aktivität als Folge resultierenden psychischen Auffälligkeiten bedarf es
jedoch umfangreicher entwicklungspsychopathologischer Untersuchungen.
Die hier vorgeschlagenen Kriterien zur Diagnose des pathologischen PC-/Internetgebrauchs werden im Folgenden noch einmal zur besseren Übersicht zusammengefasst:
Kriterien des pathologischen PC-/Internetgebrauchs
•
•
•
•
•
•
•
2.3
exzessive Online-Aktivität (Gamen, Chatten, Surfen)
überwertiges Immersionserleben
Frustration psychosozialer Grundbedürfnisse
sozialer Rückzug und Abbruch naher Beziehungen
reduzierte Handlungskontrolle
typische Konstellation negativer körperlicher, psychischer und sozialer Folgen
hohe Komorbiditätsrate, insbesondere depressive Störungen, Angststörungen und
Suchtverhalten
Ätiologie
Zur Begründung der nosologischen Selbstständigkeit des pathologischen PC-/Internetgebrauchs als neues Störungsbild müssen die spezifischen ursächlichen Bedingungsfaktoren benannt werden. Dabei ergibt sich die grundsätzliche Schwierigkeit, dass im
Rahmen eines komplexen Prozessmodells keine direkten Kausalbeziehungen bestehen.
Die für das Störungsbild beschriebenen Bedingungsfaktoren können auch zu anderen
psychischen Auffälligkeiten führen oder durch Schutzfaktoren kompensiert werden, so
dass gar keine Auffälligkeiten auftreten können. Es finden sich jedoch erste empirische
Hinweise für eine Störungsspezifität des pathologischen PC-/Internetgebrauchs Im
Folgenden werden diese typischen Bedingungskonstellationen des Störungsbildes beschrieben.
Umweltbezogene Bedingungen: Im Hinblick auf den stark gestörten Umweltbezug von
pathologischen PC-/Internetgebrauchern lassen sich verschiedene Systemebenen nach
Bronfenbrenner (1977) betrachten. Das Makrosystem betrifft die ökonomischen, sozialen, rechtlichen, politischen und erziehungsbezogenen Rahmenbedingungen. Dazu ist
festzustellen, dass die derzeitige „Übergangsgesellschaft“ durch eine zunehmende individuelle Entfremdung gekennzeichnet ist, die darüber hinaus keine verlässliche und
dauerhafte Entwicklungsperspektive bietet (Zinnecker, 2005). Auf der Mesoebene fin-
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den wir eine zunehmende Polarisierung (Heidmeyer, 1997) in Arme und Reiche, bildungsnahe und bildungsferne Schichten und integrierte und nicht integrierte Migranten, was zur Folge hat, dass viele Kinder und Jugendliche unter prekären Lebensbedingungen aufwachsen. Auf der Mikroebene sind Kinder und Jugendliche mit einem Bildungssystem konfrontiert, das viele Heranwachsende zu Leistungsversagern werden
lässt (Waldrich, 2007). Häufig sind sie familiären Lebensumständen ausgesetzt, die
traumatisieren können. Auf der Grundlage dieser Ausgangsbedingungen entsteht eine
Risikogruppe, für die das Medium PC/Internet angesichts der täglich erlebten Frustrationen sehr attraktive Erlebnisangebote bietet, die eine eskapistische Ersatzfunktion erfüllen können.
Entwicklungspsychopathologische Bedingungen: Auf dem Hintergrund der Bindungstheorie von Bowlby (1993) kann angenommen werden, dass eine unsichere Bindungsrepräsentation als Grundlage des pathologischen PC-/Internetgebrauches anzusehen
ist. Diese führt zu Einschränkungen des Selbstwerts und der Beziehungsfähigkeit sowie
einer verminderten Neugier auf reale Gegebenheiten (Spangler & Zimmermann, 1999).
So wird eine entwicklungspsychopathologische Grundlage für komorbide psychische
Störungen gebildet. In welchem Umfang und mit welchem Gewicht diese Störungen
Ursache, Begleiterkrankungen oder Folge des pathologischen PC-/Internetgebrauchs
sind, lässt sich im Rahmen des komplexen Bedingungsgefüges derzeit schwer beantworten, da bisherige Studien lediglich kleine klinische Stichproben im Querschnitt erfasst haben.
Nach bisherigen klinischen Erfahrungen (Petry, 2010, Schuhler & Vogelgesang, 2011)
lässt sich annehmen, dass sich aufgrund der unsicheren Bindungsorganisation in der
Pubertät und Adoleszenz eine personale und soziale Identitätsstörung entwickelt hat.
Der pathologische PC-/Internetgebrauch wurzelt hier in einem dynamischen Rückkopplungssystem von dispositionellen (Bindungsstörung), altersbedingten (Identitätsentwicklung) und umweltbezogenen (fehlende Lebensperspektiven, Angebot der Neuen
Medien) Einflussfaktoren.
Neurobiologische Bedingungen: Es finden sich derzeit keine Hinweise darauf, dass
dem Störungsbild primäre Defizite des organischen Systems im Sinne erblicher oder
prä- bzw. postnataler Schädigungen zugrunde liegen. Unter neuropsychologischem
Gesichtspunkt (Grawe, 2004) kann vermutet werden, dass bei einer Kombination sozial
stark frustrierender Lebensbedingungen und gleichzeitig fehlender personaler und sozialer Ressourcen eine mangelhafte oder einseitige Befriedigung der Grundbedürfnisse
(Bindung, Kontrolle, Selbstwerterhöhung, Lust-/Unlustregulation) erfolgt. Eine solche
Inkongruenz zwischen motivationalen Zielen und der Wahrnehmung realer Befriedigungsmöglichkeiten verweist nach Grawe auf eine Störung der Konsistenzregulation,
die zu Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit führt. Diese dauerhafte Inkonsistenz kann als allgemeine neuropsychologische Grundlage des pathologischen PC/Internetgebrauches angesehen werden. Welche spezifischen neurobiologischen Besonderheiten bei pathologischen PC-/Internetgebrauchern im Vergleich zu anderen psychischen Störungen bestehen, bedarf weiterer Forschung.
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2.4
Pathogenese und Chronifizierung
Soll die Aktualgenese, d.h. der Entwicklungsprozess im aktuellen Lebensbezug, eines
betroffenen pathologischen PC-/Internetgebrauchers analysiert werden, muss das Störungsbild mit allen seinen Erscheinungsformen (Gamen, Chatten, Surfen) als Spielhandlung begriffen werden. Dabei lässt sich feststellen, dass der pathologische PC-/Internetgebrauch alle Merkmale des kindlichen Spiels zeigt (Oerter, 2008). Neben den strukturellen Merkmalen (Selbstzweck, Wechsel des Realitätsbezuges, Wiederholung und
symbolisch transformierter Gegenstandbezug) zeichnet sich die virtuelle Aktivität durch
ein Überwiegen der Phantasie gegenüber dem Realitätsbezug im Sinne der „eingebildeten Situation“ nach Wygotzki (1980) aus. Wie beim kindlichen Spiel kann die PC- und
Internet-Aktivität die Funktion erfüllen, eine erlebte Unterlegenheit und Minderwertigkeit durch illusionäre Wunscherfüllungen zu kompensieren. Von einer psychogenetischen Betrachtungsweise aus gesehen handelt es sich bei diesem Störungsbild um eine
Regression, d. h. eine Zurückentwicklung von einem bereits erreichten Entwicklungspunkt auf ein früheres Entwicklungsstadium (La Plance & Pontalis, 1975).
Nach der Individualpsychologie von Adler führt ein Minderwertigkeitskomplex zu überkompensierenden Ausgleichsmechanismen (Adler, 1974). Das bedeutet, dass frustrierte
Grundbedürfnisse zu einer überstarken Ausbildung von Motiven nach Leistung, Kontrolle und sozialer Anerkennung führen. Gemäß der Lewin’schen Verhaltensgleichung, nach
der innere Bedürftigkeiten und äußere Anreize in wechselseitiger Beziehung stehen
(Lewin, 1982), bildet eine solche innere Bedürfnisstruktur in Verbindung mit den Anreizen des Mediums PC/Internet eine „passgenaue“ Verhaltensoption. Bei allen Erscheinungsformen des pathologischen PC-/Internetgebrauchs (Gamen, Chatten, Surfen) bestehen Möglichkeiten, die Bedürfnisse der Selbstwerterhöhung, Kontrollausübung und
sozialen Bindung rasch und jederzeit mittels der medialen Angebote zu befriedigen.
Im weiteren Entwicklungsprozess des pathologischen Spielverhaltens erhält das Medium PC/Internet nach Oerter (2008) eine zunehmende subjektive Valenz. Es erfolgt also
eine sehr enge Bindung an den Spielgegenstand, der nur unter dem Aspekt der Befriedigung eigener Bedürfnisse wahrgenommen wird. Oerter verweist in diesem Zusammenhang auf das Konzept des „Übergangsobjektes“ von Winnicott (1978), bei dem ein
Objekt, z. B. eine Kuscheltier, in Phasen der Trennung die Bezugsperson ersetzt, um
Angst abzuwehren. Das Medium PC/Internet wird in ähnlicher Weise zum begehrten
universellen Lieblingsspielzeug und bedingt so eine dauerhafte Präferenz für die virtuelle Bedürfnisbefriedigung. Die eigentliche, übergeordnete Funktion des Spiels, sich
symbolisch mit existentiellen Lebensanforderungen auseinander zu setzen, wird so auf
virtuelle, für die Realität nebensächliche, Herausforderungen bezogen und verabsolutiert. Allerdings geschieht dies auf Kosten der Bewältigung realer Lebensanforderungen.
Diese Passung zwischen defizitärer innerer Bedürfnisstruktur und dem umfassenden
Befriedigungsangebot der Kombination aus PC und Internet bildet ein Kernelement der
psychischen Ursachen des Störungsbildes.
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Hinsichtlich der chronifizierenden Bedingungen ist es sinnvoll, ein handlungstheoretisches Kontrollmodell zu betrachten (Brandtstedter, 2001). Dieses nimmt an, dass während einer Handlung eine intentionale, Sinn gebende Handlungsabfolge der Schritte
Planung, Vollzug und Bewertung stattfindet. Diesen liegt ein komplexes System bewusster und unbewusster Prozesse zugrunde, das unterschiedliche Funktionsebenen
unseres Gehirns betrifft (Roth, 2007), wobei sich die Handlungstheorie primär auf die
kognitive Ebene des planerischen Verhaltens bezieht (Thagard, 1999). Die Chronifizierung des pathologischen PC-/Internetgebrauchs lässt sich auf diesem Hintergrund als
eine zunehmende Einschränkung von Handlungsoptionen verstehen. Wie bereits von
Six et al. (2005) beschrieben wurde, beziehen diese Optionen zunehmend die Nutzung
von PC und Internet unter Vernachlässigung alternativer Möglichkeiten ein.
2.5
Nosologie
Das neue, eigenständige Störungsbild des pathologischen PC-/Internetgebrauchs kann
innerhalb des psychiatrischen Klassifikationssystems ICD-10 (Dilling et al., 1991) in den
Bereich der Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen eingeordnet werden. Dieser Bereich (F60 – F69) wird wie folgt definiert: „Dieser Abschnitt enthält eine Reihe von klinisch wichtigen, meist lang anhaltenden Zustandsbildern und Verhaltensmustern. Sie
sind Ausdruck des charakteristischen Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person
und zu anderen Menschen. Einige dieser Zustandsbilder und Verhaltensmuster entstehen früh im Verlauf der individuellen Entwicklung als Folge konstitutioneller Faktoren
wie auch sozialer Erfahrungen, während andere später im Leben erworben werden.“ (a.
a. O.: S. 210).
Das Verhaltensmuster des pathologischen PC-/Internetgebrauchs kann in diesem allgemeinen Sinne als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgefasst werden. Dabei
handelt es sich nicht um eine der spezifischen Persönlichkeitsstörungen im engeren
Sinne (Fiedler, 2000). Konkret handelt es sich um eine Bindungsstörung, die in der
Kindheit verwurzelt ist, wobei das stark ausgeprägte soziale Rückzugsverhalten als dominierendes Verhaltensmuster hervortritt. Es liegt demnach eine entwicklungspsychopathologische Störung der zwischenmenschlichen Beziehungen vor. Unter diesen Begriff gefasst, ist das Störungsbild der Kategorie „andere näher bezeichneten Persönlichkeits- und Verhaltensstörung“ (F68.8) zuzuordnen.
2.6
Typologie und Pathoplastik
Empirische Untersuchungen zur Typologie des pathologischen PC-/Internetgebrauchs
liegen angesichts der kleinen Fallzahlen noch nicht vor. Derzeit bietet sich deshalb eine
Charakterisierung unter Berücksichtigung der jeweils dominierenden Online-Aktivität
an.
Am häufigsten in Behandlung sind derzeit Gamer, die vor allem Mehrpersonen-OnlineRollenspiele, seltener Ego-Shooter-Spiele, bevorzugen. Es handelt sich bei dieser Klien-
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tel vorwiegend um junge Männer, die in der Pubertät mit der exzessiven OnlineAktivität begonnen haben. Die Funktionalität des pathologischen Spielverhaltens bezieht sich auf die leistungsorientierte Meisterung von Kampfwettbewerben und die
soziale Anerkennung durch die virtuelle Gruppe von Gefährten. Bei der zweiten, jedoch
kleineren Untergruppe der Chatter, dominieren zu Zeit Mädchen und Frauen. Es werden
vor allem Chatrooms und Social Communities bevorzugt, in denen der soziale Austausch sowie der Aufbau von intimen Beziehungen angestrebt wird. Neben diesen zwei
Hauptformen gibt es Sonderformen wie das leistungsbezogene Offline-Gamen, das
ziellose Surfen oder endlose Herunterladen von Videos und Musiktiteln.
Aufgrund der ständig fortschreitenden Entwicklung und Verbreitung der Neuen Medien
ist auch mit einem historischen Wandel des Störungsbildes im Sinne pathoplastischer
Veränderungen zu rechnen. Bereits jetzt kann beobachtet werden, dass ältere Patienten, die noch nicht mit dem Medium PC/Internet groß geworden sind, das Störungsbild
erst im Erwachsenenalter entwickelt haben, während die jüngeren Patienten, die von
Kindesbeinen an mit den Neuen Medien Umgang hatten, bereits während der Pubertät
und Adoleszenz ein exzessives PC/Internet-Nutzungsmuster ausgebildet haben. Bei
dieser neuen Patientengeneration ist die Identitätsentwicklung und soziale Beziehungsbildung viel deutlicher von der virtuellen Erlebnisweise geprägt und weniger in
realen Erfahrungen verwurzelt als dies bei den älteren Patienten der Fall gewesen ist.
2.7
Differentialdiagnostik
Differentialdiagnostisch ist die Abgrenzung des pathologischen PC-/Internetgebrauchs
vom pathologischen Internet-Glücksspielen (F 63.0) und der pathologischen Hypersexualität (F 52.7) erforderlich. Es kann bei diesen beiden Süchten eine zeitlich exzessive
PC/Internetnutzung auftreten, die allerdings kein hinreichendes Kriterium zur Diagnose
eines pathologischen PC-/Internetgebrauchs darstellt. Die PC/Internet-Aktivität ist lediglich Mittel zum Zweck, d. h. es findet keine dauerhafte Bindung an den virtuellen
Erlebnismodus statt. Es geht lediglich darum, die zugrunde liegende Glücksspielsucht
oder sexuelle Abhängigkeit mit Hilfe entsprechender Angebote, die heutzutage ebenfalls Online verfügbar sind, zu befriedigen. Entsprechend treffen die beschriebenen
Symptome des pathologischen PC-/Internetgebrauchs nicht zu.
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3.
Diagnostik
Inzwischen existieren einige Screening-Fragebogen zum pathologischen PC-/Internetgebrauch. Diese orientieren sich an den Kriterien für stoffgebundene Suchterkrankungen (vorrangige Beschäftigung mit dem Medium PC/Internet, Toleranzentwicklung,
starkes Verlangen, Kontrollverlust, Entzugserscheinungen etc.), wie sie von Ko und Mitarbeitern (2005) vorgeschlagen wurden. Von den bisher veröffentlichten Verfahren im
deutschsprachigen Bereich orientieren sind die Internetsuchtskala (ISS) von Hahn und
Jerusalem (2001) und die Skala zum Computerspielverhalten (CSV-S) von Wölfling und
Mitarbeitern (2011) an diesem Suchtkonzept. Beide Skalen sind jedoch klinisch nicht
validiert.
Die AHG Kliniken Daun Am Rosenberg verwenden als Screening-Verfahren den Kurzfragebogen zu Problemen beim Computergebrauch (KPC) von Petry (2003, 2010), der sich
an dem dargestellten entwicklungspsychopathologischen Modell des pathologischen
PC-/Internetgebrauchs orientiert (siehe im Anhang). Der Fragebogen erfasst das Immersionserleben, die Funktionalität des PC-/Internetgebrauchs und die körperlichen, psychischen und sozialen Nachteile des Problemverhaltens. In der Vergleichstudie von pathologischen PC-/Internetgebrauchern mit pathologischen Glücksspielern, Alkoholabhängigen und psychosomatisch Erkrankten (Schuhler et al, 2013) hat sich ein klinisch
validierter Cut-off-Point von 28 bei einer Spannbreite von 0 bis 60 Wertpunkten ergeben. Der Fragebogen weist zudem gute testkonstruktive Merkmale auf und ist klinisch
validiert (Schwarz et al., 2013).
Bei der Diagnosestellung werden die entsprechenden Kriterien des pathologischen PC/Internetgebrauchs im klinischen Interview erfasst.
Kriterien des pathologischen PC-/Internetgebrauchs
•
•
•
•
•
•
•
exzessive Online-Aktivität (Gamen, Chatten, Surfen)
überwertiges Immersionserleben
erhöhte „Inkongruenz“
sozialer Rückzug und Abbruch naher Beziehungen
reduzierte Handlungskontrolle
typische Konstellation negativer körperlicher, psychischer und sozialer Folgen
hohe Komorbiditätsrate, insbesondere depressive Störungen, Angststörungen und
Suchtverhalten
Dabei erfolgt eine Erfassung der Funktionalität des pathologischen PC/Internetgebrauchs mittels einer speziellen Anamnese (siehe im Anhang), die Klärung
der Genese und Ätiologie des Störungsbildes sowie die klinische und testpsychologische
Diagnostik der Persönlichkeit, kognitiven Leistungsfähigkeit und von bestehenden Komorbiditäten.
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Zielgruppenkonzept „Stationäre Rehabilitation für Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch“
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Diagnostisches Vorgehen
•
•
•
•
•
•
•
•
Fragebogen-Screening (KPC)
Spezielle Anamnese zum PC-/Internetgebrauch
Erfassung der Bindungsorganisation
Erfassung der Intensität der virtuellen Erlebnisweise
Diagnostik der Persönlichkeit (Selbstkontrolle, psychische Stabilität, Selbstwert,
motivationale Grundbedürfnisse
Testdiagnostik der kognitiven und intellektuellen Leistungsfähigkeit
Erhebung der negativer körperlicher, psychischer und sozialer Folgen
Diagnose komorbider Störungen
4.
Allgemeine Therapie
4.1
Indikation und Behandlungsdauer
Das vorliegende Konzept richtet sich an Patienten, bei denen nach eingängiger Diagnostik die Diagnose eines pathologischen PC- und Internetgebrauchs feststeht. Patienten im Alter ab 18 Jahren können an diesem Programm teilnehmen. Jüngere Patienten fallen z. B. in das Behandlungsgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Behandlungsdauer liegt in der Regel bei bis zu 12 Wochen, die je nach Schweregrad der
Erkrankung ggf. zu verlängern ist. Die entsprechenden Budgetvorgaben der Leistungsträger zur Behandlungsdauer werden beachtet.
4.2
Therapeutisches Grundkonzept
Das hier vorgelegte Konzept zur stationären Rehabilitation für Patienten mit pathologischem PC- und Internetgebrauch ist eingebettet in das Rahmenkonzept der AHG Kliniken Daun, Allgemeine Hospitalgesellschaft AG (AHG), in der letzten Überarbeitung vom
10.02.2014 sowie in das Behandlungskonzept der Abteilung Psychosomatik der AHG
Kliniken Daun Am Rosenberg in der letzten Überarbeitung vom 02.07.2012 sowie das
Behandlungskonzept der Abteilung Abhängigkeitserkrankungen in der letzten Überarbeitung vom 12.03.2007.
4.3
Therapieorganisation
Die Behandlung der Patienten erfolgt in der Abteilung Psychosomatik bzw. bei gegebener stoffgebundener Abhängigkeitsstörung bzw. Suchtproblematik in der Abteilung
Abhängigkeitserkrankungen in den AHG Kliniken Daun Am Rosenberg in einer jeweils
eigens dafür konzipierten Therapiegruppe mit 10 bis 12 Patienten. Diese Gruppe wird
jeweils von einem eigens für diese Patientenklientel ausgebildeten psychologischen
Bezugstherapeuten, einem entsprechend auf das Krankheitsbild geschulten Arzt sowie
mit der speziellen Behandlungsindikation geschulten therapeutischen Mitarbeitern aus
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den Bereichen Sozio-, Ergo-, Sport- und Bewegungs- und Physikalischer Therapie behandelt.
Die Therapie ist organisiert in einzel- und gruppenpsychotherapeutische Therapieangebote auf der Grundlage eines verhaltensmedizinisch-verhaltenstherapeutischen Behandlungsansatzes.
4.4
Therapiebausteine
Neben Einzel- und Gruppentherapie werden Sozio-, Ergo-, Sport- und Bewegungstherapie, Physikalische Therapie und Angehörigenarbeit im Hinblick auf die individuellen
Therapieziele der Patienten maßgeschneidert angeboten.
4.5
Therapieziele
Im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung besteht das übergeordnete Ziel in einer
Wiederherstellung der psychischen und körperlichen Gesundheit des Patienten sowie
einer Wiederherstellung von Arbeits- und Leistungsfähigkeit mit dem Ziel der sozialen
und beruflichen Reintegration.
Individuelle Ziele sind für den jeweiligen Patienten zu formulieren. Im Regelfalle umfassen sie einen Ausbau sowie die Verbesserung einer funktionalen Medienkompetenz,
die Verbesserung der Körperwahrnehmung und des Körperbewusstseins, die Stärkung
und Verbesserung von Frustrationstoleranz und emotionaler Regulationsfähigkeit, der
Selbstwertsteigerung, der Entwicklung einer reiferen Identität, des Aufbaus und der
Verbesserung kommunikativer Kompetenzen sowie des Aufbaus und der Verbesserung
kreativer und kognitiv intellektueller Kompetenzen.
5.
Störungsspezifische Therapie
5.1
Symptomorientierte Therapie
5.1.1 Entwicklung von Medienkompetenz (Ampelmodell)
Da es sich beim exzessiven PC-/Internetgebrauch um die Ausbildung einer starken Gewohnheit handelt, bei der ein wenig reflektiertes, eher spontanes und durch medienbezogene Hinweisreize ausgelöstes Handlungsmuster vorliegt (Six et al., 2005), ist zu
Behandlungsbeginn eine „Auszeit“ von jeglicher PC/Internet-Aktivität notwendig. Bei
dieser konfrontativen Anforderung muss mit erheblichen Widerständen seitens der Betroffenen gerechnet werden, da aufgrund der starken Bindung an das Medium
PC/Internet Verlustängste aktiviert werden. Dies kann zu weiteren Ängsten, depressiven
Reaktionen und Rückzugstendenzen führen. Überraschende Eingriffe von Außenstehenden können Ärger- und Wutreaktionen zur Folge haben.
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Liegt ein pathologisches Nutzungsmuster vor, so ist eine dauerhafte Trennung von der
zentralen PC/Internetaktivität (Gamen, Chatten etc.) zwingend erforderlich. Die Klärung
des „Ausstiegs“ sollte im Rahmen eines Vertragsmanagements erfolgen. Im Anhang
findet sich eine entsprechende Zusatzhausordnung.
Die notwendige, endgültige Löschung des Spiel-Accounts oder Verabschiedung aus
einem speziellen Chatroom zu Beginn der Behandlung stellt für die Patienten eine hohe
Anforderung dar. Insbesondere bei Gamern ist zu klären, wie mit deren Account zu verfahren ist. Dieser ist für Betroffene mit einem erheblichen (auch finanziellen) Wert
verbunden, da sie sehr viel Arbeit in die erreichten Spiellevels und die Aneignung von
Kräften gesteckt haben. Im ersten Behandlungsabschnitt sollte daher möglichst auf
einer Entscheidung zum dauerhaften Verzicht bestanden und dabei ausgeschlossen
werden, dass der Account an Freunde verschenkt wird, was einen möglichen Wiedereinstieg erleichtern würde. Die Patienten werden aufgefordert, entsprechende Unterlagen wie ihre E-Mail-Adresse, die Geheimfrage, den CD-Key und einen gültigen Personalausweis in die Behandlung mitzubringen. Mithilfe des Formblatts Löschen eines
Accounts (siehe Anhang) können sich Gamer bei der Firma, die das entsprechende Spiel
vertreibt, schriftlich abmelden. Eine analoge Abmeldungsroutine sollte bei Betroffenen
vom Chatting-Typ aus dem jeweils problematischen Chatroom erfolgen. Da Absprachen
durch den Betroffenen jedoch umgangen oder rückgängig gemacht werden können, ist
für ihre Verbindlichkeit die Qualität der therapeutischen Beziehung entscheidend.
Sobald Patienten mit diesem konkreten Vorgehen konfrontiert werden, ergibt sich als
spontane Erstreaktion tiefes Erstaunen bis Erschrecken und es bedarf erheblicher Motivationsarbeit, diesen ersten Schritt zu vollziehen. Auf dem Hintergrund des bindungstheoretischen Störungsmodells lässt sich der erste Behandlungsabschnitt als „Trauerarbeit“ auffassen. Dabei kann es hilfreich sein, wenn zusammen mit dem Patienten in der
Einzel- oder Gruppentherapie ein ritueller Abschied vollzogen wird. Die technische Abmeldung eines Accounts sollte derartig vorbereitet werden, dass sich der individuelle
Avatar in seiner virtuellen Gemeinschaft verabschiedet oder im Chatroom einen Abschiedsgruß, eventuell mit Begründung, an die virtuellen Partner und deren Gemeinschaft hinterlässt. Der Abschiedsprozess sollte dadurch gefördert werden, dass bereits
in dieser Behandlungsphase alternative reale Erfahrungen zur Verfügung gestellt werden, um eine emotional getragene Perspektive für die reale Welt in Aussicht zu stellen.
Das symptomorientierte Behandlungsziel bei pathologischem PC-/Internetgebrauch
orientiert sich nicht an dem für Suchterkrankungen gültigen Abstinenzprinzip. Da es
sich bei diesem neuen Störungsbild um eine Einschränkung der Medienkompetenz handelt, muss ein funktionaler Umgang mit den Neuen Medien erlernt werden, da diese
unseren privaten, schulischen und beruflichen Alltag bestimmen. Es ist also anzustreben, einen moderaten, reflektiv-kontrollierten Umgang mit dem Medium PC/Internet zu
erwerben. Das symptomorientierte Vorgehen orientiert sich deshalb an dem sogenannten Ampelmodell. Mit Hilfe der Zielerklärung zum funktionalen Umgang mit dem
PC/Internet (s. im Anhang) wird individuell vereinbart, welche PC/Internetaktivitäten
eingestellt bzw. eingeschränkt werden müssen.
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Nach dem Ampelmodell wird nach einer vorübergehenden Auszeit von jeglicher
PC/Internet-Aktivität ein Tabubereich (rot) definiert, in den jegliche Aktivitäten fallen,
auf die verzichtet werden soll. Weitere Bereiche werden erarbeitet, die als gefährlich
(gelb) und als unproblematisch (grün) anzusehen sind.
Tabubereich (rot)
Der Tabubereich (rot) erfordert einen völligen Verzicht auf die darin eingeordneten,
individuell festzulegenden Aktivitäten. Bei Gamern umfasst dieser Bereich das Spielen
einschlägiger Spiele, bei Chattern den Besuch der bevorzugten Chatrooms. Surfer verzichten in diesem Zusammenhang darauf, sich auf berufsfremden oder für den Alltag
nicht erforderlichen Websites von Link zu Link zu bewegen bzw. spezielle bevorzugte
Foren aufzusuchen. Neben der bereits erwähnten Hauptkomplikation, dass eine völlige
Entsagung den Betroffenen sehr schwer fällt, kann der entgegen gesetzte Fall eintreten, dass Patienten aus Angst vor einem Rückfall dauerhaft jegliche
PC/Internetaktivität ablehnen wollen. Einer solchen übergeneralisierten oder
kontraphobischen Reaktion ist entgegenzuarbeiten, um die berufliche Reintegration
nicht zu gefährden.
Gefährlicher Bereich (gelb)
Während der vorübergehenden Einstellung der PC/Internetnutzung (von definierten
Ausnahmen abgesehen) ist im weiteren Verlauf der Behandlung zu erarbeiten, welche
Aktivitäten möglicherweise gefährlich (gelb) sind und bei deren Durchführung Vorsicht
geboten ist. In der Regel gehören dazu Online-Tätigkeiten, die alleine durchgeführt
werden, in einem abgeschlossenen Bereich zu Hause erfolgen und/oder längere Zeit
andauern. Für diese müssen auf den Einzelfall bezogen Maßnahmen zur kontrollierten
Nutzung formuliert werden. Konkrete Schritte beinhalten z.B. Regeln über eine zeitliche Begrenzung und/oder veränderte örtliche Ansiedlung der PC/Internet-Aktivität.
Ungefährlicher Bereich (grün)
Schließlich muss ein Tätigkeitsbereich definiert werden, der als unproblematisch (grün)
einzustufen ist. Dies betrifft in der Regel berufliche PC/Internet-Aktivitäten, aber auch
den Umgang mit diesem Medium im privaten Bereich, zu dem beispielsweise die Informationssuche für Schulaufgaben, Verabredungen per Email etc. gehört. Diese Freigabe
von bestimmten Aktivitäten ist erforderlich um unnötige private, schulische und berufliche Einschränkungen zu vermeiden, so dass die positiven Möglichkeiten der Neuen
Medien weiterhin genutzt werden können. Ein solches Vorgehen ist in der letzten Behandlungsphase zu etablieren. Es ist im Verlauf immer wieder neu zu überprüfen, ob
getroffene Vereinbarungen eingehalten werden oder aufgrund von eingetretenen Erlebnissen, die als Gefährdung erlebt werden, neue Festlegungen zu treffen sind.
Nach bisherigen klinischen Erfahrungen gelingt es Patienten, ihr Verhalten nach Abschluss der Behandlung dauerhaft an dem Ampelmodell auszurichten. Dieses Vorgehen
wurde inzwischen in einer Einjahreskatamnese an einer Stichprobe von 100 behandelten Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch evaluiert (Sobottka, 2013) und
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erbrachte in Bezug auf die Einstellung des Problemverhaltens (roter Bereich) vergleichbare Ergebnisse wie bei der Behandlung von Suchtkranken.
5.1.2 Nichtkonfrontative Motivierung
Ein weiterer übergeordneter Aspekt der symptomorientierten Behandlung betrifft die
Änderungsmotivation. Das Störungsbild des pathologischen PC-/Internetgebrauchs ist
dadurch charakterisiert, dass es zu einem Rückzug in virtuelle Welten gekommen ist, in
denen dem Betroffenen intensive unmittelbare Gratifikationen zur Verfügung stehen.
Es besteht somit das Grundproblem einer Orientierung auf die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung, indem sich kurzfristig belohnte Verhaltensweisen unter Inkaufnahme
langfristig negativer Folgen zu einem eskalierenden Verhaltensmuster verfestigen. In
diesem Prozess nimmt die für das Alltagsleben bedeutsame Fähigkeit zum Belohnungsaufschub schrittweise ab. Diese Kernproblematik ist auch bei Suchtkranken bekannt. Es
ist deshalb bei der symptomorientierten Behandlung auf die in der Suchttherapie entwickelte Behandlungsstrategie der nichtkonfrontativen Motivierung, die inzwischen
auch auf das psychotherapeutische Vorgehen verallgemeinert wurde, zurückzugreifen.
Die von Miller und Rollnick (2004) entwickelte motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing) geht davon aus, dass bei psychischen Störungen eine motivationale Ambivalenz vorliegt. Wie bereits von Siegmund Freud (1943) formuliert, wird auch
hier angenommen, dass ein Konflikt zwischen den mit einem Symptom verbundenen
Nachteilen (Leidensdruck) und den gleichzeitig vorhandenen Vorteilen (sekundärer
Krankheitsgewinn) vorliegt. Aus dieser Vorstellung heraus wurden später kognitive Kosten-Nutzen-Modelle zur Behandlungsmotivation (Krause, 1966) entwickelt, die von
Miller und Rollnick zu der bekannten „Waage-Metapher“ verarbeitet wurden. Nach
dieser kann man sich die Veränderungsmotivation als Ergebnis eines (Un)Gleichgewichts zwischen vier motivationalen Kräften vorstellen. Dafür, das Symptomverhalten beizubehalten, spricht sowohl der mit dem Problemverhalten verbundene
Beibehaltungsnutzen, d. h. die unmittelbar resultierenden kurzfristigen Belohnungen,
als auch die Veränderungskosten, d. h. die materiellen, psychischen und sozialen Aufwendungen, die mit einer Verhaltensänderung verbunden wären. Dagegen können die
Beibehaltungskosten, d. h. alle längerfristigen körperlichen, psychischen und sozialen
Nachteile, und der Veränderungsnutzen, d. h. alle Vorteile, die aus einer Überwindung
des Problemverhaltens resultieren würden, eine Veränderung des Symptomverhaltens
motivieren. Je nachdem, welche Kosten und Nutzen subjektiv überwiegen, fällt die Motivation der Betroffenen aus, ihr Verhalten zu ändern.
Die motivierende Gesprächsführung versucht mittels einer empathischen Grundhaltung
kognitiv-emotionale Dissonanzen in Bezug auf das Symptomverhalten zu entwickeln.
Diese sollen als „Motor“ für eine Veränderung der Problematik fungieren. In diesem
Veränderungsprozess, der die vier beschriebenen motivationalen Kräfte betrifft, gilt als
methodischer Grundsatz, bestehende Widerstände nicht zu verstärken. Das soll erreicht
werden indem direkte Konfrontationen vermieden werden und eine zunehmende
Selbstwirksamkeit aufgebaut wird. Der Therapeut versucht, mittels empathischen Zu-
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hörens und offener Fragen selbstmotivierende Aussagen des Patienten zu fördern, ihm
persönliche Rückmeldungen zu geben und bestehende Widerstände durch positive Umdeutungen abzubauen. Unter Betonung der Wahlfreiheit des Betroffenen werden die
kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile des Symptomverhalten und seiner Überwindung analysiert, um darauf aufbauend Pläne zur Verhaltensänderung unter fachlicher
Anleitung zu entwickeln.
Die motivierende Beratung (Motivational Counseling) ist eine Weiterentwicklung dieses
Vorgehens. Mit diesem entscheidungstheoretischen Motivationsansatz von Cox und
Klinger (2011) wird der Veränderungsprozess als bewusste Entscheidung zwischen Verhaltensalternativen konzipiert. Bezogen auf die vorliegende Problematik bedeutet das,
dass die medienbezogenen Verhaltensmuster mit ihren virtuellen Gratifikationen den
nichtmedienbezogenen Verhaltensweisen und Erlebnismustern mit ihren entsprechenden Belohnungen als wählbare Alternativen gegenübergestellt werden.
Im Mittelpunkt der beratenden Motivationsarbeit steht die Bearbeitung von „aktuellen
Anliegen“ („Current Concerns“), die bei jedem Betroffenen individuell in allen möglichen Lebensbereichen vorliegen können. Dem Patienten kann z.B. daran gelegen sein,
seine finanzielle Situation zu verbessern, seine körperliche Fitness zu verändern, neue
Freunde zu gewinnen oder Freizeitaktivitäten zu planen. Aus der Analyse der Wechselbeziehungen zwischen allen aktuellen Anliegen ergibt sich die Behandlungsstrategie.
Diese sieht vor, dass diejenigen „Current Concerns“ bearbeitet werden, deren Veränderung sich positiv auf andere Verhaltensbereiche auswirkt bzw. bei denen keine oder
geringe negative Folgen für andere Ziele zu erwarten sind. Aus diesem diagnostischtherapeutischen Prozess geht eine Motivation zur Veränderung des Problemverhaltens
hervor, denn dem Betroffenen wird so konkret deutlich gemacht, inwieweit seine exzessive PC/Internetaktivität mit der Veränderung wichtiger Anliegen in seiner aktuellen
und zukünftigen Lebenssituation im Widerspruch steht.
5.1.3 Rückfallprävention
Die zweite symptomorientierte Behandlungsstrategie bezieht sich auf die sozialkognitive Lerntheorie zur Rückfallprävention.
Das ursprüngliche sozial-kognitive Rückfallpräventionsmodell von Marlatt und Gordon
(1985) geht davon aus, dass durch überwiegenden Stress eine Rückfallgefährdung entsteht, indem Kognitionen (z. B. Gedanken an das Suchtmittel bzw. süchtige Verhalten)
und Verhaltensmuster (z. B. das Aufsuchen von früheren „Risikosituationen“) ausgelöst
werden, die in funktionaler Beziehung zum Suchtverhalten stehen. Unbewusst führt
dies zur Wiederaufnahme des Problemverhaltens (sog. „geplanter Rückfall“). Das damit
verbundene Versagenserlebnis (sog. „Abstinenz-Verletzungs-Effekt“) löst eine dauerhafte Reaktivierung der Symptomatik aus. Dieses Modell wurde auch auf Problemverhalten übertragen, das sich nicht auf das Abstinenzparadigma beziehen lässt. Ein Bei-
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spiel dafür ist die Verhinderung von „Rückfällen“ in alte Essgewohnheiten, um eine
diätetisch erzielte Gewichtreduktion aufrechtzuerhalten (Sternberg, 1985).
In Bezug auf den pathologische PC-/Internetgebrauch bedeutet dies, dass eine Wiederaufnahme der exzessiven Nutzungsmuster droht, wenn es dem Betroffenen nicht gelingt, Kompetenzen zur Bewältigung von Alltagsstress zu entwickeln und befriedigende
alternative Erlebnismöglichkeiten aufzubauen. Ansonsten kann es geschehen, dass in
akuten Belastungssituationen oder beim Erleben von Frustrationen Gedanken an die
frühere PC/Internetaktivität ausgelöst und PC/-internetbezogene Anreizsituationen
aufgesucht werden. Aus der möglicherweise einmaligen Wiederaufnahme des alten
Verhaltensmusters (Gamen, Chatten) kann aufgrund von Versagensgefühlen ein dauerhafter Rückfall in das frühere exzessive Verhaltensmuster resultieren. Es ist auch deshalb sinnvoll, die Lebensumgebung des Patienten so umzustrukturieren, dass keine unnötigen Anreize zur Wiederaufnahme des medienbezogenen Problemverhaltens bestehen. Darüber hinaus sollten kognitive und behaviorale Techniken zur Bewältigung von
„problemauslösenden Vorboten“ (Gedanken, Gefühle, Verhaltensmuster) eingeübt werden (Beck et al., 1997).
Inzwischen liegt eine Revision des sozial-kognitiven Modells (Marlatt & Donovan,
2005) vor. Dieses dynamische Rückfallpräventionsmodell (Marlatt & Witkiewitz, 2005)
bietet die Möglichkeit, die beschriebene suchttherapeutische Rückfallpräventionsstrategie noch besser auf andere Problembereiche zu übertragen, wie dies z. B. bezogen auf
die Verhütung sexuell riskanter Verhaltensweisen erfolgt ist (Zawacki et al., 2005). Die
Bestandteile des ursprünglichen Modells wurden empirisch überprüft, woraufhin die
Autoren neue Bestandteile in ein dynamisches Interaktionsmodell integriert haben. Im
neuen Modell werden die Störungsdauer, das Ausmaß sozialer Unterstützung und komorbide psychische Störungen als distale Determinanten für einen Rückfall betrachtet.
Auch betonen die Autoren die Bedeutsamkeit motivationaler Faktoren, die Kompetenzen bei der Bewältigung von unangenehmen Gefühlszuständen und die Fähigkeiten zur
Selbstregulation sowie den Einfluss situativer Auslösefaktoren. Mit diesem Modell lassen sich die Rückfall auslösenden Bedingungen bei einem so komplexen Störungsbildern wie dem pathologischen PC/Internet-Spielen noch besser erfassen. Ein „Rückfall“
in das frühere exzessive Nutzungsmuster des Mediums PC/Internet kann danach nur
gelingen, wenn neben der Aufrechterhaltung der neu erworbenen Medienkompetenz
und dem Aufbau von befriedigenden Erlebnismöglichkeiten in der Realität die sozialen
und persönlichen Ursachen des Störungsbildes therapeutische bearbeitet werden.
5.2
Ursachenbezogene Behandlung
5.2.1 Klinische Erklärungsmodelle
Das klinische Erklärungsmodell des pathologischen PC-/Internetgebrauchs orientiert
sich an einem biopsychosozialen Rahmenmodell und dem daraus abgeleiteten entwickungspsychopathologischen Störungsmodell:
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kulturelle und gesellschaftliche
Rahmenbedingungen
organische und
psychische Vulnerabilität
des Individuums
auslösende Entwicklungskrisen, Überforderungssituationen und kritische Lebensereignisse
Verstärkung des Problemverhaltens
durch teufelskreisförmige
Rückkoppelungsprozesse
psychisches Störungsbild
Pathologischer PC-/Internetgebrauch kann unter funktionalem Gesichtspunkt als eine
psychosomatische Regulationsstörung (Paar et al., 1999) aufgefasst werden. Eine solche Störung bezieht sich auf die verschiedenen Ebenen der neurobiologischen Regulation, der Affektregulation und der Beziehungen zum Körper, zum Selbst und zu äußeren
Objekten. Dabei wird die besondere Bedeutung der frühkindlichen Bindung an primäre
Bezugspersonen betont. Unter strukturellem Gesichtspunkt lässt sich der pathologische
PC-/Internetgebrauch als eine spezielle Variante einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung (Millon, 1990; Fiedler, 1999) beschreiben, bei der es aufgrund konstitutioneller
Faktoren und sozialer Erfahrungen zu einer früh entstandenen und lang anhaltenden
Störung in Form eines charakteristischen Lebensstils und gestörten Verhältnisses zur
eigenen Person und anderen Menschen kommt. Dabei handelt es sich nicht um eine der
spezifischen Persönlichkeitsstörungen im engeren Sinne (Fiedler, 2000), sondern um
eine entwicklungspsychopathologische Störung des Beziehungsverhaltens (Dilling et al.,
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1991). Der Lebensstil ist durch den dominierenden Bezug auf den virtuellen Erlebnismodus, die Beziehung zur eigenen Person durch eine depressiv-ängsliche Selbstwertstörung und das Verhältnis zur sozialen Umwelt durch den weitgehenden Beziehungsabbruch bestimmt.
Fiedler (1999) erweiterte Millons Ansatz zu einem Vulnerabilitäts-Stress-Modell der
gestörten Persönlichkeit, das sich auch auf die Auslösung und Aufrechterhaltung von
Persönlichkeitsstörungen anwenden lässt. Er postuliert die Existenz einer diathetischen
Vulnerabilität (Erbeinflüsse und Traumata um die Geburt herum) und einer psychosozialen Vulnerabilität (ungünstige familiäre, erzieherische und soziale Einflüsse auf die
frühkindliche Entwicklung). Der Autor nimmt an, dass eine aufgrund dieser Faktoren
entstandene Persönlichkeitsstörung auch als Beeinträchtigung des zwischenmenschlichen Beziehungsverhaltens aufgefasst werden kann. Derartige zwischenmenschliche
Verhaltensmuster sind einerseits im Sinne von Kompetenzen zu verstehen, die in Krisenzeiten als Schutzfaktoren eingesetzt werden, gleichzeitig jedoch im Konflikt mit
dem sozialen Umfeld stehen. Darüber hinaus erweitert Fiedler sein Konzept der Persönlichkeitsstörung um salutogenetische Faktoren, indem er auf mögliche protektive Faktoren der Persönlichkeit hinweist.
Der pathologische PC-/Internetgebrauch stellt sich somit als Störung der biopsychosozialen Selbstregulation dar, bei der die Konfrontation mit den aktuellen gesellschaftlichen Lebensbedingungen zu Überforderungen bei den Betroffenen führt, wodurch die
Gratifikationen des virtuellen Erlebnismodus überragende Bedeutung erhalten. Darüber
hinaus kann das Störungsbild als ein früh entstandenes und lang anhaltendes Persönlichkeits- und Verhaltensmuster aufgefasst werden, wobei es aufgrund fehlender personaler und sozialer Ressourcen zu einem dauerhaften Rückzug in die virtuelle Erlebniswelt des PC/Internet-Spielens kommt. Die im Folgenden dargstellten Behandlungsstrategien und -methoden beziehen sich entsprechend auf dieses Verständnis.
5.3
Behandlungsstrategien und -ziele
Für das Behandlungssetting in der stationären medizinischen Rehabilitation steht ein
multiprofessionelles Team von Ärzten, Psychotherapeuten, Soziotherapeuten, Ergo- und
Sporttherapeuten zur Verfügung. Neben der Behandlung des primären Störungsbildes
werden auch die häufig auftretenden komorbiden Störungen psychotherapeutisch
und/oder ggf. pharmakologisch behandelt werden. Für die direkte therapeutische Arbeit
mit den Patienten werden sowohl einzel- als auch gruppenpsychotherapeutische Maßnahmen vorgehalten.
Dieses spezifische Vorgehen ist in ein multiprofessionelles Rahmenprogramm eingebettet, so dass weitere Entwicklungsimpulse mittels ergänzender Behandlungsmethoden
erzielt werden können. Diese können erlebnispädagogischer Art sein, sporttherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Körperwahrnehmung umfassen oder ergotherapeutische Angebote, welche die materielle Widerständigkeit der realen Welt einbezie-
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hen. Darüber hinaus können körperpsychotherapeutische Verfahren eingesetzt werden.
Das übergreifende Ziel solcher Maßnahmen besteht darin, reale, emotional unabweisbare Erlebnisse als Alternative für den virtuellen Erlebnismodus zu etablieren.
Zusammenfassend ergeben die folgenden Therapieziele:
Therapieziele
• Berufliche und soziale (Re-)Integration
• Ausbau einer funktionalen Medienkompetenz
• Verbesserung der Körperwahrnehmung und -bewusstseins
• Stärkung der Frustrationstoleranz
• Verbesserung der Emotionsregulierung
• Selbstwertsteigerung
• Entwicklung einer reiferen Identität
• Verbesserung der kommunikativen Kompetenzen
• Ausbau kreativen und kognitiv-intellektueller Kompetenzen
5.4.
Behandlungsbausteine
Ein exemplarischer Patientenwochenplan befindet sich im Anhang.
5.4.1 Einzeltherapie
Wie bereits ausgeführt, ist eine unsichere Bindungsrepräsentation als entwicklungspsychopathologische Grundlage des pathologischen PC-/Internetgebrauchs anzusehen. Da
angenommen wird, dass das in der Kindheit erworbene Bindungsmuster dauerhaft bis
in das Erwachsenenalter besteht (Petry, 2010), liegt ein Schwerpunkt der Einzeltherapie
darauf, alternative, positive Beziehungserfahrungen innerhalb einer wertschätzenden
Therapeut-Patient-Beziehung zu ermöglichen. „Dementsprechend sollte die therapeutische Beziehung von Verlässlichkeit, Wärme und Präsenz geprägt sein“ (Schuhler in
Petry, 2010). Konkret erhält jeder Patient ein 50-minütiges Einzelgespräch pro Woche,
wobei der Bezugstherapeut im Krisen- oder Bedarfsfall auch sonst als Ansprechpartner
zur Verfügung steht.
Zu Beginn der Behandlung erfolgt eine ausführliche biographische und störungsspezifische Anamneseerhebung, die zur Analyse wichtiger Bindungserfahrungen sowie bereits
zum Aufbau einer positiven affektiven Beziehung genutzt werden soll. Im Anschluss
erfolgt die Erarbeitung eines plausiblen Störungsmodells gemeinsam mit dem Patienten. Durch die explizite Thematisierung des Arbeitsbündnisses (durch die gemeinsame
Festlegung von Therapiezielen) und von Interaktionserfahrungen innerhalb der therapeutischen Beziehung soll die soziale Beziehungsfähigkeit gesteigert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund des hohen Prozentsatzes komorbider depressiver Störungen
(über 50%) sowie dem angenommenen unreifen Mentalisierungsniveau bei Patienten
mit pathologischem PC-/Internetgebrauch (Schuhler & Vogelgesang, 2012) ist zudem
die Einbeziehung von Elementen des CBASP nach McCullough (2007) (vgl. Depressions-
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konzept der AHG Kliniken Daun in der letzten Überarbeitung vom 26.02.2013) bzw. der
Metakognitiven Therapie nach Adrian Wells (2011) (vgl. Depressionskonzept der AHG
Kliniken Daun in der letzten Überarbeitung vom 26.02.2013) denkbar.
Im Verlauf sollen sich die Patienten schrittweise von ihrer starken Bindung zur virtuellen Welt lösen (z. B. den Account des Online-Rollenspiels abmelden). In dieser Phase
soll ein besonderes, wertschätzendes Augenmerk auf die Verletzlichkeit und Verlustangst der Patienten gelegt und den Aufbau befriedigender Begegnungen in der Realität
(auch im Rahmen der Bezugsgruppe) gelegt werden.
Falls bei Patienten ein hohes Ausmaß an vegetativer Angespanntheit (beispielweise
beim komorbiden Vorliegen einer Angststörung) oder besondere Defizite im Körpergefühl auffallen, ist die Anwendung von Methoden des Biofeedback (vgl. Konzept Biofeedback der AHG Kliniken Daun in der letzten Überarbeitung vom 27.07.2011) geplant.
Durch die Rückmeldung und gezielte Beeinflussung von Muskelspannung, Atemaktivität, Hauttemperatur, Hautleitfähigkeit oder Herzrate werden psychophysiologische
Zusammenhänge verdeutlicht, die Körperwahrnehmung verbessert und Erfahrungen
von Selbstwirksamkeit ermöglicht (Weissacher & Heuser, 2008). Zudem ist anzunehmen, dass gerade die Klientel der pathologischen PC/Internetnutzer einer Methode, die
explizit technische Möglichkeiten nutzt, aufgeschlossen gegenüber steht, so dass auf
diesem Weg ein verbesserter Zugang zum eigenen Körper leichter gelingen kann.
5.4.2. Gruppentherapie
Das gruppentherapeutische Vorgehen sollte sich aufgrund der bei dem Krankheitsbild
im Vordergrund stehenden Beziehungsstörung auch an der interaktionellen Gruppenpsychotherapie (Yalom, 1989; Ott, 2000) orientieren. Dieser Ansatz nimmt als zentrale
Wirkfaktoren des therapeutischen Prozesses die in der Gruppe erfahrene Akzeptanz und
Zugehörigkeit an. Die Betroffenen haben die Möglichkeit, durch das Einbringen persönlicher Belange sich gegenüber anderen zu öffnen und Verständnis für sich selbst zu
gewinnen. In der Gruppe kann aus zwischenmenschlichen Handlungen gelernt werden,
es findet eine emotionale Katharsis statt und die Patienten erleben die Universalität
des Leidens und können gleichzeitig Hoffnung und Optimismus entwickeln.
Zu Beginn der Behandlung zeigen pathologische PC-/Internetgebraucher eine ausgeprägte soziale Zurückgezogenheit. Die Gestaltung der Gruppenpsychotherapie bedarf
deshalb einer Modifikation im Sinne der von Yalom (2005) vorgeschlagenen Low-LevelGruppe: Um die Gefahr einer zu starken sozialen Konfrontation zu vermeiden, sollte die
Gruppe strukturierter und räumlich offener gestaltet werden. Demselben Ziel dient die
Zuhilfenahme von sport- und ergotherapeutischen Methoden. Geplant ist, mindestens
zweimal wöchentlich 100-minütige Gruppenpsychotherapiesitzungen stattfinden zu
lassen. In diesem Rahmen können in psychoedukativer Form Informationen zum Krankheitsbild mit dem Ziel des Aufbaus von Krankheitseinsicht und Veränderungsmotivation
vermittelt werden. Darüber hinaus sollen wichtige therapeutische Schwerpunkte wie
eine adäquate Selbstwertregulierung, die Förderung von Interaktionskompetenzen oder
die Entwicklung von Kompetenzen in der Nutzung der neuen Medien (anhand des be-
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reits vorgestellten „Ampelmodells“) thematisiert werden. Daneben können auch individuelle, von einzelnen Patienten eingebrachte, persönliche Themen Raum finden.
Wobei vor dem Hintergrund der bereits genannten sozialen Unsicherheit bei diesem
Klientel, vom Therapeuten erlebnisaktivierende und strukturierende Angebote gemacht
werden. So sollen die Gruppenpsychotherapien beispielweise Aspekte aus dem Genusstraining zur Steigerung des affektiven Realitätsbezugs oder an erlebnispädagogische
Methoden angelehnte Übungen beinhalten.
Neben dem Gruppenpsychotherapieangebot in der störungsspezifischen Bezugsgruppe
können die Patienten an themenzentrierten indikativen Gruppen teilnehmen. Diese
beziehen sich zum einen auf komorbide Störungen (z. B. Umgang mit Depressionen,
Angstbewältigung) und auf soziales Kompetenztraining (z. B. Selbstsicherheit etc.), zum
anderen werden Angebote zur Förderung eines positiven Körperbezugs und fürsorglichen Umgangs mit dem eigenen Körper (z. B. Körper- und Gefühlswahrnehmung,
Schlafstörungen, Progressive Muskelentspannung (PMR), Autogenes Training) vorgehalten.
5.4.3 Sporttherapie
Grundlage der Behandlung von Patienten mit einem pathologischen PC- und Internetgebrauch im Hinblick auf die Sport- und Bewegungstherapie ist das Konzept Sporttherapie der AHG Kliniken Daun in der Version vom 21.10.2013.
Das Verhaltensmuster des pathologischen PC- und Internetgebrauchs kann als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgefasst werden. Diese äußert sich in Form einer
Bindungsstörung, die in der Kindheit verwurzelt ist, verbunden mit einem stark ausgeprägten sozialen Rückzugsverhalten, das als dominierendes Verhaltensmuster hervortritt. Infolge kommt es zu einer entwicklungspsychopathologischen Störung der zwischenmenschlichen Beziehung, die sich auch auf die Person und ihre Selbstfürsorge
auswirkt. Häufig ist bei Patienten mit einem pathologischen PC- und Internetgebrauch
festzustellen, dass das Bewegungsverhalten hochgradig reduziert ist und der Bezug
zum eigenen Körper in der eigenen Erlebniswelt eine geringe Bedeutung hat.
Vor diesem Hintergrund kommt der Sport- und Bewegungstherapie zum einen eine
körperlich aktivierende, dabei gleichzeitig sozial integrierende und das eigene Körpererleben fokussierende Bedeutung zu.
Ziele:
-
Förderung der Sozialkompetenz
Verbesserung der Affektregulation
Steigerung des Selbstwertes
Verbesserung der Genussfähigkeit über körperliche Betätigung
Verbesserung der aktiven Freizeitgestaltung durch sportliche Betätigung
Abbau von körperlicher Inaktivität
Verbesserung von Körpergefühl bzw. Zugang zu körperlichen Vorgängen im Zusammenhang mit sportlicher Betätigung und Bewegung.
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Für diese Patientengruppe ist z. B. eine Indikativgruppe Körper- und Gefühlswahrnehmung ebenso vorgesehen wie die Teilnahme an der Sport- und Bewegungstherapie in
der Bezugsgruppe (zweimal wöchentlich 100 Min.). Neben der Wiederaufnahme von
sportlicher Bewegung im Sinne der Verbesserung der körperlichen Fitness zielt die Behandlung darauf ab, dem Patienten in der Therapie die Erfahrung zu vermitteln, sich
über sportlich körperliche Aktivität neu selbst wie aber auch im Gruppenverband zu
erleben. Dabei spielen die o. g. Ziele eine wichtige Bedeutung.
Therapieangebote:
- kleine und große Spiele
- Ausdauertraining „Nordic Walking“
- Fitnesstraining, auch mit Unterstützung und Einsatz entsprechender Geräte
- Chi Gong
- Wassergymnastik
- Bogenschießen
- Körperwahrnehmungsübungen.
Ziel der Behandlung ist es dabei, das Gefühl für eigene Grenzen ebenso zu schulen, wie
das Gefühl für eine eigene Körperidentität zu fördern. In diesem Zusammenhang spielt
weiterhin die Schulung des Gleichgewichtssinns eine wichtige Rolle. Das übergeordnete
Therapieziel durch Therapie reale Erfahrung statt virtueller Erlebnisse zu vermitteln und
damit zur Selbstwertsteigerung beizutragen, wird in der Bewegungs- und Körpertherapie insbesondere über die Arbeit mit dem Körper fokussiert.
5.4.4 Ergotherapie
Die Ergotherapie besitzt im Rahmen des verhaltensmedizinischen Behandlungskonzeptes auch für die Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch eine wichtige
strukturgebende Funktion. Schwerpunkt der ergotherapeutischen Arbeit in den AHG
Kliniken Daun sind handlungsorientierte Verfahren.
In der Bearbeitung verschiedenster Materialien wie Speckstein, Ton, Holz, Malen werden Konzentration, Ausdauer, Motivation, Planung und Durchführung von gestellten
Aufgaben sowie die dabei notwendigen kognitiven Leistungen gefördert und entwickelt. Offen gestellte Aufgaben bieten den Anreiz, kreativ tätig zu werden und ausgehend von kreativen Ideen auch Aktivitäten im Freizeitbereich zu gestalten.
Die Ergotherapie legt großen Wert bei der Behandlung von Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch die im Internet ausgelebten Fantasien handlungsorientiert
in den ergotherapeutischen Alltag zu transferieren. Dies fördert die Verbindung von der
Innenwelt des Patienten und seinen darin entwickelten Vorstellungen und Bedürfnissen
mit einer realistischen Verbindung in der Außenwelt.
In ergotherapeutischen Gruppenarbeiten werden soziales Kontaktvermögen, Gruppenkohäsion, Konfliktlösungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit, die zuvor durch eine Iso-
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lation des Patienten in virtuellen Parallelwelten im Internet vernachlässigt wurden,
geübt, gefördert und entwickelt.
Weiterhin ist es Ziel der Ergotherapie, Patienten hinsichtlich ihrer Eigen- und Selbständigkeit sowie Handlungsfähigkeit im Hier und Jetzt zu unterstützen und zu fördern.
Diese Fähigkeiten sind häufig durch ein Aufgehen des Patienten in einer virtuellen Parallelwelt im Internet vernachlässigt worden und daher beeinträchtigt oder nicht vorhanden.
Die im Rahmen der Ergotherapie erstellten Objekte in Einzel- und/oder Gruppenarbeit
werden mit therapeutischer Unterstützung reflektiert. Übergeordnetes Gesamtziel der
Ergotherapie im Hinblick auf die Behandlung von Patienten mit pathologischem PC-/
Internetgebrauch ist es, den Patienten wieder mit konkreten Handlungserfahrungen in
der sozialen Interaktion mit Mitpatienten wie aber auch in der Interaktion mit von ihm
hergestellten Gegenständen im Hier und Jetzt zu verankern.
Räumliche Ausstattung der Ergotherapie: Räumlichkeiten, in denen die oben beschriebenen Arbeiten in Einzel- und Gruppentherapie durchgeführt werden können.
Die Ergotherapie erfolgt zweimal wöchentlich in der Bezugsgruppe in einem Zeitumfang von jeweils 100 Minuten.
5.4.5 Soziotherapie
Übergeordnetes Behandlungsziel für die beschriebene Klientel ist die berufliche und
soziale (Re-)Integration und die Forderung der Teilhabe am Arbeitsleben.
Die Behandlung von Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch im Rahmen
der Soziotherapie richtet sich nach dem Konzept „Indikationsgeleitete berufliche und
soziale Reintegration von Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen“, in der zuletzt überarbeiteten Version vom 12.12.2011.
Patienten mit einem pathologischen PC-/Internetgebrauch fallen nicht selten durch
eine ausgeprägte soziale Isolation auf, die es mit sich bringt, dass Beruf sowie soziale
Kontakte in Freizeit und Alltag vernachlässigt werden und sich schlussendlich in extremen Fällen gänzlich verlieren.
Aufgabe der Soziotherapie ist es, an dieser Stelle beratend, unterstützend und regulierend den Patienten zur Seite zu stehen.
Im Rahmen von Beratungsgesprächen wird eruiert, welche Ausbildungen und Berufserfahrungen Patienten mitbringen, die bei dem Versuch einer beruflich-sozialen Reintegration genutzt werden können. Ein Bewerbungstraining unterstützt Patienten bei
dem Versuch, ggf. wieder sich am ersten Arbeitsmarkt zu platzieren. Wenn dies nicht
möglich ist, wird mit Unterstützung der Soziotherapie festgestellt, welche über die
Behandlung hinausgehenden Unterstützungsangebote (Ausbildungsförderung, Umschulung, gestufte berufliche Wiedereingliederung, berufliche Praktika) für einen Patienten
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mit auf den Weg gebracht werden können. Ziel dabei ist es, dass die Soziotherapie Patienten konkret unterstützt, d. h. ggf. Termine nach der Rehabilitationsbehandlung mit
dem Patienten verbindlich vereinbart, um so sicher zu stellen, dass auch über die Therapie hinaus der Patient in einen Prozess eingebunden wird, der das langfristige Ziel der
sozialen und beruflichen Reintegration verfolgt. Weiterhin wird, sofern notwendig, Patienten mit Verschuldungsproblemen eine entsprechende Fachberatung angeboten.
Im Einzelfall werden beim zuständigen Leistungsträger interne oder externe Adaptionsbehandlungen als Phase II der medizinischen Rehabilitation beantragt.
Raumausstattung: Jeder Mitarbeiter der Soziotherapie verfügt über ein einzelnen Büro
mit guter technischer Ausstattung. Weiterhin wird ein PC-Trainingscenter (acht PCTrainingsplätze) mit Internetzugang angeboten. Siebenmal jährlich erfolgen PCEinsteigerkurse.
Die Mitarbeiter der Soziotherapie nehmen regelmäßig an den Kleinteams teil, sie bieten
neben Einzelberatungen auch Gruppenangebote und Rückkehrgespräche an. Details
werden im Abteilungskonzept Indikationsgeleitete berufliche und soziale Reintegration
von Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen und psychosomatischen Erkrankungen,
im Konzept zur Internen Adaptionsbehandlung für Abhängigkeitserkrankte der AHG
Kliniken Daun sowie im Konzept Arbeitstherapeutische Belastungserprobung – ein indikatives Behandlungsprogramm der AHG Kliniken Daun zur Beruflichen Reintegration
von Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen und psychosomatischen Erkrankungen
geregelt.
5.4.6 Angehörigenarbeit
Ein wichtiges Merkmal des pathologischen PC-/Internetgebrauchs stellt die soziale
Isolierung des Betroffenen dar. „Soziale Beziehungen werden abgebrochen oder extrem
eingeschränkt, auch die zu nahen Bezugspersonen“ (Petry, 2010). Vor diesem Hintergrund kommt der Einbeziehung von Angehörigen in der Therapie eine besondere Bedeutung zu. Es ist geplant im Behandlungsverlauf regelhaft mindestens ein Paarund/oder Familiengespräch anzubieten. Durch eine Informationsvermittlung an Angehörige und eine Verbesserung des Kontakts zum sozialen Bezugssystem soll das Ausmaß der sozialen Unterstützung erhöht werden, was insbesondere im Hinblick auf eine
Rückfallprävention als wichtig zu erachten ist.
5.4.7 Nachsorge
Die nahtlose Vermittlung von Nachsorgeangeboten zur Sicherung eines nachhaltigen
Rehabilitationserfolges ist obligatorisch. Allen Patienten wird eine entsprechend psychotherapeutische Weiterbehandlung mit konkreter Terminvereinbarung für den nachstationären Zeitraum empfohlen. Zusätzlich kommen bei entsprechender Angebotsstruktur auch spezielle Angebote von Suchtberatungsstellen oder Fachambulanzen in
Frage.
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6.
Dokumentation und Evaluation
Dokumentation und Evaluation der mit dem Konzept zur stationären Rehabilitation von
Patienten mit pathologischem PC-/Internetgebrauch behandelten Patienten richten
sich nach dem medizinisch-therapeutischen Berichtswesen der AHG AG.
Hierzu zählen die Basisdokumentation Sucht bzw. Basisdokumentation Psychosomatik
des AHG Wissenschaftsrates, eine Routinetestung mit der SLK-9 zu Behandlungsbeginn
und zu Behandlungsende sowie ein Fragebogen zur Patientenzufriedenheit des AHG
Wissenschaftsrates.
Geplant ist die Durchführung einer 1-Jahres-Katamnese als Vollerhebung für alle mit
dem bezeichneten Konzept behandelten Patienten. Diese Katamnese enthält ebenfalls
eine Messung zum Messzeitpunkt t3 mit der SCLK-9.
Bei der Implementierung des Konzeptes und der Koordination der Dokumentationsund Evaluationsarbeiten finden regelmäßige Besprechungen eines klinikinternen Arbeitskreises mit dem Chefarzt der psychosomatischen Abteilung der AHG Kliniken Daun
Am Rosenberg, dem Leitenden Psychologen der AHG Kliniken Daun Am Rosenberg, der
Abteilung Wissenschaft und Forschung der AHG Kliniken Daun sowie den beteiligten
BezugstherapeutInnen statt.
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8.
Konzeptverantwortung
Dr. med. Michael Rolffs, Chefarzt Psychosomatik
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Peter Missel, Leitender Psychologe
Psychologischer Psychotherapeut
Anerkannter Supervisor (VT)
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Dr. phil. Dipl.-Psych. Jörg Petry
Projektleiter
Pathologisches Glücksspielen und PC/Internetspielen
AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft
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9.
Anhang
Anlage 1: Exemplarischer Patientenwochenplan
Anlage 2: Zusatzhausordnung
Anlage 3: Kurzfragebogen zu Problemen beim Computergebrauch (KPC)
Anlage 4: Anamnesebogen zum PC-/Internetgebrauch
Anlage 5: Zielvereinbarung zum funktionalen Umgang mit dem PC/Internet
(Ampelmodell)
Anlage 6: Formblatt „Löschen des Accounts“
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