Kongenitale Infektionen - biomed

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wissenschaft & praxis
Zu den Risikogruppen zählen primär
CMV-seronegative schwangere Frauen, besonders jene mit Kleinkindern, sowie Personen mit Sexualkontakten hoher PromisZahlreiche Infektionskrankheiten, insbesondere kongekuität. Gegenwärtig existiert keine Methode
nitale Infektionen, können schädlichen Einfluss auf den
zur Verhinderung von CMV-Infektionen,
lediglich vorbeugende Verhaltensweisen
Föten oder die Schwangerschaft nehmen.
(Händewaschen nach dem Wickeln, kleine
Kinder nicht auf den Mund küssen) dienen
Kongenitale Infektionen werden definiert als
Infektionen, die entweder transplazentär oder der Risikoreduzierung.
im Laufe der Geburt übertragen werden. Konnatal hingegen wird mit angeboren übersetzt
Toxoplasmose
und impliziert den Erwerb von Infektionen,
die nicht erblich bedingt sind, im Mutterleib oder bei der
Toxoplasmose ist eine Infektion mit dem einzelligen ParasiGeburt.
ten Toxoplasma gondii (T.gondii), die bei Gesunden meist
Der vorliegende Artikel über Kongenitale Infektionen ohne Beschwerden verläuft. Allerdings kann eine Infektion
gibt einen Überblick über Diagnose, Behandlung und Prä- in der Schwangerschaft zu Fehlgeburten und Missbildungen
vention von Cytomegalievirus (CMV)-, Toxoplasmose- und führen, demgemäß hat sich in Österreich (seit 1975) ein
Röteln-Infektionen. Das Bewusstsein für das Vorkommen Toxoplasmose-Screening etabliert, das für alle Graviden im
dieser Erkrankungen ins Blickfeld zu rücken sowie entspre- Rahmen des Mutter-Kind-Passes durchgeführt wird[1].
chende hygienische Maßnahmen aufzuzeigen, ist das Ziel.
T. gondii ist weltweit verbreitet und kann zahlreiche
Zu jedem Erreger werden Pathologie und Infektionswege Wirbeltiere wie auch den Menschen befallen. Zumeist wird
erläutert, diagnostisches Vorgehen und Präventionsmaß- es durch den Verzehr roher oder nicht ausreichend gegarter
nahmen vorgestellt.
Fleischprodukte oder durch verunreinigtes Wasser übertragen. Ein weiteres hochrelevantes Infektionsrisiko ist der Kontakt mit Katzenkot. Der Toxoplasmose-Erreger durchläuft
CMV
im Darm von Katzen verschiedene Entwicklungsstadien,
wobei als Endprodukt Toxoplasmose-Eier (Oozysten) entDas Cytomegalievirus, ein DNA-Virus, gehört zur Familie
der Humanen Herpesviren und ist weltweit verbreitet. In stehen und mit dem Kot ausgeschieden werden. Der Konsum
Europa zählt es zu den häufigsten Ursachen intrauterin er- von rohem Fleisch ist das größte Infektionsrisiko in Europa, wobei eine intrauterine Übertragung im Rahmen einer
worbener Infektionen mit kindlichen Schäden bei der Geburt
kongenitalen Infektion häufig zu Spätfolgen führen kann.
oder später.
In erster Linie wird CMV durch engen Körperkontakt über T.gondii persistiert lebenslang im infizierten Organismus,
virushaltige Körperflüssigkeiten übertragen. Die Transmission wobei durch entsprechendes Verhalten eine Infektion weitkann pränatal (diaplazentar), perinatal (Zervixsekret) oder gehend vermeidbar wäre.
Nach Feststehen einer Schwangerschaft erfolgt im Rahauch postnatal (Muttermilch) erfolgen, aber auch durch Bluttransfusionen oder Organtransplantationen. Eine Primärinfek- men der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung[2] eine Blutuntion resultiert, wenn eine seronegative Person mit dem Virus tersuchung hinsichtlich Toxoplasmose-Antikörper. Das
in Kontakt kommt und erstmalig IgM- oder IgG-Antikörper Testergebnis liegt in Form eines Titers vor, worunter die
auftreten. Nach der Primärinfektion persistiert der CMV la- Konzentration der Antikörper gegen den Erreger verstanden
tent im Körper, eine Reaktivierung der CMV-Replikation wird. In der Diagnostik wird zwischen IgM- und IgG-Titer
kann beispielsweise durch Immunschwächung ausgelöst wer- differenziert. IgM-Antikörper werden beim Erstkontakt mit
den. Üblicherweise sind bei nicht-primären CMV-Infektionen dem Erreger gebildet und weisen auf eine akute Infektion hin.
IgG-Antikörper hoher Avidität nachweisbar. Potenzielle Fol- Diese sinken im Verlauf einiger Wochen bis weniger Monate
geschäden sind etwa bei sieben bis zehn Prozent der intrauterin unter die Nachweisgrenze. Im Gegensatz dazu erreichen
infizierten Kinder durch schwere Behinderungen wie mentale IgG-Antikörper erst zwei bis vier Monate nach der akuten
und kognitive Retardierung, Gehörlosigkeit und Entwick- Infektion mit dem Parasiten ihre Maximalkonzentration, die
lungsverzögerung zu verzeichnen. Eine CMV-Übertragung
über viele Jahre erhalten bleibt.
von der Mutter auf den Fetus ist in jeder Phase der SchwanDas Risiko einer Toxoplasmose-Übertragung auf das
gerschaft möglich. Allerdings treten bei Primärinfektion in der ungeborene Kind besteht etwa ab der sechsten bis zehnersten Schwangerschaftshälfte die schwersten neurologischen ten Schwangerschaftswoche, davor ist die Plazenta nicht
Komplikationen beim Fetus auf. Dies manifestiert sich durch durchlässig für Parasiten. Die Gefahr einer schweren pränamentale Retardierung, Sensorineuerale Hörstörung, Zerebrale
talen Infektion ist im Zeitraum von der zehnten bis zur 20.
Lähmung oder optische Atrophie.
Schwangerschaftswoche am größten. Allerdings nimmt mit
Serologische Testmethoden dienten zum Nachweis von der Dauer der Schwangerschaft einerseits die WahrscheinIgG-Antikörpern (wird im maternalen oder fetalen Blut be- lichkeit der Ansteckung mit dem Fötus zu, andererseits die
stimmt) und IgM-Antikörpern (Marker für primäre und
Schwere der zu erwartenden Schädigung ab. Ein positiver
nicht-primäre CMV-Infektion). Die IgG-Avidität hingegen Toxoplasmose-Test der werdenden Mutter bedeutet nicht
quantifiziert die funktionelle Bindungsaffinität zwischen
zwangsläufig, dass auch das ungeborene Kind infiziert wird.
IgG-Antikörpern und CMV-Antigen. PCR-Analysen werden In der Regel wird dies mithilfe von Ultraschall-Untersuvorrangig aus Probenmaterial der Mutter im Rahmen der chungen und einer Aminozentese (Fruchtwasserpunktion)
Pränataldiagnostik durchgeführt, hingegen wird in der Post- festgestellt. Bestätigen diese Untersuchungen eine Infektion
nataldiagnostik zumeist eine CMV-PCR beim Neugeborenen
des Kindes, erfolgt eine Antibiotika-Therapie, ebenso kann
durchgeführt.
ein Schwangerschaftsabbruch besprochen werden.
Kongenitale Infektionen
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Infektionen mit T. gondii und somit auch die kongenitale Toxoplasmose sind vermeidbar. Aufklärung und damit
einhergehendes Verhalten stellen den wichtigsten Beitrag
zur Reduktion kongenitaler Toxoplasma-Infektionen dar.
Nicht immune Schwangere sollten nur gut durchgegartes
Fleisch genießen und Beef tartare und Rohwurstprodukte
vermeiden. Nach der Verarbeitung von rohem Fleisch ist eine
gründliche Küchen- und Händehygiene vorzunehmen. Das
Reinigen des Katzenklos sollte entweder mit Handschuhen
oder am besten von anderen Personen erledigt werden. Ebenso sind Sandkästen zu meiden.
Rötelnvirus
Die Rötelninfektion wird zu den Kinderkrankheiten gezählt und ist weltweit verbreitet. Der Rubivirus wird per
Tröpfcheninfektion beim Sprechen, Niesen und Husten von
Mensch zu Mensch übertragen. Die Viren dringen über die
Schleimhäute der oberen Atemwege, vermehren sich im lymphatischen System und werden dann in die Blutbahn ausgeschüttet (Virämie). Eine Rötelninfektion bei Ungeimpften
ist durch ein mild verlaufendes, mehrtägiges Exanthem mit
leichtem Fieber gekennzeichnet.
Durch intraunterine Übertragung des Virus von der
Schwangeren auf den Fetus innerhalb des ersten Trimenons
besteht allerdings ein großes Risiko für fetale Fehlbildungen.
Fatale Folgen könnte eine Infektion bei nicht oder nur unzureichend geimpften Schwangeren nach sich ziehen, wobei die
Erkrankung für die Frauen meist harmlos oder unbemerkt
verläuft. Am größten ist das Risiko allerdings in den ersten
zwei Schwangerschaftsmonaten, in denen bis zu 60 Prozent
der Kinder eine sogenannte Röteln-Embryopathie (schwere
Missbildungen an Augen, Gehör, Gehirn oder Herzen) erleiden.
Eine Impfung schützt auf zweifache Weise: Einerseits
ist die Geimpfte selbst geschützt, andererseits steckt eine
geimpfte Person andere nicht mit dem Rubivirus an. Hierbei
handelt es sich um eine aktive Immunisierung, die einen
langanhaltenden und hochwertigen Schutz bietet. Gemäß
dem Österreichischen Impfplan[3] findet die Grundimmunisierung gegen Röteln im zweiten Lebensjahr statt und enthält
folgende drei Komponenten: Masern, Mumps, Röteln. Insbesondere bei jungen Mädchen, die noch nicht nach dem neuen Impfplan zweimal (bzw. noch gar nicht) gegen Masern/
Mumps/Röteln geimpft wurden, sollte die Rötelnimpfung
vor der Geschlechtsreife durchgeführt werden. Der Impferfolg wird mittels Titerbestimmung festgestellt. Schwangeren
sollte die Impfung jedoch nicht verabreicht werden, da die
theoretische Möglichkeit einer Schädigung des Ungeborenen
besteht. Unter bestimmten Umständen könnten sie durch
passive Immunisierung geschützt werden.
Übrigens hinterlässt die Erkrankung eine lebenslange
Immunität – sprich: Wer einmal Röteln hatte, kann sich nie
mehr mit dem Virus anstecken. Der Impfschutz demgegenüber ist hoch. Nach der ersten Rötelnimpfung besteht eine
Schutzrate von etwa 95 Prozent, daher ist im Österreichischen Impfplan eine zweite Impfung
vorgesehen[3]. Hierbei liegt der Schutz
bei annähernd 100 Prozent und hält vermutlich ein Leben lang.
n
Ute Maurer
Quellen
1) Trojovsky A., et al.: Konnatale Toxoplasmose trotz Screening – warum? Mitt. Österr. Ges. Tropenmed. Parasitol. 20
(1998) 71–78
2) https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/
content/8/Seite.082200.html, Mutter-Kind-Pass, Bundeskanzleramt Österreich, Zugriff am 30.01.2012
3) http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/3/3/6/CH1100/
CMS1327680589121/impfplan_2011.pdf, Österreichisches
Bundesministerium für Gesundheit, Evidenz-basierte
Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates (Impfausschuss:
12. Oktober 2010); Zugriff am 30.01.2012
licht medizinischer Fortschritt
immer öfter ein längeres und
gesünderes Leben. Während
der ökonomische Fokus immer noch hauptsächlich im
kurativen Bereich ist, zeigen
Medizin und Gesundheitswissenschaften interessante Felder
im Bereich der Prävention auf. Die Entwicklung im Gesundheitsbereich eröffnet und entwickelt neue Berufsbilder – und
sie schafft Arbeitsplätze: Bei den medizinisch-technischen
Diensten (MTD) in Krankenanstalten hat sich der Personalstand in den letzten 30 Jahren mehr als verdreifacht auf
fast 12.000 Personen. Eine besondere Rolle innerhalb der
MTDs nimmt naturgemäß – als zweitgrößte Gruppe mit
über 3.500 Beschäftigten – die Biomedizinische Analytik ein
(Frank, 2011). Besonders sie hat sich in den letzten Jahren
immer stärker professionalisiert, die Akademisierung wurde
mit Fachhochschulstudiengängen und Bologna-Architektur
implementiert. Doch welche Bedeutung hat das für die Berufsausübenden überhaupt? Welche Chancen und Risiken
sind mit dieser Entwicklung verbunden? Diesen und weiteren
Fragen widmen sich die folgenden Abschnitte.
Biomedizinische Analytik als
­wissenschaftliche Disziplin
Hintergründe, Status quo, Perspektiven
Die Akademisierung der Gesundheitsberufe
ist ein aktuelles Thema. Mit der Einführung
von Fachhochschulstudiengängen wurde ein
wichtiger Schritt dazu getan. Der Beitrag zeigt
unter besonderer Berücksichtigung der Biomedizinischen Analytik weitere wichtige Elemente auf dem Weg
zur wissenschaftlichen Disziplin auf.
Einleitung
Das Gesundheitswesen befindet sich in einer dynamischen
Entwicklungsphase. Einerseits ist von Kostenexplosion die
Rede, allein die Spitalskosten haben sich zwischen 1999
und 2010 von knapp sieben auf über elf Milliarden Euro
erhöht („Die Presse“, 19.11.2010). Andererseits ermög-
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