Leserbriefe Missio aktuell Nr 1 1993

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Nur wer~rtrauen sät ...
a Miteinander im Guten wetteifern
Interview mit Barbara Huber, wissenschaftliche Mitarbeiterin E Interview mit Bashir Dultz, Vorsitzender der Deutschen
bei der Dokumentationsleitstelle für
e Muslim-Liga Bonn e. V.
Christlich-Islamische Begegnung (CIBEDO) in Frankfurt/M . .1:
Balanceakt zwischen Sanftmut und Klugheit
lliiil
E
Was versteht die katholische Kirche Die Balance zwischen der Sanftmut
heute unter dem Dialog mit dem ls- der Tauben und der Klugheit der
lam?
Schlangen ist im Dialog schwer zu
halten. Radikale Strömunge,n in soSchon das Zweite Vatikanische Kon- genannten islamischen Ländern mazil spricht davon, daß wir Katholiken chen ja auch Muslimen selbst Angst.
die gläubige Haltung der Muslime Wir können sie nicht wegleugnen, ._.
schätzenlernen sollen. Und auch die genausowenig, wie wir die Augen
neueren Aussagen des Päpstlichen vor der Verfolgung christlicher MinRates für den lnterreligiösen Dialog derheiten in manchen Ländern mit
betonen die Komponente der per- überwiegend muslimischer Bevölke- W
sönlichen Begegnung und den Kon- rung schließen dürfen. Dennoch
takt mit dem Muslim. Sie fordern die darf sich eine christliche HandlungsKatholiken auf, sich mit Einfühlungs- weise weder vom Gedanken der
vermögen dem Muslim zu nähern. Angst noch von der Forderung nach
Wir sollen in gegenseitigem Respekt wechselseitigen
Zugeständnissen
Lösungen für unsere gemeinsamen leiten lassen .
Aufgaben suchen. Und, das scheint
mir wichtig, wir sollen uns im Aus- Was können Gemeinden tun?
tausch der religiösen Erfahrungen
Erfahrungen haben gezeigt, daß Gegegenseitig bereichern.
sprächsabende über theologische
Fragen meist zum dogmatischen
Wo sind die Grenzen?
Schlagabtausch führen und die BeAn Grenzen stoßen wir, Christen gegnung blockieren . Besser ist es,
und Muslime, wenn wir uns der Hin- sich über gemeinsame Fragen andernisse in der Begegnung nicht be- zunähern. So betrifft etwa die Ehe
wußt sind: ungenügende Kenntnis zwischen Christen und Muslimen die
der jeweils anderen Religion und Pastoral beider Gemeinden. Auch
Kultur sowie mangelnde Verständ- die Weitergabe des Glaubens ist ein
nisbereitschaft. Wir sind geschicht- Bereich, in dem die Gemeindevorlich vorbelastet und haben auch steher zusammenarbeiten können.
Schwierigkeiten, mit der konkreten Andere Anlässe bieten sich mit kagesellschaftlichen und politischen Si- tholischen und islamischen Festen.
tuation fertig zu werden. Angst und Die Einladung zum Erntedank zum
Mißtrauen, die sich dann häufig in Beispiel zeigt die Einstellung der
einer intoleranten Haltung aus- Gläubigen gegenüber Schöpfer und
drücken, bringen uns an unsere Schöpfung, wie sie Christen und
Muslimen gemeinsam ist. . Daraus
Grenzen.
kann sich dann eine gemeinsame
Sind die Ängste gegenüber dem Is- Aktion im Einsatz für die Erhaltung
D
lam nicht berechtigt angesichts zu- der Schöpfung ergeben.
nehmender radikaler Strömungen
und zahlreicher Beispiele von Unterdrückung christlicher Minderheiten in islamischen Ländern?
Die anti-islamische Stimmung in
der Bundesrepublik nimmt zu. Welehe Gründe sehen Sie dafür?
von Bekehrungswünschen aus. In einem arideren Vers sagt Gott: "Wenn
ich gewollt hätte, hätte ich euch alle
zu einem Volk, zu einer Nation maEiner der Gründe ist die überhaupt chen können, aber ich wollte die
ansteigende Ausländerfeindlichkeit. Vielfalt, damit ihr einander kennenDie Tatsache, daß eine Vielzahl der lernen und erkennen könnt und mitMuslime in Deutschland Ausländer, einander im Guten wetteifert." Vom
nämlich Türken sind, spielt hier eine Koran her ist Toleranz also geboten.
große Rolle. Wir Muslime sind aber
auch davon überzeugt, daß seit dem Nun gibt es eine Menge verschiedeVerfall des kommunistischer:i Welt- ner Strömungen im Islam. Trifft die
reiches der Islam von vielen Seiten Zunahme radikaler Strömungen
als neues Feindbild aufgebaut wird . auch für die Muslime in der BRD
zu?
Ist das Mißtrauen nicht berechtigt
angesichts der Beispiele von Unter- Wir gehen davon aus, daß etwa 25
drückung christlicher Minderheiten Prozent der Muslime in Deutschland
in islamischen Ländern?
(rund zwei Millionen) organisiert
sind. Davon gehören etwa 5000
Christen, Juden und Muslime wer- fundamentalistischen Gruppierunden im Koran Völker · der Gemein- gen an. Da kommen vielleicht noch
schaft der Bücher genannt. Sie sind einmal 10 000 Sympathisanten hinGläubige, verbunden im Glauben an zu. Die Mehrheit bewegt sich in
den einzigen Gott. Die islamischen Gruppierungen, die deutlichen AbLänder, wo Christen unterdrückt stand zum Fundamentalismus wahrt.
werden, sind in der Mehrzahl in alle
möglichen Auseinandersetzungen Was können Christen und Muslime
mit außerislamischen Geschehnissen hierzulande tun, um Angst und
verwickelt und meistens in den Hän- Mißtrauen abzubauen?
den von Regimen, die auch ihre eigenen Leute unterdrücken. So zum Wir wissen alle, wie schnell aus UnBeispiel im Sudan.
wissenheit Angst, aus Angst Haß,
aus Haß Tod und Feuer entstehen.
Gibt es denn überhaupt Ansatz- Die Minderheit auf der anderen
punkte für eine Annäherung zwi- Seite muß lernen, diese Angebote zu
schen Christen und Muslimen, so- nutzen. Deshalb tut es Not, daß die
lange der Islam beansprucht, die Mehrheit auf die Minderheit zugeht.
einzig wahre Religion zu sein?
Denn sie kann Möglichkeiten zum
K-ennenlernen bieten und gestalten .
Eine Reihe von Koranversen weisen
D
Interviews: Veronika Buter-Strack
darauf hin, daß wir - die Gemeinschaft der Völker des Buches - miteinander im Guten wetteifern sollen.
In einem Vers heißt es: Kein Zwang
in der Religion! Das schließt jede Art
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16 mlsslo aktuell 1/93
Herr Pfarrer Weber unterstützt
~inen weiteren, wenn auch kleinen
Stützpunkt des Islam. I~ Deu~ch­
land schießen systematisch die
Moscheen wie die Pilze aus dem
Boden! Versuchen Sie einmal, als
Christ im Orient religiös tätig zu
werden. Im Nu sind Sie hinter
Gittern oder werden sofort ausgewiesen. Eine Moschee in
Deutschland - eine christliche
Kirche im Orient mit Religionsausübung! So wäre es richtig! Sicherlich eine große Utopie!
Josef R., Giengen
11
„ Wenn ein junger Pfarrer es für gut
hält, den Muslimen zu einem
Gebetsraum zu verhelfen, so
nehme ich das mit Trauer zur
Kenntnis. ·Bevor wir den Türken hier
helfen, eine Moschee zu bauen,
sollten wir unseren Brüdern und
Schwestern beistehen, die vom
Islam verfolgt werden. Durch
Gebet, durch moralische Unterstützung, auch durch materielle Unterstützung. Dazu gehört auch, daß
man die Wahrheit der Verfolgung
nicht verschweigt.
Rolf J., Aldingen
11
„Die Arglosigkeit, mit der.seit .
Jahren in kirchlichen Medien mit
dem Islam poussiert wird, ist erschreckend. Daß nun auch missio
Christus in den Rücken fällt, verschlägt mir den Atem. Dem muslimischen Menschen mit Achtung
und Verständnis entgegentreten, ist
die eine Seite. Den Irrtum des Islam
erkennen, seine Gefährlichkeit für
christliche Kirchen bekanntmachen
und ,von der Wahrheit Zeugnis
geben' die andere. Unsere M!ss~o­
nare kämpfen unter oft schw1en~­
sten Bedingungen für die Verbreitung der Lehre Christi, und Sie
machen indirekt Reklame für den
Islam, der weltweit unsere Kirche zu .
ersticken versucht!
J. W. B., Essen
11
Wer für Muslime auch nur einen
Finger krumm macht, unterstützt
den Welt-Islam. Dieser ist seit
Mohammed eine militante Organisation. Ja, besonders die fundamen. talistischen Schiiten sind eine Weltfriedensgefahr. Zugegeben, auch
das Christentum hat sich in den
Kreuzzügen kriegerisch gebärdet.
Das war aus der Zeit heraus zu
erklären. Wir urteilen heute anders
darüber. Wer nicht daran denkt,
Muslime missionieren zu wollen,
der handelt dem weltweiten Missionsauftrag Christi zuwider.
Johannes L., München
11
Zweierlei Maß?
„Stellen Sie sich
vor, Hindus würden
in Altötting ein
Missionszentrum
errichten!" So appelliert Pater Marianus im indischen
Puri an meine Vors t e 11 u n g s kraft.
„Denn genau das, nur mit um~e­
kehrtem Vorzeichen, haben wir hier
unternommen."
In der Tat: Wa5 Pater Marianus und
andere Missionarinnen und Missionare in Puri, dem „Rom der Hindus", auf die Beine gestellt haben,
ist erstaunlich: Hier, wo täglich
30 000 hinduistische Pilger ihre
heiligen Stätten besuchen, lebt und
wirkt seit einigen Jahren eine missionarische katholische Gemeinde.
Im ständigen freundschaftlichen
Kontakt mit den Hindus. „Dieser
Dialog", so Pater Marianus, der
heute wie ein zweiter Damian Deveuster unter Leprösen wirkt, „dieser Dialog bringt uns näher zu Gott
und näher zueinander." - Lesen Sie
unseren Bericht dazu auf den Seiten .
8bis13.
.
Viel schwieriger gestaltet sich vielerorts das Miteinander von Muslimen und Christen. Denn das Bild,
das wir von den Angehörigen des
Islam gewinnen, wird oft durch ihre
radikalen Vertreter getrübt. Die fundamentalistischen Formen des Islam treten Menschenrechte mit
Füßen.
Doch es wäre ungerecht, alle Muslime über einen Kamm zu scheren. Lesen Sie den Bericht „Nur wer Vertrauen sät ... " unserer Mitarbeiterin
Veronika Buter-Strack auf den Seiten 14 bis 17.
Sollten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, schon einmal Kontakt mit fremden Religionen gepflegt haben, so
würde es mich sehr interessieren,
was Sie im Gespräch mit Andersgläubigen bewegt hat. Vielleicht
finden Sie die Zeit, mir Ihre Erfahrungen mitzuteilen?
Ihr
Toni Görtz
Redaktion missio aktuell
5100 Aachen Goethestraße 43
Bnete an ~ie ~e~a~onl.---.
Protest
Ich appelliere an alle Mitglieder von missio: Falls
Sie sich über Artikel ärgern
oder über irgendeinen
Amtsträger, dann sch rei ben Sie an diesen oder an
die missio-Redaktion böse
Briefe - wenn es unbedingt sein muß. Aber entziehen Sie nicht jenen das
Geld, die es nötig brauchen - den Menschen in
der Dritten Welt, die
nichts dafür können,
wenn ihnen in Deutschland ein Artikel nicht genehm ist.
Anette Bollenbacher,
Mainz
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