Organisationsdemografie und Sozialkapital - e

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Manuel Jans
Organisationsdemografie
und Sozialkapital
Die Wirkungen von Vielfalt auf
die betriebliche Sozialstruktur
erschienen in:
Krell, G./Wächter, H. (Hg.):
Diversity Management. Impulse aus der Personalforschung,
Trierer Beiträge zum Diversity Management, Bd. 7,
München/Mering, 2006, S. 135 – 166
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
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Manuel Jans1
Organisationsdemografie und Sozialkapital - Die Wirkungen
von Vielfalt auf die betriebliche Sozialstruktur
1. Problemstellung und Vorgehensweise
Jedes Organisationsmitglied ist der Träger bestimmter Kombinationen von
soziodemografischen Merkmalen, wie z.B. Geschlecht, Alter, Betriebszugehörigkeitsdauer, funktionaler Hintergrund oder sozialer Status. Im interpersonellen Vergleich können sich zwei Organisationsmitglieder in Hinsicht auf
diese Merkmalskombinationen nun eher ähnlich oder eher unähnlich sein,
was sich sowohl auf den objektiven Vergleich als auch auf die subjektive
Wahrnehmung beziehen kann. Aggregiert man diese Merkmalskombinationen
über alle Organisationsmitglieder hinweg, ergibt sich die betriebliche Personalstruktur oder: die Organisationsdemografie. Dass das Ausmaß dieser soziodemografischen Vielfalt für personalwirtschaftliche Funktionszusammenhänge bedeutsam ist, lässt sich nicht zuletzt auf Basis der Ergebnisse der Organisationsdemografieforschung begründet vermuten. So zeigen zahlreiche
empirische Studien auf der Individual-, Gruppen- und Organisationsebene,
dass die soziodemografische (Un-)Ähnlichkeit des Personals einen Einfluss auf
personalwirtschaftlich relevante Ergebnis- und Prozessvariablen hat, wie beispielsweise die Bleibebereitschaft, die Absentismus- und Fluktuationsquote,
das Konfliktniveau, die Kohäsion, das Commitment oder die Innovationsfähigkeit (vgl. für zusammenfassende Übersichten zu diesen Effekten: Carroll/
Harrison 1998; Jans 2003a, 2004; Milliken/Martins 1996; Nienhüser 1998;
Tsui/Gutek 1999; Williams/O´Reilly 1998). Die jeweiligen Effektgrößen und
der Anteil erklärter Varianz liegen hierbei auf dem für sozialpsychologische
Zusammenhänge und Feldstudien üblichen Niveau (vgl. Jans 2004: 13ff.;
Tsui/Gutek 1999: 35ff.).
Diese (mehr oder minder gesicherten) Erkenntnisse werden zumeist als Kontexteffekte interpretiert: Die soziodemografische Zusammensetzung der Organisation bildet als sozialer Kontext die Voraussetzungen für das Verhalten
des Personals. Die subjektive Wahrnehmung von Unterschieden beeinflusst
die Einstellungen und das Verhalten eines Akteurs anderen Organisationsmitgliedern gegenüber, sowie die daraus resultierenden Verhaltensergebnisse.
Hierbei wird allerdings häufig übersehen bzw. analytisch nicht abgebildet,
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Dipl.-Kfm. Manuel Jans, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalwirtschaft, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität
Duisburg-Essen, Campus Essen, [email protected]
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
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dass das Ausmaß der soziodemografischen Vielfalt als Kontexteffekt auch einen strukturbildenden Effekt hat. Dadurch, dass die wahrgenommene (Un-)
Ähnlichkeit hinsichtlich signifikanter Merkmale die Art und Intensität der Interaktionsbeziehungen zwischen jeweils zwei Akteuren beeinflusst, bilden sich
durch die Verteilung der soziodemografischen Merkmale auf der kollektiven
Ebene (Organisationsdemografie, Personalstruktur) bestimmte Interaktionsoder: Netzwerkstrukturen. Die aus diesem Zusammenhang resultierende
Konfiguration des intraorganisationalen Netzwerkes und die damit verbundene soziale Einbettung individueller und kollektiver Akteure beeinflusst eine
weitere, personalwirtschaftlich relevante, aber bisher ebenso vernachlässigte
Variable: das Sozialkapital in und von Organisationen. Mit dem Konzept des
Sozialkapitals wird - vereinfacht gesagt - auf den Wert sozialer Beziehungen
als Opportunitäten und Restriktionen individuellen und kollektiven Handelns
verwiesen, wodurch die Leistungsprozesse und -ergebnisse in Organisationen
nachhaltig beeinflusst werden können (vgl. grundlegend Adler/Kwon 2000,
2002; Burt 1992; Coleman 1988; zusammenfassend Jans 2003b).
Im nachfolgenden Beitrag soll deshalb gezeigt werden, wie die betriebliche
Personalstruktur die Konfiguration des intraorganisationalen Netzwerkes (die
Sozialstruktur) und - darüber vermittelt - das Sozialkapital in und von Organisationen beeinflusst.
Für die Diversity-Forschung sowie für das Management von Vielfalt in Organisationen ist es notwendig, gut begründete Wirkungsvermutungen in Form
expliziter Modelle dem (Forschungs-)Handeln zu Grunde zu legen. Hierzu stehen potenziell eine Vielzahl von allgemeinen und hinreichend bewährten Individual-, Gruppen- und Organisationstheorien zur Verfügung. Trotz dieser
Vielfalt an Erklärungsansätzen lässt sich für das Gros der Diversity-(Management)-Forschung ein nachhaltiges Theorieanwendungsdefizit konstatieren
(vgl. Lawrence 1997; Tsui/Gutek 1999: 171ff.; Williams/O´Reilly 1998:
117ff.). Deshalb verstehen sich die nachfolgende Ausführungen auch insbesondere als ein Versuch, die “Black Box“ der Wirkungszusammenhänge zu
öffnen und mit theoretisch fundierten und empirisch bewährten Zusammenhangsaussagen zu füllen, wobei insbesondere auf die möglichen Wirkungen
der Diversität auf die intraorganisationalen Netzwerke und das Sozialkapital in
und von Organisationen hingewiesen werden soll.
Hierzu wird wie folgt vorgegangen: In Kapitel Zwei wird zunächst einführend
auf wesentliche Merkmale der Organisationsdemografie eingegangen. Im Anschluss daran wird im dritten Kapitel ein grundlegendes, theoretisch sparsam
formuliertes Modell entwickelt, welches die Zusammenhänge zwischen der
Organisationsdemografie und der betrieblichen Sozialstruktur erklärt und abbildet. Auf der Basis der aus dieser Modellentwicklung resultierenden Er-
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kenntnisse wird im Anschluss an eine vertiefende Darstellung des Sozialkapitalkonzeptes im vierten Kapitel gezeigt, wie die organisationsdemografische
Zusammensetzung das Sozialkapital in und von Organisation beeinflusst. Ein
Fazit schließt die Ausführungen ab.
2. Vielfalt in Organisationen: Organisationsdemografie
Mit dem Begriff der Vielfalt (oder: der Diversität) soll an dieser Stelle auf die
Unterschiede bestimmter Merkmale des Personals und ihre Auswirkungen auf
personalwirtschaftlich relevante Zusammenhänge verwiesen werden. Die
Vielfalt in einer Organisation spiegelt sich nachhaltig in ihrer soziodemografischen Zusammensetzung oder: in ihrer Personalstruktur wieder und wird
häufig mit Hilfe der folgenden (nicht immer trennscharfen) Merkmale beschrieben (vgl. Jans 2004: 2):
(1) Demografische Merkmale wie Alter, Geschlecht und kultureller Hintergrund
(Ethnie, Nationalität),
(2) organisationsspezifische Merkmale wie die Dauer der Zugehörigkeit zu
Gruppen, Eintrittskohorten und der Organisation, die hierarchische Position oder die funktionale Einordnung (Marketing, Produktion, usw.),
(3) Merkmale der formellen individuellen Qualifikation wie (Aus-)Bildung und
funktionaler Hintergrund und
(4) kognitive und affektive Merkmale wie Werte, Wissen und Einstellungen.
Diese Merkmale unterscheiden sich nachhaltig im Umfang ihrer “Sichtbarkeit“
(vgl. Milliken/Martins 1996: 403f.; Tsui/Gutek 1999: 131f.). Während die demografischen Merkmale zumeist leicht sichtbar sind und somit unmittelbar
zur sozialen Kategorisierung dienen können (z.B. Jung - Alt, Mann - Frau),
sind die übrigen Merkmale nur mittelbar im Interaktionszusammenhang erschließbar. Die Vielfalt der Personalstruktur bezieht sich also zum einen auf
die “oberflächliche“ (Un-)Ähnlichkeit soziodemografischer Merkmale - die
Oberflächendiversität - und zum anderen auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Wert-Wissensstrukturen der Organisationsmitglieder - die Tiefendiversität. Fasst man die Häufigkeit und Verteilung der Ausprägungen dieser Merkmale zusammen, ergeben sich relevante Strukturkomponenten, wie
beispielsweise die Alters- und Geschlechterstruktur, welche in ihrer Gesamtheit die Personalstruktur bilden.
Es lässt sich vermuten, dass die Oberflächen- und Tiefendiversität zum Teil
miteinander asoziiert sind (vgl. z.B. Cox/Lobel/McLeod 1991: 827; Hambrick/Mason 1984; Jackson 1992): So haben z.B. Personen unterschiedlichen
Alters und Geschlechts auch typischerweise unterschiedliche Lebenserfahrun-
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gen, mit Unterschieden in der Zugehörigkeitsdauer zu Gruppen und Organisationen variiert das individuelle organisationsspezifische Wissen und das
Ausmaß geteilter Erfahrungen, unterschiedliche (Aus-)Bildungen und funktionale Hintergründe vermitteln unterschiedliches Fachwissen und Unterschiede
in den (sozio-)kulturellen Hintergründen sozialisieren nicht selten unterschiedliche Werte-, Wissens- und Einstellungsstrukturen. Kurzum: “Oberflächliche“ organisationsdemografische Unterschiede kovariieren mit der Vielfalt
impliziter Theorien, Schemata, Skripte und Referenzrahmen oder: der WertWissensstrukturen von Personen, Gruppen und der gesamten Organisation.
Die Personalstruktur einer Organisation wird nun zum einen von der soziodemografischen Zusammensetzung der relevanten Teilarbeitsmärkte bestimmt und zum anderen durch die betriebsspezifischen Auswahl- und Beurteilungsstandards. Da sich u.a. die Auswahl, Beförderung und Entlassung von
Personen an impliziten oder expliziten Persönlichkeits- und Verhaltenstheorien der Entscheider und der Organisation orientieren, werden systematisch
Personen mit bestimmten Merkmalen bevorzugt, sofern der Arbeitsmarkt Personen mit diesen Merkmalen bereitstellt. Aus diesem Zusammenspiel von soziodemografischen Angebot und betriebsspezifischer Nachfrage nach bestimmten Merkmalskombinationen ergibt sich die konkrete Personalstruktur
einer Organisation.
3. Vielfalt und ihre Wirkung auf die Sozialstruktur
3.1 Zur Grundlogik der Erklärung von Struktureffekten
Um im Folgenden deutlich zu machen, wie die Personalstruktur die betriebliche Sozialstruktur beeinflussen kann, wird zur Modellexplikation auf eine
strukturell-individualistische Erklärungslogik zurückgegriffen, welche die Makroebene der organisationalen Strukturen und die Mikroebene des individuellen Handelns verbindet und somit eine “Tiefenerklärung“ von Struktureffekten
liefert (vgl. Boudon 1980: 122ff.; Coleman 1991: 7ff.; Esser 1993: 91ff.,
1999: 15ff.; Wippler/Lindenberg 1987). Im Rahmen dieses Zugangs wird die
Erklärung von Phänomenen auf der Makro-Ebene in drei Schritten vollzogen
(vgl. Abbildung 1).
Zunächst wird mit der so genannten Logik der Situation die Makro-Ebene des
sozialen Systems (hier: die Personalstruktur) mit der Mikro-Ebene individueller Akteure verbunden. Hierzu wird auf Brückenhypothesen zurückgegriffen,
welche die soziale (Entscheidungs-)Situation aus der Sicht der Akteure modellieren. Im zweiten Schritt der Erklärung verbindet die so genannte Logik
der Selektion unter Rückgriff auf eine Handlungstheorie die beiden Elemente
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der Mikroebene: die Akteure und ihre Handlungen. Als letzter Schritt wird mit
der Logik der Aggregation die Mikroebene wieder mit der Makro-Ebene und
dem Explanandum, der betrieblichen Sozialstruktur und dem daraus resultierenden Sozialkapital, verbunden. Mit der Hilfe von Transformationsregeln
wird die Aggregation von Einzelhandlungen zu intendierten oder emergenten
kollektiven Ergebnissen beschrieben.
MakroEbene
Sozialer Kontext:
Organisationsdemografie
Kollektives Explanandum:
Betriebliche Sozialstruktur
Æ Sozialkapital
Logik der Situation:
Brückenhypothesen
MikroEbene
Logik der Aggregation:
Transformationsregeln
Akteure
Logik der Selektion:
Handlungstheorie
Handlungen
Abbildung 1: Aufbau des Erklärungsmodells (in Anlehnung an Esser 1999: 17)
3.2 Die Handlungen der Akteure: Beziehungs- und Intensitätswahlen in Organisationen
Im Weiteren wird zur Explikation des Modells zunächst die Annahme
getroffen, dass in Organisationen die Art und Intensität von Interaktionsbeziehungen auf zwei möglichen Entscheidungs- und Handlungsalternativen
der daran beteiligten Akteure beruhen: Der Wahl, ob potenziell eine Beziehung zu einem anderen Akteur unterhalten werden soll (Beziehungswahl),
und wenn ja, mit welcher Intensität dieses geschehen soll (Intensitätswahl).
Die Beziehungswahl kann dabei zum einen auf der freien Wahl des Interaktionspartners oder zum anderen gewissermaßen auf Zwang beruhen, da
die beiden Mitarbeiter durch Aufgaben(inter)dependenzen verbunden sind
und - zumindest im Rahmen des Aufgabenvollzugs - interagieren müssen. Ein
situativer Zwang kann auch dadurch entstehen, dass es keine Alternativen zu
einer bestimmten Beziehung gibt. Im ersten Fall entscheiden sich die
Mitarbeiter frei, ob sie eine Interaktionsbeziehung mit anderen eingehen, und
wenn ja, mit welcher Intensität sie die Beziehung führen wollen. Im zweiten
Fall haben die Akteure lediglich die Wahl der jeweiligen Beziehungsintensität.
So konstituiert sich vor dem Hintergrund dieser Annahme das gesamte
soziale Netzwerk der Organisation als Nexus aus freien und erzwungenen
Beziehungs- und Intensitätswahlen.
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3.3 Die Logik der Situation: Determinanten von Beziehungswahlen
Um die Logik der Situation von Beziehungswahlen in Organisationen zu modellieren, wird auf wenige, empirisch gut bewährte Hypothesen aus der
Kommunikations- und Interaktionsforschung zurückgegriffen (vgl. für eine
Übersicht Monge/Contractor 2003: 141 - 290), welche (1) untereinander in
ihren Grundannahmen und Handlungsmodellen konsistent sind, (2) relativ
konkret Determinanten von Beziehungswahlen benennen und (3) sich leicht
auf organisationale Zusammenhänge übertragen lassen. So lassen sich vor
diesem Hintergrund vier naheliegende Faktoren für das Zustandekommen
von Beziehungen zwischen zwei Akteuren (und deren Wandel im Zeitablauf)
verantwortlich machen: Räumliche Nähe (Proximität), ähnliche Interessen,
soziodemografische Ähnlichkeit (Homophilie) und ähnliche kognitive und affektive Einstellungen (vgl. McPherson u.a. 2001; Monge/Contractor 2003:
223ff.; Feld/Carter 1998; Festinger u.a. 1950; Tajfel 1981; Turner 1987).
Die grundsätzliche Möglichkeit eine Beziehung mit einem anderen Akteur zu
beginnen, hängt zunächst natürlich davon ab, dass dieser sich zum gleichen
Zeitpunkt am gleichen Ort befindet. Umso näher sich die Akteure räumlich
kommen, desto häufiger bietet sich die Gelegenheit der Interaktion und mithin die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Beziehung zustande kommt (vgl.
Allen 1970; Conrath 1973; Corman 1990; Feld/Carter 1998; Festinger u.a.
1950; Johnson 1992; Korzenny/Bauer 1981; Monge u.a. 1985). Im Rahmen
von Organisationen bestimmt also die raum-zeitliche Proximität eines Akteurs
A dessen individuelle Wahrscheinlichkeit, einen Akteur B so häufig zu treffen,
dass eine Interaktion zustande kommt. Mithin wird diese Wahrscheinlichkeit
systematisch durch die Art der Arbeitsaufgabe und die Art der Arbeitsteilung
in Form der Aufbau- und Ablauforganisation oder: durch die formale Organisationsstruktur bestimmt. Bei Akteuren mit räumlich nahen Arbeitsplätzen
und/oder interdependenten Aufgaben besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit
der Beziehungsanbahnung als bei Akteuren mit weit entfernten Arbeitsorten
und/oder independenten Arbeitsaufgaben.
Auch erhöht sich die Kolokationswahrscheinlichkeit und mithin: die Wahrscheinlichkeit einer Beziehung, wenn die Akteure gleiche Interessen haben.
Aktivitäten werden um so genannte „soziale Foki“ herum organisiert, wo sich
Akteure mit ähnlichen Interessen - sowohl in der Arbeits- als auch in der Freizeit - zur gleichen Zeit am gleichen Ort treffen, um der Realisierung eben dieser nachzugehen (vgl. zur „activity focus“-Theorie Feld 1981; Feld/Carter
1998).
Die raum-zeitliche Proximität stellt eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für die Etablierung einer Interaktionsbeziehung dar. Vielmehr kommt es noch auf das Ausmaß der wahrgenommenen Ähnlichkeit und
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Attraktivität des Interaktionspartners an: Die subjektiv wahrgenommenen
Merkmale dienen als Basis für die soziale Kategorisierung und Stereotypisierung von bisher unbekannten Akteuren (vgl. Aronson 1994; Tajfel 1981; Turner 1987). Vor dem Hintergrund ihres eigenen (als positiv bewerteten)
Selbstbildes, teilen Personen sich selbst und andere in soziale Kategorien ein,
welche als Basis für die soziale Identität als Individuum oder als Mitglied einer sozialen Bezugsgruppe dienen. Um ein möglichst positives Selbstbild
aufrechtzuerhalten, besteht bei Personen die Neigung, sich (sozial) möglichst
weit von Personen zu distanzieren, die sie als sozial unähnlich einschätzen
(die sog. self-categorization-Theorie, vgl. Turner 1987; Turner/Oakes 1986;
Schachter 1959; Sherif 1958). Hieraus resultiert die Tendenz, eher mit als
ähnlich wahrgenommenen Akteuren Beziehungskontakte zu pflegen. Es kann
darüber hinaus als empirisch gut bestätigte These angesehen werden, dass
Personen grundsätzlich in Situationen, in denen sie die freie Wahl der Interaktionspartner haben, häufiger mit solchen Partnern interagieren, die ihnen
hinsichtlich bestimmter (kulturell) signifikanter Merkmale oder Merkmalskombinationen ähnlich sind, als mit solchen, die ihnen eher unähnlich sind (die
sog. similarity-attraction-Hypothese, vgl. Byrne 1971), eine Handlungstendenz die auch als Homophilie bezeichnet wird (vgl. hierzu Amir 1994; Aronson 1994: 129ff.; Lott/Lott 1965, den Forschungsstand zusammenfassend
McPherson u.a. 2001). Die Orientierung an soziodemografischen Merkmalen
die Ähnlichkeit signalisieren, wie beispielsweise das Alter, das Geschlecht, die
berufliche Ausbildung und Profession, die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Klassen oder die Dauer der Zugehörigkeit zu einer Organisation, werden als Indikatoren für ähnliche Einstellungen, Weltsichten, Probleme oder
Erfahrungen interpretiert. Indem man sich mit Personen umgibt, die einem
hinsichtlich relevanter Merkmale ähnlich sind, reduziert man den kognitiven
und affektiven Stress, der auf inkonsistenten Einstellungen (zueinander),
Weltsichten und Erfahrungen beruht (vgl. hierzu Heider 1958; Sherif 1958).
3.4 Die Handlungstheorie: Kognitive Balance als handlungstheoretischer Kern
Fasst man nun den handlungstheoretischen Kern der oben angeführten Aussagen zusammen, lässt sich insgesamt feststellen, dass Akteure kognitiv und
affektiv konsistente oder: balancierte Beziehungen bevorzugen. Dieser Zusammenhang lässt sich formal mit der Balance-Theorie von Heider (1946,
1958; vgl. hierzu auch Cartwright/Harary 1956; Newcomb 1961; zusammenfassend Davis 1963) darstellen:
In der Abbildung 2 sind die Akteure A und B, ihre Beziehung zueinander und
ihre Beziehungen zu einem Einstellungsobjekt X angegeben. Das Einstel-
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lungsobjekt kann ein bestimmter Sachverhalt, aber auch eine dritte Person
sein. Diese Beziehungen können nun insgesamt kognitiv inkonsistent (“unbalanciert“) oder konsistent (“balanciert“) sein.
A
X
B
AÆB
AÆX
BÆX
Beziehung ist
(1)
+
+
+
balanciert
(2)
+
+
-
unbalanciert
(3)
+
-
+
unbalanciert
(4)
+
-
-
balanciert
(5)
-
+
+
unbalanciert
(6)
-
+
-
balanciert
(7)
-
-
+
balanciert
(8)
-
-
-
unbalanciert
Abbildung 2: Balancierte und unbalancierte Beziehungen
In Fall 1 ist die Beziehung kognitiv balanciert, da beide Akteure die untereinander positiv verbunden sind (“Freunde“), die gleiche positive Einstellung zu
einem bestimmten Sachverhalt X haben oder beide sowohl untereinander als
auch mit einer Person X befreundet sind. Diese Beziehung wäre unbalanciert,
wenn B eine negative Einstellung zum Sachverhalt X hätte oder eine Abneigung gegen die Person X hegen würde (Fall 2). Diese kognitive Inkonsistenz,
dass B etwas ablehnt das A befürwortet oder jemanden nicht mag, den A
sehr schätzt, führt zu kognitiven Stress, der die Handlungstendenz auslöst,
diesen zu beseitigen. Da A konsistente Beziehungen bevorzugt, wird er nun
entweder auf B einwirken seine Einstellung zu ändern oder die Beziehung zu
B beenden. Auf der Ebene von Beziehungen zu anderen Akteuren werden
mithin folgende Beziehungskonstellationen bevorzugt: Der Freund meines
Freundes ist auch mein Freund (Fall 1), der Feind meines Freundes ist auch
mein Feind (Fall 4), der Freund meines Feindes ist mein Feind (Fall 6) und
der Feind meines Feindes ist mein Freund (Fall 7). Das gleiche gilt für deren
Einstellungen: Akteure präferieren Beziehungen zu Personen, welche die gleichen Einstellungen und Werthaltungen haben, also in gleichem Maße bestimmte Sachverhalte befürworten oder ablehnen. Diese Handlungstendenzen
führen nun dazu, dass sich stabile Beziehungen zwischen Akteuren mit ähnlichen Einstellungen bilden. Zumindest so lange, bis sich diese Einstellungen
verändern. Die daraus resultierende relative Ähnlichkeit von Akteuren führt in
Organisationen nachweislich zu häufigerer und intensiverer Kommunikation,
weniger Konflikten und einer größeren affektiven und sozialen Verbundenheit
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(vgl. z.B. Carley 1991; Coleman 1957; Ibarra 1993, 1995; Lauman 1966;
Marsden 1988; McPherson/Smith-Lovin 1987; zusammenfassend McPherson
u.a. 2001).
Diese nachweislichen Tendenzen zu eher homophilen Beziehungen werden
allerdings von der - auf der organisationsdemografischen Zusammensetzung
beruhenden - betrieblichen Opportunitätsstruktur beeinflusst: Wenn man der
einzige Akteur mit einem bestimmten Merkmal in einer Organisation ist, besteht keine Möglichkeit zur Beziehungswahl aufgrund von Ähnlichkeit. Man
hat - aus Mangel an Alternativen - nur die Möglichkeit zur Interaktion mit
eher unähnlichen Akteuren. Das absolute Ausmaß der Wahlmöglichkeiten
wird somit durch die relative Häufigkeit eines bestimmten Merkmals oder bestimmter Merkmalskombinationen in einer Population bestimmt. Somit stellt
die Verteilung dieser Merkmale in den relevanten Teilarbeitsmärkten bzw. die
Verteilung dieser Merkmale in der Organisation - die Personalstruktur - eine
diesbezügliche Opportunitätsstruktur dar (vgl. hierzu insbesondere Blau 1994:
28, 1977; Blau/Schwartz 1984; Esser 2000: 270ff.).
Ob eine nun neu begründete Beziehung auf Dauer Bestand hat, hängt zentral
davon ab, in wie fern die wahrgenommene “oberflächliche“ Ähnlichkeit der
Akteure tatsächlich auf ähnlichen Einstellungen (auch zueinander), Wertmaßstäben, Interessen und Vorstellungen - und somit: auf balancierten Beziehungen - beruht. Sind einem die Personen, die man in einem sozialen Fokus
trifft noch unbekannt, hilft zwangsläufig nur eine Orientierung an äußerlichen
Merkmalen und die Annahme, dass diese äußere Ähnlichkeit - als Indikator auch auf ähnliche Werthaltungen und Interessen verweist. Ob die Wert-Wissensstrukturen aber tatsächlich kongruent oder zumindest nicht konfliktär
sind, stellt sich erst im Laufe der zukünftigen Interaktion heraus. Erweisen
sich die Wert-Wissensstrukturen der Akteure als nicht kompatibel, wird die
Beziehung beendet oder zumindest deren Intensität reduziert, da hierdurch
belastende kognitive Dissonanzen vermieden werden können. Bestätigen sich
die Werthaltungen, Einstellungen und Vorstellungen aber wechselseitig, so
wird die Beziehung aufrechterhalten oder sogar in ihrer Intensität erhöht.
In Organisationen kann wie bereits dargelegt aufgrund der arbeitsteiligen
Prozesse häufig nicht frei gewählt werden, ob man eine Interaktionsbeziehung mit einem anderen Akteur unterhalten möchte oder nicht. Wohl aber
können die Akteure die Intensität dieser Beziehungen wählen: Ob man nun
die Interaktion auf das absolut Notwendigste beschränkt oder ob man diese
weit über das, was die Arbeitsrolle vorsieht, hinaus ausdehnt, liegt im Ermessen der Akteure. Und eben diese Entscheidungen werden von der Ähnlichkeit
in Hinsicht auf die Interessen und Einstellungen (Tiefendiversität) sowie der
soziodemografischen Merkmale (Oberflächendiversität) beeinflusst. Unter die-
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sen theoretischen Prämissen sind zusammenfassend folgende Beziehungswahlen wahrscheinlich (vgl. Abb. 3):
Freie Beziehungswahl?
gering
Ähnlichkeit?
hoch
ja
nein
(I) Keine
Beziehung
(II) Beziehung mit
schwacher Intensität
(III) Affektive Beziehung
mit hoher Intensität
(IV) Instrumentelle Beziehung
mit hoher Intensität
Abbildung 3: Arten von Beziehungs- und Intensitätswahlen
Hat ein Organisationsmitglied die freie Wahl eine Beziehung mit einem anderen Mitarbeiter einzugehen, so ist vor dem Hintergrund der theoretischen
Argumente anzunehmen, dass bei geringer subjektiv wahrgenommener Ähnlichkeit keine Beziehung zustande kommt, da der potenzielle Interaktionspartner insgesamt nicht als attraktiv erscheint (Fall I). Besteht ein arbeitsorganisatorischer Zwang zur Zusammenarbeit, wird die relative Unähnlichkeit
dazu führen, dass die Interaktionsintensität soweit minimiert wird, dass kognitive Dissonanzen weitestgehend vermieden werden (Fall II). Besteht hierbei hingegen eine hohe Ähnlichkeit, ist eher von einer hohen Interaktionsintensität auszugehen, die sich (zunächst) zentral auf die instrumentellen
Aspekte der Arbeitsbeziehung bezieht (Fall IV). Besteht kein Zwang zur Zusammenarbeit, aber eine hohe subjektiv wahrgenommene Ähnlichkeit, ist
ebenfalls eine hohe Beziehungsintensität wahrscheinlich, die aufgrund der
interpersonellen Attraktivität hauptsächlich durch eine affektive Bindung gekennzeichnet ist (Fall III). Geht man davon aus, das bei ersten Kontakten die
äußere Ähnlichkeit die Wahrscheinlichkeit der Beziehungsbildung beeinflusst,
haben die Akteure nur bei erzwungenen Beziehungswahlen die Möglichkeit
herauszufinden, ob die vor dem Hintergrund individueller Persönlichkeitstheorien gebildeten Vorurteile auch tatsächlich zutreffen. Im Laufe der erzwungenen Interaktion kann ja durchaus festgestellt werden, dass sich die
Wert-Wissensstrukturen doch ähnlicher sind, als man zu Anfang glaubte, wodurch sich der Beziehungstyp zumindest von Fall II zu Fall IV, wenn nicht sogar zu Fall III wandeln dürfte. Ebenso kann eine subjektiv wahrgenommene
äußere Ähnlichkeit sich als schlechter Indikator für die Ähnlichkeit der WertWissensstrukturen herausstellen, wodurch aus anfänglichen Beziehungen des
Fall III und IV im Laufe der Interaktion Beziehungen des Fall II und I werden
können. Auch kann im Rahmen der durch die Erfordernis zur Zusammenarbeit begründete instrumentelle Beziehung (Fall IV) im Laufe des Interaktions-
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prozesses, aufgrund der zunehmenden Wahrnehmung hoher Ähnlichkeit der
Wert-Wissensstrukturen, eine affektive Beziehung begründet werden (Fall
III). Es sind also zusammenfassend mehrere Entwicklungspfade für Beziehungen in Organisationen denkbar, die systematisch mit der subjektiv wahrgenommen Oberflächen- und insbesondere der Tiefendiversität variieren.
3.5 Die Logik der Aggregation: Die “Addition“ ego-zentrierter
Netzwerke
Auf Basis der verschiedenen individuellen Beziehungs- und Intensitätswahlen
konstituiert sich für jeden Akteur ein so genanntes ego-zentriertes soziales
Netzwerk, welches die Art und Intensität der sozialen Einbettung des Mitarbeiters in die Sozialstruktur der Organisation bestimmt (vgl. Scott 2005; Wassermann/Faust 1994). Die Art und Intensität der sozialen Einbettung lässt
sich allgemein auch als Beziehungsportfolio darstellen (vgl. Burt 1992: 27ff.,
vgl. Abb. 4):
Verortung innerhalb der Sozialstruktur
Beziehungsstärke
schwach (weak tie)
stark (strong tie)
Insgesamt
Beziehung innerhalb der
sozialen Bezugsgruppe
(Bonding-Beziehungen)
Beziehung außerhalb der
sozialen Bezugsgruppe
(Bridging-Beziehungen) Insgesamt
viele
wenige
wenige
sehr wenige
mehr
weniger
mehr
weniger
Abbildung 4: Beziehungsportfolio (in Anlehnung an Burt 1992: 29)
Typischerweise unterhalten betriebliche Akteure aufgrund der damit verbundenen Opportunitätskosten im Vergleich relativ wenige starke Beziehungen
(sog. strong ties), die sowohl durch eine hohe Interaktionsfrequenz als auch
durch einen starke affektive Verbundenheit gekennzeichnet sind. Diese wenigen Beziehungen zu guten Freunden und geschätzten Kollegen stellen den
Kern der sozialen Bezugsgruppe des Akteurs innerhalb der Organisation dar
und werden als Bonding-Beziehungen bezeichnet (vgl. Woolcock 1998). Darüber hinaus unterhält ein typischer Akteur relativ viele schwache Beziehungen (sog. weak ties) zu seinem näheren sozialen Umfeld: entfernt bekannte
Kollegen sowie Bekannte und Freunde von geschätzten Kollegen und Freunden in der Organisation, die zwar noch zum sozialen Umfeld zu zählen sind,
die man aber entweder selten sieht und/oder zu denen man keine nachhaltige affektive Bindung entwickelt hat (vgl. Granovetter 1973). Außerhalb der
eigenen sozialen Kreise, die - aufgrund der Tendenz zu balancierten Beziehungen und der betrieblichen Opportunitätsstruktur - durch relative Ähnlich-
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keit, gleiche Interessen und räumliche Nähe gekennzeichnet sind, unterhält
man in der Regel nur sehr wenige starke Beziehungen. Aufgrund der sozialen
und räumlichen Distanz sind aber typischerweise auch nur wenige schwache
Kontakte zu sprichwörtlich “weit entfernten“ Kollegen und Bekannten vorhanden.
Insgesamt hat ein typischer Akteur also mehr schwache als starke Beziehungen, wobei sich diese besonders innerhalb seiner sozialen Bezugsgruppe realisieren. Hiermit ist aber eine bedeutende Folge verbunden: Da die engen sozialen Kontakte zumeist aufgrund der relativen Ähnlichkeit (ähnliche soziale
Position, ähnliche Einstellungen, ähnliche soziodemografische Merkmale usw.)
gewählt werden und diese Kontakte darüber hinaus ebenfalls balancierte Beziehungen präferieren, besteht eine relativ starke Tendenz zum Zusammenschluss zu relativ homogenen, sozial geschlossenen Teilnetzwerken, die sich
um bestimmte Merkmalskombinationen herum gruppieren. Durch diese Tendenzen entstehen nicht nur stark kohäsive Teilnetzwerke, deren Mitglieder
untereinander stärker verbunden sind als mit dem Rest der Organisationsmitglieder, sondern auch strukturelle Löcher in der betrieblichen Sozialstruktur,
wenn diese Teilnetzwerke untereinander nicht mehr oder nur unzureichend
durch Beziehungskontakte verbunden sind (vgl. Burt 1992).
Haben die Akteure in diesen Teilnetzwerken aber Beziehungen zu anderen, in
der Sozialstruktur “weit entfernten“ Akteuren, so genannte Bridging-Beziehungen, werden diese strukturellen Löcher überbrückt (vgl. Burt 1992: 28).
Sowohl starke als auch schwache Beziehungen können eine solche Brückenfunktion einnehmen, wobei aber schwache Beziehungen häufiger strukturelle
Löcher überbrücken als starke, da bei eher schwachen Beziehungen ein geringerer Druck zur Balancierung der Relation vorliegt als bei starken Beziehungen (vgl. zur sog. strength-of-weak-ties-Hypothese Granovetter 1973,
1982, 1995). Hierdurch wird das Ausmaß der sozialen Schließung des Teilnetzwerkes verringert bzw. verhindert, was dazu führt, dass das Teilnetzwerk
stärker in das Gesamtnetzwerk der Organisation integriert wird und sich der
soziale Zusammenhalt - die Dichte - des gesamten intraorganisationalen
Netzwerkes erhöht.
Es hängt also unter anderem von der Verteilung der soziodemografischen
Merkmalskombinationen ab, wie viele sozial geschlossene Teilnetzwerke und
strukturelle Löcher innerhalb der betrieblichen Sozialstruktur entstehen, wodurch insgesamt die Konfiguration des Netzwerkes und dessen Funktionalität
- z.B. zur sozialen Kontrolle, zur sozialen Unterstützung oder zur Informationszirkulation - beeinträchtigt wird. Zur Veranschaulichung soll im Folgenden
vereinfachend angenommen werden, dass die Ähnlichkeit zwischen Organisationsmitgliedern entweder eher gering oder eher hoch ausgeprägt sein
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kann. Aufgrund der raum-zeitlichen Nähe und des “Zwangs“ zur Zusammenarbeit stellen insbesondere (in)formelle Arbeitsgruppen soziale Foki in Organisationen dar. Ist die Ähnlichkeit der Personen innerhalb einer solchen Arbeitsgruppe nun hinsichtlich der soziodemografischen Merkmale und insbesondere in Hinsicht auf die Wert-Wissensstrukturen eher gering, so ist insgesamt auch eher mit einer geringeren Beziehungsintensität und mithin: weniger Bonding-Beziehungen und sozialer Kohäsion zu rechnen. Mit zunehmender Ähnlichkeit dürfte aufgrund der oben beschriebenen Wirkungsmechanismen die Stärke der Beziehungen der Mitarbeiter der Arbeitsgruppe untereinander zunehmen, wodurch zunehmend Bonding-Beziehungen und soziale Kohäsion entstehen dürfte. Darüber hinaus lässt sich vermuten, dass die Wahrscheinlichkeit der Wahl sowie die Intensität einer Beziehung mit einem Mitarbeiter außerhalb der eigenen Arbeitsgruppe mit zunehmender Ähnlichkeit
steigt, wodurch sich Bridging-Beziehungen konstituieren, die soziale Löcher
des Netzwerkes zwischen den relativ geschlossenen Teilnetzwerken überbrücken. Diese Überlegungen sind in der nachfolgenden Abbildung 5 zusammengefasst. Die Abbildung verdeutlicht, dass in Abhängigkeit von der relativen Ähnlichkeit der Organisationsmitglieder unterschiedliche strukturbildende
Impulse von der Personalstruktur ausgehen, die in der Summe der Beziehungs- und Intensitätswahlen, die auf der Basis der individuellen Tendenz zur
kognitiven Balance stattfinden, unterschiedliche Netzwerkkonfigurationen
wahrscheinlich werden lassen.
Ähnlichkeit innerhalb der (in)formellen Arbeitsgruppe
Ähnlichkeit mit
Organisationsmitgliedern
außerhalb der
(in)formellen
Arbeitsgruppe
gering
hoch
gering
hoch
Typ 1
Typ 2
Bonding: - / Bridging: -
Bonding: + / Bridging: -
Typ 3
Typ 4
Bonding: - / Bridging: +
Bonding: + / Bridging: +
Abbildung 5: Ähnlichkeit und Netzwerkbeziehungen
Beim Typ 1 (“Lose geknüpftes Netzwerk“) bestehen zwischen den Mitgliedern
der Arbeitsgruppen aufgrund der relativen Unähnlichkeit eher schwache Beziehungen und nur wenig Kohäsion, auch existieren relativ viele strukturelle
Löcher in der Sozialstruktur, wodurch das intraorganisationale Netzwerk global nur eine geringe Dichte aufweist. Mit der lokalen bzw. globalen Dichte eines (Teil-)Netzwerkes wird hierbei die Anzahl der tatsächlich realisierten Beziehungen zwischen den Organisationsmitgliedern im Verhältnis zu den po-
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
14
tenziell möglichen n (n - 1) Beziehungen bezeichnet. Der Typ 2 (“Geschlossene Gesellschaften“) zeichnet sich durch hoch kohäsive, sozial geschlossene
Teilnetzwerke aus, die untereinander aber nur wenig verbunden sind. Die
globale Dichte des Netzwerkes der Organisation ist deutlich geringer als die
lokale Dichte der Teilnetzwerke. Im Netzwerk vom Typ 3 (“Offene Gesellschaften“) ist die Kohäsion der Arbeitsgruppen nur gering ausgeprägt, dafür
sind deren Mitglieder aber durch relativ viele Brückenbeziehungen mit raumzeitlich weit entfernten Organisationsmitgliedern außerhalb des eigenen Arbeitsumfeldes verbunden. Hierbei ist die lokale Dichte der Beziehungen innerhalb der Arbeitsgruppen sehr gering. Die globale Dichte des Netzwerkes
ist aufgrund der häufigeren Brückenbeziehungen hingegen deutlich höher.
Der Typ 4 (“Dicht geknüpftes Netzwerk“) weist sowohl relativ starke BondingBeziehungen und eine hohe lokale Kohäsion in den Teilnetzwerken, als auch
eine relativ hohe globale Dichte aufgrund der Brückenbeziehungen auf.
Zusammenfassend zeigt sich an diesen Beispielen, dass sich die vier Netzwerkkonfigurationen in Abhängigkeit von der jeweiligen Personalstruktur
nachhaltig unterscheiden. Diese Typologie macht zudem deutlich, dass die
ego-zentrierten Netzwerke der Organisationsmitglieder, die aus den Beziehungs- und Intensitätswahlen in Bezug auf andere Organisationsmitglieder
resultieren, in ihrer Gesamtheit additiv die betriebliche Sozialstruktur formen.
3.6 Zusammenfassung: Die organisationsdemografische Genese
betrieblicher Sozialstrukturen
Fasst man die oben angestellten Überlegungen zur Logik der Situation, der
Selektion und der Aggregation zusammen, lässt sich der (Erklärungs-)Zusammenhang zwischen der betrieblichen Personalstruktur und der organisationalen Sozialstruktur wie folgt darstellen (vgl. Abb. 6):
Zunächst bestimmt die Bevölkerungsstruktur auf Basis die Verteilung soziodemografischer Merkmale bzw. die Struktur der relevanten Teilarbeitsmärkte die grundsätzliche Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter
Merkmalskombinationen in der Organisation. Die konkrete Zusammensetzung
dieser Merkmale wird des weiteren durch betriebliche Auswahl-, Beurteilungsund Beförderungsstandards beeinflusst, da diese vor dem Hintergrund impliziter oder expliziter Persönlichkeitstheorien hauptsächlich Akteure mit bestimmten Merkmalen zur Einstellung, dauerhaften Beschäftigung oder Beförderung empfehlen. Hierdurch entstehen bestimmte Personalstrukturen, welche systematisch die Wahl von Beziehungen auf der Basis von (oberflächlichen) Ähnlichkeiten und kognitiver Balance beeinflussen. Des weiteren bestimmt die horizontale und vertikale Differenzierung im Rahmen der formalen
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
15
Organisationsstruktur und die Art der Arbeitsaufgabe die räumliche und zeitli-
che Nähe der Akteure und die darauf basierende Möglichkeit und auch den
Zwang zur Beziehungsbildung.
MakroEbene
Organisationsstruktur,
Art der Arbeitsaufgabe,
Personalstruktur
Betriebliche Sozialstruktur
Æ Sozialkapital
Logik der Situation:
Raum-zeitliche Nähe
Oberflächliche Ähnlichkeit
Ähnlichkeit der WertWissensstrukturen
MikroEbene
Logik der Aggregation:
„Addition“ egozentrierter Netzwerke
Soziale Schließung
Strukturelle Löcher
Beschäftigte
Logik der Selektion:
Kognitive Balance
Art, Umfang und
Intensität von
Beziehungen
Abbildung 6: Die organisationsdemografische Genese betrieblicher Sozialstrukturen
Alle diese Faktoren beeinflussen die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit der
Beziehungsbildung in Organisationen. Die letztendliche Intensität dieser Beziehungen wird zum einen durch das Ausmaß der Interdependenz der Arbeitsaufgaben und zum anderen durch die Ähnlichkeit der Wert-Wissensstrukturen der Akteure beeinflusst. Für jeden Akteur der Organisation bestimmen diese Zusammenhänge nun den Umfang und die Intensität des individuellen ego-zentrierten Beziehungsnetzwerkes. Durch die “Addition“ dieser
ego-zentrierten Beziehungsstrukturen ergibt sich die konkrete Konfiguration
der betriebliche Sozialstruktur. Diese Netzwerke stellen die relationale Basis
des Sozialkapitals in und von Organisationen dar.
4. Betriebliche Sozialstrukturen und Sozialkapital
4.1 Sozialkapital: Beziehungs- und Organisationskapital
Mit dem Begriff des Sozialkapitals sind eine Anzahl unterschiedlicher theoretischer Konzepte asoziiert (vgl. z.B. Bourdieu 1983, 1986; Coleman 1991; Burt
1992; Putnam 1995; Fukuyama 1997; Portes 1998). Bei allen inhaltlichen
Unterschieden zwischen diesen Konzepten, lassen sich doch zwei grundsätzliche Perspektiven ausmachen. So werden sowohl das Beziehungskapital individueller Akteure als auch das Systemkapital sozialer Aggregate unter den
Sozialkapitalbegriff subsumiert (vgl. Esser 2000: 239-265; ähnlich Jans
2003b: 9ff.).
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
16
Sozialkapital
ƒ
ƒ
ƒ
externe Sichtweise
quasi-privates Gut
Mikro-/Mesoebene
Sozialkapital als Wert aller
Ressourcen und Leistungen, zu
denen ein Akteur auf Basis der
Existenz von Beziehungen zu
anderen Akteuren Zugang hat
Beziehungskapital
ƒ
ƒ
ƒ
interne Sichtweise
kollektives/öffentliches Gut
Meso-/Makroebene
Sozialkapital als emergente
Eigenschaft sozialer Systeme, als
Wert von Beziehungsstrukturen für
die Organisation und Koordination
kollektiven Handelns
Organisationskapital
Abbildung 7: Sozialkapitalperspektiven (in Anlehnung an Esser 2000: 239265)
Das Beziehungskapital eines Akteurs lässt sich hierbei als Wert aller Ressour-
cen und Leistungen definieren, zu denen ein Akteur auf Basis der Existenz
von Beziehungen zu anderen Akteuren Zugang hat. Unter dem Fokus des Systemkapitals stellt sich das Sozialkapital als emergente Eigenschaft sozialer
Systeme, mithin als Wert von Beziehungsstrukturen für die Organisation und
die Koordination kollektiven Handelns dar. Deshalb soll dieses im Folgenden
auch als Organisationskapital bezeichnet werden2. Mit der Perspektive des
Beziehungskapitals individueller oder kollektiver Akteure ist gewissermaßen
eine externe Sichtweise verbunden, da deren Außenbeziehungen und die
daraus resultierende soziale Einbettung Gegenstand der Betrachtung ist. Entsprechend findet dieses Konzept typischerweise auf der Mikroebene (einzelne
Akteure) und der Mesoebene (soziale Gruppen, Organisationen) Anwendung.
Das Sozialkapital wird hierbei als (quasi-) privates Gut gesehen, welches als
relationale Ressource aber nur der teilweisen Kontrolle einzelner Akteure unterliegt. Mit der Perspektive des Organisationskapitals ist hingegen eine interne Sichtweise verbunden. Die Binnenbeziehungen sozialer Aggregate und
2
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Sadowski (1991) den Begriff des
Organisationskapitals - der Intention nach - in ganz ähnlicher Weise verwendet, diesen
aber als "...Bestand[es] an Regeln in einer Organisation, Informationen zu teilen,
Konflikte beizulegen und Kooperationsbereitschaft zu signalisieren, ..." (1991: 136)
definiert.
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
17
kollektiver Akteure, wie etwa der von Gruppen, Organisationen oder sogar
ganzer Gesellschaften stehen im Zentrum des Interesses, wobei das Sozialkapital hier als kollektives oder öffentliches Gut thematisiert wird. Entsprechend werden derartige Betrachtungen typischerweise auf der Meso- und
Makroebene sozialer Aggregate durchgeführt (vgl. zusammenfassend Abbildung 7).
4.2 Beziehungskapital
Im Rahmen der Beziehungskapitalperspektive besitzen Akteure Sozialkapital
in Abhängigkeit von ihrer relativen Position in der Sozialstruktur, da durch die
Art und Intensität der sozialen Einbettung deren Zugang zu Ressourcen außerhalb der eigenen Kontrolle bestimmt wird (Positionskapital). So ergeben
sich z.B. für Akteure, die die Grenzen ihrer eigenen sozialen Bezugsgruppe
überwinden (Bridging-Beziehungen) und Kontakte zu anderen, soziostrukturell “weit entfernten“ Akteuren und Gruppen pflegen (sog. “Boundary Spanner“), Handlungsvorteile durch den Zugriff auf vielfältige soziale Ressourcen
(vgl. Burt 1992: 8-49; Granovetter 1973). Während das Positionskapital die
Zugangsmöglichkeiten zu sozialen Ressourcen beeinflusst, hängt die dauerhafte Mobilisierungsfähigkeit dieser Ressourcen insbesondere vom Umfang
ausstehender sozialer Verpflichtungen der Netzwerkkontakte, die aus noch
nicht entgoltenen (riskanten) Vorleistungen resultieren, die dieser Akteur für
andere erbracht hat (Verpflichtungskapital), sowie dem durch Verlässlichkeit
und Selbstverpflichtung aufgebauten Vertrauensbestand (Vertrauenskapital)
ab (vgl. Coleman 1991: 389ff.; Esser 2000: 250ff.; Portes 1998; Woolcock
1998). Durch das vorhandene Positions-, Verpflichtungs- und Vertrauenskapital bestimmt sich das Ausmaß, indem sich von einem Akteur soziale Ressourcen in Form von Informationen und anderen Solidaritäten mobilisieren
und Einfluss und Kontrolle auf die Handlungen anderer ausüben lassen (vgl.
Esser 2000: 247-253; Sandefur/Laumann 1998: 485).
Die Art und der Umfang, in denen die Mitglieder einer Organisation durch Beziehungskapital miteinander verbunden sind, haben deshalb einen bedeutenden Einfluss auf die Art und Intensität ihrer Zusammenarbeit. In dem Ausmaß, in dem zwei betriebliche Akteure durch Verpflichtungskapital verbunden
sind, variiert die Wahrscheinlichkeit, dass diese Hilfe- und Unterstützungsleistungen dem anderen gegenüber erbringen, die über die normalen Verhaltenserwartungen der Arbeitsrolle in Bezug auf die Zusammenarbeit hinausgehen (Extra-Rollenverhalten). Des Weiteren wird die Bereitschaft verhaltensbedingte Risiken im Rahmen der Interaktion am Arbeitsplatz einzugehen, beispielsweise bei der Weitergabe wichtiger Informationen, im Wesentlichen
durch den Umfang des Vertrauenskapitals beeinflusst. Der Umfang in dem
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
18
Beziehungskapital in Form von Vertrauens- und Verpflichtungskapital
zwischen den Mitarbeitern entsteht, ist aber unmittelbar an das
Zustandekommen von Beziehungen mit relativ hoher Intensität geknüpft: So
kommt es z.B. bei einer relativ hohen Unähnlichkeit innerhalb der
(in)formellen Arbeitsgruppe nur in geringem Umfang zur Bildung von stark
kohäsiven Bonding-Beziehungen. Deshalb kann hier nur ein vergleichsweise
geringes Niveau an wechselseitigem Vertrauen und Verpflichtungsbeständen
erwartet werden, wodurch das Ausmaß der sozialen Unterstützung und des
Extra-Rollenverhaltens im Aufgabenvollzug entsprechend beeinflusst wird.
Zudem kann die durch die relative Ähnlichkeit bedingte Interaktionsintensität
zu Opportunitätskosten für die Organisation und zu Fällen von
Kooperationsversagen führen, wenn die Arbeitsaufgabe im Grunde ein
anderes Interaktionsniveau erfordert: Im Folgenden soll vereinfachend
angenommen werden, dass Arbeitsaufgaben entweder in geringem oder in
hohem Maße (inter)dependent sein können. Kreuztabelliert man nun diese
beiden Fälle mit der jeweiligen Beziehungsintensität, die hier dichotom als
eher schwach oder eher stark angenommen wird, lassen sich folgende Zusammenhänge annehmen (vgl. Abbildung 8): Bei eher geringen Aufgaben(inter)dependenzen sind für den Arbeitsvollzug auch nur Beziehungen mit
eher geringer Interaktionsintensität notwendig. Stimmen diese beiden Merkmale überein (Fall I) wird wahrscheinlich im ausreichenden Umfang interagiert und das notwendige Maß an Kooperation kommt zustande.
Aufgaben(inter)dependenzen
Beziehungsintensität
gering
hoch
schwach
(weak tie)
(I) “Fit“
(III) Kooperationsversagen
stark
(strong tie)
(II) Opportunitätskosten
(IV) “Fit“
Abbildung 8: Aufgaben(inter)dependenzen und Beziehungsintensität
Das gleiche gilt für den Fall IV: Bei eher hohen (Inter)Dependenzen führt
eine entsprechend hohe Beziehungsintensität zum „passenden“ Umfang an
Kooperation. Problematisch sind hingegen die Fälle II und III, da dort - an
den Interaktionserfordernissen der Arbeitsaufgabe gemessen - entweder zu
wenig oder zu viel interagiert wird. Im Fall II wären lediglich schwache Interaktionsbeziehungen notwendig, allerdings unterhalten die Mitarbeiter aufgrund der relativ hohen Ähnlichkeit starke Beziehungen. Da diese stärker interagieren als im Umfang der Arbeitsaufgabe eigentlich notwendig wäre, ent-
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
19
stehen möglicherweise Opportunitätskosten, da die umfangreicheren Interaktionen mehr Zeit und Ressourcen benötigen, wodurch sich die effektive Arbeitszeit reduzieren kann. Im Fall III wird hingegen insgesamt zu wenig kooperiert. Die inter(dependente) Arbeitsaufgabe erfordert eigentlich eine hohe
Beziehungsintensität, die aber aufgrund relativer Unähnlichkeit in ihrer Intensität nur schwach ausfällt. Es liegt somit ein Kooperationsversagen vor, das
sich entsprechend auf die Arbeitsergebnisse auswirken dürfte, da zu wenig
Informationen geteilt, Wissen weitergegeben und Unterstützung geleistet
wird.
Diese Beispiele machen deutlich, dass das Beziehungskapital der Akteure in
Organisationen einen Einfluss auf die Art der Zusammenarbeit und der daraus
resultierenden Folgen hat. Insgesamt führt eine hohe Unähnlichkeit dazu,
dass nur wenig Beziehungskapital in Form von Bonding-Beziehungen zwischen den Mitarbeitern der Organisation gebildet wird, was insbesondere bei
Arbeitsaufgaben, die ein hohes Maß an Zusammenarbeit und sozialer Unterstützung erfordern, problematisch sein dürfte. Da insbesondere die freie Wahl
als ähnlich wahrgenommener Organisationsmitglieder für die Bildung
brückenschlagender Beziehungen (Bridging-Beziehungen) zwischen den Teilnetzwerken der Organisation verantwortlich ist, führt eine hohe Unähnlichkeit
dazu, dass solche Beziehungen nur in geringem Maße zustande kommen.
Hierdurch fehlt es dem Netzwerk insgesamt an Integrationsfähigkeit und
Dichte, mit der Folge, dass beispielsweise das soziostrukturelle Potenzial zur
Informationsdiffusion und zur sozialen Kontrolle beeinträchtigt wird. Hierdurch wird zwangsläufig auch das Organisationskapital des sozialen Netzwerkes der Organisation beeinflusst.
4.3 Organisationskapital
Mit dem Konzept des Organisationskapitals werden die (emergenten) Eigenschaften des gesamten sozialen Netzwerkes eines Betriebes und dessen Wirkungen auf die Kooperationsbereitschaft und die Handlungskoordination der
Mitglieder dieser Sozialstruktur thematisiert. Das soziostrukturell bedingte
Ausmaß geteilter Reziprozitätsnormen, wechselseitigen Vertrauens und sozialer Kontrolle bestimmen hierbei das Sozialkapital, das als kollektives bzw.
öffentliches Gut den Mitgliedern zur Verfügung steht (vgl. Coleman 1991:
389ff.; Esser 2000: 256ff; Portes 1998; Fukuyama 1997).
Die soziale Kontrolle (vgl. Türk 1981) basiert auf dem Ausmaß der Sichtbarkeit (der Handlungen) der Akteure im Netzwerk und dem Umfang der Zirkulation sozialer Informationen, wie beispielsweise der Reputation der Akteure.
Das Ausmaß der Integration der Sozialstruktur, welche sich durch die Dichte
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
20
und Stabilität des Netzwerkes und die Anzahl struktureller Löcher bestimmen
lässt, bestimmt hierbei die Fähigkeit und Funktionalität des sozialen Systems
zur Informationszirkulation und eben auch: zur sozialen Kontrolle der Handlungen der Organisationsmitglieder (vgl. Burt 1992: 71ff.; Coleman 1991:
395ff.).
Die Internalisierung und externe Verstärkung von (Reziprozitäts-)Normen
wird ebenfalls durch die lokale und globale Dichte der Sozialstruktur beeinflusst, da die Art und das Ausmaß der sozialen Einbettung des Personals bestimmt, in welchem Umfang und mit welcher Intensität diese bestimmten
Verhaltenserwartungen ausgesetzt sind (vgl. Erickson 1988) und in welchem
Umfang derartige Werte und Einstellungen generalisiert werden. Durch die
Generalisierung von (Reziprozitäts-)Normen werden die Handlungen der Akteure insgesamt verlässlicher und die Erbringung (riskanter) Vorleistungen
wahrscheinlicher (vgl. Gouldner 1960).
Ebenso erhöht das generalisierte Vertrauen auf die Verlässlichkeit von Gegenleistungen durch das gesamte soziale Netzwerk die Bereitschaft zur Erbringung von (riskanten) Vorleistungen und die Bereitschaft zur Kooperation
(vgl. Diekmann 1993: 22ff.; Fukuyama 1995; Ripperger 1998: 179ff.).
Betrachtet man nun die verschiedenen Netzwerktypen, die auf der Basis unterschiedlicher Personalstrukturen wahrscheinlich werden (vgl. Abbildung 5),
zeigen sich ganz unterschiedliche sozialsystemimanente Potenziale zur sozialen Kontrolle und Informationszirkulation:
So ist die Fähigkeit zur sozialen Kontrolle der Organisationsmitglieder im lose
geknüpften Netzwerk (Typ 1, vgl. das Beispiel in Abb. 9) aufgrund der sehr
geringen lokalen und globalen Dichte am geringsten. Da die Mitarbeiter innerhalb der Arbeitsgruppen nur gering vernetzt sind und auch nur wenige
Außenbeziehungen zu anderen Arbeitsgruppen bestehen, können soziale Informationen nur unzureichend wahrgenommen werden und zirkulieren. Hier
ist strukturell bedingt auch nur im geringeren Maße zu erwarten, dass organisationsspezifische (Reziprozitäts-)Normen internalisiert werden und organisationsweit generalisiertes Vertrauen entsteht, da die Mitglieder der Organisation auf Grund ihrer schwächeren sozialen Einbindung im geringeren Maße
konsistenten sozialen Informationen ausgesetzt sind.
Ganz im Gegensatz dazu besitzt eine Organisation mit einem dicht geknüpften Netzwerk (Typ 4, vgl. Abb. 10) eine hohes systemimanentes Potenzial zur
sozialen Kontrolle ihrer Mitglieder, da aufgrund der hohen lokalen und globalen Dichte des Netzwerkes, eine sehr hohe, organisationsweite Sichtbarkeit
der Handlungen der Mitarbeiter und Vorgesetzten besteht und die darauf bezogenen Informationen im gesamten Netzwerk verbreitet werden können.
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
21
Auf dieser Basis wird die Etablierung geteilter Handlungsnormen und die Bildung generalisierten Vertrauens wahrscheinlicher, da die Organisationsmitglieder im viel stärkeren Maße bestimmten Verhaltenserwartungen ausgesetzt
sind und aufgrund der Dichte des Netzwerkes Vertrauensbrüche und Normenverstöße selten unentdeckt bleiben, wodurch insgesamt auch ein hohes
präventives Sanktionspotenzial entsteht.
Abbildung 9: Beispiel für ein “Lose geknüpftes Netzwerk“ mit geringem Ausmaß an Organisationskapital (Quelle: selbst erstellt)
Besteht die betriebliche Sozialstruktur aus einem Netzwerk des Typs “Geschlossene Gesellschaften“ (Typ 2) wird durch die fehlenden Brückenbeziehungen die Fähigkeit zur Informationszirkulation und zur sozialen Kontrolle
innerhalb der Organisation eingeschränkt. Dadurch wird die Etablierung organisationsweit geltender Handlungsnormen unwahrscheinlicher. Vielmehr ist
anzunehmen, dass sich in den hoch kohäsiven Teilnetzwerken gruppenspezifische Verhaltensnormen etablieren. Auch wird durch die soziale Schließung
der Teilnetzwerke unwahrscheinlicher, dass das Vertrauen in das Wohlwollen
der Organisationsmitglieder generalisiert wird. Statt dessen ist zu erwarten,
dass sich dieses Vertrauen auf die soziale Bezugsgruppe beschränkt, wodurch
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
22
insgesamt die Interaktionen mit Organisationsmitglieder außerhalb der eigenen Arbeitsgruppe negativ beeinträchtigt werden können.
Abbildung 10: Beispiel für ein „Dicht geknüpftes Netzwerk“ mit einem hohem
Ausmaß an Organisationskapital (Quelle: selbst erstellt)
In Netzwerken des Typ 3 (“Offene Gesellschaften“) fehlt es den Arbeitsgruppen an strukturellem Zusammenhalt. Die Arbeitsgruppenmitglieder sind kaum
durch Beziehungen mit hoher Intensität verbunden, stattdessen unterhalten
diese den Kern ihrer Beziehungen mit Organisationsmitgliedern außerhalb der
eigenen Arbeitsgruppe. Soziale Informationen können zwar organisationsweit
zirkulieren, allerdings ist die Fähigkeit zur Kontrolle von Vertrauensbrüchen
und Normenverstößen aufgrund der geringen lokalen Dichte stark eingeschränkt. Hierdurch wird auch der Umfang beschränkt, in dem Vertrauen generalisiert und Handlungsnormen internalisiert werden, da ein im Vergleich
nur geringes präventives Sanktionspotenzial besteht. Insbesondere kann es
bei diesem Netzwerktyp - in Abhängigkeit von den Interaktionserfordernissen
der Arbeitsaufgaben - zu Fällen von Kooperationsversagen kommen, da anzunehmen ist, dass die Kooperation innerhalb der Arbeitsgruppen aufgrund
der schwachen Netzwerkbindungen insgesamt nur gering ausfällt.
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
23
Zusammenfassend zeigt sich für diese vier typisierten Netzwerke, die auf der
Basis unterschiedlicher Personalstrukturen zustande kommen, dass durch die
unterschiedlichen Sozialstrukturkonfigurationen auch unterschiedliche Bestände an Sozialkapital in und von Organisationen wahrscheinlich werden
(vgl. Abbildung 11).
Netzwerktyp/
Organisationskapital
Fähigkeit zur
organisationsweiten
Informationszirkulation
Fähigkeit zur
organisationsweiten
sozialen Kontrolle
Wahrscheinlichkeit
der Etablierung
organisationsweiter
Handlungsnormen
Wahrscheinlichkeit
der Generalisierung
von Vertrauen
Organisationskapital
der Organisation
Typ 1
“Lose geknüpftes
Netzwerk“
Typ 2
“Geschlossene
Gesellschaften“
Typ 3
“Offene
Gesellschaften“
Typ 4
“Dicht geknüpftes
Netzwerk“
gering
gering, innerhalb
der Gruppen: hoch
hoch
hoch
gering
gering, innerhalb
der Gruppen: hoch
gering
hoch
gering
gering, innerhalb mittel, innerhalb der
der Gruppen: hoch
Gruppen: gering
hoch
gering
gering, innerhalb mittel, innerhalb der
der Gruppen: hoch
Gruppen: gering
hoch
eher gering
eher gering, der
Gruppen: eher
hoch
mittel, der Gruppen:
eher gering
eher hoch
Abbildung 11: Netzwerktypen und Organisationskapital
5. Fazit: Vielfalt und die Folgen
Im Laufe des Beitrages wurde vor dem Hintergrund balancetheoretischer
Überlegungen im Rahmen eines strukturell-individualistischen Erklärungsansatzes gezeigt, wie die personalstrukturelle Oberflächen- und Tiefendiversität
die Beziehungs- und Intensitätswahlen in Organisationen beeinflussen kann.
Hierdurch konstituieren sich nicht nur die ego-zentrierten Netzwerke der Organisationsmitglieder, sondern auch die Konfiguration der gesamten betrieblichen Sozialstruktur. Diese sozialen Netzwerke haben einen unmittelbaren
Einfluss auf die Sozialkapitalausstattung einer Organisation, wodurch deren
soziostrukturelle Fähigkeiten zur Organisation und Koordination kollektiven
Handelns nachhaltig beeinflusst werden. Die Organisationsdemografie stellt
somit eine wesentliche Opportunitätsstruktur für die Wahl von Beziehungen
dar und mithin: eine wesentliche Kovariate des betrieblichen Sozialkapitals.
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
24
Was bedeuten diese Erkenntnisse nun konkret für die Diversity-Forschung
und das Diversity-Management?
Zunächst erweitert diese modelltheoretisch fundierte Analyse die Sichtweise
auf die Wirkungen von Vielfalt in Organisationen um eine explizite soziostrukturelle Komponente, die gleichsam als Wirkungsvermutung, auf der
Basis konkreter Netzwerkkonfigurationen, einen Zusammenhang zwischen
der Organisationsdemografie und dem betrieblichen Sozialkapital herstellt.
Auf dieser Basis lassen sich weitergehende Vermutungen über die möglichen
Folgen auf den betrieblichen Leistungsprozess und die personalwirtschaftliche
Funktionserfüllung anstellen. So ist beispielsweise anzunehmen, dass insbesondere bei komplexen und/oder innovativen Arbeitsaufgaben, dass Fehlen
von betrieblichem Sozialkapital zu (dys-)funktionalen Folgen für die Leistungserstellung führen kann. Da die Kontrolle und Steuerung des Verhaltens
und der Leistungsergebnisse der Mitarbeiter durch technische Kontrollmedien
(Technik, administrative Regelungen, Anreizsysteme, usw.) und die persönliche Kontrolle durch den Vorgesetzten bei komplexen Aufgaben in der Regel
sehr schwierig ist, entstehen häufig Kontroll- und Steuerungslücken. Ein
ausreichender Bestand an Sozialkapital auf der Basis einer dahingehend
funktionalen Netzwerkkonfiguration (wie z.B. Typ 4) kann diese Lücke jedoch
nachhaltig verringern und andere Kontroll- und Steuerungsmedien substituieren oder komplementieren. Bei innovativen Aufgaben ist die Weitergabe
von Informationen und Wissen zumeist eine wesentliche Voraussetzung für
die Aufgabenerfüllung. Wenn die Vielfalt in Organisationen nun zum Beispiel
zu einem Netzwerk vom Typ 1 führt, wird es unwahrscheinlicher, dass in
ausreichendem Umfang Informationen geteilt und Wissen weitergegeben
wird. In diesem Sinne würde das Fehlen von Sozialkapital hier sicherlich dysfunktional auf die Aufgabenerfüllung einwirken. Diese Beispiele machen deutlich, dass - in Abhängigkeit von der konkreten Art der Arbeitsaufgabe - bestimmte Sozialstrukturkonfigurationen und das darin eingebettete Sozialkapital (dys-)funktionale Wirkungen auf den betrieblichen Leistungserstellungsprozess entfalten können (vgl. Burt 1997a, b; Coleman 1991: 392; Gabbay/Leenders 1999: 2f.).
Darüber hinaus macht die vorliegende Analyse deutlich, dass die (dys-) funktionalen Folgen von Vielfalt in Organisationen auch dadurch bestimmt werden
können (bzw. werden müssen), indem man nicht nur deren direkte, sondern
auch deren indirekte und langfristige Wirkungen in den Fokus der Analyse
rückt. Dieses ist nicht nur für die Diversity-Forschung von Bedeutung, sondern auch für das Management von Vielfalt in Organisationen. Dem Einsatz
einer Praktik des Diversity-Management in einer Organisation sollte eine
sorgfältige und ausgewogene Analyse der Wirkungen vorausgehen. In der
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
25
Praxis beschränkt sich dieses aber (wenn überhaupt) zumeist auf die intendierten Effekte der Maßnahme. Die nicht-intendierten Nebenwirkungen und
langfristigen Effekte der Variation der Personalstruktur werden aber zumeist
unzulässig vernachlässigt, wodurch deren “Netto-Effekte“ falsch eingeschätzt
werden. Es sollte hierbei deutlich geworden sein, dass der Versuch des Management von Diversität immer auch ein Management des betrieblichen Sozialkapitals bedeutet.
Diese Wirkungsabschätzung von Praktiken des Diversity-Managment oder
auch bestimmter Personalstrukturkonfigurationen benötigt in der Theorie wie
in der Praxis zwingend hinreichend fundierte und bewährte Wirkungsmodelle.
Solche Modelle benötigen zur Erklärung und Prognose von Wirkungen zumindest (1) eine hinreichende Beschreibung der strukturellen Parameter der Diversität in einer Organisation, (2) die Explikation eines Handlungsmodells,
welches unter Rückgriff auf Brückenhypothesen verdeutlicht, warum das Personal wie auf bestimmte Aspekte von Vielfalt reagiert und (3) fundierte und
robuste Transformationsregeln, die das individuelle Handeln der Mitarbeiter
mit konkreten Wirkungen auf der Ebene von Individuen, Gruppen und der
gesamten Organisation in Verbindung setzen. Deshalb erscheint meines Erachtens gerade das hier verwendete strukturell-individualistische Erklärungsparadigma für die weiterführende Explikation vorhandener und die Entwicklung neuer Modelle als Konstruktionsheuristik nachhaltig und sinnvoll zu sein.
Zudem erhöht ein an diesen Konstruktionsprinzipien orientierter expliziter
Modellbau die Kritik- und Bewährungsfähigkeit der daraus generierten Wirkungsvermutungen, was der konstruktiven Weiterentwicklung der DiversityForschung und des Diversity-Management förderlich sein dürfte.
Das hier vorliegende Modell stellt dahingehend ein Anwendungsbeispiel dar,
welches aber noch in vielfacher Hinsicht verbessert werden kann. So liefern
die typologischen Fallunterscheidungen ein zwar nützliches, im Grunde aber
noch sehr grobes analytisches Raster. So wird die tatsächliche Vielfalt der
Personalstruktur hier nur unzureichend abgebildet. Um den Erklärungs- und
Prognosegehalt des Modells zu erhöhen, müssten stärker ausdifferenzierte
und in sich plausible Personalstrukturkonfigurationen zugrunde gelegt werden. Auf dieser Basis wäre es dann auch möglich, genauere Vorhersagen
über die Konfiguration des intraorganisationalen Netzwerkes zu machen, wodurch auch hier die Prognose wahrscheinlicher Wirkungen verbessert werden
könnte. Da die raum-zeitliche Kolokation eine wesentliche Kovariate darstellt,
müsste auch die genaue Konfiguration der Organisationsstruktur mit einbezogen werden. So wäre es möglich, auf der Basis noch zu bestimmender Organisations-/Personalstruktur-Konfigurationen, Aussagen über (langfristige)
strukturbildende Effekte zu machen. Im Grunde müsste auch die bereits vor-
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
26
handene Konfiguration des intraorganisationalen Netzwerkes als Kontexteffekt zum Ausgangszeitpunkt der Analyse (t1) modelliert werden, um zu Vorhersagen zukünftiger Konfigurationen (in t2) zu kommen. Dieses ist ein
Punkt, den das vorliegende Erklärungsmodell bisher vollkommen vernachlässigt. Die Analyse ließe sich auch dadurch vertiefen, dass nicht nur von Akteuren mit einem typischen Beziehungsportfolio ausgegangen wird, sondern
auch andere “Netzwerker“-Typen sowie deren Häufigkeit und Verteilung in
der Organisation als Personenvariablen mit einbezogen werden. So lässt sich
annehmen, dass die soziale Einbettung eines von seiner Persönlichkeitsstruktur eher introvertierten Mitarbeiters anders aussehen dürfte als die eines
extrovertierten Organisationsmitgliedes. Zudem steht die gesamte Analyse
unter einer starken ceteris paribus-Annahme, da die Vielfalt der Einflußfaktoren auf die Genese von Beziehungen in Organisationen hier bewußt auf die
Stellenschneidung und die relative (Un-)Ähnlichkeit des Personals beschränkt
werden. Hier sind noch zahlreiche andere Determinanten denkbar, die einen
Einfluß auf die Sozialstrukturkonfigurationen und das betriebliche Sozialkapital haben können. Insgesamt bieten sich also eine Vielzahl von Möglichkeiten
die Analyse zu erweitern und auf der Basis von ausdifferenzierten Brückenhypothesen, Handlungstheorien und Aggregationsregeln, die vorliegende “Tiefenerklärung“ der strukturbildenden Effekte der Organisationsdemografie und
deren Folgen zu verbessern. Dieses dürfte weiter dazu beitragen, die “Black
Box“ der Wirkungsvermutungen von Vielfalt in Organisationen zu öffnen und
mit theoretisch fundierten Zusammenhangsaussagen zu füllen.
Manuel Jans - Organisationsdemografie und Sozialkapital
27
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