Übungs-Kasuistiken zur Diagnose von Wundinfektionen

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Wundinfektionen
Definition und Diagnose
für die Infektionserfassung
anhand von Kasuistiken
Prof. Dr. Elisabeth Presterl
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Wundkontaminationsklasse
 1. CLEAN WOUND (SAUBERE, ASEPTISCHE WUNDE):
nicht infiziertes OP-Gebiet, in dem keine Entzündung vorhanden ist und
der Respirations-, Gastrointestinal-, Genital- oder unbesiedelte
Urinaltrakt nicht eröffnet wurde. Wird primär verschlossen und, wenn
nötig, mit einer geschlossenen Drainage versorgt.
Operative Wunden nach stumpfen, nicht penetrierenden Traumata
gehören zu dieser Kategorie.
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Wundkontaminationsklasse
 2. CLEAN-CONTAMINATED WOUNDS (SAUBERKONTAMINIERTE ODER BEDINGT ASEPTISCHE
WUNDEN):
– bei Eingriffen, bei denen der Respirations-, Gastrointestinal-,
Genital- oder unbesiedelte Urinaltrakt unter kontrollierten
Bedingungen und ohne ungewöhnliche Kontamination eröffnet
wurde.
– Insbesondere Eingriffe an den Gallenwegen sowie an Appendix,
Vagina und Oropharynx gehören zu dieser Kategorie,
vorausgesetzt dass keine Anzeichen einer Infektion oder einer
erheblichen Unterbrechung der aseptischen Technik vorhanden sind.
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Wundkontaminationsklasse
 3. CONTAMINATED WOUNDS (KONTAMINIERTE
WUNDEN):
– schließen offene, frische, zufällige Wunden mit ein. Darüber
hinaus gehören Eingriffe mit einer erheblichen Unterbrechung der
aseptischen Technik oder mit deutlichem Austritt von Darminhalt,
sowie Eingriffe, bei denen eine akute, nicht eiternde Entzündung
vorhanden sind, zu dieser Kategorie.
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Wundkontaminationsklasse
 4. DIRTY OR INFECTED WOUNDS (SEPTISCHE ODER
INFIZIERTE WUNDEN):
– umfassen alte Verletzungswunden mit devitalisiertem Gewebe und
Eingriffe bei bereits vorhandener eitriger Infektion oder nach
Perforation im Gastrointesinaltrakt.
– Die Definition legt nahe, dass der die postoperative Infektion
verursachende Erreger bereits vor der Operation im Operationsfeld
vorhanden war.
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OBERFLÄCHLICH INZISIONAL
 Die Infektion tritt innerhalb von 30 Tagen nach der
Operation auf und betrifft nur die Haut und subkutanes
Gewebe der Operationswunde und mindestens eines der
folgenden Kriterien trifft zu:
– Austritt von eitrigem Sekret aus der oberflächlichen Inzision
– kultureller Erregernachweis aus aseptisch entnommenem
Wundsekret oder Gewebe aus der oberflächlichen Inzision.
– mindestens eines der folgenden Merkmale: Schmerz oder
Druckempfindlichkeit, lokalisierte Schwellung, Rötung oder
Überwärmung, und die oberflächliche Inzision wird vom Chirurgen
bewusst eröffnet, außer wenn sich die Kultur als negativ erweist.
– Diagnose einer oberflächlich-inzisionalen SSI durch den
behandelnden Arzt.
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A.B., weiblich, 89 Jahre
Verkehrsunfall, Knie-Fraktur und Polytrauma
IBS
Blande Wunde mit Hämatom, allerdings Fersendeku
CRP 12 mg/dl
Wundabstrich: k.W.
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A.Z., männlich, 47 Jahre
Diabetes mellitus, chron.venöse Insuff.
Postoperative Wundheilungsstörung
CRP 1.5 mg/dl
Wundabstrich: Corynebakterien
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D.J., männlich, 67 Jahre
Z.n. Unterschenkelfraktur
Diabetes mellitus
Postoperative oberflächliche Wundinfektion, Eiter
CRP 0,7 mg/dl
Wundabstrich vergessen, aber mit Beta-Isodona behandelt
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F.K., männlich, 80 Jahre
Sturz, Rissquetschwunde, erstversorgt
Wundinfektion:
Abstrich: MRSA
CRP 8 mg/dl
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R.O., 44a, männlich
Verkehrsunfall
Rissquetschwunden, keine Wundinfektion
CRP 7 mg/dl
Kein Wundabstrich
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TIEF INZISIONAL
 Die Infektion tritt innerhalb von 30 Tagen nach der Operation auf, wenn
kein Fremdkörper implantiert wurde oder innerhalb eines Jahres, wenn
ein Fremdkörper implantiert wurde und die Infektion steht offensichtlich
mit der Operation in Zusammenhang und tiefes weiches Gewebe (z.B.
Faszien, Muskeln) der Operationswunde ist betroffen und mindestens
eines der folgenden Kriterien trifft zu:
– Austritt von eitrigem Sekret aus der tiefen Inzision, nicht aber aus dem
Organ/Körperhöhle.
– Spontane Dehiszenz einer tiefen Inzision oder vom Chirurgen bewusst eröffnet,
wenn der Patient mindestens eines der folgenden Anzeichen oder Symptome
aufweist: Fieber (>38º C), lokalisierter Schmerz oder Druckempfindlichkeit,
außer wenn sich die Kultur als negativ erweist.
– Ein Abszess oder anderes Anzeichen einer Infektion in einer tiefen
Operationswunde wird bei direkter Untersuchung, bei einer Reoperation, oder
durch histopathologische oder radiologische Untersuchung festgestellt.
– Diagnose einer tief-inzisionalen SSI durch den behandelnden Arzt.
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N.P., männlich, 46 Jahre
Verkehrsunfall
Diabetes mellitus
Amputationsstumpf
CRP 27 mg/dl, Fieber 38.3 C
Wundinfektion: Enterobakterien
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 W.T., 56 Jahre
 Verkehrsunfall vor 20 Jahren, Querschnittslähmung der
unteren Ext. + Blasenlähmung
 Dekubitus, Urosepsis
 Sturz aus dem Bett – peritrochantäre Fraktur –
intramedulläre Fixation
 Gallensteine – CHE (klassisch)
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CRP 18, Leuko 16.000
Eröffnung der Wunde – Eiter
Harn: Leuko +++, Nitrit -, Blut +++
Kulturen (Harn, Wunde, Galle) :
– MR-P. aeruginosa (R – AcylureidoPen, Ceftazidime, Cefepime,
Ciprofloxacin)
 Therapie mit Biklin ( 3 Tage) + Meropenem
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ORGANE/KÖRPERHÖHLEN
 Die Infektion tritt innerhalb von 30 Tagen nach der Operation auf, wenn kein
Fremdkörper implantiert wurde und die Infektion steht offensichtlich mit
der Operation in Zusammenhang und ein beliebiger Teil des Körpers ist
betroffen, der während der Operation geöffnet oder manipuliert wurde,
mit Ausnahme von Inzisionen der Haut, der Faszien oder der Muskeln, und
mindestens eines der folgenden Kriterien trifft zu:
– Austritt von eitrigem Sekret aus einem Drain, der Zugang zu einem tiefen
Organ/Körperhöhle hat.
– kultureller Erregernachweis aus aseptisch entnommenem Wundsekret oder
Gewebe aus dem Organ/Körperhöhle.
– Ein Abszess oder anderes Anzeichen einer Infektion in einem
Organ/Körperhöhle wird bei direkter Untersuchung, bei einer Reoperation,
oder durch histopathologische oder radiologische Untersuchung festgestellt.
– Diagnose einer SSI im Organ/Körperhöhle durch den behandelnden Arzt.
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Übungskasuistiken- Fall 1
 Anamnese:
 Ein 79-jähriger Patient wird nach einem Sturz mit einer
Oberschenkelhalsfraktur aus einem Pflegeheim in das
Krankenhaus eingewiesen. Bei der Aufnahme weist das
Pflegeheim auf eine MRSA Besiedlung des Patienten hin,
woraufhin noch in der Notaufnahme Abstriche von Nase und
Leisten entnommen werden. Die Entzündungsparameter
liegen bei Aufnahme im Normbereich.
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Fall 1 Verlauf
 Tag 1
Operation. Patient erhält eine TEP. Perioperativ wird eine
Antibiotikaprophylaxe mit Vancomycin durchgeführt.
 Tag 2
Patient ist sehr verwirrt. Temperatur unauffällig. Wunde reizlos.
 Tag 3
Das Ergebnis der Abstrichuntersuchung zeigt eine Besiedlung von
Nase und Leiste mit MRSA. In der Krankengeschichte findet sich
folgender Eintrag: “Patient hat sich zum wiederholten Male den
Verband entfernt und an den Drainagen manipuliert. Rezidivierende
Verwirrtheitszustände“.
 Tag 5
Wundränder stark gerötet und gespannt. Verdacht auf
Abszessbildung in der Tiefe.
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Fall 1 Verlauf
 Tag 7
Notiz in der Krankengeschichte: „Abszessspaltung durch den
behandelnden Chirurgen“. Ein Wundabstrich wird zur mikrobiologischen
Untersuchung entnommen.
 Tag 9
Ergebnis der Wundabstrichuntersuchung: MRSA
lokale Wundbehandlung wird durchgeführt.
 Tag 12
Besserung der Wundverhältnisse. Verhalten des Patienten wird
zunehmend adäquat
 Tag 19
Patient wird bei gebessertem Allgemeinzustand in das Pflegeheim
zurückverlegt. MRSA bis zur Entlassung immer wieder an verschiedenen
Stellen nachweisbar.
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Beurteilung und Erläuterung
der Übungskasuistik
 Es handelt sich um eine postoperative tiefe Wundinfektion
(TIEF INZISIONAL)
 Postoperativ hat sich (wahrscheinlich in der Tiefe) ein
Abszess entwickelt, der am 7. Tag gespalten wird.
 Aus den Krankengeschichten geht die Wundklassifikation
und SSI Definition manchmal nicht eindeutig hervor. In
diesen Fällen kann eine sichere Zuordnung zu den
Kategorien schwierig sein, und es muss aus dem
Gesamtzusammenhang rückgeschlossen werden 
Rückfrage beim behandelnden Arzt
 Wenn Antibiotikum lt. Kurve verordnet wurde  nach
Indikation fragen?
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Fall 2
 Juni 2013 KTEP li, postoperativ beschwerdefrei bis
Dezember 2013
 Dez.2013: Schwellung, Rötung, starke Schmerzen =>
Revision: intraoperativ im Gelenk massiv Eiter, KTEPAusbau und Spacerimplantation. Mikrobiologie: in allen 3
von 3 intraOP-Abstrichen: Staph. aureus reichlich.
Histologie: floride Entzündung
 6 Monate postOP beschwerdefrei, hochvirulenter Keim
Staph.aureus. Mit der OP in Verbindung stehend oder
hämatogen gestreut, von anderem Focus ausgehend?
Würden Sie diese Infektion als nosokomiale postOP
Wundinfektion nach KTEP werten?
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Fall 3
St.p. Schenkelhalsfrakt 2010 li OP (Gamma-Nagel) auswärts
29.5.13 HTEP li u Metallentfernung, intraoperativ unauffällig
12.6. Sturz, Beckenbruch
20.6. Rocephin, Klacid wegen Husten
25.6.13 Wundabstrich Hüfte li. Enterococus faecalis reichlich,
Pip/Taz wg. stinkender Sekretion erhalten
 9.7.13 HTEP-Ausbau, Entfernen einer Fistel im mittleren Bereich der
Narbe, Debridement im Bereich der Pfanne und im Bereich des Femurs
 Mikrobiologie: intraoperative Abstriche: 1x Staph hämolyticus einzeln
bis mäßig, 2x Staph epidermidis nach Anreicherung
 Histologie: Entzündungsfreies Narben- und Granulationsgewebe
 Würden Sie diese Infektion als nosokomiale postOP-Wundinfektion
werten, trotz postOP Sturz und Beckenbruch? Wenn ja, welche Tiefe?
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Fall 4
 St.p. HTEP li 1999,
 St.p. CHE 9/2013 bei akuter phlegmonöser Cholecystitis, chronisch
lymphatische Leukämie seit 2001, Chemotherapie
 4.10.13.Kopf-Inlaywechsel li Hüfte Histo entzündungsfrei,
Mikrobiologie: intraop Abstriche neg ,
 14.10.13 Verdacht auf Sepsis: fiebernd, Nackensteife,
Muskelkontraktionen, Blutkultur negativ, Targozid, Optinem, Vfend,
rasche Besserung des Allgemeinzustandes
 Entlassung 28.10.
 14.1.2014: Aufnahme wegen Sturz und HTEP-Luxation, Narbe bland
 22.1.: AZ-Verschlechterung, sezernierende Fistel li Hüfte, CRP über
300, Revision: nekrotisches, membranöses Gewebe um Kopf und
Pfanne. Mikrobiologie: alle intraOP Abstriche + Sonikation: E.coli
 E.coli-Sepsis, Patient verstorben
 Als nosokomiale postOP Wundinfektion, mit Kopf-Inlaywechsel 3 Monate
vorher in Zusammenhang stehend, werten?
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