Zoologisches Grundpraktikum I Sommersemester 2012

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Zoologisches Grundpraktikum I
Sommersemester 2012
für Studenten des Studiengangs
Biologie und Molekulare Biotechnologie
Dozenten:
Institut für Zoologie
Prof. Dr. R. Entzeroth
Dipl.-Biol. Tobias Kern
Dipl. Biol. Sacha Hanig
Molekulare Biotechnologie
Dr. Michael Kurth
Zeitplan:
jeweils Mittwoch 11.10 – 13.30 bzw. 14.00- 16.20 Uhr,
Bio-Neubau Raum E48
Datum
Dozenten
Thema
04.04.2012
Dr. M. Kurth , Tobias Kern
Protisten (Einzeller)
11.04.2012
Dr. M. Kurth, Tobias Kern
Cnidaria
18.04.2012
Dr. M. Kurth, Tobias Kern
Plathelminthes
25.04.2012
Dr. M. Kurth, Sacha Hanig
Nemathelmithes
02.05.2012
Dr. M. Kurth, Sacha Hanig
Mollusca
16.05.2012
Dr. M. Kurth, Sacha Hanig
Annelida
23.05.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Arthropoda 1 (Crustacea)
06.06.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Arthropoda 2 (Insecta)
13.06.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Echinodermata
20.06.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Chordata 1 (Acrania)
27.06.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Chordata 2 (Pisces)
04.07.2012
Dr. A. Froschauer, Dr. M. Kurth
Chordata 3 (Tetrapoda)
2
Zoologisches Grundpraktikum I
Teil 1
Institut für Zoologie
Prof. Dr. R. Entzeroth, Dipl.-Biol. T. Kern , Dipl.-Biol. S. Hanig
Molekulare Biotechnologie
Dr. M. Kurth
Der erste Teil des Skriptes umfasst die Übungen 1-6 des Zoologischen Grundpraktikums I. Es soll
eine Hilfestellung für die Vor- und Nachbereitung sowie eine Anleitung für das Praktikum selbst sein.
Der Inhalt erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist keineswegs als Ersatz für ein Lehrbuch
gedacht.
Zeitplan Teil I
04.04.2012.
Protisten (Amoeba, Paramecium, Gregarina, Trypanosoma)
11.04.2012
Cnidaria (Hydra, Laomedea)
18.04.2012
Plathelminthes (Dugesia, Dicrocoelium, Fasciola, Taenia, Echinococcus)
25.04.2012
Nemathelminthes (Ascaris, Trichinella, Caenorhabditis elegans)
02.05.2012
Mollusca (Helix)
16.05.2012
Annelida (Lumbricus)
Wichtig:
-
Bitte bereiten Sie die einzelnen Praktikumstage vor indem Sie die entsprechenden Kapitel im
"Kükenthal" lesen.
-
Fangen Sie nicht zu spät mit der Klausurvorbereitung an, da der im Praktikum behandelte Stoff
sehr umfangreich ist. Am besten ist es, den Stoff nach jedem Praktikumstag gründlich
nachzuarbeiten.
-
Fertigen Sie Zeichnungen von den Präparaten an.
-
Bringen Sie bitte den Kükenthal zum Praktikum mit. Dort sind in der Regel die Präparationen
beschrieben
-
Vergessen
Sie
Ihr
Präparierbesteck
nicht
(Schere,
Skalpell,
Pinzette,
Präpariernadel,
Stecknadeln, Objektträger, Deckgläschen)
-
Vom Kurs soll ein kurzes Protokoll angefertigt werden.
3
1. Übung
Protisten (Einzeller)
Die Systematik der Protisten ist zurzeit ständigen Veränderungen unterworfen. Zum Teil werden bis zu
sieben eigene Stämme unterschieden, deren Verwandtschaftsbeziehungen allerdings weitgehend
ungeklärt sind. Auch die genaue Abgrenzung zwischen Protozoa und Metazoa (Ein- und Vielzellern)
ist unsicher. Weiterhin verläuft die ernährungsphysiologisch definierte Grenze zwischen Tier- und
Pflanzenreich zum Teil sehr unscharf mitten durch die Gruppe der Protisten hindurch. Neben rein
autotrophen (Protophyta) und rein heterothrophen (Protozoa) Vertretern sind auch zahlreiche
Zwischenformen bekannt. Für das Praktikum scheint es daher sinnvoll, die Gliederung in die vier
klassischen Protozoengruppen (Flagellata, Rhizopoda, Sporozoa, Ciliata) zu verwenden.
Morphologisch entspricht die Protistenzelle einer Metazoenzelle, jedoch hat die einzellige
Lebensweise zu vielfältigen Einzeller-Spezialisierungen geführt. Viele Einzeller besitzen typische
Organellen deren Funktionen denen der Organe vielzelliger Lebewesen vergleichbar sind.
Literatur:
R. Wehner; W. Gehring (1995) Zoologie; Thieme Stuttgart
-
V. Storch; U. Welsch (1996) Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum; Fischer
Stuttgart; 22. Auflage
-
V. Storch; U. Welsch (2004) Systematische Zoologie; Fischer Stuttgart; 6. Auflage
-
K. Hausmann; N. Hülsmann (1996) Protozoology, Thieme Stuttgart
-
Campbell, NA(1997) Biologie, Spektrum Verlag
Abb. 1.1: Stammbaum der Lebewelt nach Sequenzdaten (16S und 18S rRNA). Beachte die
genetische Diversität der Protisten im Vergleich zu Tieren, Pilzen und Pflanzen. (aus Woese et al.
(1988) Am. Soc. Zool.)
4
Verlauf der Übung
Anhand je eines repräsentativen Vertreters sollen Sie mit charakteristischen Bauplanmerkmalen der
Rhizopoda, Flagellata, Sporozoa und Ciliata vertraut gemacht werden.
I.
Rhizopoda (Wurzelfüßer)
Die Rhizopoda (Sarcodina) und Flagellata (Mastigophora) werden in anderen Systematiken zu den
Sarcomastigophora zusammengefaßt, nach neuestem Kenntnisstand handelt es sich um eine
"künstliche" Gruppe, die möglicherweise aufgelöst werden muss. Viele Vertreter der Rhizopoda zeigen
einen ausgeprägten Polymorphismus, in dem sie begeißelte Schwärmerstadien entwickeln.
Andererseits können auch einige Flagellaten formveränderliche Cytoplasmafortsätze (Pseudopodien)
entwickeln, die für die Rhizopoda charakteristisch sind. Die Pseudopodien dienen sowohl der
Fortbewegung als auch der Nahrungsaufnahme und können gruppenspezifisch in verschiedenen
Ausprägungen auftreten: Bei den lappenförmigen Lobopodien der Amöben umgrenzt wie im übrigen
Cytoplasma ein Gel-artiges Ektoplasma das Sol-artige Endoplasma. Die strahlenförmigen Axopodien
der Heliozoen und Radiolarien, die den pelagischen Formen als Schwebeeinrichtungen dienen,
enthalten einen zentralen Achsenstab (Axonem) aus längsgerichteten Mikrotubuli, über den ein
Cytoplasmafilm gleitet, der Nahrungspartikel wie auf einem Fließband zum Zellkörper führt. Dünne
Plasmafäden (Filopodien) treten bei den Foraminiferen aus den Kammerporen hervor, die nicht aus
einem einheitlichen Strang bestehen, sondern ein Bündel nur elektronenoptisch auflösbarer
Cytoplasmafäden bilden, die alle von einem eigenen Plasmalemma umgeben sind.
Abb.1.2: Organisationsskizze von Amoeba
Abb.1.3: a) Amoeba proteus, b,c) Entamoeba histolytica, d)
Arcella, e,f) Foraminiferen, g) Sonnentierchen (Heliozoa), h)
Radiolaria
Kursmaterial: Amoeba proteus (Lebendpräparat)
Aufgabe: Mikroskopieren und Zeichnen. Beobachten Sie die Pseudopodienbildung und geben
Sie in Ihrer Zeichnung die Bewegungsrichtung an.
5
II.
Wimpertierchen, (Ciliata=Ciliophora, Alveolata)
Die Ciliaten (Wimperntierchen) gelten als die höchstorganisiertesten und an cytoplasmatischen
Differenzierungen reichsten Protozoen. Ihre beiden kennzeichnenden Merkmale sind der Besitz von
Cilien und ein Kerndimorphismus. Die Cilien lassen sich generell durch Reduktion ihrer Länge und
Vereinfachung der Schlagweise von Flagellen ableiten. Unter Kerndimorphismus versteht man das
gleichzeitige Auftreten von Mikro- und Makronucleus. Der diploide Mikronukleus synthetisiert keine
RNA, so dass der Phänotyp der Ciliaten ausschließlich von den Genen des Makronucleus bestimmt
wird und dem Mikronucleus allein die Rolle eines Speichers genetischer Information (generativer
Kern) zukommt. Der Zellmetabolismus wird bei Ciliaten vom polyploiden Makronucleus - dem
somatischen Kern - gesteuert, da in ihm verschiedene Teile des Genoms unterschiedlich stark
amplifiziert sind, ist eine geordnete Mitose oder Meiose nicht mehr möglich. Im Kerndimorphismus der
Ciliaten zeigt sich daher eine gewisse Analogie zur Differenzierung in Keimzellen und Soma bei
Metazoen.
Abb. 1.4: Die Formenvielfalt der Ciliaten. Neben den freischwimmenden Formen wie z.B. Paramecium
oder Tetrahymena gibt es Zellen die auf Cirren laufen (z.B. Stylonychia) oder sessil sind (Stentor,
Vorticella auf Pflanzen, Spirochona auf den Kiemenblättern des Bachflohkrebses). Einige Arten leben
parasitisch (Polypenlaus Trichodina), andere symbiontisch (Ophryoscolex aus dem Rinderpansen).
Nach verschiedenen Autoren.
6
Kursmaterial: Paramecium caudatum
Abb.1.5: Phagocytose bei Paramecium
Abb.1.6: Organisationsskizze von Paramecium
Lebendbeobachtung, Fütterung und Färbung von Paramecium caudatum
Die Lebendbeobachtung des Ciliaten ist ebenso wie bei den Flagellaten durch die Beweglichkeit der
Organismen erschwert (s.u.). Mit nur wenig Wasser unter dem Deckglas ist aber eine Beobachtung
gut möglich. Besonders auffällig sind der koordinierte Cilienschlag und die Tätigkeit der kontraktilen
Vakuolen, die der Osmoregulation dienen.
a)
Beobachten Sie zunächst Bewegung und die Organisation der Paramecien. Versuchen Sie
die Schlagfrequenz der kontraktilen Vakuolen zu bestimmen.
b)
Cyclose: Beobachten sie den Weg der Nahrungsvakuolen durch den Körper der mit
gefärbten Hefepartikeln (1% Kongorotlösung; neutral bis basisch: rot; ab pH 3 blau)
gefütterten Tiere.
c)
Kernfärbung: Geben Sie bei einem Parameciumpräparat einen Tropfen angesäuertes
Methylgrün an den Rand des Deckgläschens. Diese Färbung fixiert die Tiere gleichzeitig.
Beobachten Sie die Reaktion der unter der Pellikula liegenden Trichocysten. Zeichnen Sie
ein Paramecium mit seinen Organellen! Notieren Sie ihre Beobachtungen zur Cyclose,
Kernfärbung und Trichocystenreaktion.
7
III.
Sporozoa (,,Sporentierchen“, Apicomplexa)
Zu dieser Protozoenklasse werden sehr verschiedenartige einzellige Organismen gezählt. Alle sind
Parasiten, die entweder in Körperhöhlen oder in einzelnen Zellen leben. Sie besitzen eine komplexe
Zellbegrenzung (Pellicula) die auch besondere Bewegungsorganelle enthält. Sporozoen zeichnen sich
durch charakteristische Entwicklungszyklen aus; dabei auftretenden Dauerstadien werden als
„Sporen“ bezeichnet. Die Sporozoa werden in neueren Systematiken als Apikomplexa bezeichnet, da
sie sich durch einen komplizierten, nur elektronenmikroskopisch sichtbaren Apikalkomplex
auszeichnen (s. Abb.). Der apikale Komplex setzt sich aus dem Polring, dem Conoid und den
Rhoptrien zusammen.
Lebendbeobachtung von Gregarinen aus Mehlkäferlarven
Präparation:
Einem “Mehlwurm“ (Larve des Mehlkäfers Tenebrio molitor) schneidet man Kopf und
Hinterende ab. Mit einer spitzen Pinzette zieht man den Darm heraus, streicht ihn auf einem
Objektträger aus und legt ein Deckglas auf. Man kann auch, wie oben beschrieben, den Darm
herausnehmen, ihn in ein Schälchen mit Insektenringerlösung (0,75 %ige NaCl-Lösung) oder PBS
überführen und darin zerzupfen. Von der Suspension bringt man mit der Pipette einen Tropfen auf
einen Objektträger, legt ein Deckglas auf und mikroskopiert. Die drei Gregarinen-Arten, die Sie finden
können, sind im KÜKENTHAL und unten abgebildet. Nicht alle Mehlkäferlarven sind befallen!
Abb.1.7
a)
Beobachten Sie die für Sporozoen recht großen Formen und versuchen Sie, die Arten
zu bestimmen.
b)
Fertigen Sie von einer Gregarinenart eine ,,halbschematische" Zeichnung an.
8
IV.
Flagellata (Geißeltierchen)
Die Bewegungsorganellen der Flagellaten sind Geißeln (Flagellen). Sie können in Ein- oder Mehrzahl
auftreten, am Vorder- oder Hinterende der Zelle entspringen (Zug- oder Schleppgeißeln) oder wie bei
den Hypermastigiden große Teile der Zelloberfläche besetzen. Bei den autotrophen Dinoflagellaten
führt eine Quergeißel schraubenförmige Bewegungen in einer quer verlaufenden Ringfurche aus,
während eine Längsgeißel nach hinten schwingt. Die im Blutplasma der Wirbeltiere lebenden
Trypanosomen besitzen eine am Hinterende entspringende Geißel, die nach vorn gerichtet und mit
der Zelle über eine undulierende Membran verbunden ist. Bei der intrazellulär parasitierenden
Leishmania-Form ist sie völlig reduziert. Hinter dem Basalkörper (Kinetosom) der Geißel liegt bei den
meisten Trypanosomiden ein Kinetoplast (= Blepharoplast), eine DNA-Anhäufung innerhalb des
großen (einzigen) Mitochondriums.
Abb. 1.8: Flagellaten. Die Dinoflagellaten Ceratium und Noctiluca (Letzterer ist der „Erreger“ des
Meeresleuchtens), Opalina ranarum aus dem Darm des Frosches, Trypanosoma (Erreger von
Schlafkrankheit und der Nagana-Rinderseuche), Trichomonas vaginalis (parasitiert im Urogenitaltrakt
von Frauen), Giardia lamblia (Erreger der Giardienruhr), Euglena (Augentierchen), Spirotrichonympha
(Zellulase-produzierender hypermastigider Flagellat aus dem Darm der Termite) und der
Choanoflagellat Salpingoeca.
9
Trypanosoma
Abb.1.9: Trypanosomen (Kinetoplastida) Abb. aus Dönges
a)
1) amastigot (cryptomastigot); 2) promastigot; 3) epimastigot; 4) trypomastigot
b)
Entwicklungskreislauf von Trypanosoma brucei in Glossina sp. und Mensch
Abb.1.9: Zeichnung von Trypanosoma nach
elektronenmikroskopischen Aufnahmen (Kp= Kinetoplast =
DNA)
Aufgabe: Mikroskopieren und Zeichnen der
Dauerpräparate.
10
Klären Sie folgende Begriffe bzw. Definitionen
Rhizopoda
Plasmodium
Heterotrophie
Flagellata
Malaria
Autotrophie
Ciliata
Schizogonie
Mixotrophie
Sporozoa
Gametogonie
Cyklose
Heliozoa
Mehlkäfer
ZellorganeIl
Sporogonie
Gastriole
Gregarine
Exocytose
Endocytose
Konjugation
Phagocytose
Eukaryont
Kerndimorphismus
Pinocytose
Prokaryont
Parasitismus
Pseudopodium
Chloroplast
Pellicula
Flagelle
Paramylon
Trichocyste
Cilie
Trypanosoma
Schlafkrankheit
Kinetoplast
Protomerit
Entamoeba histolytica
Deutomerit
Leishmania
Glossina
Radiolaria
Literatur mit Angaben zur Beschaffung und Kultur von Protozoen
M. Mayer,
Kultur und Präparation der Protozoen; Kosmos-Verlag, Stuttgart
H. Streble, D. Krauter (1988) Das Leben im Wassertropfen, 8. Auflage, Kosmos-Verlag, Stuttgart
11
2. Übung
Cnidaria (Nesseltiere)
Cnidaria sind sehr einfach gebaute Metazoen, die als Polypen und/oder Medusen auftreten können.
Früher wurden sie mit den Acnidaria (Ctenophora, Rippenquallen) zur systematischen Einheit
Coelenterata (Hohltiere) zusammengefaßt. Aufgrund der klaren Symmetrieverhältnisse ihrer Körpergestalt
und ihrer reich differenzierten Epithelien mit Nerven-, Sinnes- und myofibrillenhaltigen Zellen erheben sich
die Hohltiere eindeutig über das Organisationsniveau der Schwämme. Doch besitzen auch sie - wenn
man von einigen recht komplexen Sinnesorganen absieht - noch keine echten Organe, die sich wie bei
den höheren Metazoen (Eumetazoa) durch einen eigenständigen ontogenetischen Entwicklungsgang
auszeichnen. Lange Zeit galten die Cnidaria deshalb als ursprüngliche Metazoenklasse, nach neuerer
Ansicht ist ihr Körperbau jedoch sekundär in der Evolution vereinfacht worden. Die Cnidaria werden in vier
Klassen eingeteilt: Anthozoa (Blumentiere), Cubozoa (Würfelquallen), Scyphozoa (Scheibenquallen),
und Hydrozoa.
Von den Nesseltieren sind ca. 8500 Arten bekannt. Unvollständig aufgeklärte Entwicklungszyklen und die
alle anderen Eumetazoa übertreffende Vielgestaltigkeit von Individuen ein und derselben Art
(Polymorphismus), führen allerdings oft zu unterschiedlichen Angaben über die Artenzahl. Cnidaria sind
vorwiegend marine Organismen (alle Anthozoa, Cubozoa und Scyphozoa). Dies gilt auch für die Mehrzahl
der Hydrozoa, von denen aber einige Arten (z.B. Hydra) individuenreich im Süßwasser leben.
Die Cnidaria sind eine ungewöhnlich erfolgreiche Tiergruppe, was in erster Linie auf den Besitz von
Nesselkapseln zurückzuführen ist. Sie ermöglichen ihnen einerseits die optimale Nutzung eines
reichhaltigen Nahrungsangebots, andererseits beschränken sie die natürlichen Feinde auf wenige
Spezialisten, hauptsächlich Gastropoda, sowie einige Fische und Seesterne. Die hohe Regenerationsfähigkeit und die häufige Symbiose mit einzelligen Algen sind wahrscheinlich weitere Gründe, die die
Cnidaria zu einer der verbreitetsten aquatischen Tiergruppen werden ließen.
Abb.2.1
Polyp und Meduse bilden bei Hydrozoen und
Scyphozoen die aufeinander-folgenden Glieder
eines Generations-wechsels (Metagenese). Die
Medusen
entstehen
auf
ungeschlechtlichem
Wege durch Querteilung der Polypen (Strobilation
bei Scyphozoa), Knospung (bei Hydrozoa) oder
Metamorphose
des
ganzen
Polypen
(bei
Cubozoa).
Als
geschlechtliche
Generation
entwickeln
sie
Gonaden.
aus
Die
dem
befruchteten Ei entstehende bewimperte PlanulaLarve oder die schon tentakeltragende ActinulaLarve setzt sich fest und wächst zu einem neuen
Polyp aus. (siehe Abb.2.1)
12
Bei vielen Formen lösen sich die Medusen gar nicht mehr als frei-schwimmende Stadien vom Polypen ab,
sondern erscheinen als sessile, stark reduzierte Medusoide (Gonophoren). Bei Hydra bestehen die
Medusoide nur noch aus den Gonaden, so daß hier der Polyp die geschlechtliche und ungeschlechtliche
Generation repräsentiert. Sowohl Polyp als auch Meduse sind diploid. Wie bei allen Metazoen wird das
einzige haploide Stadium im Lebenszyklus der Cnidarier von den Gameten gebildet.
Eine
hervorstechende
Eigen-
tümlichkeit vieler Cnidarier ist die
Stockbildung.
Durch
Knospung
entstehen Polypen, die mit dem
Mutterpolypen
bleiben
in
und
auf
Polypenstöcke
Tausenden
Verbindung
diese
aus
von
Weise
vielen
Einzelpolypen
bilden. Meistens ist diese Stockbildung mit einer morphologischen
und funktionellen Differenzierung
zwischen den Einzelpolypen verbunden
Abb.: 2.2
(Polymorphismus).
Viel-
fach lassen sich dann Freßpolypen
(Trophozooide), mundlose Wehr-
polypen
(Nematozooide),
die
reich
mit
Nesselkapseln
besetzt
sind,
und
medusenbildende
Geschlechtspolypen (Gonozooide) unterscheiden. Bei den Geschlechtspolypen sind Peristom und
Tentakeln zurückgebildet. Da die Gastro-vaskularräume aller Polypen miteinander in Verbindung stehen,
werden auch die mundlosen Individuen mit Nahrung versorgt.
13
Körperbau
Die Körperstrukturen der Cnidaria können in Teilen bilateralsymmetrisch sein, grundsätzlich sind sie vierbis n-strahlig radiärsymmetrisch um eine zentrale Hauptachse angeordnet. Diese verläuft vom proximalen
Pol (Fußscheibe, animaler Pol, larvale Scheitelplatte) zum distalen Pol (Mundfeld, vegetativer Pol,
embryonale Urmundregion). Das Grundmuster eines Cnidariers repräsentiert am anschaulichsten der
Polyp: ein schlauch- oder sackförmiger Organismus der im Allgemeinen mit seiner Fußscheibe am
Substrat festsitzt. Die einzige Körperöffnung, die von den ins freie Wasser hängenden Tentakeln
umgeben wird, fungiert gleichermaßen als Mund und After. Die Fangarme dienen zum Beutefang. Sie
sind stark dehnbar und tragen dichtsitzende Batterien verschiedenartiger Nesselzellen (Nematocysten,
Cniden: z.B. Penetranten, Volventen, Glutinanten,...; an die 30 verschiedene Bauarten sind bekannt) Der
Polyp entspricht dem Lebensformtypus des sessilen Tentakelfängers (Schlingers), der die unverdauten
Nahrungsreste durch den Mund-After wieder herauswürgt. Vom Polypen ist die ursprünglich pelagische
Meduse (Qualle) abzuleiten, deren glockenförmiger Bau sie zum Rückstoßschwimmen befähigt. Sie ist bei
den metagenetischen Cnidaria (Cubozoa, Scyphozoa, Hydrozoa) Träger der Keimzellen und sorgt für die
Verbreitung der Art.
In ihrer Körperarchitektur stimmen
alle Hohltiere darin überein, daß eine
drei-schichtige
zentralen
Körperwand
Hohlraum
einen
(Gastro-
vaskularraum) umschließt. Wie sein
Name besagt, erfüllt letzterer eine
Doppelfunktion: Er ist einerseits Ort
der
extrazellulären
(Gastro-),
Verdauung
übernimmt
aber
andererseits auch die Rolle eines
Verteilersystems
von
Nährstoffen
und Abbauprodukten (-vaskular). Mit
einer einzigen (Mund/After-) Öffnung
mündet er nach außen. Im Bau der
Körperwand lässt sich stets ein
äußeres
Abb.2.3
und
ein
inneres
einschichtiges Epithel (Ektodermis
und
Entodermis)
dazwischenliegende
und
eine
Mesogloea
unterscheiden. Ekto- und Entodermis gehen aus eigenen Bildungsgeweben (Blastemen) hervor. Das
Ektoderm trägt außer den Epithelmuskelzellen noch Cnidoblasten, aus denen Nesselzellen gebildet
werden, und Sinneszellen mit einer apikalen Cilie (Mechano-, Photo- oder Chemorezeptoren). Der
Gastralraum wird begrenzt von Entoderm (Gastrodermis), das aus zwei Hauptzelltypen besteht:
14
Drüsenzellen und Nährmuskelzellen. Die Mesogloea (Stützlamelle) bildet dagegen primär eine azelluläre
Matrix, in die Zellen der Ekto- und Entodermis mit pseudopodienartigen Fortsätzen hineinragen
(Verankerungsfunktion). Sie besteht aus Kollagenfasern und wird von beiden Zell-schichten gebildet.
Wenn sekundär ektodermale Zellen in die Mesogloea einwandern, kann sie binde-gewebsähnliche
Struktur annehmen und - wenn es sich bei den eingewanderten Zellen um Sklero-blasten handelt Endoskelettfunktion erfüllen.
Im
Gegensatz
zu
den
Schwämmen
kommt es bei den Cnidaria durch den
teilweise recht engen Zusammenschluß
mehrerer
Zelltypen
Epithelien
innerhalb
zu
Ansätzen
der
von
Gewebsbildung. Den häufigsten der ca.
20
Zelltypen
von
Hydra
bilden
die
Epithelmuskelzellen. Sie sind durch einen
flachen
basalen
Zellfortsatz
gekennzeichnet, der Myofibrillen enthält
und für die Kontraktionsfähigkeit des
Abb.2.4
Epithels
verantwortlich
ist.
Die
Myofibrillen verlaufen im Ektoderm längs und im Entoderm ringförmig. Ferner können sie (in der
Ektodermis) Skelette sezernieren und (in der Entodermis) mittels Flagellenschlag einen Flüssigkeitsstrom
erzeugen,
aus
dem
sie
Nahrungspartikel
endocytotisch
aufnehmen
(Verdauungszellen
=
,,Nährmuskelzellen"). Die Verdauung erfolgt bei Coelenteraten also sowohl extra- als auch intrazellulär.
Für die extrazelluläre Verdauung sezernieren Drüsenzellen (= Zymogenzellen) der Entodermis
Verdauungsenzyme in den Gastralraum.
Kleine interstitielle Zellen (I-Zellen), die in Ekto- und Entodermis an der Basis der Epithelzellen liegen,
sind Stammzellen, aus denen durch Differenzierung die Nerven- und Sinneszellen, die Nessel- sowie die
Drüsenzellen hervorgehen. Auch die Gameten leiten sich von ihnen ab. Als multipotente Zellen sind sie
für die ausgeprägten Regenerationsleistungen der Coelenteraten verantwortlich.
Nervenzellen liegen als uni-, bi- oder multipolare Neuronen an der
Basis von Ekto- und Entodermis, wo sie sowohl mit Sinnes- als auch
mit Epithelmuskelzellen in Kontakt treten. Bei Polypen bilden sie ein
einheitliches diffuses Nervensystem, bei einigen Medusen können
sie jedoch schon zu getrennten, anatomisch und funktionell
verschieden differenzierten Nervennetzen zusammentreten.
Abb.2.5
Das zweifellos auffälligste cytologische Charakte-ristikum und
exklusive Merkmal der Cnidarier sind die Nesselzellen (=
Nematocyten = Cnidocyten). Sie bilden in ihrem Inneren eine der
höchst-spezialisierten Zellorganellen tierischer Zellen über-haupt:
15
die Nesselkapseln (= Nematacysten = Cniden). Jede Hydra ist mit drei Typen von Nemato-cyten und cysten ausgerüstet: Stilett- oder Durchschlagskapseln (= Penetranten = Stenothelen), die mit Stilett- und
Nesselschlauch
einem
giftsezernierenden
Tubulus
den
Cuticularpanzer
kleiner
Arthropoden
durchschlagen; Wickelkapseln (= Volventen = Desmonemen), bei denen sich der ausge-schleuderte
Tubulus, bettfederartig spiralisiert, um Borsten von Beutetieren wickelt; schließlich Klebkapseln (=
Glutinanten = Isorhizen), die mit
ihrem klebrigen Tubulus vorübergehende Befestigungsaufgaben bei
der Lokomotion übernehmen. HydraPolypen
können
sich
spannerraupenartig auf dem Substrat
fortbewegen.
Wickel-
und
Klebkapseln
enthalten
kein
Giftsekret.
Im Kurs sollen Sie den GrundAbb.2.6
bauplan der Cnidarier, den Auf-bau
der Gewebe und die wichtigsten
Zelltypen kennenlernen. Außerdem sollen Sie sich mit den Phänomenen des Polymorphismus und der
Metagenese vertraut machen.
Literatur:
-
R. Wehner; W. Gehring (1995): Zoologie; Thieme Stuttgart
-
V. Storch; U. Welsch (1996): Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum; Fischer Stuttgart;
22. Auflage
16
Verlauf der Übung
Bau und Verhalten des Süßwasserpolypen Hydra
Hydra spec.
(Cnidaria, Hydrozoa, Hydroidea)
In verschiedenen stehenden und schwach fließenden Süßgewässern, 0,7-2 cm groß
A: Beobachtung an lebenden Organismen
Äußere Merkmale:
• Wieviele Tentakelgibt es, kann man Gruppen von Nesselzellen erkennen und wo liegt die
Mund-/Afteröffnung?
• Was wird als Hypostombezeichnet?
• Beachten Sie die Gliederung des Rumpfes in eine obere Magenregionund eine stielförmige
basale Region!
• Kommen Knospen von Tochterindividuen vor? Wenn ja, entstehen sie an beliebigen Stellen?
1.
Fertigen Sie eine Übersichtszeichnung von Hydra vulgaris an, die den radiärsymetrischen
Aufbau und die Bildung der Knospe erkennen lässt. Vergleiche verschiedener Tiere zeigen
Ihnen, wie eine Knospe sich bildet.
Beweglichkeit von Rumpf und Tentakel:
2.
Tippen Sie einer Hydra mit einer Nadel oder Pinzette leicht auf den basalen Teil (= Fuß).
Beschreiben sie die Reaktion des Polypen.
• Wie können Reizewahrgenommen werden?
• Wie kommt es zu einer Verkürzungdes Rumpfes?
• Wie ist eine Streckungdes Rumpfes möglich?
Beobachtung von Beutefang und Nahrungsaufnahme:
3.
Bieten Sie den Tieren zunächst tote Nauplien von Artemia salina (Salzkrebs) und dann
wenige (!) lebende an. Beschreiben Sie den Unterschied bei Kontakt mit toten und
lebenden Artemien und beschreiben Sie die einzelnen Phasen des Freßvorgangs.
Beschreiben Sie auch das Verhalten einer Hydra, wenn ihr Gastralraum mit Krebsen gefüllt
ist und dann weitere Krebse angeboten werden.
• Welche Tentakelbewegungenkann man beim Beutefang beobachten?
• Durch welche Reizewerden sie ausgelöst und welche Rolle spielen die Nesselzellen beim
Beutefang?
• Wie kann die Beute von den Rumpfzellenals Nahrung aufgenommen werden?
17
4.
Überführen Sie einen Fangarm von Hydra mit etwas Wasser auf einen Objektträger und
bedecken Sie das Tier mit einem Deckglas. Achten Sie auf die Art und Anordnung der
Nesselzellen in den Batteriezellen der Tentakel. Durch Zugabe von angesäuerter
Methylenblaulösung wird ein Ausschleudern des Nesselfadens ausgelöst. Ziehen Sie die
Lösung mit Filterpapier unter dem Deckglas durch. Zeichnen Sie einen Tentakelausschnitt
und abgeschossene Nesselkapseln. Informieren Sie sich an Hand der Lehrbücher, wie sich
Nesselkapseln entladen.
B: Gefärbter, histologischer Querschnitt des Rumpfes von
Hydra und Obelia spec.
Hydren bestehen hauptsächlich aus einem äußerem und einem innerem Epithel. Dazwischen befindet
sich die zellfreie Mesogloea. Die wichtigsten Zelltypen sind Epithelmuskelzellen, I-Zellen, Nerven-,
primäre Sinnes-, Geschlechts- und Nesselzellen, Nährmuskel- und Drüsenzellen. Mit diesen sollen Sie
sich ein wenig näher beschäftigen.
Epidermis (Ektoderm):
• Was sind Epithelmuskelzellen? Welche Merkmale und Funktion haben sie?
• Welche Bedeutung haben die I-Zellenfür Fortpflanzung, Regeneration und Beutefang? Kennen
Sie etwas Entsprechendes bei sich selbst?
• Können Sie verschiedene Nesselzellen(anhand ihrer Kapseln) oder Cnidoblasten erkennen?
Welche?
Gastrodermis (Entoderm)
• Was sind Nährmuskelzellen? Charakterisieren Sie die Merkmale und Aufgaben dieser Zellen!
• Können Sie Drüsenzellenfinden? Was sezernieren sie?
Stützlamelle (Mesogloea):
• Besteht diese Schicht aus Zellen?
• Wie wird sie gebildet und welche Funktion hat sie?
5.
Für das Kennenlernen der verschiedenen Zelltypen von Hydra bekommen Sie Präparate.
Die Zellen sind leider mit Ihren Mikroskopen schwierig zu unterscheiden. Zeichnen Sie bitte
zumindest Cniden (Nesselzellen) und Epithelmuskelzellen. Fertigen sie eine
Übersichtszeichnung von Obelia (Laomedea) spec. an.
18
C: Anfertigen und Auswerten eines cytologischen Präparates von Hydra
Mazeration
Hydra auf Objektträger übertragen, Wasser weitgehend absaugen und sofort 3-4 Tropfen
Mazerationsflüssigkeit zugeben (1 Teil Glycerin, 1Teil Eisessig, 13 Teile Wasser). Das Gemisch ca. 5 min
einwirken lassen, dann Objektträger kreisend schütteln bis der Rumpf sich weitgehend aufgelöst hat,
anschließend einen Tropfen Methylgrün zugeben (Kernfärbung, s.o.), Deckglas auflegen, überschüssige
Flüssigkeit absaugen (abwechselnd von gegenüberliegenden Rändern her).
Abb. 2.3: Zelltypen von Hydra nach Mazeration.
19
Klären Sie folgende Begriffe bzw. Definitionen
Coelenteraten
Cnidaria
Acnidaria
Ctenophora
Nesseltiere
Gastralraum
Gastrodermis
Epidermis
Ektoderm
Entoderm
Mesogloea
Stützlamelle
Mesenchym
Epithel
Gastrovaskularsystem
Cnide
Stolon
Nesselzelle (Nematocyte)
Zygote
Koloniebildung
Nesselkapsel (Nematocyste)
Stammzellen
Metagenese
regulative Entwicklung
Nervennetz
Nährmuskelzelle
Glutinante (= Isorhiza)
Epithelmuskelzelle
I-Zellen
Volvente (= Desmoneme)
Hydrozoa
Hypostom
Penetrante (= Stenothele)
Scyphozoa
Anthozoa
Generationswechsel
Statocyste
Strobila
Zoochlorellen
Planulalarve
Tentakel
Velum
Furchung
Polymorphismus
Knospung
Strobilation
20
3. Übung
Plathelminthes (Plattwürmer)
Die
Plathelminthen
sind
einfach
gebaute,
unsegmentierte,
dorsoventral
abgeflachte,
bilateralsymmetrische Tiere ohne Coelom (sekundäre Leibeshöhle). Im Gegensatz zu den
Coelenteraten zeigen sie klar die Organisationsform der Triblastie. Zwischen der ektodermalen
Epidermis und dem entodermalen Verdauungsepithel liegt das mesodermale Parenchym in das alle
inneren (mesodermalen) Organe eingebettet sind. Hierbei handelt es sich um eine lockere Anordnung
von Zellen, die mit ihren pseudopodienartigen Zellfortsätzen ein interzelluläres Spaltensystem
(Schizocoel) freilassen. Dieses Schizocoel dürfte die primäre Leibeshöhle verkörpern. Erstmals
repräsentieren die Plathelminthen auch das Organisationsniveau von ,,Organtieren“. In ihrem reich
differenzierten Parenchym liegt eine Vielzahl von Organen: Exkretions- und Genitalorgane, Muskeln
und ein z.T. schon recht zentralisiertes Nervensystem mit Cerebralganglion und Marksträngen. (Von
Organen spricht man dann, wenn die entsprechenden Gebilde auf eine jeweils eigene Organanlage
zurückgehen und eine spezifische Organogenese durchlaufen). Darüber hinaus sind die
Plathelminthen mit ihrem bilateralsymmetrischen Körperbau und dem deutlich betonten cranialen
Körperpol (Cephalisation), wo die meisten Sinnesorgane wie die Lichtsinnesorgane (Augen) liegen, zu
gerichteter
Fortbewegung
befähigt.
Die
Auswertung
der
Sinnesreize
wird
vom
Gehirn
(Oberschlundganglion) vorgenommen. Als Nierenorgane dienen Protonephridien, blind geschlossene
Kanalsysteme, an deren Ende Wimperflammenzellen (Reusengeißelzellen) die harnfähigen Stoffe aus
dem umliegenden Gewebe sammeln. Die Entsorgung erfolgt über mit Treibwimperflammen versehene
Kanäle, die in die Harnblase münden. Blutgefäßsystem und Atmungsorgane fehlen. Plathelminthen
sind fast immer Zwitter mit stark entwickelten Geschlechtsorganen.
Peripher
im
Parenchym
liegen
ringförmig,
längs
und
diagonal
verlaufende
Muskeln.
Dorsoventralmuskeln durchziehen das Parenchym, das mit seiner Turgeszenz als hydrostatisches
Skelett antagonistisch zum Muskelsystem wirkt. Diesem Hautmuskelschlauch verdanken freilebende
Plathelminthen ihre hohe Beweglichkeit.
Wie die Coelenteraten weisen die Plathelminthen ein einheitliches, noch nicht nach Verdauungs-,
Kreislauf- und Respirationsfunktionen untergliedertes Gastrovaskularsystem auf. Dieses blind
endende Schlauchsystem, das mit zunehmender Körpergröße immer stärkere Verzweigungen zeigt,
mündet über einen Pharynx (Schlund) mit einer einzigen Mund/After-Öffnung nach außen. Bei den
Bandwürmern ist es zurück gebildet. Besonders bei den größeren Formen bedarf das Schizocoel
einer Flüssigkeitsdrainage. Diese osmoregulatorische und gleichzeitig exkretorische Funktion
übernehmen die Protonephriden.
2
21
Abb. 3.1: Schematischer Querschnitt durch einen Plathelminthen.
Im Gegensatz zu dieser relativ einfachen Metazoenkonstruktion gehören die Fortpflanzungsorgane
der meist zwittrigen Plattwürmer, die stets eine innere Besamung und damit Kopulationsorgane
besitzen, zu den kompliziertesten des ganzen Tierreichs überhaupt. Im weiblichen Geschlecht
gelangen die Eier aus dem Eierstock (Ovar) durch den Eileiter (Ovidukt) in die Schalendrüse (Ootyp),
in die zahlreiche einzellige Drüsen ihr Sekret entleeren. Aus Dotterstöcken erreichen Dotterzellen
ebenfalls den Ootyp. Dort werden mehrere Eizellen (z.B. bei Planarien) oder je eine Eizelle (z.B. beim
Leberegel) mit bis zu 60 Dotterzellen in einem Kokon verpackt, so dass ,,zusammengesetzte Eier“
entstehen. Diese gelangen durch den Uterus und den Genitalporus nach außen. Das männliche
Begattungsorgan (Penis), das ebenfalls durch den Genitalporus nach außen tritt, führt die
Samenzellen durch einen besonderen Gang (Vagina) oder direkt durch den Genitalporus in den
Uterus ein. In Anpassung an den Parasitismus haben die Saug- und Bandwürmer einen oft
mehrfachen Wirtswechsel, die Saugwürmer zudem noch einen komplizierten Generationswechsel
(Wechsel im Fortpflanzungsmodus) entwickelt. Bei diesem Generationswechsel können - wie beim
Polypen-Medusen-Zyklus der Cnidarier - regelmäßig sexuelle und asexuelle Fortpflanzung
aufeinander folgen (Metagenese) oder bisexuelle Generationen mit einer oder mehreren unisexuellen
(= parthenogenetischen) Generationen alternieren (Heterogonie).
Abb. 3.2: Organisation der Plathelminthes. A: Verdauungs- und Exkretionssystem B: ZNS C:
Gonaden.
2
22
Klasse Turbellaria, Strudelwürmer
Die
Turbellaria
bilden
die
basale
paraphyletische
Gruppe
der
Plattwürmer, sie sind meist Predatoren oder Aasfresser. Die meisten
Arten leben im Meer, zahlreiche auch im Süßwasser. In den Tropen und
in Gewächshäusern kommen Landplanarien wie Bipahum javanum vor,
die 60 cm Körperlänge erreichen. Die marinen Formen sind meist
benthisch, sehr viele gehören der Sandfauna, dem Mesopsammon, an,
und sind mikroskopisch klein. An der bretonischen Küste kommt
Convoluta roscoffensis massenhaft vor und lebt in Endosymbiose mit
Algen, welche die Entsorgung der Exkrete übernehmen. Planktische
Süßwasserbewohner wie Dalyellia haben die Größe von Paramecien.
Abb. 3.3: Organisationsschema
Abb. 3.4.: Histologischer Querschnitt durch Dugesia gonocephala.
Klasse Trematoda, Saugwürmer
Abb. 3.5: Fasciola hepatica. Eine Hälfte eines Querschnittes durch die Körpermitte. 20x
2
23
3.6: Organisationsschema des kleines Leberegels (Dicrocoelium dentriticum)
Während die Strudelwürmer überwiegend frei leben, sind alle Saugwürmer Parasiten. Dies hat auch
anatomische Konsequenzen. So besitzen sie als Erwachsene kein Flimmerepithel als Körperdecke,
sondern Cuticularstacheln, außerdem Saugnäpfe oder Klammerhaken. Augen haben nur die
freilebenden Larven. Bei den Trematoden schlüpfen aus den befruchteten Eiern der geschlechtlichen
(zwittrigen) Generation Wimperlarven (Miracidien), auf die in zwei getrennten Wirten (meistens
Mollusken) zwei stark vereinfachte, sich parthenogenetisch und vivipar vermehrende Generationen
folgen (Sporocyste und Redie). Über eine meist frei schwimmende Larve (Cercarie) wird dann wieder
die bisexuelle Generation im Wirbeltierwirt erreicht.
Abb. 3.7: Entwicklungsgang eines Trematoden: großer Leberegel (Fasciola hepatica)
2
24
Klasse Cestoda, Bandwürmer
Im geschlechtsreifen Zustand sind sie Darmparasiten bei Wirbeltieren und haben in extremer
Anpassung an diese Lebensform sogar den eigenen Darm eingebüßt. Daher müssen sie die bereits
vom Wirt für sich aufbereitete Nahrung, den Chymus des Dünndarmes, durch die Haut aufnehmen.
Da sie in der Dunkelheit des Wirtsdarmes leben, sind den reifen Cestoden auch Lichtsinnesorgane
verloren gegangen.
Die Cestoden besitzen - von wenigen, gewiss sekundären Ausnahmen abgesehen - keinen
Generationswechsel. Die aus der Larve hervorgehende Finne (in Leibeshöhle, Bindegewebe,
Muskulatur oder Leber des Zwischenwirts) wächst nach Überführung in den Darm des Endwirts
lediglich zur Adultform heran. Die Wachstumszone hinter dem Skolex, der als Verankerungsorgan im
Wirtsdarm dient, liefert eine Kette von Gliedern (Proglottiden), die alle ein vollständig zwittriges
Geschlechtssystem besitzen. Dabei reifen in den Proglottiden zunächst die männlichen, später die
weiblichen Gonaden heran (Protandrie). Trotz der Ähnlichkeit der Proglottidenbildung mit einer
vegetativen Vermehrung verkörpert ein Bandwurm keinen Tierstock. Muskulatur, Nervensystem und
Protonephridien durchziehen den ganzen Körper; bei manchen Formen kann ein Genitalapparat sogar
über mehrere Glieder hinweg greifen oder die Körpergliederung überhaupt ausbleiben. Bei den höchst
entwickelten Arten sprossen in den Finnen mehrere Skolices, so dass eine ungeschlechtliche
Vermehrung in den Entwicklungsgang eingeschaltet und damit ein Generationswechsel in Form einer
Metagenese ausgebildet wird (z.B. Echinococcus).
Abb. 3.8: Proglottis mittleren Reifegrades vom Rinderbandwurm, Taenia saginata
2
25
Abb. 3.9: Entwicklungsgang eines Cestoden: Schweinebandwurm (Taenia solium)
Literatur:
-
R. Wehner; W. Gehring (1995) Zoologie; Thieme Stuttgart
-
V. Storch; U. Welsch (1996) Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum; Fischer
Stuttgart; 22. Auflage
Verlauf der Übung:
1. Lebendbeobachtung einheimischer Planarien. Wie bewegen sich diese Tiere?
2. Studium von Dauerpräparaten verschiedener Plathelminthen.
Mikroskopieren und Zeichnen Sie die Dauerpräparate.
2
26
Klasse Turbellaria (Planaria sp.)
1. Körperwand:
• Sind die Epidermiszellenbewimpert?
• Was sind Rhabditenund wo entstehen sie?
• Kann man im Hautmuskelschlauch Ring- und Längsmuskulatur unterscheiden?
• Wo verlaufen Dorsoventralmuskeln?
• Wo liegen Querschnitte durch das Bauchmark?
2. Darmwand:
• Im Zentrum des Schnittes das muskulöse Pharynxrohrin der Pharynxtasche! Welche
Funktion hat
der Pharynx?
• Unterscheiden Sie in der Darmwand Nähr- und Drüsenzellen!
3. Genitalorgane:
• Wo liegen Hodenfollikel? Kommen Querschnitte durch die Samenleiter vor?
• Suchen Sie die Oovitellodukte!
• Welche Bereiche stellenSchnitte durch Dotterfollikel dar (Vitellarien)?
• Welche Funktion haben Vitellocyten?
Klasse Trematoda
Kleiner Leberegel Dicrocoelium dendriticum
1. Äußere Merkmale:
• Welche Funktion haben Mund- und Bauchsaugnapf?
• Was versteht man unter einer Neodermisund wie wird sie gebildet?
2. Genitalapparate:
• Identifizieren Sie Hoden, Samenleiter, Cirrus! Welche Funktion hat der Cirrus?
• Versuchen Sie das weibliche Genitalsystem zu erkennen: Germar(welche Zellen?),
Receptaculum seminis (wozu?), Mehlissche Drüse, Vitellar (welche Zellen?), Uterus
(warum so
lang?). Können Sie Eier sehen? Um welchen Typ "Ei" handelt es sich?
• Wo liegen Mund, Pharynx, Oesophagus? Verlauf des 2-schenkligen Darms. Kann man
Protonephridialkanal und Harnblase sehen?
Großer Leberegel Fasciola hepatica
• Identifizieren Sie die wichtigsten Organsysteme und vergleichen Sie mitD. dendriticum!
• Weist der Lebenszyklus vonF. hepatica Unterschiede zu dem von D. dendriticum auf?
Wenn ja welche? Denken Sie an die Lebensräume der Zwischenwirte und die
Übertragungsarten von Wirt zu Wirt!
2
27
Klasse Cestoda (Rinderbandwurm Taenia saginata, Hundebandwurm Echinococcus
grannulosus)
• Identifizieren Sie die wichtigsten Organsysteme.
Klären Sie folgende Begriffe bzw. Definitionen
Bilateria
Mesoderm
Sagittal-, Medianebene
Turbellatia
Keimblatt
Frontal-, Transversalebene
Trematoda
Planarie
Mesenchym, Mesenchymzellen
Cestoda
Basallamina
Wimperflamme, Reusengeißelzelle
Bindegewebe
Exkretion
Osmoregulation
Kinese
Miracidium
Organ, Organsystem
Cercarie
Sporocyste
Gastrovaskularsystem
Redie
Hydroskelett
Zentralnervensystem
Markstrang
Zwittertum (Monözie)
Cerebralganglion
Pharynx
Atrium genitale
Pigmentbecherocellus
Penis
Bursa copulatrix
Innere Besamung
2
28
4. Übung
Nemathelminthes (Rund- Fadenwürmer)
Bei den Nemathelminthen ist im Gegensatz zu den Plathelminthen der Raum zwischen Darm und
subepithelialer Längsmuskelschicht vollständig von Flüssigkeit erfüllt. Die starke Turgeszenz dieser
Körperhöhle wirkt zusammen mit der Cuticula als elastischer Antagonist zur umgebenden
Längsmuskelschicht (Hydroskelett). Als gruppentypische Kennzeichen der Nemathelminthen können
ferner das häufige Auftreten syncytialer Zellverbände (z.B. in der Epidermis) und die verbreitete, aber
nur im Nervensystem streng gültige Zellkonstanz (Eutelie) gelten. Die Funktionen von Organen
werden in den meisten Fällen von einheitlich gestalteten Epithelien ausgeführt. Die Nemathelminthen
gliedern sich in 6 Klassen. Von diesen sind die Fadenwürmer (Nematoda), Saitenwürmer
(Nematomorpha) und Kratzer (Acanthocephala) unbewimpert, während bei den Bauchhaarlingen
(Castrotricha) die Bauchseite bewimpert ist. Die Rädertiere (Rotatoria) verfügen über ein besonderes
Räderorgan aus Cilien am Vorderende, das dem Herbeistrudeln von Nahrung und der Fortbewegung
dient. Außerdem besitzen sie einen eigentümlichen Kauapparat, den Mastax.
Klasse Nematoda (Fadenwürmer)
Abb.
4.1:
weiblichen
Schema
und
(B)
eines
(A)
männlichen
Nematoden (Ascaris). Af, After; Da,
Darm;
Ep,
Exkretionsporus;
Exkretionskanal;
Kloake;
Mu,
Ho,
Hoden;
Mundöffnung;
Ex,
Kl,
Nd,
Dorsalnerv; Nr, apikaler Nervenring;
Nv, Ventralnerv; Ov, Ovarium; Ph,
Pharynx; Sp, Spicula; Ut, Uterus; Va,
Vagina.
2
29
Abb. 4.2: Schematischer Querschnitt durch einen Nematoden
(Ascaris). Cu, Cuticula; Da, Darmepithel; Ed, Epidermis; El,
Epidermisleiste; Ex, Exkretionskanal; Go, Gonaden; Mz,
Längsmuskelzelle; Nd, Dorsalnerv; Nv, Ventralnerv; pL,
primäre Leibeshöhle.
Die Klasse der Nematoda ist eine sehr erfolgreiche Tiergruppe mit freilebenden Arten im Boden, Süßund Meerwasser sowie zahlreichen parasitischen Arten in Pflanzen und Tieren. Die parasitischen
Fadenwürmer
sind
getrenntgeschlechtlich.
einwirtig
(monoxen)
oder
Der
Zwergfadenwurm
haben
besitzt
Wirtswechsel.
einen
Die
Wirtswechsel
meisten
zwischen
sind
einer
parthenogenetischen parasitischen und einer freilebenden getrennt geschlechtlichen Generation. Es
gibt Zwerge wie die Microfilarien (200-300 µm) und Riesen wie Placentonema gigantissima, dessen
Weibchen in der Plazenta des Pottwals 8,4 m lang werden. Der Körperbau der Nematoden ist
drehrund,
unsegmentiert
und
fadenförmig.
Die
Tiere
sind
längenkonstant.
Der
Fortbewegungsmechanismus ist einfach und erfolgt mit Hilfe des erwähnten Hydroskeletts. Der aus
Längsmuskeln bestehende Hautmuskelschlauch um die Flüssigkeitssäule des Pseudocoels
ermöglicht
lediglich
schlängelnde
Bewegungen,
die
wegen
des
ungegliederten
zentralen
Flüssigkeitsraumes zudem stets den ganzen Körper einbeziehen. Die Längsmuskeln grenzen innen
an eine dünne syncytiale Epidermis, die vier in die Leibeshöhle vorspringende Längswülste
(Epidermisleisten) bildet. Einzigartig im Tierreich, entsenden die Muskelzellen Cytoplasmafortsätze zu
den benachbarten Längsnervensträngen.
Abb. 4.3: Nerv-Muskel-Kontakte bei Ascaris. Ax, Axon; Cu, Cuticula; Ed, Epidermis; El,
Epidermisleiste mit Nervenlängsstrang; Mf1, zum Längsnervenstrang ziehender Muskelfortsatz (zum
Axon postsynaptisch); Mf2, myofibrillenhaltiger Muskelfortsatz (kontraktil); Mz, Zellkörper der
Muskelzelle.
3
30
Abb. 4.4: Cuticula beim Spulwurm Ascaris. Der Winkel von 75° zwischen den spiraligen Fasern der
Cuticula und der Längsachse des Körpers erlaubt einen effektiven Antagonismus zwischen den
ventralen und dorsalen Längsmuskeln des Hautmuskelschlauchs und macht Ringmuskeln überflüssig.
Ein entscheidendes Konstruktionsmerkmal, das den Nematoden die Besiedelung der verschiedensten
Biotope erlaubt, ist die besonders widerstandsfähige Körperdecke, das Tegument. Es besteht aus der
derben Cuticula und der darunter liegenden Hypodermis oder Epidermis. Die Cuticula überzieht nicht
nur die Körperoberfläche, sondern auch die Mundhöhle, die Speiseröhre und den Enddarm, den
Endabschnitt der Vagina und den Exkretionskanal. Hauptaufgabe der Cuticula ist der Schutz vor
Umwelteinflüssen und außerdem hält sie zusammen mit dem Turgor der Leibeshöhle (Pseudocoel)
die Körperform aufrecht. Sie wirkt damit ebenfalls als Antagonist der Muskulatur. Die äußerste Lage ist
die Epicuticula, welche 6-40 nm dick sein kann. Unter der dünnen Epicuticula liegen die corticale, die
mediale und die basale Schicht. Nematoden durchlaufen während ihrer Individualentwicklung 4
Häutungen, bei denen die alte Cuticula abgeworfen und durch eine neue ersetzt wird, die zuvor an der
hypodermalen Oberfläche gebildet wird. Zuerst wird die Epicuticula neu gebildet, dann entstehen die
anderen Schichten. Anders als bei den Arthropoden kann die Cuticula der Nematoden zwischen den
Häutungen wachsen und sich verdicken.
Der Darm ist in mehrere funktionell unterschiedene Abschnitte gegliedert. Mund und After sind
getrennt.
Spezielle
Respirations-
und
Zirkulationssysteme
fehlen,
vielfach
auch
eigene
Exkretionssysteme, deren Funktion dann von Epidermis- und Darmepithelien übernommen wird. Bei
Ascaris verlaufen in den beiden seitlichen Epidermisleisten langgestreckte Exkretionskanäle, die sich
in der vorderen Körperhälfte vereinigen und durch einen Exkretionsporus nach außen münden. Alle
diese Kanäle liegen im Inneren einer einzigen, wimperlosen, H-förmigen Zelle, die vor allem der
Osmoregulation dient. Typisch für die Rundwürmer ist ferner ein relativ niedriger Cephalisationsgrad:
Im Bereich des Vorderendes besteht das Nervensystem lediglich aus einem den Pharynx
umfassenden Schlundring, über den die Nervenzellen meistens diffus verteilt sind. Zwei Markstränge
führen in der dorsalen und ventralen Epidermisleiste nach hinten. Die Fortpflanzung erfolgt bei den
fast stets getrennt geschlechtlichen Nematoden rein bisexuell und auch bei den nicht parasitischen
Arten nicht asexuell oder parthenogenetisch. Damit fehlen hier die komplexen Generationswechsel,
3
31
die viele Plathelminthen auszeichnen. Bei den parasitischen Arten kommt Wirtswechsel dagegen
häufig vor.
Ascaris lumbricoides (Spulwurm des Menschen, 20-40cm) und der sehr nahe verwandte Ascaris suum
(Schwein) parasitieren im Dünndarm. Noch in ihrer Eischale eingeschlossen, werden die Larven mit
verunreinigter Nahrung aufgenommen, treten vom Darm ins Blut über, durchbohren die
Lungenkapillaren und gelangen durch die Luftröhre in die Speiseröhre und wieder in den Darm.
Während dieser dreiwöchigen ,,Rundreise" benötigt die Larve noch Sauerstoff (aerober Stoffwechsel);
später kann Ascaris anaerob leben.
Trichinella spiralis (Trichine, 2-4 mm). Sie entwickelt sich unter Wirtswechsel und wird geschlechtsreif
im Darm von Ratte, Schwein, Mensch u.a. Das Weibchen gebärt bis zu 1500 lebende Junge, die in
die Lymphgefäße eindringen und ins Blut gelangen, aus dem sie durch Kapillaren in die Muskeln
auswandern. Dort wachsen sie bis zu einer Länge von 1 mm heran, spiralisieren sich und werden vom
Wirtsgewebe abgekapselt. Im Magen eines neuen Wirts wird die Kapsel gelöst. Die junge
,,Muskeltrichine“ entwickelt sich zur geschlechtsreifen ,,Darmtrichine“. Trichinen treten z.T. bei
Wildtieren (Ratten, Wildschweinen) auf. Aufgrund der amtlich vorgeschriebenen Fleischbeschau bei
Haus- und Wildtieren, ist die „Muskeltrichine“ sehr selten geworden.
Literatur:
-
R. Wehner; W. Gehring (1995) Zoologie; Thieme; Stuttgart
-
V. Storch; U. Welsch (1996) Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum; Fischer;
Stuttgart; 22. Auflage
Verlauf der Übung
1. Äußere Inspektion und Präparation fixierter Spulwürmer aus dem Schweinedarm
Die Präparation sollte Schritt für Schritt nach der Anleitung im Kükenthal durchgeführt werden. Zur
Präparation eines Tieres zum Zwecke der direkten Anschauung ist Eile schädlich und man bedeckt
deshalb das Präparat zum Schutz gegen Austrocknung mit Wasser (bei Meerestieren mit
Meerwasser). Wird dagegen lediglich präpariert, um Gewebe für spätere Fixierung oder anderweitige
Aufarbeitung freizulegen, so geschieht das so rasch wie möglich und das Objekt wird nicht mit Wasser
bedeckt, da sonst die Zellen leicht unkontrolliert ihren Quellungszustand verändern. Beschriften und
identifizieren Sie die auf dem Schema gekennzeichneten Strukturen anhand des Kükenthals.
1.1. Äußere Merkmale:
• Unterscheiden Sie Vorder-, Hinterende, Dorsal- und Ventralseite!
• Wo liegen Mund, After, weibliche Genitalöffnung?
• Was sind Seitenlinienund wo verlaufen sie?
Die Sektion erfolgt im Präparierbecken unter Wasser; Tiere mit der Rückenseite nach oben,
vorn und hinten mit je einer Nadel feststecken; Körperwand von hinten nach vorn
dorsomedian aufschneiden, auseinanderlegen und mit einer Serie von Nadeln feststecken.
3
32
1.2. Darmkanal:
• Verfolgen Sie den Verlauf des Darmkanals! Welche Abschnitte kann man unterscheiden?
• Wie ist der Pharynxaufgebaut und welche Funktion hat er? Was fressen die Würmer?
1.3a. Weibliche Genitalorgane:
Von der Vagina ausgehend beide Ovarialschläuche vom Mitteldarm befreien, bis zu den
dünnfädigen Enden auseinanderstrecken.
• Welche Abschnitte sind Uterus, Ovidukt, Ovar?
Aus der vorderen und hinteren Uteruswand je ein kurzes Stück herausschneiden, längs
auftrennen, auf einem Objektträger in etwas Wasser Inhalt herausspülen und mikroskopieren.
• Unterscheiden Sie unbefruchtete und befruchtete Eier! Wie sehen die Spermien aus?
1.3b: Männliche Genitalorgane:
• Identifizieren Sie die verschiedenen Abschnitte des männlichen Genitalapparates. Was
sind Spiculae und welche Aufgabe haben sie?
1.4. Exkretionsorgane:
• Seitenlinien an der Innenseite der Körperwand aufsuchen! In ihnen verlaufen die
Exkretionskanäle. Wo liegt der Exkretionsporus?
1.5. Nervensystem:
• Wo liegt das Gehirnund wo verlaufen die Hauptlängsnerven?
1.6. Hautmuskulatur:
• Beobachten Sie mit dem Binokular die Hautmuskelzellenund verfolgen Sie den Verlauf
der Fortsätze der kolbenförmigen Abschnitte. Wie erfolgt die Innervation?
Mit einer feinen Pinzette einige Hautmuskelzellen aus dem Präparat herausnehmen; dabei
die kontraktilen Basalteile in Längsrichtung vorsichtig von der Körperwand ablösen; Zellen
auf einen Objektträger in etwas Wasser auseinanderlegen, mikroskopieren.
• Wie sind die Muskelzellenaufgebaut?
2. Mikroskopieren und Zeichnen Sie einen Querschnitt von Ascaris sp.
2.1. Kutikula:
• Wie ist diese Schicht strukturiert, woraus besteht sie, wie wird sie gebildet und welche
Funktion hat sie?
2.2. Epidermis (Hypodermis):
• Ist diese Schicht ein Syncytium? Wo kommen Zellkerne vor?
• Wo bildet die Hypodermis nach innen Längsleistenund welche Organe liegen in diesen
3
33
Leisten?
2.3. Muskulatur der Körperwand:
• Identifizieren Sie Zellendes Hautmuskelschlauches und unterscheiden Sie kontraktilen
Abschnitt, kolbenförmigen Teil und Zellfortsatz. Wie sind die Myofibrillen (Was`n das?) im
kontraktilen Teil angeordnet? (Welche anderen Myofibrillenanordnungen kennen Sie?)
• Wo liegt der Kontaktzwischen Muskelzelle und Nervensystem?
• Zu welcher Art Bewegung führt die Kontraktion des Hautmuskelschlauches? Was wirkt
dieser Bewegung entgegen (Antagonist)? Kann man Ringmuskulatur finden?
2.4. Mitteldarm:
• Beachten Sie den Bau der Darmzellen! Welche Strukturen begrenzen die luminale Seite
der Zellen?
• Was wird als Nahrung aufgenommen und wo wird sie verdaut?
• Gibt es eine Darmwandmuskulatur?
2.5. Weibliche Genitalorgane:
• Welche Querschnitte durch die Ovarialschläuchestellen die Wachstumszone von
Oogonien dar?
Was ist die Rhachis und welche Bedeutung hat sie?
• Untersuchen Sie den Bau der Uteruswand, kann man Muskulatur sehen?
• Kann man Spermiensehen und wenn ja wie sind diese aufgebaut?
• Identifizieren Sie befruchtete Eier(Schale, vielfach zwei Kerne (warum?))! Findet die
Meiose der Oocyten vor oder nach Eindringen des Spermiums statt?
3. Mikroskopieren und Zeichnen Sie die Dauerpräparate von Trichinella spiralis.
3
34
Abb. 4.5: Anatomie von Ascaris suum.
3
35
Abb. 4.6: Ascaris sp.
3
36
Abb. 4.7: Trichinella spiralis
Klären Sie folgende Begriffe bzw. Definitionen
Nemathelminthes
Generationswechsel
H-Zelle
Aschelminthes
Syncytium
Ventralnerv
Eutelie
Hydroskelett
Dorsalnerv
Tegument
Cuticula
Setae
Parthenogenese
Pseudocoel
Amphiden
Nematoda
Triblastie
Papillen
Surface coate
Cephalisation
Spiculae
Heterogenie
Microfilarie
Muskeltrichine
3
37
5. Übung
Mollusca (Weichtiere)
Die Mollusken sind nach den Arthropoden der artenreichste Tierstamm (ca. 50.000 rezente Arten) und
lassen sich in die folgenden 7 Klassen unterteilen: Aplacophora (Wurmmollusken), Monoplacophora
(Napfschaler),
Polyplacophora
(Käferschnecken),
Gastropoda
(Schnecken),
Scaphopoda
(Grabfüßler), Bivalvia (Muscheln) und Cephalopoda (Kopffüßler). Die große Mehrzahl leben
ausschließlich marin (Aplacophora, Polyplacophora, Monoplacophora, Scaphopoda, Cephalopoda).
Muscheln findet man auch in limnischen Lebensräumen und mit wenigen Ausnahmen terrestrisch
(z.B. Pisidium-Arten in feuchter Erde). Die Gastropoden dagegen haben auch den terrestrischen
Bereich vollständig erobert.
Abb. 5.1: Organisationsschema eines beschalten Mollusken. (aus: Westheide, Rieger (1996))
Abb. 5.2: Mantelrand und Schalenbildung halbschematisch. (aus Westheide, Rieger (1996))
Mollusken besitzen primär einen bilateralsymmetrischen Körperbau. Der weiche, nicht segmentierte
Körper gliedert sich allgemein in den muskulösen Kopffuß (Cephalopodium), den Mantel (Pallium) und
den
von
ihm
überwachsenen
Eingeweidesack
(Visceralkomplex).
Zwischen
Mantel
und
Eingeweidesack liegt die Mantelhöhle, in die die Kiemen hineinragen (,,Kiemenhöhle“) und in die auch
3
38
Geschlechts- und Exkretionsorgane münden. Der Vorderdarm enthält meistens ein charakteristisches
Raspelorgan (Radula), das dem Abkratzen von Nahrungsstücken dient. Neben den von den Kiemen
kommenden Venen, dem Herz und kurzen Arterienstämmen weisen Mollusken ein über weite
Strecken offenes Blutgefäßsystem auf. Lediglich bei Cephalopoden existieren neben offenen Lakunen
auch abgegrenzte Kapillarbezirke. Das Blut enthält oft als Atmungspigment Hämocyanin. Bei allen
Mollusken wird die Coelomsegmentierung - und zum größten Teil auch das Coelom selbst zurückgebildet. Die Coelomhöhle bleibt auf den hinteren Körperabschnitt beschränkt, wo sie Herz,
Nephridien und Gonaden umhüllt, d.h. als Pericard, Nierensack und Gonocoel ausgebildet ist. Die
Körperhöhle der Mollusken entspricht der primären Leibeshöhle.
Mit Ausnahme der Solenogastren, einer kleinen Gruppe wurmförmiger Mollusken mit derber, von
Kalknadeln durchsetzter Cuticula, besitzen alle Mollusken primär eine Schale. Sie wird von einer
Rinne am Mantelrand abgeschieden und besteht aus 2 Kalklagen (der inneren Perlmutterschicht und
der äußeren Prismenschicht), die außen von einer Lage des chinongegerbten Proteins Conchiolin
(Periostracum) gegen den Einfluss des Wassers geschützt werden. Der muskulöse Fußabschnitt liegt
ventral und ist als Lokomotionsorgan zum kriechen, graben oder schwimmen ausgebildet. Er trägt bei
vielen Schnecken hinten ein schalenartiges Operculum, das nach Rückziehen des Fußes in die
Schale die Gehäuseöffnung verschließt. Bei den Cephalopoden teilt sich der Fuß in 8, 10 oder mehr
Arme auf (z.B. Nautilus bis zu 90).
Gastropoden, Scaphopoden und Cephalopoden bilden dorsal einen Eingeweidesack in Form einer
bruchsackartigen Vorwölbung der Rückenfläche, der bei adulten Tieren die inneren Organe wie Herz,
Gonaden, Darm und Mitteldarmdrüse (Hepatopankreas) enthält. Der Darm wird wie bei
röhrenbewohnenden Tieren in V-Form angelegt. Mollusken können getrennt geschlechtlich oder
zwittrig sein. Die Entwicklung der Eier ist durch eine Spiralfurchung gekennzeichnet. Als Larve tritt
häufig ein Typus auf, welcher der für die Anneliden typischen Trochophora ähnlich ist. Bei den
höheren Mollusken entwickelt sich jedoch aus dieser Larve des Trochophora-Typs eine mit einem
Segel ausgestattete Veliger-Larve.
Das Zentralnervensystem der Mollusken ist in wenigen Ganglienpaaren konzentriert. Gastropoden
und
Cephalopoden
besitzen
einen
hohen
Cephalisationsgrad.
Lediglich
bei
den
zu
Suspensionsfressern (Mikrophagen) modifizierten, meist wenig mobilen Muscheln ist der Kopf
zurückgebildet. Ursprünglich sind bei Mollusken fünf getrennte Hauptganglienpaare vorhanden:
Cerebralganglien, die vor allem Afferenzen von den Sinnesorganen (Fühlern, Augen, Statocysten)
erhalten; Pedalganglien, die die Fußmuskulatur motorisch versorgen; Pleuralganglien, die den
Mantelrand innervieren, sowie Parietal- und Visceralganglien (Eingeweideganglien) am Körperende,
die bei manchen Gruppen zum Abdominalganglion verschmelzen. Den höchsten Grad der
Gehirnbildung haben die Cephalopoden erreicht. Die sensorischen Zentren sind in dem über dem
Oesophagus gelegenen Hirnteil (Cerebralganglion) lokalisiert. Ihnen sind die motorischen Zentren als
Unterschlundganglion, einem Verschmelzungsprodukt aller übrigen Ganglienpaare, angeschlossen.
Innere Skelettstücke aus Knorpelgewebe umschließen Gehirn und Schweresinnesorgane und stützen
die Augenhöhlen (Schädelkapsel). Der Feinbau einzelner Gehirnregionen und das Auftreten von
Assoziationsfeldern mit hohen integrativen Leistungen (Lernvermögen) zeigen enge Analogien zum
Cortex der Wirbeltiere.
3
39
Abb. 5.3: Gastropoda. Augentypen. A Offenes Blasenauge mit Glaskörper (Haliotis sp.). B
Geschlossenes Blasenauge mit Linse, Glaskörper und Cornea (Helix pomatia).
Abb. 5.4: Veliger-Larve von Schnecken (Prosobranchia). (A) Crepidula und (B) Nossa. Fu, Fuß; Mu,
Mund; Op, Operculum; Sc, Embryonalschale; Te, Tentakel mit Auge; Ve, Velum.
Gastropoda (Schnecken)
Die Gastropoda lassen sich in die drei Unterklassen Streptoneura (= Prosobranchia; Vorderkiemer),
Opistobranchia
(Hinterkiemer)
Vorderkiemern
überkreuzen
und
sich
Pulmonata
die
langen
(Lungenschnecken)
paarigen
untergliedern.
Konnektive
zwischen
Bei
den
Pleural-
und
Parietalganglien (Streptoneurie), was sich als Folge einer Torsion des Eingeweidesacks verstehen
lässt. Diese ontogenetische Drehung des gesamten Eingeweidesacks, die eine phylogenetische
Entwicklung nachzeichnet, verlagert die ursprünglich hinten angelegte Mantelhöhle mit den Kiemen
und den verschiedenen Exkretionspori nach vorn. Gleichzeitig wird bei den höher entwickelten
Formen die Zahl der Kiemen, Exkretionsorgane und Herzvorhöfe von 2 auf 1 reduziert. Die
biologische
Bedeutung
dieser
Torsion
besteht
möglicherweise
in
der
Verlagerung
der
Kiemenhöhlenöffnung an den Vorderpol des Tieres, wo aus strömungstechnischen Gründen bessere
Ventilationsmöglichkeiten bestehen. Dafür spricht, dass bei den Opisthobranchiern eine zumindest
teilweise Rückdrehung des Eingeweidesacks stattfindet, gleichzeitig aber die Schale über der
Kiemenhöhle stark oder völlig reduziert wird und an der dadurch frei werdenden dorsalen
4
40
Körperoberfläche sekundäre Respirationsorgane entstehen. Bei
den Pulmonaten fehlt
die
Nervenüberkreuzung ebenfalls, weil alle Ganglien soweit nach vorn zusammengerückt sind, dass sie
von der Torsion gar nicht mehr erfasst werden können.
Abb. 5.5: Phylogenetische Entstehung der asymmetrischen Organisation der rezenten Gastropoda
durch die Torsion des Eingeweidesacks und die Spiralisierung. Die bilateralsymmetrische
„Urschnecke“ wurde nach fossilen Resten konstruiert, das Übergangsstadium ist ebenfalls
hypothetisch.
Literatur:
-
R. Wehner; W. Gehring (1995) Zoologie; Thieme; Stuttgart
-
V. Storch; U. Welsch (1996) Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum; Fischer
Stuttgart; 22. Auflage
-
W. Westheide, R. Rieger (1996) Spezielle Zoologie – Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere;
Fischer; Stuttgart
4
41
Verlauf der Übung:
1. Äußere Inspektion und Präparation der Weinbergschnecke (Helix pomatia) Schritt für Schritt
nach der Anleitung im Kükenthal.
1.1. Körperabschnitte:
Schale entfernen: Schalenwindungen mit dem Griff einer starken Pinzette oder Ähnlichem
brüchig schlagen; Schalenbruchstücke vom Mantelrand aus Stück für Stück abtragen und die
darunter liegende Haut nicht verletzen! Obere Eingeweidesackwindungen vor dem
Herausziehen aus der Schale von der Columella (Schalenspindel) trennen.
Kopf:
• Wo liegen Mundlappen, Mundöffnung, Fühler (wie viele?), Augen (everse Linsenaugen)
und Genitalöffnung?
Fuß:
Der Fuß der Schnecken ist ein großes muskulöses Organ, das der Fortbewegung dient. Das
Kriechen der Fußsohle beruht auf wellenartigen Kontraktionen der Fußmuskulatur von hinten
nach vorne. An lebenden Exemplaren, die auf einer Glasplatte laufen, lässt sich das gut
beobachten.
Die
Fußdrüse
(sezerniert
Mucopolysaccharide
als
Gleit-
und/oder
Haftsubstanzen) mündet unterhalb der Mundöffnung am Vorderrand des Fußes.
Mantel:
• Welche Rumpfregion stellt den Manteldar? Wo liegen Atemöffnung und Lungenvene?
Funktionen des Mantels: Schalenbildung (am Rand: Flächenwachstum; über das gesamte
Mantelepithel: Dickenwachstum); umschließt und schützt den Eingeweidesack und die
Atemhöhle, Decke der Atemhöhle = respiratorisches Epithel („Lunge“); der Boden der
Atemhöhle ist muskulös und entspricht funktionell unserem Zwerchfell (Ventilation der
Atemhöhle).
Eingeweidesack:
• Identifizieren Sie Pericard, Herz, Niere, Mitteldarmdrüse, Eiweißdrüse!
Öffnen der Mantelhöhle (1. Schnitt): Am Atemloch Mantelrandwulst einschneiden; an der
Grenze von Randwulst und dünner Aderhaut bis zum Hinterrand des Herzens schneiden, hier
Aorta durchtrennen, dann mit tieferem Schnitt Hinterrand der Niere von Mitteldarm trennen;
Aderhaut mit anheftender Niere nach rechts aufklappen und randlich feststecken.
1.2. Teile des Kreislaufsystems:
In der Decke der Atemhöhle verläuft die Lungenvene; diese mündet posterior in einen Beutel
(Pericard), in dem das Herz liegt. Am Rande der Atemhöhle verläuft die Randvene.
• In welcher Richtung fließt das Blut durch Kapillarsystem, Lungenvene und Herz?
Mit dorsalem Längsschnitt die Pericardwand eröffnen!
4
42
• Welche Abschnitte stellen Ventrikel(Herzkammer) und Atrium (Vorkammer) dar?
Welche Gefäße gehen vom Herzen ab?
Präparieren Sie das Herz heraus und schneiden Sie es längs durch.
• Worin unterscheiden sich die beiden Abschnitte und wo liegen Ventile?
1.3. Niere, Enddarm, After:
Präparieren Sie oberflächlich die Niere auf!
• Versuchen Sie drüsigenund glatten Nierenteil zu unterscheiden!
Der drüsige Nierenteil weist zahlreiche nach innen reichende Falten auf und stellt das
eigentlich exkretorische Epithel dar. Hier findet man auch zahlreiche arterielle Blutlakunen.
Der glatte Teil ist röhrenförmig und ohne Falten. Er mündet in den Harnleiter (Ureter).
• Wo sind Harnleiterund Nierenspritze?
• Wo liegen Enddarmund After?
Präparation der inneren Organe: Aderhaut der Atemhöhle mit anhängender Niere entlang des
Enddarmes herausschneiden; Mantelrandwulst entfernen! 2. Schnitt: Medianschnitt durch die
Haut des Vorderkörpers bis zum Mund; dann den Boden der Atemhöhle und die dünne Haut
des Eingeweidesackes median bis zur oberen Windung aufschneiden. Eingeweideorgane
freilegen: Mantelhöhlenboden entfernen, Haut von den Windungen des Eingeweidesackes
abziehen, im Bereich des Eingeweidesackes Darmschlingen und obere Abschnitte des
Genitalsystems aus der Mitteldarmdrüse freipräparieren; dann die unteren Abschnitte der
Genitalorgane freilegen; Bindegewebe zwischen den Organen durchtrennen; Organe
entsprechend der Abbildung 32 auseinanderlegen und mit Nadeln feststecken!
1.4. Genitalapparat:
• Wo sind Zwitterdrüse, Zwittergang, Eiweißdrüse, Befruchtungstasche, Eisamenleiter,
Vas deferens, Penis, Flagellum, Eileiter, Vagina, Pfeilsack, fingerförmige Drüsen,
Receptaculum seminis? Wozu ist das Zeug jeweils da?
• Wo wird die Spermatophoregebildet und wohin wird sie bei der Begattung übertragen?
• Welche Bedeutung haben Pfeilsack und fingerförmige Drüsen?
• Wo werden die Eier befruchtet? Wie wird in der Zwitterdrüse Selbstbefruchtung
verhindert?
Die Eier werden nach der Befruchtung mit Nährsubstanzen und mit einer dünnen Kalkhaut
versehen. Beides wird vom Eileiter gebildet.
1.5. Darmkanal:
• Identifizieren Sie Pharynx, Speicheldrüsen, Magen, Mitteldarm, Enddarm!
• Wo münden die Mitteldarmdrüsenin den Darm? Funktion?
• Präparieren und mikroskopieren Sie Radulaund Oberkiefer!
4
43
1.6. Nervensystem:
• Versuchen Sie Cerebralgangliensowie Visceral-/Pleural-/Pedalganglien zu identifizieren!
Wo finden sich Konnektive? Liegt bei dieser Schnecke Streptoneurie vor?
Abb. 5.6: Präparierte Gonade von Helix pomatia. Helix ist ein proterandrischer Zwitter: zunächst
fungieren die Tiere als Männchen, produzieren Spermien und befruchten sich gegenseitig, dann
werden sie zu Weibchen und produzieren Eier. Die Spermien verbleiben ca. 1 Monat in der
Befruchtungstasche.
1.7. Muskulatur:
• Wo liegen Kopf-und Tentakelretraktoren?
Die inneren Windungen der Kalkschale verbinden sich zu einer Spindel (Columella). An dieser
Columella ist die Epidermis zu einem speziellen Anheftungsepithel aus hochzylindrischen
mikrovillireichen Zellen ausgebildet. An der Basalmembranen dieser Zellen setzt der Musculus
columellaris (Spindelmuskel) an. Er erstreckt sich von dort bis in den Kopf und den Fuß und
vermag den ganzen Weichkörper in die Schale zu ziehen. Durch Pumpen von Blut in die
primären Leibeshöhlen kann die Schnecke Vorderkörper und Tentakel wieder ausstülpen.
2. Fertigen Sie im Anschluss Präparate der Radula und des Liebespfeiles an.
3. Mikroskopieren Sie die Querschnitte von Chiton sp. (Käferschnecken) und Allotheutis sp.
und fertigen Sie Zeichnungen an.
4
44
Abb. 5.7: Helix pomatia, innere Organisation.
4
45
Klären Sie die folgenden Begriffe und Definitionen:
Bivalvia
Pallium
Spiralfurchung
Gastropoda
Periostracum
Testis
Cephalopodium
Prosobranchia
Eingeweidesack
Ctenidien
Pulmonata
Streptoneurie
Hypostracum
Radula
Veligerlarve
Opisthobranchia
Pericard
Velum
Torsion
microphag
Visceropallium
4
46
6. Übung
Annelida (Ringelwürmer)
Anneliden zeigen einen bilateralsymmetrischen Aufbau, wobei
ihr Körper
in eine
linear
aufeinanderfolgende Vielzahl (10-700) von Segmenten gegliedert ist (Metamerie) und grundsätzlich
eine vordere und eine hintere Körperhälfte unterscheiden lässt. Dieser äußeren Segmentierung liegt
eine metamere Gliederung des Coeloms zugrunde, bei der jedes Segment von paarigen
Coelomkammern erfüllt wird und zumindest bei den gleichartig (homonom) gegliederten Formen je
eine vollständige Ausstattung an Ganglien, Nephridien und Gonaden enthält. Lediglich dem
Kopflappen (Prostomium = Akron) und dem Anallappen (Pygidium) fehlen die Coelomsäcke. Die
metamere Gliederung ist auch an den durchgehenden Organsystemen erkennbar. So besteht das
Nervensystem aus einem Oberschlundganglion sowie einem Bauchmark, das durch zwei
Nervenstränge gebildet wird, die sich in jedem Segment zu einem Paar Ganglien (Nervenknoten)
verdicken und über Querfasern verbunden sind. Aufgrund dieser typischen Form wird das
Nervensystem der Anneliden als Strickleiternervensystem bezeichnet. Völlige Gleichförmigkeit der
Segmente (Homonomie) tritt allerdings nur bei ursprünglichen Formen auf. Meistens kommt es zu
speziellen
Differenzierungen
einzelner
Segmentgruppen
(Heteronomie),
so
dass
sich
funktionsmorphologisch verschiedene Regionen des Wurmkörpers unterscheiden lassen. Zum
Beispiel bleiben bei den Oligochaeten die Gonaden auf wenige Segmente beschränkt und die
Gameten werden dann durch spezialisierte Nephridien nach außen geleitet. Alle Coelomabschnitte
werden von einem einschichtigen Coelomepithel (Coelothel) begrenzt, die der Körpermedianen und
an den Segmentgrenzen mediane Mesenterien bzw. transversale Dissepimente bilden. Die
Metanephridien, die in jedem Coelomabschnitt mit einem Wimpertrichter (Nephrostom) beginnen,
durchstoßen das hintere Dissepiment und münden nach gewundenem Verlauf im nächstfolgenden
Segment über den Nephroporus nach außen. Neben der metameren Körpergliederung unterscheiden
sich die Anneliden von den ebenfalls wurmförmigen Plathelminthen und Nemathelminthen durch das
Auftreten des Coeloms. Die segmental angeordneten Coelomräume sind flüssigkeitsgefüllt und wirken
in ihrer Gesamtheit als hydrostatisches Skelett. Das gekammerte Coelom ermöglicht zusammen mit
der antagonistisch wirkenden Ring- und Längsmuskulatur eine geradlinige Fortbewegung. Dabei
laufen lokale Körperverdickungen und -verkürzungen, bedingt durch gleichzeitige Kontraktion der
Längsmuskulatur und Erschlaffung der Ringmuskulatur, wellenartig von vorn nach hinten über den
Wurmkörper hinweg. Die Entwicklung der Anneliden verläuft über eine doppelkegelige TrochophoraLarve. Der Körper ist von zwei ober- bzw. unterhalb der Mitte verlaufenden Wimperkränzen, dem
Prototroch und dem Metatroch, umgeben.
4
47
Abb. 6.1: Polychaeten-Entwicklung
Am oberen Ende befindet sich eine von einem
Wimperschopf
Sinneszellen
bedeckte
und
Scheitelplatte,
Ganglien
enthält.
die
Als
Ausscheidungsorgan besitzt die Larve zwei
Protonephridien. Der Körper der Larve lässt sich
in drei Teile gliedern: die präorale Episphäre, aus
der sich das Prostomium des erwachsenen
Tieres entwickelt, die postorale Hyposphäre, die
den adulten Rumpf bildet, und schließlich der
Afterbereich, aus dem sich das Pygidium bildet.
Das Coelom ist eine rein mesodermale Bildung,
welches aus einem Paar Urmesodermzellen
hervorgeht. Über paarige Urmesodermstreifen bilden diese Zellen zunächst das Coelom der
Trochophora-Larve. Während sich der präorale Teil der Larve zum coelomlosen Prostomium des
adulten Wurms entwickelt, teilt sich das larvale Coelom synchron in 3-6 Segmente, die dann die
vorderen Rumpfmetameren des adulten Wurms bilden. Die übrigen Segmente entstehen sukzessiv
aus einer vor dem Pygidium gelegenen Sprossungszone (teloblastische Coelombildung).
Abb. 6.2: Organisationsschema der Anneliden. Oben: Seitenansicht. Unten links: teils Dorsalansicht
(in der Medianen) teils Horizontalschnitt (lateral). Unten rechts: Querschnitt. Abkürzungen: Au, Auge;
Co, Coelom; Ct, Coelothel; Cu, Cuticula; Da, Darm; Dg, Dorsalgefäß; Dl, Darmlumen, Ds,
Dissepiment;
Ed,
Epidermis;
Ez,
Eizellen;
Gg,
Ganglienpaar
des
Bauchmarks
(ventrale
4
48
Ganglienkette);
Hm,
Hautmuskelschlauch;
Kn,
Konnektive;
Lm,
Längsmuskulatur;
Mn,
Metanephridium; Mst, Mesenterium; Mu, Mundöffnung; Og, Oberschlundganglion; Pr, Prostomium;
Rg, Ringgefäß; Rm, Ringmuskulatur; S 1,2,... Segmente (Metamere); Sk, Schlundkonnektive, Te,
Tentakel; Vg, Ventralgefäß.
Die Anneliden lassen sich in die Klassen Polychaeta (Vielborster), Archiannelida (Urringelwürmer),
Oligochaeta (Wenigborster), Hirudinea (Egel) sowie Myzostomida (Saugmünder) unterteilen.
Polychaeta (Vielborster)
Die Vertreter dieser Gruppe zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Segmente paarige Anhänge
aufweisen, die der Fortbewegung dienen (Parapodien). Der Körper der Polychaeten ist grundsätzlich
dreigeteilt. Vorne befindet sich ein Kopfabschnitt, der im Wesentlichen aus einem Kopflappen
(Prostomium) und dem Mundsegment (Peristomium) besteht und auf dem die zum Auffinden der
Beute notwendigen Sinnesorgane sitzen (Palpen, Antennen, Augen). Auf den Kopf folgt der Rumpf,
der aus den mit Parapodien ausgestatteten Segmenten besteht, und schließlich das sogenannte
Pygidium (Steiß), das hintere Ende des Körpers, in dem die Afteröffnung liegt. Jedes der Parapodien
besteht aus einem rückenseitigen Ast, dem Notopodium, sowie einem Bauchast, dem Neuropodium.
Jeder Ast besitzt eine Art Tastsinnesorgan, den Bauch- bzw. Rückencirrus. Außerdem sind die Äste
von Borstenbündeln bewachsen, die u.a. als Haar- oder Hakenborsten auftreten können. Besondere
Bedeutung haben die Acicula-Borsten, die eine eigene Muskulatur besitzen und die eine Stützfunktion
für die Parapodien ausfüllen.
Abb. 6.3: Polychaeta: Nereis diversicolor, Habitus
Viele Polychaeten haben eine schon äußerlich sehr auffällige Gliederung in Gruppen verschieden
gestalteter Segmente erfahren. Bei den freischwimmenden, räuberischen Formen (Errantia) kommt es
unter
Segmentverschmelzung
Spezialisierungen
treten
bei
zu
den
einer
regelrechten
sessilen
in
Kopfbildung.
Sedimentgängen
Noch
oder
weitergehende
Röhren
lebenden,
substratfressenden oder strudelnden Sedentaria auf: Das Prostomium kann mit den 2-3 folgenden
Segmenten faden- und lappenförmige Anhänge bilden. An den übrigen Segmenten sind die
Parapodien vielfach zu schleimproduzierenden Organen (Fangreusen), paddelnden Flächen oder
Verankerungsorganen umgestaltet. Zu besonders bemerkenswerten Segmentdifferenzierungen
kommt es bei der Epitokie einiger Polychaeten: Der Palolowurm (Eunice) bildet zur Fortpflanzungszeit
eine hintere geschlechtsreife (epitoke) Körperregion, die sich vom atoken Vorderkörper ablöst und mit
ruderförmig verbreiterten Parapodien zur Laichzone an der Meeresoberfläche schwimmt. In den
epitoken Segmenten sind Darm und Hautmuskelschlauch zurückgebildet, dafür aber die
4
49
Parapodienmuskeln mächtig entwickelt und häufig Photorezeptoren vorhanden. Bei manchen Arten
(Syllis) regenerieren die epitoken Körperabschnitte nach ihrer Ablösung sogar einen Kopf und werden
damit zu Individuen einer eigenen (geschlechtlichen) Generation. Polychaeten haben ein
geschlossenes Blutgefäßsystem, das im Wesentlichen aus zwei im Rücken- bzw. im Bauchbereich
liegenden Längsgefäßen besteht, welche in jedem Segment über ein Ringgefäß miteinander in
Verbindung stehen. Vom Rückengefäß gehen rhythmische Kontraktionen aus, so dass dieser Teil wie
ein Herz wirkt. Viele Polychaeten bilden richtiggehende Atmungsorgane aus, die als Kiemen an den
Parapodien auftreten.
Die Vielborster sind in der Regel getrennt geschlechtliche Tiere, deren Eier außerhalb des Körpers
durch die von den Männchen abgegebenen Spermien befruchtet werden.
Abb. 6.4: Parapodium der Polychaeten: (A)
Übersicht, (B) Blutgefäßsystem. Bo, Borsten;
dA, Dorsalast (-lappen); Dc, Dorsalcirrus (mit
Sinneszellen); Dg, Dorsalgefäß; Dl,
Darmlumen; Gg, Ganglienpaar; Ki, Kiemen;
Lm, Längsmuskulatur; Nep, Neuropodium;
Nop, Notopodium; Rg, Ringgefäß; St,
Stützborste (Acicula); vA, Ventralast (-lappen);
Vc, Ventralcirrus (mit Sinneszellen); Vg,
Ventralgefäß.
Myzostomida
Diese als Parasiten an Stachelhäutern lebenden Gliederwürmer haben sich infolge ihrer Lebensweise
stark verändert, so dass ihr Körperbau kaum noch dem der übrigen Anneliden gleicht. Sie zeigen nach
außen keinerlei Segmentierung und weisen einen rundlichen, abgeflachten Körper auf.
Archiannelida
Diese Gruppe von eher kleinen im Meer lebenden Anneliden ähnelt den Vielborstern, unterscheidet
sich jedoch von diesen durch die sehr schwach entwickelten oder überhaupt fehlenden Parapodien
sowie durch das weitgehende Fehlen von Borsten.
5
50
Oligochaeta (Wenigborster)
Abb. 6.5: Lumbricus terrestris. Ventralansicht Abb. 6.6: Fortpflanzung Lumbricidae. Pfeile: Weg des
des vorderen Körperabschnittes.
Spermas
Unten: Borstenstellung im Querschnitt. 4x
Diese Anneliden zeichnen sich durch das Fehlen der Parapodien aus, von denen lediglich die Borsten
erhalten geblieben sind; überdies sind am Kopf in der Regel keine Fühler vorhanden. Charakteristisch
ist das Anschwellen einer bestimmten drüsenreichen Region der Epidermis, des sogenannten Gürtels
(Clitellum), vor allem zur Zeit der Geschlechtsreife. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe ist der
Regenwurm (Lumbricus terrestris).
Die mit einer Chitincuticula bedeckte Epidermis der Oligochaeten, wird im Falle der drohenden
Austrocknung über Poren in den Coelomsäckchen mit Körperflüssigkeit feucht gehalten. Zur Zeit der
Geschlechtsreife kommt es zu einem Anschwellen des Genitalbereichs. Es bildet sich das Clitellum,
das über spezielle Drüsenzellen den Kokon für die Eiablage absondert. Die Wenigborster leben in der
Regel als Zwitter, wobei die Befruchtung wechselseitig erfolgt. Beim Regenwurm (Lumbricus
terrestris) besteht der Geschlechtsapparat aus zwei Paar Hoden, die im 11. und 12. Segment liegen,
sowie einem Paar Eierstöcken (Ovarien) im 13. Segment. In den Segmenten 9, 10 und 11 befinden
sich ebenfalls paarweise angeordnete Samensäckchen, in denen sich das in den Hoden produzierte
Sperma sammelt. Eine wichtige Aufgabe haben auch die als Empfängnisorgane gebildeten
Samentaschen, in denen der Wurm das Sperma des Partners ablagert, bis es später bei der Eiablage
zur Befruchtung kommt. Bei vielen Wenigborstern kommt aber auch der ungeschlechtlichen
Fortpflanzung durch Querteilung des Körpers große Bedeutung zu. Allgemein besitzen sie eine stark
5
51
ausgeprägte Regenerationsfähigkeit und können im Falle einer unfreiwilligen bzw. zu Fluchtzwecken
erfolgten Teilung die fehlenden Körperteile ersetzen.
Die Atmung erfolgt bei den Oligochaeten über die
gesamte
Hautoberfläche,
lediglich
einige
Wasserbewohner sind mit Kiemen ausgestattet. Beim
Regenwurm sind die beiden großen Blutgefäße im
Rücken und Bauch durch Seitengefäße verbunden,
deren Wände im Bereich der Speiseröhre kontrahierbar
sind und in der Art eines Herzens die Blutzirkulation in
Gang halten. Das Blut des Regenwurms ist durch darin
enthaltenes Hämoglobin von roter Farbe.
Abb. 6.7: Lumbricus. Schema des Gefäßsystems im Querschnitt.
Hirudinea (Egel)
Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen besitzen diese als Blutegel bekannten Tiere keinerlei
Borsten. Sie weisen meist einen zylindrisch geformten Körper auf und gliedern sich in der Regel in 33
Segmente plus den Kopflappen. Die ersten bzw. letzten Segmente bilden jeweils Saugnäpfe. Die Zahl
der Segmente entspricht bei den Hirudineen nicht der an der Haut ersichtlichen Ringelung, da die
Haut eines jeden Segmentes noch zusätzlich mehrfach geringelt ist. Adulte Hirudineen zeigen im
Gegensatz zu den übrigen Ringelwürmern keine Gliederung in einzelne Coelomsäckchen. Zwischen
Körperwand und Darm liegt eine einheitliche Körperhöhle, die fast vollständig von Bindegewebe
ausgefüllt ist. In diesem Gewebe sind aber noch Reste der sekundären Leibeshöhle vorhanden, die in
Form eines Systems von Hohlräumen bei manchen Vertretern sogar als Blutgefäßsystem fungieren.
Dieses besteht größtenteils aus einem Rücken- und einem Bauchgefäß, deren Verbindung durch
Querschlingen gewährleistet wird. Diese Hauptgefäße sind über ein Netz von feinen Kapillaren mit der
Haut verbunden. Bei den höher entwickelten Vertretern steht das Blutgefäßsystem zusätzlich auch mit
als Lakunen bezeichneten Hohlräumen in Verbindung. Bis auf die Ordnung der Rhynchobdelliformes
ist das Blut aller Egel durch das Atmungspigment Hämoglobin rot gefärbt. Die Atmung erfolgt in der
Regel über die gesamte Hautoberfläche. Als Sinnesorgane besitzen sie über den ganzen Körper
verstreuten Sinnesknospen, die im Kopfbereich bis zu zehn Augenpaare bilden können.
Die Hirudineen sind ohne Ausnahme Zwitter. Der männliche Geschlechtsapparat besteht aus
mehreren Hodenpaaren, der weibliche aus zwei Eierstöcken. Die beiden von den Hoden
wegführenden Ausfuhrgänge vereinigen sich im sogenannten Atrium, das einen Penis enthält. Die
beiden Eierstöcke münden in kurze Eileiter, die wiederum zu einer Vagina führen. Bei jenen Arten, die
über keinen Penis verfügen, wird der Samen dem Geschlechtspartner in Form sogenannter
Spermatophoren in die Haut eingepflanzt.
5
52
Literatur:
-
-
R. Wehner; W. Gehring (1995) Zoologie; Thieme; Stuttgart
V. Storch; U. Welsch (1996) Kükenthals Leitfaden für das Zoologische Praktikum;
Fischer Stuttgart; 22. Auflage
W. Westheide, R. Rieger (1996) Spezielle Zoologie – Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere;
Fischer; Stuttgart
Verlauf der Übung:
1. Äußere Inspektion (Binokular) und Präparation von Lumbricus terrestris nach Anleitung
(Kükenthal)
1.1. Äußere Merkmale:
Machen Sie sich zunächst mit dem Körperbau der Tiere vertraut und identifizieren Sie
Prostomium, Mundöffnung, Pygidium, After, Clitellum (Letzteres: Segmente 32-37).
• Welche Funktionhat das Clitellum?
Jedes Segment trägt 8 Borsten (4 ventrale, 4 laterale). Sondieren Sie männliche (Segment 15)
und weibliche (Segment 14) Geschlechtsöffnungen sowie Samenrinnen und die Öffnungen
der Receptacula seminis.
• Welche Funktion haben die Samenrinnen?
Tier an Prostomium und Pygidium unter Wasser feststecken, Dorsalseite nach oben!
Medianschnitt von der Körpermitte bis zum Prostomium durch den Hautmuskelschlauch; dabei
Körperwand mit der Pinzette anheben, um beim Schneiden den Darm nicht zu verletzen
(Vorsicht!!). Bevor die Körperwandhälften auseinandergelegt und festgesteckt werden können,
müssen die Dissepimente an der Innenseite des Hautmuskelschlauches schrittweise
durchtrennt werden (aber nur jeweils zur Hälfte, da sonst die Metanephridien abgerissen
werden!).
1.2. Darmkanal:
Identifizieren Sie von vorne nach hinten Mundhöhle, Pharynx, Speicheldrüse, Oesophagus,
Kalkdrüsen, Kropf, Muskelmagen, Mitteldarm und machen Sie sich Gedanken über die
Funktionen der einzelnen Strukturen.
• Welche Bedeutung hat die zwischen Pharynx- und Körperwand ausgespannte
Muskulatur?
• Wo liegen das Gehirnund die von ihm ausgehenden Nerven?
5
53
Der Bereich des Mitteldarms ist mit sog. Chloragocyten überzogen.
• Welche entwicklungsgeschichtliche Herkunft haben diese Zellen, und welche Rolle
spielen sie im Stoffwechsel?
1.3. Gefäße:
Ein Stück der dorsalen Mitteldarmwand von den Chloragocyten befreien! In der Medianen liegt
dem Darm das Dorsalgefäß auf. Es ist kontraktil und pumpt Blut nach vorne. Im 7.–11.
Segment führen Gefäßschlingen vom Dorsalgefäß zum Bauchgefäß. Auch die Wand dieser
Schlingen ist kontraktil (Lateralherzen). Im Bauchgefäß fließt das Blut von vorne nach hinten.
• Welche Gefäße versorgen jeweils medianes Dorsalgefäß, Körperwand und
Exkretionsorgane mit Blut?
• Wie atmen die Würmer und welcher Blutfarbstoffkommt vor?
Darm hinter dem Muskelmagen durchschneiden, anschließend Oesophagus vorsichtig
zwischen den Samenblasen herauspräparieren.
1.4. Genitalorgane:
Unterscheiden Sie zunächst: 3 Paar Samenblasen, 2 Paar Receptacula seminis
• Welche Funktionen haben diese Strukturen?
Die anschließenden Präparationsschritte erfolgen unter binokularer
Kontrolle/Vergrößerung!
• Wo sind Ovarien, wo verlaufen die Eileiter?
Die zentralen Teile der Samenblasen (sog. Samenkapseln, im 10. und 11. Segment) dorsal
öffnen und nach den beiden Hoden sowie den Öffnungen der Receptacula seminis suchen!
Verfolgen Sie den Verlauf der Samenleiter!
Etwas
Samenblaseninhalt
mikroskopisch
untersuchen:
Unterscheiden
Sie
Spermatogenesestadien und Spermien. Außerdem häufig zu sehen: Sporocysten und Sporen
von Monocystis.
• Lebenszyklus vonMonocystis? Zu welcher „Tiergruppe“ gehört dieser Parasit?
• Wo und wie werden die Eier befruchtet, welche Funktion hat dabei das Clitellum?
1.5. Metanephridien:
Identifizieren Sie die Metanephridien, insbesondere die Lage des Nephrostoms. Präparieren
Sie ein Metanephridium heraus und mikroskopieren Sie es.
• Welche Bedeutung hat die Gefäßversorgungder Metanephridien?
• Nach welchem Funktionsprinziparbeiten die Metanephridien und was scheiden sie aus?
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1.6. Bauchmark:
• Kommen gangliöse Anschwellungenvor? Wieviele segmentale Seitennerven gibt es?
• Wo liegen Unterschlundganglionund Schlundkonnektive?
2. Mikroskopieren und Zeichnen Sie den Querschnitt von Lumbricus terrestris:
2.1. Epidermis:
Unterscheiden Sie verschiedene Zelltypen, Kutikula und Basalmembran!
• Woraus bestehen die beiden letztgenannten Strukturen?
• Wo kommen Sinnesknospenvor? Kann man Lichtsinneszellen erkennen?
2.2. Hautmuskelschlauch:
Untersuchen Sie die Lage von Ring- und Längsmuskulatur! Suchen Sie nach kapillaren
Blutgefäßen in der Muskulatur! Die Längsmuskelzellen sind radial an der Innenseite von
schmalen, aus Bindegewebe bestehenden Fächern angeordnet. Beachten Sie die Form der
Zellen. Wo liegen Kern und Myofibrillen?
• Welche Schicht überzieht die Innenseite der Längsmuskulatur?
2.3. Bauchmark:
Unterscheiden Sie: Neuropilem, Ganglienzellen, Kolossalfasern, Schichten der
Bauchmarkhülle: Coelomepithel, Muskelschicht, Gliaschicht.
• Sind segmentale Nerven zu sehen? Was innervieren sie?
2.4. Mitteldarm:
Unterscheiden Sie Resorptions- und Drüsenzellen! Was bildet die luminale Begrenzung des
Epithels?
• Bringen Sie in die richtige Reihenfolge (von innen nach außen): Darmblutsinus,
Darmepithel, Ringmuskulatur, Chloragoggewebe, Längsmuskulatur.
2.5. Gefäße:
• Wo liegen Dorsal-, Ventral- und Subneuralgefäß? Kommen Blutzellen vor?
• Welche Organe versorgen Ventral- und Subneuralgefäß?
2.6. Metanephridien:
Sind Anschnitte durch ein M. zu sehen? Wenn ja, welche cytologischen Details sind
erkennbar (Muskelzellen, Mantelzellen, Gefäße, Coelomzellen)?
In der Coelomflüssigkeit gibt es zwei Zellformen: Leukocyten und Elaeocyten. Gelegentlich
kommen parasitische Nematoden in den Metanephridien vor.
3. Äußere Inspektion der fixierten Präparate von Nereis spec. (ohne die Präparate zu zerstören)
4. Mikroskopie und Zeichnen der Querschnittpräparate von Hirudo medicinalis
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Abb. 6.8: Lebenszyklus von Monozystis agilis aus den Samenblasen des Regenwurms.
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Abb. 6.9: Lumbricus terrestris, einige histologische Details und Feinheiten.
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Klären Sie folgende Begriffe und Definitionen:
Annelida
Coelom
Trochophora
Segment
Prototroch
teloblastische Coelombildung
Metamerie
Metanephridien
Clitellum
Tagmata
Nephrostom
Konnektive
Homonomie
Nephroporus
Kommissuren
Heteronomie
Coelothel
Dissepimente
Blutfarbstoffe
Spiralfurchung
Prostomium
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