Architektur und aktuelle Stadtentwicklung in Berlin

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I Basistext
Architektur und aktuelle Stadtentwicklung in Berlin
Berliner Baugeschichte vor und nach dem Mauerfall
Berlin, April 2016 Als 1989 die Mauer fiel, verursachte das nicht nur politisch
fundamentale Veränderungen in Berlin. Der behutsame, an die Berliner Bautradition
angelehnte Wiederaufbau der durch Krieg und Nachkriegs-Sünden geprägten Innenstadt
etablierte sich als architektonisches Leitbild für das Neue Berlin. Innerstädtische Brachen
wurden in traditioneller Blockstruktur, jedoch mit zeitgenössischer Architektur bebaut,
an anderen Stellen wurden bestehende Alt- und Industriebauten umgenutzt. Auf den
städtischen Leerstellen, viele davon nahe der Berliner Mauergebiete im Stadtzentrum,
entwickeln sich aktuell neue Projekte mit Wieder- und Neubebauungen an diesen
wiedergewonnen Orten.
Inhalte
I Aktuelle Bau- und Stadtentwicklungsprojekte in Berlin ................................................. 1
II Berlin wird Hauptstadt – Bauprojekte der 1990er und 2000er Jahre ............................ 4
III Die Siedlungen der Moderne und andere Wohnbauten des 20. Jahrhunderts.......... 13
I Aktuelle Bau- und Stadtentwicklungsprojekte in Berlin
Berliner Stadtschloss/Humboldtforum
Es ist Berlins bekanntestes Neubauprojekt: der Wiederaufbau des Berliner
Stadtschlosses als Humboldtforum im Herzen der Stadt. Hier war bis 1918 das Zentrum
des Königreichs Preußens mit dem Hohenzollernschloss, das 1950 abgerissen und durch
den DDR-Repräsentationsbau Palast der Republik ersetzt wurde, der wiederum nach
dem Fall der Mauer 2006 abgerissen wurde – eine bis heute umstrittene Entscheidung.
Die Schloss-Rekonstruktion von Architekt Francesco Stella mit drei historisierenden und
einer modernen Fassade wird als Humboldtforum u.a. als Museum für
außereuropäischen Sammlungen fungieren sowie eine Bibliothek und Teile der
Humboldt-Universität beherbergen. Es soll bis 2019 fertiggestellt sein.
Einen Überblick über die geplanten kulturellen Inhalte des Humboldtforums sowie die
Schlossbaustelle, den ebenfalls neugebauten U-Bahnhof Museumsinsel sowie ein
Panorama über die Friedrichstadt und Unter den Linden bietet die Humboldtbox.
www.sbs-humboldtforum.de
Europa-City am Berliner Hauptbahnhof
Das Gebiet der Heidestraße nördlich des Berliner Hauptbahnhofs war jahrzehntelang ein
„Niemandsland“ an der Berliner Mauer. Zurzeit entsteht hier nach dem
„Masterplan Berlin Heidestraße“ das größte Neubauvorhaben der Hauptstadt. Das neue
Quartier auf einem ca. 40 Hektar großen Areal sieht eine Bebauung und infrastrukturelle
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Erschließung mit begrünten Plätzen, einer S-Bahnstation, einer Brücke über den
Spandauer Schifffahrtskanal sowie Straßen vor. Der hochwertige Raum, der u.a. durch
die Nähe zum Museum Hamburger Bahnhof und einigen Galerien geprägt ist, soll unter
Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte Flächen zum Wohnen, für Büros,
Einzelhandel und Gewerbe sowie zur Freizeitgestaltung zur Verfügung stellen. Die neuen
Unternehmenssitze von Total (Total Tower) und 50 Hertz bilden bereits den
architektonischen Eingang zum künftigen Quartier. www.stadtentwicklung.berlin.de
BND-Zentrale an der Chausseestraße und umliegendes Quartier
Auf der gegenüberliegenden Seite des Neubaugebiets Heidestraße am Spandauer
Schifffahrtskanal entsteht ebenfalls ein neues Quartier: Zentrum ist der umzäunte
Neubau des Bundesnachrichtendienstes (BND) am ehemaligen innerstädtischen
Grenzübergang Chausseestraße, das ab 2016 Büros für 4.000 Mitarbeiter bereitstellen
wird. Angrenzend entsteht der öffentliche Grünzug Südpanke mit Renaturierung des
Panke-Flusses und einer Parkanlage. Rund um die BND-Zentrale, am U-Bahnhof
Schwartzkopffstraße, in der Habersaath- und der Scharnhorststraße werden aktuell
zahlreiche Stadthäuser neugebaut sowie bestehende Altbauten zu Wohnhäusern
umgenutzt. Auf dem ehemaligen Mauergebiet bieten diese Neubauten die Möglichkeit,
stadträumliche Verbindungen zwischen Mitte und Wedding (wieder-)entstehen zu
lassen. www.stadtentwicklung.berlin.de
Holzmarktgelände – neuer Kreativkiez an der Spree
Wo einst die Berliner Mauer direkt an der Spree Ost und West trennte, entsteht auf
einem vernarbten Ufergelände zwischen Kreuzberg, Friedrichshain und Mitte ein neues
Berliner Vorzeigeprojekt für innovative, urbane Nutzung. Bis 2010 residierte hier der
legendäre Technoclub „Bar 25“. Eine neugegründete Genossenschaft plant dort ein
vielseitiges „Dorf“ aus Gebäuden mit Wohn- und Arbeitsräumen, Ateliers für Künstler,
Kreative und Handwerker, Handel, Club, Kulturstätten, einem Restaurant, einen
Hotelneubau sowie das Start-up-Technologie-Zentrum „Eckwerk“. Der „Möhrchenpark“
greift den Trend des gemeinsamen Urban Gardening von Bewohnern und Öffentlichkeit
auf. Das Gebiet, das durch die Initiative „Mediaspree für alle“ umkämpft war, erhält
zudem einen durchgängigen, öffentlich begehbaren Uferweg am ehemaligen
Mauerstreifen. www.holzmarkt.com
Umbau des RAW-Geländes in Friedrichshain – mit neuem Freibad
Das Areal des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) zwischen
Friedrichshain und Kreuzberg ist seit 1999 als RAW-Tempel ein Ort urbaner Lebendigkeit.
Mit seinen verschiedenen Kultur- und Sporteinrichtungen, einem Kino, Clubs und
Konzerthallen, Flohmärkten, Street-Food-Märkten, Galerien, gastronomischen Betrieben
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und Street-Art an den Wänden ist es ein Zentrum der alternativen Kultur. 2015 ist hier
u.a. der „Haubentaucher“ mit großem Pool und Bars entstanden. haubentaucher.berlin
Park und Bauprojekte am Gleisdreieck
In Sichtweite des Potsdamer Platzes, auf einem 31,5 Hektar großen und rund zwei
Kilometer langen Areal zwischen U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park und Bahnhof
Yorckstraße entsteht seit 2011 eine einzigartige und vielseitige Parklandschaft in urbaner
Kulisse. Der Park auf ehemaligen Bahnbrachen bietet einen neuen Nord-Süd-Radweg,
Sportanlagen, Kinderspielplätze, Kleingärtenanlagen, Skaterplätze, Cafés und mehrere
neue Wohnquartiere, u.a. entlang der Flottwellstraße. Die drei Parkteile (West- und
Ostpark sowie der „Park am Flaschenhals“) verbinden die bisher getrennten Kieze in
Kreuzberg, Tiergarten und Schöneberg und schaffen Erholungsmöglichkeiten für die
Bewohner. Der Bezug zur Bahnnutzung bleibt durch einige Geländeteile mit
„Gleiswildnis“ erhalten – zudem durchquert die ICE-Trasse den Park, während die gelben
Züge der U1 und U2 auf den beiden U-Bahnbrücken den Park im Fünfminutentakt
überqueren. Geplant sind die Verlängerung der S-Bahn vom Potsdamer Platz bis
Südkreuz sowie neue Geschäftshäuser am U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy- Park.
www.gruen-berlin.de
City West – Wiederentdeckung des Berliner Westens
Nach der Wiedervereinigung konzentrierten sich die Planungs- und Bauaktivitäten vor
allem auf das historische Zentrum rund um die Friedrichstraße und Unter den Linden.
Seit einigen Jahren gewinnt die City West um Gedächtniskirche und Bahnhof Zoo wieder
an Aufmerksamkeit und Attraktivität. Sanierungen wie die des alten Boardingpalastes
Haus Cumberland am Kurfürstendamm, Restaurierungen des aus den 1950er Jahren
stammenden Bikini Berlin sowie des Amerika Hauses mit dem Foto-Ausstellungshaus für
Fotografie C/O sowie der Neubau des Hotels Waldorf Astoria im „Zoofenster“ tragen
wesentlich zur Renaissance der City-West, rund um den Zoologischen Garten, bei.
Aktuell laufen die Bauarbeiten für das Hochhausprojekt „Upper West“ sowie das Büround Geschäftshaus „Zoom“ direkt gegenüber. Dort entsteht mit dem Großprojekt
„Upper West“ ein weiteres architektonisches Highlight. Mit seiner geschwungenen
Außenfassade wird der 119 Meter hohe Wolkenkratzer zu einem neuen Blickfang der
City West werden. Die Hotelgruppe Motel One wird nach der Eröffnung als Hauptnutzer
auf 18 Etagen das Upper West beziehen. Die Fertigstellung ist für 2017 geplant.
www.upper-west.de Ebenfalls an der Joachimsthaler Straße, zwischen Bahnhof Zoo und
Kantstraße gelegen, wird derzeit ein neues Büro- und Geschäftshaus gebaut: „Zoom“.
Das Gebäude besticht vor allem durch seine auffälligen 150 Meter langen
Schaufensterbänder mit einer durchgehenden Glasfassade auf drei Etagen. Bis Ende
2017 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
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IGA Berlin 2017 – Ein Mehr aus Farben
186 Tage urbanes Grün in Marzahn-Hellersdorf: Vom 13. April bis 15. Oktober 2017
widmet sich die erste Internationale Gartenausstellung in Berlin grünen Stadträumen
und Kultur in vielfältiger Dimension. Die IGA auf dem Gelände rund um die Gärten der
Welt, den Kienberg und das Wuhletal wird internationale Gartenkunst erlebbar machen
und neue Impulse für zeitgemäße Stadtentwicklung setzen. Eine Seilbahn, die über das
Ausstellungsgelände schweben wird, und eine Sommerrodelbahn am 100 Meter hohen
Kienberg sind ebenfalls geplant. Die nachhaltig entstehende Parklandschaft
„Kienbergpark“ rund um das Ausstellungsgelände wird nach der IGA kostenfrei
zugänglich sein. Neben umfangreichen Angeboten für Garteninteressierte wird es auch
ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm und Aktivitätenangebot für Groß und Klein rund
um das Thema urbanes Gärtnern geben. Aktuell finden bereits
Informationsveranstaltungen und Führungen über das Gelände statt. www.iga-berlin2017.de
Spreeschwimmbad mitten in Berlin an der Museumsinsel
Zwischen Museumsinsel und neuem Humboldtforum im Stadtschloss soll bis 2018 ein
urbaner Traum Wirklichkeit werden: Schwimmen in der Spree, mitten in Berlin. Hier soll
der Spreekanal auf einer Länge von 750 Metern zu einem der größten und frei
zugänglichen Schwimmbecken verwandelt werden. Im oberen Teil des insgesamt ca. 1,6
Kilometer langen Spreekanals sollen eine Biotoplandschaft und ein Schilfbecken zur
natürlichen Reinigung des Flusswassers entstehen. Der Verein Flussbad Berlin e.V.
möchte diese Utopie umsetzen und zu einer einzigartigen Attraktion Berlins verwandeln.
www.flussbad-berlin.de
Urban Tech Republic (nach Schließung des Flughafens Tegel)
Im Norden Berlins ist ein weiterer Standort für Start-ups in Planung: Sobald der
Flughafen Tegel geschlossen ist, soll auf dem Gelände „Berlin TXL, The Urban Tech
Republic“ entstehen. Dahinter verbirgt sich ein 460 Hektar großes Areal für 800
Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen. 15.000 Arbeitsplätze sollen
in und um die achteckigen Terminalbauten entstehen und 5.000 Studenten einen Platz
für ihre Ausbildung bieten. Entwickelt werden dort Technologien für die Städte von
morgen – in den Bereichen Energie, Wasser, Mobilität, Recycling, Werkstoffe sowie
Informations- und Kommunikationstechnologie. www.berlintxl.de
II Berlin wird Hauptstadt – Bauprojekte der 1990er und 2000er Jahre
Der 1991 gefasste Beschluss des Deutschen Bundestages, Berlin wieder zur Hauptstadt
des wiedervereinten Deutschlands zu machen und den Regierungssitz von Bonn am
Rhein wieder an die Spree zu verlegen, hatte die imposanteste bauliche Veränderung der
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Innenstadt zur Folge: die Neugestaltung des Regierungsviertels rund um den Reichstag
im so genannten Spreebogen. Infolge dieses Beschlusses erwachte auch das vornehme
Villenquartier am südlichen Rand des Tiergartens aus seinem Dornröschenschlaf, das
bereits unter den Nationalsozialisten als Botschaftsviertel fungierte. Es entwickelte sich
erneut eine vielfältige Kette aus Botschaften und Landesvertretungen. Auch nutzte die
Stadtverwaltung nutzte die Gelegenheit, die durch die Mauer entstandenen
innerstädtischen Brachen mit Unterstützung privaten Kapitals in neue Zentren zu
verwandeln, wie in der Friedrichstraße, am neuen Hauptbahnhof und am Potsdamer
Platz.
Die Berliner Bauverwaltung lud die Weltstars der Architekturszene ein, diesen Prozess
mit zu gestalten. Renzo Piano, Helmut Jahn, Daniel Libeskind, Frank O. Gehry, Jean
Nouvel, Aldo Rossi, Giorgio Grassi, Richard Rogers und Norman Foster waren nur einige
von vielen Preisträgern in Architekturwettbewerben, die schließlich herausragende
Bauten realisieren konnten. Neben dem Münchener Büro Hilmer, Sattler und Albrecht
konnte sich durch die Förderung der Berliner Stadtverwaltung, eine traditionsbewusste,
gemäßigte Moderne Berliner Architekten etablieren: Hans Kollhoff, J.P. Kleihues und sein
Sohn Jan, Max Dudler und Jürgen Sawade waren die Namen, die vor allem in der
historischen Innenstadt auf vielen Bauschildern der 90er Jahre zu lesen waren.
Friedrichstadt
Die erste große Reurbanisierungsmaßnahme nach jahrzehntelanger Agonie befasste sich
mit der Friedrichstraße und dem Gendarmenmarkt. Für die Berliner Stadtplanung stand
dabei die Wahrung der Berliner Bautradition im Vordergrund, die sich in
zeitgenössischen Gebäuden ausdrücken sollte. Für alle Neubauten in der Innenstadt
wurde zudem ein Wohnungsanteil von 20 Prozent vorgeschrieben, um tote
Innenstadtbereiche nach Geschäftsschluss zu vermeiden.
Die ersten, viel beachteten Neubau-Blöcke wurden von dem deutschen Rationalisten
Oswalt Mathias Ungers, dem amerikanischen Team Pei, Cobb, Freed und Partner und
dem französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfen. Die Friedrichstadt-Passagen
reichen über drei Straßengevierte hinweg. Die gewaltige Baumasse wird dabei geschickt
durch die Integration von vier unterirdischen Geschossen kaschiert, einer Einkaufsmeile,
die durch große Atrien mit Tageslicht beleuchtet wird. Nouvels Galeries Lafayette knüpft
mit einem 36 Meter hohen Glaskegel im Zentrum an die große Tradition der Pariser
Kaufhäuser an. Die Berliner Dependance des Pariser Nobelkaufhauses ist auch von außen
ein Glaspalast.
Auch der Gendarmenmarkt, oft als schönster Platz der Stadt beschrieben, erlebte eine
Renaissance. Hatten bereits Architekten der DDR in den Achtziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts hier mit viel beachteten, heute auch anerkannten „Edel-Platten“ (Gebäude
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aus vorgefertigten großformatigen Betonfertigteilen) ihre Referenz vor dem
einzigartigen Schinkelschem Ensemble aus Schauspielhaus (heute Konzertsaal),
Deutschem und Französischem Dom erwiesen, folgte etwa zehn Jahre später die
Komplettierung des Platzrandes durch zurückhaltende, zeitgenössische Wohn- und
Geschäftshäuser. Die Architekten Josef Paul Kleihues, Max Dudler und Hilmer Sattler
Albrecht realisierten gegenüber dem Deutschen Dom eine sprichwörtlich steinerne
Berliner Architektur. Hochwertige Materialien und sparsam verwendete, edle Details
kennzeichnen die noblen Gebäude. Sie sind respektvolle Zuschauer und wollen dem
Hauptakteur auf der Platzbühne, Schinkels Konzerthaus, nicht die Show stehlen. Für den
in grauem Naturstein gehaltenen Block 30 östlich des Hilton-Hotels zeichnen der
Österreicher Heinz Tesar, Claude Vasconi aus Frankreich und der Niederländer Jo Coenen
verantwortlich. Zwischen Friedrichstraße, Behrenstraße, Französischer Straße und
Charlottenstraße entstand der so genannte Hofgarten der Berliner Architekten Hans
Kollhoff, Jürgen Sawade, Max Dudler und Josef Paul Kleihues. Auch hier kann man die
Neuinterpretation des Berliner Blocks erkennen, mit der typischen Mischung aus
Einkaufen, Wohnen und Arbeiten, ergänzt um ein weiteres Nobelhotel.
Der Mythos der legendären Einkaufsstraße ist hier wieder spürbar, das Leben ist in die
Friedrichstraße zurückgekehrt. Durch Ansiedlung nobler Geschäfte und die Nähe einiger
Ministerien, wie z.B. dem Auswärtigen Amt, hat sich die Gegend um die Friedrichstraße
wieder zu einer 1-A-Lage entwickelt.
Das Areal um den Potsdamer Platz
Schon als „größte innerstädtische Baustelle Europas“ zog der Potsdamer Platz mehr als
zehn Millionen Schaulustige an, die sich in der knallroten, auf Stelzen stehenden Infobox
der Frankfurter Architekten Till Schneider und Michael Schumacher über das
beeindruckende Baugeschehen informierten. Dass Baustellen auch spannende
´Schaustellen´ sein können, wurde am Potsdamer Platz erfunden.
Aus der bekanntesten Brache der Stadt, jahrzehntelang im Niemandsland der Mauer
gelegen, entwickelte sich durch die Initiative vorwiegend privater Investoren in nur
sieben Jahren – vom ersten städtebaulichen Entwurf bis zur baulichen Realisierung – ein
Urban Entertainment Center. Die Schaffung eines zeitgenössischen Stadtquartiers
zwischen Tradition und Modernität, das zum Arbeiten, Einkaufen, Amüsieren, aber auch
Wohnen einlädt, erregte weltweite Aufmerksamkeit. Nicht verwunderlich, sorgten doch
Stararchitekten wie Renzo Piano, Richard Rogers, Arata Isozaki, Rafael Moneo und
Helmut Jahn für die Realisierung des im Wettbewerb siegreichen städtebaulichen
Konzeptes von Hilmer & Sattler und Albrecht. Die beiden 100 Meter hohen Gebäude am
Potsdamer Platz von Hans Kollhoff bzw. Helmut Jahn sind inzwischen zu Wahrzeichen
des „neuen“ Berlin geworden.
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Spricht man vom Potsdamer Platz, muss man sich vergegenwärtigen, dass sich das so
bezeichnete Areal eigentlich aus fünf Bereichen zusammensetzt: das DaimlerChrysler
Quartier mit dem Einkaufszentrum der Potsdamer Platz Arkaden, dem nördlich
angrenzenden Sony-Center, den Park-Kolonnaden des A&T-Konzerns, dem Beisheim
Center sowie dem Leipziger Platz mit seinen vielen einzelnen Grundstücken und
Projekten, die sich zum Teil noch in der Entwicklung befinden.
DaimlerChrysler Quartier
1998 wurde der erste Abschnitt der modernen Einkaufsstadt eröffnet. DaimlerChrysler
beauftragte den aus Genua stammenden Wettbewerbsgewinner Renzo Piano mit
seinem deutschen Partner Christoph Kohlbecker. Das riskante Unternehmen, einen
kompletten Stadtteil aus dem Nichts heraus zu errichten und einen funktionierenden
Organismus zu schaffen, in dem sich Zehntausende Menschen täglich aufhalten, ist allen
Kritikern zum Trotz, gelungen. Piano legte besonderes Augenmerk auf die Qualität der
öffentlichen Freiräume: Straßen, Gassen und Plätze, die im Sinne der traditionellen
europäischen Stadt mit Straßencafés und Läden die Besucher zum Aufenthalt einladen.
Tatsächlich hat sich insbesondere für Touristen die Mischung aus Läden, Restaurants,
Kinos, Theater und Hotels zum Magneten entwickelt. Die wenigen historischen Reste,
wie die Lindenallee der Alten Potsdamer Straße und das Weinhaus Huth von 1910 lassen
zuweilen die Tatsache vergessen, dass es sich um eine komplett neu erbaute und vor
allem private Stadt des DaimlerChrysler Konzerns handelt.
Um der gestalterischen Vielfalt einer gewachsenen Stadt nahe zu kommen, wurden für
das gesamte Quartier mehrere Architekten beauftragt, die wunschgemäß
unterschiedliche Handschriften hinterließen. Renzo Pianos Gebäude sind zum Beispiel
mit einer kleinteiligen Fassade aus Terrakotta, gebrannten Ziegeln in gelb-orangeockerfarbenen Tönen gehalten.
Der zu Pianos Ensemble gehörende Marlene-Dietrich-Platz, im Jahr 2000 erstmals
Austragungsort der 50. Internationalen Filmfestspiele Berlin, beeindruckt durch das
Musicaltheater und Casino mit dem imposanten, weit ausladenden Stahldach. Dieses
Haus schafft zudem durch seine Form, Größe und geschickte Anordnung als Spiegelung
der Staatsbibliothek die Überleitung in das Kulturforum, einem baulichen Erbe der
Nachkriegszeit, mit Mies van der Rohes weltberühmter Neuen Nationalgalerie und Hans
Scharouns Philharmonie.
Gegenüber dem Casino realisierte der Spanier José Rafael Moneo in Zusammenarbeit mit
dem Schweizer Designer Hannes Wettstein das elegante Hotel Grand Hyatt Berlin. Um
ein Atrium herum gruppieren sich in sechs Geschossen mehr als 350 Hotelzimmer und
Suiten. Die dichte Bauweise traditioneller Berliner Mietshäuser ist hier geschickt und
sehr funktional neu interpretiert worden. Im Inneren erweitert sich das Gebäude durch
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Lufträume und raffinierte Raumkompositionen, die sich zu einem komplexen Gebilde
zusammenfügen, unterstrichen durch sorgfältig aufeinander abgestimmte Materialien.
Am von den niederländischen Landschaftsarchitekten DS entworfenen Tilla-DurieuxPark, der mit seiner langgestreckten, großmaßstäblichen Rasenskulptur gewohnte
Parkbilder in Frage stellt, stehen drei an große Maschinen erinnernde Gebäude, die vom
britischen High-Tech-Architekten Richard Rogers entworfen wurden. Rogers hatte
bereits in den Siebziger Jahren gemeinsam mit Renzo Piano mit dem Centre Pompidou in
Paris moderne Architekturgeschichte geschrieben.
Neben dem Kino, einem Hotel und Wohnhäusern der deutschen Architekten Ulrike
Lauber und Wolfram Wöhr hat der Japaner Arata Isozaki ein Geschäftshaus am
Landwehrkanal geschaffen. Auf der anderen Seite des Parks reihen sich mit rotem Ziegel
verkleidete, sehr rationalistisch anmutende Gebäude auf, die zu den Park-Kolonnaden
gehören. Vom Italiener Giorgio Grassi stammt das Konzept, das von Peter Schweger,
Jürgen Sawade und Roger Diener aus Basel als Brückenhäuser über einem U-BahnTunnel umgesetzt wurde.
Sony Center
Weithin sichtbares Erkennungszeichen des 2001 eröffneten Sony Centers ist ein riesiges,
weißes Zeltdach, das die Plaza des aus sechs Gebäuden bestehenden Sony Centers
überspannt. Von weitem ähnelt die Silhouette des weißen Dachs dem Fuji, was den
japanischen Investoren an Helmut Jahns Wettbewerbsbeitrag besonders gefallen haben
soll. Am Abend wird die spektakuläre Dachkonstruktion aus Stahl, Glas und Stoff in
einem Wechselspiel von Farben illuminiert, das die wechselnden Stimmungen von
Sonnenuntergang bis Dunkelheit reflektieren soll.
Ausschlaggebend für die Wahl des Entwurfes des deutschstämmigen, in Chicago
lebenden Architekten, war aber wohl die technisch-futuristische Anmutung der Stahlund Glaskonstruktionen mit schwebenden Glasaufzügen und Außen-Rolltreppen, die
dem Unterhaltungs- und Elektronik-Konzern als adäquates, architektonisches Image
erschienen. Das Sony Center wirkt wesentlich einheitlicher als das DaimlerChrysler
Quartier. Varianz in die sehr homogene, coole Fassadengestaltung bringen einige
historische Relikte des ehemaligen Luxushotels Esplanade, die wie in Glasvitrinen
stehend, in die Neubauten integriert wurden. Auch dies sorgte bereits während der
Bauzeit international für Furore: Der ehemals von Kaiser Wilhelm II. für seine
Abendveranstaltungen genutzte, denkmalgeschützte Kaisersaal stand den
städtebaulichen Planungen buchstäblich im Wege. So wurde er verpackt und auf
Luftkissen gelagert – um ihn dann in einer zweitägigen Aktion 75 Meter an den heutigen
Standort zu verschieben.
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Schräg gegenüber steht ein aus der Fassade markant heraus geschobener
viergeschossiger Baukörper, der ein IMAX-Kino, eine Großbild-Leinwand und ein
Wasserbecken enthält. In ungewöhnlichem Kontrast zur Architektur hat der
amerikanische Landschaftsarchitekt Peter Walker ein Ensemble aus Birken geformt, das
tagsüber das Bild des annähernd elliptischen Platzes bestimmt. Bei Dunkelheit
überraschen blau leuchtende Linien im Platzbelag.
Beisheim Center
Vis-à-vis dem Sony Center entstand zwischen 2001 und 2004 als letzter Baustein am
Potsdamer Platz das Beisheim Center. Otto Beisheim ist Gründer der Metro-Gruppe und
zugleich einer der erfolgreichsten Unternehmer der Welt. Anlässlich seines 80.
Geburtstags investierte er eine halbe Milliarde Euro aus seinem privaten Vermögen in
dieses neue Areal am südlichen Rand des Tiergartens, das aus zwei Bürogebäuden, zwei
Hotels (dem Berlin Marriott und dem Ritz Carlton) und den Parkside Apartments besteht.
Das Bau-Ensemble des Beisheim Centers wird deutlich durch den 70 Meter hohen Turm
des Luxushotels The Ritz-Carlton, Berlin markiert, an dem die goldenen Letter BC weithin
leuchten. In den oberen Geschossen befinden sich die exklusiven Tower Apartments mit
angeschlossenem Hotelservice nach amerikanischem Vorbild. Der 18-geschossige, von
den Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht entworfene Hotelbau soll mit seiner
cremefarbenen Kalksteinfassade und der vertikalen Gliederung (ähnlich wie auch das
benachbarte, jedoch zur DaimlerChrysler-City gehörende Kollhoff-Hochhaus) an das
berühmte Rockefeller-Center in New York oder an die eleganten Hochhäuser Chicagos
der Jahrhundertwende erinnern.
Während das The Ritz Carlton, Berlin das erste Haus am Platze ist, orientieren sich die
Parkside Apartments zum Tiergarten. Der englische Architekt David Chipperfield hat hier
ein Wohngebäude mit 36 zwischen 150 und 300 m2 großen Luxus-Apartments,
geschaffen. Zielgruppe ist ein internationales Publikum, das eine moderne Noblesse,
ausgesuchte Materialien und sorgfältige Detailbehandlung zu schätzen weiß. Das
Gebäude mit den auffällig gerundeten Kanten und den versetzten Balkonen drückt eine
zeitgenössische Interpretation hochwertigen Wohnungsbaus aus, ohne traditionelle
Vorbilder zu strapazieren. Die Lage des Wohnhauses am Rande des Tiergartens und der
Blick aus den oberen Etagen sind einzigartig.
Regierungsviertel am Wasser
Der Wiederbelebung der Friedrichstraße und dem Neubau des Quartiers am Potsdamer
Platz als private Investitionen steht die Neugestaltung des Regierungsviertels am
Reichstagsgebäude als ambitionierte öffentliche Baumaßnahme gegenüber.
Nach dem Hauptstadtbeschluss von 1991 wurde für das zukünftige Regierungszentrum
am so genannten Spreebogen ein offener städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben.
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Unter 837 internationalen Teilnehmern gewann der Entwurf der Berliner Architekten
Axel Schultes, Charlotte Frank und Christoph Witt mit dem ´Band des Bundes´: Ein 100
Meter breites und ein Kilometer langes Band, gefüllt mit unterschiedlichen
Regierungsbauten sollte ein markantes und selbstbewusstes Zeichen neben dem zum
Parlamentsgebäude umgebauten Reichstag setzen.
Das Regierungsband verbindet in Ost-West-Richtung symbolträchtig die ehemals
getrennten Stadtteile und überspringt dabei dreimal die Spree. Die starke Form des
langen Bandes schafft eine funktionierende Trennung zwischen den Regierungsbauten
mit ihren Sicherheitserfordernissen und dem für Berlin immens bedeutenden Tiergarten
als grüne Lunge der Stadt. Zudem kann das Band des Bundes auch Gebäude
unterschiedlicher Architekten durch seine stringente Form zusammenführen.
Der Reichstag, als Sitz des Parlaments von Sir Norman Foster umgebaut und mit einer
begehbaren Glaskuppel ergänzt, steht dem Band als Solitär gegenüber. Neben dem
Bundeskanzleramt, ebenfalls von Schultes Architekten als Ergebnis eines weiteren
Realisierungswettbewerbes entworfen, ist es heute der gewaltige Komplex aus PaulLöbe- und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Münchener Architekten Stefan Braunfels,
der das Areal prägt: Neben großzügigen Raumkompositionen im Innern der Gebäude
zeugen auch die imposanten Fassaden und großzügigen Freitreppen am öffentlich
zugänglichen Spreeufer von einem neuen Selbstbewusstsein der wiedervereinigten
Bundesrepublik.
Hauptbahnhof
Kaum ein Bauwerk der zeitgenössischen Architektur in Deutschland hat solche
Kontroversen ausgelöst wie der Neubau des Hauptbahnhofs vis-à-vis des
Regierungsviertels. Der zwischen Josef Paul Kleihues und Meinhard von Gerkan
ausgetragene Wettbewerb für das milliardenschwere Bauvorhaben, entschied von
Gerkan für sich mit einer dem geforderten Kreuzungsbahnhof entsprechenden Form aus
einer oberirdischen 420 Meter langen Glashalle und einer quergelegten unterirdischen
Bahnsteighalle, die von zwei so genannten Bügelbauten überkrönt wird. Die Idee, analog
der großen Bahnhofsbauten des 19. Jahrhunderts, mit großen Glasdächern und einer
natürlichen Belichtung zu arbeiten, ist selbst für die 20 Meter tief gelegenen Bahnsteige
überzeugend umgesetzt. In die ehemalige Brache am Humboldthafen gesetzt, ist das
neue Jahrtausend-Projekt Hauptbahnhof bereits Motor für eine neue Stadtentwicklung
geworden.
Pariser Platz mit DZ Bank und Akademie der Künste
Der Pariser Platz ist nach dem Fall der Mauer zu einer Dokumentation des
Wiederaufbaus gemäß dem Leitbild der ´Kritischen Rekonstruktion´ geworden. Die
Randbebauung des im 18. Jahrhundert als so genanntes Quarée entstandenen,
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repräsentativen Platzes war überwiegend kriegszerstört und der Platz durch die
politische Teilung Berlins in den Schatten der Mauer verbannt. Das ehemals steinerne
Erscheinungsbild des vornehmen, hinter dem Brandenburger Tor gelegenen EingangsSalons der Stadt sollte mit zeitgenössischer Architektur wieder auferstehen.
Weltberühmte Architekten wie Gerkan, Marg und Partner, Frank O. Gehry, Christian de
Portzamparc aus Paris und das kalifornische Büro Moore, Rubble, Yudell entwarfen
Botschaften und Banken. Günter Behnisch und Werner Durth schafften mit der
Akademie der Künste, die damit an ihren historischen Standort zurückkehrte, den einzig
gläsernen Bau im steinernen Karrée des Pariser Platzes.
Eine Überraschung im Gebäudeinnern bietet die ´Botschaft des Geldes´, die DZ-Bank von
Frank O. Gehry. 1998 erbaut, folgt die Fassade trotz weitgehender Abstraktion der
Gestaltungssatzung. Den Besucher erwartet jedoch keine Schalterhalle, sondern eine
riesige, an einen Fisch erinnernde, edelstahlverkleidete Raumskulptur. Sie nimmt einen
exklusiven Tagungsraum auf und kann für Präsentationen gemietet werden.
Das Botschaftsviertel
Bereits um 1900 hatten sich in dem ehemaligen vornehmen Villenquartier am südlichen
Rand des Tiergartens, in der Nähe des Potsdamer Platzes, Diplomaten angesiedelt. Unter
den Nationalsozialisten entstanden monumentale Botschafts-Neubauten, so u.a. für
Japan, Italien, Spanien und Dänemark. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ der besondere
politische Status Berlins und die Verlagerung der Hauptstadt nach Bonn das gesamte
Quartier in einen Dornröschenschlaf sinken. Erst infolge des Hauptstadtbeschlusses
entwickelte sich erneut eine vielfältige Kette aus Botschaften und Landesvertretungen.
Hans Holleins kupferverkleidete österreichische Botschaft steht am östlichen Rand der
Kette, die weiß verputzte mächtige Landesvertretung von Baden-Württemberg
(Architekt Dietrich Bangert) sowie die Botschaft von Südafrika (MMA Architects)
schließen sich an. Die Indische Botschaft aus auffällig rotem Sandstein aus Rahjastan und
die ebenfalls „rote Kiste“ der Landesvertretung Bremen stammen von den Berliner
Architekten Leon, Wohlhage und Wernik. Sie gehören zu den schönsten
Raumkompositionen des neuen Diplomatenviertels. Ein komplett verglaster Baukörper
von Petzinka Pink Architekten repräsentiert das bevölkerungsstärkste Bundesland
Nordrhein-Westfalen. Insbesondere das innovative Energiesparkonzept lockt viele
Fachleute an. Am westlichen Ende der Diplomatenstraße liegt gegenüber der
travertinverkleideten, minimalistisch-edlen Konrad-Adenauer-Stiftung (Thomas van den
Valentyn) die mexikanische Botschaft (Gonzales und Leon) mit markanten
schräggestellten Pfeilern aus von Hand behauenem Marmorbeton.
Die Nordischen Botschaften bilden den Schlusspunkt. Das ungewöhnliche Ensemble kann
man zu den Spitzenleistungen zeitgenössischer Architektur in Berlin zählen. Die politisch
bedeutsame Idee, ein gemeinsames Haus für die fünf nordischen Länder zu bauen, fand
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durch den prämierten Wettbewerbsbeitrag des finnisch-österreichischen
Architektenpaares Alfred Berger und Tina Parkkinnen eine kongeniale bauliche
Entsprechung: Hinter einer einheitlichen, im Grundriss geschwungenen Lamellenfassade
aus Kupfer gruppieren sich Tortenstücken ähnlich die fünf Einzelgebäude von Dänemark
(3 x Nielsen), Island (Palmar Kristmundsson), Norwegen (Snoehetta), Schweden (Gerd
Wingardh) und Finnland (VIIVA Arkkitehtuuri Oy) genau so, wie sie sich auf der Landkarte
wieder finden. Ein sechstes, öffentlich zugängliches Gebäude führt die nordische
Tradition des Gemeinschaftshauses fort und bietet Ausstellungsfläche, Auditorium und
Cafeteria.
Museumsinsel
Die fünf Museen auf der Museumsinsel gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO. Der
sogenannte „Masterplan Museumsinsel“ gehört zu den derzeit umfassendsten
Sanierungsmaßnahmen in der Stadt. Heinz Tesar, das Büro HilmerSattler Albrecht, H.G.
Merz, Oswald Mathias Ungers und David Chipperfield sind für die behutsame
Wiederherstellung des einzigartigen Museen-Ensembles verantwortlich. Ein neues
Eingangs- und Besuchergebäude sowie eine unterirdische archäologische Promenade
werden vier der fünf Museen miteinander verbinden. Auf einer bisher ungenutzten
Fläche westlich des Neuen Museums wird aktuell ein neues Eingangsgebäude mit Café
gebaut, die James-Simon-Galerie, die 2018 eröffnen soll. Zudem erhält das
Pergamonmuseum bis voraussichtlich 2025 seinen, ursprünglich vorgesehen, „vierten
Flügel“ zur Straße Am Kupfergraben.
Nach der Wiedereröffnung der Alten Nationalgalerie im Jahr 2001 und des BodeMuseums 2006 wurde 2009 ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung des Masterplans
zur Sanierung der Museumsinsel gefeiert: Am 17. Oktober 2009 öffnete das Neue
Museum nach erfolgreichem Wiederaufbau und Gestaltung durch Architekt David
Chipperfield seine Türen für die Öffentlichkeit. Im Herbst 2012 wurde auf dem Gelände
der sogenannten Museumshöfe das Archäologische Zentrum eröffnet, hier wird auf fast
7000 Quadratmetern die Verwaltung der fünf Museen gebündelt. Derzeit sind Teile des
weltberühmten Pergamonmuseums, darunter auch der Flügel mit dem Altar, bis 2019
wegen Sanierungsarbeiten geschlossen.
Ticket B hat seit April die englische Architekturführung „Die neue Museumsinsel“ im
Programm. Einmal wöchentlich führen Architekten, Dozenten oder Fachautoren vom
Alten Museum über den Lustgarten und die Museumsinsel zum Neuen Museum, kurze
Innenbesichtigungen von Treppenhäusern und Höfen inbegriffen. Für die 2,5-stündigen
Touren, die bis Ende November 2016 angeboten werden, wird um eine Voranmeldung
gebeten. www.ticket-b.de
Die historische Mitte Berlins mit der Museumsinsel, dem Alexanderplatz und dem
Nikolaiviertel scheint zunächst über weniger spektakuläre zeitgenössische Architektur zu
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verfügen, wird aber gemeinsam mit der am östlichen Spreeufer entstehenden ´MediaStadt Spree´ die Entwicklung der nächsten Generation moderner Stadtentwicklung
prägen.
Jüdisches Museum
Daniel Libeskind schuf mit seinem Erstlingswerk das wohl komplexeste und
interessanteste Museumsbauwerk der Stadt. Der unter 165 Teilnehmerbeiträgen
erstplatzierte Entwurf des jüdischen, in Polen geborenen Amerikaners fasziniert durch
seine Ausnahmeerscheinung. Ein Gebäude ohne Eingang, ohne herkömmliche Fenster, in
expressiver Zick-Zack-Form, mit ursprünglich sogar schräg gestellten Außenwänden,
sperrte sich sowohl gegen eine schmerzlose Eingliederung in die Stadt als auch gegen
eine gängige Funktionalität eines Museumsbaus. Der benachbarte Altbau eines der
wenigen noch erhaltenen barocken Stadt-Palais wird geschickt als Eingangsbau genutzt,
angeschlossen durch eine lediglich unterirdische Verbindung zum neuen
Museumskörper.
Im Inneren wird das Gebäude durch so genannte ´Voids´ gegliedert. Diese auf einer
ideellen Linie stehenden haushohen ´Leerstellen´ oder Hohlkörper symbolisieren die
unwiederbringliche Vernichtung der jüdischen Kultur durch den Holocaust. Drei
unterirdische Achsen stehen für die Wege der Juden im Deutschland der Dreißiger Jahre:
den Weg in die Hoffnung, ins Exil oder in die Vernichtung. Die große Treppe, der ´Garten
des Exils´ und der ´Holocaust-Turm´ offenbaren Raumerlebnisse, die bereits Millionen
von Besucher emotional tief bewegt haben.
Deutsches Historisches Museum
Im barocken Zeughaus am Boulevard Unter den Linden ist die Dauerausstellung des
Deutschen Historischen Museums untergebracht. Der Neubau für Wechselausstellungen
ist auf der Rückseite angefügt und wurde vom Altmeister der Museumsbauten
schlechthin, dem Sino-Amerikaner I.M. Pei entworfen. Der dreieckige Bau mit der
geschwungenen Glasfassade enthält ein verschwenderisch großes Foyer und ein konischspiralförmiges Treppenbauwerk, das die Blicke auf sich zieht. Die Rückfassade des
Zeughauses wird durch die bauwerkshohe Glasfassade in das hallenartige Foyer
einbezogen, das mit Brücken, Roll- und sonstigen Treppenanlagen, Galerien und
Balustraden mehr als reichlich ausgestattet ist. Virtuos ist das Materialspiel aus perfekt
bearbeitetem, französischem Kalkstein, gelblich gefärbtem Architekturbeton,
nordamerikanischem Granit und der grauen Stahl-Glasfassade.
III Die Siedlungen der Moderne und andere Wohnbauten des 20. Jahrhunderts
Die Stadt der fünfgeschossigen Mietskasernen mit engen lichtlosen Hinterhöfen des 19.
Jahrhunderts wurde im frühen 20. Jahrhundert Experimentierfeld neuer Wohnformen
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und hat international bedeutende Reformsiedlungen wie beispielsweise Bruno Tauts und
Martin Wagners Waldsiedlung Onkel-Toms Hütte in Steglitz-Zehlendorf oder die
Siedlungen der Moderne hervorgebracht. Die Hufeisensiedlung Britz in Neukölln steht
neben der Weißen Stadt in Reinickendorf und der Spandauer Siemensstadt von Walter
Gropius und Hans Scharoun für eine moderne Wohnkultur von Weltrang. Gemeinsam
mit der Gartenstadt Falkenberg in Berlin-Treptow, der Siedlung Schillerpark im Wedding
und der Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg wurden sie im Juli 2008 in die Liste
des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Die sechs Siedlungen der Moderne sind neben
dem Schloss Glienicke und der Pfaueninsel (Welterbe seit 1990) und der Berliner
Museumsinsel (Welterbe seit 1999) bereits die dritte Berliner Kulturstätte, die von der
UNESCO als Welterbe ausgezeichnet wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in Ost und West Berlin für die jeweiligen
Regierungen repräsentative Bauten. Im Osten wurde die Stalinallee (heute Karl-MarxAllee) erbaut. Die Wohnbauten, die sich vom Strausberger Platz bis über das Frankfurter
Tor hinaus in die Frankfurter Allee erstrecken, waren als Arbeiterpaläste konzipiert und
sollten die Stärke und Ingenieurskunst der DDR repräsentativ darstellen. Die Straße
umfasst rund 3.000 Wohnungen und wurde im Zuckerbäckerstil nach Moskauer Vorbild
errichtet. Aldo Rossi bezeichnete sie einmal als den letzten großen Boulevard, der in
Europa geschaffen wurde.
Der Westen Berlins konterte mit der Stadt von Morgen. Im Rahmen einer
Internationalen Bauausstellung 1957 entstanden im Hansaviertel neue Wohnformen
und innovative Grundrisse. Neben Walter Gropius, Le Corbusier und Oscar Niemeyer
lieferten vor allem die skandinavischen Architekten Arne Jacobsen, Alvar Aalto, Fisker
und Samuelson wichtige Anstöße für eine neue Wohnkultur.
In den 80er Jahren rückte Berlin erneut in den Fokus des internationalen
Architekturinteresses. In der geteilten Stadt sollte nach den leidvollen Erfahrungen mit
den radikalen Abrissen und den Folgen der Kahlschlagsanierung von
Gründerzeitquartieren eine Abkehr von der autogerechten Stadtlandschaftsidee hin zu
einer verdichteten, lebenswerten Stadt im Rahmen einer erneuten Bauausstellung (IBA)
demonstriert werden.
Internationale Stars der Architektenszene wurden eingeladen, in Berlin vor allem
Wohnungen, Schulen und Kindergärten zu bauen. Die Liste reicht von John Hejduk, Aldo
Rossi, OMA, Rob und Leon Krier, Charles Moore, Stanley Tigerman, Christian de
Portzamparc, Robert Stern, Antoine Grumbach, Paolo Portoghesi, Hermann Hertzberger,
Arata Isozaki, Gino Valle, Alvaro Siza, Gustav Peichl, Hans Hollein, Giorgio Grassi, Stirling
Wilford, Gottfried Böhm, O.M. Ungers, Gregotti, Wilhelm Holzbauer, Raimund Abraham,
Martorell, Bohigas und Mackay bis zu Peter Cook und Christine Hawley.
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