DABregional 04·16 1. April 2016, 48.Jahrgang Offizielles Organ der Hamburgischen Architektenkammer und der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein | Körperschaft des öffentlichen Rechts Hamburg 3 Workshop der HAK: Ankunftsstadt Hamburg – aber wie? 12 Neue HOAI-Kommentare 14 Messe Schulbau Hamburg 2016 15 Fortbildung April 2016 Impressum DABregional Herausgeber DABregional, Teil Hamburg: Hamburgische Architektenkammer Verantwortlich i.S.d.P: Claas Gefroi, Referent in der Hamburgischen Architektenkammer für Öffentlichkeitsarbeit Grindelhof 40, 20146 Hamburg Telefon (0 40) 44 18 41-0 (Zentrale) Telefax (0 40) 44 18 41-44 E-Mail: [email protected] Das DABregional wird allen Mitgliedern der Hamburgischen Architektenkammer zugestellt. Der Bezug des DAB regional ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Schleswig-Holstein 17 20 20 21 22 22 23 23 24 Seehundstation Friedrichskoog AHO Neuerscheinung BKI Neuerscheinung Die Kultur der Stadt Neue Orientierungshilfe der AIK Urlaubsarchitektur! Ausstellung: Hermann Göttsch Aus der Rechtsprechungxx 4. Schleswig-Holsteinischer Holzbautag Herausgeber DABregional, Teil Schleswig-Holstein: Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein Verantwortlich für die Regionalredaktion: Simone Schmid Düsternbrooker Weg 71, 24105 Kiel Telefon (04 31) 5 70 65-0 (Zentrale) Telefax (04 31) 5 70 65-25 Internet aik-sh.de Das DABregional wird allen Mitgliedern der Architektenund Ingenieurkammer Schleswig-Holstein mit Ausnahme der Ingenieur-Mitglieder zugestellt. Der Bezug des DAB regional ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Verlag, Vertrieb, Anzeigen: planet c GmbH Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf www.planetc.co; verantwortlich für den Anzeigenteil: Dagmar Schaafs, Anschrift wie Verlag, Telefon (02 11) 54 227-684 E-Mail: [email protected] Druckerei: Bechtle Druck&Service, Zeppelinstraße 116, 73730 Esslingen Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 71 l 24105 Kiel Tel.: +49(0)431-57065-0 l Fax: +49(0)431-57065-25 [email protected] l www.aik-sh.de ARCHITEKTEN- UND INGENIEURKAMMER SCHLESWIG-HOLSTEIN KÖRPERSCHAFT DES ÖFFENTLICHEN RECHTS Seehundstation Friedrichskoog Interdisziplinärer Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren Dieter Richter Eine anspruchsvolle Aufgabe liegt hinter den Architektenteams, die sich nach einer EU-weiten Ausschreibung für die Teilnahme am interdisziplinären Realisierungswettbewerb für die Umgestaltung der seit über 30 Jahren bestehenden Seehundstation Friedrichskoog beworben hatten. Die Aufgabenstellung im Wettbewerb war komplex. Gefordert war ein Entwurf, der ein attraktives Angebot für Besucher mit einer effektiven Arbeitsumgebung auf begrenztem Raum mit zahlreichen technischen Vorgaben zusammenbringt. Am 18. Dezember hat das Preisgericht getagt und über die neun eingereichten Beiträge entschieden. Gewinner ist der Beitrag vom Team bof Architekten, studio urbane landschaften, Ramboll IMS sowie m+p beratende Ingenieure aus Hamburg. Der Entwurf sieht einen neuen Zugangsbereich mit einer wechselnden Materialität der alten und neuen Gebäude vor. Markant und bereichernd sind die Aussichtsbereiche auf dem Dach mit Blick auf die Dauerhaltungsbecken und der Aussichtsturm. Das eigentliche Informationszentrum soll in einem neuen Untergeschoss entstehen und alte und neue Bereiche verbinden. Nach dem erfolgreichen Jubiläumsjahr 2015 ist damit ein wichtiger Schritt getan, die stetige Entwicklung der Station auch zukünftig mit nachhaltigen Konzepten zu gestalten. Für die Gemeinde Friedrichskoog bietet sich damit eine Entwicklungsperspektive, da die Seehundstation ein wichtiger Anlaufpunkt für Besucher in Friedrichskoog ist. 1. Preis – Kennzahl 1008 Wettbewerbsaufgabe: Die Seehundstation Friedrichskoog wurde 1985 von der Gemeinde Friedrichskoog und dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein gegründet. Die Aufgabenbereiche umfassen entsprechend dem Vereinszweck zur Förderung des Tier- und Naturschutzes die Information, Aufzucht und Forschung rund um die heimischen Meeressäuger. Mit dieser einmaligen Kombination von erlebnisorientierter Informations- und Bildungsarbeit, tierschutzgerechter, naturnaher Aufzucht von Seehunden und Kegelrobben und anwendungsorientierten, aktuellen Forschungsinitiativen zum Artenschutz und zur Ökologie von Robben besetzt die Seehundstation eine wichtige Position im Naturschutz und Tourismus der Westküste. Folgende Punkte sind für die zukünftigen Planungen zu bearbeiten: Zufahrt, Eingangsbereich, Aussichtspunkt und Wegeführung, Beobachtung der Jungtiere aus dem neuen Informationszentrum, Außenspielbereich & Kinderhaus, energetische Sanierung (bei zu erhaltenden Bestandsgebäuden) und Energiekonzept. Für die Gesamtkosten steht ein Budget von maximal 5,5 Mio. EUR brutto zur Verfügung Eine abschnittweise Realisierung unter Berücksichtigung des Tierwohls, des fortlaufenden Betriebs und der Deich- 18 | Schleswig-Holstein | Aus dem Wettbewerbswesen schutzanforderungen ist angestrebt. Die baulichen Anlagen sind bzw. werden auf einem Deichkörper errichtet. Daraus ergeben sich besondere Anforderungen, Schwierigkeiten und Fragestellungen für Planung und Ausführung. Von den Wettbewerbsteilnehmern wird ausdrücklich eine kostengünstige und wirtschaftliche Entwurfslösung erwartet. Es ist beabsichtigt, nach dem Wettbewerb einen Planungsauftrag an einen der Preisträger zu vergeben. Wettbewerbsverfahren: Der Wettbewerb wurde als Interdisziplinärer Realisierungswettbewerb – mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren durchgeführt. Die Auslobung erfolgt in Anlehnung an die RPW 2013 in der Fassung vom 31.1.2013. Die Wettbewerbsbekanntmachung wurde im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Aus dem Bewerbungsverfahren wurden 10 Teilnehmer gemäß RPW 2013 HOAI 2013 Teil 3 Abschnitte 1 - 4 Gebäudeplanung, Freianlagen, Ingenieurbau/TGA und Verkehrsplanung ausgewählt. Das Wettbewerbsgebiet umfasst die Liegenschaft der Seehundstation und deren Zufahrt. 1. Preis Kennzahl 1008 • bof architekten, Hamburg, Bücking, Ostrop Flemming, angest. Mitarbeiter: Linda Lampe, Luigi Foglia, Nadine Reutlinger • studio urbane landschaften, Hamburg; Sabine Rabe, freie Mitarbeit: Jule Schulz • Ramboll IMS, Hamburg, Dr. Peter Ruland • m+p Beratende Ingenieure, Hamburg, Rolf-Peter Korff 2. Preis – Kennzahl 1001 DABregional 04·16 2. Preis Kennzahl 1001 • Team 5 Martin Zülsdorff Beratender Ingenieur, Güby mit Schenk&Waiblinger Architekten, Hamburg Martin Schenk und Kerstin Runge Architektin, Schleswig • Landschaftsarchitekt Frank Springer, Bustorf 3. Preis Kennzahl 1003 • ARGE Steinwender Architekten, Heide, angest. Mitarbeiterin: Maria Dolores Hermosilla Gomez • TGP Landschaftsarchitekten BDLA, Lübeck, angest. Mitarbeiter: Ines Schneider, Jan Häußler • SHT Ingenieure, Flensburg, Bernd Siemen Aus dem Protokoll der Preisgerichtssitzung zum 1. Preis: Die vorhandene Auffahrt wird weiterentwickelt. Durch die Erweiterung zu einer Busschleife und für den ruhenden Verkehr zu einer Parkinsel, sowie mit Parkplätzen entlang der Zufahrt im vorderen Bereich wird eine gute Lösung aufzeigt. Der Zugang zur Station erfolgt über den Vorplatz am Bistrogebäude vorbei. Der neue Eingang liegt zum Hafenbecken orientiert, in einem markanten, transparenten Gebäude, an dem ein weit auskragendes, schwebendes Vordach Wetterschutz bietet und auf die Eingangssituation prägnant hinweist. Der Vorplatz entwickelt sich großzügig und verbindend einerseits zum Eingang und auf der anderen Seite mit einem Zugang zum ehemaligen Hafenbecken. Der Platz wird im Westen durch die Wasservorratsbehälter begrenzt. Die dargestellte Einbindung kann gestalterisch nicht überzeugen, Ansichten und Abgrenzungen bedürfen einer Überarbeitung. DABregional 04·16 Aus dem Wettbewerbswesen | Schleswig-Holstein | 19 3. Preis – Kennzahl 1003 Gestalterisch gelungen ist die Verbindung der neuen Baukörper mit den vorhandenen Gebäuden. Begrüßt wird die Materialität der vorhandenen Gebäude mit Klinkerfassaden im Wechselspiel der Neubauten und der vorgeschlagenen Transparenz. Gemeinsam bilden sie eine angemessene Klammer um die Dauerhaltungsbecken. Die Quarantänestation wird gut durch das neue Wohngebäude und die Verwaltung abgeschirmt. Die Süd-West Lage des Spielplatzes ist positiv. Im Eingangsbereich des neuen Haupterschließungsgebäudes sind Kasse und der Shop gut situiert, sodass beide Funktionen von einer Person bedient werden können. Allgemein fehlen den Arbeitsplätzen zugeordnete Lagermöglichkeiten. Problematisch wird die Lage der Anlieferung gesehen. Gewürdigt wird die Idee des sich symbolhaft als Blickfang und Orientierungshilfe entwickelnden, rundum verglasten Aussichtsturms mit Sicht auf den Seehundbereich und Rundumsicht in die weitere Umgebung. Auch die Ausbildung der Dachterrassen im Dauerhaltungsbereich ist ein bereicherndes Element. Die Verknüpfung der Ausstellungsbereiche über den Eingangsbereich und im Untergeschoss mit der vorhandenen Ausstellung „Robben der Welt“ wird positiv beurteilt. Ebenso die im Untergeschoss geplanten aufteilbaren Seminarräume und ein Rundum-Kino. Bemängelt wird jedoch der Konflikt mit der vorhandenen techni- schen Infrastruktur. Negativ beurteilt wird, dass die ebenerdigen Besucherbereiche weitgehend im Schatten liegen. Zudem werden das Platzangebot im Restaurant und die Organisation über zwei Etagen kritisiert. Mit dem Siegerentwurf wurde eine Idee prämiert, auf deren Grundlage jetzt die eigentliche Planungsarbeit beginnen kann. Angesichts des anspruchsvollen Vorhabens, gilt es bei der weiteren Planung sorgfältig vorzugehen, um die vielfältigen Interessen von Besucherinnen und Besuchern, Anwohnern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestmöglich miteinander zu verbinden. Mit dem abgeschlossenen Wettbewerb wurde ein entscheidender Schritt zur Realisierung des Vorhabens getan. Dank und Anerkennung gilt dabei nicht nur den Preisträgern, sondern allen teilnehmenden Büros für ihre kreativen Arbeiten. n 20 | Schleswig-Holstein | Neuerscheinungen DABregional 04·16 AHO Neuerscheinung BKI Neuerscheinung Leistungen für Nachhaltigkeitszertifizierungen. Beispielhafte Betrachtung für das Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume Die Neuerscheinung bietet allen an den Prozessen der Nachhaltigkeitszertifizierung Beteiligten einen umfassenden Überblick über die im Rahmen des Zertifizierungsprozesses notwendigen zusätzlichen Leistungen analog den Leistungsphasen der HOAI. Die fachlichen Anforderungen, ein Nachhaltigkeitszertifikat für ein Neubauprojekt zu erlangen, können in Abhängigkeit vom angestrebten Zertifizierungsgrad sehr hoch sein, gleichzeitig wird in vielen der zu berücksichtigenden Aspekten Neuland betreten. Die konsequente Implementierung ökologischer, ökonomischer und sozialer Kriterien, die Integration des Lebenszyklusgedankens und die ganzheitliche Herangehensweise setzen die Maßstäbe. Die Fachkommission Nachhaltigkeitszertifizierung im AHO hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schnittstellen und Abgrenzungen zwischen Grundleistungen und zusätzlich erforderlichen Besonderen Leistungen detailliert herauszuarbeiten und somit eine Hilfestellung bei der Honorarvereinbarung nach den Grundsätzen der HOAI zu geben. Das Heft verdeutlicht durch die tabellarische Gegenüberstellung und graphische Darstellung der Leistungsbilder der HOAI mit den zusätzlichen Anforderungen einer Nachhaltigkeitszertifizierung den möglichen Mehraufwand. Das Heft ist in der Schriftenreihe des AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. als unverbindliche Honorierungsempfehlung im n Bundesanzeiger Verlag erschienen. Fotoaufmaß 6 Beim Bauen im Bestand fehlen häufig Pläne und Zeichnungen. Die exakte Bestandsaufnahme ist jedoch Voraussetzung, zum Beispiel bei Instandsetzungen, Modernisierungen, Mengenermittlungen im Zuge der Aufmaßkontrolle und gutachterlichen Tätigkeiten. Für die optimale Problemlösung bei diesen Aufgabenstellungen hat das BKI jetzt das neue Programm BKI Fotoaufmaß – Version 6 mit 3D-Funktion und DXF-Export entwickelt. Auf Basis eines Übereck fotografierten Gebäudes und mit nur einem Referenzmaß kann damit schnell und einfach die Vermessung eines Gebäudes durchgeführt werden. Nach Import des entsprechenden Digitalfotos in das Programm BKI Fotoaufmaß kann nun der Perspektiv- und Messdatenrahmen mit dem Referenzmaß (z. B. das Fenstermaß einer Fassade) eingetragen werden. BKI Fotoaufmaß kann nun beliebige Flächen und Strecken dieser Fassade messen. Über abgeleitete Perspektiven können die weiteren Fassaden vermessen werden. Perspektivische Verzerrungen ermittelt das Programm automatisch und berücksichtigt diese bei der Ermittlung der abgeleiteten Maße. Zugleich können auch die korrespondierenden Beschriftungen eingetragen werden. Bei der Ergebnisausgabe erstellt BKI Fotoaufmaß einen Druckbericht als PDF-Datei. Zur Weiterbearbeitung können die Bauteil-Daten auch über eine Schnittstelle in den BKI Energieplaner übertragen werden. In der Komplettversion exportieren Anwender außerdem die Daten im DXF-Format für maßstäbliche Skizzen in CAD-Programme. Für eine kurze Einarbeitungszeit sorgen ausführliche Einarbeitungshilfen. Dazu zählen eine integrierte Video-Anleitung, ein umfangreiches Benutzerhandbuch und die kostenlose BKI-Hotline für Anwendungs- und Programmfragen. n MEHR INFORMATIONEN Das Heft kann direkt beim AHO e.V. online über das Bestellformular auf der AHO-Homepage unter www.aho.de oder per Fax unter 030/310191711 zu einem Preis von 14,80 EUR inkl. gesetzl. MwSt. zzgl. Versandkosten bezogen werden. MEHR INFORMATIONEN Die neue Programmversion kann ab sofort beim BKI 4 Wochen kostenlos zur Ansicht mit Rückgabegarantie bestellt werden (Basisversion 599,00 EUR, Komplettversion 799,00 EUR, jeweils zzgl. MwSt.), Tel: 0711 954 854-0, Email: [email protected] Die Kultur der Stadt | Schleswig-Holstein | 21 DABregional 04·16 Die Kultur der Stadt Begrifflichkeiten, Konzepte, Realitäten und Szenarien „Historiografie und moderne Urbanistik vermitteln uns einen scheinbar „gesicherten“ Begriff, was die doch so komplexe Stadt eigentlich sei. Tatsächlich waren oder sind deren Theorien Konstrukte aus heutiger Sicht: „Die Gegenwart schafft sich das historische Erbe, das sie benötigt“ (Graham/Ashwort/Tunbridge, 2000; zit. n. Siebel, S. 385). Auch der gegenwärtige Diskurs über die „europäische Stadt“ reflektiert einen Stadtbegriff, der – sofern es ihn überhaupt je gegeben hat – von der Wirklichkeit längst überholt ist. Hinzuweisen ist hier nur auf den Gegensatz von Stadt und Land in rechtlicher, ökonomischer und städtebaulicher Hinsicht. Immer wieder wird auf die Geschlossenheit städtebaulicher Strukturen vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert oder die soziale Mischung verwiesen, was aber einer ernsthaften Betrachtung nicht standhält. Die bauliche Verdichtung war Ausdruck von Raumnot, nicht Ziel: Wer immer es sich leisten konnte, ist den aus der Enge entstehenden Zumutungen entflohen. Segregation – freiwillig oder erzwungen – ist schließlich ein Charakteristikum einer auf Ungleichheit beruhenden Gesellschaft. Inzwischen haben sich die Verhältnisse völlig geändert – von der rechtlich ähnlichen Kommunalverwaltung in Städten und Dörfern bis zu Industrialisierung der Landwirtschaft – dass die Definition von Stadt neu justiert werden muss. Hans-Paul Bahrdt hatte bereits 1961 mit seinem grundlegenden Buch „Die moderne Großstadt“ (1961) die Polarität von Öffentlichkeit und Privatheit herausgearbeitet und der Urbanistik einen neuen Blick auf das Wesen der Stadt eröffnet. Aber auch hier hat sich eine Erosion ergeben. Öffentliches und Privates mischen sich auf vielfältigste Weise: Über die neuen Medien sind wir bis in den intimsten Raum mit aller Welt vernetzt, im öffentlichen Raum haben wir täglich die Privatissima der Handynutzer zu ertragen. Hier setzt nun Siebel, Soziologe in Oldenburg / O., an und definiert Stadt in zweifacher Weise neu. Für ihn haben vor allem zwei Aspekte Bedeutung: • die Stadt als Ort der Kultur infolge ökonomischer und technischer Veränderungen von Arbeit (Stadt als Maschine zur Entlastung von Arbeit und Verpflichtungen, zunehmende Bedeu­ tung von Wissensökonomie und Kreativwirtschaft, Kulturalisierung der Stadtpolitik) und • die Stadt als Ort der Diversität, an dem sich Fremde treffen, dort wo sich eine Kultur von Differenz entwickelt: Andersartigkeit, Ungleichheit, Ungleichzeitigkeit (kulturelle, soziale bzw. zeitliche Differenzierung), was sich schließlich in der städtebaulichen Differenzierung (wohl auch in Architektur und im Freiraum) niederschlägt. Cover: edition suhrkamp Prof. D.-J. Mehlhorn AUF EINEN BLICK Walter Siebel: „Die Kultur der Stadt“ 474 Seiten. edition suhrkamp. Berlin 2015. 18,00 EUR Man kann den vielfältigen Gedankengängen in einer so kurzen Rezension nicht im Einzelnen gerecht werden. Von anderen Autoren werden nicht wenige Ausführungen recht hart kritisiert. Das mag jeder Leser oder jede Leserin aber selbst entscheiden! Dem Rezensenten scheint vieles plausibel zu sein. Besonders überzeugen die differenzierenden Ausführungen über die Segregation und die Konfliktbewältigung im urbanen Raum, wie es Siebel mit Hartmut Häussermann bereits in „Stadtsoziologie“ (2004) dargelegt hatte. Zum sehr aktuellen Thema der Integration von Flüchtlingen aus anderen Kulturkreisen verweist er einerseits auf das Zusammenleben suchende Neubürger und der damit verbundenen Solidarität untereinander, auf der anderen Seite auf die Gefahr der Isolierung und Ausgrenzung. Siebel argumentiert für eine „Integration ohne Vernichtung von Differenz“: „Wenn die stadttypische Erfahrung von Fremdheit kulturell produktiv werden soll, dann muss über solch tief verwurzelte Abwehr hinweg Kommunikation und Austausch unter Fremden zustande kommen. Dazu ist mehr nötig, als den Konflikten zwischen den verschiedenen ´Städten in der Stadt´ aus dem Wege zu gehen. Sie müssen vielmehr in die Bahnen demokratischer Auseinandersetzungen gelenkt und ausgetragen werden.“ (S. 367 f.) n : www.aik-sh.de DABregional 04·16 Neue Orientierungshilfe der AIK Leitfaden für Kleine Wettbewerbsverfahren Die Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein hat einen neuen Leitfaden zur Orientierung herausgegeben. Dieser Leitfaden soll sowohl für Auslober wie für Architekten, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten und Ingenieure Rechtssicherheit in der Durchführung von sogenannten „grauen Verfahren“ oder den „konkurrierenden Gutachten“ schaffen, die in der Vergangenheit häufig zu Lasten der Teilnehmer durchgeführt wurden, LEITFADEN FÜR KLEINE WETTBEWERBSVERFAHREN da keine HOAI-gerechte Honorierung erfolgte. Die Kammermitglieder verstießen dadurch gegen die Berufspflichten. „Abgestimmte Mehrfachbeauftragungen“ sind wenig komplexe Aufgabenstellungen auf dem Gebiet der Architektur, des Städtebaus, der Landschaftsplanung oder des Ingenieurbaus. Für Fassadenwettbewerbe oder auch Ideenwettbewerbe zur Erlangung von Vorklärungen, die eventuell in ein späteSie möchten bauen und wünschen - auch für kleinere Planungs- und Bauaufgaben - den bestmöglichen Entwurf, den Sie unter verschiedenen Varianten auswählen können? Dieser Leitfaden führt zur optimalen, nachhaltigen und kostengünstigen Lösung. res Regelverfahren (RPW 2013) münden können, kann eine „abgestimmte Mehrfachbeauftragung“ vorgeschaltet werden. Maßgeblich für die Vorbereitung und Ausgestaltung einer „abgestimmten Mehrfachbeauftragung“ ist die geschätzte Gesamtvergütung des zur Ausschreibung vorgesehenen Auftrages und das daraus resultierende Planungshonorar nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), ohne Umsatzsteuer. Ist diese Abschätzung nicht möglich oder kann mit dem Verfahren kein Auftragsversprechen gegeben werden, so kann für einfache, nicht zu umfangreiche und wenig komplexe Aufgabenstellungen eine „abgestimmte Mehrfachbeauftragung“ nach definierten Grundregeln durchgeführt werden. Das Verfahren ist grundsätzlich mit der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein (AIK S-H) abzustimmen und eine Registrierung zu erteilen. Diese Form der Planungskonkurrenz bietet neben den regulären Wettbewerben nach RPW die Möglichkeit, aus der kreativen Leistung der Teilnehmer im direkten, anonymen Vergleich anhand nachvollziehbarer, sachlicher Kriterien den überzeugendsten Entwurf fair zu ermitteln. Der Leitfaden kann in der Geschäftsstelle als gedruckte Version angefordert werden. Zudem finden Sie ihn auf den Internetseiten unter Kammermitglieder / Wettbewerb-Vergabe / Allgemeine Informationen. n Urlaubsarchitektur! Ankündigung des Schüler-Fotowettbewerbs 2016 Für den Schüler-Fotowettbewerb 2016 werden Fotos gesucht, auf denen sichtbar wird, inwiefern die Themen „Urlaub“ und „Architektur“ zusammenhängen - besonders auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir in Schleswig-Holstein in einem Urlaubsgebiet leben und Tourismus ein erheblicher Wirtschaftsfaktor ist. Die Teilnehmer des Wettbewerbs sind eingeladen, sich ganz bewusst in ihrem Alltag umzuschauen und ihre Umgebung wahrzunehmen; Ziel ist die bewusste Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt (drinnen wie draußen), denn unsere Umwelt ist Spiegel der Art und Weise, wie wir denken, welche Werte und Traditionen wir leben, welchen zukünftigen Entwicklungen wir Raum geben möchten. Was genau kann „Urlaubsarchitektur“ sein? Gibt es etwas, das „Urlaubsarchitektur in unserer Region“ ausmacht? Weitere Informationen unter www.aik-sh.de / Baukultur / Architektur macht Schule / Schüler-Fotowettbewerbe. Die Aussendung der Bewerbungsunterlagen an die Schulen erfolgt im Mai, Einsendeschluss der Wettbewerbsbeiträge, Jurysitzung und Preisverleihung im November und Dezember 2016. n MEHR INFORMATIONEN Das Kompetenzfeld Presse- und Öffentlichkeitsarbeit konzipiert darüber hinaus aktuell eine Fachveranstaltung zum Thema „Architektur und Tourismus“. Das Ziel ist, Tourismusverantwortliche des Landes Schleswig-Holstein mit Architekten, Landschaftsarchitekten und Innenarchitekten zusammenzubringen, den fachlichen Austausch zu fördern und neue Kontakte zu knüpfen. Ein Buch-Tipp für Interessierte: Cover: Callwey Verlag prechen Sie uns an! mer 22 | Schleswig-Holstein | Leitfaden | Schüler-Fotowettbewerb „Urlaubsarchitektur“ Jan Hamer, Christiane Pfau Callwey Verlag, 2013 ISBN: 978-3-7667-2031-3 Preis: 29,95 EUR Einen „Blick ins Buch“ finden Sie unter www.callwey.de Ausstellung | Rechtsprechung | Schleswig-Holstein | 23 DABregional 04·16 Ausstellung: Hermann Göttsch Ein Baumeister in der Probstei und sein Beitrag zur regionalen Baukultur MEHR INFORMATIONEN Vortrag: 30. Juni 2016, 19:30 Uhr: „Ländliche Kulturdenkmale – Grenzen und Möglichkeiten der Denkmalpflege“, Dr. Michael Paarmann, Landesamt für Denkmalpflege, Kiel. Öffnungszeiten und Preise des Museums unter www.probstei-museum.de AUF EINEN BLICK Ulrich Höhns: Baukultur auf dem Lande. Hermann Göttsch. 1872–1947. Mit einem Beitrag von Welf-Gerrit Otto und einem Werkverzeichnis von Hermann Finck. Herausgegeben vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund (SHHB), Molfsee Cover: Husum Verlag 2016 wird im Probstei Museum Schönberg eine Jahres-Ausstellung gezeigt, die sich mit dem Schönberger Baumeister Hermann Göttsch (1872 – 1947) und seinem Beitrag zur regionalen Baukultur befasst. Die Ausstellung steht unter der Trägerschaft des SchleswigHolsteinischen Heimatbundes und entstand in Zusammenarbeit mit der Familie des Baumeisters, die auch die Leihgaben aus dem umfangreichen Nachlass zur Verfügung stellt. Für die Konzeption der Ausstellung ist Ulrich Höhns verantwortlich, der Leiter des Schleswig-Holsteinischen Archivs für Architektur und Ingenieurbaukunst; er verfasste auch den begleitenden Katalog. Die Sonderausstellung ist vom 04. März 2016 bis zum 27. November 2016 im Probstei Museum Schönberg zu sehen. Sie beleuchtet ausschnitthaft das Lebenswerk Hermann Göttschs, eines Baumeisters in der Probstei, der mit seinen ab 1895 entstandenen Bauten maßgeblich zur Qualitätssteigerung der ländlichen Architektur und zum Gewinn regionaler Identität seiner Heimat beigetragen hat. Viele der Gebäude existieren heute noch und befinden sich in sehr gutem Zustand. Gezeigt werden bedeutende und typische Bauten Hermann Göttschs in der Probstei, dargestellt anhand von Bauplänen, Skizzen sowie historischen und aktuellen Fotos. Erläuternde Texttafeln zum jeweiligen Bau geben Hinweise auf seine Besonderheiten und Qualitäten, sowie auf sein Umfeld. n Husum Verlag, 14,95 EUR ISBN 978-3-89876-832-0 Aus der Rechtsprechung Aktuelle Urteile und Beschlüsse Kündigung unterschrieben, eingescannt und per E-Mail verschickt: Schriftform gewahrt! OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.03.2015 – 4 U 265/14 Drittschadensliquidation bei mangelhaften Arbeiten des Architekten BGH, Urteil vom 14.01.2016 – VII ZR 271/14 1. Die Kündigung eines Werkvertrags kann grundsätzlich formlos erfolgen. Die Parteien eines Planervertrags können aber vereinbaren, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Schriftform bedarf. Zur Drittschadensliquidation bei der Inanspruchnahme eines Architekten für Kosten der Sanierung von Mängeln eines Industriehallenfußbodens, die auf von dem Architekten schuldhaft verursachte Mängel des Architektenwerks zurückzuführen sind, wenn die Sanierungskosten nicht von dem Auftraggeber des Architekten und Halleneigentümer, sondern von einem mit dem Auftraggeber vertraglich verbundenen Pächter entsprechend den Regelungen des Pachtvertrags getragen worden sind. n 2. Zur Wahrung der durch Vertrag bestimmten schriftlichen Form gehört auch die telekommunikative Übermittlung. Zu dieser zählen aufgrund des inzwischen modernen technischen Standards und der mittlerweile weiten Verbreitung nicht nur das Telegramm oder Telefax, sondern auch die E-Mail und das Computerfax. n QUELLE www.ibr-online.de Die Urteile können im Volltext bei der Geschäftsstelle angefordert werden. 24 | Schleswig-Holstein | Rückschau Holzbautag DABregional 04·16 4. Schleswig-Holsteinischer Holzbautag RÜCKSCHAU – „Baurecht trifft Bauhysik“ am 02. März 2016 Hilke Ohrt „Planung“, „Konstruktion“, „Baurecht“ waren die großen Themen auf dem Fachkongress „Baurecht trifft Bauphysik“, der im Rahmen des 4. Schleswig-Holsteinischen Holzbautages in Neumünster stattfand. Nach dem 3. Schleswig-Holsteinischen Holzbautag 2015 mit der Verleihung des Holzbaupreises für Schleswig-Holstein und Hamburg etabliert das Holzbauzentrum Schleswig-Holstein HBZ* SH unter Leitung von Dipl.-Ing. Erik Preuß die Veranstaltung als feste Reihe. „Mit den hochaktuellen Themen, die wir unter dem diesjährigen Format zusammenbringen, treffen wir genau den Nerv der Branche“, sagt Preuß. Das zeigt das rege Interesse der mit rund 60 Teilnehmern ausverkauften Veranstaltung. Zu diesen gehörten gleichermaßen Architekten und Planer sowie Angehörige ausführender Gewerke wie Zimmerer, Holzbauer und Dachdecker; auch einige Sachverständige sowie Vertreter von Wohnungsbaugesellschaften und Baubehörden waren zugegen. Das zumeist eher trockene Thema Baurecht wurde höchst unterhaltsam, mitreißend und zuweilen ein bisschen provokativ von Andreas Weglage dargestellt. In seinem ersten Vortrag zum „Aktuellen Bau- und Architektenrecht“ vermittelte der Fachanwalt für Bau­ und Architektenrecht sowie personenzertifizierte Sachverständige Neues zu den Rechtsthemen Haftung, Abnahme und Vergütung. Auch den weiteren Vortrag zum „Streitfall Baumangel“ präsentierte Weglage mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis des Baurechts höchst anschaulich und bezog die Teilnehmer mit ein. Im Streitfall Baumangel wissen die Teilnehmer nun, wie sie mit dem sogenannten Selbstständigen Beweisverfahren lange Gerichtsprozesse vermeiden. Es ermöglicht eine schnelle Beweiserhebung und hat den Vorteil, dass es auch ohne anhängigen Rechtsstreit durchgeführt werden kann. „Die Veranstaltung ist sehr informativ und die Referenten machen ihre Arbeit sehr gut“, kommentierte Thomas Kraus. Dem Architekten aus Molfsee habe es besonders gut gefallen, dass Rechtsanwalt Wegelage sehr praxisnah vortrug. Als weiterer Referent war Dipl.-Ing. Michael Förster, Leiter der Anwendungstechnik MOLL pro clima, geladen. Der Bauingenieur und gelernte Zimmerer referierte aus der Praxis und zeigte in seinem ersten Vortrag auf, mit welchem Konstruktionsaufbau man individuelle Lösungen für die energetische Dachsanierung von außen findet und seine Bauteile dauerhaft funktionsfähig macht. Bei den Vorträgen „Angstgegner Innendämmung – wirklich heikel oder zu Unrecht gefürchtet?“ und „Sichere Flachdächer trotz ungünstiger Einflüsse sicher realisieren“ wurden Inhalte thematisiert, bei denen noch Schulungsbedarf besteht, um neueste Dämmungen sowie sichere Flachdächer zu realisieren. Und so gingen die Bauphysikthemen Flachdach und Innendämmung genau an die neuralgischen Punkte, die aktuell Planer und Ausführende beschäftigen. „Genau an diesen Punkten sind Konstruktionen wichtig, die Sicherheitsreserven haben. Damit diese Bauteile dauerhaft mangelfrei funktionieren,“ sagte Preuß. „Zahlreiche Planungen gehen heute zu nah an die Grenzen der Bauphysik oder sogar darüber hinaus“, so Preuß weiter. Die Veranstaltung im Hotel Altes Stahlwerk in Neumünster war sehr gut besucht. | Bild: HBZ* SH Die Botschaften der Referenten sind beim Fachpublikum angekommen und gut aufgenommen worden. Das zeigte auch der rege Austausch zwischen den Teilnehmern in den Pausen. „Bei den Kongressen ist es uns immer wichtig, den Kontakt zwischen den ausführenden Betrieben und den planenden Architekten zu fördern“ bekräftigte Preuß, der ebenfalls stolz auf den erfolgreichen Fachkongress zurückschaut. Es sei hervorragend, dass die trockenen Themen Baurecht und Bauphysik sehr lebendig vorgeführt worden waren. Viel mit nach Hause nahmen zahlreiche Kongressteilnehmer. So auch Hark Martensen, der auf der Insel Föhr einen Zimmereimeisterbetrieb unterhält und sich sehr zufrieden mit der Fortbildung zeigte. „Das große Interesse und das positive Feedback spornen uns an, auch im Frühjahr 2017 wieder einen anspruchsvollen Fachkongress auf die Beine zu stellen“, so Preuß. Die Veranstaltung wird rechtzeitig angekündigt. n