SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 Die Hausordnung im Mietrecht von Rechtsanwältin Kerstin Seidl, Herne I. Begriff Häufig bedienen sich die Vermieter hier vorgeWo mehrere Menschen auf engstem Raum zu- fertigter Hausordnungstexte, die als Anlage zum sammenleben bedarf es Verhaltensregelungen zur Mietvertrag übergeben werden. Steuerung des menschlichen Verhaltens. Instrumentarium ist hier regelmäßig die Hausordnung. Gesetzlich werden vorgefertigte Hausordnungstexte als einseitige Mietvertragsbedingungen anDie Hausordnung wird rechtlich auf der Grund- gesehen. Da diese Hausordnungen einseitig vom lage ihres Zweckes definiert. Daher versteht man Vermieter verwendet werden, sind für deren Wirkunter dem Begriff der Hausordnung die Summe samkeit zum Schutz der Mieter die Regelungen aller Regelungen, die zum reibungslosen Zusam- der §§ 305 ff. BGB zu beachten. menleben erforderlich sind, den Hausfrieden wahren und die Anlage und die Einrichtungen schüt- 2. Hausordnung als Vereinbarung zen sollen. Neben der Möglichkeit der einseitigen Einführung Gesetzlich ist die Hausordnung in den mietrecht- der Hausordnung durch den Vermieter besteht lichen Regelungen der §§ 535 ff BGB nicht ver- die Möglichkeit der Einführung durch individuelle ankert. Lediglich andeutungsweise wird in § 569 Vereinbarung der Mietvertragsparteien. Derartige BGB die rechtliche Folge der Kündigungsmög- Absprachen über die Hausordnung erfolgen sellichkeit bei einer Störung des Hausfriedens an- ten. Denn dies ist bei größeren Mietobjekten nicht gesprochen. Daher ist es immer wieder Aufgabe praktikabel. Denn der Inhalt der Hausordnung der Gerichte, sich mit Bestimmungen oder deren muss bei allen Mietern gleich gestaltet sein. Nur dann kann das Verhalten der Mieter einheitlich Auslegung zu befassen. In Anbetracht dieser Rechtslage ist alleine der gesteuert und der Hausfrieden gewahrt werden. Mietvertrag selber rechtliche Grundlage für den In Einzelfällen kann die Hausordnung einmal zwischen den Mietparteien verhandelt werden. Dies Erlass einer Hausordnung. zum Beispiel bei Einzelvermietungen (Einliegerwohnungen) oder bei Gewerberaum. II. Arten Auf der Grundlage des Mietvertrages bestehen III. Wirksamkeit zwei Möglichkeiten, eine Hausordnung einzufühDamit aus der Hausordnung Rechte und Pflichten ren. hergeleitet werden können, ist es erforderlich, 1. Hausordnung als allgemeine Mietbedingung dass die Hausordnung wirksam zum Gegenstand Nachdruck und Vervielfältigung Seiten 1/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] des Vertragsverhältnisses geworden ist. Die Wirksamkeit hängt von der Form der Hausordnung ab. 1. Hausordnung als allgemeine Mietbedingung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 die einseitig auferlegte Hausordnung des Vermieters nur, wenn ihm das Regelwerk ausgehändigt wurde. Im Übrigen ist anzuführen, dass dem Mieter vor Vertragsabschluss die konkrete Kenntnisnahmemöglichkeit eingeräumt werden muss. Dies ist alleine durch den entsprechenden Verweis nicht umsetzbar. Die Hausordnung als allgemeine Mietbedingung hat zum Schutz des Mieters besondere Wirksamkeitsvoraussetzungen. Rechtliche Grundlage sind b) Im Einzelfall kann es Schwierigkeiten bereiten, hier die §§ 305 ff. BGB, wonach diese Mietbe- festzustellen, ob die Hausordnung einseitig vom dingungen wirksam in das Vertragsverhältnis ein- Vermieter durch einen vorgefertigten Vertragstext bezogen sein müssen. auferlegt wurde oder ob der Inhalt der Hausordnung ausgehandelt wurde. Denn auch ausgehana) Grundlage für die wirksame Einbeziehung ist delte Mietbedingungen können optisch wie ein § 305 Abs. 2 BGB. Dies ist dann gegeben, wenn vorgefertigter Text aussehen. der Vermieter vor Vertragsabschluss auf die Hausordnung konkret hinweist und dem Mieter die Bei der Feststellung, ob es sich um einen vorgeMöglichkeit gibt, den Inhalt der Hausordnung zur fertigten Text oder um eine ausgehandelte HausKenntnis zu nehmen. ordnung handelt, kommt es nicht darauf an, wie häufig der Vermieter diese Hausordnung zuvor Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Ent- bereits verwendet hat. Maßgeblich ist alleine, dass scheidung im Jahre 1991 (WuM 1991, 381, 384) das Regelwerk grundsätzlich geeignet ist, mehrentschieden, dass es für die Kenntnisnahmemög- fach verwendet zu werden. lichkeit des Mieters nicht ausreicht, wenn der Vermieter in seinem Mietvertrag auf die Geltung Die weitere Beurteilung hängt von einer Einzelder Hausordnung verweist, die im Hausflur aus- fallbetrachtung ab. So spricht der Umstand, dass gehängt ist. in dem Regelwerk handschriftliche Vermerke enthalten sind, dafür, dass die Hausordnung ausgeBegründet wurde dies seinerzeit damit, dass sich handelt wurde. Des Weiteren kann bei der Beurder Vermieter als Verwender in diesem Fall zu teilung der konkrete Inhalt des Vertragstextes einfach seiner Beweispflicht entziehen könnte. herangezogen werden. So kann sich bereits aus Denn für den Umstand, dass die Hausordnung diesem ergeben, dass die Hausordnung nur in tatsächlich zur Kenntnis genommen wurde, ist diesem konkreten Fall gelten soll, was ebenfalls der Vermieter rechtlich beweispflichtig. Würde für eine individuelle Vereinbarung spricht. Lässt diese Floskel im Mietvertrag als ausreichend er- sich aus der Darstellung, dem Inhalt oder sonstiachtet werden, hätte der Vermieter die Beweislast gen Aspekten kein Rückschluss auf die Art der durch einen einfachen Verweis im Mietvertrag Hausordnung herleiten, ist im Zweifel davon ausauf den Mieter abgewälzt. Dies ist nicht vereinbar zugehen, dass es sich um einen vorgefertigten mit der besonderen Schutzbedürftigkeit des Mie- Hausordnungstext handelt und damit die Regeters. Zur Kenntnis nehmen kann ein Mieter daher lungen der §§ 305 ff. BGB zum Tragen kommen. Nachdruck und Vervielfältigung Seiten 2/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Online-Archiv Seite 241-251 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] Prozessual gehen derartige Zweifel zu Lasten des Vermieters als Verwender. Denn grundsätzlich muss dieser darlegen und beweisen, dass die Hausordnung individuell ausgehandelt wurde. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, sind unabhängig von dem Vortrag des Vermieters die §§ 305 ff. BGB heranzuziehen. 2. Hausordnung als Vereinbarung Wird die Hausordnung indes individuell vereinbart, so orientiert sich die Wirksamkeit alleine an den allgemeinen Grundsätzen des BGB. Hier gibt es im Wesentlichen zwei rechtliche Aspekte zu beachten. Zum einen muss es sich um eine zulässige Regelung handeln. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn die konkrete Regelung ausgestaltenden Inhalt hat und keine neue Pflicht begründet. Zum anderen dürfen die einzelnen Regelungen nicht gegen die Guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen. Hält die rechtliche Prüfung beiden Aspekten stand, ist die Hausordnung bzw. die konkrete Regelung als wirksam anzusehen. 3. Kombination von Individualvereinbarungen und allgemeinen Mietbedingungen Auch denkbar sind Kombinationen von Hausordnungen, die teilweise vorgefertigt, teilweise individuell vereinbart werden. Vorgefertigte Vertragstexte geben diese Möglichkeit dadurch, dass am Ende häufig unter der Überschrift »Sonstige« individuelle Regelungen aufgenommen werden können. Die Wirksamkeit ist in diesen Fällen getrennt zu beurteilen. Der vorgefertigte Text richtet sich nach den §§ 305 ff BGB. Der individuelle Teil der Hausordnung orientiert sich demgegenüber anhand der Zulässigkeit der Regelung und des SitNachdruck und Vervielfältigung tenwidrigkeitsaspektes. Eine Besonderheit ist bei Kombinationen von vorgefertigten Hausordnungstexten und individuellen Regelungen zu beachten. Kollidiert der Inhalt des vorgefertigten Vertragstextes mit der individuell getroffenen Regelung, so bestimmt § 305 b BGB, dass die individuelle Regelung den Vorrang genießt und der vorgefertigte Vertragstext, soweit er kollidiert, unwirksam ist. IV. Nachträgliche Einführung bzw. Änderungsmöglichkeiten 1. Nachträgliche Einführung Keine Schwierigkeiten gibt es, sofern beabsichtigt ist, die Hausordnung durch Individualvereinbarung nachträglich zu regeln. Grundsätzlich gilt Vertragsfreiheit, so dass die Parteien einvernehmlich jederzeit neue Vertragsregelungen einführen können. Anders ist die rechtliche Situation zu beurteilen, wenn der Vermieter einseitig eine Hausordnung durch einen vorgefertigten Hausordnungstext einführen möchte. a) Teilweise wird vertreten, dass der Vermieter einseitig im Nachhinein eine Hausordnung nicht einführen kann. Begründet wird dies mit dem Argument, dass es sich hierbei um eine Änderung vertraglicher Bedingungen handelt, die im Nachhinein einseitig nicht mehr geändert werden können. b) Die überwiegende Auffassung geht demgegenüber davon aus, dass eine einseitige Einführung einer Hausordnung durch den Vermieter grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen Seiten 3/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Online-Archiv Seite 241-251 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] zulässig ist. Dies mit der rechtlichen Begründung, dass die eigentlichen Pflichten durch die nachträgliche Einführung der Hausordnung nicht verändert werden können. Denn nur gestaltende Regelungen sind in der Hausordnung zugelassen, so dass durch die Einführung einer Hausordnung keine wesentlichen vertraglichen Regelungen geändert werden können. Rechtsgrundlage für die nachträgliche Einführung der Hausordnung ist § 242 BGB. Voraussetzung ist, dass sich der Vermieter im Mietvertrag die nachträgliche Einführung einer Hausordnung vorbehalten hat und die Einführung einer Hausordnung sachlich erforderlich ist (LG Darmstadt, MDR 1973, 53; AG Hamburg, WuM 1981,183). 2. Nachträgliche Änderungsmöglichkeiten Die rechtliche Wertung ist insoweit dieselbe, wie bei der Einführung einer Hausordnung durch den Vermieter. Mit der überwiegenden Rechtsauffassung ist die nachträgliche Änderung der Hausordnung durch den Vermieter zulässig, wenn Veränderungen der Hausordnung im Mietvertrag vorbehalten wurden und die Änderung erforderlich ist, um den Hausfrieden in der Zukunft wahren zu können. Auch hier ist rechtliche Grundlage § 242 BGB. 3. V. Bindungswirkung Ist die Hausordnung rechtlich wirksam, so ist der jeweilige Mieter als auch der Vermieter an den Inhalt der Hausordnung gebunden. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Hausordnung nicht nur unmittelbar zwischen Vermieter und Mieter Wirkung entfaltet, sondern auch unter den Mietern. Denn der Mietvertrag in Verbindung mit der Hausordnung stellt einen Vertrag zugunsten der anderen Mieter dar (OLG München, WuM 1992, 238; BGH, WuM 2004, 215). Das bedeutet, dass die Mieter untereinander auf der Grundlage des Mietvertrages in Verbindung mit der Hausordnung eigene Rechte herleiten können. Rechtliche Grundlage ist der Mietvertrag in Verbindung mit der Hausordnung unter gleichzeitiger Heranziehung der Regelung des § 328 BGB. Begründet wird diese weitgehend einheitlich vertretene Rechtsauffassung damit, dass die Hausordnung den Zweck hat, das gemeinsame Miteinander in einer Hausgemeinschaft zu regeln. Damit regelt die Hausordnung das Verhältnis zwischen den Mietern. Wenn dies der Fall ist, muss ein sich gestört fühlender Mieter auch gegen den störenden Mieter unmittelbar vorgehen können. Einflussmöglichkeit durch den Mieter VI. Inhalt der Hausordnung Die Einführung der Hausordnung als auch Änderungen in Bezug auf den Inhalt der Hausordnung kann lediglich einseitig durch den Vermieter erfolgen. Die Mieter haben einseitig keinen Einfluss auf die Hausordnung, da es den Mietern an der Rechtssetzungsbefugnis fehlt. Die Mieter können gegenüber dem Vermieter lediglich die Einführung oder Änderung einer Hausordnung anregen. Nachdruck und Vervielfältigung 1. Allgemeines Gegenstand der Hausordnung können nur Regelungen mit gestaltender Wirkung sein. Neue mietvertragliche Pflichten dürfen durch die Hausordnung nicht festgelegt werden. Dies wäre unzulässig. Bei vorgefertigten Hausordnungen ergibt sich die Unzulässigkeit aus § 305 c BGB. Seiten 4/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] Bei individuell vereinbarten Hausordnungen wird ein Verstoß gegen Treue und Glauben (§ 242 BGB) angenommen. So ist es zum Beispiel zulässig zu regeln, wie Haustiere innerhalb des Wohnhauses zu halten sind. Nicht geregelt werden darf ein allgemeines Haustierhaltungsverbot. Eine solche Regelung in der Hausordnung wäre unzulässig. Dies vor dem Hintergrund, dass hierdurch das Verbot der Haustierhaltung begründet werden würde. Dies wäre nur innerhalb des Mietvertrages selber wirksam regelbar. 2. Einzelne Regelungen a) Gebot der Rücksichtnahme Grundsätzlich beginnt die Hausordnung zumeist mit dem Gebot der Rücksichtnahme. Hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Grundsatz. Bei dem Gebot der Rücksichtnahme handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der es möglich macht, unterschiedliche Verhaltensweisen an diesem Grundsatz zu messen. In Anbetracht des Umstandes, dass der Inhalt dieser Regelung lediglich regelt, dass die Mieter bei ihrem Wohnverhalten aufeinander Rücksicht zu nehmen haben, können in diesem Zusammenhang unterschiedlichste Probleme zwischen Mietern unter dem Gebot der Rücksichtnahme thematisiert werden. Hierzu zählen insbesondere (1) Geruchsbeeinträchtigungen Grundsätzlich darf ein Mieter sich nicht dergestalt verhalten, dass andere Mieter durch Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen oder Rauch wesentlich beeinträchtigt werden. Beurteilungsmaßstab hier ist das Kriterium der Wesentlichkeit. Zu Nachdruck und Vervielfältigung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 klären ist im Einzelfall, ob Gerüche zumutbar durch die Mieter hinzunehmen sind. In diesem Zusammenhang werden insbesondere folgende Störungen immer wieder diskutiert: (a) Bereits mehrfach haben sich die Gerichte mit der Frage des Tabakkonsums befasst. Dabei besteht Einigkeit dahingehend, dass ein Mieter in seiner Wohnung uneingeschränkt Tabak konsumieren darf. Dies stellt eine vertragsgemäße Nutzung der Wohnung dar. Demgegenüber ist der Tabakkonsum in Gemeinschaftsräumen wie zum Beispiel im Hausflur oder in der Waschküche nicht mehr als vertragsgemäß angesehen worden. Da der Balkon der Wohnung selber zugeordnet ist, kann einem Mieter das Rauchen auf seinem eigenen Balkon nicht untersagt werden. Insoweit haben bereits mehrere Gerichte festgehalten, dass eine Geruchsbeeinträchtigung der Nachbarschaft schon deshalb ausscheidet, weil der Tabakgeruch derart gering ist, dass er an der frischen Luft innerhalb kürzester Zeit abgezogen ist. (b) Ebenfalls in diesem Zusammenhang diskutiert wird das Grillen auf dem Balkon/ auf der Terrasse. Auch mit diesem Aspekt haben sich mehrfach bereits Gerichte befassen müssen. Die Gerichte vertreten hier unterschiedliche Auffassung. Teilweise wird angenommen, dass wegen des erhöhten Geruchsaufkommens das Grillen auf dem Balkon bzw. der Terrasse stets unzulässig ist. So etwa das Amtsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 07.07.1972 (Aktzeichen 40 C 229/72) oder Landgericht Essen in seiner Entscheidung vom 07.02.2002 (Aktenzeichen 10 S 438/01). Demgegenüber wird andererseits vertreten, dass das Grillen auf dem Balkon in engen Grenzen zulässig sein soll. Dies einmal im Monat, wenn dies Seiten 5/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] vorher rechtzeitig angekündigt wurde (Urteil des Amtsgerichtes Bonn vom 29.04.1997, Aktenzeichen 6 C 545/96). das Amtsgericht eine wesentliche Beeinträchtigung (AG Steinfurt, Urteil vom 10.03. 2009, Aktenzeichen 4 C171/08) bejaht hat. Dabei wird eine eingeschränkte Berechtigung zum Grillen auf dem Balkon/der Terrasse von den Gerichten immer häufiger angenommen. Dabei wird als Begründung herangezogen, dass eine eingeschränkte Berechtigung zum Grillen auf dem Balkon/ der Terrasse den Interessen aller Parteien Rechnung trägt. Diese sich immer mehr durchsetzende Rechtsauffassung der Gerichte basiert auf der Grundlage einer berechtigter Weise durchzuführenden Interessenabwägung. (2) Optische Beeinträchtigungen (c) Auch Essensgerüche aus der Wohnung eines Mieters wurden im Zusammenhang mit dem Gebot der Rücksichtnahme diskutiert. Die Gerichte vertreten hier weitestgehend die Auffassung, dass wesentliche Beeinträchtigungen nur ausnahmsweise angenommen werden können, wenn diese Essensgerüche dauerhaft und mit einer entsprechenden Intensität auf die anderen Mieter einwirken. In der Regel ist dies nicht anzunehmen. Die unterschiedlichen Essensgerüche selber sind nicht Gegenstand einer Störung, sondern sind durch die anderen Mieter zu dulden (LG Essen, ZMR 2000, 302) (d) Auch im Zusammenhang mit Störungen durch Gerüche wird die Frage von Hundekot auf der Gemeinschaftswiese diskutiert. Auch die Gerichte haben sich damit bereits befasst. Dabei hat das Amtsgericht Steinfurt festgehalten, dass Hundekot auf der Gemeinschaftswiese unter anderem eine wesentliche Geruchsbeeinträchtigung darstellt. Zusätzlich stellt Hundekot auf einer Gemeinschaftswiese einen unansehnlichen und unhygienischen Umstand dar. Insgesamt ist es jedenfalls so, dass Nachdruck und Vervielfältigung (a) So haben sich bereits das Amtsgericht Merzig und das Amtsgericht Bonn mit der Frage zu befassen gehabt, ob das Nacktsonnen auf dem Balkon eine Störung des Hausfriedens darstellt. Beide Gerichte haben entschieden, wenn die Nähe zur Nachbarwohnung nicht zu intensiv ist, kann ein Vermieter einem Nachbarn das Nacktsonnen nicht verbieten (AG Merzig, Az. 23 C 1282/04; AG Bonn Az. U 8 C 209/05). Vielmehr handelt es sich um ein zu duldendes Verhalten. (b) Ebenfalls als optische Beeinträchtigung hat das Amtsgericht Essen in einer Entscheidung aus dem Jahre 1999 einen nackten Gartenzwerg angesehen, der eine Größe von ca. einem Meter aufwies und auf der Garage deponiert war. b) Regelung der Ruhezeiten Häufigste Streitigkeit zwischen Mietern ist die Einhaltung von Ruhezeiten und Lärmbeeinträchtigungen. Diese Thematik erfassen die meisten Hausordnungen durch die konkrete Regelung der Ruhezeiten. Nicht alle Städte sehen eine gesetzlich verankerte Mittags– oder Nachtruhe vor. Um Störungen unter den Mietern zu vereinbaren, bedarf es daher häufig einer konkreten Regelung. (1) Ruhezeitregelungen im Einzelnen Daher sehen viele Hausordnungen Ruhezeiten vor. Diese liegen in der Regel zwischen 13.00 Uhr Seiten 6/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] und 15.00 Uhr (Mittagsruhe) und in der Zeit von 22.00 Uhr und 7.00 Uhr (Nachtruhe). In dieser Zeit ist in besonderem Maße Ruhe zu halten. Rechtlich bedeutet dies, dass in diesen Zeiten Zimmerlautstärke einzuhalten ist. Auch der Begriff der Zimmerlautstärke stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der auszulegen ist. Der Bundesgerichtshof hat sich bereits 1982 zu dem Begriff Zimmerlautstärke geäußert. Zimmerlautstärke ist danach immer eingehalten, wenn Geräusche in der Nachbarwohnung gar nicht oder nur noch sehr vage vernommen werden können (BGH NJW 1982, 441). Dieser Auffassung haben sich in der Folgezeit auch andere Gerichte angeschlossen (LG Berlin, DWW 1988, 83; AG Düsseldorf 1988, 357; LG Hamburg, MDR 1996, 312). Häufig werden im Rahmen der Störung durch Lärm als Maßstand die Technischen Ausführungen zum Lärm (TA Lärm) herangezogen. Diese TA Lärm versucht Geräusche durch Werte zu ermitteln. Im Rahmen dieser TA Lärm wird auch die Zimmerlautstärke konkretisiert. Hier wird von einer Lautstärke von 35 Dezibel ausgegangen. Dies entspricht einer Lautstärke eines langsam vorbeifahrenden PKW. Außerhalb der Ruhezeiten ist unter Berücksichtigung des Rücksichtnahmegebotes eine Lautstärke von bis zu 50 Dezibel zulässig. Dies entspricht einer Lautstärke normal miteinander sprechender Menschen. Dabei ist als Maßstand der allgemeine Durchschnittsmieter zugrunde zu legen. einer Lautstärke von sich miteinander unterhaltenden Menschen in durchschnittlicher Lautstärke (BGH, Urteil vom 05.02. 1993, NJW 1993, 1656, LG Hamburg, MDR 1996, 312). Auf den empfindlichen Einzelmieter kommt es indes nicht an. Dabei ist bei den wertmäßigen Angaben zu beachten, dass es hier auf den Einzelfall ankommt. Hier sind Einzelaspekte, wie Hellhörigkeit der Wohnung, Wohngebiet, soziales Milieu und ähnliche Kriterien zu beachten. Daher können die Dezibelangaben auch nur als Richtschnur dienen. (2) Lärmbeeinträchtigen im Einzelnen Störungen durch zu lautes Verhalten können vielseitig sein. Jedoch gibt es Ursachen, die regelmäßig Lärmstörungen herbeiführen können: (a) Kinderverhalten Häufig ist Mittelpunkt von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Lärmstörungen das Verhalten von Kindern. Auch Gerichte sind hiermit regelmäßig befasst. Einheitlich geht die Rechtsprechung der Gerichte davon aus, dass bei Kindern eine höhere Toleranz von den Mietern erwartet wird. So muss regelmäßig altersgemäßes Verhalten von Kindern von anderen Mietern geduldet werden. Im Einzelnen haben hier unterschiedliche Gerichte zu unterschiedlichen Verhaltensweisen von Kindern entschieden. Beispielhaft sollen hier die wesentlichen Entscheidungen angeführt werden: Hier wird von den Gerichten regelmäßig vertreten, dass außerhalb der allgemeinen Ruhezeiten die Lautstärke von bis zu 45 Dezibel durchschnittlich nicht überschritten werden dürfe. Dies entspricht Nachdruck und Vervielfältigung Seiten 7/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] Gerichtsentscheidung Kinderverhalten 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 Inhalt der Entscheidung LG Bad Kreuznach, WuM 2003, 3289,5 Babygeschrei, Gepolter, Gehopse Derartige Verhaltsweisen sind von Mitmietern zu dulden, soweit es dem Lebensalter entsprechend zu erwarten ist. Dies sind Begleiterscheinungen, mit denen Mitmieter rechnen und leben müssen. AG Brandenburg, WuM 2002, 50 Lauf – & Spiel –Geräusche Derartiges Verhalten von Kindern ist als sozialadäquat hinzunehmen, selbst wenn es einmal über das übliche Maß hinausgeht. Dabei ist insbesondere die Situation im Einzelfall zu beachten (Alter des Hauses, Anzahl der Kinder, Mieterstruktur etc.). In Anbetracht des Umstandes, dass Altbauten häufig schlechter ausgestattet sind, ist dort eine höhere Toleranz zu erwarten, als in einem Neubau. AG Oberhausen, WuM 2001, 464 Lauf – & Spiel – Geräusche, Weinen & Derartiges Verhalten ist bei Kindern von Ermahnung durch Mutter ca. 3 Jahren durch Mitmieter hinnehmbar. Auch Diskussionen zwischen Elternteilen und Kindern im Hausflur sind hinzunehmen. LG München, NZM 2005, 339 Gepolter, Gerenne, lauter Fernseher AG Schöneberg, MM 1995, 397 Bollerwagen im Innenhof, Ballspielen Derartige Verhaltensweisen sind sozialgegen die Hauswand etc. adäquat, solange dies nicht durch lärmverursachendes Spielzeug hervorgerufen wird. Anderer Ansicht LG Lübeck, WM 1989, 627 LG Berlin, WuM 1999, 329 AG Braunschweig, WuM 2002, 50 Ist bei Kindern im Alter von 5 bis 8 Jahren als sozialadäquat anzusehen und daher hinzunehmen. Die Eltern sind im Rahmen der Erziehung dazu verpflichtet, die Kinder auch zur Rücksichtnahme zu erziehen. (2) Haustiere (a) Im Mittelpunkt hier ist das laute Bellen eines Hundes in der Nachbarwohnung. Hier wird von den Gerichten ebenfalls davon ausgegangen, dass das Bellen eines Hundes artgemäßes Verhalten eines Hundes ist. Sofern der Vermieter die Haltung des Hundes gestattet hat, wird von den Gerichten eine Interessenabwägung vorgenommen. Dabei hat das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 07.06.1993, VersR Nachdruck und Vervielfältigung Seiten 8/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Online-Archiv Seite 241-251 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] 1993, 1242) festgehalten, dass das Bellen eines Hundes als vertragsgemäß anzusehen ist, soweit der Hund täglich höchstens 30 Minuten und ununterbrochen höchstens 10 Minuten bellt. Diese Verhaltensweisen eines Hundes sind durch den Nachbarn zu dulden. (b) Auch das Verhalten von Papageien und anderen Vögeln hat die Gerichte bereits mehrfach beschäftigt. Auch hier wird vertreten, dass das Schreien eines Papageis oder das Zwitschern von Vögeln in einer Voliere auf dem Balkon artgerecht ist. Bei Papageirufen hat das Landgericht Darmstadt entschieden, dass diese zwei – bis dreimal am Tag für einen Zeitraum von jeweils fünf Minuten angemessen und damit vom Nachbarn zu dulden sind (LG Darmstadt, Aktenzeichen 21 S 144/01). Vogelgezwitscher aus einer Voliere ist außerhalb der Ruhezeiten für einen Zeitraum von maximal einer Stunde als zulässig angesehen worden (LG Zwickau, Aktenzeichen 6 S 388/00). (3) Rundfunkgeräte Was Rundfunkgeräte anbelangt, so gilt grundsätzlich, dass diese in Zimmerlautstärke eingestellt sein müssen. Dies sowohl innerhalb der Ruhezeiten als auch in den sonstigen Zeiten. Dies entspricht der herrschenden Rechtsprechung. (4) Musizieren Das Musizieren ist grundsätzlich als vertragsgemäßes Verhalten anzusehen. Die Einhaltung der Zimmerlautstärke ist grundsätzlich, so auch die Gerichte, nicht einhaltbar. Die Anwendung der Hausordnung bei der Verwendung von Musikinstrumenten würde einem Verbot gleichkommen. Um dem Interesse des musizierenden Mieters und dem Interesse des Nachbarmieters an der EinhalNachdruck und Vervielfältigung tung der allgemein üblichen Lautstärke gerecht zu werden, nehmen die Gerichte hier eine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall vor. Dabei sind hinsichtlich einzelner Geräte folgende Entscheidungen bereits vorgenommen worden: Gerichtsentscheidung Musikinstrument Dauer LG Kleve, DWW Akkordeon 1992,16 tägl. Üben von 1 ½ Stunden ist zulässig LG Nürnberg, Schlagzeug WuM 1992, 253 tägl. Üben zwischen 40–90 Minuten ist zulässig AG Frankfurt/M.Wu Klavier/Flügel M 1997, 430 tägl. Üben von 1 ½ Stunden ist zulässig Grundsätzlich lässt sich als Richtlinie festhalten, dass Musizieren für einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden außerhalb der Ruhezeiten gestattet sein dürfte. (5) Nächtliche Geräusche Grundsätzlich ist als Maßstab für zulässiges Verhalten die Zimmerlautstärke heranzuziehen. Dies gilt nach der Entscheidung des Amtsgerichtes Warendorf (Urteil vom 19.08.1997, Aktenzeichen 5 C 414/97) auch für Sex- und Lustgeräusche in der Nacht. Auch diese haben in Zimmerlautstärke stattzufinden. Hinsichtlich des Duschens zu Nachtzeiten haben die Gerichte entschieden, dass dies keine Ruhestörung rechtfertigt, sondern vertragsgemäßes Verhalten innerhalb der Mietwohnung darstellt (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.01.1991, Aktenzeichen WuM 1991, 288; LG Köln, NJW-RR Seiten 9/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] 1997, 1440). (6) Geräusche von Gewerberäumen (Gaststätten etc.) Besonderheiten in Bezug auf das Geräuschaufkommen sind bei gemischten Mietverhältnissen zu beachten. Hier sind die Anforderungen an das Geräuschaufkommen niedriger anzulegen. So müssen die Mieter der Wohnräume höheres Geräuschaufkommen, welches auf den Betrieb des Gewerbes zurückzuführen ist, hinnehmen. Hierzu zählt das Kommen und Gehen von Kunden oder von Maschinen stammende Geräusche. Ob die Geräusche, ausgehend von Maschinen üblich und damit bei gemischten Wohnräumen hinzunehmen sind, richtet sich danach, ob die Richtwerte eingehalten sind, die sich regelmäßig aus der TALärm ergeben. Ähnlich gestaltet es sich mit sonstigen Beeinträchtigungen. Auch hier sind höhere Anforderungen bei gemischten Mietverhältnissen zugrunde zu legen, um eine Störung gegen die Hausordnung annehmen zu können. (7) Besondere Anlässe Was anderweitige Lärmbeeinträchtigungen etwa durch Geburtstagsfeiern oder familiäre Streitigkeiten bzw. Großereignisse anbelangt, so ist regelmäßig der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme zu beachten. Insoweit ist von Seiten jeden Mieters darauf zu achten, dass andere Mieter nicht gestört werden. Auch besondere Anlässe wie Jahrmarkt/ Kirmes, aber auch die Karnevalszeit und andere Großereignisse (Fußballturniere etc.) sind immer wieder Gegenstand von Lärmstreitigkeiten. Gerade Nachdruck und Vervielfältigung 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 zu Zeiten von Großereignissen kommt es immer wieder dazu, dass sich Mieter durch lautes Gelächter auf der Straße und laute Musik gestört fühlen. Der Bundesgerichtshof geht zwar davon aus, dass die Regelungen der Hausordnung und damit auch die Ruhezeiten zu beachten sind. Allerdings wird von den Gerichten bei besonderen Anlässen eine höhere Toleranz von den anderen Mietern verlangt. Regelmäßig wird von der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass hier eine Überschreitung der allgemeinen Ruhezeiten um ca. 10 Dezibel bis Mitternacht erlaubt ist. Erlaubt sind daher aus besonderem Anlass bis zu 45 Dezibel während der Nachtruhe. Dies entspricht einer Lautstärke von sich unterhaltenden Menschen in durchschnittlicher Lautstärke. c) Reinigungspflichten/Winterdienst Weiter wird in den meisten Hausordnungen häufig die Reinigungspflicht und der Winterdiensträumung näher konkretisiert. Hierbei ist zu beachten, dass die eigentliche Verpflichtung zur Reinigung der Gemeinschaftsräume/Schneeräumpflicht gerade nicht in der Hausordnung geregelt werden kann. Dies muss im Rahmen des Mietvertrages erfolgen. Grundsätzlich obliegen die Reinigung von Gemeinschaftseinrichtungen und die Schneebeseitigung dem Vermieter. Dieser kann die Reinigungs- und Schneebeseitigungspflicht auf den Mieter durch entsprechende Regelung im Mietvertrag abwälzen. In der Hausordnung kann dann diese Verpflichtung des Mieters näher ausgestaltet werden. Zu beachten ist insbesondere für den Vermieter, dass mit der Übertragung der Reinigungspflicht/Schneeräumpflicht seine Haftung nicht entfällt. Vielmehr trifft den Vermieter eine Kontrollpflicht (Verkehrssicherungspflicht), die eine Seiten 10/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ♦ 44704 Bochum www.schiedsamt.de ♦ [email protected] besondere Schadensersatzhaftung herbeiführen kann. Den Vermieter trifft bei Verstößen der Mieter hier ein großes Haftungsrisiko. d) Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen (1) Dabei werden insbesondere die Nutzung des Hausflurs und das Abstellen von Gegenständen (wie Kinderwagen) im Hausflur erörtert. Seitens der Gerichte wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass das Abstellen von Kinderwagen durch Mieter nicht verboten werden darf. Argumentiert wird hier mit der Schutzwürdigkeit der Familie. Es ist Mietern nicht zumutbar, Kinderwagen täglich durch den Hausflur zu tragen. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit über das Maß hinaus ein (so auch das Amtsgericht Winsen, Urteil vom 28.04.1999, Az. 16 C 602/99, AG Köln, Aktenzeichen 207 C 43/95, abgedruckt in WM 1995, 652). 86. Jahrgang 2012, Heft 11 Seite 241-251 (3) Ferner haben sich die Gerichte damit befasst, ob das Abstellen von Schuhen im Hausflur eine unzulässige Nutzung des Hausflures darstellt. Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 20.04.1988, Aktenzeichen 15 W 168/88 festgehalten, dass es für ein solches Verbot keine Rechtsgrundlage gibt. Solange Schuhe daher im Bereich der Fußmatte abgestellt werden, ist eine Gefährdung für Dritte in der Regel nicht anzunehmen. Fußmatten befinden sich regelmäßig nicht im Bereich des Laufweges im Hausflur. Solange durch das Abstellen der Schuhe keine Unfallgefahr begründet wird, ist dieses Verhalten als vertragsgemäß anzusehen und daher vom Nachbarn zu dulden. (Fortsetzung des Artikels in Heft 12/2012) Allerdings gilt dies nach den Gerichten nicht uneingeschränkt. Vielmehr haben die Mieter darauf zu achten, dass die übrigen Mieter bei der Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen nicht behindert werden. Zudem dürfen die Gemeinschaftseinrichtungen nicht als dauerhafte Abstellplätze genutzt werden. Das bedeutet, dass Kinderwagen nur vorübergehend in den Gemeinschaftseinrichtungen abgestellt werden können. Abends, nach der letzten Nutzung, sind Kinderwagen in der Wohnung abzustellen (so unter anderem das OLG Hamm in einer Entscheidung unter dem Aktenzeichen 15 W 444/00). (2) Mit gleicher Argumentation, das heißt mit Bewegungsfreiheit des betroffenen Mieters wird angenommen, dass Gehhilfen (Rollatoren) im Hausflur abgestellt werden können, sofern dies in platzsparender Weise erfolgt (LG Hannover, Urteil vom 17.10.2005, Aktenzeichen 20 S 39/05). Nachdruck und Vervielfältigung Seiten 11/11 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.