Internetwahlkampf - Österreichisches Jahrbuch für Politik

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PETER DANICH
Internetwahlkampf
pätestells seit Ellde der 1990er Jahre hat das Illternet ähnlich wie kurz davor die lIIobile
Telifollie seillen
iegeszlI.l? "'lid
11111
den Globus all.ltetrete/l. Mittlen/leile ist die
'/lt'::IIfILI< des
Internets ßir !liele, "ieI,t lI/1r jll1We MelIseI,eIl i/l ihrem benlj1ichen wie privateIl Ullrfeld zur
Alltä,\?lichkeit gell'ordell.
All der Politik ist diese E/ltwicklung Ilicht spllrlos vorbe�'?e..l?allgen. Die
IItZlltl.\? des A,fedi­
IIIIIS Internet ist alls der operativeIl politischen Komll/llnikatio/l /licht mehr lI'e)!zude/lkell.
Der [ntemetwaldkampj ist illtegraler Bestandteil der .lteSall1tell �Vahlkalltp'�)lalllmg
Welcher
tellellt/lert kOll/lltt dem Illtemet ;11 ellropäischell �Vahlkäll1pfCII im illtemationalell
Ve�l?/eich ZII? u'o iiegen die Potmziale für die Zukll/ljt? Was kallll die politIsche Kampa,g­
nisicrll/lg im
'et:::: hellte t/Ild mor.lten (nicht) leistell? Diese FrageIl steheIl in diesem Beitra,\?
i1/1 Foklls der Analyse.
Ö S T E RR E I C HISCHES JAHRBUCH FÜR POL I T I K
2003
1. Internet wurde bedeutendes Kommunikationsmedium
Die politische Nutzung des lnternets i t - ähnlich wie das Mobiltelefon - heute
aus dem Arbeit alltag n icht mehr wegzudenken, vor allem, wa. die interne Kom­
munikatio n der politischen Parteien betrifft. Die l nternetrevolution hat die
Gesellschaft tIef greifend verändert, und das trifft in gewIsser Hinsicht auch fur die
pollti ehen Parteien zu, die das fnternet für die
elbstdar tellung, fur die interne
Kommunikation u nd fur die Themenrecherche emsetzen. Kein
pitzenmandatar
kann es sich heute noch leisten, auf einen - mehr oder minder profe sionell gestal­
teten - I n ternetauftritt zur persönlichen politischen Prä entation zu verzichten.
I nternetkommunikation mit dem Wähler al "Kunden" hat zwar auch i n
Europa zugenommen, ist aber im Vergleich dazu i n den USA fur d i e Rekrutierung
von Aktivisten oder pendensammeln (Fund Raising) von viel größerer Bedeutung.
Vor allem Fund Raising spielt in Europa im Gegen atz zu den U A keine Rolle
in politi ehen Internetkampagnen. Das liegt an Mentalitätsunter c hieden und vor
allem an den grundsätzlich verschiedenen polItischen Systemen In der Alten und
Neuen Welt. Lediglich das Wählen via Mausklick ist in den USA genauso ferne
Zukunftsmusik wie in Europa - trotz aller KomplIkationen rund um die letzten
U - Prä identenwahlen mit der Problematik der Stimmennachzählung in Florida
und den daraus resultierenden Diskussionen. Der Internetwahlkampf ist also - und
nur um die en geht es als Kernthema des gegenständlichen Beitrags - m Bezug auf
seine politische Bedeutung differenziert zu beurteilen: rur Europa, fur dIe USA und
in seinen Zukunftspotenzialen.
Da I n ternet hegt als Wahlkampfmedium in Europa gegenüber den "kla i­
�
hen WahlkampfincJien" in
der
B
urteilung �einer Wirkung ganz klar abges hla­
gen auf ell1em der hinteren Plätze.
Demnach spielt das I nrernet heute eine nicht zu unrer c hätzende Rolle,
sowohl im akkordIerten Media-MIX des Wahlkampfein atzes al auch in der Planung
politischer Kampagnen im Allgemeinen. E ergänzt die Wahlwerbung
III
den kla i­
schen Medien . DIe Harmoni ierung die es Medieneinsatzes Ist ein entscheidende
Kriterium für die Effizienz des Wahlkampfes. E finden sich z. ß. in den letzten Jahren
kaum kla i ehe politl ehe Wahlwerbefiächen, auf denen nicht gleichzeitig auf weitere
oder uefer gehende Informationen im Inrernet hingewie n wird Internetnutzung die polw ehe Kommunikation.
111
0
ergänzt dIe
ie hat dabei auch keineswegs den
Wahlzeiten notwendigen persönlichen Face-to-Face-Koncakt und die Frequenz
diver er politischer öffentlichkeit gerichteter Veran taltungen zurückgedrängt.
66
PETER DAN ICH
I
INTER N E TWAHLK A M P F
80
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60
50
30
20
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Graphik: Informationsquellen der Österreicherinnen über das politische Geschehen i n Österreich
QueUe Internetbefragung der PolitIschen AkademIe, Fessel/Gfk, Mal 2001, n - 1.000
Der größte Vorteil des Internet als Wahlkampfmedium liegt in der Mög­
lichkeit, rasch und kostengünstig nahezu unbe chränkte Mengen von I nforma­
tion direkt zum Kon umenten ("User") zu transportieren. Zwar gibt e auch i n
Ö sterreich nach w i e vor viele "Information-Have-Nots" (Experten . prechen vom
"Digital Divide", der Trennung der Gesellschaft in digitale Konsumenten und
N ichtinformierte) , die Zahl der I n ternetuser wächst aber noch immer be tändig.
Außerdem wird das Internet in großem Maß von rur die Politik relevanten Ziel­
gruppen regelmäßig genutzt, in denen eher jüngere, eher gebildete, eher urbane
M ens hen und eher Multiplikatoren einen beachtlichen Anteil ausmachen. Auch
au die em Grund nimmt das Internet in den trategischen Überlegungen vieler
Wahlkampfmanager mittlerweile einen festen Platz em.
Aus der oberflächlichen Betrachtung verschiedener Wahlkämpfe könnte man
dazu neigen, ein standari iertes M uster einer globalen Vereinheitlichung herau zu­
Ie en. Dementsprechend war lange Zeit die The e von der "Amenkani ierung" de
Wahlkampfe am meisten verbreitet. Diese "Amerikanisierungsthese" behauptete
emen von den U A ausgehenden globalen Diffusionsproze s, im Zuge de sen sich
Trend und Muster innerhalb von fUnf bi zehn Jahren auf Europa ausbreiten oU­
ten . Von die er Theorie in ihrer "reinen Form" i t man heute wieder abgekommen.
Eine kürzlich veröffentlichte umfassende
tudie zur politi ehen Kommunikation
ÖSlE R R E ICHISC H E S JAHRBUCH FUR POLITIK
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Graphik: Entwicklung der Internetnutzer nach Ort
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Graphik: Internet-Nutzung in Österreich nach Zielgruppen
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3.500 pro Quartal
PETER DAN ICH
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IN TERNET WAHLK AMPF
mit I n terviews von politischen Beratern aus 52 Ländern (Fritz Plasser, The USA
as a transnational model of campaigning? A Comparison between US-Consultants
and West European Political Consultants and Party Managers, Paper presented at an
International Symposion of the Konrad Adenauer-Foundation, Mainz 2003) wider­
legt die Theorie einer weltweiten , von den USA ausgehenden Standardisierung der
politischen Kommu nikation . Sehr wohl aber zeigt sich darin eine breite Varietät
professioneller Zugänge zu Kommunikationsstrategien u nd -praktiken länderspezi­
fischer Art. Das bedeutet, dass die jeweils spezifische Kombination kultureller und
institutioneller Faktoren die jeweiligen Wahlkampfstrategien bestimmt und dass die
Globalisierung der Kommunikation sozusagen i nnerhalb ihrer i nstitutionel1en und
kulturellen Grenzen stattfindet. Trends breiten sich aus und werden nicht i n i hrer
ursprünglichen Form einfach übernommen, sondern in den j eweiligen spezifisch
soziokulturellen Kontext übersetzt.
Umgelegt auf die Ausbreitung von Trends amerikanischer I nternetwahlkämpfe
nach Europa hieße das: Übernommen wird, was zur (regionalen) europäischen Kul­
tur passt. [n ähnlicher Form übernommen werden jene Trends, die in beiden politi­
schen Kulturen auf ähnliche Voraussetzungen treffen. In Bezug auf die USA und Eur­
opa S1l1d das in erster Linie der globale Trend zur Personalisierung von Wahlkämpfen
(bzw. "Präsidentialisierung" europäischer Wahlkämpfe in Ländern mit starken Par­
teiorganisationen) und die zunehmende Bedeutung professioneller Kampagnen­
manager sowie externer politischer Marketingberater. deren Approaches sich in die
Parteizentralen ausbreiten und diese gleichsam "mitprofessionalisieren" . Das spricht
dafür, dass die Bedeutungssteigerung des l nternets bzw. dessen I n tegration in profes­
sionelle Wahlkampagnen in den USA in Bezug auf die Eckpunkte mit der europäl­
�chen EntWIcklung korrehert. Dafur pncht auch die in beiden pohtischen Systemen
wachsende Zahl von Usern
111
einer fragrnentierten Medienlandschafr. Professionelle
Wahlkampfinanager müssen danach trachten. ihre Botschaften immer zielgenchte­
ter an die Memchen heranzubnngen. Besonderer Stellenwert könnte dem Internet
darüber hlllau in Wahlkampagnen in den ,jungen" Demokratien zukommen. etwa
bei den
0
genannten "virtuellen Parteien" (z. B. Forza [taha, PO
111
Polen, Medwed
("Einheit") in der R ussischen Föderation) , hier vor allem aufgrund der zugespitzten
Personalisierung und der schwach ausgeprägten Parteistrukturen.
Die Ergebnisse der oben zitierten weltweiten Beraterstudie zeigen, dass
Wahlkämpfe weltweit um ausgewählte Komponenten eines (U -)marketing- und
eventzentrierten Kommunikationsstils ergänzt werden. Bezogen auf das I nternet als
ÖST E R R E IC H I S C H E S J A H RBUCH F Ü R POLITIK
2003
Wahlkampfmedium bedeutet das, von den USA zu lernen , aber nur jene Elemente
in jener Form zu übernehmen, wie sie den spezifischen kulturellen Bedingungen
am besten entsprechen.
2. Internetwahlkämpfe in Europa - eine Bestandsaufnahme
2.1
Internetwahlkampf in Deutschland
Deutsche Kommunikationsexperten qualifizieren den Internet-Bereich als einen
der innovativsten im letzten Wahlkampf für die B u ndestagswahlen 2002. Mit rund
30 Mio. Internet-Usern war dabei zumindest theoretisch bereits jede!r Z weite
der rund 60 Mio. deutschen WählerInnen virtuell erreichbar - 1998 waren es
gerade 6 Mio. gewesen. Seitdem hat sich vor allem das Userverhalten stark geän­
dert. Von den Internetkonsumenten wird Content zielgerichteter nachgefragt.
Parteieni n tern hat sich das I n ternet zu einer wichtigen Logistikres ource fur
Aufbau u nd O rganisation der Kampagnen entwickelt. In Deutschland geht man
einschlägigen U ntersuchungen zufolge von einem Stammwählerpotenzial von ca.
12 bis 1 3 % bei gleichzeitig immer mehr spät entschlossenen WählerInnen aus,
in diesem Kontext ist das schnelle Medium Internet vor allem für die Steuerung
der strategischen Kommu n ikation interessant, dessen Interaktivität für ein perma­
nentes Feedback über Befindlichkeiten der Adressaten genutz t werden kan n . Um
die es Potenzial auszuschöpfen, muss die Internetkommunikation bestmöglich in
die Wahlkampagne eingebettet werden, wobei die M öglichkeiten heute noch kei­
neswegs ausgeschöpft sind.
Die
PD ging 2001 mit einem I nformationsbereich für Parteimitglieder
ins Internet. Für die Bundestagswahlen 2002 wurden mehrere Plattformen (z. B.
nichtregierungsfähig.de als Negativseite über die Mitbewerber, kampa02 de mit
Wahlkampfberichten, gerhard-schroeder.de usw.) ins Netz gestellt, dazu wurden im
Wahlkampf Newsgroups, Zie1gruppenmaiJs und diverse Politlk-Chats genutzt (vgl.
KaJo Wasserhövel, SPD im Interview mit www. politik-digltal.de) .
Die CDU bietet ihren Parteimjtgliedern seit Oktober 1999 einen i nter­
nen Informationsbereich im Internet an. I n der Wahlkampagne 2002 etzte �ie auf
spielerische, lI1teraktive Tools, vor allem für ell1 Jüngeres Zielpublikum. So konnte
man sICh etwa unter wahlkreis300.de als KandidatIn i n einem virtuellen Wahlkreis
versuchen. Weitere erwähnen werte Internetseiten waren wahlfakten.de mit Argu­
menten für die eigenen Po itionen und ergänzender N egativdarsteUung der Mitbe-
70
PETER D A NICH
I
I N T ER N E T W A H LK A M P F
werber oder regierungsprogramm .de, wo CDU und CSU Texte mit Lösungsvor­
schlägen der Union fur die wichtigsten R.i chtungsentscheidungen der laufenden
Legislaturperiode vorstellen.
2.2 Internetwahlkarnpf in Großbritannien
Das I nternet als Kampagnenmedium der Politik hat auch in Großbritannien
rasche Fortschritte gemacht, wobei die zeitliche Entwicklung im Vergleich mit
Deutschland durc haus Parallelen aufweist. War noc h i m Wahlkampf 1997 eine
eigene Web ite rur die größeren Parteien eine Prestigefrage, so werden seit den
Kommunal- u nd Europawahlen 1999 die I nternetangebote ständig aktualisiert
und zur jeweils aktuellen Wahlkampagne einem kostenaufwändigen R.elaunch
unterzogen. Ä hnlich wie in Deutschland steckt die Entwicklung von interaktiven
öffentlichen Elementen wie Message-Boards oder Chatrooms dabei noch "in den
Kinderschu hen" .
Vor dem jüngsten Unterhaus-Wahlkampf 2001 konnten es ich die Spit­
zenkandidaten der drei größten Parteien (Tony Blair, William H ague sowie der
Liberal-Demokrat Charles Kennedy) noch leisten, auf breitere I nternetpräsenz zu
verzichten, das hat sich mittlerweile geändert. Nur ein geringer Prozentsatz der
Abgeordneten, geschätzt etwa 15 %, verfugte zum Zeitpunkt der letzten U nter­
hauswahlen - trotz Mehrheitswahl recht und dadurch größeren
teilenwerts fLir
die Personalisierung als in anderen europäi ehen Ländern - über eine eigene
H omcpage. Andererseits gab es auch schon Kandidateninnen, die das I nternet sehr
intensiv nutzten, vor allem in Wah lkreisen mit den so genannten ,marginal seats', 111
denen es den knappen Entscheidungslagen zu folge auf jede Stimme ankam.
Der I nternetauftritt spielte bei den Unterhauswahlen 2001 im Rahmen der
Kampagne-Architektur im Vergleich mit den klassischen Wahlkampfnutteln wie
TV und Plakat zwar eme bescheidene Rolle, war aber immerhin fixer Be tandtei!.
Bei der Planung der Kampagne orientierte man sich an den Ergebnissen amerika­
nischer Untersuchungen des letzten US-Präsident c haftswahlkampfes (siehe dazu
www.evoterinstitute.com). wonach etwa z. B. Pop-up-Ad's ( I nternetwerbefenster,
die Ich elbstständig öffnen) und Werbebanner (Internetwerbeflächen) negativ, die
Mobilisierung von Aktivisten. ympathisanten und potenziellen Wählern durch E­
Mails, die durch einen Vertetler versandt oder weitergeleitet werden, von den Wäh­
lern eher positiv beurteilt worden waren. Vor allem aufgrund der unter dem Strich
ÖST ERREICHISCHES J A H RBUCH FÜR POLITIK
2003
bescheidenen Beurteilungen der letzten Internet-Wahlampferfahrungen au
den
USA stornierte die britische Labor Party kurzfr i tig eine bereits entwickelte, breiter
angelegte I n ternetkampagne für die Unterhau wahlen 200 1 . Durchgeführt wurde
lediglich, was in den USA positiv beurteilt worden war, so wurden z. B. Labor­
Mitglieder mittels E-Mails zu den Wahlen aufgerufen und rund 50.000 "Scatch­
CardsH ("Rubbel-Lo eH) ausgegeben, die JungwählerInnen zu einer peziell für sie
konstruierten Seite im I nternet fUhren sollte.
Ä hnlich gestaltete sich die Internetwahlkampfstrategie der Conservative Party.
Auch hier wurden überwiegend E-Matls fur die Stammwählermobilisierung einge­
setzt, wobei es erstmals gehäuft zu Vorwürfen u nerwünschter Zusendung kam. Man
warb via Internet um Unterstützer und bot ihnen unter www. conservative .com/
freestuff.cfill verschiedene Kampagnen-Tools zum Herunterladen an .
Für die kle1l1eren Parteien, wie etwa die LIberaldemokraten, war das I nternet
aus Kostengründen im Vergleich zu den üblichen Werbeträgern naturgemäß von
größerer Bedeutung. Hier {Io sen auch kreativere Elemente in die Internetkampag­
nen ein, etwa bei der Independence Party, wo sich potenzielle WahlkreiskandidatIn­
nen per Internet bewerben konnten.
Bei den Unterhauswahlen 2001 wollten ursprünglich Labour und die Libe­
raldemokraten die in den USA beim Präsidentschaftswahlkampf geprägte
trategie
de takuschen Wählens (vote swapping) gegen kon ervative KandidatI nnen einset­
zen . Bei dieser I nternetwahlkampf-Strategie geht e darum, durch wahlkreIsüber­
greifenden taktischen timmentausch eigene Kandidadnnen zu pushen bzw. gegne­
rische Kandidatinnen zu verhindern. Das war erstmals 2000 in den USA angesicht�
Je!>
zu
cr\vartcndcn knappen Resllltat�
7
wi sc h e n Bmh und Gore angedacht wor­
den . Konkret ging e darum, Wähler de chancenlo en Kandidaten George Nader
via Internet taatenübergreifend zu tauschen, soda s Nader-Wählerlnnen in
taa­
ten, in denen Gare und Bush Kopf an Kopf lagen, ihre 'tlmme Gore geben sollten.
Im Austausch fur diese
t!nunen von Gore-WählerInnen sollten WählerInnen in
Staaten, die icher Bush zufallen, dort fur Nader timmen . Ziel Naders war es dabei
nicht nur, Gare dIe Wahl zu ichern, sondern vor allem selbst über funf Prozent der
Scinuuen zu erreichen, was ihm rur den Wahlkampf 2004 dIe Zuteilung öffentlicher
Gelder ge ichert hätte. Dazu wären insge amt etwa 200.000 geschickt strategisch
getauschte
tio1n1en erforderlich gewe en. Diese I dee von U -Verfassungsrechtler
Jamin Ra kin ( . dazu Artikel unter www.slate.msn. comlid/9 1 933) war aber bereit
in den U A von allen Kandidatlnnen aus moralischen Gründen abgelehnt wor-
PETER D A N ICH
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INTERNETWAHL K AMPF
den, keiner hatte die auf die en Artikel hin eingerichteten Website unterstützt. ie
wurde auch in Großbritannien letztlich nicht reali iert.
Im Unterschied dazu wurden au dem letzten US-Präsidentschaftswahlkampf
bekannte offizielle Seiten fur Parodien der jeweiligen Gegner auch in Großbritan­
nien eingesetzt, ebenso wie das Medium SMS zur Wählerlnnenmobilisierung.
2.3 Internetwahlkampf in den USA
In den USA i t die I nternetkampagne bis hin zu Bewerbungen fur verschieden te
öffentliche Ämter oder in der Kommunalpolitik mittlerweile integraler Bestandteil
jeder Kampagnen-Organisation, obwohl der von vielen prophezeite digitale Boom
- vergleichbar mit der Entwicklung bei der Einführung des Fern ehen - nicht
eingetroffen i t . Diese Progno en waren wohl aufgrund der bemerkenswerten
I nterneterfolge von US-Senator John McCain oder Je se Ventura, Gouverneur von
Minne ota, anfänglich zu euphori eh.
Ungeachtet de sen i t das Internet aus U -Wahlkämpfen vor allem bei der
Gewinnung von Wahlkampfhelfern ("E-Volunteers") und beim
ammeln von
penden (" Fund Raising") mittlerweile unverzichtbar geworden. Besonders wich­
tig ist da. Internet dabei durch die Kostenvorteile fiir jene Kandidatinnen, die im
Wahlkampf über geringere Budgets verfugen. fur Kandidatinnen der nachgereihten
Politikebenen und fur Vertreter von Kleinparteien (vgl . www. hopseaside.com/
donlarson; www.larryrollins.com/ Quahflcations.htm). Im lokalen Bereich ist die
Qualität der - oft selb t erstellten - Homepages entsprechend unprofcssionell. wes­
halb viele Wahlkampfmanager lokalen Kandidatlnnen fur ver hiedene öffentliche
FunktIonen mittlerweile WIeder dIe Konzentration auf bewahrte Wahlkampfmittel
wie Hausbc. uche etc. ( .. Door tO Door- anvassing") empfehlen.
Im U -Präsidentschaftswahlkampf 2002 tagnierte trotz 60 % Internetreich­
weite unter den U -Bürgerinnen der seit dem Präsidentschaft wahlkampf 1996
aufgetretcne .. I ntern t-Boom" im politischen Kampagnenbereich. Noch 2000
hatte das Internet bel den Kongre - und Prä Identschaft kampagnen seine bishe­
rige Hochblüte erlebt. was 1m Buch von Peter Filzmeier/Fritz Plas er: Wahlkampf
um das weiße Hau (Pre idential Election in den U A. Opladen 200 I) au fuhr­
lich be chrieben al "Begmn der Ära von profes lOnellen I nternet-Wahlkämpfen"
bezeichnet werden kann. Filzmeier/Pla ser bilanzieren. da
beim
da I nternet vor allem
penden ammeln und der Anwerbung von Volunteer erfolgreich gewesen
n
Ö S T E RREICHISC H E S J AHRBUCH FÜR POLITIK
200)
ist. Vor allem unbekannteren Kandidatinnen sei es dadurch gelungen. das Internet
zu nützen, z. B. Senator John McCain, der nach seinem Überraschungssieg in den
New Hamp hire Primaries 25 % semer Wahlkamp6penden über das Internet sam­
meln konnte. 40 % der Bevölkerung hätten das Internet zumindest gelegentlich zur
politischen Information genutzt, fur 14 % sei es ihren Angaben zufolge eine sehr
wichtige Entscheidungshilfe gewesen. Das Internet sei damit fixer Bestandteil pro­
fessioneller Wahl kampagnen geworden.
Bei den PräsIdentschaftswahlen 2002 war von diesem Höhenflug nicht
mehr viel übrig geblieben, ledighch zielgruppenspezifische E-Mails gewannen an
Bedeutung. Neue Projekte - wie etwa das RepublikanIsche Teamleaderprojekt,
ein Py ramidenspiel-ähnlich aufgebautes interaktives Kommunikationstool zwi­
schen Partei und Wählern (Näheres dazu unter www.gopteamleader.coOl) - waren
die Ausnahme. Kntisch wurde in der Beurteil ung des Präsidentschafstwahlkampfs
2000 vor allem die mangelhafte Einbmdung der I nternetkampagne in die gene­
relle Media-Mix-Strategie gesehen (vgl . dazu auch Manuela Baldauf, Wahlkampf
Im Web. Eine Untersuchung der offiziellen Webseiten von George
W
Bush und
Al Gore Im US- Präsidentschaftswahlkampf, Wiesbaden 2000). Derzeit stagniert
die politi che Nutzung des Internets bei weniger als zehn Prozent der US-Wäh­
lerlnnen (siehe dazu Interview mit Prof. Peter Filzmeier vom 3 1 . Oktober 2002,
www. pohtIk-digital.de) .
2.4 InternetwahJkampf in Österreich
Am
9.
September
2002 endete die.; (;r�te
österreichische Ö VP-FPÖ-Regierungs­
koalition, unmittelbar danach begann der Wahlkampf für dIe NatIonalratswahlen
am 24. November 2002. Der Internetwahlkampf startete erst etwa sech Wochen
vor diesen Wahlen. da die Zelt bis dahin benötigt wurde, um umfassende wahl­
kamptbegJeitende Internetaktivitäten zu entwickeln bzw. einzusetzen. Bei der
FPÖ- Internetpräsenz äußerte sich die kritische parteiinterne Lage aufgrund der
parteimternen Turbulenzen (.. Kfllttelfeld") darin, da s dIe
tammseite der Panel
bereIt vor der Fe�tsetzung des Wahltenruns mehrere Tage vom Netz genommen
wurde (vl\\w. fpoe.at) , und die Seite bis zu den Wahlen kaum überarbeitet wurde.
In der zweIten Oktoberhälfte 2002 stellten sowohl Ö VP (w\\w.oevp.at) als auch
SPÖ (www.spoe.at) Ihre fur den Wahlkampf überarbeiteten H omepages ins Netz,
kurz danach die Grünen (www.gruene.at) .
74
PETeR OANICH
I
INTERNETWAHLKAMPF
Dem internationalen Trend entsprechend, setzte sich der globale Wahlkampf­
professionali ierungs- und Personalisierungstrend auch im Internetauftritt der
österreichischen Parteien fort. I m Vordergrund standen die jeweiligen Spitzenkan­
didaten, ergänzt durch internationale I n ternet- tandard wie E-Cards, Programma­
tische in allen Formen, au fUhrlicher multimedialer Pres eservice, Wahlkampftage­
bücher, Rekrutierungstool und die Möglichkeit, der jeweiligen Partei penden
zukommen zu lassen . Für Österreich neu war der tarke Ein atz von Film- und
Tondokumenten auf den Homepage . Alle Parteien warben erstmals mas iv mit
Fernsehspots, die gleichzeitig im I n ternet zu sehen waren. Genau 0 waren m der
Regel die Radioclip abrufbar. Die ÖVP setzte mas iv Video- und Audioclip der
KandidatInnen ein, die ihre Positionen und Visionen fLir Österreich vor tellten.
Dazu wurden zahlreiche Testimonial für Bundeskanzler Wolfgang
chüs el ver­
wendet, also audiovisuelle Unterstützungserklärungen von namhaften Politikerln­
nen aus Österreich, aber auch au anderen Ländern Europa . Er tmal in Österreich
bot die ÖVP die I nternet-Innovation, da s alle Kandidatinnen, die auf einem wähl­
baren Platz auf der B undes- , Lande - oder Bezirksli te tanden, eine eigene eite
auf der ÖVP-Page erhielten, mit Leben lauf, politi chen chwerpunkthemen u nd
Kontaktadre sen . Generell waren die InternetwaWkampf-Seiten aller Parteien hinichtllch Benutzerfreundlichkeit u nd Inhalt gegenüber den alten eiten qualitativ
deutlich verbessert. Österreichi cher Nachholbedarf gegenüber internationalen
tandard be tünde gemäß den Re ultaten diver er veröffentlichter Internet-Tests
bei der noch zu langen Reaktionszeit auf E-Mail-Anfragen.
3. Durchs Internet ins Wahlkampf team? Zur Bedeutung von E-Volunteers in
Internetwahlkämpfen
Oie Rekrutlerung FrelwIlltger via Internet pielt in den USA eine unvergleich­
lich größere Rolle als in Europa, ebenso wie das Fund Rai ing über Internet - als
Bei piel sei die Internet-Kampagne des mlttlerweile ge eheiterten demokratischen
Prä ident chaft bewerber H oward Dean angeführt, auf die in die em Beitrag an
späterer teile noch genauer eingegangen wird. Beide gehört in den U A zu einer
der wichtigsten Aufgaben in der Wahlkampagne. Vergleiche mit Europa ind wegen
de unterschiedlichen politischen bzw. Wahlsystems aber nur be chränkt zielfLih­
rend. Wahlkampfmanagement i t in den U A eine externe, in Europa eine parteiin­
terne Fu nktion, was in den U A aufgrund der schwachen bzw. wenig au geprägten
7S
ÖSTERREICHISCHES JAHRBUCH FÜR POLITIK
200J
Parteimitarbeiternetze bzw. -strukturen vor allem im lokalen/regionalen Bereich
gar nicht möglich wäre. Formelle Parteimitgliedschaften - wie in Europa üblich
- sind den USA unbekannt. Dazu kommen in den USA die weiten Distanzen im
Land, die auch den Einsatz der vi rtuellen Kommunikation übers Internet fordern.
Zuletzt erhöht noch das US-amerikanische Mehrheitswahlrecht, verbunden mit
einer starken Personalisierung, die Bedeutung von "elektronisch rekrutierten Frei­
willigen" für den Wahlkampf.
In Europa dient das Ansprechen von Freiwilligen im Netz im Großen und
Ganzen der möglichst zielgruppenspezIfischen Mobilisierung von Wählergrup­
pen. Diese wird wiederum zum Ausbau zie\genauer elektronischer Zugangsdaten
genutzt, was ell1en nicht zu unterschätzenden Organisationsaufwand erfordert.
Wahlkampfkommunikation via I nternet kann das tradi tionelle Kontaktgespräch
mit den BürgerInnen (Door co Door-Canvassing) allenfalls ergänzen, keinesfalls
aber ersetzen . Die eingesetzten I nternet-Tools müs en den po li ti eh-kulturellen
Befindlichkeiten in Europa entsprechen, die sich von den amenkamsehen in vieler
Hinsicht unterscheiden. Der Erfolg der Mobilisierung via Internet hängt letztlich
davon ab, wie zielgruppengenau die verfügbaren I nformationen über die Wähle­
rInnen ind, um diesen die fiir sie spezifisch relevanten Informationen zukommen
lassen zu können.
Dennoch lohnt es sich auch in Europa wegen der relativ geringen Kosten­
erforderlllsse, bestinunte Gruppen (z. B. j ü ngere Menschen mit starker Netznut­
zungsgewohnheit, diverse Multiplikatorengruppen) mittels Internet im Wahlkampf
einzubeziehen, doch eher im
str,llcglt:. Vor
alh:m bei
mne einer Moblhsierungs- denn als Rekrutierungs­
jungen Menschen
ist
dIe I nter:lktivität von I nternetAächen
eine Grundvoraussetzung, um Interesse zu erzielen. Langweilig gestaltete Seiten
dürften gerade im Bereich der Politik kaum Interesse wecken. Ebenso Bedacht zu
nehmen ist auf die technische Ausstattung der Adressaten von Inrernetbotschaften,
dIe durch allzu aufwändige I nternetapplika tionen mit allen darau resultierenden
Komplikationen fur die elektronische Kommunikation eher verärgert als gewon­
nen werden können . Die netzaflinen Zielgruppen (Menschen, die politisch über
das I nternet angesprochen werden können) decken ich in Europa wie in den USA
mit eher politikintere sierten Zielgruppen bzw. mit bestimmten Multiplikatoren­
segmenten. In diesem Zusammenhang kommt dem Internet z. B. in Bezug auf dIe
ervicierung von Journahsten mit arbeitstechnisch einfach zu verwertenden I nfor­
mationen eine gewisse Rolle zu.
76
PETER DANICH
I N TER NETWAHLKAMPF
I
Für europäische Wahlkämpfe ind in Bezug auf die Freiwilligen-Rekru­
tierung übers I nternet US-Szenarien, wie erwa die Gewinnung von 140.000
freiwilligen H elfern im Zuge der schon legendären Internetkampagne eines
John M cCain im Vorwahlkampf zu den US- Präsidentschaftswah!en 2000, kaum
denkbar. Dennoch haben mittlerweile fa t alle europäischen Parteien Flächen
auf den Homepages bzw. eigene Homepage ftir spezifisch e Persönlichkeit wahl­
Kampagnen installiert, in denen sich Freiwillige regi trieren lassen können (wie
z. B. unter www.benita.at i m jüngsten Präsidentschaftswahlkampf 2004). Bei den
letzten Bundestagswahlen in Deutschland gewann etwa die
Kampagne im Rahmen der
PD in ihrer
0
T­
PD-Kampa etwa 600 Online-Aktivi ten, womit
bei den Verantwortlichen trotz ander lautender offizieller Stellungnahmen kaum
Euphorie au brechen sollte, noch dazu, wo erwiesenermaßen ein erheblicher
Tei! davon au
eigenen, nichtvirtuellen Aktivistenbereichen kommen dürfte
(vgl. dazu Interviews mit OCT-Mitarbeitern auf http:/ /www.politik-digital .de/
edemocracy Iwahlkampflbundestagswahl20021 oct.shtm! owie www.websozi .de) .
Interessant ist, da s dabei rur die OCT-Teams zukünftig mehr Unabhängigkeit
vom PartelVorstand momert wurde, "um noc h mehr Ideen und spontane Umsätze
kreativer Gedanken zu verwirklichen" (ebenda) . Die FDP warb dafur, die Partei
(bzw. Teilbereiche dessen, was daran gefallt) , im Freundeskreis weiterzuverbrei­
ten, und erzielte mit die er Form des Customized
ampaigning den Ver and von
- be cheidenen - 2.641 spezifischen E-Mails an 854 User (vgl. I nterview mit
FDP-
nlinecampaign-Leiter Uwe Evers, www.politik-digital.de/edemocracyI
wahlkampf/bunde tagswahl2002/ever .shtml). Vom Rekrutierungs-Potenzial her
ähnlich sind die Aktivitäten der anderen deutschen Parteien (
I
U mit www.pro­
stoiber.cdu.de oder Aktion " ww.jedcstimme.edu.de) zu beurteilen, eventuell mit
Ausnahme \on Bündni 90/Die Grünen, bei deren Zielgruppen das Internet al.
Kommul11katlonsmittel von größerer Relevanz Ist.
Experten wie der österreich i ehe Politikwi enschafter Peter Filzmeier sehen
die Vorteile des Web- ampaignings grundsätzlich darin, das durch das I nternet in
kurzer Zeit mit wemg Mlttel- und personellem Ressourcenein atz mehr Per onen
ansprechbar smd al über andere Kommunikation wege. So be. teht etwa durch
da Ver. enden individualisierter E-MaJ!s die Chance, einen direkten Kontakt zum
Adressaten aufzubauen, damit dIeser bel Bedarf über einen Link . c hnell an ver­
tiefende Informationen gelangen kann. Dabei warnt Filzmeier jcher zu Recht
vor Vergleichen mit den U A bZ\v. davor, U -amerikam che Fallbei pIek auf den
77
ÖSTERREICHISC H E S JAHRBUCH FÜR POLITIK
200)
'teUenwert des Web- ampaigning in Europa zu übertragen, und zählt die virtuelle
Freiwilligengewinnung
10
Zukunft entschieden nicht zu den wahlkampfent chei­
denden Ressourcen der europäischen Parteien.
4. Chatrooms und Diskussionsforen als Wahlkampfbühne
Glaubt man quantitatiVen Medienanaly en, IOd Politiker nicht nur in Wahlkampf­
zeiten im I nternet deutlIch überreprä entiert. Dass das ein realisti cher Befund sem
dürfte, belegen stark frequentierte Di kus ionsforen wie etwa www.orf.at. in denen
_
gleich zu welchem Au 'gangsthema - überproportional häufig Postings mit politi­
schem Gehalt vorkommen. Polm che Parteien können diese " Politisierung" nützen
bzw. unterstützen, wie es etwa im Pnntbereich durch das Platzieren gezielter Le er­
briefe bereits geschieht. Derart auch in Internetforen dIe eigene politische Botchaft zu verbreiten, erfordert aber relativ hohen Per onaleinsatz und ist daher flir
da Erreichen der eigenen Kommunikation ziele in der Kosten-Nutzen-Ab\ ägung
eher mIt kepsis zu beurteilen.
Bel der Nutzung von
hatrooms als polius he Bühne ist zwar die Steu-
erung aufgrund der klaren Zeitbeschänkung leichter möglich. was sowoh l rur
"unabhängIge" wie eigene Foren gelten dürfte, die Frage
i
t aber, ob
hats, wenn
ie allzu "einseitig" verlaufen. weil sie von den eigenen MitarbeiternInnen fre­
quentiert werden, als Wahlwerbemittel akzeptiert werden bzw. enr prechende Wir­
kung entfalten können. Zweckdienlicher cheinen da chon Chats rur spezIfische
Zielgruppen (z. B. jugendltche) bzw. zu ehr spezifischen Themen. Die Teilnahme
an olLhen zielgruppen pczifi ehen
Cluts
ermöglicht e auch dem Politiker. da.
eigene Ohr am Puls des Pohtikkomumenten zu schärfen und seine pohti ehen
trateglen an hand d
n flexibel zu adaptieren. Ähnliche gilt für lokal/regionall
fach pezifische
hat. mit denen unter Um tänden ·ogar der eine oder andere
Multiplikator erreichbar i t.
Da Angebot "Pohtischer
hat" i t in gesamt leICht anwach end. WIe der
Blick nach I eut chland zeigt (siehe dazu WW\ ,pohtik-digital.de/salon/termine/
index.shtml). Umfragen zufolge en 'arten Ich die Politik rlnnen von Chat da
Verbreiten der eigenen Positionen ohne journali t1 chen Filter und in Wah lkampf­
zelten die Bindung unent ehlo ener Wähler und dje Bestärkung von
santen .
..
0
ehr Politikerlnnen den digitalen Au tau'ch ehätzen.
0
ympathi­
sehr vertrauen
ie dem kla si. ehen Info tand. Und auf den. das zeigen klar die Untersuchungen.
PETER D A NICH
will kein befragter Politiker zugunsten von
I
INTERNETWAHLK AMPF
hats verzichten" (zitiert aus einem
I nterview vom 26. eptember 2002 mit Kar ten Heuke, Journalist und Buchautor,
www.politik-digital.de) . der an der Universität Erlangen zu die em Thema eine
ausfUhrliche Diplomarbeic verfa t und ins Necz gestellt hat (www. kahbox.de/chat/
diplchat. pdf).
5. Zukunfts potenziale moderner Internetwahlkämpfe
I m Unterschied zum TV, das Bilder ungefragt in die Haushalte liefert. erfordert das
Einloggen ins Netz eine aktive Handlung, die viele verweigern . I t da "Einloggen"
aber einmal erfolgt, können daraus wertvolle Bindungen entstehen. dIe noch dazu
e her politisch attraktive Gruppen - eher Junge. politi ch lnteres ierte eec. - betref­
fen .
ind diese Personen also eher Multiplikatoren und eher nicht
tammwähler,
können sIch aus diesen Bindungen mteressante Emftusspoeenzlale fur die Internec­
wahlwerbu ng ergeben.
Politi c he Websne richten sich prinzipiell an drei we. entliche Usergruppen,
nämlich an dIe Vertreter der Medien, an die Wählerlnnen und an dIe Parteimitglie­
der und -funktionäre.
Internetseiten sollen Journahsten l nnen die Arbeit erleichtern, indem ver­
wertbare aktuelle Informationen angeboten werden, wie z. B. digitale, weiterver­
arbeitungsgeeignece Formate, aktuelle E-Mall-Pre severteller,
M - ervlce. mit
Wahlkampfterminen und aktuellen News, verschIedene Downloads (Foto., Live­
Reden) u. w. Die Onlinemedien-Arbeit kann dIe Öffentlichkeit arbeit politischer
Kampagnen mac IV fördern.
Potenzielle WählerInnen nutzen da [mernet häufig zur unmittelbaren Kom­
munikation mit den politischen Emscheidun�trägern. Internationaler tandard ftir
dIe ma.imale Reaktion. zeit uf eingehende E-Mail und das laufende Feedback­
Management liegt bei etwa 48
tunden. Für die e allgemeine U ergruppe ind der
aktuelle Newswert und de en mediengerechte Präsentacion be onder
relevant:
neue Inhalte, tatement von prominenten Persönlichkeiten , aktuelle Ge chehen
in der ParteI . DIe I nhalte müs. en bild chJrmgerecht und redaktionell aufgearbeitet
werden. etwa durch verlinkte Texte u nd Grafiken.
Partei- und Kandidatl nnen-Web Ite werden auch außerhalb von hekti chen
Wahlkampfzeiten überproportional tark von den eigenen Parteimitgliedern und
ympathi antlnnen genutzt. Die e Usergruppe hat abge ehen von den gleichen
79
ÖSTERREIC HISCHES J A HRBUCH F Ü R POLITIK
2003
Ansprechbarkeits- und I n formationsbedürfnissen wie die potenziellen WählerInnen
großes Interesse an internen (I nsider-)Informationen, die i m Kern meist i n einem
technisch abgegrenzten Bereich, der exklu iv M itgliedern vorbehalten ist, zur Ver­
fUgung gestellt werden. Parteimitglieder und -sympathisantInnen haben das inten­
sive Bedürfnis, sich zu vernetzen, sich über Projekte und I nnovationen auszutau­
schen und Ihrer M einung Gehör zu verschaffen . I n thematisch fokussierten Foren
kan n Wissen durch solchen I n formation austau eh potenziert werden, können neue
Impulse und I deen entstehen und sich rasch verbreiten.
Einschlägigen US-Erfahrungen zufolge benutzen mehr als die Hälfte der
I nternet-User die Politik- ites im Web aus I n teresse an Politikerwitzen. D ie
nächstgrößte G ruppe frequentierte die
ites, um E-Mails mit Freunden und Kol­
legen auszutauschen: Community geht vor Content. Rund ein Drittel der User in
den Vereimgten Staaten verwendete dazu wahlkampfbezogene H omepages großer,
unabhängiger Portale wie etwa von C NN, nur ein kleinerer Teil von etwa acht
Prozent frequentierte zu diesem Zweck die Internetseiten von Parteien oder Kan­
didatInnen. Gut gemachte politische I n ternet-Seiten müssen also sowoh l inhalts­
wie u nterhaltungsorientierten Nutzern etwas bieten. "Content is king" , Informa­
tIOnsgehalt und Nutzwertorientierung müssen ausgewogen vorhanden sein. Dabei
ist I nteraktivität gefragt. Politik-Foren und Chats gehören verlinkt auf eigene Sei­
ten, um auf der "offiziellen" Seite nicht durch von der eigenen politischen Message
abweichende Meinunge n zu irritieren. Dasselbe gilt ftir das Negative Campaigning
d r politischen Mitbewerber. auch die soll auf gesonderten eiten platziert werden.
weil es anson ten die positiven eigenen Grundaus agen der " tammseite" stört.
Dlc�cn grund<itzlichen Anforderungen
Rechnung tragend, beinhalten
profemonelle I nternetwahlkal1lpf- eHen in der Regel Mitteilungen zu T hemen,
Biografien , Papers zu den Positionen, einen Eventkalender usw. , vielfaltige Tools
wie Video/ Audio-File'i von Events,
peeches. Werbespots. Rekrutierungs- u nd
Fund Ralsing-Seiten, Subseiten fur be timmte Zielgruppen (z. B. KlIlder, Senioren,
Frauen, M inderheiten), dIVerse interaktive Be tandteile wie Umfragen , Wettbe­
werbe, Witze etc., ver chiedene Downloads ( Poster, B ildschirmschoner um.) u nd
einen Wahlkampfshop, in dem die Werbemittcl (T-Shirts, Buttons usw.) bestellt
werden können.
Sehr gut geeignet ist da I n ternet zum Aufbau spezifischer E-Mail-Vertei­
ler, i ndem E-Mall-Adressen via eigene H omepage gesammelt werden . Der Ankauf
kommerzieller Adressen eignet sich dagegen wen iger fur die In ternetwahh...erbung,
80
PETER DANICH
1
I N TERNETWA H L K A M P F
weil (polici ehe Werbe-)E-Mails von n icht interessierten Personen als Belästigung
empfunden werden könnten. In den USA werden E-Mail-Adressen auch in grö­
ßerem Ausmaß über Telefonaktionen, Direct Mailings, Veranstaltungen usw. besorgt,
die Adressatenprofile werden durch Umfragen verdichtet. Spezifische "Kunden"
werden im Sinne eines möglichst punktgenauen "Customizings" ihren spezifischen
I nteressen gemäß z . B. mit E-Mails etc. serviciert. Vor allem diese Aufgabe wird
in den USA im Wahlkampf häufig von freiwilligen MitarbeiterI nnen (den oben
beschriebenen "E-Volunteers") übernommen, die solcherart in i hren regionalenl
lokalen Aktionsfeldern die zentrale E-Mail-Kampagne wiederum mit konkreten
Aktionsvorschlägen, Argu mentationshilfen, Terminen usw. mit dem regionalen
Umfeld vernetzen (in so genannten "E-Neighbourhoods") und mit der prakti­
schen Organisation de Wahlkampfes (Veranstaltungen usw.) synchronisieren.
D ie Bewerbung im richtigen (klassischen) Media-Mix ist rur politische
I nternetseiten u nverzichtbar. Der Onlinemedien-Einsatz muss - nicht nur im
Wahlkampf - strategisch in das Gesamtkonzept der Parteikommuni kation inte­
griert werden. Die U R L des I n ternet-Auftritts m uss auf jedem Banner der Partei,
bei jedem Fernsehauftritt, bei jedem Pressefoto zu erkennen sein . Diese Aufgabe
erledigen professionelle Onlinemedien-Experten. Die Leitung der Website kom­
muniziert direkt mit den politischen Entscheidungsträgerniden KandidatI nnen m
den Parteien, um möglichst aktuelle I n formationen - Fotos, Pressetexte etc. - pro­
fessionell präsentieren zu können . Banner Ads, die auf anderen H omepage als poli­
tische Werbung geschaltet oder entsprechend den bei den Providern aufliegenden
individuellen N utzerprofilen der Zielgruppe auf den entsprechenden Seiten einge­
blendet werden, werden heute eher kritisch , 'wenn nicht sogar als kontraproduktiv
beurtetlt. Besonders in Wahlkampfl.eiten steht die Ge amt trategie im Zentrum
aller Planungen und liefert die entsprechenden Vorgaben fLir die techn ische U m�et­
zu ng. Die Kommunikationswege zum Parteivor tand oder zur WahlkampfleItung
müssen rasch und exakt funktioniere n .
Das erforderliche Budget fLir den I n ternetwahlkampf soll nach Angaben
diverser Onlmewahlkamp f-Manager bei etwa drei bis funf Prozent des gesamten
Wahlkampfbudgets liegen. Je 1I1tensiver die I n ternetwahlkampfberichterstattung
und die I nteraktivität, desto höher ist auch der personelle Aufwand, daher ist da
l nternetwahlkampfbudget etwa zu 5 0 % flir den Aufbau der Selten und, was nicht
vernachlässigt werden darf, zu 5 0
%
fLir die Betreuung einzuplanen (vgJ. dazu Wol f­
ram ßrunner, Politisch e Meinung 365/0 1 ) .
Ö S T E R R E ICHISC H E S J A HRBUCH F Ü R POL I T IK
200J
Die Zukunft des I nternets als Fund Raising- I nstrument im Wahlkampf ist
i n Europa von marginaler Bedeutung, dennoch wird auch hier zukünftig das eine
oder andere innovative Web ite-Modul zur zusätzlichen Mi ttelrekru tierung von
Kampagnen entwickelt werden und zum Einsatz kommen. Der Anteil des I nternets
zum Sammeln von Wahlkampf penden beträgt i n den USA nach Schätzungen etwa
drei Prozent des Gesamtspendenaufkommens, was in der Aufwand-Nutzen-Rela­
tion einen guten Wert darstellt. Im Vergleich zu anderen I nstrumenten des Fund
Rai ing liegt das Internet damit im Aufwand(Kosten)-Nutzen (Spenden)-Verglei c h
i n d e n USA b e i 15 %. Fund R a i i ng Events liegen b e i 3 0 %, Briefe b e i 5 0 % und
Telefonate sind mit 70 % am teuerste n .
D i e konsequente N utzung von Kostenvorteilen v o n Online-Campaigning
gege nüber " klassischer politischer Kampagnisierung" ist generell das wichtigste
Argument fur den weiteren Ausbau von I nternetwahlkämpfen. Das größte zukünf­
tige Entwicklungspotenzial sehen Experten in der exakteren Ausrichtung von
politischen Aktions-Websites auf die individuellen, spezifischen Bedürfnisse und
Benutzerprofile sowie i n der Steigerung der I nteraktivität, um interessierten Usern
mehr Möglichkeiten zu bieten, selbst aktiv zu werden und die Kampagne i ndivi­
duell zu u nterstützen. Der zunehmende Einsatz von Video- und Audio-Elementen
soU dIe Zielgruppen der Kampagne durch den hohen Erinnerungswert nachhalti­
ger ansprechen als bisher.
5.1
In
Fallbeispiel Howard Dean-Kampagne, USA
vi den
politischen Kampagnen (man denke an den
chröder-Wahl ieg gegen
H elmut Kohl oder von George W. Bu h gegen Al Gon:) geh t es meist um die
Frage:
hange or
tay (Gleichbleiben oder Wech e1) . In Bezug auf die U -Präsi­
dentschaftswahlen am 2 November 200-l konnte Sich mit diesem Slogan auf demo­
krati cher Seite zunehmend Howard Dean als Herausforderer profilieren, sodass
viele Kommentatoren ihn bereits vor Beginn des Vorwahlkampfes als Sieger lind
Herau forderer von George W. Bu h ge ehen haben. Die E uphorie ist zwar ra ch
verflogen, al Dean vom
tart weg eme Vorwahl nach der anderen gegen Jack Kerry
verlor, trotzdem hatte er eine revolutionäre I n ternetkampagne gestartet, ohne die er
vermutlich nie in eine Favoritenrolle gekommen wäre (www.deanforamerica .com) .
I n die er Kampagne verband Dean die Gefühle der Men chen mit für seine Person
authenti chen Au drucksformen im Auftritt.
82
P E T E R DA NICH
I
INTERNE TWAHLKAMPF
Bis zu Beginn der Vorwahlen dominierte Howard Dean eindeutig das
Geschehen, obwohl noch vor einem Jahr wohl nicht einmal Deans engste Mit­
arbeiter damit gerechnet hätten. Doch bereits im Frühjahr 2003 mehrten sich
Berichte, die von einer u nerwarteten Aufbruchsstimmung bei seinen Wahlkampf­
auftritten sprachen. Dean bezog energisch gegen einen unilateralen I rak-Krieg
Stellung und damit auch gegen das demokratische Establishment, das sich hinter
die I rak-Politik des Präsidenten gestellt hatte.
Entscheidenden Auftrieb gewan n die Kampagne im März 2003 mit der
Verpflichtung des Webloggers Mathew Gross, der in kurzer Zeit unter der
Adresse
www.blogforamerica.com
einen
mittlerweile
legendären
politischen
Blogg einrichtete, der bereits Vorbild für andere geworden ist und sich vor allem
durch seine I n teraktivität von konkurrierenden Seiten abhob. M ehr noch als
die originäre Kandidaten-Website Howard Deans (www.deanforamerica.com)
wurde
blogforamerica.com
nahezu
zum
Kampagnenzentrum. Währenddes­
sen hatten Dean-Anhänger autonom auf der Online-Plattform meetup. com
(www. meetup.com) thematisch e Stammtische eingerichtet, die als monatliche
Stammtische
10
die offizielle Kampagne integriert wurden. I n nerhalb einiger
Monate fanden sich daraus bundesweit und sogar über die USA hinaus an die
200.000 Dean-Aktivisten (s. dazu die Berliner
ympathisanten-Meetings unter
www.dean2004.meetup.com!photos! de!berlin) .
Bis zum
ommer 2003 begann SIch die I n ternetkampagne für Dean zur
Cash-Cow zu ent\vickeln. Eine Vielzahl kleiner Einzelspender machte Dean zu
einem der bestfinanzierten demokratischen Kandidaten - mit
pendenaufkom­
men von um dIe 1 5 M io. Dollar pro Quartal . I nhaltlICh konzentrierte Ich Dean
in seiner Netzkampagne auf ledlglich drel Themen: OpposItion zum Irak-Krieg,
Reform des Krankenversicherungssystems und Rücknahme der Steuer enku ngen
für Besserverdiener. H oward Dean qualifiziert seme Kampagne wie folgt: "WIr
haben nicht das I n ternet gefunden, es hat u ns gefunden" (vgl. dazu Rlck Rldder,
Wa hi ngton DC, ehemaliger Wahlkampfberater Bill Chntons und H oward Deans,
Politische Kommunikation
10
der globalen Welt - Know-how-Transfer als Em­
bahnstraße, 30. bis 3 1 . Oktober 2003,
ymposium der Konrad-Adenauer-Stiftung
i n Mainz). Howard Deans Homepage verzeichnete im Startmonat Februar 2003
2 . 000 Treffer pro Tag, vier Wochen später waren es bereIts 200.000 Treffer pro Tag
geworden . R ldder begrü ndet das mit der Qualität der M essages als stringent pro­
gressive, direkte und Anti-Bush-gerichtete. Auch deshalb wurde das I nternet zur
ÖSTE R R E I CHISCHES JAHRBUCH FÜR POL I T I K 200)
wichtigsten Store-Front der Dean-Kampagne und zu einer Art "virtuellem Haupt­
quartier" des Wahlkampfes. Erstmals wurde mittels I nternet eine Down-up-Kam­
pagnenstruktur mit vielen interaktiven Tool realisiert, was wiederum einen perma­
nenten Strategie- Input von Seiten der "Grassroots" ermöglichte.
5 . 2 Resümee
Vieles davon, was die Dean-In ternetkampagne in den U A au zeichnet, könnte
einen Ansatz fur die bessere Nutzung des lnternets als Wahlkampfmedium bieten:
I n tegration umfassender "Organizing Kits" (Bausätze mit Elementen zur Weiter­
verbreitung von I nformationen), z. B. Bestellung von Gi\'e-aways (Wahlkampfge­
schenken) via Netz, Möglichkeit zum H erunterladen von Flyern (Einladungspro­
spekte etc.) aller Art usw.
überproportional hoher Einsatz von interaktiven Werkzeugen
Einbau einer Vielzahl an virtuellen Diskussionsflächen - "Talking Points" - zur
Kampagne mlt Antworten auf i nhaltliche und organisatorische Fragen
Einbau von "Activate others"-Kits (Bausätze mit Elementen zur Aktivierung von
Freunden und Bekannten wie etwa spezifische E-Mails etc.)
Blogging über Kampagnengeschichten und Themen als virtueller "K üchentisch"
der Kampagne für Aktivisten, Kampagnenverantwortliche u nd Unterstützer, unter
anderem auch als effizien ter Weg, um Fehler In der Wahlkampfkommunikation
rasch zu erkennen und sie eben
0
rasch wieder zu beseitigen
umfassendes Fund RalSlng, ausgerich tet auf KleinspenderInnen (z. B. soziode­
mo gr afi�( h im Falle der Howard
Dean-Kl\l1pagne jüngere, besser gebildete Per­
sonen mit hoher emotionaler Anti-Bush- Prägu ng) mit beeindruckenden Ergeb­
n i sen (z. B. hatten ca. 50 % dieser Kleinspender zuvor noch nie einen Beitrag
zu einer politischen Kampagne gelei�tet)
E-Volunteers-Rekrutieru ng im Vordergrund
virtuelles Pressezentrum mit hohem Grad an Journali tenfrequenz (vor allem
auch journalistische Nutzung der Bloggs als I n formationsquelle)
oweit die wichtigsten Kriterien von Deans I nternetkampagne, die
111
den U A
bereitS Polittkgeschichte geschrieben und Vorbildwirkung entfaltet hat. Mittlerwetle
haben die meisten Konkurrenten ähnliche Weblogs und Meetup im Feld, eine Ent­
wicklung, die noch n icht auf Europa übergegriffen hat. H ierzulande ist man von der
PETER D A N I C H
I
I NTERNETWAHLKAMPF
In den USA bereits als "Grassroots-Revolution" (s. w\,vw.georgewbush.com/blogl
archivesl cat-srassroots. html, www.blog.johnkerry.com) bezeichneten Entwicklung
noch weit entfernt, die Überlegungen sind über erste Ankündigu ngen noch nicht
hinausgekommen (siehe z. B.
ZUI11
Diskussionsstand in Deutschland www.roell .net/
weblogl archiv12003/07 / 1 8/ noch_mehr_zu_politikerweblogs.shtml). Das liegt vor
allem an den Unterschieden der Systeme: im persönlichkeit zentrierten US-System
und der dort fehlenden Parteiinfrastruktur, der in Europa in der Regel ein gut orga­
nisiertes Parteisystem und eine verbindliche einheitliche Sprachregelung im Sinne
einer Fraktionsdisziplin gegenüberstehen . Kandidaten-Weblogs wären demnach in
Europa wohl kaum ähnlich spannend wie in den USA, und Meetups wären nur
dort interessant, wo sie jene Menschen mobilisieren könnten , die nicht ohnehin als
parteiaffine Personen über die klassischen Kommunikationsmittel versorgt werden.
Politisch e Weblogs, die den Wahlkampf von außerhalb der Parteien verfolgen und an
denen sich Multiplikatoren beteiligen, könnten allerdings zukünftig auch in Europa
Anwendung fmden .
Eine I n ternetkampagne wie Deans "Offene-Architektur-Kampagne" kann
aus vielen genannten Grü nden nur be chränkt auf europäische Verhältnisse übercra­
gen werden . Das Internet kann hier zwar fur Unterstützung werben, sie aber nicht
selbstständig kreIeren. Dass eine erfolgreiche I n ternetkampagne die Nutzer solcher­
art einbinden muss, dass sie sich als Teil der politischen Gemeinschaft verstehen, gilt
aber fur jeden I nternetwahlkampf. Sind die N u tzer einmal eingebunden, muss man
sie durch regelmäßigen persönlichen Kontakt "bei der
tange halten " . Die Dean­
Kampagne legte sich hier mIt einem E-Mail-Feedbackerfordernis von maXImal
sechs tunden eine sehr hohe Latte. Ebenso m teressant könnte es sein, auch hierzu ­
lande einen größeren Teil von KOl1111 lumkation in otTene BereIche zu verlegen, wo
jede/r sie mitverfolgen kann. Dass die Homepage welt gehend spezifisch abbilden
sollte, was der/die Einzelne zu emer Kampagne beitragen kann, ist ohnehin bereits
selbstverständlich .
Die Erkentnisse der Dean-Internetkampagne können auf Kampagnen i n
Europa übertragen werden - unter Berücksichtigung der europäIschen politi chen
Kulturen und Mentalitäten. I nteressant sind in diesem Zusammenhang die politi­
schen Systeme m den Reformländern Mittel- und Osteuropas, in denen sich Par­
teien zum Teil tark an amerikanischen Vorbildern OrIentieren. wie etwa die polni­
sche PO (Platforma Obwierscza), die bei den letzten Parlamentswahlen immerhin
den zweiten Platz errungen hat. In
tll und Organisationsstruktur orientierte und
ÖST ERRE IC H I SC H E S JAHRBUCH FÜR POL I T I K
200)
orientiert man sich sichtbar an amerikanischen Vorbildern.
0
wurden bei der
Zusanunenstellung der Kandidatenlisten Pnmaries abgehalten. Der Parteiaufbau ist
ein schlanker mit losen
trukturen und offener Anhängerschaft, was ebenfalls eher
dem US-System nahe kommt, ebenso wie eine starke Personalisierung im Auftreten
der maßgeblichen Spitzenpolluker. Parteien wie die PO oder die erbi ehe "G 1 7
plus" sind vom Typus her "virtuelle Catch-all-Parteien" , fur die I nternetkampaig­
ning im Media-Mix aus strukturellen Gründen im Vergleich mit kla sischen europä­
ischen Parteien eine größere Rolle spielen könnte.
Generell begünstigen Trends wie der zur Massendemokratie, zur Abnahme
der Parteimitgheder und Stammwähler, zur Verbreitung neuer Technologien und
zur stärkeren zentralen Personalisierung und abnehmenden Bedeutung regionaler
Politikstruktu ren dIe zunehmende Dominanz elektronischer Medien im Wahlkampf.
Identifikation und M obilislerung sind Grundlagenaufgaben rur Parteien, ebenso
ist es zur Grundlage geworden, mit dem M odernisierungsdruck Schritt zu halten.
Der I nternetwahJkampf gewinnt dabeI vor allem durch sein technisches Potenzial
an Bedeutung: Geschwindigkeit, I nteraktivität, Flexibilität, Multimedialität (Bild/
Text/Ton) , enorme Reichweite, hohe Kapazität können zu geringen Kosten erzielt
werden. Damit steigt der I nnovationsdruck. Wer in Zukunft nicht online vorne
liegt, wird auch offline keine guten Kampagnen ruhren können. fnternetkampagnen
müssen nachhaltig sein, d. h. KonU11Unikation muss über Wahl tage hinausgehen. DIe
wesentliche
tärke des fnternets smd die Möghchkeiten zur zielgruppengenauen
Ansprache - und die sind heute bei weitem noch nicht so ausgeschöpft, wie es
modernen Leitbildern vernetzter Mltgllederparteien entsprechen könnte.
Moderne MediendemokratJen ehen
�jch mit dem
Phänomen konfrontiert,
dass Politiker Medien, die ein fur sie nicht oder weniger geneigtes Umfdd bieten,
zu u mgehen ver. uchen. Damit wird dIe Suche nach alternatIVen Kommunikati­
onskanälen relevant.
0
bevorzugen PolItiker et\va im TV vermehrt so genannte
" oft-Auftritte" in Unterhaltungssendungen, oder es wird auf alternative Kanäle
mit ..freundlicherem" Umfeld ausgewichen. Darau
könnten ich allenfalls auch
Gewichtsverlagerungen zum Internet als Kommunikation medium (mit)ergeben.
Ewe Aufwertung des I nternets könnte auch daraus re ultieren, dass die�e
im Zuge der Nachberichterstattung zu relevanten M edienereignissen, vor aJJem in
Forumsbereichen, eine ge\\;s e Rolle pielen dürfte. In Bezug auf die deutschen TV­
Duelle vor den letzten deutschen Bundestagswahlen wurde jeweils Freitag davor und
unmittelbar danach ( onntag abend) eine Politikbarometerbefragung durchgeflihrt
86
PE TER DANleH
I
I N TER N E TWAHLK A M P F
(Panelbefragung). Dabei ging es vor allem darum herauszufmden, ob ich durch die
TV-Duelle die Wahlab ichten verändert haben. Die Fragen unmittelbar nach der
Sendung reichten von "Hat Kandidat A/B schlechter/be ser abgeschnitten, als sie e
vor der endung von ihn1 erwartet haben?" bi zur direkten Frage, ob sich dadurch
die eigene Wahlabsicht geändert habe. Ergebnis: Im Ex-ante/ex-post-Vergleich war in
puncto Wahlabsicht keinerlei Veränderung messbar. Daraus sollte man aber nicht den
Schlu s ziehen, das nicht innerhalb der nächsten Tage - vor allem durch die inten­
sive Nachberichterstattung - ehr wohl Veränderungen in der Wahlabsicht ent tehen
könnten. Das Abschneiden der Kandidaten war lange Zeit Thema der Berichterstat­
tung, und die e sowie die zugru nde liegenden TV-Konfrontationen wurden natür­
lich auch in I nternet-Foren stark diskutiert. Die große Wirkung von TV-Duellen im
Wahlkampf erklärt ich vor allem aus der Nachberichterstattung (vgl. dazu Marcu
Maurer/Car ten Reinemann: chröder gegen toiber. Nutzung, Wahrnehmung und
Wirkung der TV-Duelle. Wiesbaden: We tdeut c her Verlag 2003) , die zudem noch
we entlieh mehr Menschen erreicht als jene, die tatsächlich die gesamten oder Teile
der Konfrontationen verfolgt haben . Man mus al
0
bei der Beurteilung sehr deut­
lich unter cheiden , wann man sie beurteilt/misst - während der Konfrontation bzw.
unmittelbar danach oder in einem gewissen zeidichen Abstand. Die Ergebmsse des
Letzteren
ind Re ultat der intensiven medialen Nachberichterstattung über den
Gewinner oder Verlierer, über das Ergebni au gedrückt in FußbaUresultaten, über
die sich daraus ergebende Favoritenrolle für die Wahlen u w. Diese "Langzeiteffekte"
der TV-Debatten, hervorgerufen durch die intenSIVe Nachberichterstattung, zeigen
ich nach etwa funf Tagen . Er t hier ergab �ich die Bewertung in
Um chwungs zugun ten von
H.JChtung
.
eines
chröder - konkret aus emer unmittelbaren unent­
chiedenen Bewertun g de Ergebni� es durch die Bevölkerung aufgrund der Medi­
enberichterstattung - und hier leisten auch die Internet-Foren multiplizierende Wir­
kung. Dlver. en U nter uchungen nach hat fa t em Viertel der Menschen die Meinung
aufgrund der Nachberichter tattung über die TV-DuelJe geändert.
Wie ra ch Sich zukünftig der Internetemsatz lIn Wahlkampf weiter au breiten
wird, hängt letztlich auch tark von den per önlichen Mediennutzungsprofilen der
beteiligten politischen Akteu rInnen ab. Dazu ein ZItat von Anna Lührmann , MdB,
Bilndl1l 90/ G rü ne, der mit 1 8 Jahren bisher jüngsten Bundestagsabgeordneten in
der deutschen Ge chic hte, zu ihrem persönlichen Wahlkampf: "Bezogen auf meine
Zielgruppe \var klar, da s der I nternetein atz eine größere Rolle für die Politikver­
tnlttlung pielen
tnU
te."
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