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DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
28
Nummer 1
PRAKTIKUM
Die chemischen und mikroskopischen Untersuchungen am Krankenbett1
Von HELLMUT MARX
V.
Darmparasiten
Da die klinischen Zeichen der Wurminfektion und der
Wurmerkrankung wechselvoll und wenig charakteristisch sind,
so kommt dem direkten Nachweis der Parasiten und ihrer Eier
eine besondere Bedeutung zu. Wenn der Parasit selbst im Kot
erscheint, so pflegt die Erkennung einfach zu sein. So sind die
Proglottiden des Bandwurmes, die Askariden und Oxyuren unschwer zu identifizieren. Da jedoch der Abgang oft unbemerkt
erfolgt und manche Parasiten jahrelang im Darm verweilen
können, so wird meist die Untersuchung des Kotes auf Eier
notwendig. In den Gegenden Deutschlands, in denen, wie im
Rheinland und der Pfalz, die Wurminfektion häufig ist, pflegt
man in der Klinik nach Möglichkeit bei jedem Kranken eine
solche Stuhluntersuchung vorzunehmen. Durch die Verbreitung
der Rohkosternährung ist es in zahlreichen Gegenden zu einer
starken Zunahme der Wurminfektion gekommen; besonders
dort, wo menschlicher Kot zur Düngung verwendet wird, wie
in den Rieselfeldern der Großstädte, sind die Parasiten leicht
übertragbar.
Man bringt zur Stuhiuntersuchung ein erbsengroßes Stück des
frischen Kotes mit einem Glasstab auf den Objektträger, verreibt ihn
mit verdünnter Essigsäure und mustert dann das Gesichtsfeld unter
schwacher Vergrößerung. Bei Verdacht auf Oxyuren empfiehlt es sich,
(lie Gegend des Afters selbst mit einem kleinen Spatel abzuschaben und
dieses Geschabsel zu untersuchen. Bei Kindern lassen sich die Eier oft
im Schmutz der Fingernägel nachweisen, dadurch wird zugleich der
Weg der Infektion deutlich.
Bei der Einteilung der verschiedenen Parasiten kann man
zunächst zwischen harmlosen und gefährlichen Arten unter-
scheiden. So ist eine Infektion mit Trichina spiralis oder
Taenia echinococcus in der Regel für den Menschen gefährlicher als eine mit Askariden oder Oxyuren. Man muß aber
wissen, daß auch diese schwere Erkrankungen bedingen können.
So kann es bei Asariden bei Kindern häufig, seltener bei Erwachsenen, zum Wurmileus kommen. So kann eine Bandwurmoder Askarideninfektion ein Bronchialasthma unterhalten und
eine Oxyureninfektion die Ausheilung eines quälenden Analekzcms verhindern. Man wird deshalb in der Regel versuchen,
den Wurm abzutreiben, sobald er nachgewiesen ist. Bleibt der
Tausenden von Eiern gefüllt sind, verlassen den Darm und
suchen als Zwischenwirt Rind, Schwein oder Hecht auf. im
Magen des Zwischenwirtes werden die Schalen der Eier verdaut. Die Wurmembryonen bohren sich durch die Darmwand,
keimmen in das Blut und werden mit detn Blutstrom in die
Muskulatur und andere Organe verschleppt. Hier entwickeln
sie sich zu den Finnen (Cysticercus), Bläschen, die an ihrer
Innenseite einen neuen Bandwurmkopf tragen. Wird das
finnige Fleisch vom Menschen roh oder nach ungenügender Erhitzung gegessen, so stülpt sich der Finnenkopf (Skolex) uni,
befestigt sich in der Darmwand und wächst zu einem neuen
Bandwurm heran. Umgekehrt kann aber auch der Mensch zum
Träger des Finnenstadiums werden, so bei Taenia echinococcus,
dem kleinen Hundebandwurm, dessen Wurmstadium im Darm
des Hundes abläuft.
Der in Deutschland häufigste Bandwurm ist die Taenia
saginata, deren Finne im Rinde lebt. Er wird bis zu 10 m lang
und ist daran kenntlich, daß der die Proglottiden ausfüllende
Uterus stark verästelt ist und der stecknadelkopfgroße Kopf
vier runde Saugnäpfe trägt. Die Eier sind oval, farblos und lassen
außer der dicken Schale oft noch ein dünnes äußeres Häutchen
erkennen. Sehr vièl seltener ist die Taenia solium, deren Finne
im Schwein lebt. Sie wird 2-3 m lang. Der Kopf trägt einen
Hakenkranz, der Uterus ist wenig verästelt, die Eier sind rund
önd dickschalig.
In Ostpreußen, den baltischen Provinzen, auch in Bayern,
in der Gegend des Starnberger Sees, kommt der Bothriocephalus
latus, neuerdings Diphyllobotrium latum genannt, vor. Bei
einem kleinen Prozentsatz der Träger dieses Wurmes kommt
es zu der Entwicklung einer Ana inîe, die klinisch von der
Biermerschen Anämie nicht zu unterscheiden ist, die aber nach
der Abtreibung des Wurmes verschwindet. Die Eier sind oval
und mit einem Sprungdeckel versehen. Kommen sie ins Wasser,
so entwickelt sich der Embryo, der, mit einem Flimmersaum
versehen, schwimmen kann; er gerät in den Hecht und entwickelt sich hier zur Finne. Der Kopf dieses Wurmes trägt an
der Seite zwei flache Sauggruben.
Die Taenia echinococcus ist nur 3-5mm lang und lebt (unter
Umständen zu Tausenden) im Darm des Hundes. Durch das
gefürchtete Anlecken der Kinder können die Embryonen in
den Menschen gelangen und sich hier, besonders in der Leber
und der Lunge zu großen Finnenblasen entwickeln. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Diagnose der Echinokokkuserkrankung
stellt die Kutanreaktion dar, die man mit Echinokokkusextrakt
an der Haut anstellt und die, wenn auch nicht absolut spezifisch,
doch recht zuverlässig arbeitet. Neuerdings kann man auch mit
Hilfe der Komplementbindungsreaktion im Blut die Frage der
Echinokokkusiiifektion klären.
Die Faden- oder Rundwürmer (Nematoden) sind un-
klinische Verdacht trotz des fehlenden Eiernachweises bestehen, so wird man eine pro phylaktische Wurmkur durch-
gegliedert und zweigeschlechtlich. Sie tragen eine endständige
führen müssen.
Der Zoologe unterscheidet Kestoden = Bandwürmer, Nematoden = Fadenwürmer und Trematoden = Saugwürmer.
endet. Die männlichen Tiere sind meist kleiner und spärlicher,
oft mit eingerolltem Schwanzende. Die Eier werden in gewal-
Mundöffnung, während der After an der Seite des Wurmes
tigen Mengen produziert. Man hat gefunden, daß ein Spul-
haben die Fähigkeit der selbständigen Bewegung. So kann man
wurmweibchen pro Tag 200 000 Eier legen kann. Sie kommen
mit dem Kot auf Äcker und Beete und von hier mit dem Gemüse, besonders mit Salat, Radiéschen, auch Erdbeeren wieder
in den menschlichen Magen. Hier wird die Eischale verdaut,
die Larven gelangen in den Dünndarm und dringen von da in
auf frisch gedüngten, feuchten Wiesen nicht selten einzelne
Bandwurmglieder beobachten, wie sie am Gras hochkriechen,
den Blutstrom ein. Sie sollen dabei auch regelmäßig in die
Lungen des Menschen gelangen. Wieweit sie dabei Krankheits-
(Skolex) des Bandwurmes befestigt sich mit Saugnäpfen oder
ganz geklärt.
Der häufigste Rundwurm des Menschen ist der Spulwurm,
Die Bandwürmer
stellen Tierkolonien dar, deren einzelne Glieder - ohne Mund
und Darm - sich durch Aufsaugen von Nährstoffen aus dem
Darminhalt ernähren. Die einzelnen Glieder sind zwittrig und
um hier vom Weidevieh gefressen zu werden. Der Kopf
einem Hakenkranz in der Darmschleimhaut. Von hier aus
sprossen die weiteren Glieder. Die reifen Glieder, die mit
JIV vgl. 1938 Nr. 1-6, 39 und 44.
zeichen, wie Hämaptoë, verursachen können, ist noch nicht
Ascaris lumbricoides. Das Männchen ist bis zu 16 cm, das
Weibchen bis zu 25 cm lang. Die Eier sind oval, von buckliger
Oberfläche und bräunlicher Farbe. Er ist meist ein harmloser
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Aus der Inneren Abteilung
der Krankenanstalten Bethel bei Bielefeld
DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
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Schmarotzer des Dünndarms, kann jedoch einmal in (lie Gallenwege einwandern und hier einen Verschluß bewirken. Ttitt er
in großer Menge auf, so können Leibschmerzen, Durchfälle, ja
Fällen ini Kot nachweisbar. Dic Diagnose stützt sich auf cias
Darmverschluß die Folge sein. In seltenen Fällen können allergische Erkrankungen, wie Ekzem und Asthma, durch ihn
unterhalten werden.
Der Spring- oder Madenwurm (Enterobius, Oxvuris verni j(las Männchen 3-4 mm, das Weibchen 10--12 mm
cularis)
lebt im Dickdarm. Die Eier sind oval, farblos, doppelt
lang
konturiert. Man erkennt manchmal den fertigen Wurmembrvo
darin. Die Weibchen kriechen hei erhöhter Außenwärme, so
besonders bei der nächtlichen Bettwärme, aus dciii After und
verursachen hier heftigen Juckreiz. Sie trocknen dabei häufig
an, platzen auf und die so frei werdenden Eier können dann,
Sicherung der Diagnose entnimmt man aus dem erkrankten
Muskel ein kleines Stück durch i'roheex2ision oder auch mit
etwa mit dciii Nagelschmutz (les sich kratzenden Kindes, wieder
in den Mund und Magen des Menschen gelangen.
Die Trichina .cpiralis stellt (len gefährlichsten Darmschmarotzer cies Menschen ciar. Das Männchen ist 1,3 miii, cias
Weibchen 3,0 mm lang. Sic leben im i)ünndarm. Die Larven
werden hier in die Lymphgefaße abgesetzt und gelangen von
da in cien Blutstrotn und (lie Muskulatur. Flier kapselt sich der
Wurm ein. Er bleibt, audi wenn (liese Kapsel verkalkt, noch
lange Jahre lebens- und fortpflanzungsfähig. Gelangt solches
trichinenhaltige Fleisch, cias nicht oder ungenugend erhitzt
wurde, in (len Magen, so wird clic Kapsel verdaut, und der
Wurm wandert in cien l)ünndarm ein. Der Muskeltricitinose
geht also stets eine Darmtrichinose voraus. Trichinenträger
sind in erster Linie die Fieischfresser, wie Katze und Hund,
dann das Wild und Hausschwein, cias seine Trichinose meist
von den Ratten cies Stalles bekommt. Auch Bären, Dachs und
Fuchs können Trichinenträger sein. 1)ie geschlechtsreifen
Darmtricliinen und ihre Jugendformen sind nur in seltenen
hier meist charakteristische klinische Bild, zumal che sehr
schmerzhafte und fieberhafte Erkrankung der Muskulatur. Zur
einer kleinen Harpune durch clic i-Taut hindurch und untersucht
mikroskopisch. Zur Zeit cies Einschwärmens der Trichinenembryonen in cias Blut, clic durch heftigen Fieberanstieg gekennzeichnet ist, kann man clic Embryonen manchmal auch im
Blut nachweisen; man versetzt 3 ccm Blut mit 8 cciii 3 °/oiger
Essigsäure und untersucht dann mikroskopisch.
Ein häufiger und meist harmloser Darmparasit ist der
Trichoce p/ia/us dispar, ein facienförmiger, aufgerollter Rundwurm, dessen Männchen 40 mm, (lessen \Veihchen 30 mm lang
ist. Die Eier sind gelb- oder rotbraun und an cien beiden endständigen Sprungcieckeln leicht zu erkennen.
Dagegen kann cias -1nkyiostoma duodena/e, (las in Deutschland nur noch selten vorzukornnien scheint, in italien und
Ägypten aber noch häufig ist, schwere Erkrankungen verursachen. Der \Vurni, der ztir Entwicklung der Larve aus deni
Ei eine feuchte Umgehung, Wasser oder feuchten Sand, be-
nötigt, lebt un oberen Dünndarm und saugt sich nut Hilfe einer
Muncikapsel und von vier kräftigen Haken fest. Dabei kann es
zu schweren, ja töclhchen Darnibiutungen kommen. Die Eier
finden sich im Kot in großer Menge, sie sind oval und durchscheinend, sodaß mati cien aufgerollten \Vurrnenibryo darin erhemmen kann.
Die anderen Parasiten, wie Filaria sanguinis, Bilharzia
haematobia und l)istomum pulmonale, konimen in Deutschland
praktisdi nicht vor und sollen deshalb hier nicht besprochen
verden.
Fortsetzung folgt
(Anschr. des 1/erl.: Bethel b. I3ieleÍt'ld, Kranbenanstalt Srepta)
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5. Januar 1939
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